Mit der Vespa in die Cinque Terre - Ralf Erich Schauer - E-Book

Mit der Vespa in die Cinque Terre E-Book

Ralf Erich Schauer

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Beschreibung

Dieses Buch ist ein Zeugnis. Ein Beweis dafür, dass es möglich ist, auch heute noch, in unserem so hektischen, mit Terminen, Verpflichtungen und Erwartungen vollgepackten Alltagsleben, in sich hineinzuhören und zu finden, wonach wir wirklich suchen. Ich habe es geschrieben, um für mich selbst und für Julia, meine Tochter, festzuhalten, dass ein Traum, den ich hatte, Wirklichkeit geworden ist. Es ist ein Buch, das von einer Reise erzählt. Doch ehrlicherweise bin ich mir nicht ganz sicher, ob es nur von einer Reise nach Italien erzählt, von der ich lange Jahre träumte, oder ob es vielmehr eine Reise zu mir selbst ist, zu eben diesem Traum und seiner Verwirklichung und ob es nicht vielmehr daran liegt, dass ich dieses Buch geschrieben habe.

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„Um ein zweites großes Abenteuer erleben zu können, müssen wir zunächst das erste große Abenteuer in Angriff nehmen. Häufig ist es ein Schritt ins Ungewisse. Wir sollten ihn trotzdem machen. Es lohnt sich.“

John Strelecky

Für Julia

Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte einer Reise

Der Mühe Lohn – ein Schatz am Ende des Weges

2.1 Ein Geschenk mit Hindernissen

2.2 Zwei Menschen, zwei Träume

2.3 Freiheit – Mut zum Glück

2.4 Auf dem Weg in unvergessliche Momente

Tag 1 – 146 Kilometer unter dem Motto „Aus heiterem Himmel“

3.1 Endlich! Es geht los…

3.2 Der Regen prasselt, die Gedanken schweifen

3.3 Nur noch ein Gedanke: wann?

3.4 Endlich in Nauders – Chaos inklusive

3.5 Traumhafte Ausblicke: malerisch und verwunschen

Tag 2 – 91,1 Kilometer: ein verdienter Ausgleich

4.1 Tolle Aussicht, nur anders

4.2 Zwischen märchenhafter Idylle und Urlaubswahnsinn

4.3 Der Weg ist das Ziel

4.4 Meran, wir kommen!

4.5 Zeit, sich zu verwöhnen

4.6 Wie auf Wolken

Tag 3 – 105,2 Kilometer: Träume, Erinnerungen und andere Realitäten

5.1 Den Erinnerungen entgegen

5.2 Aus der Zeitlosigkeit des Seins gerissen

5.3 Stürmische Weiterfahrt

5.4 Erwacht in einem neuen Traum

5.5 Die Wellen rauschen, die Gedanken fließen

5.6 Bewusster leben und erleben

5.7 Ein erfüllter Tag neigt sich dem Ende

Tag 4 – 96,9 Kilometer: Wann sind wir endlich am Ziel?

6.1 Das Licht am Ende des Tunnels

6.2 Unterwegs auf den Straßen des Lebens

6.3 Tanzende Sterne auf unserem Weg

6.4 Es wird italienisch

6.5 Paradigmenwechsel

6.6 Jetzt sind wir am Ziel

Tag 5 – 90,9 Kilometer: immer wieder Zeitsprünge

7.1 Eintauchen in eine andere Zeit

7.2 Zwischen Eintönigkeit und Abwechslung

7.3 Moderne Highlights in der Eintönigkeit

7.4 Altertum und Neuzeit nahe beieinander

7.5 Auf den Spuren der Vergangenheit

7.6 Zurück in die Gegenwart – einem neuen Tag entgegen

Tag 6 – 107,7 Kilometer: im Wandel der Zeit

8.1 Intermezzo: die Phasen des Lebens

8.2 Raus aus Cremona, rein in den Verkehr

8.3 Es wird abenteuerlich

8.4 Historische Begegnungen

8.5 Abendliches Verwöhnprogramm

Tag 7 – 67,6 Kilometer: Kurve für Kurve auf der Zielgeraden

9.1 Auf leeren Straßen rollen wir dahin

9.2 Zähne knirschend Richtung Meer

9.3 Rapallo, wir kommen!

9.4 Idylle und Luxus

9.5 Wie schafft das Gehirn das?

9.6 Traumhafte Ausblicke

Tag 8 – 82,7 Kilometer: Endspurt mit verdientem Ausklang

10.1 Auf zum Wildpass

10.2 Das Ziel rückt immer näher

10.3 Wir sind da!

10.4 Unterwegs in den Cinque Terre

10.5 Der verdiente Ausklang

Zurück in ein anderes Leben

11.1 Heimisch im verschlafenen Nest

11.2 Die Neuzeit erwartet uns

11.3 Nach dem Ziel ist vor dem Ziel

11.4 Alles rauscht vorbei

Reiseplan

1. Die Geschichte einer Reise

Dieses Buch ist ein Zeugnis. Ein Beweis dafür, dass es möglich ist, auch heute noch, in unserem so hektischen, mit Terminen, Verpflichtungen und Erwartungen vollgepackten Alltagsleben, in sich hineinzuhören und zu finden, wonach wir wirklich suchen.

