Millie Mutig, Super-Agentin - S.O.S. Urwald in Gefahr - Jennifer Bell - E-Book

Millie Mutig, Super-Agentin - S.O.S. Urwald in Gefahr E-Book

Jennifer Bell

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Beschreibung

Rettet die Bienen!

Als Millie Mutig in die Geheimorganisation SUPER (steht für: Schutz Und Protektion Exponierter, Rarer Arten) berufen wird, ahnt sie nicht, welche atemberaubenden Abenteuer SUPER und ihr Mentor, das gewitzte Rüsselhündchen Attie, für sie bereithalten. Die erste Mission führt die beiden in den Brasilianischen Regenwald, um eine gefährdete Bienenart zu retten. Wird Millie den Test bestehen und SUPER-Agentin werden? Ein Glück, dass ihr jede Menge tierische Spezialisten mit helfenden Tatzen, Flügeln und Fangarmen zur Seite stehen …

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Seitenzahl: 76

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Aus dem Englischen übersetzt von Birgit Franz Zeichnungen von Julia Christians

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© für die deutschsprachige Ausgabe 2021

cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Text © Jennifer Bell und Alice Lickens

Die Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel

„Agents of the Wild – Operation Honeyhunt“ bei

Walker Books, London

Übersetzung: Birgit Franz

Umschlag- und Innenillustration: Julia Christians

Umschlaggestaltung: Sebastian Maiwind

CK · Herstellung: BO

Satz und Reproduktion: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-25992-1V002 www.cbj-verlag.de

PROLOG

Millie Mutig konnte nicht länger warten. Acht Jahre waren lang genug für ein Leben ohne ein Haustier, vor allem wenn man Tiere so sehr liebte wie sie. Welche Art von Haustier war ihr völlig egal. Ob mit Pelz oder Schuppen, Flügeln oder acht Beinen – sie wollte einfach nur ein Tier, um das sie sich kümmern konnte, einen Freund, der ihr ganz allein gehörte. Sie würde sich das Haustier zum nächsten Geburtstag wünschen. Besser noch, sie würde darauf BESTEHEN, dass ihr Wunsch endlich erfüllt wurde. Sie würde keine weiteren Ausflüchte von Onkel Donald hinnehmen.

„Haustiere schmälern den Wert von Eigentum“, sagte dieser immer. „Das ist eine einfache Tatsache.“

„Es ist eine einfache Tatsache, dass mich nichts in der Welt glücklicher machen würde“, entgegnete ihm Millie dann und rannte in ihr Zimmer.

Onkel Donald verstand sie nicht. Wie sollte er auch? Er war Immobilienmakler. Er verstand sich nur auf Grundsteuer, Vermögenssteuer, Immobilienblasen, Anwohnerparkplätze und etwas, das sich Grunderwerbssteuer nannte. Ihr Vater hatte Millie einmal erzählt, dass Donald noch nicht einmal ihr richtiger Onkel, sondern dass er nur über sieben oder mehr Ecken mit ihr verwandt war. Ihr Großneffe zweiten Grades – oder noch verzwickter. Millie machte es sich einfacher: Für sie war er der einzige Mensch, den sie hatte. So war es leichter für sie.

In ihrem Zimmer stand, neben einer grünblättrigen Orchidee, die Millie seit dem letzten Frost aufzupäppeln versuchte, ein Foto ihrer Eltern: Ranulph und Azalea Mutig.

„Doch nicht etwa die berühmten Botaniker!“, höre ich dich kreischen.

Doch – genau diese beiden.

„Die, die vom herabfallenden Zapfen einer Queensland-Araukarie erschlagen wurden, als sie gerade auf einer Expedition in Australien seltene Blumen sammelten?“

In der Tat.

(Millie war immer wieder überrascht, wie viele schreckliche Details die anderen Menschen kannten.)

