Millionäre ungeeignet - Nancy Salchow - E-Book

Millionäre ungeeignet E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Als Tochter eines berühmten Schauspieler-Ehepaars ist Leslie im goldenen Käfig aufgewachsen. Seit sie vor Jahren bei ihren Eltern ausgezogen ist und den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat, macht sie einen großen Bogen um all die reichen und oberflächlichen Menschen, von denen sie vorher Tag für Tag umgeben war. Stattdessen bestreitet sie ihren Lebensunterhalt mit einem Job in einer kleinen Bäckerei – und genießt ihre Freiheit und ihr unabhängiges Leben in bürgerlichen Verhältnissen. Zu dieser hart erkämpften Freiheit passt es ausgezeichnet, dass sie sich auf eine kurze, aber umso heftigere Affäre mit dem attraktiven Danny einlässt. Als sie jedoch erfährt, dass er millionenschwerer Verleger ist, geht sie instinktiv auf Distanz. Viel zu sehr nagen die Erinnerungen an die Schattenseiten des Reichtums noch immer an ihr. Aber Danny denkt gar nicht daran, sich einfach so abwimmeln zu lassen. Hartnäckig beginnt er, um Leslies Gefühle zu kämpfen, ohne dabei zu ahnen, welche Geheimnisse sie wirklich verbirgt. Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Millionäre ungeeignet

Für kein Geld der Welt

Roman

Über das Buch

Als Tochter eines berühmten Schauspieler-Ehepaars ist Leslie im goldenen Käfig aufgewachsen. Seit sie vor Jahren bei ihren Eltern ausgezogen ist und den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat, macht sie einen großen Bogen um all die reichen und oberflächlichen Menschen, von denen sie vorher Tag für Tag umgeben war.

Stattdessen bestreitet sie ihren Lebensunterhalt mit einem Job in einer kleinen Bäckerei – und genießt ihre Freiheit und ihr unabhängiges Leben in bürgerlichen Verhältnissen.

Zu dieser hart erkämpften Freiheit passt es ausgezeichnet, dass sie sich auf eine kurze, aber umso heftigere Affäre mit dem attraktiven Danny einlässt. Als sie jedoch erfährt, dass er millionenschwerer Verleger ist, geht sie instinktiv auf Distanz. Viel zu sehr nagen die Erinnerungen an die Schattenseiten des Reichtums noch immer an ihr.

Aber Danny denkt gar nicht daran, sich einfach so abwimmeln zu lassen. Hartnäckig beginnt er, um Leslies Gefühle zu kämpfen, ohne dabei zu ahnen, welche Geheimnisse sie wirklich verbirgt.

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

Gerade jüngeren Leserinnen möchte ich versichern, dass die Titelhelden meiner Geschichte in jedem Fall Kondome benutzen, selbst dann, wenn ich es nicht schildere. ;-)

Eine Übereinstimmung mit real existierenden Personen ist rein zufällig.

Prolog

Wie selbstverständlich legt er den Arm um mich und zieht mich näher an sich heran.

Auf seinen angewinkelten Knien sehe ich die Wassertropfen im Licht der untergehenden Sonne glitzern.

Was für ein Klischee! Und doch lässt mich die romantische Stimmung nicht unberührt.

Ich spüre seine Fingerspitzen, wie sie zärtlich an meinem Arm herabgleiten. Eine Berührung, die gedankenverloren und eher unbewusst geschieht – und doch hat sie so viel Gewicht, dass mich die Emotionen mit ganzer Macht überrollen.

Ohne weiter darüber nachzudenken, wende ich ihm mein Gesicht direkt zu, bis wir uns so nah sind, dass ich seinen Atem auf meinen Wangen spüren kann.

Bin ich wirklich eine von denen, die darauf wartet, dass er den ersten Schritt macht? Und wie passt diese Vorstellung zu meinem Selbstbewusstsein?

