11,99 €
Vor dem Hintergrund vieler Monate vollzieht sich 1942/3 das immer gleiche Treffen zweier grundverschiedener Männer, die selten Momente einer unbedeutenden Bekanntschaft überschreiten, Morgan Nazareè und Nikola Tesla. Tesla, ein Name geht nach 1856 um die Welt, wie die von ihm entwickelte Technik für die er immer wieder einsteht. Nikola ist nicht nur Mensch der Technik und so findet er zum Ende seines Lebens in Morgan, dem heftigen Vertreter der Kriege einen Partner, mit dem er Erlebnisse austauscht. Verlassen wir die Fakten, wenden wir uns den letzten Jahren ihres Lebens zu. In London macht Tesla die Bekanntschaft einer Taube und des verbissenen Patrioten Morgan, der im Leben zu kurz gekommen ist. Mit sich und der Welt unzufrieden sitzt er im Rollstuhl und lebt in seiner eigenen Welt. Ein bisschen Licht bringt Nikola durch Erzählungen von seinen Erfindungen und der großen Welt hinein. Morgan zerstört sie nicht, kann sich an ihr aber auch nicht erfreuen. Einzig die Rückkehr seiner Tochter Charlot würde seine Seele freigeben. Tesla lebt zurückgezogen in seiner großartigen Erinnerung, das Herz eines Entdeckers läßt sich jedoch nicht verbergen. Am Ende seines Lebens begeistert er sich für eine Idee, die alles in den Schatten stellen würde was er bisher entdeckt hatte, die des Gedankenlesens.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 635
Smiljan
Morgan
Tesla
Tesla und Morgan
Charlot
Jessymen
Die Standuhr
Tesla und die Taube
Charlot und Morgan
Amerika
Die Blonde
„Die Welt schien in Ruhe, und Smiljan ist mit sich selbst beschäftigt. Vor den Toren der Stadt war einmal Krieg, kein besonders schmerzlicher, nur einer an dem sich bestimmte Menschen bereicherten, andere gelitten hatten. Für niemanden war er gut. Seine Wurzeln lagen in der längst gemeinsamen Geschichte eines eng umkreisten Bereiches des Balkan. In ihm lebte das unbedeutende Dörfchen so vor sich hin. Heute fühlen sich die Bewohner sicher, sie haben nichts zu bieten. Wo kein Geld ist, ist kein Krieg.
Wollte man das blumige Fleckchen Smiljan erreichen, war die siebenstündige Fahrt aus der Hauptstadt Zagreb mit einem Urvieh von schneckenhafter Dampflokomotive und nostalgischen Waggons erforderlich. Nicht genug damit, anschließend folgte noch eine lebensgefährliche Fahrt mit dem klapprigsten Bus, den man je Berge hat hinaufklettern sehen. Der abschließend einstündige Fußmarsch sollte nicht weiter erwähnen werden. So hatte man wenigstens Zeit sich auch gedanklich dem verwunschenen Ort zu nähern. Vorbei an den Mahnmalen des Kreuzweges führte der Weg, auch an Kirchen, die mit ihrem Geläut mindestens viermal in der Stunde lauthals auf die vergehende Zeit hinwiesen, doch nie stand der Priester vor der Tür. Niemand war glücklich in dem Ort der vier Winde, es war so wie es sich die Bewohner wünschten.
Trotz der Not in der ich, Nicola, mich oft befand, ging ich schon früh den Weg mit dem Gedanken an das Bedauern, das mich in späteren Jahren überfallen würde, bin ich in einer ganz anderen Zeit weit von diesem Ort entfernt. Dann war eingeschlossen in meinem Schmerz der Wehmut meiner noch jungen Jahre.
Mit Smiljan brach ich, als sich das ohnehin schwierige Verhältnis zwischen mir und den Eltern wieder einmal schmerzlich zuspitzte und der ständige Redefluss meiner Mutter absolut unerträglich wurde. Ich putzte meine Flügel, verließ das kalte Nest. Letztlich war ich zu dem Zeitpunkt nicht traurig unser siebenköpfiges Haus einschließlich der Heimat zu vergessen. Heute zieht manchmal eine Sehnsucht in mich ein, die mir ein Vergessen der alten Häuser mit ihren windschiefen, lehmverputzten Mauern und den schmalen Gassen unmöglich macht.
Nachdem Smiljan hinter mir lag, sah ich alles durch eine rosarote Brille, staunte auch manchmal wie sehr sich die Eindrücke in mir festgesetzt hatten. Übrig war geblieben, dass der Ort etwas Beschauliches hatte. Sicher, Malaria war wegen der feuchten Wiesen aufgetreten, auch hatte Hunger geherrscht.
Noch in meinem Dorf dachte ich, Smiljan lebt von wenigen Einzelheiten, Blut, Wein und Leuten mit prägnant freudlosen Gesichtern, undenkbar sie in dieser Art noch heute zu finden. Nicht ein einziges Anzeichen von Aufbegehren in ihnen. Ausgezehrt, müde, schicksalsergeben, so waren sie. Eigentlich konnte der in ihnen tief verborgene Grund nie erschlossen werden, ich kannte ja nichts anderes und es schien mir, als würde niemand freiwillig dieses Phänomen zur Kenntnis nehmen.
Mit niemandem sprach man darüber, jeder lebte in seinen eigenen zwei Welten. Ich, in einem Uhrenkasten den ich einmal als Versteck entdeckt hatte und dem drängenden Gefühl, nicht für den kleinen Ort geschaffen zu sein. So widersprüchlich, wie ich meine Heimat gesehen hatte, empfinde ich sie noch heute.
Sehen Sie nicht so mitleidig auf mich herab, die Zeiten waren nirgendwo anders. Und denke ich an mein winziges Kinderzimmer, sehe ich Bilder in Form eines Kreuzes an der Wand. Einen Gequälten zeigten sie, der angeblich die Sünden der Menschen tilgen kann. Ich weiß nicht, ob einer daran glaubte, Vater sicher nicht, von den Bildern aber wollte niemand lassen.
Da gefielen mir seine vorgetragenen stillen Geschichten schon besser. Oft las er sie vor. Weil ich meist nach den ersten Sätzen einschlief, konnte ich nie sagen, ob er aus verschiedenen Kapiteln der immer gleichen Geschichte vorlas oder über einen großen Vorrat von ihnen verfügte. Kaum hatte er jedoch mein Zimmer verlassen, erwachte ich und lauschte dem leisen Spiel des Windes um unser Dach. Fast süchtig betäubt vom später folgenden Gesang der Nachtigallen wusste ich, hielte ich nur lange genug durch, würde der einzigartige Klang Vaters Geige zu hören sein. Mir war das unverständlich, da begeht ein Mann mit Vergnügen mehrfach die Woche einen Ehebruch, setzt sich anschließend nach einer kleinen Vorlesepause bei seinem Sohn ruhig in das Wohnzimmer, schlüpft in eine gänzlich andere Rolle, eine, die mir weit besser als seine verschämten Aufenthalte im Dachzimmer gefiel.
Von Kindesbeinen an war Vater in seiner Freizeit Anhänger der Gattung aussterbender Kammermusiker. Zu einigem Ruhm hatte er es in seinem Talar sogar im Belgrader National Orchester gebracht, selbst bei Philharmonikern europäischer Metropolen.
Einmal war es durch sein Instrument zu einer eigenartigen Begegnung zwischen uns gekommen. Er war einer Bitte der Gemeinde gefolgt und hatte sich auf die Reise zur großen Stadt in den Dom seines Bischofs begeben, um Geld für die Renovierung unser Kirche zu aufzutreiben. Ich hatte in der Zeit ein bisschen neugierig in seinen Schränken herumgestöbert, zufällig seine schöne Geige gefunden und unbedingt auf ihr spielen wollen. Dabei verstimmte ich sie total, denn ich hatte keine Ahnung was es mit den Wirbeln am oberen Ende des Halses auf sich hatte. Ich drehte ein bisschen an ihnen herum, zupfte an einer Saite und gleich hörte sich die Geige merkwürdig anders an. Stolz, etwas bewirkt zu haben, nahm ich den Bogen, stellte mich vor einen Spiegel, sägte auf den Saiten herum bis sich meine Lust gelegt hatte. Abschließend wischte ich noch mit einem weichen Tuch pflichtbewusst die fettigen Spuren meiner Hände vom Lack des Korpus und legte die Geige in ihren Kasten. Als Vater nach seiner Rückkehr das Instrument wieder einmal an sich nahm, stieß er den von mir erwarteten Schrei aus. Nicht, dass er dabei in Tränen ausbrach, die Betroffenheit über sein total verstimmtes Lieblingsgerät war auch so zu spüren. Natürlich rief er gleich nach mir, die erwartete Prügel blieb jedoch aus.
„Bist du so an meiner Geige interessiert, dass während meiner Abwesenheit unbedingt an ihr herumspielt werden musste?“, fragte er. „Das brauchst du nicht im Verborgenen zu versuchen, du weißt ich zeige dir gern was man mit einer Geige anstellt, wie mit ihr Menschen verführt werden können. Trau dich nur.“ Doch dazu kam es zu seinem Leidwesen nie, ich hatte nur ein bisschen spielen gewollt.
