Moonlight Sword 2: Schicksalskuss - Asuka Lionera - E-Book
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Moonlight Sword 2: Schicksalskuss E-Book

Asuka Lionera

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Beschreibung

Eine unmögliche Liebe und ein Wettlauf gegen die Zeit

Für einen kurzen Augenblick ist es Varyan gelungen, das Schwert Caligram, sein Gefängnis, zu verlassen und mit Delmira zusammen zu sein. Nur noch vier Wochen bleiben, um ihren Auftrag zu erfüllen. Scheitert sie, trifft auch sie der Fluch der Seehexe. Doch der Weg ist schwer und an ihrem Ziel grassiert der Rote Tod. Als wäre das nicht schon genug, hadert Delmira mit ihren Gefühlen für Varyan, denn die Götter haben für sie einen anderen Schicksalsgebundenen auserwählt – und sich gegen den Willen der Götter zu stellen, hat einen hohen Preis …

Das epische Finale von Asuka Lioneras neuer High Romantasy-Serie: episch, fantastisch und voller Herzschmerz – für alle Fans mythischer Fantasy!


//Dies ist der zweite Band der »Moonlight Sword«-Dilogie. Alle Romane der magisch-mitreißenden Liebesgeschichte im Planet!-Verlag:
-- Band 1: Klingenherz
-- Band 2: Schicksalskuss (Herbst 2023)//




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Das Buch

»Ich dachte bereits, dass die Götter mich vergessen haben. Doch hier bist du. Meine stolze Kriegerin.«

Für einen kurzen Augenblick ist es Varyan gelungen, das Schwert Caligram, sein Gefängnis, zu verlassen und mit Delmira zusammen zu sein. Nur noch vier Wochen bleiben, um ihren Auftrag zu erfüllen. Scheitert sie, trifft auch sie der Fluch der Seehexe. Doch der Weg ist schwer und an ihrem Ziel grassiert der Rote Tod. Als wäre das nicht schon genug, hadert Delmira mit ihren Gefühlen für Varyan, denn die Götter haben für sie einen anderen Schicksalsgebundenen auserwählt – und sich gegen den Willen der Götter zu stellen, hat einen hohen Preis …

Die Autorin

© Privat

Hinter dem Pseudonym Asuka Lionera verbirgt sich eine im Jahr 1987 geborene Träumerin, die schon als Kind fasziniert von Geschichten und Comics war. Bereits als Jugendliche begann sie, Fan-Fictions zu ihren Lieblingsserien zu schreiben und kleine RPG-Spiele für den PC zu entwickeln, wodurch sie ihre Fantasie ausleben konnte.

Ihre Leidenschaft machte sie nach einigen Umwegen und Einbahnstraßen zu ihrem Beruf und ist heute eine erfolgreiche Autorin, die mit ihrem Mann und ihren vierbeinigen Kindern in einem kleinen Dorf in Hessen wohnt, das mehr Kühe als Einwohner hat.

Mehr über Asuka Lionera: www.asuka-lionera.de

Asuka Lionera auf Facebook: www.facebook.com/AsukaLionera

Asuka Lionera auf Instagram: www.instagram.com/asuka.lionera/

Der Verlag

Du liebst Geschichten? Wir bei Planet! auch!Wir wählen unsere Geschichten sorgfältig aus, überarbeiten sie gründlich mit Autor:innen und Übersetzer:innen, gestalten sie gemeinsam mit Illustrator:innen und produzieren sie als Bücher in bester Qualität für euch.

Deshalb sind alle Inhalte dieses E-Books urheberrechtlich geschützt. Du als Käufer erwirbst eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf deinen Lesegeräten. Unsere E-Books haben eine nicht direkt sichtbare technische Markierung, die die Bestellnummer enthält (digitales Wasserzeichen). Im Falle einer illegalen Verwendung kann diese zurückverfolgt werden.

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Viel Spaß beim Lesen!

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Auf der vorletzten Seite findest du eine Themenübersicht, die demzufolge Spoiler für den Roman enthält.

Obwohl die Liste nach bestem Wissen angelegt wurde, erhebt sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da Auslöser und deren Wahrnehmung vielfältig sein können.

Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir und deiner Gesundheit um. Falls du während des Lesens auf Probleme stößt und/oder betroffen bist, bleib damit nicht allein. Wende dich an deine Familie, Freunde oder auch professionelle Hilfestellen.

Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Leseerlebnis.

Asuka Lionera und das Planet!-Team

Für all jene, die verstanden haben,

dass der Weg meistens das Ziel ist.

KAPITEL 1

Delmira

ZWEITE VOLLMONDNACHT

Varyans tiefe, volle Stimme geht mir durch und durch. Es ist, als könnte ich ihr raues Timbre bis hinab in den kleinen Zeh spüren. Meine Sinne lechzen nach einer weiteren Silbe aus seinem Mund. Einem weiteren heißen Kribbeln, das mich durchströmt und belebt und Stellen in mir erreicht, die bisher kalt und gefühllos waren.

Ich frage mich nicht mehr, wie er hier sein kann – nicht bloß in seiner Astralgestalt. Sondern … wirklich hier. Die einzige Frage, die ohne Unterlass in mir widerhallt, ist die, warum er so weit von mir entfernt steht. Dabei trennen uns nur wenige Zentimeter, die sich jedoch anfühlen, als sei er in einem anderen Reich. Obwohl ich jedes Stück freien Raum zwischen uns verfluche, wage ich nicht, die Hände zu heben. Die Angst, dass er sich auflösen könnte, wenn ich eine falsche Bewegung mache, hält mich zurück.

»Wenn ich bleiben darf«, flüstert Varyan belegt, während ich innerlich verglühe, »möchte ich ebenfalls eine Bitte äußern.«

»Jede«, bringe ich mit sterbender Stimme hervor.

Seine Augen sind nun halb geschlossen, als er raunt: »Bitte berühre mich.«

Ein Ruck geht durch mich hindurch, dennoch finde ich nicht den Mut, mich zu bewegen.

In diesem Moment existiert in mir kein stärkeres Gefühl als das Verlangen, seiner Bitte augenblicklich nachzukommen. Doch ich starre ihn bloß an – gefangen in der endlosen Frage, wie er tatsächlich hier sein kann.

Varyan neigt den Kopf. In seiner Miene zeichnet sich ein Schmerz ab, den ich in mir fühlen kann, während er mich aus seinen unterschiedlich farbigen Augen betrachtet, die Brauen zusammengezogen. Es ist ein Schmerz, den ich ebenfalls empfinde, doch beide scheinen wir unfähig, ihn zu durchbrechen.

»Mira«, flüstert er. Noch nie schwang so viel Gefühl, so viel Sehnsucht in meinem Namen mit. »Bitte.«

Ich weiß nicht, ob es die Art, wie er meinen Namen ausspricht, das Zucken seiner Kiefermuskeln oder doch sein Flehen ist, das mich schließlich aus meiner ängstlichen Starre erwachen lässt. Nie zuvor hat ein einziges Wort so süß und gleichzeitig verletzlich geklungen.

Meine Hände zittern, als ich sie endlich nach Varyan ausstrecke. Ich fürchte mich davor, dass sie durch ihn hindurchgreifen werden wie während der ersten Vollmondnacht, als er mir in seiner Astralgestalt gegenüberstand. Nun kann ich ihn zwar ansehen, ohne dass seine Konturen verschwimmen und ich unter Kopfschmerzen leide, dennoch habe ich Angst, meine Hände könnten erneut auf keinerlei Widerstand treffen.

Doch das tun sie.

Meine Fingerspitzen stoßen auf die warme, feste Haut seiner ausgestreckten Hände und ich lasse den Atem entweichen, den ich die ganze Zeit über angehalten habe, ohne es zu merken. Zeitgleich gibt Varyan ein Seufzen von sich, das sich genauso anhört wie jenes, das ich unzählige Male in meinem Kopf vernommen habe, wenn ich Caligram berührt habe. Schon da stellte dieser Laut seltsame Dinge mit mir an. Varyan nun dabei zu sehen, wie er genüsslich die Augen schließt und den Kopf ein winziges Stück nach vorn sacken lässt, als würde eine riesige Last von ihm abfallen, bringt mein Herz beinahe zum Bersten. Ich habe nie groß darüber nachgedacht, welche Macht einer einzigen Berührung innewohnt. Wie viel sie bedeuten und bewirken kann. Nun spüre ich es am eigenen Leib.

Und ein Teil von mir fürchtet sich davor, sich dieser Macht hinzugeben. Doch dieser Teil wird leiser und leiser, je weiter sich meine Finger vorwagen.

Mein Blick folgt ihren Bewegungen, die sich bedächtig Varyans Hände hinauf zu den nackten Unterarmen vorarbeiten. Immer wieder spüre ich ein leichtes Zucken seiner Muskeln, sowie die leichten Erhebungen einer Gänsehaut.

Meine Finger stoppen am Saum seiner hochgerollten Hemdsärmel.

»Hör bitte nicht auf«, raunt er in diesem besonderen Tonfall, der alles in mir verrücktspielen lässt und den zaudernden Teil zum Verstummen bringt.

Ebendieser Tonfall ermutigt mich, meine Hände zu heben und sie zögerlich an seine Wangen zu legen. Wieder seufzt er und schließt flatternd die Lider.