Doch meine Zweifel lösen sich schon mit dem nächsten Atemzug in Luft auf. Entschlossen umklammere ich seine Hand und presse sie fest gegen meine Brust, während ich mich zu einem Kuss nähere, der nichts mehr von Unschuld in sich trägt.

Im Gegenteil: Alles in mir schreit danach, mir in genau diesem Moment das zu nehmen, was ich brauche. Das, wonach ich mich mit jeder Faser meines Körpers sehne.

Er wehrt sich nicht. Vielmehr scheint er ebenso dankbar dafür, nicht mehr vernünftig sein zu müssen.

Als sich unsere Lippen berühren, sind alle Dämme gebrochen.

Ich spüre seine Hand an meiner Taille, seine Zunge, die meine mit einer Entschlossenheit umschließt, die mich noch mutiger werden lässt.

Wie von selbst wandert meine Hand unter sein Shirt, als hätte ich seit unserer ersten Begegnung darauf gewartet, mich davon zu überzeugen, was unter der Verpackung verborgen ist.

Unter meinen unruhigen Fingern fühle ich seine definierten Muskeln. Lasse ich mich wirklich so leicht von gutem Aussehen beeindrucken?

Doch ich weiß, dass es weit mehr ist als nur das Körperliche. Irgendetwas zieht mich zu ihm, das weit über das Sichtbare hinausgeht. Ist es die Illusion, dass er mich verstehen könnte, die mein Verlangen in die Höhe schnellen lässt?

Als er den Träger meines Shirts herunterzieht und ich seine Zunge auf meiner Schulter spüre, werde ich noch unruhiger.

Ich fühle mich wie von meiner eigenen Leidenschaft getrieben – absolut unfähig, auch nur eine Sekunde länger auf das Unvermeidliche zu warten.

Übermütig setze ich mich auf seinen Schoß, während das Wasser unsere Kleidung bis aufs letzte bisschen Stoff durchnässt.

Ich umschließe sein Gesicht mit beiden Händen, als wir uns erneut in heftigen Küssen verlieren.

Unter mir spüre ich bereits hart die Erregung, die auch von ihm Besitz ergriffen hat. Eine Erkenntnis, die mich noch wilder macht.

Unter anderen Umständen wäre mir meine Hemmungslosigkeit unangenehm, hier und jetzt scheint sie jedoch so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen.

„Hättest du das für möglich gehalten?“, flüstert er.

„Zumindest nicht hier“, antworte ich, „und nicht jetzt.“

Kapitel 1

2009

17. August 2009

Mama,

Paps,

ich bin mir nicht sicher, wer von euch zuerst wieder hier sein und diesen Brief lesen wird – um ehrlich zu sein, habe ich langsam den Überblick verloren, wer gerade welchen Film dreht und wo. London? Berlin? Irland? L.A.?

Aber welche Rolle spielt es schon noch? Ich habe einmal mehr erkannt, dass es mich nicht mehr interessiert, was in dieser Glitzerwelt vor sich geht.

Ich weiß, ihr habt eure eigene Art und Weise, mit alledem umzugehen, aber ich komme nun mal nicht damit klar, dass ein Mann wie Anderson weiterhin jeden Morgen aufstehen und seine schmutzige Seele im Scheinwerferlicht sonnen darf, während sich meine Welt aufgehört hat zu drehen.

All diese Oberflächlichkeit, all diese falschen Versprechungen von all diesen ebenso falschen Persönlichkeiten.

Ich weiß, ihr verdient euer Geld damit. „Wir haben keine Wahl, Leslie. Es gibt nun mal Verträge.“ Wie oft habe ich diesen Satz gehört? Und wie oft habe ich mich gefragt, ob es wirklich so einfach ist? Denn wer entscheidet, ob man wirklich keine andere Wahl hat?

