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Das Erleben mit allen Sinnen steht im Mittelpunkt dieser Anthologie. Dazu gehören Beiträge über Wahrnehmungsverlust, kriminelle Begierden, die Qual der Reizüberflutung und den geheimnisvollen sechsten Sinn genauso wie über lustvolles Essen, Feiern oder Reisen und das Gefühl von Zärtlichkeit.
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Seitenzahl: 265
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Eine Sammlung von Texten aus dem
Club der altersgemischten Dichterinnen und Dichter
der Schreibwerkstatt der Universität des Dritten Lebensalters
Göttingen
Zusammengestellt von Ruth Finckh
und den Autorinnen und Autoren dieses Buches
Buchgestaltung: Manfred Kirchner und die Autoren
November 2021
Unsere Anthologie ist das Ergebnis vielfältiger vertrauensvoller Zusammenarbeit. Dass diese Kooperation unter Pandemiebedingungen und über viele Alters- und Erfahrungsgrenzen hinweg so gut gelungen ist, liegt an der freundlichen Neugier und Offenheit, die den Club der altersgemischten Dichterinnen und Dichter, auch Offene Schreibwerkstatt der UDL genannt, seit vielen Jahren auszeichnet.
Wir haben online gearbeitet, ausschließlich und mit wachsender Selbstverständlichkeit. Die Dienstagnachmittage voller lebendiger Diskussionen in unseren Videokonferenzen wurden zur lieben Gewohnheit, fast so unmittelbar wie reale Begegnungen. Die Kameras blieben während der Sitzungen angeschaltet, sodass man die konzentrierten Gesichter der MitstreiterInnen, ihr Kopfschütteln oder Nicken sehen konnte, während sie die vorher eingereichten Texte diskutierten.
Quer durch die Generationen wurde gelacht, argumentiert und gemeinsam um die beste Formulierung gerungen. Ganz gleich, ob die VerfasserInnen unter 25 oder über 75 Jahre alt waren, ob sie direkt aus Göttingen, aus dem Landkreis oder sogar aus dem Ausland kamen: Jedes Werk wurde sorgsam unter die Lupe genommen. Eine manchmal ein wenig beängstigende, aber meistens sehr schöne Erfahrung – gerade für ganz junge AutorInnen!
Die Studierenden haben die Möglichkeit, Studienleistungen zu erbringen, indem sie mit einem Partner oder einer Partnerin aus der UDL gemeinsam ein Schreibprojekt durchführen und darüber einen Bericht schreiben. Eines der Tandemprojekte (Die kleine Kerze) ist in diesem Band dokumentiert.
Das Thema Mit allen Sinnen hat die unterschiedlichsten Assoziationen geweckt und uns gerade deshalb intensiv beschäftigt, weil die Pandemie so alltägliche Sinnenfreuden wie Restaurantbesuche, Konzerte und Urlaube, aber auch gesellige Begegnungen, unerwartet problematisch und damit kostbar gemacht hat.
Dr. Ruth Finckh
Screenshot: Videokonferenz Offene Schreibwerkstatt Birgit Heymann
Zu diesem Buch - Ruth Finckh
Sushi, Sashimi und ich - Martina Scheible
Pfannkuchen - Lara Döring
Schokolade - Ruth Finckh
Triage und Karotten - Hans-Jochen Hüchting
Steinduft - Ruth Finckh
Gegengruß - Jonas Richter
Tavolo grande Ticino - Hansi Sondermann
Große Tessiner Tafel - Hansi Sondermann
Aprilabend auf dem Balkon - Ruth Finckh
Erlebnisse einer Aldikundin - Karolin Grabe
Winteraugen - Ruth Finckh
Wüstendüfte - Gernot Sander
Im siebten Himmel - Alexandra Grupe
Süßer Verfall - Samira Belmonte
Aber ach, was ist das für ein Geruch - Frauke Twiehaus-Fischer
Viervierteltakt - Manfred Kirchner
Danz op de Deel - Birgit Heymann
Erdbeeren - Michael Groß
Erdbeerzeit - Petra Koslowski
An meinen Wald - Birgit Heymann
Hände - Nevena Radeva
Veronika und die Blauen Blumen - Ruth Finckh
Held der Straße - Petra Koslowski
Ode an meine Hand - Gaba Weis
Henry - Manfred Kirchner
Im Wald - Helga Margenburg
Sturmflut - Manfred Kirchner
Stille nach dem Sturm - Albrecht Thiel
Das alte Haus - Helga Margenburg
Vintage - Claudia Liersch
Chaco Canyon - Gernot Sander
Kartoffelfeuer - Ruth Finckh
Der Papiercontainer - Birgit Heymann
Flieder - Ruth Finckh
Cappuccetto Rosso - Claudia Liersch
ode, sinnlos - Jonas Richter
Wie Harz und feuchte Wälder - Samira Belmonte
Harz und Waldes Feuchte - Samira Belmonte
Wein und Silber - Michael Groß
Das rote Mützchen - Helga Margenburg
Ein Hauch von Freiraum - Nevena Radeva
Der 95. Geburtstag - Lore I. Lehmann
Draußen - Gaba Weis
Geborgenheit - Claudia Liersch
Mein Weihnachten - Martina Scheible
Pins Parasols - Lore I. Lehmann
Februar - Ruth Finckh
Sinnlich - Samira Belmonte
Mezquita de Cordoba - Martina Scheible
Wurzelraumansprache - Ruth Finckh
Mein Asperger - Gernot Sander
Winter, hör! - Ruth Finckh
Panik - Claudia Liersch
Eine Frage des Geschmacks! - Gaba Weis
Innerer Sinn - Gernot Sander
Zwei Bilder - Gernot Sander
In der Astgabel - Ruth Finckh
Kleine Helden - Manfred Kirchner
Welt wieder in HD - Mirjam Elisa Ritz
Hässliches Grau? - Ruth Finckh
Herzkirschenaugen - Martina Scheible
Der grüne Sinn - Gaba Weis
Mammuts - Michael Groß
Ein Gleichnis - Gernot Sander
Li lei li lei lei - Birgit Heymann
Blumengarten - Nevena Radeva
Von Sinnen - Samira Belmonte
Mein schönes schwarzes Fell - Michael Groß
Endspiel? - Hansi Sondermann
Die kleine Kerze – Ein Märchen - Aimee Humme und Hans-Jürgen Hüchting
Tandemprojekte
Danke!