Ich habe es geschrieben, um für mich selbst und für Julia, meine Tochter, festzuhalten, dass ein Traum, den ich hatte, Wirklichkeit geworden ist.

Es ist ein Buch, das von einer Reise erzählt. Doch ehrlicherweise bin ich mir nicht ganz sicher, ob es „nur“ von einer Reise nach Italien erzählt, von der ich lange Jahre träumte, oder ob es vielmehr eine Reise zu mir selbst ist, zu eben diesem Traum und seiner Verwirklichung und ob es nicht vielmehr daran liegt, dass ich dieses Buch geschrieben habe.

In vielen Berufsjahren, die unter ständigem Termindruck und hohen Anforderungen standen, die geprägt waren und sind von Entscheidungen mit unglaublicher Tragweite, nicht nur für mich, sondern auch für meine Angestellten und meine Mandanten, habe ich persönliche Träume und Sehnsüchte oft zurückgestellt.

Ich hatte damit kein Problem: Die Arbeit hat mir immer Spaß gemacht und mich begeistert. Ich habe vor über 20 Jahren mein eigenes Unternehmen gegründet und kontinuierlich vergrößert und dass ich es geschafft habe und heute noch immer mit Freude bei der Arbeit bin, erfüllt mich auch mit etwas Stolz.

Diese Art zu leben, eingezwängt zwischen Termine, von einem Meeting zum nächsten, einem Vortrag zum nächsten, ein Leben, bei dem eine Herausforderung die nächste jagt, kann man sich angewöhnen. Man kann es lieben lernen.

Aber gleichzeitig war mir immer bewusst, dass tief im Untergrund noch immer etwas in mir vergraben war. Ein Wunsch meiner jungen Jahre, ein „Lebenstraum“, wenn man so will, der immer zurückstehen musste, hinter all den anderen Verpflichtungen.

Je mehr Jahre vergingen, desto mehr erinnerte ich mich daran, kam mir der Gedanke immer häufiger. Es wäre doch schön, wenn …

Ja, wenn … wenn ich diesen Traum leben könnte, sogar zusammen mit unserer Tochter, und eine ganz besondere Reise unternehmen.

Eine besondere Reise gerade deshalb, weil Julia nun in einem Alter war, in dem es nicht mehr lange dauern würde, bis sie sich ganz von ihren Eltern lösen und eigene Wege gehen würde.

Dass dieser Schritt mich einerseits mit Stolz auf unsere Tochter erfüllen und andererseits auch eine schmerzliche Herausforderung darstellen würde, war mir bewusst.

Und vielleicht bedingte auch das, dass mir klar wurde, dass genau jetzt der Zeitpunkt war, eine gemeinsame Reise zu unternehmen. Die Chance auf etwas ungestörte Zeit zu zweit noch einmal zu ergreifen.

Und so kam es, dass ich tatsächlich alle Hebel in Bewegung setzte, um die Voraussetzungen für unsere Reise zu schaffen. Mein lang gehegter Traum war es, mit dem Roller von Bayern nach Italien, genauer in die Cinque Terre zu fahren.

Täglich wechselnde Landschaften, den Fahrtwind im Gesicht, die Sonne auf der Haut, die Eindrücke der Landschaft und mittelalterlichen Ortschaften aufnehmen, Gedanken frei fließen lassen – ein lange nicht mehr gekanntes Gefühl der Freiheit von allen Alltagszwängen.

Und an meiner Seite einer der Menschen, die mir im Leben am wichtigsten sind.

Mir war klar: Es würde etwas Organisationstalent erfordern, mich für diese Zeit komplett von der Arbeit freizustellen, aber weil es mein Traum war und ich wusste, dass die Zeit für seine Umsetzung gekommen war, würde ich alle notwendigen Hebel in Bewegung setzen.

Von Tag zu Tag, Woche zu Woche, nahm der Gedanke mehr Form an, wurde konkreter, ich beschäftigte mich mit der Route, die wir nehmen würden, mit den Unterkünften, bei denen wir Station machen wollten und machte gedanklich schon Packlisten, was ich alles nicht vergessen durfte.