Sicher, wenn man den Lebensstandard beibehalten möchte, an den man sich gewöhnt hat, dann hat man vielleicht wirklich keine Wahl. Aber ich habe eine interessante Neuigkeit für euch: Ein Leben ist auch dann noch lebenswert, wenn man es auf 40 Quadratmetern Wohnfläche verbringt und nicht auf 800. Es mag euch überraschen, aber auch ohne Luxuspool, Kaviar und Personal Trainer schlägt das Herz weiter.

Woher ich das weiß?

Das ist ja das Verrückte daran: Ich weiß es, ohne es wirklich zu wissen. Und genau deshalb will ich endlich ein Teil des echten Lebens sein, um mich selbst davon zu überzeugen, dass ich ein echter Mensch bin. Ein Mensch, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht und sich nicht wie eine Gottheit bedienen und bejubeln lässt. Ihr habt wenigstens etwas getan, um bejubelt zu werden – aber aus welchem Grund sollte ich mich bejubeln lassen? Allein aufgrund der Tatsache, dass ich eure Tochter bin?

Ihr wisst, das hat mir nie gereicht. Und jetzt reicht es mir erst recht nicht mehr.

Ich kann diese Glitzerwelt und all die Schattenseiten, die sie hervorbringt, einfach nicht länger ertragen. Niemanden scheint es wirklich zu kümmern, wenn jemand von uns an den Tragödien dieser Welt zerbricht. Immer muss es nur weiter gehen. Weiter und weiter und weiter.

The Show must go on?

Wirklich?

Nein, für mich geht die Show nicht weiter. Nicht auf diese Weise.

Ich habe es satt, ein Teil dieser Maschinerie zu sein. Ich will das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr.

Ich möchte meinen eigenen Weg finden. Ohne euch, ohne euer Geld, ohne ständige Begleitung von schrankähnlichen Kerlen, die mir auf Schritt und Tritt folgen.

Ihr habt euch diesen Beruf, diese Welt ausgesucht – ich selbst hatte nie eine Wahl.

Aber damit ist jetzt Schluss. Ich bin alt genug, um mir meine Zukunft allein auszusuchen. Denn man weiß nie, wann die Zukunft zur Vergangenheit wird und einem alles genommen wird, was je von Bedeutung war.

Wenn ihr diese Zeilen lest, bin ich bereits über alle Berge. Ich lasse mein Telefon hier und nehme nur so viel Geld mit, wie ich benötige, um einen Anfang zu finden. Einen Anfang, von dem ich noch keine Ahnung habe, wie er aussehen wird. Und genau das ist das Schöne, das Aufregende daran: Ich habe keinen Plan. Und doch vertraue ich darauf, dass alles gut wird. Besser gesagt, genau deswegen vertraue ich darauf, denn nie hat sich etwas so gut angefühlt wie diese Planlosigkeit.

Von jetzt an lebe ich das Leben, das ich mir unbewusst immer gewünscht habe. Von jetzt an werde ich die Person sein, die ich immer sein wollte: Frei, unabhängig und ohne Menschen, die mir sagen, was ich tun darf oder was für mich das Beste ist.

Ich allein weiß, was das Beste für mich ist. Und allein das zählt ab heute.

Bitte sucht nicht nach mir, denn ich werde mich nicht finden lassen.

Von niemandem.

Macht’s gut

Leslie

Kapitel 2

Gegenwart

Ich liebe die Unberührtheit des Morgens. Vom Verkaufstresen aus kann ich direkt durch das Schaufenster auf die noch fast menschenleere Strandpromenade schauen. Hinaus auf die alten Obstbäume, die die Straße hinunter zum Strand säumen, bis hin zu dem alten Klettergerüst auf der Wiese vor dem Wohngebiet.

Um diese Zeit, kurz nach halb sieben, sieht man für gewöhnlich keine Kinder dort. Nur hin und wieder einen Erstklässler, der sich spontan auf die Rutsche schleicht, während seine Mutter den an der Straße parkenden Wagen öffnet – aber nur solange, bis sie ihn ungeduldig daran erinnert, dass sie spät dran sind.