Während ich ihn betrachte und bedächtig mit dem Daumen sanft unter seinem Auge entlangstreiche, frage ich mich, wie viele Menschen den Eroberer, der er einst war, auf diese Weise gesehen haben – so vollkommen gelöst, so … verletzlich.

Mit den Fingern der linken Hand fahre ich durch sein rabenschwarzes Haar und bringe es noch mehr durcheinander. Bereits als er in seiner Astralgestalt vor mir stand, wollte ich das tun, konnte es aber nicht. Jetzt möchte ich nie mehr damit aufhören.

Es gibt bloß eine Sache, die ich im Moment noch lieber tun will. Die spitze Form seiner Ohren, die allen Lerthauern zu eigen ist, lockt mich, dass meine Fingerspitzen kribbeln. Wagemutig berühre ich sie.

Augenblicklich versteift sich Varyans Körper. Wäre da nicht der durchdringende Blick, den er mir unter halb geschlossenen Lidern zuwirft, und der tiefe, beinahe ursprüngliche Laut, der sich seiner Kehle entringt, hätte ich geglaubt, dass ich ihn verletzt habe. Erstarrt erwidere ich seinen Blick.

»Unsere Ohren«, flüstert er, »sind äußerst empfindlich. Deshalb erlauben wir lediglich auserwählten Personen, sie zu berühren.«

Ich ziehe sofort meine Hand zurück. »Verzeih, ich wollte nicht …«

»Ich erlaube es dir«, fällt er mir ein wenig atemlos ins Wort. »Ich bitte dich sogar darum. Wenn du es verlangst, sinke ich auf die Knie und flehe dich an.«

Ich blinzele verwirrt. »Aber …«

»Bitte, Mira.«

Es gibt nichts, was ich dagegen einwenden könnte. Oder wollte. Also nähere ich mich mit den Fingern erneut seinem spitzen Ohr. Als ich es berühre, beobachte ich aufmerksam seine Reaktion. Sein Körper erschauert. Die Art, wie er sich auf die Unterlippe beißt, stellt seltsame Dinge mit mir an. Ich will seine Unterlippe befreien und zugleich erfahren, wie es sich anfühlt, wenn seine Zähne sanft an meiner knabbern.

Abrupt schüttele ich den Kopf, um diese und ähnliche Gedanken zu vertreiben, doch gänzlich wollen sie nicht verschwinden. Sie werden etwas leiser, als ich mich nicht mehr seinen Ohren widme, aber sie verstummen nicht. Vielmehr blitzen sie immer wieder auf. Wenn sich die sehnigen Muskeln an seinen Armen anspannen, ich darüberstreichele und mich unweigerlich frage, wie sie sich anfühlen würden, wenn sie sich nur für mich bewegten.

Mein Herz schlägt solch heftige Kapriolen, dass es nicht gut für meine Gesundheit sein kann. Gehetzt wummert es in meiner Brust, bis ich nichts mehr höre als sein Schlagen und Varyans und meinen schnellen Atem.

Die Gewissheit, dass mir nicht mehr als diese Nacht bleibt, um hier mit ihm zu stehen und ihn berühren zu können, holt mich jedoch jäh in die Wirklichkeit zurück. Das sanfte Streicheln meiner Finger gerät ins Stocken.

Als Varyan die Lider öffnet, wirkt sein braunes Auge nahezu schwarz, wohingegen mich das rechte an die stille Tiefe eines unergründlichen Sees erinnert, die mich jederzeit verschlingen könnte.

»Was ist los?«, fragt er vorsichtig.

Es gelingt mir nicht, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, doch Varyan drängt mich zu nichts. Während er wartet, dass ich ihm antworte, neigt er den Kopf und schmiegt seine Wange fester gegen meine Hand, als könne er gar nicht genug von meinen Berührungen bekommen.

Ich wünschte, ich wüsste, wie er sich fühlt. Am liebsten würde ich nie wieder damit aufhören, mit den Fingern über seine Haut oder durch seine Haare zu streichen, doch er steht einfach nur da, seine Arme hängen bewegungslos herab. Nicht ein einziges Mal hat er den kleinsten Versuch unternommen, es mir gleichzutun. Ich hätte nie für möglich gehalten, wie sehr mich seine Passivität verletzt.

»Was … ist mit mir?«, bringe ich irgendwie hervor.

Varyan bewegt den Kopf, um mich besser ansehen zu können. Dabei streifen seine Lippen über die Erhebung meiner Handfläche, woraufhin mich ein heißer Schauer durchzuckt. Diese Hitze bringt meine Knochen zum Schmelzen, meine Knie werden weich, und nun bin ich außerstande, den Blick von seinen Lippen zu nehmen. Ich beobachte jede noch so kleine ihrer Bewegungen, als sie Varyans nächste Worte formen.

»Was möchtest du, Mira?«

Beim rauen Klang seiner Stimme erschauere ich derart heftig, dass es sich auch auf meine Hände überträgt. Das selbstgefällige Grinsen, das in Varyans Mundwinkeln lauert, lässt mich wissen, dass ihm verdammt klar ist, was er mit mir anstellt. Und dass er es in vollen Zügen genießt.

Unter normalen Umständen würde ich ihn als selbstgefälligen Mistkerl bezeichnen und ihn stehen lassen, aber das ist mir nicht möglich. Ich könnte mich nicht einmal von ihm abwenden, wenn die Welt um uns herum auseinanderbrechen würde. Nicht jetzt. Nicht wenn er wahrhaftig vor mir steht. Nicht wenn ich mich so sehr nach ihm verzehre, dass es körperlich fast wehtut.

»Ich …« Meine Stimme ist so krächzend, dass ich mich räuspern muss. »Ich will, dass du … mich ebenfalls berührst.«

Daraufhin entzieht sich Varyan mir und richtet sich wieder zu voller Größe auf, in der er ich mich um mehr als eine halbe Kopflänge überragt. Wären seine Augen nicht immer noch verschleiert, hätte ich Angst, einen Fehler begangen und ihn vertrieben zu haben. Doch das dunkle Leuchten seiner Iriden spricht eine andere Sprache und löst ein Beben in mir aus. Ich harre so verzweifelt auf den Moment, in dem er endlich ebenfalls die Hände nach mir ausstreckt, dass meine Nerven zum Zerreißen gespannt sind.

Heilige Götter, könnte ich bitte aufhören zu zittern?

»Lass mich zunächst etwas klarstellen.« Latent liegt auch jetzt mein heiß geliebtes Raunen in Varyans Stimme. Es klingt härter, doch nicht minder beeindruckend. »Wir sind keine Freunde.«

Ich schlucke hart bei seinen Worten. »Aber …«

»Wenn du willst, dass ich dich berühre«, unterbricht er mich, »werden meine Berührungen nicht die eines Freundes sein.« Er neigt sich ein Stück zu mir herab. Ich müsste mich bloß auf die Zehenspitzen stellen, und unsere Nasenspitzen würden aneinanderstoßen. »Willst du es dennoch?«

Die Frage, was wir sind, wenn Freundschaft zwischen uns ausgeschlossen ist, wütet in meinen Gedanken, doch ich lasse ihr nicht genug Raum, um sie laut auszusprechen. Dafür ist später noch genug Zeit.

Jetzt gebe ich ihm die einzige Antwort, die für mich Sinn ergibt. »Ja.«

Varyan hebt einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen, dessen Anblick mein Herz dazu veranlasst, Purzelbäume zu schlagen. »Fein.«

Er legt mir eine Hand an den unteren Rücken und zieht mich so nah an sich heran, dass kein Lufthauch mehr zwischen uns hindurchpasst. Ich erstarre, nur um im nächsten Moment schier in seiner Umarmung zu zerfließen. Mein Körper schmiegt sich mühelos gegen seinen, als hätte er nie etwas anderes getan. Ich genieße das Gefühl seines Arms um meine Mitte, der mich an ihn drückt. Dennoch spüre ich, dass ich jederzeit einen Schritt zurückmachen und es beenden könnte.

Das käme mir jedoch nie in den Sinn.

Ich genieße es, gehalten zu werden. Mich anlehnen zu können. Nicht die Kontrolle über alles haben zu müssen. Nie hätte ich geahnt, dass es so angenehm sein kann, sich fallen zu lassen. Und dabei hat er noch nichts anderes getan, als mich im Arm zu halten.

Ich stoße befreit den Atem aus, nur um ihn kurz darauf wieder scharf einzuziehen.

Varyans warme Hand an meiner Wange versetzt meine Nervenenden in solche Aufregung, dass sich ihr Kribbeln in meinem restlichen Körper ausbreitet. Er muss fühlen, wie ich von einem warmen Schauer nach dem anderen geschüttelt werde; ich bin froh darüber, dass er es nicht anspricht. Aber er reizt diese fremdartigen Gefühle in mir bis zum Äußersten aus, indem er mit dem Daumen knapp unter meiner Unterlippe entlangstreicht. Meine Lippen prickeln verlangend, während sein Blick jede Bewegung seines Daumens verfolgt. Ich könnte schwören, dass ich ihn wie ein Echo seiner Berührung spüre und er die empfindliche Stelle erneut in Brand setzt.

Ich bin beinahe enttäuscht, als seine Hand ein Stück nach hinten wandert. Sanft streifen seine Finger über mein Ohr, ehe sie mit geschickten Griffen mein hochgestecktes Haar lösen, das sich bis zur Mitte meines Rückens ergießt.