Es blieb ein Haken: Julia war erst 14 und um diese Reise mit ihr gemeinsam zu unternehmen, musste sie erst einmal den Rollerführerschein machen.

Das sah ich in meinem Eifer allerdings nicht als Hindernis, sondern als sportliche Herausforderung für unsere Tochter.

Schließlich kannte ich die Erwartungshaltung von Eltern an ihre Kinder aus meinem eigenen Lebenslauf, da war es für Julia doch sicher ein Leichtes, den Rollerführerschein zu absolvieren.

Doch Papa weiß: Träume, Wünsche, Sehnsüchte begleiten uns fließend durch den Alltagstrott mit all seinen Herausforderungen, Verpflichtungen, Hürden und allem anderen, was einen tagein tagaus einspannt. Hinzu gesellen sich persönliche Befindlichkeiten, von denen sich kaum jemand freisprechen kann.

Mit ihnen muss jeder Mensch ebenso leben wie das Leben für jeden individuelle Aufgaben bereithält, die zu meistern sind. Der übliche Lohn ist gesellschaftliche Anerkennung, berufliche Anerkennung, vielleicht auch ein bisschen Stolz, wieder etwas geschafft zu haben.

Kaum bleibt Zeit und Raum, die eigenen Träume, Wünsche und Sehnsüchte zu leben. Oftmals werden sie nur vage wahrgenommen, sie müssen schlicht zurückstehen hinter all dem, was das Leben bestimmt.

Ich fragte mich: Warum ist das eigentlich so? Sind wir es am Ende selbst, die wir uns diese Grenzen setzen, uns derart darauf konzentrieren, in unserem Alltag schlicht zu funktionieren?

Warum nicht Sehnsüchte leben, Träume sich manifestieren lassen, die Erfüllung der ureigenen Wünsche anstreben? Warum nicht die Energie für etwas einsetzen, das dem eigenen Inneren statt von außen auferlegten Doktrinen entstammt?

2. Der Mühe Lohn – ein Schatz am Ende des Weges

Da war dieser Traum, der in mir reifte, immer mehr Gestalt annahm. Videos abwechslungsreicher, die Sinne anregender italienischer Landschaften, von den malerischen Cinque Terre , von den urtümlichen Ortschaften in idyllischer mediterraner Umgebung zwischen zerklüfteten Felsen, entlang an stehenden und fließenden Gewässern, inspirierten mich.

Dort wollte ich mit meiner Tochter hin! Und da dem der fehlende Führerschein im Weg stand, nahm ein weiterer Gedanke immer mehr Form an, je näher der 15. Geburtstag von Julia rückte.

2.1 Ein Geschenk mit Hindernissen

Zu diesem besonderen Anlass – es war das Jahr 2021 – schenkten meine Frau und ich Julia den Roller-Führerschein. Halt – das stimmt nicht ganz: Unser Geschenk war die Finanzierung des Führerscheins.

Bemühen, ihn tatsächlich in den Händen zu halten, musste sie sich natürlich selbst. Ist das wirklich ein Geschenk für eine Fünfzehnjährige, oder am Ende nur ein weiteres Paket mit Verpflichtungen und Herausforderungen? In meinem Überschwang hatte ich mir darüber zuvor nicht allzu viele Gedanken gemacht, doch es sollte sich zeigen, dass der Traum dieser Reise zunächst eben nur mein Traum war und nicht Julias.

Wie viele Gleichaltrige war Julia in ihrem schulischen Alltag sehr eingespannt („Chill mal, Papa!“), sie hatte eine große Menge an Lernstoff durchzuarbeiten – und sie gehört nicht zu den gesegneten Jugendlichen, denen die Lerninhalte irgendwie im Schlaf zuzufliegen scheinen. Nun sollte sie ganz nebenbei auch noch für den Führerschein büffeln.

Das war eine doppelte Herausforderung: Das zusätzliche Lernpensum war belastend und der damit verbundene Druck, es auch wirklich zu schaffen, ebenfalls. Wir Menschen sind nun mal keine Maschinen, die auf Knopfdruck funktionieren, wie es der Alltag mit allem Drumherum so gerne hätte. Bedenken, die Herausforderung anzunehmen, sind legitim.

Zugegeben: Als Vater hätte es mich selbstverständlich gefreut, wenn Julia die als Geschenk verpackte Lernaufgabe begeistert angetreten wäre. Doch die Fahrschule schien zunächst keine sonderlich magnetische Wirkung auf sie zu haben.