Ich senke den Blick auf den Apfelkuchen vor mir und setze das Messer an. Dankbar stelle ich auch an diesem Junimorgen fest, dass der Duft nach warmen Äpfeln selbst nach vier Jahren in diesem Job noch immer kein bisschen von seiner Verlockung eingebüßt hat.

Als ich die Lagertür hinter mir höre, drehe ich mich instinktiv um.

„Guten Morgen“, rufe ich Henning zu. „Du bist aber heute spät dran.“

Sein weißes T-Shirt spannt über seinem mächtigen Bauch, sein Basecap trägt er wie immer verkehrtherum auf seinem inzwischen fast komplett kahlen Kopf.

„Heute sind nicht so viele Auslieferungen“, antwortet er und stellt eine aschgraue Transportbox auf den Boden, um die restlichen Brote darin zu verstauen.

„Na dann.“ Ich zwinkere ihm zu. „Ich wünsche dir einen schönen Tag.“

„Werde ich haben.“ Er nickt mir zu. „Und du lass dich nicht von den Kunden ärgern.“

„Ich doch nicht.“

Er hebt sein Cap zum Gruß und verschwindet mit der Box durch die Ladentür nach draußen, wo bereits sein Transporter steht.

Ich schaue ihm noch eine Weile nach.

Wie oft hat sich eine Szene wie diese schon wiederholt? Und wie oft habe ich mich jedes Mal aufs Neue heimlich über die Tatsache gefreut, dass ich Teil dieser fast schon langweiligen Routine bin?

Ob Hennig ahnt, welche Freude scheinbar belanglose Gespräche wie dieses in mir auslösen?

Ich schiebe die Kuchenstücke auf das Blech und stelle es neben die anderen ins Glasbüffet. In der Scheibe nehme ich einen Fetzen meines Spiegelbildes wahr. Auch heute hat sich eine besonders widerspenstige blonde Locke aus meinem Zopfgummi gelöst und versperrt mir den Blick. Seufzend stecke ich sie zurück ins Haar.

Ich kümmere mich so gewissenhaft um die Platzierung des Kuchens, dass ich die Kundschaft nicht wie sonst schon von Weitem durch das Schaufenster kommen sehe, sondern erst durch die Klingel über der Tür aufgerüttelt werde.

Als ich aufschaue, erkenne ich ihn sofort. Es ist derselbe junge Mann, der auch schon in der Woche zuvor jeden Morgen zwei Vollkornbrötchen und ein halbes Roggenmischbrot gekauft hat.

Heute jedoch ist irgendetwas anders. Heute ertappe ich mich bei der aufrichtigen Freude, ihn zu sehen.

„Guten Morgen“, begrüße ich ihn mit freundlichem Lächeln.

„Guten Morgen.“ Auf seinen hübschen Lippen breitet sich ein freches Grinsen aus. Hatte er letzte Woche schon dieselben kaffeebraunen Augen? Dieselbe dunkle Haarsträhne, die ihm ins dreitagebärtige Gesicht fällt? Dieselbe muskulöse Brust, die sich dezent unter seinem grauen Shirt abzeichnet?

„Dasselbe wie immer?“, frage ich.

„Ich bin überrascht.“ Er schiebt die Hände in die Hosentaschen. „Hätte nicht gedacht, dass Sie so ein gutes Gedächtnis haben.“

„Kommt darauf an, ob ich mir etwas merken möchte oder nicht.“

Er lächelt wissend.

Augenblicklich fühle ich mich ertappt – und doch fühlt es sich gut an, dass er meine Andeutung zu verstehen scheint.