Viele Jahre später sitze ich nach der Rückkehr aus Amerika im Gras meines Dorf und bemerke, obwohl ich sie doch vergessen wollte, wie Vaters zärtliche Violine nach meinen Ohren sucht. Zusammen machen wir eine Zeitreise, reden miteinander, feiern unsere Vergangenheit, denn da war noch die Erinnerungen an den Weihnachtsabend vor fünfundsiebzig Jahren. Seit dieser Zeit läuft mir ein ganz bestimmter Duft hinterher. Wie gewöhnlich hatte sich die Verwandtschaft in Vaters Kirche eingefunden. In ihrer rechten Ecke stand eine üppig geschmückte Tanne. Vater trat ein und kurz bevor er die Stufen vor dem Altar erreichte, sprang behänd ein Gehilfe vor den Baum und entzündete die weißen Wachskerzen. Durch die vorsichtig geöffnete Kirchentür betrat ein weit angereister Onkel verspätet die Kirche, sein Luftzug ließ die Flammen der Kerzen verbiegen, ein erster Ast entzündete sich, weitere folgten. Schön sah das aus! Schließlich stand der ganze Baum in Flammen, nur ein unbedeutender Rest Asche blieb zurück. Unruhe hatte sich schnell im Zuschauerraum ausgebreitet, doch Vater, Chef der Kirche, stand versunken in seine Musik nicht weit vom Baum entfernt, fiedelte ein Weihnachtslied nach dem anderen ohne den Brand zu beachten, er schien darüber sogar ein kleine Freude zu verspüren. Vielleicht hatte er auch an Dane gedacht, der kurz zuvor vom Pferd gefallen und verstorben war. Niemand schritt ein. Anschließend wurde der kümmerliche Rest des Baumes vom Gehilfen andächtig entsorgt, so als würde jedes Jahr Gleiches eintreten.
Mir ist dieser Moment unvergesslich, weil sich der Duft brennender Nadeln mit dem Weihrauchgeruch und dem Klang der Violine unauflöslich verbunden hatte. Nur ein einziger ihrer Töne, ein Atom von brennenden Nadeln oder des Weihrauchs genügt, um mich wie ein Echo aus der Vergangenheit bis heute zu verfolgen. Wie ein Ertrinkender hatte ich an jenem Abend tief vom Fieberbaum probiert. Ich will weg von diesen Erinnerungen, denn zu warm ist die Vergangenheit.
Dann verletzte sich Vater, während der Jagd nach einem Wolf, bei einem tragischen Schießunfall an der Hand, sein Gefühl zum Ertasten der dünnen Fäden des Instruments ging verloren. Niemand zahlte für die Verletzung. Außer seinen Rollen als gläubiger Violinist und ungläubiger Priester, denn Kreuzritter war er gerade nicht, hatte er nichts erlernt und keine andere Beschäftigung schien ihn zu reizen. So war er gezwungen bis an sein Lebensende in der Kirche zu verbleiben, um viel Energie in das wieder zu erlernende Bespielen seines Instrumentes investieren zu können. Ein schönes Spiel gelang nicht gleich. Ich hörte ihn jammern, dass überhaupt nichts gelänge, die Noten fremd geworden wären und diese verdammte Pfote wohl nie wieder ihre frühere Eleganz erlangen würde.
Trotzdem blieb Milutin die Geige wichtiger, als der eigens vom Kaiser angeheftete große Verdienstorden. Ich glaube, er hing nicht einmal hinter Glas an irgendeiner Wand. Nur wenn wichtige Ornatssträger, alle in purpurne Gewänder gekleidet, mit Bischofsstab nebst viel Hofstaat erschienen, legte er ihn an. Dann ging eine große Wandlung in ihm vor, man hätte Vater für einen der reinsten Menschen halten können.
Zwischen den Übungen inszenierte Vater sich selbst und erlernte das Herumstolzieren, das Gackern und Nachstellen. „Man weiß ja nie!“, sagte er nicht ohne Stolz. Ich dagegen meinte, dass bei Spielen dieser Art jegliche Orientierung verloren geht, man sich damit nur selbst im Wege stehen kann. Aber Vater wusste zu sehr nicht so schlecht auszusehen, was dazu führte, dass die Damen an ihm klebten. Es gab Tage, da erschien die erste Geliebte gleich nach der Frühmesse. Kaum hatte er sich in der Dachkammer von der Frau verabschiedet, legte er sich zu einer anderen ins Ehebett und kam erst zur Nacht heraus.
Dann empfing die Familie mit gespielt größter Achtung den eigenen Priester, der auch jener Musiker mit feinen Händen, geölten schwarzen Haaren, schlanker, großer Statur war. Aber auch das kann noch zusätzliche Probleme bedeuten. Besonders, als Telefonleitungen in unser Dorf gelegt waren. Mutter wollte sich nicht an die vielen Anrufe angeblicher Schülerinnen gewöhnen, bald suchte sie selbst nach einer Ablenkung.
Heute verstehe ich Vater besser. Es ist viel Zeit zwischen dem Altar und dem Bett der eigenen Frau, aber ein anderer, sein Gott, ist verantwortlich für die Liebe. Lautet nicht auch eines seiner Gebote, ‘liebe deine Nächste mehr wie dich selbst‘?
Es müssen zwei lange Jahre intensiver Arbeit an seinem Instrument gewesen sein, dann hatte er die Rückkehr geschafft. Zwar war er nie ganz zufrieden, für die zweite Geige des Belgrader Orchesters reichte sein Können trotzdem. So kamen wir wieder zu ein bisschen Geld, genug für die vielen Bienchen, weniger für uns. Ich aber war mehr als stolz auf den, der außer seinem Talent auch eine entscheidende Portion Ausdauer bewiesen hatte.
Zu seinen in jeder Beziehung vorhandenen Fähigkeiten kam auch manchmal Mut hinzu, dann, wenn die Aufteilung der Kollekte besonders erfolgreich durchgeführt wurde und er einen kleinen Rest als Taschengeld für mich übrig ließ.
Dieser Mann mit den vielen Möglichkeiten, besaß noch eine weitere, dazu bemerkenswerte. Allein für Mutter spielte er dann mit den bereits müde gelesenen Augen auf dem Instrument der Liebe. Ich erinnerte mich, Mutter himmelte ihn dafür mit den unschuldigsten Blicken an. Wusste sie wirklich nichts von seinen Eskapaden, oder tat sie nur so? Vielleicht stellte sie auch seine Schuld nicht über die ihre.
War das Wetter schön, vergaß Vater die vielseitig begabten Geliebten. Mit seinem Sohn ging er in die Natur, wir stahlen aus dem Forst des zu reichen Pächters herrliche Pfifferlinge. Waren die Körbe gefüllt setzten wir uns auf einen der umgefallenen Baumriesen. Vater zog meine Belohnung aus der Tasche, eine Tafel tiefschwarze amerikanische Schokolade. Kauend amüsierten wir uns über die überall aufgestellten Warntafeln, nach denen das Einsammeln von Holz, Pilzen, Beeren verboten war. Vaters schadenfrohes Lachen werde ich nie vergessen. Waren alle Körbe zum Bersten gefüllt, schlug er mir aus Übermut den Ellenbogen in die Rippen. Erreichten wir dann um die Mittagszeit unser Haus, begann das richtige Abenteuer! Knoblauch, Zwiebeln, fetten Speck trugen wir zusammen, schnitten alles in kleine Würfel, legten sie zusammen mit viel Butter und den gesäuberten Pilzen in eine große Pfanne. Bratengeruch zog durch das Haus und ich durfte ausnahmsweise Wein zum Essen trinken, obwohl er mir nie bekam. Mutter passte nicht in dieses Bild, immer stellte sie ihn wegen des von ihr ungeliebten Knoblauchgeruchs zur Rede. Er ließ sich davon nicht beeindrucken, Vater liebte geradezu den Duft. Mit der Zeit störte ihn jedoch das ewige lamentieren. Wir gingen nur noch dann in den Wald, war Mutter für ein paar Tage verreist oder sonst wie unauffindbar. Nur eines konnte ich ihm nie verzeihen. Das war seine Art nach dem Essen die Zeitung zu lesen! Eine Zigarette brauchte er, Café und mich als Objekt, um jemandem die neuesten Nachrichten zu verkünden. Ich wollte gar nicht wissen was in der Welt vor sich ging, kannte sie ja nicht einmal. Wenn er sich dann mit ausgebreiteten Armen zurücklehnte, sich bemühte den nicht vorhandenen Bauch herauszustrecken, die Zeitung dicht vor sein Gesicht hob, Dampf aufstieg, machte er sich aus meiner Sicht viel zu wichtig. Das war ein schöner Tag, als ich endlich unser Haus verlassen hatte.
Traf Mutter wieder ein, saßen beide in der Stube, redeten zum Schein über unwichtige Dinge. Anschließend jammerten sie über ihre nicht vorhandene Gebrechen. Vater wegen seiner angeblich von der Gicht bedrohten Finger, die bald ein elegantes Spiel auf seinem Instrument unmöglich machen würden, das er doch so mühsam hatte neu erlernen müssen. Über seine ersten Fältchen, die mürben Knochen, überhaupt würde sich alles im Niedergang befinden. Mutter jammerte wegen ihrer Allergien, die es angeblich verbieten andere Menschen, nicht einmal Männer, in ihre Nähe zu lassen. Keiner redete über das Eis, das uns unterkühlte.