Seien wir ehrlich: Die vergangenen beiden Jahre, 2020 und 2021, waren auf die eine oder andere Weise für jeden mit Besonderheiten und Einschränkungen gespickt. Die jugendliche Generation hatte es sicher nicht einfach, mit Schulschließungen, mehr oder weniger ausgereiftem Distanzunterricht und Kontaktbeschränkungen das vorgesehene Lernpensum zu bewältigen. Gar nicht zu sprechen von den eingeschränkten Sozialkontakten, die doch gerade für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen so wichtig sind.

Nun kam also eine weitere Aufgabe auf Julia zu, zu der sie sich zunächst einmal überwinden, die sie eigeninitiativ annehmen und absolvieren musste, und diese noch dazu verpackt als ein Geschenk, aus dem sie eine gewisse Erwartungshaltung meinerseits abgeleitet haben mag.

Vermutlich führte dies zu durchaus widerstreitenden Gefühlen bei ihr: einerseits die Freude und der Wille, den Führerschein in der Hand zu halten, andererseits dieser ganze Ballast drumherum. Dazwischen galt es den Mut, das Selbstvertrauen und die Disziplin zu finden, es anzugehen.

2.2 Zwei Menschen, zwei Träume

Mein Traum war weiterhin eine Tour durch Norditalien. Für Julia bleib der Roller-Führerschein ein Traum, solange sie nicht dahingehend aktiv wurde. Der Erfüllung meines und ihres Traumes setzte ich mit einem Weihnachtsgeschenk 2021 einen weiteren initialen Funken – Papa ist halt so: Julia bekam einen Roller.

Der zusätzliche Anstoß führte dann doch zur nötigen Motivation: Im Januar 2022 startete sie mit den theoretischen Stunden für den Führerschein und im Mai stand die Prüfung an. Vorab konnte sich Julia noch eine mentale Auszeit und Urlaub für die Seele gönnen – sie war auf Besinnungstagen im Kloster Benediktbeuern.

Welcher Druck mit der anstehenden Prüfung auf ihr lastete, zeigte sich, als ihre Mutter sie von dort abholte und zur theoretischen Prüfung im Rot-Kreuz-Haus in Murnau brachte. Sie weinte vor Aufregung. Nahm man als Eltern das unsichere Kind in früheren Jahren einfach unterstützend bei der Hand und ging mit ihm die Schritte zum angestrebten Ziel, ist jeder Elternteil in einem solchen Moment zur Hilflosigkeit verdammt: Das „Kind“, nun fast schon kein Kind mehr, muss seinen Weg alleine gehen, sich den Herausforderungen selbst stellen und ohne Hilfe klarkommen.

Dies ist ein weiterer Moment im Leben, in dem das Loslassenmüssen gleichermaßen die Emotionen aufwühlt, wie es stolz macht.

Stolz war auch Julia, als sie die theoretische Prüfung bestanden hatte. Wie emotional dieser Moment für sie war, und welch großer Druck in diesem Augenblick von ihr abfiel, war daran ersichtlich, dass Sie zunächst kaum sprechen und ihr Glück verkünden konnte.

So erfuhr Julia mit dem Erreichen dieses weiteren Etappenziels ein ständig wiederkehrendes Muster unseres Lebens: Das Auf und Ab zwischen guten und schlechten Tagen, zwischen Erfolg und Misserfolg. Das Leben ist eine Berg- und Talfahrt.

Und da war es wieder, vor meinem inneren Auge. Ich schloss meine Tochter in die Arme und gratulierte ihr von Herzen zu ihrem Erfolg, den sie sich nun ganz allein erarbeitet hatte und auf den sie stolz sein konnte. Und gleichzeitig dachte ich schon an unsere Reise, die nun wieder ein Stückchen näher, zum Greifen nahe gerückt war: Eine Fahrt durch die Berge Norditaliens, das Auf und Ab der Straßen, Schroffheit und Idylle. Auch dort würden wir uns wieder auf ein Etappenziel zubewegen, Tag für Tag, den Fahrtwind stets spürend und frei wie lange nicht.

War das in diesem Moment ein verwerflicher Gedanke? Vielleicht. Ich dachte an meinen Traum, doch es war erst einmal Julias Moment – Julia hatte einen großen Schritt zur Verwirklichung ihres Traums geschafft und die theoretische Prüfung erfolgreich absolviert.

Und das erkannte ich an. Es war nicht so, dass ich in Gedanken darüber hinwegging und nur an „meine“ Reise dachte. Ich wusste, wie viel Energie sie hatte investieren müssen und ich war stolz auf sie!

Der Gedanke an meinen eigenen Traum, der nun realer schien denn je, drängte sich mir nur durch seine plötzliche Erreichbarkeit auf und da es (auch) mein Traum war, der Julia dazu verholfen hatte, eines ihrer Ziele zu erreichen, mag es wohl so verwerflich nicht gewesen sein.