Mit Volldampf auf die Berge - Christian Jummrich - E-Book

Mit Volldampf auf die Berge E-Book

Christian Jummrich

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auf 14 Zahnradbahnen in Europa können auch heute noch Dampfloks im Einsatz erlebt werden: in Großbritannien, Österreich, der Schweiz, der Slowakei und in Griechenland. Der Autor porträtiert alle Strecken und die zur Verfügung stehenden Dampflokomotiven. Historische Aufnahmen ergänzen die aktuellen Fotos. Die in Europa museal erhaltenen Zahnraddampfloks werden in einem separaten Kapitel vorgestellt. Mehr als nur ein Reiseführer für Dampflokfans!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 102

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Christian Jummrich

MIT VOLLDAMPFAUF DIE BERGE

Europas Zahnraddampfloksauf den faszinierendsten Strecken

INHALT

Einleitung

1. Technik

Zahnradbahnen mit Dampflokeinsätzen

2. Griechenland

3. Großbritannien

4. Österreich

5. Exkurs: Die SLM-Neubaudampfloks für Österreich und die Schweiz

Zahnradbahnen mit Dampflokeinsätzen

6. Schweiz

7. Slowakei

8. Weitere erhaltene Zahnraddampflokomotiven

Tabellen

9. Zahnradbahnen mit Dampflokeinsatz in Europa

10. Erhaltene Zahnraddampflokomotiven in Europa

Abkürzungsverzeichnis

Quellen

Lok 4 der Achenseebahn schiebt am 2.10.2014 ihren Zug durch den Wald vor Eben bergwärts. Foto: Christian Jummrich

Einleitung

Sommer 2022, ich stehe auf einem Wanderweg mitten im Wald unterhalb des kleinen Ortes Eben in Tirol. Mitten in die beschaulichen Geräusche der Natur mischt sich ein leises Grollen, welches bald lauter und lauter wird. Die langsamen Auspuffschläge einer kleinen Dampflok werden immer deutlicher und nachdem man sie schon einige Minuten gehört hat, sieht man sie um die Kurve kommen, ihre zwei kleinen rotweißen Wagen bergauf schiebend. Gutgelaunte Urlauber winken und staunen über die Eisenbahnfans mitten im Wald mit ihren Kameras. Nachdem der Zug nicht mehr zu sehen ist, hört man ihn noch eine Weile, bevor die Pfiffe aus der Dampfpfeife davon künden, dass der Zug den Bahnübergang vor der Einfahrweiche des Kreuzungsbahnhofs Eben und damit das Ende des Zahnstangenabschnitts erreicht hat …

Zahnradbahnen üben seit jeher eine große Faszination aus. Die meisten Besucher erfreuen sich an den spektakulären Streckenführungen und tollen Aussichten, aber auch die ingenieurtechnischen Leistungen bei Bau und Betrieb solcher Strecken sind bemerkenswert. Die erste Zahnradbahn geht auf den Engländer John Blenkinsop zurück, der eine seitliche Zahnstange neben den Schienen zum generellen Antrieb der Lok entwarf und 1812 bei der Kohlebahn Middleton – Leeds anwandte. Auch wenn es noch weitere solcher technischen Lösungen bei Industriebahnen gab, bei den entstehenden Eisenbahnen setzte sich schnell der Adhäsionsbetrieb durch. Die Idee der Zahnradbahn griff man erst wieder zur Eroberung der Berge auf: Sylvester Marsh wollte eine Zahnradbahn auf den Mount Washington in den USA erbauen. Die Idee dazu hatte er bereits 1852, eröffnet wurde die Strecke am 1. August 1869. Europa bekam seine erste Zahnradbahn mit der Vitznau-Rigi-Bahn (VRB) in der Schweiz, die 1871 zum Geburtstag von Niklaus Riggenbach am 21. Mai eingeweiht wurde. Lange Jahre wurde als erste Zahnradbahn Europas die Steinbruchbahn in Ostermundigen bei Bern gehandelt. Diese wurde angeblich schon 1870 ebenfalls durch Riggenbach fertiggestellt, die offizielle Eröffnung jedoch zu Gunsten der VRB aus Marketinggründen verschoben. Historische Dokumente widerlegen diese Behauptung inzwischen. Die Werksbahn ging wohl tatsächlich erst Ende 1871 in Betrieb und das Vordatieren des Baus hatte lizenzrechtliche Gründe.