Mit einem versonnenen Lächeln wickelt Varyan sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger. »Ich liebe diese Farbe.«

»Als ich jünger war«, murmele ich, ohne darüber nachzudenken, »war es richtig rot. Jetzt ist es bloß noch … rostrot.«

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Was rede ich denn da? Wieso rede ich überhaupt? Ich sollte froh darüber sein, dass mir jemand ein Kompliment macht; das kommt selten genug vor. Wann habe ich zuletzt ein Kompliment für etwas erhalten, das nicht meinem Können im Kampf galt?

Während ich immer weiter in wirren Gedanken versinke, streicht Varyan ein weiteres Mal mit dem Daumen an meiner Unterlippe entlang, bis ich sie aus dem Klammergriff meiner Zähne entlasse und mich wieder auf ihn konzentriere. Mit den Fingern der anderen Hand drückt er gegen die Wirbel meines unteren Rückens – dort, wo ich nach einem harten Training manchmal Probleme habe – und entlockt mir damit ein heiseres Stöhnen. Es ist, als wüsste er genau, wie viel Druck er wo einsetzen muss. Als kenne er meinen Körper und dessen Eigenheiten und Vorlieben besser als ich selbst.

Vielleicht ist das der Fall.

Ich wölbe den Rücken unter seinen gekonnten Berührungen und presse mich so fest gegen seine harte Brust, dass ich unmöglich sagen kann, wo er aufhört und ich beginne. Dennoch ist es nicht nah genug. Eine beinahe vergessene Sehnsucht nach mehr verzehrt mich innerlich, doch ich bin außerstande, sie in Worte zu packen.

»Während der letzten Woche habe ich mir oft vorgestellt, wie es sein könnte«, raunt er, ohne die Bewegung seiner Finger zu unterbrechen. »Ich habe darüber nachgedacht, wie dein Haar im Kerzenschein aussehen würde, doch auf diese Farbe – den Mittelpunkt einer Flamme – wäre ich nie gekommen.«

Bedächtig zupft er am Saum meines Hemdes, damit er die Finger darunterschieben und weiter meinen unteren Rücken liebkosen kann. In dem Moment, als seine Finger auf meine nackte Haut treffen, gebe ich wieder ein Stöhnen von mir, und auch Varyan entfleucht ein Laut, der mich jedes Mal aufs Neue in seinen Bann schlägt. Dachte ich schon, seine Berührung an meiner Wange wäre das Beste, was ich seit sehr langer Zeit gespürt habe, muss ich dies nun revidieren.

»Ich habe mir ausgemalt, wie sich dein Körper unter meinen Händen anfühlt«, raunt er. »Aber die Wirklichkeit ist um einiges besser.«

Etwas Ähnliches haben wir zueinander gesagt, als wir uns in der letzten Vollmondnacht gegenüberstanden und uns zum ersten Mal sahen. Und ich kann ihm auch jetzt nur aus tiefstem Herzen zustimmen.

Varyan lehnt sich ein Stück vor, sodass seine Nasenspitze hauchzart an meinem Hals entlangstreicht. Sofort neige ich den Kopf, um ihm besseren Zugang zu gewähren, und schließe genüsslich die Augen.

»Ich weiß endlich, wie du aussiehst, dich anfühlst und riechst«, sagt er rau. »Von diesem Wissen werde ich zehren, wenn wir uns nicht mehr gegenüberstehen. Es wird mir helfen, alles, was kommen mag, zu ertragen.«

Mein Hals wird eng bei seinen Worten, denn trotz meines benebelten Geistes verstehe ich, worauf er anspielt: auf die Zeit, nachdem ich das Schwert zurück zum See gebracht habe. Die Zeit, in der er wieder der Sklave der Seehexe ist und all ihre Gelüste über sich ergehen lassen muss.

»Es tut mir leid«, wispere ich.

Varyan streichelt mir über die Wange und schenkt mir ein ehrliches Lächeln. »Das muss es nicht, Mira. Du hast so viel mehr für mich getan, als du ahnst. Dafür bin ich dir zutiefst dankbar.«

Der traurige Unterton in seinen Worten versetzt mir einen Stich.

Ich kralle die Hände vorn in sein Hemd; sein Herz schlägt fest gegen meine Finger. »Wenn wir in Valencia waren und Garreth seine Schicksalsgebundene überzeugen konnte, werde ich einen Weg finden, dir zu helfen.«

Varyan verzieht keine Miene, während er mich betrachtet. Ich wünschte, ich wüsste, was in ihm vorgeht, doch ich kann ihn unmöglich durchschauen.

»Ich habe in den letzten Wochen viel über dich gelernt«, murmelt er. »Unter anderem, dass dir Versprechen heilig sind und du nie dein Wort brechen würdest.«

»Das hat sich nicht geändert«, beteuere ich.

Sanft streicht er mir eine Haarsträhne aus der Stirn und lässt seine Hand anschließend an meiner Wange ruhen. »Dann verbiete ich dir den Versuch, mir zu helfen.«

Ich blinzele. »Was?«

Federleicht streichelt er mit dem Daumen über meine Wange. »Die Seehexe wird mich nicht gehen lassen, egal, was du ihr anbietest. Ich will nicht, dass du meinetwegen …« Er schluckt angestrengt. »Sorge dich nicht um mich. Ich existiere bereits sehr lange auf diese Weise. Ich werde es weiterhin schaffen. Dank dir erinnere ich mich wieder daran, wie es sich anfühlt, liebevoll berührt zu werden.«

Ich umschließe sein Gesicht mit beiden Händen, woraufhin er seine Stirn gegen meine lehnt.

»Eine Erinnerung«, flüstere ich, »ist nicht genug. Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, aber ich werde es auf jeden Fall versuchen. Das schwöre ich. Ich werde dich nicht ohne Kampf diesem Miststück überlassen.«

Er stößt den Atem aus. »Tust du mir einen Gefallen?«

»Jeden.«

»Lass uns kein Wort mehr über sie verlieren. Nicht heute Nacht, wo ich ihr entkommen bin und bei dir sein kann.«

»Einverstanden«, wispere ich kaum hörbar, weil meine Stimme versagt.

Eine Weile bleiben wir eng umschlungen stehen und genießen die Nähe des anderen. Ich hätte ewig damit weitermachen können.

»Tust du mir noch einen Gefallen?«, fragt Varyan.

Ich schmunzele. »Ich habe doch eben schon gesagt, dass ich dir jeden …«

Weiter komme ich nicht. Fest, aber gleichzeitig zart presst er seine Lippen auf meine. Zweimal donnert mein Herz gegen meine Rippen, ehe ich mich von dem Schreck erhole.

Varyan scheint mein Zögern falsch zu deuten, denn er weicht zurück. »Entschuldige, ich wollte nicht …«

Ich verschränke die Hände in seinem Nacken und ziehe ihn wieder zu mir herunter. Diesmal ist er derjenige, der erstarrt, und ich diejenige, die endlich diesen Kuss genießen kann. Doch Varyan schafft es schneller, sich aus seiner Starre zu befreien – oder ich besitze kein Zeitgefühl mehr.

Alles, was nicht mit uns zu tun hat, rückt in den Hintergrund, so weit, dass ich es nicht mehr wahrnehme.

Da ist nur noch er. Der Druck seiner Lippen auf meinen. Sein fester Körper, der sich gegen meinen drängt. Seine starken Arme, die mich fest umschlungen und aufrecht halten, weil meine verdammten Knie schon wieder zittern. Sein unvergleichlicher Duft und Geschmack.

Meine Sinne sind übervoll mit ihm und trotzdem genügt es mir nicht.

Varyan scheint es ähnlich zu gehen. Ich gebe ein leises Stöhnen von mir, das in seinen Mund überspringt, als er eine Hand an meinen Po legt und mich anhebt, damit ich nicht mehr auf Zehenspitzen stehen muss. Sofort schlinge ich beide Beine um seine Mitte, womit ich ihm einen Laut entlocke, der in mir ein solch verzehrendes Feuer entfacht, dass helle Punkte vor meinen geschlossenen Augen tanzen. Ohne den Kuss für eine Sekunde zu unterbrechen, trägt er mich hinüber zu dem kleinen Tisch in der Ecke des Gasthauszimmers und lässt mich hinab.

Beide Hände neben mir auf die Tischplatte gestemmt, ragt er über mir auf, seine Lippen noch immer mit meinen verschmolzen. Ich wünschte, sie könnten es für alle Zeit bleiben, während ich mich zwischen seinen Armen sicher und geborgen fühle.

Und begehrt. So begehrt.

Ich begehre ihn ebenfalls. Sobald die Sonne aufgegangen ist, werde ich mich für dieses heiße Verlangen, das in mir schwelt, verdammen. Ich werde nicht wissen, wie ich mit ihm reden soll, nachdem er mich mit Küssen gezeichnet und meine Haut überall versengt hat.

Dennoch würde ich in diesem Moment jeden Gott auf Knien anflehen und ihm alles geben, was er verlangt, wenn er Varyan nur bei mir bleiben lässt.

Meine Hände entwickeln ein Eigenleben. Gierig zerren sie Varyans Hemd aus seiner Hose, um über die feste Haut seines Bauches streichen zu können. Er stöhnt in meinen Mund; ein Schauer schüttelt ihn, als ich sanft, aber bestimmt mit den Fingernägeln über die Erhebungen seiner Bauchmuskeln fahre.

