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Studienarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 2,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für deutsche Literatur), Veranstaltung: Seminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Zentraler Bezugspunkt dieser Arbeit ist die Erzählung von den ››Sieben weisen Meistern‹‹, einer im Mittelalter weit verbreiteten Exempelsammlung, deren textgeschichtliche Wurzeln mit großer Wahrscheinlichkeit bis ins Persische Reich um 900, vermutlich sogar weitere 600 Jahre zurück bis nach Indien reichen. Im europäischen Raum tauchen verschiedene Versionen der Erzählung erstmals im 11./12. Jahrhundert in altfranzösischer, lateinischer und altspanischer Sprache auf, wobei die altfranzösische die älteste der westeuropäischen darstellt. Als in Europa am weitesten verbreitete Variante gilt die lateinische ››Historia septem sapientum‹‹ , die wiederum die Vorlage für die dieser Arbeit zu Grunde liegende frühneuhochdeutsche Fassung mit dem Titel ››Die Historia von den sieben weisen Meistern und dem Kaiser Diocletianus‹‹ darstellt. Übergreifendes, allen Versionen gemeinsames Merkmal ist der strenge Aufbau in Form einer umfassenden Rahmenerzählung, in die kleinere Binnenerzählungen, Exempel, eingefügt werden, die den Figuren der Rahmenerzählung als Argumente dienen. Abweichungen zwischen den verschiedenen Versionen zeigen sich in Anzahl und Auswahl der Exempel und/oder in der Besetzung der Exempel – Erzähler(innen)rolle. In dieser Arbeit soll der Frage der Auslegbarkeit offenbar misogyner Inhalte am Beispiel der ›Tentamina‹ nachgegangen werden, da für dieses Exempel aufgrund seiner zentralen Stellung im Gesamttext eine besondere Bedeutung vermutet wird.
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2. Die Stoffe
2.1. Die Historia von den sieben weisen Meistern
2.1.1. ›Tentamina‹ / Das vierd exempel des vierden maisters
2.2. ››Das Decameron‹‹ von Boccacio
2.2.1. ›Die 9. Geschichte des 7. Tages‹
3. Analyse
3.1. Motivik
3.2. Die Figuren: Mann / Frau / Beraterin
3.2.1. Die Figur des alten Mannes
3.2.2. Die Figur der Frau
3.2.3. Die Figur der eingeweihten Frau: Mutter / Kammerjungfer
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
Enzyklopädien
Zentraler Bezugspunkt dieser Arbeit ist die Erzählung von den ››Sieben weisen Meistern‹‹, einer im Mittelalter weit verbreiteten Exempelsammlung, deren textgeschichtliche Wurzeln mit großer Wahrscheinlichkeit bis ins Persische Reich um 900, vermutlich sogar weitere 600 Jahre zurück bis nach Indien reichen.[1]
Im europäischen Raum tauchen verschiedene Versionen der Erzählung erstmals im 11./12. Jahrhundert in altfranzösischer, lateinischer und altspanischer Sprache auf, wobei die altfranzösische[2] die älteste der westeuropäischen darstellt. Als in Europa am weitesten verbreitete Variante gilt die lateinische ››Historia septem sapientum‹‹[3], die wiederum die Vorlage für die dieser Arbeit zu Grunde liegende frühneuhochdeutsche Fassung mit dem Titel ››Die Historia von den sieben weisen Meistern und dem Kaiser Diocletianus‹‹[4] darstellt. Übergreifendes, allen Versionen gemeinsames Merkmal ist der strenge Aufbau in Form einer umfassenden Rahmenerzählung, in die kleinere Binnenerzählungen, Exempel, eingefügt werden, die den Figuren der Rahmenerzählung als Argumente dienen. Abweichungen zwischen den verschiedenen Versionen zeigen sich in Anzahl und Auswahl der Exempel und/oder in der Besetzung der Exempel – Erzähler(innen)rolle.
Aufmerksamkeit verursacht die Tatsache, dass sich die einzelnen Exempel nicht immer als logisch begründete Argumente erweisen, sondern eher sperrig erscheinen. Vor allem die Erzählungen der Kaiserin weisen fehlerhafte Bezüge und Ungereimtheiten auf, wirken teilweise absurd und befremdend. Im literaturwissenschaftlichen Diskurs entstanden dazu unterschiedliche Erklärungsansätze. Die mangelhafte Plausibilität wurde zuletzt von Hans-Henning Steinmetz als „narrative Kritik des argumentativen Exempelgebrauchs“ interpretiert (vgl. Steinmetz 2000, S. 60 ff.). Unzweifelhaft beruht die mangelhafte Stimmigkeit einerseits auf - welcher Intention auch immer folgend - unpassenden Bezügen zwischen Exempel und Rahmenhandlung, andererseits aber auch auf der Konstruktion einer Art schwer fassbaren Schwebezustands, der Fragen nach Schuld und Unschuld nicht eindeutig beantworten lässt. Bea Lundt´s Untersuchungen zur Frage, wie in dieser Zeit Lebensplanungen und Handlungsmöglichkeiten in den sprachlichen Äußerungen der Menschen kreiert wurden und in welcher Weise diese Denkmodelle geschlechtsspezifisch variierten, bieten für diesen Aspekt hilfreiche Zugänge (vgl. Lundt 2002).
In dieser Arbeit soll der Frage der Auslegbarkeit offenbar misogyner Inhalte am Beispiel der ›Tentamina‹ nachgegangen werden, da für dieses Exempel aufgrund seiner zentralen Stellung im Gesamttext eine besondere Bedeutung vermutet wird. Die Fragestellung lautet daher:
Wodurch und inwieweit wird im Exempel ›Tentamina‹ eine misogyne Grundeinstellung ausgedrückt und worin zeigen sich die Unwägbarkeiten bei der Auslegung?
Um die Auffälligkeiten und Besonderheiten deutlicher herauszuarbeiten, wird dem Text der ››Historia‹‹ ein um 1350 entstandener Paralleltext, der aus der Quelle des ›Tentamina‹-Exempels gespeist wurde, gegenübergestellt. Es handelt sich um die 9. Erzählung des 7. Tages aus Boccaccios Novellensammlung ››Il Decamerone‹‹.[5]
Boccaccios Werk ist in Form einer additiven Aneinanderreihung von Einzelerzählungen aufgebaut. Diese Erzählungen haben Novellencharakter, dienen vordergründig der Unterhaltung, weniger stark der Belehrung. Hierin liegt ein markanter Unterschied zur ››Historia‹‹, denn dort sind Exempel und Rahmenerzählung ineinander verwoben und beeinflussen sich wechselseitig. Die Funktion des Exempels liegt eindeutig auf Belehrung durch argumentatives Erzählen.
Im Folgenden sollen die beiden Werke in ihrer Essenz kurz dargestellt werden.