Mit dem Alter(n) leben lernen - Luisa Borgmann - E-Book

Mit dem Alter(n) leben lernen E-Book

Luisa Borgmann

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Beschreibung

Menschen mit einer geistigen Behinderung erreichen zunehmend ein hohes Lebensalter. Deshalb ist es wichtig, barrierefreie Bildungsangebote zur Lebensphase Alter bereitzustellen. In diesem Praxishandbuch finden Fachkräfte der Behindertenhilfe kreative Methoden, Hintergrundwissen und Arbeitsmaterial, um einen Bildungskurs für Menschen mit geistiger Behinderung durchzuführen. Der vielfach erprobte und evaluierte Bildungskurs besteht aus 16 Gruppentreffen, in denen drei Lernfelder thematisiert werden: die biographische Identität, Alter(n) sowie Demenz. Menschen mit Behinderung werden so befähigt, eigene Erfahrungen mit dem neu erworbenen Wissen zu verknüpfen und sich mit altersbedingten Veränderungen und demenzspezifischen Verhaltensweisen auseinanderzusetzen. Umfassendes Zusatzmaterial zur Durchführung des Bildungskurses finden Sie hier: https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-038593-1

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Die Autorin

Luisa Borgmann hat von Januar 2017 bis Dezember 2019 das Projekt D_MENZ VERSTEHEN der Caritas Fachstelle Demenz Gelsenkirchen koordiniert. In diesem Projekt hat sie den Bildungskurs Älterwerden ist nichts für Feiglinge gestaltet und in sechs Einrichtungen der Behindertenhilfe erprobt. Sie ist Masterabsolventin des Studiengangs Teilhabeorientierte Netzwerke in der Heilpädagogik. In Kooperation mit den Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz ist sie als freiberufliche Referentin tätig und führt u. a. Workshops zur Umsetzung des Bildungsangebots durch.

Luisa Borgmann

Mit dem Alter(n) leben lernen

Biographiearbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung

Ein Bildungskurs

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

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1. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-038593-1

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-038594-8

epub:   ISBN 978-3-17-038595-5

mobi:   ISBN 978-3-17-038596-2

 

 

 

 

Einen besonderen Dank möchte ich an mein Projektteam richten:

Julia Middelhauve – Dafür, dass du mir beim Wachsen geholfen hast.

Marita Ingenfeld – Für dein Vertrauen und deine Lebensweisheit.

Felicitas Grundmann – Für deinen tollen Einsatz, die Rückenstärkung und deine künstlerische Kreativität.

Andrea Hundert – Für dein offenes Ohr und deine motivierenden Worte.

Ohne Euch würde es dieses Buch nicht geben!

Vorwort – Entstehung und Grundgedanke

 

 

Dank der verbesserten Lebensbedingungen in Deutschland, dem sozialen Fortschritt und neuer medizinischer Behandlungsmethoden erreichen Menschen mit geistiger Behinderung ein immer höheres Lebensalter. Das ist natürlich eine tolle Nachricht; zugleich ist das für Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben oder arbeiten, mit vielfältigen Herausforderungen und Verunsicherungen verbunden. Gerade Menschen mit einer geistigen Behinderung haben nur wenige Möglichkeiten, sich barrierefrei über altersbedingte Veränderungen und Krankheiten zu informieren und somit häufig keine klaren Vorstellungen zu den Facetten des Älterwerdens.