Die Autorinnen und Autoren
Foto: Manfred Kirchner
Martina Scheible
Wenn ich über ein Nahrungsmittel schreiben soll, das für mich besondere Bedeutung hat, mich vielleicht sogar ein wenig definiert, muss ich nicht lange nachdenken. Ich gehe einfach zu meinem Kühlschrank, öffne ihn, und es leuchtet mir so weiß wie Reis, so orangerot wie Lachs und so schwarz wie Algen und Sojasauce entgegen. Dazu das scharfe Grün von Wasabi, dem japanischen Meerrettich, der so schön die Atemwege durchpustet, und das durchsichtig-schimmernde Beige von Gari, dem eingelegten, in dünne Scheiben geschnittenen Ingwer, der den Gaumen klärt und immer wieder für neue Geschmacksnuancen der verschiedenen Fischarten öffnet.
Sushi, rohe Fischhäppchen auf Reis, und Sashimi, elegant geschnittene Scheiben von rohem Fisch und Meeresfrüchten ganz für sich, sind für mich ein Lebensgefühl. Selbst der Sushi-Reis erzählt mir vom Wasser, in dem er angebaut wird, und ist immer etwas klebrig feucht, um die Form zu halten.
Sushi und Sashimi verkörpern für mich das Meer, meinen ureigensten Sehnsuchtsort, den ich daran erschmecken, erriechen und erfühlen kann. Sie vereinigen alles, was ich bei Essenszubereitung besonders mag – absolute Frische, gänzlich Unzerkochtes, Feuchtes, nie zu Trockenes, eine reichhaltige Geschmackspalette, denn jeder Fisch, jede Muschelart, jedes Körperteil eines Tintenfischs schmeckt anders. Und im Rohzustand sind die geschmacklichen Unterschiede für mich noch stärker ausgeformt, mehr im Vordergrund, ganz individuell und puristisch, ohne weitere Zusätze wie Gewürze. Auch die Augen feiern mit, denn die kunstvolle Präsentation dieser Meeresschätze, das mit Liebe arrangierte Zusammenspiel von Farben und Formen, ist Teil der Gaumenfreude.
Und dann erst die Texturen – Fisch und Muscheln und Tintenfisch sind weder schleimig noch langweilig, wenn sie roh als Sashimi präsentiert werden – mal bissfester, mal im Mund zergehen mal richtig zu kauen, glatt oder etwas rau, leicht körnig, tief und hoch eingekerbt, geben sie der Zunge und den Zähnen etwas zu ertasten, zu knabbern, zu umfangen, zu liebkosen und sich im wahrsten Sinn des Wortes einzuverleiben, um damit genussvoll zu verschmelzen.
Und immer höre ich im Geiste die Wellen des Meeres. Wenn ich Sushi und Sashimi esse, ist es ein bisschen wie darin zu schwimmen, und ich bin in meinem Element. Und ganz und gar am Leben. Und glücklich.
Foto: Mein Sushi-Fest Martina Scheible
Lara Döring
Kaum, dass der Teig in die Pfanne läuft und auf das heiße Öl trifft, beginnt sich ein süßer Duft in der Küche auszubreiten. Dieser Geruch gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit. Das Gefühl nach Hause zu kommen. Das Gefühl wieder ein Kind zu sein.
Pfannkuchen gab es früher immer nur bei meiner Oma. Aber dort gab es die allerbesten „Mehlpfannkuchen“, wie sie immer zu sagen pflegte. Tagelang freute ich mich im Voraus darauf, sodass mir an diesem besonderen Tag sogar der anstrengende Rückweg von der Schule nichts ausmachte. Vielmehr schien ich förmlich leicht wie eine Feder nach Hause zu schweben.
Kaum, dass ich die Haustür aufmachte, strömte mir dann diese Duftmischung aus Vanille, Zimt, Zucker, Mehl und Apfelmus entgegen. Die ersten Pfannkuchen waren bereits fertig und bei den letzten durfte ich mithelfen.
Also hieß es schnell die Schulsachen abladen, Hände waschen und ab in die Küche. Dort stand die Pfanne bereits auf dem Herd und darin brutzelte ein Pfannkuchen fröhlich vor sich hin. Neben dem Herd stapelten sich bereits die fertigen Pfannkuchen zu einem kleinen Turm. Auf dem Esstisch stand eine riesige Schale mit selbstgemachtem Apfelbrei, welcher fast genauso verführerisch duftete wie jeder einzelne Pfannkuchen. Wenn man nun beides zusammenmischte, dann kam mein absolutes Lieblingsessen dabei heraus.