Einen Vorteil bemerkte ich nur in ihrer gegenseitig versteckten Ablehnung, denn ich sah mich gestärkt aus jeder ihrer Enttäuschungen hervorgehen. Manchmal fühlte ich mich danach sogar meinen Erwachsenen überlegen. Ich sah sie gedankenlos den ganzen Tag herumstrolchen und bemerkte, dass sie sich nie wie ich in etwas hinein vertiefen konnten. Sie besaßen nichts, was man ‘anspruchsvoll‘ nennen könnte. Vater natürlich seine Geige, aber das will ich jetzt nicht gelten lassen. Abends gingen sie ins Bett, schliefen traumlos aus alter Gewohnheit aufeinander, am Morgen begann der gleiche langweilige Kampf um ein bisschen Leben. Ich fand das schrecklich arm. Nein, ich wollte mich nicht diesen erzwungenen Freiheiten unterordnen. Wollte frei sein in allem, was ich tue. Ein Gutes könnten die Eltern jedoch hinterlassen haben, vielleicht stifteten sie mir mit ihrem wirren Leben auch einen Teil meiner widersprüchlichen Identität.“
Von allen allein gelassen, saß Morgan in Badehose. Es wurde kalt, es wurde kälter, er saß noch immer, es wurde dunkel. Anfangs legten mitleidig Vorbeigehende ausrangierte Decken oder ihre alten Jacken auf ihn, aber häufig kehrten sie um und stahlen sich ihre Sachen zurück. Ihn störte das nicht.
Wärmer wurde es behutsam in den folgenden Tagen, Wochen, Monaten. Morgan musste sich nicht anstrengen, um die Wärme über sich ergehen zu lassen. Er ertrug sie einfach. Schwierig waren hingegen seine Gedanken an die frühe Vergangenheit, die darin gipfelte, dass er sich von den Eltern lossagte, ohne einen Penny davonzog, schließlich seinen Namen wechselte. Tot war John, geboren Morgan, der erste freie Mensch. Überall im Land war Not, warum wusste der neue Mensch nicht, da war nur ein blau-rotes Seil, welches an ihm zog, ihn nicht mehr losließ, fest an England band und schließlich an die beste Armee der Welt fesselte.
Lange Jahre später quält sich in Smiljan, heute wie jeden letzten Tag, ein humpelnder Mann sehr früh fort von seinem Haus, das sich an dem kleinen Park irgendwo am Rande der kleinen Stadt befindet. Park und Friedhof liegen nicht weit auseinander. Obwohl, eine Übertreibung sind die beiden Namen für ihre holperigen Flächen schon. In anderen Städten hätten sie nicht diese Bezeichnung, Acker vielleicht. Hier gibt es nichts ähnlich dem in bekannten Städten, jeder ist zufrieden mit dem, was er hat.
*
Auf dem kurzen Weg zu seiner schon leicht angerosteten Bank trifft der Mann selten einen Menschen. Wie auch in England, das noch fern liegt. Dort kämpfen jetzt die Klugen um ihr Überleben. Der Alte nicht, er wäre froh endlich zu sterben, denn sein Leben war angefüllt mit zu vielen Erlebnissen, heute interessiert sich niemand mehr für sie. Er selbst? Schon manchmal reicht die Kraft des Gehirns nicht mehr aus die Mechanismen anzuwerfen, die es braucht, um sich zu erinnern. Leider verfügt er nicht über den Willen nur das Gute in seinem Leben zu sehen, aber irgendwie erfüllt es ihn auch mit Stolz, denkt er an die Menschen, die durch ihn im Leben gewonnen, sogar verloren hatten. Schon immer begeisterte auch die Macht über sie zu bestimmen. Wer waren sie denn? Er, der Entdecker, das Genie, überlegen jedem der sich auch nur von fern mit ihm messen wollte. Besiegt hat er alle. Fast alle. Heute? Keiner da, der grüßt oder auch nur nach dem Weg fragt. Nur fort von hier! Dabei hatte er sich gerade von der Reise aus New York über Venedig und dem Aufenthalt in seinem Dorf eine Hilfe für sein vergeudet geglaubtes Leben versprochen.
Nun saß er wieder hier, eingezwängt zwischen dem Haus der Eltern, Park und Friedhof. Wie lange noch, das ahnte er nicht, immerhin waren ihm zwei Möglichkeiten geblieben. Das Geld reicht noch für ein paar Jahre, ob er sich jedoch noch einmal den Anstrengungen einer langen Reise unterwerfen wollte, hatte er noch nicht bedacht. Schon die Rückkehr nach Smiljan war anstrengend gewesen. Hohe Wellen während der Überfahrt, schwerer Sturm vor der kroatischen Küste und sein schwacher Magen hatten die sonst leichte Seereise zu einem Problem werden lassen. Auch die dagegen gemessen kurze Landreise vom venezianischen Hafen in den Heimatort im klapprigen Auto eines weit entfernten Verwandten, war eine Qual. Nicola dachte nicht gern an sie. War sie doch wie der beschwerliche Weg eines sterbenden Elefanten an den ungeliebten Ort seiner Geburt. Beruhigt hatte ihn zu wissen, unten im Dorf wartet einer, von dem man sagt, dreihundert Jahre unter der gefurchten Rinde zu haben. Selbst wenn Tesla wollte, nie könnte er das Alter erreichen. Natürlich führte ihn sein erster Gang dort hin, doch leider war die Sprache des Baumes vergessen, so blieben sie stumm. Gut tat es dennoch nach langer Zeit wieder einen dieser uralten Olivenbäume zu berühren, und Nicola hoffte ein wenig seiner Kraft möge zu ihm überspringen.
Nach seinem alten Freund greift er in die tiefe Tasche des langen Mantels, heute vertreibt nur teurer Slibowitz Erinnerungen an schlechte Zeiten. Ist kein anderer Mensch da, sind sie unerträglich und nur mit dem Wasser des Vergessens zu bekämpfen. Kampf war immer ein wichtiger Teil seines unruhigen Lebens, Nicola hatte gar nicht daran gedacht schon durch den ersten großen Erfolg für immer sorglos leben zu können.
Trotz aller Bedenken wohnte er wieder im kleinen weiß gestrichenen Haus der Eltern, welches so dicht vor dem Wald liegt, dass er schon früher dachte eigentlich ein Tier des Waldes zu sein. Auch heute bemerken angegriffene Psyche und Geist manchmal wie der glücklichste aller Elfjährigen hinter den Bäumen lauert, um Rehe zu beobachten. Leider verharrte das Leben nicht eine Sekunde. Für immer jedoch ist seine Seele verbunden mit den in Smiljan gelebten Jahren.
Jetzt spürte Tesla es in Smiljan nicht mehr lang auszuhalten, aber Amerika ist zu weit. London, die Sinfonie der Träume, kommt ihm in den Sinn, nur eine Woche dauert es vom Gedanken bis zum Umsetzung. Warum nur das unbekannte London?
*
Dort ging Herr Tesla, die Großstadt hatte ihn schon nach wenigen Tagen in sich aufgenommen, sehr früh und beschwerlich humpelnd, vormittags vom Park in der Nähe des Friedhofs zu einem serbischen Café, das verträumt und meist kaum besucht vor sich dahinvegetierte, am Nachmittag vom Cafè zu seiner Taube in den Hyde Park. Dort hatte er sich bereits nach dem ersten Blick in einen sprachlosen Vogel verliebt und nutzte meist die Zeit, um den traurig vorbeischlendernden Gästen zwischen zehn und verstaubten zwölf Uhr etwas von ihr zu erzählen. Selten kam es vor, dass jemand eine ähnlich merkwürdige Geschichte kannte, wenn, war er still, denn ihn trieben andere Sorgen. Heute traf Tesla seine Tita nicht an und so machte er sich enttäuscht auf den Heimweg. Verantwortlich für seinen unkontrollierten Rückweg war vielleicht die Vielzahl der Erlebnisse des unrühmlich vergangenen Tages, vielleicht war es sein manchmal gestörter Geist sich nicht an die Wege zu erinnern, die er sonst nach Haus ging. Tesla ging durch unbekannte Straßen. „Heute sehen Sie noch schlechter aus!“, wollte eine unbekannte Stimme seinen Weg unterbrechen. Tesla achtete nicht auf sie, unzufrieden ging er weiter.
„Warum laufen Sie hier blind herum, taten Sie das nicht gestern schon?“
Wieder hatte Tesla im trüben Licht des frühen Morgens das Haus verlassen, sich auf seinen täglichen Weg gemacht. Wohin, das wussten seine Füße bereits im Voraus. Er selbst hatte im Laufe der letzten Monate vergessen darauf zu achten. So kam es, dass er gegen eine Absperrung prallte und zum ersten Mal seinen Weg ändern musste. Zwar war Tesla einer der schillerndsten Wissenschaftler gewesen, doch den neuen Weg zum täglichen Ziel war er nicht im Stande vorauszuahnen. So überließ er ganz unbewusst allein seinen Füßen die weitere Entscheidung.
Können Füße vorausahnen? Jedenfalls trugen sie ihn hinaus aus der normalen Betriebsamkeit, bogen ab in den Waterloo Prospekt. Ob da ein weiteres Hindernis auf dem Fußweg lauerte oder nicht, Tesla war mit seinen Gedanken weit entfernt und so geschah es, dass er erneut auf einen Widerstand traf.
„Warum laufen Sie hier blind herum, taten Sie das nicht auch gestern?“, wurde er, wie schon bekannt, ärgerlich angegangen. Diesmal noch dringlicher und der Wunsch war zu spüren es nicht bei den wenigen Worten zu belassen.