„Also?“ Ich greife nach der Brötchenzange. „Zwei Vollkornbrötchen?“

Er nickt. „Ausgezeichnete Idee.“

Ich schiebe sie nacheinander in das Papiertütchen und lege es demonstrativ auf den Tresen. „Und das obligatorische halbe Roggenmischbrot?“

Er legt den Kopf schräg und betrachtet mich mit eindringlichem Blick. Ich spüre, wie mein Puls schneller wird. Unerhörte Bilder flackern vor meinem inneren Auge auf. Wie lange ist es eigentlich her, dass ich …

Verdammt nochmal, Leslie, er ist ein Kunde. Reiß dich zusammen!

„Obligatorisch“, antwortet er.

Ich drehe ihm den Rücken zu und lege das Brot in die Schneidemaschine hinter mir.

Als ich die Tüte über die Schiene ziehe und die Scheiben hineinschiebe, erwische ich mich bei einer ungewohnten Nervosität.

Mit einem Räuspern drehe ich mich schließlich wieder zu ihm um und lege auch das zweite Tütchen auf den Tresen. „Das macht 1,90 Euro.“

„Stimmt so.“

Erst als ich nach dem Zwei-Euro-Stück greife, merke ich, dass ein kleiner Zettel darunter liegt. Irritiert falte ich ihn auseinander und beginne zu lesen:

Sollte es in diesem Leben jemals einen Zeitpunkt geben, an dem du nicht hinter dem Verkaufstresen stehst, melde dich doch mal. Mich würde interessieren, was für eine Frau hinter diesem hübschen Lächeln steckt. Und nein, so etwas wie das hier mache ich sonst nicht – auch, wenn ich gerade keine Chance habe, das zu beweisen. ;-)

Danny 0151 20704672

Als ich aufschaue, sehe ich nur noch, wie die Tür langsam zufällt und er sich lässig von der Bäckerei entfernt, als wäre nichts geschehen.

Erst, als er ein paar Meter entfernt ist, dreht er sich noch einmal um und hebt die Hand. Nur ein flüchtiges Winken. Harmlos und doch süß. Aus der Ferne glaube ich ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen, aber bevor ich mich vergewissern kann, hat er sich auch schon wieder umgedreht.

Zielsicher geht er die Straße hinunter, bis er an der Gabelung am Ende der Promenade in einer Seitengasse verschwindet.

Erst, als ich den Blick erneut auf den Zettel senke, wird mir bewusst, dass er ihn bereits vorher geschrieben und schon mit in den Laden gebracht haben muss.

Unweigerlich muss ich grinsen. Einerseits traut er sich nicht, mich direkt nach einem Date zu fragen und tut es stattdessen mit einem kleinen Briefchen, andererseits ist er selbstbewusst genug, davon auszugehen, dass ich nicht vergeben bin und somit für Verabredungen zur Verfügung stehe.

Ich falte den Zettel zusammen und schiebe ihn unter meine Kaffeetasse, die hinter dem Tresen steht.

Als sich die Tür erneut öffnet, ertappe ich mich bei einem flüchtigen Anflug von Enttäuschung, weil es nicht er, sondern eine ältere Dame ist, die den Laden betritt.

„Guten Morgen“, entgegne ich freundlich, während sie mir schweigend zunickt und die Brötchen in den Körben mit prüfendem Blick mustert.

Während sie akribisch darüber nachdenkt, welche Wahl wohl die richtige ist, gehen meine Gedanken auf Wanderschaft. Dorthin, wo sie sich eigentlich gar nicht auskennen. Zu einem Mann, dessen Nummer unter meiner Kaffeetasse klemmt.

Kapitel 3

„Was für ein Tag.“ Seufzend schmeiße ich mich auf das viel zu kurze Sofa und streife meine Schuhe ab, die wie zwei schwere Steine zu Boden plumpsen.