Jedes Mal, wenn sie das Foto ihrer Eltern betrachtete, sehnte sie sich danach, ihnen noch einmal nahe zu sein. Zu hören, wie ihr Vater im Haus übte, die Rufe seltener Vögel nachzuahmen. Das Orchideen-Froschlaich-Parfüm ihrer Mutter im Flur zu riechen, oder zu spüren, wie die beiden ihre vier Arme um sie schlangen und Millie fest drückten.

… aber die Wildnis hatte sie ihr genommen. Und Millie war nun allein in einer großen grauen Stadt. Nur ein Blumentopf auf dem Fensterbrett erinnerte sie daran, wer sie wirklich war.

An einem sonnigen Nachmittag machte Millie auf dem Heimweg von der Schule einen Umweg zu ihrem Lieblingsort in der großen grauen Stadt: dem Park. Seit Kurzem hatte sie ein wachsames Auge auf eine junge Eichhörnchen-Familie, die in den dritten Ahorn von links neben dem Teich gezogen war. Sie machte sich Sorgen um sie.

„Vielleicht würde euch eine Karte helfen“, murmelte Millie. Sie hockte sich unter eine der Eichen, um die heruntergefallenen Eicheln aufzusammeln.

„Dann wüsstet ihr, wo ihr eure Vorräte versteckt habt.“

Ein kleines mageres Eichhörnchen mit zimtfarbenem Fell trippelte eilig den Baumstamm herunter. Es hatte die Augen weit aufgerissen und wirkte sehr nervös. Es starrte Millie kurz an, dann quiekte es aufgeregt.

Millie wusste, dass das Eichhörnchen sie nicht verstand, aber in ihrer Fantasie hörte sie es antworten: „Ich bin ein Eichhörnchen. Ich kann nicht zeichnen.“

Ein gutes Argument. Sie seufzte, legte die Eicheln in ein leuchtend-grünes Taschentuch und verknotete die vier Ecken. Bleistifte für Eichhörnchen … Millie würde sie später auf ihre Liste der „Dinge, die die Welt zu einem besseren Ort machen“ setzen.

„Die lass ich dir hier“, erklärte sie dem Eichhörnchen. Sie streckte sich zum untersten Zweig des Baumes und hängte das Päckchen daran. Dann fischte sie einen Fahrradreflektor aus ihrem Schulranzen (Onkel Donald benutzte sein Rad nie und würde ihn nicht vermissen) und befestigte ihn an der Rinde.

„Du musst bloß nach diesem Ding suchen, dann kannst du die Eicheln leichter finden.“

Das Eichhörnchen wedelte mit dem Schwanz und sprang den Baum hinauf. Millie hoffte, dass seine Neugier groß genug war, um das Taschentuch zu untersuchen, um dann die Eicheln zu entdecken. Als sie auf den Weg zurückging, linsten zwei Augen aus der Finsternis eines Strauchs, der in der Nähe stand. Sie waren schwärzer als die Nacht und hatten einen Ring aus schneeweißen Haaren. Die Augen hatten Millie sehr, sehr aufmerksam verfolgt …

Gott sei Dank hatte Millie nicht bemerkt, dass sie beobachtet wurde. Sie blieb am Teich stehen, legte ihre Hand schützend über ihre Augen und sah im Gegenlicht über das Wasser. Die Gänse dümpelten unter einer Brücke, plusterten ihre hellbraunen Federn und schaufelten blättriges Laichkraut in ihre rosa Schnäbel.

Millie suchte nach dem kleinsten Tier der Gänseschar. Normalerweise entdeckte sie es abseits der anderen Gänse an der Uferböschung, den Kopf beleidigt zwischen die Federn gesteckt.

„Kenneth“, rief sie. Millie hielt die Hände wie ein Sprachrohr an ihren Mund. „Ich habe dein Lieblingsfutter dabei!“

Plötzlich spritzte mit einem lauten Platsch Wasser in die Höhe. Millie hörte einen durchdringenden hupenden Schrei und eine kleine Gans schoss über das Wasser auf sie zu. Auch die anderen Gänse hatten Millie bemerkt und kamen näher.