An diesen Punkt knüpfte von Januar 2017 bis Dezember 2019 das dreijährige Praxisprojekt D_MENZ VERSTEHEN der Fachstelle Demenz des Caritasverbands für die Stadt Gelsenkirchen an. Wichtiger Bestandteil des Projekts war der barrierefreie Bildungskurs zu den Themen Biographiearbeit, Älterwerden und Demenz. Der Kurs mit dem Titel Älterwerden ist nichts für Feiglinge wurde in sechs Kooperationseinrichtungen erprobt und schrittweise für die Zielgruppe Menschen mit geistiger Behinderung modifiziert. Dabei wurden zunächst relevante biographische Daten mit den Teilnehmenden aufgearbeitet. Vor diesem Hintergrund konnten das Älterwerden und die spezifischen Auswirkungen einer Demenz praxisnah aufgegriffen werden und ein Bezug zur Lebenswelt hergestellt werden. Insbesondere die Lebensvorstellungen der Zielgruppe selbst sowie ihre individuellen Bedürfnisse in Hinblick auf ein Leben im Alter standen im Vordergrund des erprobten Bildungskurses.

Ausführlichere Informationen zum Projekt D_MENZ VERSTEHEN finden Sie im Internet unter: www.caritas-gelsenkirchen.de/fs-demenz/demenz-verstehen.

Im Namen des Projektteams der Caritas Fachstelle Demenz bedanke ich mich bei allen Unterstützern, insbesondere bei allen Beteiligten aus den Kooperationseinrichtungen und dem Innovationsfonds des Caritasverbands für das Bistum Essen e. V. für die Projektfinanzierung.

 

Luisa Borgmann

 

Kooperationseinrichtungen

St.-Suitbert-Haus, Caritasverband Gladbeck

Haus Edith Stein, Heimstatt Engelbert GmbH, Essen

Haus Theresia, Theresia Albers Stiftung, Hattingen

Haus St. Rafael, Caritasverband Gelsenkirchen

Tagestruktur-Kapellstraße, Sozialwerk St. Georg Ruhrgebiet gGmbH Oberhausen

Franziskus-Haus, Caritasverband Oberhausen

Inhalt

 

 

Vorwort – Entstehung und Grundgedanke

1   Einleitung

2   Themen und Module des Bildungskurses

3   Leitfaden: Kursplanung und Vorbereitungen

4   Lernmethoden

4.1   Martha – Puppenspiel als interaktives Medium

4.2   Leichte Sprache

5   Kursanleitung

Modul 1: Vorgespräch

5.1   Themenblock 1: Biografiearbeit: Das bin ich

Modul 2: Ich stelle mich vor

Modul 3: Erinnerungen aus meinem Leben

Modul 4: Gefühle

5.2   Themenblock 2: Das Älterwerden

Modul 5: Pläne und Wünsche für die Zukunft

Modul 6: Gesundheit und Krankheit

Modul 7: Das Älterwerden und der Körper

Modul 8: Am Lebensende

5.3   Themenblock 3: Demenz

Modul 9: Das Gehirn

Modul 10: Erfahrungsaustausch über Demenz

Modul 11: Erinnerungen und Demenz

Modul 12: Demenz im Alltag

Modul 13: Orientierung und Demenz

Modul 14: Demenz verstehen und helfen

Modul 15: Wiederholung und Auswertung

Modul 16: Abschlussfeier

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

 

 

 

 

Die Zusatzmaterialien1 können Sie unter folgendem Link herunterladen: https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-038593-1.

 

 

1.     Wichtiger urheberrechtlicher Hinweis: Alle zusätzlichen Materialien, die im Download-Bereich zur Verfügung gestellt werden, sind urheberrechtlich geschützt. Ihre Verwendung ist nur zum persönlichen und nichtgewerblichen Gebrauch erlaubt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1          Einleitung

 

 

Laut einer Studie aus Westfalen-Lippe erreichen bis zum Jahr 2030 circa 30 Prozent der Personengruppe mit sogenannten geistigen Behinderungen das 60. Lebensjahr (vgl. Dieckmann; Giovis 2012, 15). Im Rahmen dieser demographischen Entwicklung wird der Lebens- und Arbeitsalltag in der Behindertenhilfe spürbar beeinflusst. Neue Aufgaben und Herausforderungen, beispielsweise die Gestaltung des Lebensabschnittes Alter oder die Auswirkungen einer Demenz, ergeben sich für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Unterstützenden. Entsprechend nimmt das Fort- und Weiterbildungsangebot über die Lebensphase Alter für Mitarbeitende der Behindertenhilfe deutlich zu. Informiert wird unter anderem zu den Themen Biographiearbeit, Pflege, Alterungsprozesse, Demenz oder auch palliative Begleitung. Das ist wichtig und sinnvoll – denn umso mehr Wissen vorliegt, umso besser kann auf Veränderungen reagiert werden und umso mehr neue Ideen zur Gestaltung der Alltagsstrukturen entstehen.