Wer das gesagt hatte, interessierte Tesla nicht, seine Taube wartete. Lediglich ein erstauntes Gesicht registrierte er unter sich. Tesla hatte im Leben oft diese dummen Gesichter gesehen, immer war er dann mit Arroganz über sie hergefallen. Warum sollte es heute anders sein? So sagte sein erstaunter Mund den schnell erdachten Satz:
„Was stehen Sie hier im Weg und belästigen harmlose Menschen!“
Zunächst war keine Erwiderung, das eigentlich erstaunliche an der Situation, und Tesla glaubte wieder einen kleinen Sieg errungen zu haben. In diesem Augenblick gab ein ebenbürtiger Mensch zurück: „In jedem Morgenrot erwacht die Not! Mein Gott, warum sind die Söhne der Finsternis so grausam zu mir, senden einen ihrer unnützen Knechte? Heh, nun kommen Sie schon zurück. Lang kam keiner vorbei den man ansehen wollte, und Ihre Dysphorie ist besser als gar keine Stimmung!“
„Was wissen Sie schon, Dysphorie hält mich am Leben! Nur fehlt mir die Wut.“
„Ihr Weg, hier an mir vorbei, war ein Zufall?“, fragte Morgan misstrauisch.
„So wird es sein“, gab Tesla gelangweilt zurück, „und wenn jeder in die Zukunft riechen könnte, hätte ich diesen Weg vielleicht nicht gewählt. So ein Häufchen Unglück am Straßenrand will niemand sehen.“
Ein Häufchen Unglück zu sein, wies Morgan entschieden zurück. Er bat stattdessen mit dem Urteil über ihn zu warten, bis sie sich etwas besser kennengelernt hätten. Eine unangenehme Gereiztheit wolle er zum Abschluß noch gern dem Fremden unterstellen, aber in allem könne man sich täuschen.
„Erst gestern …“, nachdenklich geworden brach er ab.
„So schön sagen Sie das, dafür könnte ich die Sonne umarmen“, spottete Tesla. Natürlich konnte er seinen Satz nicht ernst meinen, Spiele dieser Art gehörten jedoch zu seinem Leben wie das Auf und Ab schwerfälliger Galeeren in sturmgepeitschtem Meer.
*
Da ist diese Straße, der Waterloo Prospekt. Dem großen Namen Lord Wellington, Sieger der Schlacht, und der ausgezeichneten Lage zu Liebe, war Morgan hierher gezogen. Der Prospekt biegt ab von der Sorrow Row und führt hinauf in das Zentrum Londons. Von Bäumen ist er gesäumt und eine von diesen schmalen Linien, die ohne großes Gesicht und Herz. Langeweile prägt die Menschen an ihrem Rand. Sie sind alt, kaum noch bereit für Neues, vielleicht nicht einmal für ein Wort. Gäbe es bessere Zeitungen, sie würden sicher nicht mehr vor die Tür gehen. Jeder hatte seinen Lebenstraum bereits anwelken lassen, vielleicht bitter verloren.
Hier ist der Winter schlecht, heiße Sommer erst recht. Alles an ihnen ist so verschieden kotzgrün. Wo man hinsieht Blätter an den Bäumen, dazwischen Gras wie künstlicher Teppich. Und erst die Gärten! Sieh dir doch nur die übriggebliebenen Gärten da drüben auf der anderen Seite der Straße an, genau zwischen den drei baufälligen Häusern! Unerträglich die Vielzahl von unterschiedlichem Grün und erst die bunten Blüten!
Im Sommer spürt selbst Naturverweigerer Morgan die grüne Hecke hinter sich, in deren Schutz winzige Zaunkönige mit ihrem Nachwuchs wohnen, manchmal ein Pfeifkonzert veranstalten. Im Winter bläst der Wind durch die blattlosen Äste und bei Temperaturen, die nicht häufig unter zehn Grad Minus fallen, bereut er sich nicht von seinem Platz lösen zu wollen.
Zur anderen Seite des Waterloo Prospekt hin gibt es nur eine lange Häuserreihe, die bei starkem Nebel nicht immer zu erkennen ist. Sonst besitzt sie keine Grünstreifen, keine Schienen, nur das Kopfsteinpflaster aus alter Tudorzeit mit seinem ewig monotonen Rauschen. Heute, wie jeden Mittwoch, brummen ab und zu große LKW mit flatternden Planen vorbei, der Blumengroßmarkt befindet sich nicht weit entfernt, es ist Mittwoch und noch früh. Das alles in einer riesigen Stadt, die vergeblich glaubt Bausünden der vergangenen Jahrhunderte ungeschehen machen zu können.
Vielleicht sind es ein paar Bäume, die schon vor Jahren akkurat alle dreißig Meter gepflanzt, dem Leben der Straße einen Sinn geben und in brennender Sommerhitze mit ihrem Schatten das städtische Klima wenigstens zeitweise ein wenig erträglich sein lassen. Im Winter dagegen herrscht durch kahlen Stamm und Ast eine Art von unbestimmter Hoffnung, die jedoch nur von wenigen wahrgenommen wird.
Das waren noch andere Zeiten, als es sie hier gab, die ersten der zu riesigen Bäume. Als der letzte fiel, zwanzig Meter hoch und dann fachmännisch durchschnitten, war es Morgan, als würden während des Fallens aus der Seele der Baumkrone, immer sitzt sie dort, schreckliche Laute ausgestoßen. So werden sich waidwund geschossene Tiere in der Steppe Afrikas anhören, hatte er angenommen, auch solche am Ende eines langen Siechtums.
Der angeschlagene Nazareè hatte die baumlose Leere vor seiner Haustür nicht lange ertragen und wegen der faulen Stadtverwaltung leidend, sein am Monatsende übriggebliebenes Geld über Jahre gespart, war schließlich im Rollstuhl von Tür zu Tür gerollt, hatte gebettelt, oft gedroht. Schließlich war eine schöne Summe zusammen und die Einmischung von außen erinnerte die Stadtverwaltung an ihre Pflicht für eine bessere Lebensqualität durch einen eigenen Beitrag zu sorgen. Nicht nur das, wegen eines Artikels, der im ‚Gardian‘ über die Aktivitäten eines umtriebigen Kriegsversehrten erschienen war, hatte jemand aus der oberen Etage des Rathauses zu besonders schnell wachsenden Bäumen gegriffen, was auch wieder nicht richtig schien, denn jetzt waren die ‚Gingkos‘ so hoch wie zuvor die geschröpften Platanen. Nur störte es niemanden mehr.
Sobald der Tag graute, wartete Herr Nazareè an der noch leergefegten Straße. Eingezwängt in einen verkehrsuntüchtigen Rollstuhl saß er jeden Tag hier und beobachtete seine kleine Welt. Er schien auf etwas Unbekanntes zu hoffen. Neben ihn traute sich niemand, zu abstoßend wirkte der Mann. Ihm war das gleichgültig, im Sommer gefiel ihm sogar sein fast nacktes Äußeres. Des Winters gefiel er sich kaum, auch wenn er auf einem katalytischen Ofen saß, der Alkohol in einem kleinen Flachmann erst in seiner Hand, dann in seiner Kehle brannte. In der kalten Zeit erfüllte lediglich über eisumwobenen Pflastersteinen das Klappern der Pferdehufe touristisch genutzter Droschken die Luft. Autos wählten einen anderen Weg. Die städtische Sightseeing-Gesellschaft hatte sich bemüht das Viertel für den Winter zu erschließen, viel Erfolg war jedoch nicht damit verbunden. Deshalb hatte Herr Nazareè im Winter sehr viel Zeit zum Nachdenken.
Eigentlich fühlte er sich auch in diesem Sommer wohl und manchmal sprach jetzt im Vorübergehen sogar jemand erstaunt auf ihn ein, doch niemand kam ein zweites Mal. Traurig war er nicht darüber, sein Augenmerk galt ohnehin nur den verschiedenen Gesichtern, die auf seiner und der anderen Straßenseite vorbeihuschten. Doch eines Tages hatte er wieder einmal Mut gefasst.
„So langsam wie in diesem Jahr ist es noch nie heller geworden“, sagte Morgan kaum hörbar dem Vorübergehenden, nachdem er einen Satz mit ‘blind herumlaufen‘ gesagt und dachte sich nicht mehr dabei.
„Lieber Freund, das flüstert Ihnen Ihr Alter zu. Übrigens, heute sehen Sie etwas besser aus“, gab Tesla zurück.
„Unerklärliche Distanz, breiter als diese Straße hier, ist zwischen den Menschen, sie sind verunsichert durch ihr unstetes Leben. Kommen Sie heran und beweisen damit ein klein wenig Mut.“
„Ich habe keine Veranlassung am frühen Tag dumme Gespräche zu führen“, wand Tesla ein, „meine Freundin wartet.“
„Die Freundin wartet? Ach, die kenne ich schon. Ihre Taube“, winkte Nazareè müde ab. „Erst reden die Leute allen erdenklichen Unsinn, dann stehen sie dafür auch noch ein.“
Das schien für lange Zeit das einzige Gespräch zwischen ihnen zu bleiben, und es war so. Wochenlang ging Tesla an Morgan vorbei, er grüßte nicht einmal. Morgan ließ es mit sich geschehen, glücklich war er nicht.
„Guten Morgen“, sagte Tesla dann ein andermal betreten zu ihm, seinen vergangenen Angriff hatte er längst bereut. Er wollte reden, denn am gestrigen Tag hatte ihn die Freundin enttäuscht. Mit ein paar Körnern im Schnabel war sie davongeflogen, zufrieden, selbst ohne ein paar Worte für ihn.
„Lassen Sie mich in Ruhe. Gerade hatte ich eine depressive Verstimmung“, gab Morgan zurück.