Nach der Eröffnung der Rigi-Bahn wurden zahlreiche weitere Zahnradbahnen erbaut (weltweit ca. 280). Mit den Fortschritten in der Bahntechnik hinsichtlich Zugkraft und Bremsen konnten ab den 1920er-Jahren viele Zahnradstrecken auf einen weniger aufwendigen Adhäsionsbetrieb umgestellt werden. Die ein oder andere Bahn verschwand zudem aus wirtschaftlichen Gründen. Auch wenn sich die Reihen gelichtet haben, etliche Zahnradbahnen (knapp 60 weltweit) sind erhalten geblieben, viele zu touristischen Ausflugszielen, einige aber auch in den modernen öffentlichen Personennahverkehr integriert.

Das Erlebnis schwer arbeitender Dampflokomotiven ist hingegen selten geworden, doch ist es auch 2024 an einigen Orten in Europa immer noch möglich. Dieses Buch soll ein kleiner Reiseführer und eine Motivation zugleich sein, die Bahnen zu besuchen und mit Volldampf Zahn um Zahn bergauf zu klettern. Bevor die einzelnen Bahnen nach Ländern geordnet vorgestellt werden, soll im ersten Kapitel ein kurzer Überblick zur Technik bei Zahnradbahnen gegeben werden. In Kapitel 8 gibt es Erläuterungen zu den weiteren in Europa erhaltenen Zahnraddampflokomotiven, die heute nicht mehr im Einsatz sind. Zwei Tabellen über die Zahnradbahnen mit Dampflokeinsätzen sowie eine Auflistung aller erhaltenen Zahnraddampfloks nebst den wichtigsten Daten folgen am Ende. Das Buch kann jedoch keinen umfassenden Überblick über alle Zahnraddampfloks im Detail geben. Genauso gibt es über jede einzelne Bahn selbst reichlich Geschichte(n) zu erzählen. Hierfür sind die interessierten Leserinnen und Leser auf die weiterführende Literatur verwiesen.

Ich danke allen, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben. An erster Stelle ist dies vor allem meine Frau Anke, die mir den Freiraum für mein Hobby und solche Recherchen gibt. Sie und mein Vater Thomas waren auch über das Korrekturlesen des Skriptes beteiligt. Darüber hinaus bedanke ich mich bei Herrn Andreas Ritz, Frau Anneli Nau sowie weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des GeraMond-Verlages für die tolle Betreuung und Unterstützung bei diesem Projekt. Außerdem danke ich Ester Bucher vom Salzburger Freilichtmuseum, Viviana Carfì von der Ferrovia Monte Generoso SA, Carrie Druce von der Snowdon Mountain Railway, Guus Ferree, Werner Hardmeier, Tobias Höltge, Thomas Kautzor, Hansueli Kneuss von der EUROVAPOR, Andreas Knipping, Matthias Koch, Selina Koch von der RIGI BAHNEN AG, Dietmar Kramer, Artemios Klonos, Thomas Küstner, Alfred Luft, Beat Moser von der Dampfbahn Furka-Bergstrecke AG, Johannes Roller, Patrick Rudin, Dipl.-Ing. Josef Seng, Thomas Stutz, Marco Thali von der PILATUS-BAHNEN AG, Georg Trüb, Michael Ulbricht sowie James Waite, dass sie das Werk mit ihren brillanten Fotos aus ihrem eigenen Schaffen bzw. ihren Archiven und Sammlungen sowie mit Informationen unterstützt haben.

Nun wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffentlich viele Inspirationen für den nächsten Urlaub oder Ausflug mit Volldampf auf die Gipfel.