Varyan löst sich von mir. Für eine schrecklich lange Sekunde befürchte ich, zu weit gegangen zu sein oder etwas falsch gemacht zu haben. Es wäre nicht das erste Mal. Meine Erfahrung mit Männern ist … Hastig verdränge ich den Gedanken an den einzigen anderen Mann, mit dem ich je intim war. Er hat hier nichts zu suchen. Nicht heute Nacht.

Ehe ich mich bei Varyan für meine Forschheit entschuldigen kann, greift er sich mit einer Hand in den Nacken und entledigt sich seines Hemdes mit einer fließenden Bewegung.

Mein Mund wird mit einem Schlag staubtrocken, als ich seinen wunderschönen, wohlgeformten Oberkörper im spärlichen Licht betrachte. Der flackernde Kerzenschein zaubert Schatten auf seinen Bauch und seine Brust, und meine Finger kribbeln vor Verlangen, sie zu erkunden.

Als ich die Hand nach ihm ausstrecke, hält Varyan mich jedoch zurück.

»Ich fände es äußerst unfair, wenn ich hier allein frieren muss«, lässt er mich raunend wissen.

Ich schmunzele. »Unfair?«

Er nickt mit ernster Miene. »Allerdings. Wobei …« Ein süffisantes Lächeln zeichnet sich auf seinen Lippen ab. »Deinem Blick nach zu urteilen, gefällt dir, was du siehst. Du darfst mich gern weiterhin anschmachten.«

Ich verdrehe die Augen, während ich ein Lachen unterdrücken muss. »Du bist ein eingebildeter Mistkerl, weißt du das?«

Er zuckt mit den Schultern. »Das hast du mir bereits mehrfach mitgeteilt. Aber du magst mich trotzdem.«

Ja, denke ich. Vielleicht ein bisschen zu sehr. Ich bin heilfroh, dass er gerade nicht in meinem Kopf ist und meine Gedanken brühwarm belauschen kann.

»Also.« Wieder dieses Raunen, das alles in mir völlig verrücktspielen lässt. »Wie lange wollen wir noch so tun, als würden uns Neckereien und Fantasien genügen?«

Um mich von meinen wirren Gefühlen abzulenken, ziehe ich mir mein Hemd ebenfalls über den Kopf und werfe es achtlos zu Boden.

Varyans Blick verschlingt mich regelrecht. Jeder Zentimeter Haut, den er betrachtet, kribbelt, als hätte er ihn berührt. Es ist wie in der letzten Vollmondnacht am See, als er mich nackt gesehen hat. Auch da verspürte ich nicht den leisesten Anflug von Scham, sondern badete in seinen Blicken, unter denen ich mich schön und begehrenswert fühlte. Ein Zustand, den ich bis dahin nicht kannte. Selbst jetzt hätte ich nichts dagegen, für den Rest der Nacht auf diese Weise von ihm angesehen zu werden.

Als sein Blick jedoch zu meinen mit Bandagen umwickelten Brüsten wandert, verdreht er seufzend die Augen. »Ich hatte so gehofft, mich heute Nacht nicht mit diesen verdammten Bandagen herumschlagen zu müssen …«

Ich beiße mir auf die Unterlippe, um nicht laut loszuprusten und diesen wundervollen Moment zu zerstören. »Ich könnte dir verraten, wie du sie ganz einfach lösen kannst.«

Seine Augen leuchten verheißungsvoll im Kerzenschein. »Was müsste ich dafür tun?«

Ich neige den Kopf, als müsste ich angestrengt über diese Frage nachdenken. »Du könntest mir erzählen, wie es sich für dich anfühlt, wenn ich deine Ohren berühre.«

Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich diese neckische Leichtigkeit zwischen uns genieße. Selbst in dieser aufgeladenen Situation finden wir Möglichkeiten, den anderen zu necken. Wir brauchen das, sehnen uns danach. Es ist die Art, wie wir miteinander umgehen, und ich … liebe es. Doch es genügt nicht mehr. Nicht, wenn wir uns gegenüberstehen und uns spüren können.

Als Varyan sich wieder vorlehnt, lasse ich meine Hände über seinen Bauch gleiten und genieße das Zittern, das meine Berührung bei ihm auslöst. Ich täte alles dafür, um ihn damit all jene vergessen zu lassen, die wie ein Brandmal auf ihm lasten. Ob es ausreicht, vermag ich nicht zu sagen, aber heute Nacht werde ich mein Möglichstes tun.

Er gibt ein Summen von sich, als müsste er meinen Vorschlag abwägen. »Wie soll ich dir das am besten erklären?«

Seine Mundwinkel heben sich zu einem schiefen Grinsen, ehe er sich weiter vorlehnt. Ein Kribbeln nach dem anderen jagt durch meinen Körper, als er mir ins Ohr haucht. Das Kribbeln wird zu einem verzehrenden Brennen, als er sanft in mein Ohr beißt, nur um einen Augenblick später darüberzulecken. Ich gebe ein Keuchen von mir, während ich vom Scheitel bis zur Sohle in Flammen zu stehen scheine. Die Muskeln in meinen Beinen zittern.

»So in etwa fühlt es sich an«, raunt er.

Jede Zurückhaltung, die noch irgendwo in mir existierte, wird zu einem Häufchen Asche verbrannt. Jeder logische Gedanke löst sich auf. Ich bestehe bloß noch aus verzehrendem Verlangen, das ich nicht in Worte fassen kann.

Doch das muss ich nicht. Es genügt, dass wir uns ansehen, um zu wissen, was im jeweils anderen vorgeht.

Das schelmische Blitzen verschwindet aus Varyans Augen und macht einem Hunger Platz, der meinem gleicht. Mein Blick gleitet hinab zu seinen Lippen. Ob ein weiterer Kuss das Brennen in mir lindern oder noch weiter anfachen wird? Ich kenne die Antwort darauf nicht, aber ich überstehe keine Sekunde, in der ich es nicht herausfinde. Varyan scheint es ähnlich zu ergehen, denn er neigt den Kopf zu mir herab.

Ehe sein Mund erneut meinen findet, verkrampft sich sein Körper. Mit einem unterdrückten Aufschrei krümmt Varyan sich zusammen.

Sofort gleite ich vom Tisch und schlinge beide Arme um ihn, um ihn zu stützen. »Was ist los?«

Der Schreck lässt meine Stimme hektisch klingen. Meine Hände tasten ihn ab, suchen nach einer Erklärung für die Schmerzen, die ihn plötzlich heimsuchen, finden aber nichts.

Die Augen fest zusammengekniffen, wispert er: »Es tut mir leid. Ich wünschte, wir …«

Er bricht ab und bäumt sich auf. Der Schreck wandelt sich in Panik, während ich verzweifelt seinen Namen rufe.

Im nächsten Moment ist Varyan verschwunden und ich halte Garreth in den Armen.

KAPITEL 2

Delmira

ZWEITE VOLLMONDNACHT

Ich zittere am ganzen Körper. Jedoch nicht mehr vor Begehren oder Erregung; diese beiden Empfindungen sind schlagartig verpufft, als ich mit ansehen musste, wie sich Varyans Antlitz zu Garreths wandelte.

Es sah … qualvoll aus. Anders als bei Varyan und mir, wenn ich ihm die Kontrolle überlasse. Zwischen uns verläuft es ähnlich schnell, aber es geht ohne Schmerzen vonstatten.

Ein hektischer Blick aus dem Fenster liefert mir den Grund für Varyans plötzliches Verschwinden: Eine dunkle Wolke hat sich vor den Vollmond geschoben und schirmt sein Licht nahezu komplett ab. Und sie ist nicht allein; den gesamten Himmel verdecken schwere Gewitterwolken.

Die Götter haben sich wahrhaftig gegen uns verschworen.

Doch das ist jetzt nicht wichtig. Mit ängstlich klopfendem Herzen prüfe ich Garreths Atmung und lege ihm eine Hand auf die Stirn. Das dunkelblonde Haar klebt ihm verschwitzt an den Schläfen. Den Mund hat er zu einem schmalen Strich zusammengepresst und seine Haut wirkt sogar im Kerzenlicht fahl und kränklich. Dennoch scheint er wohlauf zu sein, zumindest äußerlich.

Natürlich habe ich aufgrund der Kleidung angenommen, dass Varyans Astralgestalt in Garreths Körper steckte. Vor ein paar Tagen hätte ich nicht dagegen protestiert, schließlich übernimmt Varyan auch oft genug die Kontrolle über meinen Körper. Aber nachdem er mir erzählt hat, was mit den Männern geschah, die die Seehexe während der Vollmondnächte auswählte, um Varyans Astralgestalt gewaltsam in sie zu zwingen …

Ich stoße den Atem aus. Hätte ich davon gewusst, hätte ich es den beiden ausgeredet! Es war viel zu gefährlich. Wahrscheinlich können wir froh sein, dass Garreth noch am Leben ist. Wenn ich mir vorstelle, dass er dieses Risiko meinetwegen auf sich genommen hat, wird mein Hals ganz eng. Er wusste doch von dem Risiko, oder?

Garreth gibt ein unterdrücktes Keuchen von sich, als er halb zu sich kommt. Seine Augen sind noch geschlossen.

»Mira«, murmelt er.

