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Keine Schurkenstaaten, wir allein sind schuld an der fortdauernden Finanzkrise und der Klimabedrohung. Einer ratlosen Politik fehlen die moralischen Kräfte, die für soziale Gerechtigkeit und für Zukunftsvorsorge unentbehrlich sind. Barack Obama stiftet Hoffnung. Aber die kann er nicht als Erlöser, die können wir nur selbst durch Wiedererweckung der Werte erfüllen, die uns abhanden zu kommen drohen. Horst-Eberhard Richter, vom ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau als Analytiker und Therapeut des ganzen Landes bezeichnet, behandelt die großen Fragen, vor denen wir heute stehen. Die Lehre des Vaters der deutschen Friedensbewegung aus seiner reichen therapeutischen Erfahrung und Begegnungen mit Brandt, Gorbatschow, Sir Ustinov und vielen anderen lautet schlicht: Kein anderer Weg kann uns aus den Krisen herausführen als das Erstarken eines neuen moralischen Verantwortungsbewusstseins.
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Seitenzahl: 184
Keine Schurkenstaaten, wir allein sind schuld an der fortdauernden Finanzkrise und der Klimabedrohung. Einer ratlosen Politik fehlen die moralischen Kräfte, die für soziale Gerechtigkeit und für Zukunftsvorsorge unentbehrlich sind. Barack Obama stiftet Hoffnung. Aber die kann er nicht als Erlöser, die können wir nur selbst durch Wiedererweckung der Werte erfüllen, die uns abhanden zu kommen drohen.
Horst-Eberhard Richter, vom ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau einmal als Analytiker und Therapeut des ganzen Landes bezeichnet, behandelt die großen Fragen, vor denen wir heute stehen. Die Lehre des Vaters der deutschen Friedensbewegung aus seiner reichen therapeutischen Erfahrung und Begegnungen mit Brandt, Gorbatschow, Sir Ustinov und vielen anderen lautet schlicht: Kein anderer Weg kann uns aus den Krisen herausführen als das Erstarken eines neuen moralischen Verantwortungsbewusstseins.
Horst-Eberhard Richter wurde 1923 in Berlin geboren und starb 2011 in Gießen. Der Psychiater, Psychoanalytiker und Sozialphilosoph war einer der wichtigsten Protagonisten der westdeutschen Friedensbewegung. Mit anderen gründete er die bundesdeutsche Sektion der Organisation »Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges« (IPPNW), die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Den Grundsätzen des Pazifismus und des Humanismus verpflichtet, engagierte er sich bis zu seinem Tode für eine friedliche und solidarische Einrichtung der Gesellschaft.
Horst-Eberhard Richter
Moral in Zeiten der Krise
Suhrkamp
Umschlagfoto: Paul Swiridoff
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2012
Originalausgabe
© Suhrkamp Verlag Berlin 2010
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-73375-2
www.suhrkamp.de
Der Mensch ist, bevor er ein denkendes und ein wollendes Wesen ist, ein liebendes Wesen.
Max Scheler
Vorwort und Danksagung
Teil I – Die Innenwelt des Politischen
Einführung
Begleiter, Analytiker und Chronist der Nachkriegsjugend
Anpassung ist keine Option: Paul Parin
Aufklärung gegen Hörigkeit und Verdrängung:Alexander Mitscherlich
Politik der »Compassion«: Willy Brandt
Macht und Staatsräson: Helmut Schmidt
Mehr Weiblichkeit ist mehr Menschlichkeit
»Wir können nicht Menschen bleiben, wenn ...« Mit Michael Gorbatschow und Andrej Sacharow für eine Welt ohne Kernwaffen
Das Gute missfällt uns, wenn wir ihm nicht gewachsen sind
Warum zerstören sich diese hochintelligenten Wesen selbst? Eine Schauergeschichte
Das Unmögliche ist möglich: Nelson Mandela
Politik ist so, wie die Menschen sind, die sie machen
Teil II – Politik und psychische Krankheit
Friedlosigkeit ist eine seelische Krankheit:Carl Friedrich von Weizsäcker
Allmachtswahn als Schutz vor Ohnmachtsangst?Der Gotteskomplex und seine Konsequenzen
Götter in Weiß
Ärzte in politischer Mitverantwortung – Ein Kongress und die Folgen
Medizin und Gewissen heute
Der psychoanalytische Zugang zu den Impulsen der Vernichtungsmedizin – Eine Fallstudie
Teil III – Von Ost nach West
Vom Kalten Krieg in den unkontrollierten Kapitalismus
Der Verlust des Wertebewusstseins
Zwei Grenzgänger und ihre Fragen nach der Bedeutung der Religion in der Gegenwart
Wege zur Humanisierung der Gesellschaft:Zehn Jahre Ost-West-Symposium »Politische Selbstbesinnung«
Teil IV – Sich selbst in den anderen wiedererkennen
Eine Gefälligkeit für Peter Ustinov
Von der Gläubigkeit zur Ratlosigkeit
Gebundenheit und Mitverantwortung
Technik und Naturwissenschaft als Weltreligion?Meine Freundschaft mit Joseph Weizenbaum
Ein Zeitalter der Empathie durch technische Vernetzung?