„Da bist du ja“, sagte Millie zu Kenneth, als er auf sie zu watschelte. Millie streichelte ihm über den weichen Kopf und er schloss seine dunkelbraunen Augen. Sie hatte ihn Kenneth genannt, nach Kenneth Grahame, dem Autor von Der Wind in den Weiden, weil er an dem Tag, an dem sie sich kennenlernten, versucht hatte, ihr Buch zu fressen.

Anfangs hatte Millie nicht verstanden, warum er so hungrig war – es lag doch jede Menge Brot herum, genug für alle Gänse. Sie war wild entschlossen herauszufinden, was der Grund war, und las in einem sehr großen und sehr staubigen Buch ihrer Eltern über Heimische Wasservögel nach. Sie fand heraus, dass Brot kein geeignetes Futter für Gänse war. Es war so ähnlich wie Kartoffelchips: Die Gänse wurden zwar satt, aber sie bekamen nicht die Nährstoffe, die sie brauchten.

Millie griff in ihre Tasche und zog eine Papiertüte mit ihrer eigenen Futtermischung heraus: Hafer, Samen, Linsen und Grünzeug. Sie hatte Wochen gebraucht, um ihr Rezept zu verfeinern. Es sollte besonders gut schmecken.

„Da sind Sonnenblumenkerne drin“, erzählte sie Kenneth. „Bitte schön!“

Augen, schwärzer als die Nacht, beobachteten Millie und blinzelten. Unglaublich. Dieses kleine Mädchen hatte – ohne entsprechende Ausbildung – herausgefunden, was die richtige Nahrung für Gänse war, und hatte selbst eine geeignete Futtermischung zusammengestellt.

Aber war das wirklich ein Wunder? Bei diesen Eltern? Was für ein Stammbaum! Das Mädchen besaß offenbar besondere Fähigkeiten. Fähigkeiten, die dem Rest der Welt noch nicht aufgefallen waren.

„Ich bin wieder da!“, schrie Millie, als sie die Wohnung im 26. Stock betrat.

„Sehr schön, Millie“, rief Onkel Donald aus der Küche.

Millie stand in der Küchentür und musterte ihn aufmerksam. Donald saß über sein Laptop gebeugt am Esstisch und starrte konzentriert auf den Bildschirm. Auf dem Herd hinter ihm stand ein Topf mit Nudelwasser, der gleich überkochte. Wie immer.

Millie schüttelte den Kopf. Darum sollte sich Donald kümmern. Sie schlurfte durch den Flur zu ihrem Zimmer. Kaum hatte sie die Tür geöffnet, blieb sie erschrocken stehen.

Etwas lag auf ihrem Bett. Es war ungefähr so groß wie ein ausgewachsener Hamster, hatte aber einen langen Schwanz und kleine Ohren. Sein Fell glänzte. Am Kopf war es grellorange gefärbt, an Rücken und Bauch ging es zu Pechschwarz über. Die Augen waren dunkler als die Nacht und hatten einen Ring aus schneeweißen Haaren.

Es blinzelte Millie an und rollte sich auf die Hinterbeine. Da bemerkte Millie das Allerseltsamste an diesem Etwas: Es trug eine sandfarbene Safari-Uniform, perfekt gebügelt und mit vielen Taschen besetzt.

„Ähm … hallo“, stammelte Millie vorsichtig.

Schritt für Schritt wagte sie sich in ihr Zimmer. Langsam zog sie die Tür hinter sich zu. Wenn Donald mitbekam, dass ein Tier in ihrem Zimmer war, würde er die Krise kriegen. Sie atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Sie betrachtete die auffälligen Merkmale des Etwas und wagte eine wohl begründete Vermutung.

„Bist du eine Beutelratte?“

Das Tier stützte seine pelzigen Arme empört in die Hüften.

„Eine Beutelratte? Ich?“, protestierte es schnaubend.

Millie lehnte sich gegen ihre Zimmertür. Das pelzige Ich-bin-keine-Beutelratte-Tier konnte sprechen! Unmöglich! War das etwa ein Trick? Sie trat einen Schritt näher. Ihr Herz ratterte wie ein rasender Zug.