Gestalter und Gestalterinnen können nicht nur die Mitarbeitenden der Behindertenhilfe sein, sondern auch ihre Adressatinnen und Adressaten. Durch einen oft erschwerten Zugang zu Bildung sind insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung kaum informiert, wie sich das Leben im Alter bzw. beim Älterwerden ändern kann (vgl. Havemann; Stöppler 2010, 185). Hinzu kommt, dass es dieser Personenkreis oft sehr schwer hat, sich mit dem Abbau der physischen Kräfte und Funktionen kognitiv auseinanderzusetzen. Es besteht die Gefahr, sich dem eigenen ›Altersschicksal‹ zu ergeben, wenn wenig Kraft zur Kompensation des körperlichen Abbaus oder zur Gestaltung des Lebens im Alter aufgebracht wird (vgl. Buchka 2012, 102). Aus diesem Grund ist es wichtig, barrierefreie Bildungsangebote zur Lebensphase Alter bereitzustellen, um die Zielgruppe Menschen mit geistiger Behinderung zu ermächtigen (Empowerment), ihre Möglichkeiten und Potenziale im Alter zu entfalten. Dadurch werden sie zu Multiplikatoren und Multiplikatorinnen in ihrer Peer-Gruppe und zu aktiven Gestalterinnen und Gestaltern. Die Mitarbeitenden der Behindertenhilfe können dabei eine Lotsenfunktion einnehmen, indem sie die richtigen Weichen stellen und gezielt Bildungsangebote anbieten, die über Alltagsanforderungen im Alter informieren und dafür sensibilisieren (vgl. Havemann; Stöppler 2010, 186).

Eine Methode, um einen sanften Einstieg in Lern- und Bildungsprozesse zu gestalten, ist die Biographiearbeit. Das biographische Arbeiten eröffnet im gesamten Bildungsangebot die Möglichkeit am und im eigenen Erfahrungsraum zu lernen (vgl. Schlummer 2013, 195). Die Lernenden stehen als Personen mit eigenen Geschichten im Vordergrund und können auf dieser Grundlage Akzeptanz für die aktuelle Lebenssituation gewinnen und neue Perspektiven für das zukünftige Älterwerden schaffen. Ferner beginnt ein informeller Prozess der Beziehungsgestaltung zwischen den Lernenden und Lehrenden. Die Gruppe lernt sich besser kennen, und es kann im weiteren Lernprozess neues Wissen mit bereits gemachten Erfahrungen verknüpft werden. Insbesondere in Hinblick auf das Thema Alter(n) können biographische Bezüge dabei helfen (eigene) körperliche und kognitive Alterungsprozesse greifbarer zu machen. Darüber hinaus kann das biogarfische Arbeiten dazu motivieren, sich auch mit anderen Themen auseinanderzusetzen, die das eigene Leben beeinflussen (vgl. ebd.).