Nachdem ich meiner Oma bei den letzten Pfannkuchen geholfen hatte, setzten wir uns zusammen an den Tisch und ich berichtete nebenbei, so gut ich es mit vollem Mund konnte, von meinem Schultag.
Messer und Gabel hatte sie mir zwar wie immer hingelegt, aber benutzen musste ich sie glücklicherweise nicht. Ab und zu aß ich auch mal ganz gerne mit den Fingern, wie das wohl jedes Kind gern tut. Schließlich waren meine Eltern ja nicht da und Oma war es egal, auch wenn meine Hände dann nach dem Essen glänzten, als hätte ich sie gerade frisch eingeölt.
Ich zog mir aus dem noch dampfenden Türmchen ein besonders schönes Exemplar heraus, bestrich es mit einer ordentlichen Menge an Apfelmus und rollte dann voller Vorfreude den Pfannkuchen zusammen. Ganz vorsichtig umfasste ich mit beiden Händen die Rolle und biss genüsslich ein Stück ab. Im Mund breitete sich die Wärme des Pfannkuchens aus, die jedoch sogleich von der Kühle des Apfelbreis abgemildert wurde. Leider hatte meine Rolltechnik zur Folge, dass immer wieder etwas vom Apfelbrei auf der anderen Seite über meine Hand herauslief. Bestenfalls tropfte es dann nur auf den Teller, oftmals aber eben auch ausgerechnet direkt daneben.
Tatsächlich hat sich an meiner Art, Pfannkuchen zu essen bis heute kaum etwas geändert. Vielleicht, weil es mich einfach an all die schönen gemeinsamen Momente von damals erinnert.
Nun kann ich sie leider nicht mehr mit meiner Oma zusammen essen, aber ihr Rezept nutze ich nach wie vor. Jedes Mal. Genauso wie sie es mir als Kind beigebracht hat.
Und immer, wenn ich einen Pfannkuchen esse, dann denke ich ganz fest an sie.
Pfannkuchen-Rezept:
Zutaten für ca. 8-10 Pfannkuchen:
4 Eier
2 EL Zucker
400 ml Milch
1 Prise Salz
200g Mehl
1 Päckchen Vanillezucker
1 Msp. Backpulver
Öl zum Ausbacken
Zubereitung: Die Eier mit dem Zucker mindestens 3 Minuten cremig aufschlagen und anschließend mit der Milch verrühren. Dann Salz, Mehl, Vanillezucker und Backpulver dazugeben und alles zu einem glatten Teig rühren. Den Teig für ca. 15 Minuten ruhen lassen.
Dann 1-2 große Schöpfkellen Teig in eine auf mittlere Hitze erhitzte Pfanne geben. Sobald sich nach ca. 2 Minuten kleine Bläschen bilden, den Pfannkuchen einmal wenden und von der anderen Seite schön goldbraun ausbacken.
Ruth Finckh
Wenn sie sich weich
um meine Zunge kuschelt,
dann blühn
meine Geschmacksknospen auf
und träumen
Vanillebestäubung.
Hans-Jochen Hüchting
„Lass mich das bitte machen“, sage ich zu meiner Frau, als ich zu ihr in die Küche komme.
Sie hat gerade unsere kleine Enkelin vor sich auf das Stühlchen gesetzt, um sie mit Karottenbrei aus dem Gläschen zu füttern.
„Hätte ich mir denken können“, sagt meine Frau. „Auch unsere Kinder hast du immer füttern wollen, wenn es Karottenbrei gab.“
„So ist das nun mal“, murmele ich.
„Woher weißt du überhaupt, dass hier Karottenbrei drin ist“, fragt meine Frau mit Blick auf das Gläschen, dessen Etikett sie mit ihrer Hand abdeckt hält.“
„Das könnte ich auf einen Kilometer Entfernung riechen.“
„Was ist für dich am Karottenbrei so besonders?“
„Ist halt so“, wehre ich die Frage ab.
„Da steckt mehr dahinter“, beharrt meine Frau. „Schon oft habe ich dich gebeten, mir das zu erklären.“
„Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen.“
„Warum?“
„Ich will meine Mutter nicht in ein schlechtes Licht rücken, und außerdem würde ich bestimmt anfangen zu heulen. Schrecklich!“
Sie reicht mir das Glas und schaut lächelnd zu, wie unsere kleine Enkelin genüsslich den Mund öffnet und sich von mir füttern lässt.
„So, und jetzt erzählst du es mir bitte“, dringt meine Frau in mich, als unsere Enkelin satt ist.
Ich spüre den glücklichen Blick unserer Enkelin auf mir, während meine Frau mich bittend weichlächelt. Wir setzen uns nebeneinander auf das Sofa und nehmen die Kleine zwischen uns, die inzwischen selig eingeschlafen ist.
