Möglichkeiten und Voraussetzungen für Dramatisches Gestalten im Deutschunterricht der Grundschule - Dirk Kranz - E-Book

Möglichkeiten und Voraussetzungen für Dramatisches Gestalten im Deutschunterricht der Grundschule E-Book

Dirk Kranz

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Beschreibung

Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Didaktik - Sachunterricht, Heimatkunde, Note: 1,3, Humboldt-Universität zu Berlin (Erziehungswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit möchte aktuelle Aufgaben und Möglichkeiten bei der Anwendung von Dramatischem Gestalten im Fach Deutsch bezogen auf die Kernbereiche des Deutschunterrichts darstellen und die Wirksamkeit diskutieren. Die Zielsetzungen sollen mit denen des Fachs Darstellendes Spiel verglichen werden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede sollen aufgezeigt werden. Dabei sollen zuvor die entwicklungspsychologischen und lerntheoretischen Voraussetzungen für Dramatisches Gestalten dargestellt werden. Inhaltsverzeichnis: Einleitung..........Seite 1 1. Entwicklungspsychologische und pädagogische Grundlagen..........Seite 5 1.1. Funktion und Entwicklung des Spielens..........Seite 5 1.2. Das Rollenspiel bei Vorschulkindern..........Seite 8 1.3. Spiel als natürliches Lernen..........Seite 10 1.4. Spiel als ganzheitliches Lernen..........Seite 12 1.5. Spiel als handelndes Lernen..........Seite 14 2. Dramatisches Gestalten in der Schule..........Seite 16 2.1. Personale Kompetenzen..........Seite 16 2.2. Soziale Kompetenzen..........Seite 19 2.3. Individuelle Förderung..........Seite 21 2.4. Kritische Medienkompetenz..........Seite 26 2.5. Methode versus Gegenstand..........Seite 29 2.6. Vorgehen im Unterricht..........Seite 31 3. Dramatisches Gestalten und die Ziele des Deutschunterrichts..........Seite 32 3.1. Deutsch versus Darstellendes Spiel..........Seite 34 3.2. Sprechen und Zuhören..........Seite 40 3.3. Lesen..........Seite 45 3.4. Schreiben..........Seite 47 3.5. Sprachreflexion..........Seite 50 Fazit..........Seite 51 Literaturverzeichnis..........Seite 55

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Inhaltsverzeichnis
1. Entwicklungspsychologische und pädagogische Grundlagen
1.1. Funktion und Entwicklung des Spielens
1.2. Das Rollenspiel bei Vorschulkindern
1.3. Spiel als natürliches Lernen
1.4. Spiel als ganzheitliches Lernen
1.5. Spiel als handelndes Lernen
2. Dramatisches Gestalten in der Schule
2.1. Personale Kompetenzen
2.2. Soziale Kompetenzen
2.3. Individuelle Förderung
2.4. Kritische Medienkompetenz
2.5. Methode versus Gegenstand
2.6. Vorgehen im Unterricht
3. Dramatisches Gestalten und die Ziele des Deutschunterrichts
3.1. Deutsch versus Darstellendes Spiel
3.2. Sprechen und Zuhören
3.3. Lesen
3.4. Schreiben
3.5. Sprachreflexion

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Einleitung

Ausgangspunkt für mein Interesse am Dramatischen Gestalten im Deutschunterricht war ein Praktikum in der sechsten Klasse einer Berliner Grundschule. Im Deutschunterricht sollte das Verfassen eines Spieltextes für eine geplante Aufführung durchgeführt werden. Da mir die Einführung in dieses Projekt oblag, hielt ich es für zentral, dass die Kinder vor dem Schreiben der Spielvorlage lernten, wie ein Dramentext aufgebaut ist, dass sie also entsprechende literaturwissenschaftliche Kenntnisse erwarben. Es war mir insbesondere daran gelegen, dass dieser Erwerb handelnd erfolgte. Bei der anschließenden Durchführung des Unterrichts war ich überrascht von dem Spaß und Eifer, mit dem die Kinder - auch solche mit größeren Schwierigkeiten im Fach Deutsch - schrieben, spielten und Regie führten und auf diese Weise sehr viel in kurzer Zeit lernten, ohne dabei erkennbar einer anstrengenden Lernatmosphäre ausgesetzt gewesen zu sein. Ich begann mich nun weitergehend für das Thema zu interessieren, so dass ich es schließlich als Thema für meine Masterarbeit auswählte. Beim Sichten der Literatur fiel mir jedoch auf, dass die meisten verfügbaren Arbeiten zum Thema mindestens 20 Jahre alt waren, während es gleichzeitig einen Anstieg bei der Anzahl solcher Veröffentlichungen gab, die das Dramatische Gestalten in Hinblick auf das Schulfach Darstellendes Spiel behandelten.