Ich greife nach seiner Hand, während ich ihn mit dem anderen Arm stütze. »Ich bin hier.«

»Caligram … Es ist an einem See in der Nähe. Du musst … es holen, bevor …«

»Ich kann dich jetzt nicht allein lassen«, sage ich bestimmt.

Er verzieht den Mund. »Mir geht es blendend. Nur etwas … kalt.«

Vorsichtig lasse ich ihn auf den Holzboden nieder und greife nach dem Hemd, das sich Varyan … Garreth … ausgezogen hat. Nachdem ich ihm umständlich hineingeholfen und ihn hinüber zu meinem Bett gebracht habe, ziehe ich mich ebenfalls wieder an.

Heilige Götter, wie konnte diese Nacht nur dermaßen aus dem Ruder laufen? Es ist doch sonst nicht meine Art …

Hastig verdränge ich die Gedanken, die sofort wieder zu Varyan, seinem intensiven Blick und seiner Stimme abdriften. Später ist noch genug Zeit, mich mit Vorwürfen zu quälen, doch zunächst muss ich Caligram finden.

»Ich bin gleich wieder da«, versichere ich Garreth.

Es dauert eine Weile, bis ich den See gefunden habe, von dem Garreth sprach. Ganz Valencia ist durchzogen von kleineren Bachläufen, die mitunter in Seen münden.

Doch Garreth ist nicht dumm. Er würde Caligram, das nach seiner Restauration nun auch für einen Außenstehenden wie ein wertvolles Schwert aussieht, nicht einfach irgendwo ungeschützt herumliegen lassen. Deshalb schlage ich den Weg zu dem Wald in der Nähe ein, in dem wir bereits unsere Hainschreiter versteckt haben. Die majestätischen hirschartigen Wesen sind eine Leihgabe der Hexe Karli. Dank der Geschwindigkeit der Tiere war es uns möglich, den weiten Weg hierher innerhalb kürzester Zeit zurückzulegen.

Meine Intuition hat mich nicht getäuscht: Einer unserer Schreiter trinkt gerade aus dem See, an dessen Ufer, halb versteckt unter Farnen, Caligram ruht. Garreth hat nichts dem Zufall überlassen und das Schwert so positioniert, dass der im Wasser gespiegelte Vollmond die ganze Nacht über auf die Klinge getroffen wäre – hätte das Wetter mitgespielt.

Ich werfe einen bitterbösen Blick gen Himmel, wo sich noch immer kein Vollmond zeigt, ehe ich hinüber zu Caligram gehe. Bei jedem Schritt denke ich darüber nach, was ich zu Varyan sagen soll, sobald er wieder in meinem Kopf ist. Wie soll ich nach vorhin mit ihm umgehen? Meine Lippen prickeln noch jetzt von seinem Kuss, als hätten sich seine Lippen unwiederbringlich in meine eingebrannt.

Unwiederbringlich. Ich werde die letzten Stunden wohl nie vergessen, auch wenn ich es sollte. Ich habe einen Mann geküsst, der nicht mein Schicksalsgebundener ist. Und ich habe jede Sekunde davon genossen. Ich wollte sogar mehr, als ihn bloß zu küssen. Viel mehr. Ich habe einen Mann begehrt, der nicht von den Göttern für mich ausgewählt wurde. Dadurch habe ich das oberste Glaubensgesetz gebrochen. Was die Götter davon halten, haben sie mit den schweren Gewitterwolken eindrucksvoll klargemacht.

Ich dachte, dass ich davor gefeit sei. Dass ich niemals fallen könnte, wo ich doch den Willen der Götter akzeptiert und meinen Schicksalsgebundenen bereits gefunden habe.

Aber ich bin nicht gefeit. Ich bin gefallen. Zwar stehe ich mit beiden Füßen fest auf dem Waldboden, dennoch habe ich das Gefühl, tiefer und tiefer zu stürzen. Ich wurde zu dem, auf das ich früher hochmütig herabgesehen habe.

Ich bin eine Ketzerin.

Ich schlinge beide Arme um mich und starre Caligram an. Obwohl das Schwert nur gute zwei Meter von mir entfernt am Ufer des Sees liegt, wage ich nicht, hinzugehen und es an mich zu nehmen.

Beinahe kann ich das höhnische Lachen der anderen Knappen und Bediensteten der Burg um mich herum hören. Es ist, als stünde ich wieder auf dem Podest und müsste mich an dem hölzernen Pfahl festhalten, der mir seine Splitter in die Handflächen treibt, während ich auf meine Bestrafung warte.

Doch diesmal werde ich nicht mit ein paar Gertenhieben davonkommen. Einen anderen Partner als den zu begehren, den die Götter für einen ausgesucht haben, erschüttert die Grundpfeiler unseres Glaubens. Sein Begehren in die Tat umzusetzen, steht als Vergehen knapp unter Mord und Ketzerei. Ich musste noch nie einer Bestrafung für ein solches oder höheres Vergehen beiwohnen, aber ich bin mir sicher, dass die Priester nicht gerade zimperlich mit solchen Abtrünnigen umgehen, wie ich eine bin.

Aber die Angst vor meiner Bestrafung ist nicht das Schlimmste. Sosehr ich auch danach suche, ist da kein Funken Reue in mir. Sogar jetzt nicht, wo Varyans Berührungen mir nicht länger den Verstand rauben und seine Küsse mich nicht mehr in Ekstase versetzen, bereue ich keine Sekunde, die ich mit ihm verbracht habe, sondern verfluche die Götter für ihre verdammten Gewitterwolken.

Der vernünftige Teil in mir versucht krampfhaft, meinen Überlebenswillen nach außen zu kehren und mir eine gesunde Portion Todesangst einzupflanzen, scheitert jedoch. Wozu auch? Außer mir weiß niemand davon. Varyan kann lediglich mit mir kommunizieren, und ich werde nicht so dumm sein und mich selbst an die Priester verraten, um von ihnen auf einem Scheiterhaufen angebunden zu werden.

Oder welche Bestrafung sie sich auch immer für Ketzer meines Kalibers vorbehalten.

Ich zwinge mich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Nur ich weiß, was geschehen ist. Es gibt keinen Grund, in Panik zu geraten. Trotzdem will diese innere Unruhe nicht völlig verschwinden. Vielleicht ist es wegen Garreth. Ich fühle mich schrecklich bei dem Gedanken, dass ich ihn in dieses ganze Schlamassel hineingezogen habe … Was, wenn er wegen meiner Ketzerei nun jede Hoffnung auf seine Prinzessin verliert? Das könnte ich mir nie verzeihen. Mein eigenes Leben ist eine Sache, aber ich will nicht das Elend anderer verschulden. Wenn ich mich selbst ins Unglück stürze, weil ich gegen die Gebote des Glaubens verstoße, muss ich damit zurechtkommen, aber es ist meine Pflicht, Unschuldige zu beschützen. Das habe ich geschworen, als ich die Ritterwürde empfangen habe.

Na gut, ich habe auch geschworen, die Gesetze der Götter zu achten, doch der Schutz Unschuldiger kommt mir … wichtiger vor.

Wahrscheinlich sollte jemand wie ich nicht einmal über die Relevanz göttlicher Gesetze nachdenken, nachdem ich sie noch vor wenigen Minuten mit Füßen getreten habe …

Ich verstärke den Druck meiner Arme, die ich noch immer um mich geschlungen habe, als müsste ich mich selbst festhalten. Bis wir in der Hauptstadt Valencias sind und Prinzessin Ragna das Schwert präsentiert haben, darf ich mir keine weiteren Fehltritte leisten! Danach kann ich in Selbstmitleid versinken und mich verdammen, aber bis ich Garreths Auftrag ausgeführt habe und er seine Schicksalsgebundene für sich gewonnen hat, muss ich Haltung bewahren!

Varyan gegenüber wird mir das jedoch nicht gelingen. Ihm kann ich nichts vormachen. Und spätestens seit vorhin sind wir über den Punkt hinaus, wo wir uns gegenseitig belügen.

Nachdem ich einen letzten Blick in den Nachthimmel geworfen habe und zu dem Schluss gelangt bin, dass die Wolken sich für den Rest der Nacht nicht verziehen werden und Varyan daher nicht mehr Caligram entsteigen kann, nähere ich mich dem Schwert, gehe neben ihm in die Hocke und lege zwei Finger an den kühlen Stahl. Sofort spüre ich Varyans Anwesenheit in meinem Kopf, gefolgt von seinem erleichterten Seufzen.

›Ich wusste nicht, ob du kommst‹, murmelt er.

Meine Anspannung verflüchtigt sich beim Klang seiner Stimme. Ich höre nicht länger das höhnische Lachen der anderen, die nur darauf gewartet haben, mich fallen zu sehen. Einzig die Sorge um Garreth verbleibt in mir.