Ich erinnere mich laut daran, was ich von anderen über der Zeit vor und kurz nach meiner Geburt erfahren habe:
Es war Krieg. Die Propaganda verschwieg die sich abzeichnende Niederlage nach der verlorenen Schlacht bei Stalingrad. Mein Vater, dieser Katastrophe durch glückliche Umstände entkommen, war in einer für ihn neuen Einheit in den Ardennen eingesetzt. Meine Mutter, mit mir hochschwanger, bekam die Anweisung, ihre Wohnung in Hannover, das bombardiert zu werden drohte, zu verlassen. Ihre beiden Kinder gab sie in die Obhut ihrer ebenfalls in Hannover lebenden Mutter. In einer Stadt im Ostharz, in der ihr Bruder als Frauenarzt praktizierte, brachte sie mich zur Welt. Kaum wieder zurück in der gemeinsamen Wohnung, erhielt sie einen Evakuierungsbefehl und musste die Stadt erneut, nun mit allen Kindern verlassen. Bei entfernten Verwandten, einem älteren Ehepaar, fanden sie Unterkunft in Ebstorf, einem Dorf in der Lüneburger Heide. Die beiden Alten waren ihr nicht wohlgesonnen und nahmen sie nur auf, um nicht ihnen ganz fremde Flüchtlinge bei sich wohnen lassen zu müssen. Ich bewundere meine Mutter, wie sie in dieser unfreundlichen Atmosphäre die Angst und Sorgen um ihren Mann, uns Kinder und sich selbst durchgestanden hat. Gemeinsam mit meinen Geschwistern erbat sie bei Bauern, was sie für uns zu essen bekommen konnte. Im Wald sammelten sie Holz, Pilze und Beeren und am nahen Bahndamm Essbares, das von den fahrenden Güterzugwagen gefallen war. Das war nie genug und sicher nicht ausreichend nahrhaft. Daher nahm ich, noch ein Kleinkind, nicht zu, war kränklich und wurde täglich schwächer. Meine Mutter überwand sich, meine Geschwister dem Ehepaar anzuvertrauen, bei dem wir zur Miete wohnten, und fuhr mit mir zu ihrer Mutter nach Hannover. Die ergatterte für mich einen Platz im Kinderkrankenhaus und versprach, sich um mich zu kümmern, so dass meine Mutter zu meinen Geschwistern erleichtert, wenn auch schweren Herzens zurückkehren konnte.
Meine Großmutter hatte die Gabe, in die Menschen, denen sie begegnete, hineinschauen zu können und sich nicht von Stand, Gehabe oder Äußerlichkeiten ablenken zu lassen.
„Ich kann mich auch mit einer Klofrau bestens unterhalten, wenn sie ein guter Mensch ist“, sagte sie oft.
So hatte sie auch im Krankenhaus, in dem die überlasteten Ärzte sich als unzugängliche Halbgötter gaben, schnell vertrauensvolle Kontakte besonders zu einer Krankenschwester geknüpft, die sie eines Tages leise und mit eindringlichem Blick aufforderte, ihr in eine verschwiegene Ecke zu folgen.
„Ich darf Ihnen das nicht sagen, aber es Ihnen gegenüber zu verschweigen, bringe ich nicht übers Herz“, flüsterte sie. „Als Hauptnahrung geben wir den Kindern Vorzugsmilch, aber davon haben wir nicht mehr genug. Ihr Enkel ist zu schwach. Wir bekommen ihn nicht durch. Daher gehört er zu denen, die wir aussortieren mussten und denen wir keine Vorzugsmilch mehr geben dürfen. Er bekommt fast nur mit Wasser verdünnte Milch zu trinken und ein wenig in Wasser gekochten Haferbrei, damit er nicht qualvoll verdurstet und verhungert. Inzwischen ist er so schwach, dass er, selbst, wenn wir ihm jetzt viel Vorzugsmilch oder gar anderes Nahrhafteres zu essen gäben, das wohl nicht mehr vertragen, wahrscheinlich sogar daran sterben würde. Ich kann nicht mehr tun, als Ihnen das zu sagen, und selbst das darf ich nicht. Es bricht mir das Herz.“
Sie strich meiner Großmutter über die Schulter und wendete sich ab.
Es gab damals in einem Dorf in der Heide kein Telefon und kein Telegrafenamt. Für einen Brief, fürchtete meine Großmutter, war keine Zeit mehr. So ging sie heim und kam mit einer Wolldecke in das Krankenhaus zurück. In die wickelte sie mich, als sie sich unbeobachtet fühlte, und trug mich heimlich und unbemerkt aus dem Krankenhaus zu sich nach Hause. Was dann geschah, hat sie mir wieder und wieder erzählt. Ich erinnere mich noch an fast jedes Wort:
„Da hatte ich dich nun bei mir – auf eigene Verantwortung. Du lagst da als jämmerliches, kleines und blasses Bündel mit schmerzverzerrtem Gesicht. Selbst zum Schreien fehlte dir die Kraft. Ich konnte dich doch nicht einfach so verhungern lassen. Da stand mein Entschluss fest. ‚Wenn er schon sterben muss, dann soll er sich wenigstens einmal im Leben richtig satt gegessen haben.´, machte ich mir selbst Mut. Ich habe dich mit in die Küche genommen, habe Karotten geschabt, in dünne Scheiben geschnitten, gekocht und zusammen mit Butter zu einem Brei gestampft. Das würde dich, wenn die Krankenschwester mit ihrer Warnung recht hatte, vielleicht umbringen. Aber das war mir in dem Moment egal. Zunächst hast du dich gegen das ungewohnte Essen gewehrt, aber schon bald war dein kleiner Mund weit geöffnet und gierig hast du ein Häppchen nach dem anderen verschlungen. Dann fingst du plötzlich an, jämmerlich zu schreien. Das wenigstens konntest du wieder, selbst wenn das deine letzten Lebensäußerungen sein sollten. Kaum aber hatte ich den Löffel, mit dem ich den Rest Brei vom Teller gekratzt hatte, wieder zum Füttern bereit, war dein Mündchen wieder weit geöffnet. Da verstand ich. Das Geräusch des am Tellerboden kratzenden Löffels kanntest du. Es bedeutete für dich: Nun gibt’s nichts mehr. Da habe ich dir einen zweiten Teller Karottenbrei gemacht. Die Tränen sind mir die Wangen heruntergelaufen, während ich dich weiter fütterte, bis du schließlich satt, zufrieden und glücklich auf meinem Arm eingeschlafen bist. Sicher habe ich es mir eingebildet, aber für mich hattest du einen leichten rosa Schimmer auf deinen blassen Bäckchen.“
Ich atmete tief durch und blickte schweigend vor mich hin. Eine Zeit lang blieb meine Frau noch neben mir sitzen. Dann ging sie, ohne etwas zu sagen, in die Küche. Ich genoss es lange, unsere Enkelin neben mir ruhig schlafen zu hören und zu spüren. Da drang aus der Küche der Duft von in Butter gedünsteten Karotten zu uns.