„Wirst du jemals lernen, die Dinger an der Tür auszuziehen und nicht wie eine Asoziale vom Sofa aus?“ Vito hebt kopfschüttelnd meine Schuhe auf. „Der Teppich ist schon wieder voller Dreck.“

„Ich werde es genau an dem Tag lernen, an dem du lernst, dass du mein Mitbewohner bist und nicht meine Mutter, Schatzilein.“ Ich grinse ihm frech zu. „Die Wohnung mag nicht groß sein, aber es ist meine – oder hast du schon vergessen, wer hier wen aufgenommen hat, als er vor einem Jahr heulend vor der Tür stand, weil er von seinem Lover abserviert wurde?“

„Frank hat mich nicht abserviert.“ Vito setzt sich theatralisch auf den Sessel neben mir. „Wir haben uns einvernehmlich getrennt.“

„Das habe ich aber anders in Erinnerung.“

„Wenn es dich stört, dass ich hier wohne, dann …“

„Natürlich stört es mich nicht. Niemand macht so tolle Pasta wie du.“ Ich zwinkere ihm zu. „Aber ab und zu muss ich dich schon daran erinnern, dass ich … na ja … nun mal bin, wie ich bin.“

Seufzend lässt er die Schultern sinken. „Du hast ja recht, Süße. Tut mir leid. Im Restaurant war wieder so viel los. Außerdem habe ich heute festgestellt, dass der schnuckelige Rothaarige, der sonst immer allein zur Mittagszeit kommt, hundertprozentig hetero ist.“

„Nein!“ Ich mache mich gerade. „Das tut mir leid. Dabei hat sich dein Schwulen-Radar doch bisher noch nie geirrt.“

Er lehnt sich frustriert zurück. „Irgendwann ist anscheinend immer das erste Mal.“

„Vielleicht weißt du aber auch mehr über seine Gesinnung als er selbst? Nicht jedem fällt das Coming Out so leicht wie dir damals.“

„Süß von dir, mich aufzumuntern, aber der Zug ist glaube ich abgefahren.“

Ich mustere ihn eine Weile schweigend. In seinem weißen Hemd, das er zur wie immer akkurat gebügelten Stoffhose trägt, sieht er noch schmächtiger aus, als er ohnehin ist. Das pechschwarze Haar hat er wie immer detailverliebt mit Gel frisiert.

„Lass uns lieber über dich reden“, beginnt er nach einer Weile.

„Über mich?“

„Ja, über dich, Leslie.“ Er nickt wissend. „Du hast wieder dieses debile Grinsen auf den Lippen. Das letzte Mal, als ich das bei dir gesehen habe, hast du gerade angefangen, diesen abgehalfterten Sänger zu daten.“

„Piet? Meine Güte, das ist Ewigkeiten her.“

„Ganz genau. Deshalb ist es umso wichtiger, dass ich auf der Stelle alles über den Grund deines aktuellen Grinsens erfahre.“

Seine Hartnäckigkeit bringt mich zum Lachen.

„Ach, Vito, ich glaube, ich muss dich enttäuschen. Da gibt es nämlich nicht viel zu erzählen.“

„Nicht viel ist besser als gar nichts.“

„Na ja“, ich ziehe den Zettel aus meiner Hosentasche und lege ihn auf den Tisch, „das hier ist alles, was ich anzubieten habe, um deine Neugier zu stillen.“

Aufgeregt faltet er das Papier auseinander.

„Danny? Wer ist das?“ Entgeistert starrt er mich an. „Und wieso erfahre ich jetzt erst von ihm?“

„Weil ich heute selbst erst erfahren habe, wie er überhaupt heißt. Bis heute war er nichts weiter als ein ganz normaler Kunde in der Bäckerei.“

„Ein ganz normaler Kunde?“ Er hebt die Augenbrauen.