›Hätte ich das nicht tun sollen?‹

Er zögert mit einer Antwort. ›Ich war mir nicht sicher, ob du nicht zuerst Garreth den Kopf abreißt und dann bei mir weitermachst.‹

›Ich hätte nicht wenig Lust dazu‹, gebe ich zu. ›Die ganze Sache war verdammt gefährlich!‹

›Es war nicht … wie bei den Männern am See. Garreth stand unter keinem Zauber. Sein Bewusstsein machte mir freiwillig Platz. Dennoch war es … nicht wie zwischen uns beiden. Trotz allem war mein Geist ein Eindringling in Garreths Körper. Aber ich würde es wieder tun, wenn ich dadurch die Gelegenheit bekäme, von dir berührt zu werden.‹

Die Sorgen, die mich eben noch plagten, lösen sich bei seinen vorsichtigen Worten gänzlich in Luft auf. Später, wenn ich allein mit meinen Gedanken bin, werden sie wieder über mich hereinbrechen, das ist mir klar, aber für den Moment scheinen sie ganz weit fort zu sein. Wenn Varyan bei mir ist, fühle ich mich nicht wie eine Ketzerin. Genauso wenig wie ich mich wie eine fühlte, als ich ihn küsste und über seine Haut streichelte. Ich wünschte, ich könnte es wieder tun. Gleich jetzt sofort.

Nicht einmal die Aussicht auf Enthauptung, Verbrennung oder was auch immer jemandem wie mir blüht, könnte mich davon abhalten, stünde er jetzt vor mir.

Ich seufze. ›Mir ist wirklich nicht mehr zu helfen.‹

Das sagte ich bereits im Herzholzhain zu Garreth, obwohl ich da noch nicht das ganze Ausmaß meiner Hilflosigkeit begriff. Das tue ich auch jetzt noch nicht, aber es ist schlimmer als zuvor. Denn nun habe ich eine Kostprobe dessen bekommen, was ich niemals haben kann.

›Mir ebenfalls nicht‹, meint Varyan seufzend. ›Wie geht es Garreth?‹

›Er war bei Bewusstsein, schien aber Schmerzen zu haben. Ich hoffe, dass wir dennoch morgen früh weiterreiten können.‹

›Ich wollte dir keine Schwierigkeiten bereiten.‹

Ich gebe ein Schnauben von mir. ›Für deine Verhältnisse entschuldigst du dich in den letzten Stunden ziemlich oft.‹

›Könnte daran liegen, dass ich alles bloß noch schlimmer gemacht habe …‹

›Das hast du nicht‹, versichere ich ihm sanft. ›Garreth kommt wieder auf die Beine. Zur Not verlieren wir eben einen Tag. Aber für nichts davon würde ich auf die letzten Stunden verzichten wollen.‹

›Ich ebenfalls nicht‹, gibt er zu. ›Als Garreth mir im Herzholzhain dieses Angebot machte, habe ich es zunächst abgelehnt. Das Risiko war viel zu groß. Ich mag nicht viel von ihm halten, aber dir ist dieser liebestolle Heiler wichtig. Und ich will niemanden, der dir wichtig ist, in Gefahr bringen.‹

Sein Geständnis besänftigt die Sorge um Garreth ein wenig. Sobald es ihm besser geht, werde ich mich bei ihm bedanken. Und ich muss alles daransetzen, dass er die Liebe seiner Prinzessin erringt. Das ist das Mindeste, was ich für ihn tun kann, nachdem er dieses Risiko für mich eingegangen ist.

›Nicht, dass ich mich beschweren will, aber was hat dich dazu bewogen, deine Meinung zu ändern?‹

›Du, Mira. Als du sagtest, dass ich dir ebenfalls wichtig sei, konnte ich nicht anders.‹

›Und trotzdem sind wir keine Freunde‹, sinniere ich.

›Nein, sind wir nicht‹, stimmt Varyan zu.

Was wir sind, sagt jedoch keiner von uns. Ich fürchte mich davor, nach der richtigen Bezeichnung zu suchen, denn sie würde mich brandmarken und mich in eine Leere stürzen, aus der ich vermutlich nie allein herausfinde.

Denn egal, was wir sind, welchen Namen wir unserer Verbindung auch immer geben …

… wir können nie zusammen sein.

KAPITEL 3

Delmira

NOCH ETWA VIER WOCHEN BIS ZUM DRITTEN VOLLMOND

Als ich gestern Nacht zurück in die Herberge kam, war Garreth völlig bei Bewusstsein. Das beruhigte mich ein wenig, dennoch ließ ich ihn nicht aus den Augen und überwachte seinen anschließenden Schlaf, während meine rechte Hand auf Caligram ruhte.

Varyan und ich redeten die Nacht über kaum, sondern verfluchten stumm die Götter dafür, dass sie ausgerechnet jetzt dicke Regenwolken schicken mussten. Andererseits war es vielleicht besser so …

Wann immer sich dieser Gedanke in meinen Kopf schlich, versuchte ich, ihn zu verscheuchen, doch er kam stets wieder. Ich schämte mich nicht für das, was ich getan hatte oder noch tun wollte. Sondern dafür, dass meine selbstsüchtigen Wünsche Garreth in Gefahr gebracht haben.

Zum Glück merke ich ihm auch heute Morgen beim Frühstück nichts von den Strapazen an, die sein Körper und sein Geist letzte Nacht für Varyan und mich durchstehen mussten, was mein schlechtes Gewissen ein wenig besänftigt.

»Was denkst du, wie lange wir noch bis zur Hauptstadt brauchen?«, fragt er zwischen zwei Bissen.

Ich winde mich unwohl auf dem unbequemen Holzstuhl. Die ganze Zeit über suche ich nach den richtigen Worten, um mich bei ihm zu bedanken, ohne dabei meine frevelhaften Gedanken zu offenbaren. Was Garreth getan hat, geht weit über einen Freundschaftsdienst hinaus. Er hat sich wissentlich in Gefahr gebracht, denn Varyan hat ihm klargemacht, dass es riskant sein könnte. Doch davon ließ Garreth sich nicht abschrecken.

Mit seinem Mut hat er mir das größte Geschenk gemacht – und mich gleichzeitig verdammt.

Selbst beim Frühstück kann ich kaum an etwas anderes als Varyan denken. An das Gefühl seiner Haut unter meinen Fingern. Die Leichtigkeit, mit der er mich hochgehoben hat. An den unnachgiebigen, aber nicht minder sanften Druck seiner Lippen auf meinen. Das Vibrieren seiner Brust unter meinen Händen, wann immer er ein Raunen, Seufzen oder Stöhnen ausgestoßen hat. Und nicht zuletzt die unvergesslichen Farben seiner Augen.

Garreth hat mir all diese Erinnerungen ermöglicht. Ich wünschte, ich könnte mich dafür erkenntlich zeigen; bereits jetzt, nicht erst, wenn wir in der Hauptstadt sind. Ein simples Danke erscheint mir nicht genug, aber um unser aller willen werde ich nicht die Einzelheiten der letzten Nacht zur Sprache bringen. Garreth kann sich an nichts erinnern, was passiert ist, als Varyan die Kontrolle über seinen Körper übernommen hat. Und dabei sollte es bleiben, falls ich doch … ins Visier der Priester geraten sollte. So bleibt wenigstens Garreth von einer Strafe verschont.

Hoffe ich zumindest.

Ich schätze Garreth als meinen ersten und einzigen Freund und werde auf ewig in seiner Schuld stehen. Doch seine Seele ist zu rein und unschuldig, als dass ich ihn mit meinen sündhaften Wünschen belasten könnte. Je weniger er davon ahnt, desto besser.

Also begnüge ich mich damit, auf seine Frage zu antworten, und danke ihm im Stillen. »Bis zur Hauptstadt brauchen wir mit den Hainschreitern höchstens einen halben Tag. Aber ich würde ungern mit diesen Reittieren durch die Stadtmauern traben.«

Garreth nickt. »Wir sollten so wenig Aufmerksamkeit auf uns lenken wie möglich, bis wir im Schloss sind und eine Audienz bei Prinzessin Ragna haben.«

Ich murmele eine Zustimmung. Direkt nachdem ich Caligram aus dem Stein ziehen konnte, bin ich bereits zu dem Schluss gekommen, dass uns kurz vor dem Ziel die größte Gefahr drohen wird. Die Kunde, dass jemand das Schwert an sich nehmen konnte, hat sich innerhalb der letzten zwei Monate bestimmt in nahezu allen Reichen verbreitet, und jeder mit ein wenig Grips wird ahnen, dass wir auf dem Weg zu der einzigen Prinzessin sind, die nur jenen zum Ehemann nehmen wird, der ihr das magische Schwert Caligram bringt. Ich habe also nichts dagegen, wenn wir so schnell und unauffällig wie möglich unser Vorhaben abschließen. Zumal ich Varyan versprochen habe, nach einem Weg zu suchen, ihm zu helfen. Darum werde ich mich sofort kümmern, sobald Garreth mit seiner Prinzessin verlobt ist.

Gleich nach dem Frühstück brechen wir auf.

Valencia ist das südlichste der vier Reiche. Anders als Lerthau, dessen dichte Wälder uns das Fortkommen erschwert haben, ist es nahezu unbewaldet und flach. Ständig liegt der Geruch nach Salz, Meer und Fisch in der Luft, und er wird stärker, je weiter wir nach Süden reiten. Dabei passieren wir mehrere Dörfer, die an Seen oder Bachläufen errichtet wurden. Die niedrigen Hütten aus weißem Kalkstein verströmen keinen Hauch von Armut oder Hunger – ein Anblick, den ich aus meiner Heimat Bellvor nicht gewohnt bin. Selbst in den Ländereien meines Lehnsherrn, die zu den wohlhabendsten unseres Reiches zählen, waren Hunger und Krankheit an der Tagesordnung. Kinder wurden zum Betteln vor die Burgmauern geschickt, während die Eltern dem kargen Boden eine Ernte abrangen, um all die hungrigen Mäuler zu stopfen. Es gelang ihnen nicht immer, und auch mein Lehnsherr sah sich nicht in der Lage, all seinen Untertanen zu helfen.