Bild: Engel nach einem Motiv von Andreas Felger Birgit Heymann
Ruth Finckh
Regen auf trockene Erde:
Ein weicher Atem steigt auf
der mich restlos umhüllt und erfüllt.
Petrichor, steinerner Duft: Aerosole
aus Geosmin und natürlichen Ölen, siehe
Bear/Thomas in Nature
of Argillaceous Odour.
Es heißt
der Zyklus von Kängurus wird
gesteuert vom Petrichor.
Was
macht der Atem der Erde mit mir?
Jonas Richter
Der Schlüssel knackt im Schloss
Licht fällt durch den Spalt
die Pforte öffnet sich, ein Hauch
weht ins Gesicht
und dann schüttet es
stürzt strömt gießt
im freien Fall
bis
es auf die Erde prallt
und die Steine, durstig, grüßen
diesen Regenguss mit Duft
Schnuppernd steht er an der Pforte
ein bisschen länger noch
den Gruß genießen
Hansi Sondermann
Großes „Salute, Ciao, Buona sera, Benvenuto“, als Matteo Turrini, seine Schürze locker um die Hüfte, vor dem Eingang seines Grotto steht und unsere Theatertruppe lachend begrüßt. Das Grotto Giovanna, eins der größten Grotti im Valle Maggia, ist für Liebhaber der Tessiner Küche – also auch für uns – ein Geheimtipp.
An warmen Herbstabenden laden Matteo und seine Frau Giulia zur Großen Tessiner Tafel ein, mit deren Fülle und Vielfalt sie die Zungen und Gaumen ihrer Gäste sozusagen überwältigen. Wir, seit dem Morgenessen nüchtern, sind deshalb auch entsprechend überwältigungsgierig. Matteos Motto für den Abend: Prenditi il tuo tempo… goditi tutto in pace e in abbondenza… e con tutti i tuosi sensi! Wobei jeder Gast beim Essen die Finger benutzen darf. Wer jedoch Fingerfood sagt, fliegt von der Tafel. Erklärt Matteo. Ernsthaft.
Mit diesem – für die Turrinis typisch – opulenten Mahl feiern wir die Erstaufführung unseres szenischen Oratoriums Das Fest der Sinne, die am frühen Abend im Teatro Sociale wie auch auf der Piazza Governo in Bellinzona stattfand.
Eine dramatisch-musikalische, farblichterfüllte Collage aus Schauspiel, Pantomime, Tanz, Zauberspiel, Musik und Gesang, mit Kammerorchester und Jazzcombo; ein Theater-Experiment, in dem die gesamte Spannweite von der antiken Tragödie bis zur grellen Komik mit allen szenischen Mitteln ausgeschritten wird.
Wir sind kurz nach dem Premierenende mit dem Bus hierhergefahren. Um den Beginn des Mahles nicht zu verzögern, haben alle Darsteller ihre Kostüme nicht abgelegt; andere Gäste tragen Dirndl – Typ Aschenbrödel, Salome, Leonie, die Männer Leinenhemden mit Weste und Kniebundhose. Mit diesen farbfrohen Bekleidungen erhält die Tafel eine bühnenreife festliche Note; mitbewirkt vom Lichtspiel der farbigen Lampions, und der Stabfackeln, die ein lebendiges Licht erzeugen, wie auch durch die zahlreichen Solarlampen, die das tagsüber eingesogene Sonnenlicht in den Abend gießen. Die Tische auf der Terrasse wurden zum Karree zusammengerückt, was die Gespräche erleichtern soll und die Gesänge anregen wird. Nahe der Terrasse gibt es ein Rondell aus Eichenholzbohlen, das am Abend sicher noch zum Spielplatz für unsere darstellungsgeilen Komödianten werden wird.
Die Turrinis haben für die Tafel junge Leute aus dem Tal angeheuert, die als Paggio oder Pagina femminile, wie Giulia sie zärtlich nennt, neben Anno, dem Küchenchef, an den Grilltischen und am Büffet tätig sind und den Gästen Speisen und Getränke bringen.