So spielt auch das Thema Demenz mit dem zunehmenden Altersdurchschnitt in Einrichtungen der Behindertenhilfe eine große Rolle. Menschen mit geistiger Behinderung gehören durch verschiedene Einflussfaktoren einer Demenz-Risikogruppe an. Einflussfaktoren sind das frühzeitige Altern, das niedrige Bildungsniveau bzw. der erschwerte Zugang zu Bildung, das Down-Syndrom und eine frühkindliche oder erworbene Hirnschädigung (vgl. Kuske et al. 2016, 142). Das heißt nicht, dass jeder Mensch mit einer geistigen Behinderung an einer Demenz erkrankt, sondern dass für alle Beteiligten mehr Berührungspunkte rund um das Thema auftreten. Um Irritationen, Ängste, Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig zu verstehen, warum sich Mitbewohner und Mitbewohnerinnen, Kolleginnen und Kollegen, Familienmitglieder sowie Freunde und Freundinnen plötzlich verändern oder ungewohnt verhalten. Durch barrierefreie Informationen und einen intensiven Austausch können mehr Verständnis für die Lebenslage von Menschen mit Demenz aufgebracht und soziale Kompetenzen weiterentwickelt werden, um im Alltag zu helfen.

In diesem praxisorientierten Buch finden Fachkräfte der Behindertenhilfe kreative Methoden, Hintergrundwissen und Arbeitsmaterial, um einen barrierefreien Bildungskurs für Menschen mit geistiger Behinderung durchführen zu können. In dem Kurs Älterwerden ist nichts für Feiglinge werden Sachverhalte rund um das Älterwerden und Demenz praxisnah aufgearbeitet und mit eigenem biographischem Wissen verknüpft. Dadurch werden die erforderlichen Kompetenzen gefördert, sich mit den Anforderungen der Lebensphase Alter auseinanderzusetzen, diese zu bewältigen und aktiv mitzugestalten.

Der Kurs initiiert den Austausch über Aufgaben und Herausforderungen des Älterwerdens und unterstützt dabei, demenzspezifische Verhaltensweisen zuzuordnen und Zusammenhänge zu verstehen. Auf Grundlage der eigenen biographischen Identität findet ein Lernprozess statt, der zur bewussten Teilhabe, Mitwirkung und Selbstentfaltung führt. Dabei lernen die Teilnehmenden nicht nur etwas über sich und das eigene Älterwerden, sondern werden sensibler für altersbedingte Veränderungen ihrer Mitmenschen. Insbesondere die Beschäftigung mit dem Thema Demenz sorgt für mehr Verständnis für Betroffene. Hinzu kommt, dass der Bildungskurs im hohen Maß das soziale Miteinander fördert. In dieser besonderen Form von Gruppe entdecken die Teilnehmenden oft ganz neue Seiten aneinander, und soziale Beziehungen werden gefestigt und gepflegt. Das Sich-Erleben in dieser Gruppenform ist von hoher Bedeutung für das Bewusstsein um die eigene Person.

Die Bildungsinhalte können in unterschiedlichen Kontexten und Bereichen der Behindertenhilfe genutzt werden. Es ist möglich das Gerüst des Bildungskurses vollständig zu übernehmen, einzelne Bildungsinhalte nach Bedarf zu besprechen, Methoden in den Alltag einfließen zu lassen oder Lerninhalte für andere Vorhaben zu modifizieren. Es empfiehlt sich jedoch, dass der Themenblock Demenz als Ganzes durchgeführt wird, da die Module aufeinander aufbauen.

Durch das vorliegende Hintergrundwissen, die umfangreichen Anleitungen und das kreative Arbeitsmaterial können Fachkräfte der Behindertenhilfe Informationen zu den Themen Biographie, Älterwerden und Demenz barrierefrei zur Verfügung stellen.

Der Einsatz der Methoden und Materialien ist in folgenden Bereichen möglich:

•  Tagesstrukturierende Maßnahmen für Erwachsene mit Behinderungen

•  Begleitende Aktivität in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung

•  Wohnbereich der Eingliederungshilfe o. Ä.

•  Projektwochen in der Behindertenhilfe

•  Fortbildungsmaßnahmen inklusiver Erwachsenenbildung

•  Beratungs- und Informationsgespräche

Aufbau und Anwendung des Buches

Das vorliegende Buch enthält einen theoretischen und einen praktischen Teil.