Die Bewohner der valencianischen Dörfer scheinen zwar nicht sehr wohlhabend zu sein, aber sie alle sind gut genährt – Jung und Alt.

Auch Lerthau, das Reich, in dem Varyan einst geboren wurde und in dem ich Caligram aus dem Stein zog, war – im Vergleich zu Bellvor – ein Land des Überflusses.

Ich wünschte, einem anderen Eroberer nach Varyan wäre das Unmögliche geglückt und er hätte zumindest drei der Reiche vereint; Krom, das nördlichste Reich, würde ohnehin kaum jemand betreten und es hätte nichts zu einer Gemeinschaft beizutragen.

Zwar gibt es auch jetzt Handel zwischen den verschiedenen Reichen und Völkern, doch er ist wegen des Roten Todes, jener Seuche, der auch meine Eltern zum Opfer gefallen sind, schwierig geworden. Die Grenzen werden streng bewacht, was den Austausch von Waren nicht nur zeitraubend, sondern auch teurer gemacht hat. Ich habe selbst mehrmals erlebt, welche Summen Garreth den Wachen an der Grenze zahlen musste, damit sie uns passieren lassen, obwohl er als versierter Heiler der Familie Eslinger über einen Pass verfügt, der ihm freies Reisen ermöglichen sollte. Durch diesen Aufwand und die Kosten sind Waren aus einem anderen Reich so unerschwinglich, dass nur die Reichen sie sich leisten können. Ohne einen ständig schwelenden Konflikt oder den verdammten Roten Tod gäbe es sicher einen blühenden Handel, von dem alle profitieren könnten. Es müsste keinen Hunger mehr geben, da die Länder, in denen der Boden fruchtbar und das Meer übervoll von Fisch ist, die anderen Länder unterstützen könnten.

Doch das ist nichts weiter als der Wunsch eines Mädchens, das während ihrer Knappenausbildung zu oft um den Rest des Abendbrots rangeln musste. Im Vergleich zu vielen anderen Kindern lebte ich in Saus und Braus; es gab nur wenige Abende, an denen ich hungrig zu Bett gehen musste.

›Du wärst eine bessere Eroberin gewesen, als ich einer war‹, lässt Varyan mich wissen, der wieder ungewollt meine Gedanken belauscht.

Anfangs habe ich es gehasst, dass er alles hörte, was ich dachte, wenn meine Hand auf Caligram ruhte. Doch irgendwann machte es mir nichts mehr aus. Auch jetzt genieße ich es, mich mit ihm zu unterhalten und ihm nicht erst groß und breit erklären zu müssen, warum mich etwas beschäftigt.

›Ich wäre eine lausige Eroberin gewesen‹, gebe ich zurück.

›Wie kommst du darauf?‹

›Es hätte mir nichts ausgemacht, auf einem Schlachtfeld gegen Soldaten zu kämpfen oder meine Truppen zu befehligen, aber ich hätte nie eine Waffe gegen die Bevölkerung erheben können. Aber du musstest das, nicht wahr?‹

Varyans Zögern ist eigentlich Antwort genug.

›Es gab Aufstände‹, sagt er. ›Gerade die reicheren Grundbesitzer lehnten es ab, sich einem Emporkömmling wie mir zu beugen. Sie wollten von dem Nutzen, den ein vereintes Reich ihnen brachte, nichts hören. Anfangs ignorierte ich sie. Es waren wenige Stimmen in einem Meer voller Zuspruch. Ich ließ sie einfach weiterreden in der Hoffnung, dass sie irgendwann von allein verstummten und erkannten, dass ein Reich für alle von Vorteil war.‹

›Was ist geschehen?‹, frage ich, als er schweigt.

›Es gab einen Vorfall, der mir im Gedächtnis geblieben ist. Der Lord über ein großes Stück Land in Bellvor stellte sich offen gegen mich und schickte seine Soldaten aus, um mich zu töten, als ich seine Grenze erreichte. Bauern, geblendet von den Lügen des Lords, schlossen sich ihnen an. Mir blieb nichts anderes übrig, als gegen sie zu kämpfen. Es war ein Gemetzel. Soldaten eines Landadligen und dessen Bauern hatten meinen geschulten Kämpfern nichts entgegenzusetzen. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, meine Männer zurückzurufen, doch dann hätte ich den Konflikt nur verschleppt. Beim nächsten Mal hätte sich der Lord bessere Soldaten besorgt, um mich zu Fall zu bringen.‹

›So wie Korven es getan hat‹, murmele ich.

Korven war einer meiner Knappenkameraden und durchlief mit mir die Laufbahn zum Ritter. Er gehörte jedoch zu den weniger talentierten und verließ unseren Lehnsherrn nach einem wenig erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung. Garreth und ich trafen am See in Lerthau auf ihn, als es mir gelang, Caligram aus dem Stein zu ziehen. Danach versuchte er zweimal, Caligrams habhaft zu werden. Zunächst heuerte er halb verhungerte Bauern an, die uns überfielen. Beim zweiten Mal nutzte er die Münzen, die ich den Bauern gab und die er ihren toten Fingern entriss, dazu, um sich Attentäter anzuheuern, die ich nur dank Varyans Hilfe besiegen konnte. Korven war zwar besiegt, dennoch zog er einen Dolch gegen mich. Ich musste ihn töten und obwohl mir keine andere Wahl blieb, verfolgt mich die Schuld bis heute. Selbst jetzt schlafe ich bloß gut, wenn Varyans sanfte, raue Stimme die Albträume von mir fernhält.

›Ja‹, sagt Varyan. ›Wie bei Korven.‹

›Waren es viele Bauern, die sich dem Lord anschlossen?‹

›Nahezu alle‹, gibt Varyan zu. ›Nach diesem Vorfall gab es in diesem Landstrich fast nur noch Witwen und Waisen.‹

Ich könnte sagen, dass die Bauern es besser hätten wissen sollen, als sich mit Mistgabeln oder dergleichen geschulten Soldaten entgegenzustellen. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es nicht einfach ist, das große Ganze zu sehen, wenn man nie weiter als eine halbe Tagesreise aus dem Ort herauskommt, in dem man geboren wurde. Zwar wurde ich nicht in der Burg meines Lehnsherrn geboren, sondern kam erst dorthin, nachdem er mich als einzige Überlebende des Roten Todes fand – ich war knapp sechs Jahre alt. Dennoch wurde diese Burg mein Zuhause. Der Mittelpunkt meines Lebens. Nie hätte ich mir vorstellen können, die anderen Reiche zu bereisen.

Mein Lehnsherr war wie ein Vater für mich, und ich wäre ihm bedingungslos gefolgt, wenn er es mir befohlen hätte.

Wie muss es dann erst einem Bauern ergehen, dessen Grund und Boden lediglich gepachtet ist, der somit seine gesamte Lebensgrundlage verlieren kann? Natürlich wird er seinem Lord geglaubt haben, dass ihnen das Heer, das plötzlich an der Grenze stand, feindlich gesinnt ist. Dass all diese fremden Männer und der Eroberer mit den spitzen Ohren aus einem Land, mit dem sie nie etwas zu tun hatten, nur kamen, um das Leben, das sie bisher kannten, aus den Angeln zu heben. Sie sahen nicht die Vorteile, die ihnen ein vereintes Reich bringen könnte, sondern nur die drohende Veränderung von allem, was ihnen etwas bedeutete.

›Du bist viel zu nachsichtig mit mir‹, sagt Varyan.

›Du hast diesen Kampf nicht gesucht‹, erwidere ich. ›Ich maße mir nicht an, zu glauben, dass ich eine große Kämpferin bin wie du, aber wir teilen dieselben Prinzipien. Wir hätten keine Ehre dabei empfunden, Gegner niederzumetzeln, die uns von vornherein unterlegen waren. Bestimmt würde ich schlechter von dir denken, wenn du dich an Schwächeren vergriffen hättest, aber das war nicht der Fall. Die Bauern stellten sich dir entgegen, obwohl sie es besser hätten wissen müssen.‹

Es ist, als spürte ich sein sanftes Streicheln in meinem Kopf. ›Habe ich dir schon gesagt, wie befreiend ich es finde, mit dir zu reden? Wie wundervoll es sich anfühlt, meine Sorgen mit dir teilen zu können, ohne Angst zu haben, dass du mich verurteilst?‹

Wir haben beide unsere schlimmsten Momente miteinander geteilt. Ich habe Varyan sogar meine Schuldgefühle anvertraut, die ich wegen des Todes meiner Eltern empfinde. Von dem Glauben, dass ich diejenige war, die nicht nur ein Versprechen gebrochen, sondern auch den Roten Tod in unsere Burgmauern geschleppt hat. Und Varyan ließ mich an seinen dunkelsten Momenten teilhaben: jene Vollmondnächte, die er am See mit der Hexe verbringen musste.

Wir konnten diese Erlebnisse nicht ungeschehen machen, aber wir waren für den anderen da und hörten zu. Zuhören und Verständnis zeigen sind oft die beste Heilung gegen die Dämonen, die ein jeder in seinem Herzen mit sich herumträgt.