„Was soll das sein?“, wollte Tesla wissen
„Dysphorie kennen und bei einer ähnlich schwerwiegenden Krankheit passen? Ernst nehmen sollten Sie mich, sonst wäre es besser zu gehen. Aber ich sage Ihnen, heute habe ich gefühlt, einer kommt vorbei der zuhört und nicht nur auf meine Schulter klopft. So im Sinne von ‘nur Mut‘. Aber vor allem, machen Sie das Beste aus Ihrem Leben.“
„Na schön, nehme ich mir ein paar Minuten. Doch verlasse ich Sie sofort, wenn immer nur von Krankheiten und Sorgen geredet wird. Geht es denn nicht auch ein bisschen positiver? Erzählen Sie von Reisen, Geld, Anerkennung, Ihrem hoffentlich aufregenden Leben. Ich will nicht nur von Kummer hören, den trage ich selbst mit mir herum!“
„Ich bin Morgan Nazareè, das Aufregendste an mir ist allerdings mein Nachname. Ausgedacht hatte sich ihn mein Alter, nachdem er vom Klondike zurückgekehrt war. Nach Gold hatte er gesucht. Ärmer als zuvor kehrte leider nur noch ein Schatten seiner selbst zurück und fiel einer Wäscherin in die Arme. Sie schien auf einen wie ihn gewartet zu haben, flugs landete er in ihrem Bett.
Heraus kam ich, stundenlang hatten sie dann viel zu spät nach einem Namen für mich gesucht, bis ein Jahr später‚ John Nazareè entstanden war. In Morgan änderte ich ihn später, der kindliche John belastete mich zu sehr. Sie staunen über ‚John? Was der Name bedeuten soll, kann ich nicht sagen, nur, dass ihn meine Mutter einmal auf der Innenseite eines Hemdes aus reiner Seide gelesen hatte.
Der nicht gerade seltene Name erschien ihr wie ein Zeichen aus einer fremd exotischen Welt. Nichts hatte sie je besessen, jetzt jedoch einen Mann und ein Kind mit vermeintlich besonderer Zukunft. Mutter war daran gewachsen, leider nicht ohne eine gewisse Überheblichkeit anzunehmen. Darüber hinaus schien ‚John Nazareè der Gipfel ihres bescheidenen Luxus zu sein. Ich lernte viel von ihr, noch heute gestattet es mir mein Gesundheitszustand, bügle ich wie kein Zweiter. Jetzt sehen Sie bitte an mir herunter und sagen, was Sie an mir bemerken.“
„Ich sehe Sie nicht schwer, mittelgroß, das bedeutet auf Ihrem Stuhl sitzend etwa vier Fuß bis Unterkante Haarspitzen, ein rundes Gesicht, das man schon der blassen Färbung durch den ewigen Porridge wegen und den vielen feinen roten Adern auf den Wangen britisch nennen könnte, eine akzeptable Denkerstirn, fahlrote Haare, auffallend listige Union-Jack-blaue Augen, Oberarme wie bei einem Boxer und Pranken an den Unterarmen, die zweifellos einer Schlange die Wirbelsäule samt Rippen verdrehen könnten. In den Adern allerdings ein Gutteil unbeugsamen irischen Blutes. Donnerwetter, an Ihnen sind viele unterschiedliche Nationalitäten beteiligt gewesen!“
„Bei dir ist wohl immer alles von allein und auch noch glatt verlaufen, du feiner Pinkel?“
Tesla lachte. „Auf dem Balkan gibt es nichts, was es nicht gibt, und – ich saß eine lange Zeit im Uhrenkasten. Später war ich arm, ich war reich. Viel ärmer und reicher als du dir vorstellen kannst.“
„Reich!“, äffte Morgan Tesla wütend nach, „reich, was bedeutet das schon! Man stößt immer an Grenzen hinter denen sich absolut Neues befindet. Außerdem, was soll schon über Reichtum hinaus erreichbar sein? Ewiges Leben? Das Einzige wofür es sich zu streiten lohnen würde. Aber wie? Wird dir bewusst, dass nach dem Tod nichts ist, beginnt man apathisch zu werden, scheitert bei dem Versuch unbekannte Tore aufzustoßen. Ja, ich will es glauben, du lebtest bestimmt glamourös. Was ist geblieben, Geld? Nein, wie ich dich sehe, ist es die Einsamkeit. Übrigens ein Los, das viele teilen.“
„Abgeben wollten ich Fremden von dem Geld nicht so häufig, meinen Angestellten schon. Nun ist trotzdem fast alles fort, verspekuliert, geschmolzen, sinnlos ausgegeben.“
„Ich glaube, Sie sind ein sehr pathologischer Fall. Setzen Sie sich!“
„Wohin?“
„Stell dich nicht so an. Neben meinen Füßen ist genug Platz.“
„Dort? Warum?“
„Ein einziges Mal im Leben möchte ich einen wichtigen Mann vor mir sitzen sehen. Du bist doch einer von den Großen? Trotzdem ist es nicht zu glauben, das Leben eines reichen Mannes begann in einem Uhrenkasten! So klein warst du mal?“, staunte Morgan und versuchte gleich durch viele eingeschobene Sätze an andere Themen anzuknüpfen.
„Nichts werde ich jemals für dich tun und Wochen habe ich in unserem Uhrenkasten zugebracht“, unterbrach Tesla die vermuteten nächsten Fragen und fuhr an alter Stelle fort:
„Allein und zusammmengekauert im Holz, nur durch das Herz einer geschnitzten Rose hatte ich ein kaum sichtbares Loch gebohrt. Klein genug den Punkt zu übersehen, groß genug um unbemerkt hindurchzusehen. Vielleicht ist das meine schönste Zeit gewesen. Keine Sorgen, nur beobachten. Leider störte das ewige Gebimmel des Uhrwerks, bis es irgendwann nicht mehr zu hören war. Später zogen wir aus den Bergen für kurze Zeit in die Stadt, dann wieder zurück. Vielleicht war das schon mein Unglück. Die Stadt war laut und kalt gewesen, sie blieb mir fremd. An Smiljan konnte ich mich nicht wieder gewöhnen. Was von dem kleinen grünen Ort übrig ist, sind meine Gedanken an ...“
„Gib dich nicht so geheimnisvoll, red‘ schon weiter. Wer bist du?“
„Ich bin Nicola Tesla, und Sie?“
„Das sagte ich schon. Na schön, nochmal. Ich bin Morgan Nazareè! Warum gehen Sie durch diese Straße?“
„Ich liebe meine Taube. Die weiße da, kurz vor dem Gullydeckel, das ist, darf ich vorstellen, meine Tita! Manchmal verfolgt sie mich bis weit in die Stadt. Heute muss Tita allerdings eine besonders gute Nase gehabt haben, denn hier bin ich meines Wissens nach noch nie gewesen. Seit gefühlten vielen Jahren kennen wir uns. Sie ist die einzige, die mir aus der Konkursmasse meines Lebens geblieben ist. Ich weiß, sie macht mich kranker als ich bin. Doch in mir zwingt mich eine große Kraft sie jeden Tag zu sehen. Tita ist wie eine verstorbene Geliebte deren blumengeschmücktes Grab man jeden schweren Tag besuchen muss. Niemand kann anders als ich. Sie einmal einen Tag nicht zu sehen, könnte ihr Ende sein. Vielleicht auch meines.“
„Ich bekomme Angst, wenn Sie so reden. Das Gefühl der Unzufriedenheit kenne ich übrigens seit meiner Kindheit. War es wieder einmal so weit, las mir Vater aus der Wochenzeitung den langen Tag bis zur Dunkelheit Geschichten vor. Jede schöner als die von Tita. In ihnen war die Freude auf ein Leben, das noch vor mir lag. Nichts Bleibendes daraus trat ein. Nun kommen Sie, einer der nur von Schönem hören will und dabei doch in Trauer versinkt? Das ist, entschuldigen Sie meine direkte Art, einfach lächerlich.“
Tesla wandte sich ab. Die Geschichten eines verblichenen Vaters interessanter als seine über Tita? Das war unmöglich. Bestrafen sollte man Morgan für diesen Gedanken. Überhaupt, konnte es etwas Schöneres als eine Geliebte geben? Zudem war Tita eine Anhängliche, das ist in dem Geschlecht nicht normal. Normal empfand er nur seine Beziehung zu ihr. Soll doch der Morgan glauben was er will, dachte Tesla, der muss mit seinen Vermutungen weit daneben liegen. „Erzählen Sie mir mehr aus Ihrem Leben“, wollte er den Rollstuhlfahrer fragen, doch inzwischen hatte sich Morgan wieder abgewandt und beschäftigte sich mit neuen Gedanken.
Woher kam nur der wiederkehrende Zweifel einen geistig gesunden Menschen vor mir zu haben?, dachte er. Natürlich, seine Rolle in diesem Stuhl, die lange Beschäftigung mit verblichenen Freunden und Kameraden hatte ihn aufmerksam für die kleinen und großen Krankheiten der anderen gemacht. Der vor ihm, adrett gekleidet, mit gebräuntem, untypisch für das Alter glattem Gesicht, schien normal in seinem Verhalten, doch da oben in seinem Kopf könnte ein unbekanntes Durcheinander herrschen, das ahnte er. Eine Taube lieben? Wo gibt es denn so was?
Nicht, dass ihn diese Vögel interessierten, aber der Vormittag hatte erst begonnen, geredet hatte er auch lange nicht mit jemandem und die eigene Geschichte war so oft durchgespielt worden, dass sie ihn allmählich anwiderte. Vor ihm stand also wie gerufen ein Opfer dem er nicht so schnell die Möglichkeit einer Flucht bieten wollte.