Im theoretischen Teil werden didaktische Hinweise zur Umsetzung des Bildungskurses Älterwerden ist nichts für Feiglinge gegeben. Zunächst werden die Themen und Module des Bildungskurses dargestellt (Kap. 2). Anschließend werden Hinweise gegeben, was zur Kursplanung und Vorbereitung notwendig ist (Kap. 3). Beschrieben werden die Zielgruppe, das Anforderungsprofil der Kursleitung und weitere Rahmenbedingungen zur Durchführung. Es folgt eine grobe Skizzierung der Lernmethoden (Kap. 4), die im Praxisteil lebendig werden.

Der praktische Teil – die Kursanleitung – ist gegliedert in die Themenblöcke Biographiearbeit (Kap. 5.1), Älterwerden (Kap. 5.2) und Demenz (Kap. 5.3). Zu Beginn jedes Themenblocks steht jeweils eine kurze Einführung mit relevanten Informationen zur Umsetzung der Bildungsinhalte. Es folgen die Module, die ein spezifisches Thema aus dem Themenblock beleuchten.

Es wird empfohlen, zunächst die jeweiligen Hintergrundinformationen zu lesen, um sich den Inhalt des Moduls bewusst zu machen. Einführend werden Modulziele und Literaturhinweise genannt, die das Themenverständnis erleichtern, sowie die Materialien aufgeführt, die zur Umsetzung der Bildungsinhalte benötigt werden. Vor dem Beginn eines Gruppentreffens muss Zeit eingeplant werden, um die Materialien vorzubereiten und eventuell einzelne Informationen nachzulesen. Beiwerk des Buches ist ein Materialordner, der online abgerufen und heruntergeladen werden kann unter https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-038593-1.

2          Themen und Module des Bildungskurses

 

 

Im Bildungskurs Älterwerden ist nichts für Feiglinge werden in 16 Gruppentreffen drei Lernfelder thematisiert. Es geht um die biographische Identität der Teilnehmenden, um das Altern und um Demenz. Alle drei Themenblöcke sind eng verwoben mit der Lebensphase Alter. Die Teilnehmenden verknüpfen eigene Erfahrungen mit dem neu erworbenen Wissen und setzen sich mit sich selbst, altersbedingten Veränderungen und demenzspezifischen Verhaltensweisen ihrer betroffenen Mitmenschen auseinander. Auf diese Weise werden neue Horizonte und Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft erkannt. Der Bildungskurs beginnt mit einem Vorgespräch (Modul 1) und endet mit einer Abschlussfeier (Modul 16), bei der die Teilnehmenden eine Urkunde für ihre Teilnahme überreicht bekommen.

Themenblock 1: Biographiearbeit – Das bin ich

Zunächst geht es darum, auf Grundlage der individuellen Lebensgeschichte Potenziale, Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen auszumachen. Ziel ist es, entwicklungsfördernde Faktoren herauszuarbeiten, die zur Identitätsentfaltung beim Älterwerden dienen. Erfahrungen und Kenntnisse der Biographie werden genauer thematisiert, um bezugnehmend für das Heute und Morgen zu lernen (vgl. Buchka 2003, 124).

Module

1.  Ich stelle mich vor

2.  Erinnerungen aus meinem Leben

3.  Gefühle

Themenblock 2: Älterwerden

Der zweite Themenblock beschäftigt sich mit den Facetten des Älterwerdens, Wünschen für das zukünftige Leben und die Bewältigung der anstehenden Entwicklungsaufgaben. Letzteres entsteht aus einer Wechselwirkung zwischen biologischen Veränderungsprozessen, gesellschaftlichen Erwartungen und individueller Persönlichkeit. Die Entwicklungsaufgaben der Lebensphase Alter kreisen vor allem um die Auseinandersetzung mit Abbauprozessen, Verlusten, den Grenzen des Lebens und der eigenen Biographie (vgl. Wahl; Schilling 2012, 328.).