Das Fach Darstellendes Spiel hat sich erst in den letzten 20 Jahren etabliert und ist immer noch mit seiner Definierung und Begründung beschäftigt und um Ausweitung bemüht. Es scheint unter einem größeren Druck zu stehen, seine Ziele, Aufgabenfelder und Berechtigungen zu erklären als dies beim Deutschunterricht in Bezug auf das Dramatische Gestalten gegenwärtig der Fall ist. Im Fach Deutsch hat das Thema in Westdeutschland seine Ausweitung und Definierung im Wesentlichen zwischen 1970 und 1990 erfahren und war zu dieser Zeit entsprechend häufiger in der Literatur vertreten. (Siehe: Heising 1991, S. 24)

Das allein erklärt jedoch nicht, warum die Anzahl der Veröffentlichungen zum Thema mit Bezug auf den Deutschunterricht in den letzten Jahren abgenommen hat. Es gilt nach wie vor, dass „die dramatischen Formen ein Teilbereich des Deutschunterrichts sind“. (Schuster 1992, S. 25) In der Praxis wird im Deutschunterricht selbstverständlich szenisch gearbeitet. Gerade die Grundschule nutzt szenische Methoden und hat diese auch seit den Neunzehnhundertundsechzigern bis heute fest in den Bil-dungsvorgaben verankert. (Siehe: Heisig, 1991, S. 38) Dramatisches Spiel ist als ei-

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genständiges Fach in der Grundschule auch kaum vertreten.1Das Thema besitzt hier also weiterhin ungebrochene Relevanz.

Weiter fiel mir beim Sichten der Literatur auf, dass empirische Untersuchungen zur pädagogischen Wirksamkeit szenischer Unterrichtsverfahren insgesamt eher selten sind, denn sie gestalten sich schwierig. Heising spricht von einer subjektiven Wirkung bei bestimmten schauspielerischen Produkten im Unterricht. So sei etwa „Originalität...nicht messbar, obwohl auch gerade dies in der Schule in Zensuren gefasst wird.“ (Heising, 1991, S. 107) Dies mag dazu beitragen, dass Untersuchungen über die Wirksamkeit von szenischen Elementen des Unterrichts selten angegangen werden.

Diese Arbeit möchte aktuelle Aufgaben und Möglichkeiten bei der Anwendung von Dramatischem Gestalten im Fach Deutsch bezogen auf die Kernbereiche des Deutschunterrichts darstellen und die Wirksamkeit diskutieren. Die Zielsetzungen sollen mit denen des Fachs Darstellendes Spiel verglichen werden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede sollen aufgezeigt werden. Dabei sollen zuvor die entwicklungspsychologischen und lerntheoretischen Voraussetzungen für Dramatisches Gestalten dargestellt werden.

Geklärt werden müssen zunächst aber erst die Begriffe Grundschule, Dramatisches, Gestalten und schließlich Dramatisches Gestalten. Letzteres soll von ähnlichen, oft synonym verwendeten Begriffen abgegrenzt werden und im Sinn dieser Arbeit definiert werden.