„Welchen Lebensweg ich hinter mir habe, das sehen Sie ja an meinen Beinen. Nun erzählen Sie lieber aus Ihrem Leben, aus dem bisschen was ich bisher gehört habe ist ja nicht viel zu erkennen!“
„Jawohl, Herr General! Was ich bisher erzählte, reicht Ihnen nicht? Also, ich bin Nicola Tesla, das sagte ich schon, geboren als Sohn eines Priesters achtzehnsiebenundfünfzig in Smiljan, das ist im fernen Kroatien. Ich habe mehrere Geschwister von denen eines früh verstarb, ging ein paar Jahre später aufs Gymnasium, hatte ein Stipendium in Graz, flog nach ganzen zwei Jahren von der Schule, arbeitete und studierte Stromversorgung in Prag, war danach danach in Budapest beschäftigt, ging nach Paris, wanderte mittellos nach New York aus, arbeitete die erste Zeit bei dem Herrn Edison. Wir zerstritten uns bald, danach arbeitete ich für und mit dem guten Westinghouse, gründete auch eigene Firmen. Seit dieser Zeit habe ich alle Höhen und Tiefen ertragen, die ein Entdecker in seinem Leben hinter sich bringen kann. Darauf bin ich stolz.“
„Mann, nicht so schnell, sonst kann sich das ja keiner merken. Und bitte nicht jede Kleinigkeit!“
„Ich kann mein Leben nicht in einem Satz darstellen. Es ist zu viel passiert, alt bin ich auch. Da sammelt sich einiges an. Also weiter, ein bisschen müssen Sie noch durchhalten. Besonders wichtig im anschließenden, vom schmutzigen Edison inszenierten, Stromkrieg war mein Sieg bei den Aufträgen für die Weltausstellung in Chicago und der Einbau von Generatoren in die Kraftwerke der Niagara-Fälle mit anschließendem Stromnetz bis nach Pennsylvania. Verlieren musste Edison weil er Hersteller und verbohrter Vertreter einer verzopften Gleichstromtechnik war, damit leicht besiegt werden konnte durch die Überlegenheit meines Besseren.
Die anschließenden Geschichten mit dem Westinghouse lasse ich jetzt weg, Rollstuhlfahrer scheinen mir keine geduldigen Zuhörer zu sein. Vielleicht sollten Sie nur noch wissen, mein gesamtes Leben, wie eben angedeutet, glich einer rasanten Achterbahnfahrt. Arm, reich, Glück, Unglück, hochgelobt und schnell verstoßen. Alles in dichter Reihenfolge, dass mir manchmal schwindlig wurde. Jetzt wohne ich in London und lebe nicht etwa von den Millionen, die ich hatte oder hätte haben können. Westinghouse zahlt mir eine Rente, sie hält mich am Leben.“
„Siebenundfünfzig geboren? Dann sind Sie ja schon um die achtzig. Donnerwetter!“
„Lächerliche fünfundachtzig!“, schnaubte Tesla.
„Auf Ihre Taube sind Sie nicht weiter eingegangen. Sie ist wohl doch ein Geheimnis?“
Tesla war mit Morgans Reaktion nicht besonders glücklich. Über Geliebte, wusste er von den Eltern, redet man nicht öffentlich, und Geschenke hatte er heute schon genug verteilt. Morgan musste zufrieden sein.
„Wenn schon nicht weiter über diese Tita geredet werden soll, wie wäre es denn, vom Anfang Ihres sogenannten genialen Lebensweges ein paar Worte zu hören? Smiljan ist mir nun gut bekannt, liegen dort vielleicht schon die Anfänge Ihrer technischen Laufbahn?“
Das ist merkwürdig, dachte Tesla, du hast dich so intensiv auf deinem Weg nach vorn bewegt, dass du nie an den Anfang gedacht hattest. Nun sitzt so einer vor dir und fragt dich neugierig danach.
Tesla brauchte eine Weile sich an die Anfänge zu erinnern, dann redete er hastig. „Ich ging durch den Wald und betrieb ein Spiel, das ich immer spielte. Schon sehr früh hatte ich damit begonnen in den Sandboden hinein Linien zu zeichnen. Erst waren sie ohne jeden Sinn, langsam wurde mehr daraus und ohne, dass ich davon wusste, entstanden die einprägsamsten Bilder. Der Zustand war kurz, allmählich fügte sich ein weiterer Sinn hinein, der mir noch unbekannt war. Auch kein anderer Mensch konnte mit ihm etwas anfangen. Mutter vertraute ich mich gar nicht erst an, fragte ich Vater, waren seine Erklärungsversuche immer religiöser Art. Wenn ich auch eine unbekannte Kraft hinter meinen Erkenntnissen vermutete, ergaben mir Vaters Erklärungen keinen Sinn. So saß ich oft herum und wartete auf eine Erleuchtung. Mit der Zeit vergaß ich die Spielereien. Sie erwachten erst wieder, als ich mich in Budapest an einem heißen Tag im Park ausruhte. Die bisherigen Stunden des Vormittags hatten mich in meiner stickigen Werkstatt bei der Arbeit als Telegrafenamtstechniker nicht sonderlich gefordert und spürte an die Luft gehen zu müssen, um in irgendeiner Weise die bedrückende Normalität abzustreifen.
Nicht nur ich spürte den Wunsch nach Freiheit, alle Plätze waren von Menschen besetzt, die nach dem langen schlechten Wetter unbedingt ins Freie mussten. Ohne, dass mir anderes möglich war, setzte ich mich. Über mir der Schatten einer Pinie, unter mir weiches Gras, vor mir eine reinweiße Sandfläche. Ein kleiner Birkenast lag neben ihr und wie von Geisterhand geführt zeichnete ich den Aufbau eines Motors in den Sand. Nichts an ihm war vergleichbar mit den Geräten aus der Universität, deshalb glaubte ich zunächst ein Fantasiegebilde vor mir zu haben. Langsam erkannte ich den revolutionierenden Aufbau und wusste sofort, mich nicht mehr um meine Professoren kümmern zu müssen. Keiner könnte verstehen, nicht einmal es zu versuchen würden sie wollen. Stumm lag ich vor der Zeichnung und konnte kaum begreifen, dass ich sie angefertigt hatte. Mehrfach prüfte ich den Aufbau, kam jedoch immer wieder zu dem gleichen Schluss, etwas Neues entdeckt zu haben. Alles an ihm war so anders, dass ich zunächst niemanden fand, der sich auch nur im Geringsten von der Sensation überzeugen ließ. Doch in mir war ein Feuer entstanden, das bis heute nicht erloschen ist.
Mein fotografisches Denkvermögen speicherte das Bild und führte mich während des Studiums mit einem Professor zusammen, der als erster einen Hauch meiner verborgenen Fähigkeiten erkannte. „Auch wenn Sie die Bedeutung für unsere Technik längst erahnen, sage ich Ihnen, wird Ihr Vorstoß der Anfang einer großen Zukunft sein. Vertrauen Sie sich, öffnen Sie das Buch der Forschungen neu. Das Zeug dazu befindet sich in Ihrem Kopf.“
Obwohl er meinen Gedankengängen nicht bis ins Letzte folgen konnte, war mir der Mann sofort zu einem Vater geworden. Was aus mir bei einem längeren Aufenthalt in Budapest geworden wäre, kann ich nicht sagen, aber er war es, der mir den Mut gab die Welt für mich zu gewinnen. Erst folgten kleinere Schritte, dann Paris und endlich New York. Sind das auch viele Stationen die ebenso der rastlose Steinzeitmensch hätte hinter sich bringen können, am Ende meiner Reise bin ich noch lange nicht. „Gehen Sie woanders hin“, hatte mir der Professor geraten, „hier umgibt Sie ein Muff, der durch keinen Ihrer Lehrer besser werden wird. Ihnen muss einmal die ganze Welt offen stehen.“
Wenn einem so etwas gesagt wird, kann man an der damit verbundenen Verantwortung zweifeln oder zugreifen. Plötzlich spulten sich zudem Gedanken an tausende von Zeichnungen in meinem Kopf ab, sie umzusetzen verspürte ich eine unbändige Lust, sodass es mir nicht anders möglich war, als zu meiner Pflicht zu stehen.“
An dieser Sekunde seiner Erinnerung hatte Tesla ausgeträumt. Er könne nicht weiterreden, versicherte er Morgan, gab ihm zum ersten Mal die Hand und ging zurück in seine alleinige Welt die sich in einem Palast von Haus befand.
*
Nicht, dass sie nun oft aufeinander trafen. Die Tage vergingen in ihrem vorgegebenen Ungleichmaß und Morgan vergaß sein Misstrauen. Gab sich Tesla doch ohne Zweifel wie ein gesunder Mann, dazu noch von unantastbarer Welt. Dann und wann traute sich Morgan weiter nach Teslas Kindheit zu fragen, war ihm doch die Erinnerung an die Anspielung auf das Versteck im Uhrenkasten nicht abhandengekommen. Doch selbst bei direktem nachfragen war seinem Partner nichts weiteres zu entlocken. Morgan war unsicher, ob die Geschichte ein Geheimnis umgab, oder waren es belanglose Erinnerungen? Glauben wollte Morgan weder das weder das Eine noch das Andere. Er fühlte nur auf den richtigen Moment warten zu müssen. Auf die richtige Antwort würde der Tesla von ganz allein kommen. Was ihn jedoch in der nächsten Zeit wunderte war, wie schnell sie sich näher kamen. Zwar wurde nicht von Freundschaft gesprochen, immerhin, etwas ähnliches könnte es werden.