Ich bewege die Finger über Caligram an meiner Seite und entlocke ihm damit ein leises Seufzen. ›Mir geht es ganz genauso.‹

Kurz nachdem die Sonne ihren Zenit überschritten hat, kommt die Hauptstadt Valencias in Sichtweite. Da das umliegende Land nahezu flach ist, sehen wir sie bereits aus einiger Entfernung; schätzungsweise werden wir mit unseren Hainschreitern noch eine halbe oder ganze Stunde brauchen, bis wir die Stadtmauern erreichen.

Garreth und ich einigen uns darauf, unsere Hainschreiter in einer der Ortschaften in der Nähe der Stadtmauern zurückzulassen und einen kurzen Fußmarsch in Kauf zu nehmen. Obwohl die Menschen Valencias nicht derart bedürftig sind wie in Bellvor, werden Garreths Münzen schon dafür sorgen, dass niemand zu viele Fragen über unsere ungewöhnlichen Reittiere stellt. Hoffe ich. An der Grenze konnten wir sie noch in den Wäldern verstecken, deren Ausläufer von Lerthau bis nach Valencia reichten, doch hier gibt es weit und breit keinen einzigen Baumstamm. Also bleibt uns nur die Möglichkeit, sie in einem Stall unterzubringen und sie so vor neugierigen Blicken zu schützen.

Wir finden tatsächlich einen Gasthof mit angrenzendem Stall, der groß genug für unsere Schreiter und deren nahezu kreisrundes Geweih ist. Der Stalljunge beäugt mit weit offenem Mund die beiden hirschartigen Wesen, doch der Gastwirt scheint weniger beeindruckt zu sein. Fast als hätte er bereits Hainschreiter gesehen. Ich frage ihn nicht danach, da mir nicht der Sinn nach der Lebensgeschichte eines Fremden steht.

Stattdessen wechsele ich in einer dunkleren Ecke des Stalls meine Schwerter. Normalerweise trage ich mein eigenes Schwert, das ich zur Feier meiner bestandenen Ausbildung von meinem Lehnsherrn erhalten habe, in der dazu passenden Scheide an meinem Gürtel. Caligram steckte bisher ohne Scheide an der anderen Seite, damit ich es jederzeit berühren kann. Da es aber nun restauriert wurde und selbst für jemanden, der keinen Schimmer hat, um welches Schwert es sich handelt, wertvoll aussieht, werde ich Vorkehrungen treffen.

Ich nehme den reich verzierten Griff aus Herzholz ab, wie es mir die Meisterschmiedin Colette gezeigt hat, und stecke ihn in den Beutel zu meinen Münzen. Mein eigenes Schwert schlage ich in ein sauberes Tuch ein, das ich mit einem Gurt an meinem Rücken befestige. Lieber ziehe ich die Aufmerksamkeit von Dieben auf mein Schwert anstatt auf Caligram.

»Bereit?«, fragt Garreth, nachdem ich mich erhoben und Caligram in die Schwertscheide an meiner Seite gesteckt habe.

Ich nicke. »Bist du aufgeregt?«

Sogleich erröten seine Wangen, was mich zum Schmunzeln bringt. »Ein wenig.«

»Dann sollten wir keine Zeit verschwenden. Deine Schicksalsgebundene wartet.«

KAPITEL 4

Delmira

NOCH ETWA VIER WOCHEN BIS ZUM DRITTEN VOLLMOND

Als wir das kleine Dorf verlassen wollen, in dem wir unsere Hainschreiter untergebracht haben, laufen wir geradewegs in eine Hochzeit, die an einem in der Sonne glitzernden Bach stattfindet.

Ich will weitergehen, doch Garreth bleibt stehen und betrachtet das junge Paar inmitten der versammelten Gäste mit einem versonnenen Lächeln.

Ich stoße ihn leicht mit der Schulter an. »Deine Hochzeit wird prächtiger sein.«

Sein Lächeln verblasst ein wenig. »Ich wäre mit einer wenig pompösen Hochzeit zufrieden.«

Mir liegt bereits die Erwiderung, dass er sich dann keine Prinzessin hätte aussuchen sollen, auf der Zunge, doch ich schlucke sie hinunter. So funktioniert es nicht. Zumindest nicht bei Schicksalsgebundenen.

Ihr Zusammensein ist von den Göttern vorherbestimmt. Um unseren Schicksalsgebundenen zu finden, erhalten wir im Alter von sechzehn Jahren unsere Weissagung. Und wenn wir ihm oder ihr schließlich begegnen, fühlen wir die höhere Macht, die uns zusammengeführt hat. Einzig und allein mit unserem Schicksalsgebundenen werden wir ein glückliches und erfülltes Leben führen. Alle anderen Beziehungen sind unweigerlich zum Scheitern verurteilt und bringen nichts als Kummer. Es ist ein vergeudetes Leben, das wir an der Seite eines Menschen verbringen, der nicht von den Göttern für uns gewählt wurde. Eines, das ihnen missfällt und ihren Zorn beschwört.

Diese und ähnliche Lehren habe ich bereits als Kind verinnerlicht. Sie sind unumstößlich.

Natürlich gibt es Paare, die keine Schicksalsgebundenen sind, aber sie bleiben nie lange zusammen. Es ist, als würden die Götter selbst sich gegen ihre Verbindung stellen und sie verdammen. Ihr Zorn trifft dabei nicht selten nahe Angehörige, weshalb Eltern sehr genau darauf achten, wen ihre Kinder heiraten.

Es ist beinahe so ähnlich wie bei meinem Hexenpakt. Sollte ich das Versprechen, das ich der Seehexe gab, nicht einhalten, werde nicht nur ich bestraft werden, sondern auch all jene, die mir lieb und teuer sind.

Von Garreth unbemerkt, lege ich die linke Hand auf das rechte Handgelenk. Selbst durch das Hemd hindurch, das ich – untypisch für mich – so weit wie möglich nach unten gezogen habe, spüre ich die unnatürliche Hitze. Es brennt, als würde sich ein Fieber direkt unter dieser Stelle sammeln.

Und seit gestern Nacht wird es schlimmer.

Eine Priesterin in einem schneeweißen Kleid und mit einem ebenso weißen Spitzenschleier, der ihr Antlitz verbirgt, tritt vor das junge Paar. Zwei weitere Priesterinnen halten sich im Hintergrund.

Ich erinnere mich an den Tag, als ich von einer identisch gekleideten Frau vor gut fünf Jahren meine Weissagung empfing, als wäre es erst gestern gewesen. Mein Magen zieht sich zusammen. Wieder spüre ich die angespannte Nervosität und meine bodenlose Enttäuschung, als ich meine Weissagung letztendlich vernahm. Und die Angst, die in mir hochkroch, als die Priesterin meinen vollen Namen kannte und meinte, sie würde Großes von mir erwarten.

Ich schüttele den Kopf. Ich habe nie etwas Großes vollbracht und werde es auch in Zukunft nicht. Immerhin habe ich meinen Schicksalsgebundenen gefunden, auch wenn er mir … gerade abhandengekommen ist. Doch dieser Gedanke will mich nicht beruhigen. Stattdessen brennt die Haut meines rechten Handgelenks noch heißer.

»Was die Götter zusammengeführt haben, darf der Mensch nicht trennen«, beginnt die Priesterin ihre Ansprache.

Ich wünschte, ich könnte meine Ohren vor ihren Worten verschließen, aber das ist unmöglich. Mit jeder sanften Silbe aus ihrem Mund nimmt das ungute Gefühl in meinem Bauch und das Brennen an meinem Handgelenk zu, als würde mein ganzer Körper gegen ihre Worte rebellieren. Sie spricht von der Gnade, die uns die Götter mit unserem Schicksalsgebundenen zuteilwerden lassen. Von der grenzenlosen Liebe, die wir einzig und allein für unseren ausgewählten Gegenpart empfinden können. Von der Einheit, die wir mit ihm bilden und die durch nichts und niemanden zerstört werden kann.

Am liebsten hätte ich laut aufgelacht, stoppe mich aber im letzten Moment. Es fehlt nicht viel und ich marschiere auf die Priesterin zu, um sie zu fragen, warum mein Schicksalsgebundener verschwunden ist, wo wir doch zusammengehören. Warum ich ohne ihn aufgewacht bin, wo es doch der Wille der Götter ist, dass wir auf ewig zusammenbleiben. Ich schlucke krampfhaft. Mein Schicksalsgebundener. Es ist Monate her, seit ich aktiv nach Batur gesucht habe. Und Wochen, seit ich das letzte Mal an ihn gedacht habe. Statt alles in meiner Macht Stehende zu tun, um ihn wiederzufinden, habe ich … mich beinahe einem anderen Mann hingegeben. Ich habe ihn geküsst und berührt und …

Bisher konnte ich die Gedanken an meine Taten weit genug verdrängen, damit ich mich auf meine Mission konzentrieren kann. Doch nach letzter Nacht … Es ist, als würde mich die Priesterin unter ihrem Schleier beobachten, obwohl sie mit dem glücklichen Paar vor sich spricht. Es ist, als könnte ich ihren wissenden Blick auf mir spüren, der mich versengt und gleichzeitig all meine Sünden ans Tageslicht zerrt, damit jeder der Anwesenden sie sehen und mich verurteilen kann. Es kommt mir vor, als wüsste sie von jedem unreinen Gedanken, der durch meinen Kopf gehuscht ist, während ich mit Varyan zusammen war.