„Na ja.“ Ich grinse. „Ein ganz normaler Kunde mit besonders süßem Knackarsch.“

„Und wie kommst du zu diesem Zettel?“

„Er hat ihn mir heute über den Tresen geschoben.“

Vito hält sich lachend die Hand vor den Mund. „Nicht zu fassen. Und was hast du gesagt?“

„Gar nichts. Als ich den Brief gefunden habe, war er schon draußen.“

„Aber er gefällt dir?“

Ich spüre die Wärme in meine Wangen steigen. „Kann man so sagen, ja. Auch, wenn ich ihn nicht kenne.“

„Das lässt sich ja ändern.“

„Was soll das heißen? Glaubst du etwa, dass ich ihn anrufen werde?“

„Wie wäre es für den Anfang mit WhatsApp?“

„Er ist ein Fremder, Vito.“

„Aber du findest ihn heiß, oder?“

Schweigend beiße ich mir auf die Lippe.

„Was gibt’s dann mehr zu klären, außer wann ihr euch wo treffen werdet?“

„Aber es ist schon so lange her, dass ich mich auf einen Typen eingelassen habe.“

„Es muss ja nicht gleich was Ernstes sein. Geht ins Kino, was trinken. Was man eben so macht, um sich kennenzulernen.“

Auch, wenn ich seinen Vorschlag instinktiv abschmettern will, kann ich nicht anders, als allein beim Gedanken an ein Wiedersehen zu lächeln.

„Außerdem“, er springt aus dem Sessel und setzt sich neben mich, „wenn du dich nicht für diesen Kerl interessieren würdest, hättest du den Zettel sofort weggeschmissen.“

Ich zucke mit den Schultern. „Kann schon sein.“

„Kann schon sein, kann schon sein.“ Er pufft mir gegen den Arm. „Was soll das heißen, kann schon sein? Sonst bist du doch auch nicht auf den Kopf gefallen, wenn es darum geht, auf andere Leute zuzugehen.“

„Du hast ja recht, aber …“

„Nichts aber. Wenigstens einer von uns beiden muss doch mal Glück bei den Männern haben.“

Seine Worte bringen mich wie so oft zum Lachen. So dramatisch Vito bei seinen eigenen Problemen ist, so leicht klingt alles aus seinem Mund, wenn es um das Leben anderer geht – mein Leben zum Beispiel.

„Und was soll ich ihm sagen?“, frage ich.

„Du verarschst mich, oder? Seit wann machst du dir Gedanken darüber, was du sagen sollst?“

Er hat recht. Wenn es etwas gibt, womit ich eigentlich ausreichend ausgestattet bin, dann ist es Redseligkeit und Spontaneität.

„Sei einfach ganz genau so, wie du immer bist.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Dann kann gar nichts schiefgehen.“

Mein Blick fällt auf mein Handy auf dem Tisch vor mir.

„Du hast recht“, sage ich schließlich. „Was kann schon Schlimmes passieren?“

Kapitel 4

„Ich habe mich sehr über deinen Anruf gefreut.“ Er nimmt einen Schluck von seinem Weißwein und betrachtet mich über den Rand seines Glases.

„Und ich mich über deine Nachricht.“ Ich schiebe meine Gabel in den Salat.

„Meine Nachricht, tja.“ Er stellt sein Glas zur Seite. „Ich gebe zu, die war etwas kindisch. Aber ich wollte dich nicht in eine blöde Situation bringen, indem ich dich direkt anspreche. Immerhin warst du ja bei der Arbeit.“

„Schon okay. Ich habe mich gefreut.“

Dass ich unsicher war, ob ich ihm überhaupt antworte, behalte ich für mich. All diese Geständnisse würden Erklärungen erfordern. Erklärungen, die ich nicht zu geben bereit bin. Zumindest noch nicht.

„Ich war mir nicht sicher, ob du lieber Italienisch oder Deutsche Küche magst“, sagt er.

Anstatt ihm zu antworten, schaue ich mich um wie eine Verfolgte. Am Tisch neben uns nimmt gerade ein mit Perlen geschmücktes platinblondes Püppchen Platz, neben ihr ein etwas älterer Herr in maßgeschneidertem Anzug.

---ENDE DER LESEPROBE---