Beim Begriff der Grundschule ergibt sich das Problem, dass Bildungspolitik in Deutschland Ländersache ist, sich also die Grundschule in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich darstellt. Diese Arbeit bezieht sich auf die sechsjährige Berliner Grundschule mit ihren entsprechenden Bildungsvorgaben, vor allem den Deutschunterricht betreffend, der im Zentrum der Arbeit stehen soll. Bei dem Wort Drama denkt man schnell an Goethe, Schiller und Shakespeare, also an hohe, bedeutungsvolle Kunst. Dabei bedeutet das Wort im Griechischen, aus dem es über Umwege ins Deutsche gekommen ist, nichts anderes als eine Handlung. (Siehe: Mackensen, 1998, S. 104) Die Literaturwissenschaft versteht unter einem Drama „zum einen den fixierten Text...zum anderen ein realisiertes Spiel auf der Bühne eines Theaters, in dem Schauspieler das dramatische Geschehen vor einem Publikum aufführen und dazu verbale und nonverbale Mittel einsetzen.“ (Klausnitzer 2004, S. 101)

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Eine Person, die im Alltag dramatisch spricht, verleiht dem Gesagten vielleicht mehr Spannung als nötig oder mehr Bedeutung als angebracht wäre. Sie übertreibt. In dieser Arbeit ist Dramatik weder als hohe Kunst noch als professionelles Schauspiel oder als etwas hoch Spannendes, Bedeutungsschweres oder Melodramatisches zu verstehen, sondern bezogen auf gestaltendes szenisches oder überhaupt dramenbezogenes Handeln in mündlicher, schauspielerisch agierender oder schriftlicher Form in der Schule, womit der ursprünglichen Bedeutung des Wortes Drama im Griechischen schon wieder näher gekommen wäre.

Den Begriff des Gestaltens möchte ich im Sinn von Eckart Liebau verstanden wissen. Er schreibt: „Bildung kommt nur - wirklich ausschließlich! - durch das Wechselspiel von Ich und Welt, also durch Wechselwirkung: Ich gestalte etwas; dieses Etwas tritt mir als Fremdes gegenüber und fordert neue Gestaltung - und immer so fort, unabschließbar. Ohne verändernden Eingriff in die Welt gibt es keine Bildung des Ich.“ (Liebau 2008, S. 22) Während Liebau das Fremde beim Dramatischen Gestalten primär in fertigen Spielvorlagen sieht, die subjektiv verstanden, angeeignet und zur Aufführungsreife inszeniert werden müssen, möchte ich seine Vorstellung vom Lernen durch Gestalten im Sinn dieser Arbeit auch auf Spielsituationen ohne Text- und Re-gievorgaben erweitern, die eines subjektiven Verstehens und einer persönlichen Ausgestaltung bedürfen, einer Haltung, die das spielende Kind dieser Spielsituation gegenüber einnimmt und einer inszenierten Form, in der diese Haltung, dieses Verständnis materialisiert wird.

Wird der Begriff des Dramatischen Gestaltens in der Literatur verwendet, so umfasst er oft einen Inszenierungsprozess, der mit einer Aufführung endet und diese beinhaltet. In dieser Arbeit wird nicht grundsätzlich davon ausgegangen, dass eine Inszenierung auf eine Aufführung hinausläuft. Publikum einer Inszenierung kann die Lerngruppe sein, wobei auch spontan inszeniert werden kann ohne vorgegebene Dialoge und Regieanweisungen. Die Bühne kann jeder freie Raum im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof sein. Dramatisches Gestalten im Deutschunterricht ist überhaupt nicht grundsätzlich nach außen gerichtet. Zentral ist die Wirkung des Spielens auf den Spieler, wenn es etwa gilt, einen Text szenisch handelnd nachzuempfinden, um ihn so zu interpretieren.

Die ähnlichen Begriffe Schulspiel und Schultheater sind zwingender als der des Dramatischen Gestaltens auf das Produkt der Aufführung bezogen zu verstehen, so dass sie für diese Arbeit nicht tragen.