Leipzig, den 4. Februar 2024Christian Jummrich

1. Technik

Der Gedanke zum Bau von Zahnradlokomotiven entstammt den Überlegungen zu den Grenzen der Kraftübertragung zwischen Rad und Schiene bei starken Steigungen. Größere Zugkräfte ließen sich mit herkömmlichem Adhäsionsantrieb nur bei einer Erhöhung der Dienstmasse der Lokomotiven auf die Schiene bringen, wobei hier natürlich technische Grenzen (Achslast, Bogenlauf der Fahrzeuge bei größeren Achsanzahlen und Achsständen, Dienstgewicht der Lok, welches ebenfalls mit über den Berg gebracht werden muss, Fahrzeuglichtraumprofil etc.) gesetzt sind. Bei der Zahnradbahn hingegen wird die Kraft mechanisch zwischen Zahnrad und Zahnstange und nicht mehr durch den Reibschluss der Räder übertragen. Ein gewisses Lokgewicht ist dennoch vonnöten, um ein Aufklettern des Zahnrades in der Zahnstange zu verhindern.

Bei den Zahnstangen gibt es verschiedene, nach den jeweiligen Erfindern benannte Systeme; die wesentlichsten sind die vier folgenden:

•System Riggenbach: Ingenieur Niklaus Riggenbach (1817 – 1899) ließ sich 1863 seine Idee einer Leiterzahnstange patentieren und wandte dieses das erste Mal bei der 1871 eröffneten VRB auf die Rigi an. Bei diesem System befinden sich zwischen zwei U-Profilen Sprossen, in welche die Zähne der Zahnräder eingreifen. Das System wurde später von verschiedenen Ingenieuren weiterentwickelt und in Details abgewandelt.

Schaustück zum System Riggenbach im Bahnhofsbereich von Jenbach. Foto: Christian Jummrich

•System Abt: Carl Roman Abt (1850 – 1933) entwickelte 1882 eine Lamellenzahnstange, bei der zwei oder drei zueinander versetzt parallele Zahnstangen mit nach oben zeigenden Zähnen nebeneinander verlegt werden. Die erste Anwendung erfolgte auf der bis 1886 eröffneten Harzbahn der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn, heute besser als „Rübelandbahn“ bekannt. Das Abtsche System ist das am weitesten verbreitete der Welt. Darüber hinaus leitete Carl Roman Abt persönlich den Bau von 72 Bergbahnen und machte weitere technische Erfindungen rund um diese wie die Abtsche Weiche.

Schaustück zum System Abt in Vordernberg. Foto: Christian Jummrich

•System Strub: Emil Viktor Strub (1858 – 1909) entwickelte 1896 für den Wettbewerb der Jungfraubahn das Riggenbachsche System weiter zur Stufenzahnstange, wobei die Zahnteilung die gleiche ist, so dass beide Systeme kombinierbar sind. Die Zähne sind in eine Schiene eingefräst, die Herstellung war zwar teurer, Verlegung und Unterhalt aber günstiger, was das System Strub insgesamt preiswerter als die von Riggenbach und Abt machte.

Schaustück zum System Strub. Foto: M. Gieger, Eigenes Werk, 2008, CC BY-SA 2.5 ch, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:20080927Y540_Strub.jpg

Triebwerk einer Lok der Reihe Z der Schneebergbahn als Beispiel für den reinen Zahnradantrieb. Foto: Christian Jummrich

•System Locher: Eduard Locher (1840 – 1910) war Ingenieur, Erfinder sowie Unternehmer und entwickelte zum Bau der besonders steilen Pilatusbahn ein eigenes Zahnradsystem. Zwei Zahnräder greifen dabei seitlich in die Zähne einer wie eine Fischgräte aussehenden Zahnstange. Unterhalb der Zahnräder sorgen Spurscheiben, die bis an das Profil der Zahnstange und unter die Zähne reichen, für die Führung des Fahrzeuges und verhindern gleichzeitig ein Aufklettern. Besonderheit bei diesem System ist, dass es nicht möglich ist, konventionelle Eisenbahnweichen zu verwenden, weswegen es Schiebebühnen und Gleiswender an den Stationen und im Depot gibt. Das System wird bisher nur bei der Pilatusbahn genutzt.

Schaustück zum System Locher. Foto: R. R. Zumbühl, Wikimedia-Bilder mit GFDL-Lizenz, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=61016776

Weitere Systeme sind zum Beispiel das von Sylvester Marsh (Leiterzahnstange), die Weiterentwicklungen des Systems Riggenbach zu Riggenbach-Pauli (von Arnold Pauli) sowie Riggenbach-Klose (von Adolf Klose), das System Morgan (bei dem Edmund C. Morgan eine dem Riggenbachschen System verwandte Zahnstange für die Stromversorgung der Triebfahrzeuge nutzte), das System Von Roll, das System Peter und noch weitere. Letztlich gehen aber alle Systeme prinzipiell auf die oben vorgestellten vier Grundarten zurück oder sind Weiterentwicklungen von diesen.