Module

1.  Pläne und Wünsche für die Zukunft

2.  Gesundheit und Krankheit

3.  Das Älterwerden und der Körper

4.  Am Lebensende

Themenblock 3: Demenz

Nachdem die Teilnehmenden ein Verständnis für alterungsbedingte Prozesse aufgebaut haben, behandelt der dritte Themenblock Veränderungen, die im Verlauf einer Demenz auftreten können. In den verschiedenen Modulen werden demenzbedingte Verhaltensweisen ihrer betroffenen Mitmenschen und weiterführende Demenzsymptome besprochen und zugeordnet. Die Teilnehmenden bekommen nicht nur die Möglichkeit, neues Wissen zu generieren und auf ihr Lebensumfeld zu übertragen, sondern können sich in einem sicheren Raum über ihre Beobachtungen austauschen.

Module

1.  Das Gehirn

2.  Erfahrungsaustausch über Demenz

3.  Erinnerungen und Demenz

4.  Demenz im Alltag

5.  Orientierung und Demenz

6.  Demenz verstehen und helfen

7.  Wiederholung und Auswertung

3          Leitfaden: Kursplanung und Vorbereitungen

 

 

In diesem Kapitel werden Hinweise zur Planung und Umsetzung des Bildungskurses gegeben sowie Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für den gelingenden Lernprozess dargestellt.

Die Teilnehmenden – Zielgruppe

Die Kursinhalte lassen sich problemlos in einer Gruppe von vier bis sechs Teilnehmenden mit einer sogenannten geistigen Behinderung oder mit Lernschwierigkeiten umsetzen. Die Zielgruppe darf sehr heterogen sein. Heterogenität ist sehr bereichernd für den Bildungsprozess, da Lernen und Lehren erst durch Interaktionen im Rahmen verschiedener Erfahrungshorizonte interessant wird (vgl. Hoffmann 2006, 421.) Erfahrungen aus den erprobten Kursen haben gezeigt, dass die Gruppengröße variabel sein kann und vom jeweiligen Unterstützungsbedarf der Teilnehmenden abhängt.

Die Lerninhalte – im Besonderen das Themenfeld Älterwerden – sind für Frauen und Männer ab dem 45. Lebensjahr ausgelegt. In der Literatur wird bei Menschen mit geistiger Behinderung die kalendarische Schwelle von 45 Jahren für die Lebensphase Alter genannt, da bei diesem Personenkreis von einem früheren Altern gesprochen wird (vgl. Havemann; Stöppler 2010, 21). Diese Altersgrenze ist zur Orientierung gedacht. Es gibt Personen, die sich schon viel früher mit dem Älterwerden auseinandersetzen möchten oder umgekehrt. Die Themen Biographiearbeit und Demenz können auch für jüngere Personen interessant sein. Gerade wenn bereits Bekannte oder Verwandte von einer Demenz betroffen sind, ist eine Auseinandersetzung mit diesem Thema sinnvoll. Im erprobten Bildungskurs hat sich gezeigt, dass eher das individuelle Interesse, die Erfahrungen und die Lebenssituation der Teilnehmenden von Bedeutung sind als ein kalendarisches Alter.

Es ist keine Voraussetzung, dass die Teilnehmenden lesen oder schreiben können. Vieles kann durch den Einsatz von Bildern kompensiert werden. Dazu zählt zum einen der Einsatz von Bildern für die Leichte Sprache aber auch das Malen eigener Bilder als Ausdrucksmöglichkeit. Dennoch werden einige Informationen schriftlich festgehalten. Diese können später zusammen mit einer unterstützenden Person angeschaut und besprochen werden. Notwendig ist es jedoch, dass die Teilnehmenden verbal oder auf anderen Wegen kommunizieren können, um sich bei den Gruppentreffen beteiligen zu können.