Als Introduzione gibt es Ratafià, den berühmten Tessiner Nussschnaps, dessen Aroma mit dem knoblauchgesättigten Conigli-Geruch verschmolzen ist, der uns von den Grilltischen und aus der Küche anweht, unsere Nasenwände streichelt und uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. „Carlo! Der Ratafià ist kein Hauptgetränk!“ Unser Bassbariton spielt auch außerhalb der Bühne gern den „Falstaff.“
Den Mittelpunkt der Tafel bildet ein Ensemble lokaler Kaninchen vom Bratspieß und aus der Pfanne. Matteo führt unser Blicke – seine Hände dabei wie ein Dirigent – über das üppige Feld der Tafel, wobei er die diversen Zubereitungsarten der Conigli nennt:
Coniglio su un bastone, Coniglio arrosto, Coniglio alle olive Tagliata, Coniglio allo spiedo, Coniglio in umido. Am Grilltisch brutzeln bereits mehrere spießdurchbohrte Conigli.
Auf dem Hauptbüffet und den Nebentischen – auch hier spielt Matteo den Cicerone – Zucchero a velo, Cicitt, gefülltes Fladenbrot, eine Platte mit Speckbohnen und Brokkoli, Siedfleisch mit Bergkräutern, daneben auch Seeforelle in Butter-Salbei-Soße, gebratener Seesaibling mit Bergkartoffeln und Crostini. Als Antipasti Salsiccia con insalata di patate, Piatto ticinese di Valle Maggia, Bruschetta con Lardo, Carpaccio filetto di manzo, Salametto, Prosciutto crudo, Bresaola, Büscion und gegrillter Zincarlin, wie auch Tessiner Alpkäse und Kürbis-Bohnen-Käse-Salat.
Dazu der farbige Teppich der Beilagen und kalten Speisen: Torta di pane, Malfatti, Insalata di salsiccia della Valle Maggia, Carne secca, Affetato Misto Ticinese, Bresaola-Schinken, Luganiga, Cotechino, Arosto freddo con Rösti, Formaggio misto Montagnolo di capra in olio d´oliva, Gorgonzola, Paprika, Melonen, Orangen und Feigen.
In Wellblechwannen Getränkeflaschen, vor allem Wein – Merlot del Ticino: Rossa Reserva Sasso Chierico, Sinfonia, und Bianchino, ein weißer Merlot. Auch Birra Gottardo und Birra Appenzeller stehen bereit.
Zur Großen Tafel erklärt Giulia, dass die Tessiner Küche lombardisch geprägt sei, unverfälschte Naturprodukte verwende, ihre Gewürzgeheimnisse streng bewahre, aber auch altüberlieferte Rezepte durch neue Variationen bereichere.
„Vedere… ascoltare… annusare… gustare… sentire!“ – unser Wahlspruch… unser Programm!
Gino, einer unserer begabtesten Musiker, hat sich bereits mit Traversflöte und Laute auf ein Weinfass gesetzt und singt Neidharts Ez verlôs ein ritter sîne scheide...und andere Minnesongs, auch Lieder der Renaissance, wie Mille Regretz von Josquin Desprez; womit er eine dezente Tafelmusik erzeugt, die von der Tischgesellschaft – ihr Applaus lässt es hören – als angenehme Umkränzung des Mahles empfunden wird.
Nachdem ich einige der wohlschmeckenden Vorspeisen genossen habe, bestelle ich Coniglio in umido, den bekannten beliebten Kaninchenpfeffer, der von der Küche aus serviert wird. Meine Zunge und mein Gaumen sind entzückt von der Zartheit des Fleisches, die – wie Giulia ebenfalls erklärt hat – dadurch entsteht, dass man das in nicht zu große Stücke geschnittene Kaninchen, gewaschen und gut abgetrocknet, in einem Römertopf mit gewürfeltem Gemüse, mit Gewürzen und Wein bedeckt; wo es drei Tage zum Marinieren bleibt. So schmecke ich deutlich Wachholderbeeren, Thymian, Majoran und Rosmarin heraus, mit denen das Kaninchen gewürzt worden ist; so wie ich durch meine olfaktorischen Sinnesorgane die Efeu-Note aus dem rubinroten Merlot Sinfonia herausrieche.
Diese Weine, in kleinen Eichenfässern gelagert, trinken wir, wie im Tessin üblich, aus dem Boccalino; ein farbiger glasierter Minitonkrug. Für einen Ungeübten wie Oskar ein Fiasko, als er versucht, aus dem kleinen Gefäß einen großen Schluck zu trinken, der dann auch auf seinem Leinenhemd landet.
Plötzlich springt Arya, die Zauberin aus Flämisch-Brabant, den schwarzen Mantel flügelartig ausgebreitet, auf die Plattform, um uns mit ihrer Kleinkunstmagie in Bann zu ziehen. Als Höhepunkt ihres Auftritts zieht sie, wie könnte es anders sein, ein quicklebendiges Kaninchen aus ihrem Umhang; selbstverständlich ein weißes. Auf der Piazza Governo hat sie, als Gegenstück zur „zersägten Jungfrau“, unseren Gino halbiert und wieder ganz gemacht; zum großen Amüsement des weiblichen Publikums.
Oskar, Eusebius und Olimpia können es nicht lassen, unsere Erstaufführung auseinanderzunehmen, Details zu zerpflücken, zu kritisieren, was nicht gut gelaufen sei oder was anders gemacht werden müsse. Grundsätzlich haben wir vereinbart, dass dieser Abend ein pures Vergnügen sein soll; ohne ein Wort über unsere Premiere. Deshalb von mir: „Eure Kritik ist im Moment total unangemessen… Tu disturbi la nostra gioia!“ Gottlob hören sie schnell auf meine Mahnung.