Psychische Korruption, das Klimaproblem und die Verdrängung der Zukunft
Zukunft, das sind die Kinder
Die Angst vor dem Islam
Flexibilität, ein zwielichtiges Machtwort des Zeitgeistes
Ist die Welt reif für Obamas Ideen?
Psychische Korruption und Missbrauch in der Kirche
Zeit für einen moralischen Aufbruch
Ende der sechziger Jahre glaubte eine große jugendliche Leserschaft in meinem Buch Eltern, Kind und Neurose viele der ungelösten Konflikte wiederzuerkennen, die ihre Eltern aus der Hitlerzeit mitgebracht hatten und an ihnen abreagierten. Teile von ihnen brachen zu gesellschaftlichen Reformprojekten auf, fanden es aber nötig, gleichzeitig an den eigenen inneren Schwierigkeiten zu arbeiten. Sie brachten mich dazu, einige ihrer Projekte, zum Beispiel mit Randgruppen und Kinderläden, zu begleiten. Dabei lernte ich besser zu verstehen, wie psychische Innenwelt und politische Tatwelt permanent ineinander greifen. Ich wurde ein Teil des Aufbruchs in der Emanzipations- und Friedensbewegung der siebziger und achtziger Jahre.
Seitdem findet aber ein neuer Generationswechsel statt. Neben die »Krankheit Friedlosigkeit« tritt die »psychische Krankheit Korruption« mit ihrer Finanz-und Wirtschaftskrise und dem Scheitern der Klimaund Umweltvorsorge (Kopenhagen). Wie können wir der jungen Generation helfen, in sich selbst die Wurzel dieser Krankheiten und ihre Möglichkeit zu ihrer Überwindung besser zu verstehen? Was ich dazu selbst in den sozialen Bewegungen und aus Begegnungen mit herausragenden Politikern, Naturwissenschaftlern und Intellektuellen gelernt habe, darüber gebe ich im Folgenden Auskunft.
Allen aus diesem Kreis, den Überlebenden wie den Verstorbenen, sage ich hiermit meinen großen Dank. Besonderen Dank schulde ich Bergrun, meiner Frau, die 64 Jahre mit mir und selbstständig neben mir in gleichem Engagement kämpft, Genugtuung erringt, aber auch Leiden trägt. Kinder und Enkel haben uns geholfen, stets die Verantwortung für die Zukunft im Auge zu behalten. Inzwischen sind drei Urenkel dazu gekommen. 30 Jahre hatte ich das Glück, im Gießener Zentrum für Psychosomatik und im Gießener Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie die kreative Zusammenarbeit mit einem wunderbaren Team zu erleben, aus dem zwölf männliche und drei weibliche Mitglieder Professoren bzw. Professorinnen geworden sind. Einige davon gehörten einst zu den Studierenden, die mich vor 40 Jahren in die Arbeit mit Obdachlosen und Kinderläden eingeführt haben.
Drei hilfreichen Gefährten aus der ärztlichen Friedensbewegung möchte ich noch besonders danken. Es sind als Mitgründer der deutschen Sektion der IPPNW Professor Ulrich Gottstein und als Geschäftsführer nacheinander Michael Roelen und inzwischen Frank Uhe.
Bei Ulla Unseld-Berkéwicz bedanke ich mich für ihre Anregung, es noch einmal mit dem Schreiben zu versuchen, und bei Dr. Jonathan Landgrebe für sein kritisches Mitdenken.
Dass man meinem Text hoffentlich nur wenig von der gelegentlichen Zerstreutheit eines Siebenundachtzigjährigen anmerkt, ist das Verdienst der Geduld und der Aufmerksamkeit meiner Sekretärin Katja Enners.
Immer mehr Menschen kommen darauf, dass die akut gewordene Klimabedrohung und das Finanzdesaster keine von außen hereinbrechenden Unglücksfälle sind, sondern von uns Menschen selbst herbeigeführt werden. 30 Jahre haben wir versäumt, einem absehbaren Klimaschock vorzubeugen, obwohl die Wissenschaft uns rechtzeitig gewarnt hat. Und die Finanzkrise kommt nicht wie ein tragisches Schicksal über uns, sondern erweist sich als Strafe für die egoistische Waghalsigkeit einer ganzen Branche, die ihrerseits aber nur vollzogen hat, was wir als Gesellschaft zugelassen haben.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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