Grundlage einer gelingenden Bildungsarbeit ist die freiwillige Teilnahme am Kurs (vgl. Theunissen 2002, 79). Wenn eine Teilnahme nicht freiwillig und aus persönlichen Beweggründen stattfindet, kann das zu Unruhe in der Gruppe führen. Unmotivierte Teilnehmende sind eventuell abgelenkt und (innerlich) mit anderen Dingen beschäftigt. Im Vorgespräch werden die Lerninhalte dargelegt, das Vorgehen erklärt sowie Erwartungen abgefragt. Die Besucherinnen und Besucher des Vorgesprächs können sich dann entscheiden, ob sie teilnehmen möchten oder nicht. Wenn die Besucher und Besucherinnen sich dafür entscheiden, sichern sie dies mit einer Unterschrift unter den Regeln zu. Ausführliche Informationen zum Vorgespräch gibt es im Kapitel zur Kursanleitung (Kap. 5; Modul 1).

Kursleitung und Lernassistenz

Begleitet werden die Teilnehmenden von mindestens zwei Personen, der Kursleitung und der Lernassistenz. Dieser Personenschlüssel gewährleistet insbesondere bei Modulen mit intensiver Einzelarbeit eine individuelle Unterstützung (vgl. Lindmeier; Oermann 2017, 72). Die Kursleitung übernimmt die Moderation des Kurses, bereitet die Module vor und führt die Kurse durch. Zur Vorbereitung zählt neben der Bereitstellung der Materialien auch, sich themenbezogen zu informieren.

Die Lernassistenz unterstützt sowohl die Kursleitung als auch die Teilnehmenden. Das heißt nicht, dass den Teilnehmenden Aufgaben oder Arbeiten abgenommen werden, sondern dass sie motiviert werden, in ihrem eigenen Handlungsspielraum zu arbeiten. Die Lernassistenz fungiert im Bildungskurs als Unterstützerin bzw. Unterstützer und Begleiterin bzw. Begleiter auf Augenhöhe. Es können auch Nicht-Fachkräfte wie Praktikanten und Praktikantinnen diese Aufgabe übernehmen.

Die Aufgaben können auch untereinander aufgeteilt werden, ohne konkrete Rollen festzulegen. Dann gibt es entweder zwei Kursleitungen oder eine Kursleitung und eine Co-Kursleitung. Es sollte jedoch davon abgesehen werden, Personen ohne Berufserfahrungen die Kursleitung übernehmen zu lassen. Gerade bei der Biographiearbeit braucht es oft viel Feingefühl und Erfahrung, um auf emotionale Lebensgeschichten angemessen zu reagieren.

Von grundlegender Bedeutung ist die innere Haltung der Kursleitung und Lernassistenz. Bildungsarbeit muss auf Augenhöhe stattfinden, damit eine vertrauensvolle Beziehung entsteht. Dies fängt schon mit der Ansprache der Kursteilnehmenden an. Eine infantile Ansprache oder ein selbstverständliches Du hat in der Kursarbeit nichts zu suchen. Das Du muss abgesprochen werden. Trotzdem bietet sich ein Arbeits-Du an, weil im Kurs viele persönliche Daten ausgetauscht werden. In den Arbeitsmaterialien und der Kursanleitung werden die Teilnehmenden sowie weitere Leserinnen und Leser mit Sie angesprochen, da nichts über die Beziehung zwischen Sprechenden und Adressatinnen und Adressaten bekannt ist. Bitte formen Sie die Sätze entsprechend der Absprache im Kurs um.

Weiterhin müssen die Kursgebenden die Teilnehmenden mit ihren Besonderheiten akzeptieren und annehmen sowie die persönlichen Lebensumstände, Stärken und Kompetenzen im Blick haben (vgl. Theunissen 2002, 76f.). Nach Theunissen verlangt der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung in der Bildungsarbeit »ein hohes Maß an sozialkommunikativer Kompetenz, Einfühlungsvermögen, Geduld, Wertschätzung des Partners sowie Offenheit und aktive Teilnahme am Erleben des Anderen, psychische Ausgeglichenheit, Übereinstimmung mit sich selbst, aber auch Echtheit im Verhalten und Erleben« (Theunissen 2003, 66). Dabei sollte die eigene Rolle als Kursleitung oder Lernassistenz nicht vergessen werden. Eine zu kumpelhafte Beziehung beeinflusst die Rollendistanz und kann die Teilnehmenden verunsichern (vgl. Theunissen 2002, 77).