Darauf legen Bella und Nicolo, unsere Solotänzer, eine ihrer kunstvoll-vitalen Nummern aus unserer Collage aufs Parkett. Offenbar davon angeregt erfreuen uns Daniele und Violetta, unsere Opernsänger, mit La ci darem la mano aus Mozarts Don Giovanni und Che gelida manina aus La Bohème von Puccini; wonach Violetta die bekannte Habanera aus der Oper Carmen folgen lässt – stimmlich und gestisch brillant. Titus, unserem Pianisten, gelingt es, den Gesang auf seinem Keyboard mit orchestraler Fülle zu begleiten. „Bravissimo, Violetta, Daniele, Tito!“ Das klassisch Kunstvolle, jetzt wieder von der Lautstärke an den Tischen überdeckt, wird schnell vom Jazz unserer Combo ersetzt, mit Dana, die neben Jazz-Nummern wie The Man I Love einige Songs aus bekannten Musicals darbietet. „Presente di Dio!“ rufe ich ihr zu.
Und immer wieder fliegen Arme und Hände hoch. „Hey cameriere!“ „Hallo, hierher!“ Die jungen Leute, keineswegs devot, lassen sich von diesen unartigen Zurufen nicht zur Eile treiben. „Hai tempo, vero?“ oder auch „Tutto arriva per chi sa aspettare!“
Den heißbraunen Schenkel eines Coniglio allo spiedo in der Hand halten, die krosse Haut lecken, ins fetttriefende Fleisch beißen, den Bratensaft aus den Mundwinkeln laufen lassen – das alles hat für mich etwas Atavistisches; es ist ein urvitaler Kontrapunkt zu unserem überzivilisierten Essgehabe. Dazu das Streicheln einer bauchrunden Melone, das Liebkosen des Halses einer Spätburgunderflasche, nicht zuletzt der hauchzarte Kuss auf Danas entblößte Schulter, die sie mir, für unsere Jazz-Lady typisch, offensiv zuneigt. Erfahrungen, die meinen Tastsinn elektrisieren.
Der sehr deutlich hörbare Genuss des Merlot del Ticino, des Ratafià, des Grappa, der diversen Biere und anderer Getränke, ist der Impulsgeber der Sangeslust. So ertönen aus der sinnengesättigten Runde trotz des Vortrags-Verbotes, mehrere Songs aus unserem Oratorium:
Celebriamo la vita!... Godiamoci la vita e il mondo …con tutti I nostri sensi.
Zur Tessiner Tafel und ihrem rustikalen Ambiente gehören das Knistern des Grillfeuers, der nussähnliche Geschmack der am inneren Kamin gerösteten Maronen, die von Matteo, für die meisten ungewöhnlich, als Nachgang zum Enthäuten und Essen angeboten werden. Wozu es eisgekühlten Grappa gibt, dessen Geschmack, wie Matteo erklärt, auf die Lagerung im Kirschholzfass zurückzuführen ist.
Das genüssliche Maronenenthäutungsritual und der erhöhte Alkoholpegel heben die Stimmung auf ein beachtliches Niveau, was Jean-Pierre, unseren Pantomimen aus dem Languedoc, zu einem Intermezzo reizt. „Brindo a voi e a me stesso, Pierre!“, rufe ich ihm zu. „À ta santé vieux tronce!“ ruft er zurück und zeigt uns seine neuen gestischen Kunstfiguren, wobei Gino sich als phonetisches Supertalent erweist. Jede Geste, Gebärde und Bewegung Jean-Pierres wird von ihm lautmalerisch sekundengenau ergänzt; wodurch das Intermezzo zu einer spielerischen Einheit wird. Der Applaus wird, alkoholisch verstärkt, zum akustischen Sturmwind.
Zu den Maronen hat Matteo eine Schüssel mit Feigen herumgereicht, die wir, im Tessin üblich, zu den gerösteten Kastanien essen sollen; wobei er darauf hinweist, dass diese mittelreifen Früchte eine darmaktivierende Wirkung haben; was jedoch aufgrund der guten sanitären Einrichtungen des Hauses kein Problem sei. Ich empfinde den Feigengeschmack ebenso mild-süß wie aromatisch herb. Wobei ich hoffe, dass Matteos Voraussage bei mir nicht Realität wird.
Giovanni Cola, eine Zentralfigur unserer Collage, springt, offenbar durch Jean-Pierres und Ginos Auftritt animiert, auf das Rondell und legt unvermittelt los. Faust I. Prolog. Auf Deutsch. Und das im Rap! Da du… o Herr… dich einmal wieder nahst… und fragst… wie alles… sich bei uns befinde…
Dieser literatur-ironische Gag ist für uns neu; umso mehr sind wir begeistert. Darauf ein wiederholtes: „Bravissimo, Giovanni!“ Und ein weinglasschwenkendes „Alla tua salute!“ von ihm und von mir.
Das opulente Mahl wird abgeschlossen von köstlichen Desserts, die Giulia persönlich zur Tafel bringt: Tiramisu della Casa, Birnenbrot-Trüffel, Hirsewaffeln mit warmen Beeren.
Matteo und Giulia haben zwar keinen Endpunkt der Tafel gesetzt; trotzdem ist den meisten von uns allersinnensatt nach einem harmonischen Fine. Deshalb bedanken wir uns für diese Große Tessiner Tafel mit landestypischen Liedern.
Vieni sulla barchetta… Cante Ticino… Bionda, bella Bionda beenden diesen äußerst genussvollen und in jeder Hinsicht beglückenden Abend.