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Oft wird von Darstellendem Spiel oder Inszenierungen im Unterricht gesprochen, die weniger produktorientiert zu verstehen sind als Schulspiel und Schultheater. Sie kommen dem Thema dieser Arbeit näher. Allerdings fehlt bei diesen Bezeichnungen das für den Deutschunterricht wichtige Moment der schriftlichen Aktivität, etwa des Verfassens von eigenen Spielvorlagen, das hier einen Aspekt darstellen soll. Außerdem will der Deutschunterricht das Dramatische Gestalten primär als Methode nutzen, um seine definierten Ziele zu erreichen. Hüttenhofer schreibt: „Darstellendes Spiel entfaltet seine Möglichkeiten aber erst dann im vollen Umfang, wenn es als eigenständige Tätigkeit nicht im Dienste anderer Zwecke steht“. (Hüttenhofer 2008, S. 154) So gesehen kann Dramatisches Gestalten im Deutschunterricht nicht mit Darstellendem Spiel gleichgesetzt werden, jedenfalls nicht mit solchem, das seine Möglichkeiten voll entfaltet, denn im Fach Deutsch steht es im Dienst anderer Zwecke. Auch für den Begriff des Szenischen Spiels gilt, dass er schriftliche Aktivitäten nicht einschließt. Renk, die die Bezeichnung Szenisches Spiel bevorzugt, will den Ausdruck Drama bei der Anwendung im Deutschunterricht nur im Rahmen der englischen Bezeichnung Drama in Education gelten lassen, da sie dort keine „literarischen ... Beiklänge“ (Renk 1986, S.18) sieht und begründet damit, dass Szenisches Spiel die treffendste Bezeichnung für die in ihrer Arbeit berücksichtigten Aktivitäten darstellt. (Siehe: ebd) Literaturwissenschaftliche Ideen vom Drama sollen in dieser Arbeit jedoch berücksichtigt werden. Dramatisches Gestalten ist hier bezogen auf beide Formen der Materialisierung des Dramas, die die Literaturwissenschaft kennt, zu verstehen: die schriftlich verfasste und die spielerisch dargestellte Form. Um einen Spieltext selbst zu entwerfen, müssen Schülern literaturwissenschaftliche Begriffe wie Dialog und Regieanweisung vermittelt werden. Der Ausdruck Szenisches Spiel wird zudem oft mit einem stärkeren therapeutischen Bezug verwendet, der nicht im Zentrum dieser Arbeit steht.

Die Bezeichnung Personales Spiel hat ebenfalls zu wenig Bezug zu schriftlichen Aktivitäten und schließt außerdem mediale Spielformen wie das Puppenspiel aus, die hier berücksichtigt werden sollen.

Dem Begriff des Dramatischen Gestaltens lässt sich der Gegenstand dieser Arbeit am besten zuordnen. Er umfasst im Sinn dieser Arbeit aber nicht die Interpretation von dramatischen Texten im Unterrichtsgespräch oder als schriftliche Arbeit, sondern einen handelnden Umgang mit Spieltexten und Schauspiel, also lautes Vorlesen, das Schreiben von eigenen Spielstücken und natürlich das Spielen fremder und eigener

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Texte oder auch das spontane Spielen von Szenen, die fiktiven Situationen entspringen, wobei diese durchaus auch in textrezipierender Absicht angelegt sein können.

1. Entwicklungspsychologische und pädagogische Grundlagen

Damit Kinder kleine szenische Spiele inszenieren, bedarf es nicht unbedingt einer Anleitung von außen. Spontane Inszenierungen sind typische kindliche Tätigkeiten ab einem Alter von etwa drei oder vier Jahren. (Siehe: Oerther 1998, S. 254) Sie entwickeln sich aus früheren Formen des Spielens. Der Drang zu solchen Rollenspielen, denen Aktionspläne und fiktive Identitäten zugrunde liegen, verebbt mit Beginn der Pubertät, bleibt aber auch noch danach im Repertoire menschlicher Tätigkeiten in ab-gewandelten Formen bestehen. Neben Mannschaftssport und dem Tagtraum geht auch das Theaterspielen bei Erwachsenen auf kindliche Rollenspiele zurück. (Siehe: Garvey 1978, S. 99) Auf das kindliche Spiel gründet sich auch die Kindgemäßheit Dramatischen Gestaltens im Unterricht.