Kurswerbung

Die Kurswerbung findet in zwei Schritten statt. Zunächst wird im Rahmen der Wohngruppe, des Werkstattbereichs o. Ä. von dem Kurs und den groben Bildungsinhalten erzählt. Daraufhin können sich die Personen überlegen, ob Interesse besteht und sie sich mit den genannten Themen auseinandersetzten möchten. Diese Personen werden dann zu einem Vorgespräch eingeladen, in dem sie einander kennenlernen und aus dem die Inhalte und Rahmenbedingungen, z. B. Gruppenregeln, des Kurses deutlich hervorgehen. Den Ablauf des Vorgesprächs finden Sie auf im Kapitel zur Kursanleitung (Kap. 5; Modul 1). Die eingeladenen Personen können nach dem Vorgespräch entscheiden, ob sie teilnehmen möchten oder nicht. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig.

Alternativ kann der Kurs auch ausgeschrieben werden. Das setzt jedoch Leichte Sprache voraus, und dass die Personen lesen können bzw. Bezugspersonen haben, die sie auf den Kurs hinweisen.

Anzahl und Dauer der Treffen

Wenn der gesamte Bildungskurs durchgeführt wird, finden insgesamt 16 Gruppentreffen statt. Dazu zählen auch das Vorgespräch und die Abschlussfeier. Die Lerninhalte können auch unabhängig voneinander umgesetzt werden. Wie bereits erwähnt empfiehlt es sich, den Themenblock Demenz als Ganzes durchzuführen, da die Module aufeinander aufbauen (Kap. 5.3).

Für alle Treffen sollten Sie 90 bis 120 Minuten einplanen. Darin enthalten ist eine Pause. Die Kursleitung muss flexibel auf die Stimmung und Konzentration in der Gruppe reagieren. Es macht keinen Sinn, Bildungsinhalte auferlegen zu wollen.

Die Gruppentreffen sollten wöchentlich am gleichen Tag und zur gleichen Zeit stattfinden. Dieser feste Rahmen fördert den Gruppenzusammenhalt und macht den Kurs zu einem festen Bestandteil im Wochenalltag. Die feste Struktur sorgt für Sicherheit und begünstigt die regelmäßige Teilnahme der Gruppenmitglieder. Zudem können sich Ihre Kollegen und Kolleginnen auf die Gruppentreffen einstellen und planen für den Teilnehmenden keine anderen Termine oder Aktivitäten zu diesem Zeitpunkt. Die Termine werden im Arbeitsordner auf dem Ablaufplan (→ A.6, Ablaufplan) festgehalten.

Raumauswahl

Bei der Auswahl eines geeigneten Raumes sollten Sie einige Aspekte beachten. Es sollte genügend Platz vorhanden sein, damit alle Personen (unter anderem auch mit Rollstuhl) in einer Tischgruppe Platz finden. Generell sollten die Räume barrierefrei sein. Im ersten Themenblock Biographiearbeit bedarf es viel Platz, um die Körperumrisse zu gestalten. Ab dem zweiten Themenblock können Sie weniger Platz einplanen. Es ist wichtig den Kurs in einer ungestörten Atmosphäre stattfinden zu lassen. Laute Hintergrundgeräusche oder Durchgangsräume sind ungeeignet. Um die Tagesordnungspunkte anzubringen, eignet sich eine Stellwand, ansonsten kann auch eine freie und gut einsehbare Fläche an der Wand genutzt werden.

Der Arbeitsordner