„Ciao!... Buona sera… Arrivederci!... Addio… Buona notte… Arrivederla!“
Hansi Sondermann
Übersetzungen für diejenigen, die es brauchen oder wollen
Grotto
(Rustikale Weinschenke im Schweizer Kanton Tessin –überwiegend im Freien, mit regionaler Küche)
Valle Maggia
(Das größte Alpental im Schweizer Kanton Tessin – nach dem Fluss Maggia)
Prenditi il tuo tempo… goditi tutto in pace e in abbondenza…
e con tutti i tuosi sensi!
(Nimm dir Zeit… genieße alles in Ruhe (Frieden) und Fülle… und mit allen Sinnen!)
Paggio oder Pagina/ Pagina femminile
– männlicher/ weiblicher Page
Introduzione– Einleitung/Vorspiel etc. Kaninchen:
Coniglio su un bastone, Coniglio arrosto,
Coniglio alle olive Tagliata,
Coniglio allo spiedo, Coniglio in umido,
(Kaninchen am Stiel… gebraten… Mit geschnittenen Oliven… am
Spieß… geschmort…
Zucchero a velo (Zuckerschoten),
Cicitt (gebratene Ziegenwürste),
Vorspeisen:
Salsiccia con Insalata di patate
(Wurst mit Kartoffelsalat)
Piatto ticinese Valle Maggia
(Wurstplatte mit Tessiner Grillwurst aus dem Valle Maggia)
Bruschetta con Lardo
(geröstetes Brot mit Speck und Kräutern),
Carpaccio filetto di manzo
(hauchdünn geschnittenes Rinderfilet)
Salametto (kleine Salami)
Prosciutto crudo (roher Schinken)
Bresaola (luftgetrockneter Rinderschinken)
Büscion (Tessiner Ziegenalmkäse)
Zincarlin (Rohmilchkäse – aus dem Valle Muggio)
Torta di pane (Tessiner Brotkuchen)
Malfatti (Ricotta-Käse-Spinat Nocken)
Insalata di salsiccia della Valle Maggia
(Wurstsalat aus dem Valle Maggia)
Carne secca(trockenes Fleisch),
Affettato Misto Ticinese
(gemischter Tessiner Aufschnitt),
Bresaola-Schinken(Bündner Fleisch),
Luganiga (Wurst aus der Lombardei),
Cotechino (Rohwurst aus Schweinefleisch)
Arosto freddo (kalter Braten)
Gorgonzola (bekannt)
Formaggio misto Montagnolo/
di capra in olio d´oliva
(Blauschimmel / Ziegenkäse in Olivenöl)
Vedere… ascoltare… annusare… gustare… sentire!
(Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen.)
Ez verlôs ein ritter sîne scheide…
(Einst verlor ein Ritter seine Scheide…)
Mille Regretz
(tausend Bedauern)
„tu disturbi la nostra gioia!“
(Ihr stört unsere Freude!)
La ci darem la mano
(„Reich mir die Hand, mein Leben!“)
Che gelida manina
(Wie eiskalt ist dies Händchen…)
Presente di Dio
(Geschenk Gottes – der Name Dana)
Hai tempo, vero?
(Sie haben Zeit, oder?)
Tutto arriva per chi sa aspettare
(Alles bekommt, wer warten kann)
Celebriamo la vita!...
Godiamoci la vita e il mondo…
con tutti I nostri sensi.
(Feiern wir das Leben …
Lasst uns das Leben und die Welt genießen
mit all unseren Sinnen)
„Brindo a voi e a me stesso, Pierre!“
(Ich trinke auf dich und auf mich, Pierre!)
„À ta santé vieux tronce!“
(Auf dein Wohl, alter Freund!)
„Alla tua salute!“
(Prost/Zum Wohl/auf deine Gesundheit)
Tiramisu della Casa (hausgemachtes Tiramisu)
Vieni sulla barchetta… Cante Ticino/ Ticinella… und Bionda, bella Bionda
(Komm aufs kleine Boot… Schweizer Exil-Lieder
Blonde, schöne Blonde)
Ruth Finckh
Aprilabend auf dem Balkon
Glattes Holz unter den Zehen,
kühlfeuchtendes Moos.
Leuchtendes
Grün in den Birken,
Zwitscherphonie im Geäst.
Ein Rest
von Winter
sacht
in der Luft.
Die Nacht
holt ins Kalte zurück,
was der Tag
zu halten versucht
durch Wärme und Duft.
Doch während das Licht
Zug um Zug
im kahlen Kirschbaum verschwimmt,
atmet der Mai sich heran.
Karolin Grabe
Also… ich war, wie so oft, bei Aldi einkaufen und stand in der Gemüseabteilung. Ich betastete gerade eine Aubergine (Angebotsware!), um sie hinsichtlich ihrer Reife zu untersuchen, als sich unsere Blicke zufällig begegneten.
Seine Augen leuchteten so blau wie das Aldi-Logo und er hatte den wachen Blick eines pfiffigen Zahlenakrobaten, der seine Finanzen im Griff hatte – und ab diesem Moment auch meine Hormone. Wie hypnotisiert folgte ich ihm auf wackligen Beinen zur Kühltheke. Er ging den aufrechten Gang eines Bürgers, der nicht geizig, sondern sparsam lebt. Der kleine Opfer erbringt, um große Ziele zu erreichen. Und ja, was soll ich sagen – er war so süß und knackig wie das Knuspermüsli „Schoko” von Gletscherkrone