*
„Oh je, schon wieder der gute Freund aus Smiljan, heute gehen Sie wie ein sehr alter Herr. So kommt niemand irgendwo pünktlich an.“
„Sie können wohl nicht anders! Jeden Tag eine flotte Bemerkung, was? Ihr Rollstuhl aber, mein Freund, sieht auch nicht gerade wie ein Ferrari aus.“
„Na ja, könnte sein, dass er hier an der Straße ein bisschen plump wirkt“, Morgan unterbrach, „aber Sie hätten ihn mal auf einer abschüssigen Bahn erleben sollen!“ Tesla und Morgan sahen sich an und begannen zu lachen, dass sich die Leute auf der anderen Seite der Straße verwundert umsahen.
„Wie sind Sie zu Ihrem großartigen Gerät gekommen, es ist doch nicht aus den Wolken gefallen?“, wollte Tesla wissen. Zu Anfang, wenn der Andere noch unbekannt ist, man nicht zu den ordinären Vielrednern gehört, ist alles schwer. Man versucht es mit irgendwas Unverfänglichem, oder kommt mit einem noch ungefährlicheren Thema länger ins Gespräch. Tesla hatte nicht vermutet, dass sich ein Gespräch über einen Rollstuhl länger als ein paar Sekunden hinziehen könnte, doch hatte er sich getäuscht.
„Wie für mich bestimmt, wurde er hier vorbeigeschoben“, Morgan tat bei dem Gedanken an den Abend ziemlich souverän, „irgendwo vor Jahren, das geschah als ich gesund aus dem Krieg zurückgekehrt war und noch nicht sitzen musste. Seinen damals noch schicken Rollstuhl schob ein Mann direkt an mir vorbei. So krank wie ich mal sein könnte, kann er nicht werden, dachte ich mir, drehte mich ein Stückchen zur Seite, streckte mein Bein in der entscheidenden Sekunde nur ein klein wenig in die Mitte des Weges. Der Arme stolperte und wollte, nach meinem verlorenen Blick und meiner sehr tatkräftigen Hilfe beim Aufstehen, sein Gefährt nicht mehr. Ehrlich, ganz freiwillig! Ohne, dass ich anschließend auf seinen schmerzenden Fuß achten konnte, und ohne das es jemand bemerkte, sicherte ich mir den Stuhl indem ich ihn auf mein Grundstück schob. Wie vorausschauend das gewesen ist! Abends besah ich sehr interessiert meine Neuerwerbung und wie man bemerken könnte, hat sie nichts von ihrer Attraktivität verloren, sagen Sie das wenigstens. Noch immer besitzt das Gefährt vier blanke Speichenräder, zwei kleine lenkbare und zwei starre, eine klappbare Trittstufe für müde Füße, ein hübsch buntes Plastikkissen auf hölzerner Sitzfläche und ein besonders notwendiges Gepäcknetz für allerlei Gedöns. Das Schönste an ihm aber ist seine erstaunliche Aura. Sie besteht aus einem Quäntchen Nichts, angefüllt mit meiner überbordenden menschlichen Energie. Entstanden aus den bittervollen Gedanken an meine leider untergegangene Zeit. Sie, nach all den Hinweisen auf mein treues Gefährt würde ich jetzt gern eine rauchen. Nikotinmangel, Sie verstehen schon“, sagte Morgan gutgelaunt, denn den anderen hatte er verblüfft.
„Sie rauchen?“, wollte Tesla wissen.
„Um Gottes willen! Sie?“
„Nein.“
„Warum fragen Sie dann?“
„Ich habe nicht gefragt, Sie waren das!“
So hätte es noch lang weiter gehen können, wäre da nicht eine Nachbarin vorbeigegangen. Morgan wusste nicht, ob es aus Absicht geschah, alle Tag war sie langsamer geworden, meinte er jedenfalls, so dass jeder ihr Parfüm wahrnehmen konnte. Heute wollte ihn ihr Duft gar nicht verlassen, auch Tesla sah sich verwundert um.
„Was für ein attraktives Wesen sie ist. Mein Herr, Ihr Aufenthalt an der Straße verursacht also nicht nur Schmerzen gepaart mit Fernweh, Sie interessieren sich ebenfalls für das schöne Geschlecht!“
„Warum denn nicht?“, gab Morgan nervös zurück. „Mit Frauen beginnt jeder Tango. Frauen interessieren mich mehr als Benzindunst oder die Unfälle direkt vor mir. Warum ich dann mit Ihnen rede, obwohl Sie keine Frau zu sein scheinen? Mir gefällt eben Ihre Anwesenheit, aber ich weiß wenig von Ihnen. Wäre jetzt nicht der richtige Moment von ein paar weiteren Geheimnissen zu erfahren?“
Tesla ahnte nicht, wie auf diese unvermutet direkte Frage einzugehen ist. Sicher, im Leben hatte er schon oft vor ähnlichen Situationen gestanden und immer einen glänzenden Einfall gehabt sie zu entschärfen. Um das Heft des Ablaufs in der Hand zu behalten, hatte ihm schon sein erster Sprachtrainer eingeflüstert, ist es wichtig, dass sich der Frager nicht zu sicher sein darf. Sitzt man also in einer geschäftlichen Runde und wird derart angegangen, ist dem Verlangen nach einer direkten Antwort auf keinen Fall nachzukommen.
Diesen Druck zu umgehen, kann eine Kunst sein. Nicola beherrschte sie wie kaum ein Zweiter. Heute war es anders. Die Zeiten der großen Konferenzen waren lang vorbei, doch wahrscheinlich lag es eher am Thema. Wer spricht schon gern über undurchsichtige Kindheitserinnerungen?
„Mich interessieren Frauen nicht mehr“, log Tesla und versuchte die Zeit ein wenig zurückzudrehen. „Mir fällt jedoch ein, was mich als Kind beschäftigt hatte. Der Anfang war indirekt durch meine Eltern entstanden, denn bis dahin hatte mich nichts auf die Idee gebracht, Malerei zu beachten.
Bis beide mich meiner freien Zeit wegen, die mir eines Sonntags gewährt wurde, die sie jedoch in erster Linie für sich brauchten, für den Nachmittag mit einem Onkel verkuppelten. Onkel Preddy war ein Kulturmensch, er führte mich in ein Museum und wies gleich in der ersten Etage auf ein abstraktes, vorherrschend azurblaues, mit vielen bunten Tupfern versehenes Bild, den Namen des Malers hatte ich leider schnell vergessen. Lang stand Preddy mit mir davor und erklärte eine Kleinigkeit nach der anderen.
„Sieh genau hin“, forderte er mich auf, „aus diesem Bild kann man viel lernen. Das Pendel der Uhr zum Beispiel ist an einem Punkt angehalten, an dem es normalerweise nicht verharren kann. So soll der Stillstand einer Zeit, wie sie auf uns warten wird, symbolisiert werden.“
Ich vergaß bald jeden seiner Sätze, gelernt hatte ich auch nichts aus ihnen. Bis ich mich einmal im Dachzimmer verkroch, irgendetwas war von mir angerichtet worden und die Eltern wollten mich bestrafen. Ich stand also vor der alten Standuhr, die sich den Fenstern gegenüber befand. Ich meinte eine große Stille zu hören und mein Kopf folgte unaufhörlich dem nach links und rechts ausschlagenden Pendel. Aus der Mitte stürzte sacht farbloses Ticken auf mich ein. Es erinnerte an den Tag im Museum und die Erklärungen des Onkels.
Von Stillstand hatte ich an unserer Uhr nichts bemerkt. Vielleicht läßt sie sich gar nicht anhalten?, meinte ich und sah auf eine hölzerne Erweiterung, die sich gleich unterhalb des Pendels befand. Die Tür vor dem Pendel probierte ich zu öffnen, sie war verschlossen. Dann wollte ich in den unteren Kasten steigen, dachte, vielleicht lässt sich die Zeit von dort anhalten. Also öffnete ich die kleine Tür und kletterte hinein, fand jedoch keine Möglichkeit etwas von ihrer Mechanik zu berühren. Aus der Suche wurde ein Spiel, zu dem ich oft in den Kasten hineinkletterte.“
„Na gut, das war nur der Anfang. Wovon?“
„Sie wollen, dass ich einen weiteren Schritt zurückgehe? Warum nicht, ich werde sicher noch oft von der Uhr erzählen. Bei meinen ersten Besuchen im Kasten war es dunkel und stickig gewesen, um mich herum flirrte eine durch Olivenholz hervorgerufene besondere Atmosphäre, was sich bald änderte. Ständig hörte ich das monoton leise Surren der Zahnräder, das manchmal sprunghafte Entspannen der Unruhspirale, es war Musik in meinen Ohren.
Ich begann nicht nur diese Art von Musik zu lieben. Meine Gespinste weiteten sich aus, sah mich als erfolgreichen Mann und hatte noch keine Ahnung auf welchem Gebiet. Alles um mich herum war neu, auch Freunde wuchsen in diesen Träumen, dazu ein allgemeines Glück. Saß ich am nächsten Tag im Kasten, erfasste mich anfangs ein merkwürdiger Schwindel. Alles drehte sich um mich. Zu erklären war mir das nicht. Doch ahnte ich bereits, dass mich die Stunden in dem Uhrenkasten für mein Leben formen würden. Ob ich damit glücklich war, schon so früh meinen Lebensweg gefunden zu haben, weiß ich nicht. Irgendwie muss mich dieses Drehen im Kopf, dieser Schwindel jedoch verändert haben. Dann bemerkte ich das Pendel. Das Pendel faszinierte mich! Zu keiner Sekunde stand es still. Hin und her und her und hin schwang es. Dieses Schwingen war, was mich faszinierte, anders als das Pendel auf dem Bild des Onkels. Meines wechselte ständig die Richtung. Das Pendel als Objekt machte mich nicht neugierig, es war dieser Wechsel. Seit der Zeit interessierte mich auch eine Gerade nicht mehr. Die Kreissegmente des schwingenden Pendels bestimmten von nun an mein Leben. Von Smiljan der Weg ins quirlige nächste Dorf? Da war immer nur eine Richtung, wie langweilig!