Neben der Zahnstange und passenden Zahnrädern brauchte es spezielle Antriebe bei den Dampflokomotiven (später natürlich auch bei den Diesel- und Elektrotriebfahrzeugen, die aber nicht Thema dieses Buches sein sollen). Verschiedene Unternehmen fertigten Zahnraddampflokomotiven, das bedeutendste war die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur, gefolgt von der Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf (WLF), welche die Patentrechte für das System Abt in Österreich-Ungarn hatte. Dritte bekannte Firma war die Maschinenfabrik Esslingen. Die letzte gebaute Dampflok dieses Unternehmens war im Oktober 1966 eine Zahnradlokomotive (Lok E 10.60 für die indonesische West Sumatra Coal Railway, erhalten im Eisenbahnmuseum von Sawahlunto).

Triebwerk einer Lok der Achenseebahn als Beispiel für den gemischten Zahnrad- und Adhäsionsbetrieb. Foto: Christian Jummrich

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen reinen Zahnradbahnen und Bahnen des gemischten Adhäsions- und Zahnradbetriebes. Bei den reinen Zahnradbahnen sind alle Gleise mit Zahnstangen ausgerüstet und der Antrieb der Lokomotive erfolgt nur über die Zahnräder. Hier gibt es verschiedene Antriebsanordnungen. Bei den ersten Konstruktionen nach Riggenbach befand sich das Triebzahnrad lose auf der hinteren Achse oder einfach in der Mitte im Lokrahmen gelagert und wurde über eine Blindwelle sowie ein Vorgelege/eine Übersetzung angetrieben. Beispiel hierfür sind die H 1/2 der Vitznau-Rigi-Bahn aus dem Jahre 1870/73 oder der Arth-Rigi-Bahn aus dem Jahre 1875. Weiter verbreitet war allerdings die Abtsche Konstruktion: Seine Lokomotiven haben zwei Triebzahnräder, die fest auf den Achswellen montiert sind. Die normalen Räder der Lok sind als Laufräder nicht fest mit der Achse verbunden und dienen als Stützräder sowie zur Führung auf den Schienen. Außerdem gibt es noch eine dritte Achse, ausgeführt als Bissel-Achse. Die Zylinder (System Brown) liegen über dem Außenrahmen. Die Kraftübertragung erfolgt über einen Balancier (Schwinghebel) auf das Antriebsgestänge. Beispiele für diese Konstruktion sind die Loks der Reihe Z von Schafberg- und Schneebergbahn oder die alten H 2/3 Typ 1 der Bahnen auf das Rothorn oder den Monte Generoso.

Nachteil von reinen Zahnradlokomotiven ist die geringe erreichbare Geschwindigkeit. Da lag es nahe, Lokomotiven für den gemischten Adhäsions- und Zahnradbetrieb zu konstruieren. Diese konnten auf den flacheren Streckenabschnitten höhere Geschwindigkeiten ausfahren. Bei Lokomotiven für den kombinierten Betrieb gibt es zwei Wege des Antriebes. Insbesondere die kleineren und älteren Lokomotiven wurden wie konventionelle Dampflokomotiven über Kuppelachsen und Kuppelstangen angetrieben. Das Zahnrad läuft parallel dazu mit, im Adhäsionsabschnitt dann natürlich leer. Ein Beispiel hierfür ist die Lok „Gnom“ aus dem Jahre 1871. Einige Lokomotiven haben auch ein zwischengeschaltetes Zahnradgetriebe/eine Übersetzung, wodurch bei einer höheren Geschwindigkeit der Kolben die Zylinderabmessungen verringert werden konnten. Beispiel hierfür sind die Loks der Achenseebahn.

Der alte Zylinderblock der HG 4/4 Nr. 704 der Dampfbahn Furka-Bergstrecke steht als Teil des Antriebssystems Winterthur ausgestellt im Bahnhof Realp. Foto: Christian Jummrich