Langeweile ist nicht mein Leben. Das wusste ich schon zu diesem Zeitpunkt. Der Wechsel war, was mich faszinierte und bis heute begleiten sollte. Bald war es so, dass ich mit geschlossenen Augen sah wozu man einen Wechsel nutzen könnte, einen Strom von Möglichkeiten entdeckte ich. Räder die sich wie von Geisterhand bewegen, Menschen, sich in Höhen schraubend, untergehend, andere die sich mit anderen am anderen Ende der Welt unterhielten, sich Energie aus den Wolken holten. Ich wäre verantwortlich dafür! Allein, mir fehlten die Möglichkeiten schon jetzt meine Ideen umzusetzen.
Nicht selten geschah es, dass mein Bild von mir stark ins Wanken geriet. Das war der Fall, wenn sich das sonore Schleifen der Zahnräder aus mir unbekannten Gründen ins uferlose verstärkte und in meinen Ohren wahre Feste stattfanden – dem Donnern des Wassers ähnlich, welches sich einen Abhang hinabstürzt. Dann konnte ich den Aufenthalt im Kasten kaum länger ertragen. Nicht auf die Vermeidung jeglichen Geräusches achtend quälte ich mich schwitzend heraus. Da diese Vorfälle nur im Winter auftraten stürmte ich die Treppe hinunter, legte mich bäuchlings auf den Boden, arbeitete wild mit den kleinen Händen, um mich mit kaltem Schnee zu bewerfen.
Den gab es reichlich. Wenn ich einen guten Tag hatte, war durch den Widerhall des Geräusches in dem Kasten so viel Energie in meinem Körper gespeichert, dass ich mich mühelos mehrere Minuten in den weißen Dünen behaupten konnte. Einmal überdeckte mich ein erneuter Schneeschauer in wenigen Minuten. Meine Mutter erschrak fast zu Tode, als sie in dem Moment während ich mich erhob, an mir vorbei ging. „Tue das nie wieder“, schalt sie mich. Warum ich dort gelegen hätte, fragte sie nicht, vielleicht war sie mit den Gefühlen noch bei ihren Geliebten und ebenfalls nicht ganz bei sich. Diese Vorfälle waren selten, viel häufiger war es, dass die Eltern nur nach mir riefen, hatten sie mich endlich vermisst. Wäre ich nicht nach vielen Stunden auf die Rufe meiner Eltern eingegangen, möglich wäre gewesen die ganze Nacht und den nächsten Tag in diesen Kastenträumen zu verbleiben. Bald gelang es mir meine gedanklichen Ungetüme besser in den Griff zu bekommen. Ich konnte bestimmen welches zu kommen, welches zu gehen hatte.
Trat im Dunkel einmal eine Pause des Denkens ein, achtete ich auf dieses alles bestimmende ‘tick und tack‘. Bis zu tausend Mal habe ich sein Geräusch, das mein Innerstes vollständig ausfüllte, gezählt. Es führte dazu mir ein gutes Zeitgefühl anzueignen. Ich konnte sagen, wann eine Minute, zehn Minuten, eine Stunde vorüber waren. Dieses Ticken der Uhr ergänzte sich mit den Melodien aus Vaters Violine und bald wurde es mir bedeutender. Schließlich konnte ich selbst bestimmen wann die Zeit meinen Aufenthalt und mein Denken bestimmte.
Nicht immer gab es aufregende Tage. Langweilig war mir oft, was sich manchmal rasch ändern konnte. Einmal saß ich im Uhrenkasten, döste vor mich hin und wie das so ist, wenn keine gute Stimmung herrscht, man quält sich noch mehr. Meine Gedanken kreisten daher um die Furcht, dass mich bei Entdeckung nicht nur Mutter prügelen würde. Selbst Vater, wenn auch nur zum Schein. Das erste Mal, als er von Mutter gehört hatte, ich sei im Uhrenkasten Zeuge ihrer Vergnügung gewesen. Er holte weit aus, und ich sah welche Anstrengungen ihn das kostete, aber mit Blick auf Mutter hatte er sich verpflichtet gefühlt. Er schlug, aber ich spürte keinen Schmerz, denn er deutete die Schläge nur an. Solange, bis ich beschloss der Spaß müsse ein Ende haben und wehrte mich mit ganzer Kraft. Als deutlich wurde wie leicht sich Vater besiegen ließ, flossen mir Tränen aus Scham und Enttäuschung in mein Kissen. Dass er mehr empfunden haben musste, als tiefe Distanz zur Gewalt bemerkte ich am Abend, denn der Korpus seiner Violine weinte schrecklich und meine Tränen verwandelten sich in liebendes Mitgefühl.“
„Das war sicher kein Tag für dich, ist dir kein besserer in Erinnerung?“
„Mein schönster Tag? Du wirst dich wundern, denn er hat so gar nichts mit meinem normalen Leben zu tun. Hör zu, da muss ich nicht lange überlegen. Noch jung saß ich auf einer Terrasse, von gegenüber sah ein Topf mit, vielleicht waren es Margeriten, herüber. Sie wimmerten um Erbarmen, Läuse hätten Stumpf und Stiel überfallen, sie würden das Leben aus ihnen heraussaugen. Die rasch zur Anklage gewordenen Schreie riefen mich zur tatkräftigen Hilfe. Zwei Stunden tat ich nichts anderes, pflückte eine Laus nach der anderen von Blüten und Blättern. Anschließend bemächtigte sich meiner ein eigenartiges Gefühl. Auch wenn es mir nicht gleich so schien, nie hatte ich mich ausgeglichener gefühlt. Einen Tag später war die Freude darüber verflogen, die Läuse waren zu Tausenden zurückgekehrt. Morgan, auch wenn du nicht willst, einmal mit Geschichten aus der Jugend begonnen, musst du dir auch gleich die nächste anhören.
Schon in den Nächten zuvor, in denen ich mich sehr von meinen schon beginnenden Störungen bedrängt gefühlt hatte, tauchte oft das Gesicht eines Freundes auf. Immer war er im Stande gewesen sein Elend zu vergessen, sich auf das Wesentliche der Tage zu konzentrieren. Dafür habe ich ihn bewundert. Vielleicht erzähle ich einmal mehr von ihm. Oft geschah es, dass meine Gedanken weiterwanderten zu Joseph, seinem Bruder. Warum weiß ich nicht, weder war er Vorbild noch hatte er sonst auffällige Merkmale. Vielleicht ist es das, was ihn für mich interessant machte, so ein ganz normaler Typ. Einer, wie ich nie sein wollte. Meine Gedanken hatte er nicht nötig, denn er besaß ganz andere, von früh bis spät hatte er seinen Abwehrmechanismus zu pflegen. Es bedurfte daher besonderen Glücks mit ihm zu reden, vielleicht seinen Rat zu hören. Für sich räumte er die Probleme still lächelnd aus dem Weg, das blieb nicht verborgen. Wegen dieser Art hatten wir uns kennengelernt, denn meine Sorgen wuchsen stetig an.
Eines Abends erreichte mich eine unerwartete Nachricht. Joseph wollte wissen, ob ich ein paar Minuten für ihn hätte. Ich fand, es sei ein bisschen spät und wollte mich, was es auch sei, nicht auf seinen Wunsch einlassen. Doch von ihm zu einem Treffen gebeten zu werden, war schon etwas Besonderes. Ich ging also zu ihm, und hoffte er würde mir Gelegenheit geben von meinem seltsamen Zusammensein mit der Margerite zu erzählen. Er aber ließ mich nicht zu Wort kommen, so erfuhr ich von seinem Problem, das er nicht allein lösen wollte.
Morgan, nun müssen Sie wissen, ich bin wie ein Blatt, so eines mit einer Schokoladenseite, aber die andere ist ganz anders. Ich pochte also darauf von mir zu erzählen und nahm meine ganze Kraft zusammen. Trotzdem gelang es mir nicht seinen Redefluss zu unterbrechen. Dann klebte ich ihm eine, schließlich war ich der ältere! Er aber redete unbeirrt weiter, und dann machte mich seine Geschichte hellhörig.
Da gab es eine Freundin, sagte Joseph, sie war erst acht, er neun. Er war ihr Lächeln, ihr ganzer Stolz. Dann lernte er Ludmilla kennen, aus war‘s mit Marias Liebe. Verzeihen konnte sie ihm nicht und so leide er bis heute unter ihren bößartigen Nachstellungen. Gut, die Briefe könne er ungelesen zerreißen. Leider sei er krankhaft neugierig, wisse daher, dass sie wie eine Klette an ihm hänge. Was soll er tun?
Unglaublich, der Eigenbrötler Joseph fragt den Sonderling Nicola wie er aus einer Schwierigkeit, die ich noch gar nicht kannte, ohne Verlust herauskommen könne! Hilflos hob ich die Hände, denn es misslang mir mich in ihn hineinzuversetzen. Nur an eines kann ich mich erinnern. Mein Freund, sagte er nach unseren schweigsamen Minuten, du bist unerfahren wie ich, lass dich deshalb nie auf Frauengeschichten ein.