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Manche Pferde können ihren Reiter zur Verzweiflung bringen: Keinen Schritt tun sie freiwillig unter dem Sattel, und nichts in der Welt scheint sie in Gang bringen zu können. Oft entwickelt sich ein Teufelskreis: Der Reiter hat immer weniger Lust, sein Pferd zu bewegen, und sucht wiederholt nach Ausreden, das Training ausfallen zu lassen. Durch diese Passivität wird das Pferd jedoch zunehmend unbeweglicher und behäbiger. Dieses Buch zeigt Lösungswege auf, die aus der vermeintlichen Sackgasse führen können. Zunächst werden die möglichen Ursachen beschrieben, die meist für eine dauerhafte Antriebsschwäche verantwortlich sind und die es gilt, für jedes einzelne Pferd herauszufinden - von körperlichen Beschwerden bis hin zu fütterungsbedingter Leistungsschwäche und einer ständigen Über- oder Unterforderung des Pferdes. Ist in dieser Hinsicht alles in Ordnung, geht es darum, einen grundsätzlichen Weg zu finden, um das Pferd erfolgreich zu aktivieren. Das Buch zeigt hierfür fünf Prinzipien auf, die man beachten sollte, um sein Pferd wirksam und fair auf Trab zu bringen. Damit das vermeintlich faule Pferd wieder Spaß an der Bewegung bekommt, bedarf es vor allem sehr viel Kreativität. Deshalb stellt die Autorin eine Vielzahl von Möglichkeiten vor, wie man den Trainingsalltag auflockern und beim Pferd die Lebensgeister wecken kann. Hinzu kommen zahlreiche Zusatztipps für effektive Treibhilfen und andere Muntermacher.
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Seitenzahl: 91
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Impressum
Copyright © 2007 by Cadmos Verlag, Brunsbek
Gestaltung und Satz: Grafikdesign Weber, Bremen
Fotos und Grafiken: Birgit van Damsen
Lektorat der Originalausgabe: Anneke Bosse
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nurnach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
eISBN 978-3-8404-6325-9
Inhalt
Da muss doch etwas „faul“ sein:
Wenn das Pferd nicht laufen will
Auf der Suche nach den Ursachen:
Wer ist schuld?
Physische Störungen und Erkrankungen
Rasse- und typbedingte Behäbigkeit
Haltungsbedingte Steifheit und Lethargie
Fütterungsbedingte Leistungsschwäche
Trainingsbedingte Triebigkeit
Die fünf Prinzipien der Aktivierung:
So bringen Sie Ihr Pferd auf Trab
1. Positive Einstellung und entschlossenes Auftreten
2. Wirkungsvoll kommunizieren
3. Richtig aufwärmen und lösen
4. Schritt für Schritt konditionieren
5. Wechselspiel von Spannung und Entspannung
Mit Spaß und Fantasie gegen Langeweile:
So wecken Sie die Lebensgeister
Freiwillige Mobilisierung
Massage, Freilauf, Springgymnastik
An der Hand in Gang setzen
Führen, Bodenhindernisse, Longe, Langzügel
Gegen den Reitbahntrott
Übergänge, Bahnfiguren, Stangenarbeit, Trailhindernisse, ohne Sattel odermit Halsring
Geländegängiger im „Fitnesszentrum“ Natur
Gymnastik beim Ausreiten, Naturhindernisse, Intervalltraining
Partner-Power
Handpferdereiten, Lauftrieb
Im Geschirr in Schwung kommen
Zugkraft, Einachser, Schlittenfahren
Vom passiven zum aktiven Pferd:
Arbeit, die sich lohnt
Da muss doch etwas „faul“ sein:
Wenn das Pferd nicht laufen will
Gähnen ist oft Ausdruck von Langeweile
Jeder Reiter, der schon einmal versucht hat, ein extrem triebiges Pferd in Gang zu bringen, weiß, wie schwierig das sein kann: So sehr man sich auch bemüht – das Pferd ist einfach nicht zu mobilisieren und läuft wie mit angezogener Handbremse Man treibt mit allem, was man einsetzen kann: Gesäß, Schenkeln, Stimme und schließlich Gerte oder Sporen, aber bestenfalls ist der Erfolg nur kurzfristig, und nach ein paar Minuten schleicht das Pferd wieder müde vor sich hin. Am Anfang reagiert man noch verärgert oder sogar erzürnt, bald schon aber resignieren die meisten Reiter verzweifelt. Das Problem scheint unüberwindbar zu sein, woraus sich häufig ein Teufelskreis entwickelt: Der Reiter hat immer weniger Lust, sein Pferd zu bewegen, und sucht wiederholt nach Ausreden, das Training ausfallen zu lassen. Durch diese Passivität wird das Pferd jedoch zunehmend unbeweglicher und behäbiger.
Dieses Buch möchte Lösungswege aufzeigen, die aus der vermeintlichen Sackgasse führen können. Hierzu wird zunächst nach den möglichen Ursachen geforscht, die meist für eine dauerhafte Antriebsschwäche verantwortlich sind und die es gilt, für jedes einzelne Pferd herauszufinden. Die Gründe, warum ein Pferd lustlos dahintrottet, können sehr unterschiedlich sein: eine noch nicht entdeckte Erkrankung, ein drückender Sattel, Energie- oder Mineralstoffmangel, eine die Bewegung einschränkende Haltungsform, typbedingte Probleme oder Trainingsfehler.
Ist das Pferd jedoch kerngesund, passt die Ausrüstung und sind Haltung sowie Fütterung art- und leistungsgerecht, muss überlegt werden, wie grundsätzlich vorgegangen werden sollte, um das Pferd erfolgreich zu aktivieren. Hierfür werden fünf Prinzipien formuliert, die man stets beachten sollte, wenn man sein Pferd wirksam und fair auf Trab bringen möchte.
Auf der Suche nach den Ursachen:
Wer ist schuld?
Rückenprobleme sind häufig schuld, wenn ein Pferd die Freude an der Bewegung verliert.
Es ist sehr wichtig, dass man unbedingt den Grund für das äußerst träge Verhalten seines Pferdes ausfindig macht. Versucht man, ein krankes Pferd zu motivieren, riskiert man eventuell folgenschwere gesundheitliche Schäden. Aber auch andere Ursachen müssen erkannt und möglichst verhindert oder behoben werden, weil sonst alle Anstrengungen zur Aktivierung von vornherein zum Scheitern verurteilt wären.
Physische Störungen und Erkrankungen
Alle ernsthaften Erkrankungen ziehen beim Pferd eingeschränkte Lauffreude oder Leistungsverweigerung nach sich. Es gibt jedoch eine Reihe von körperlichen Problemen, die nicht oder nicht gleich von Beginn an als Krankheiten erkennbar sind, sondern sich unmerklich einschleichen und/oder nur eine generelle Konditionsschwäche bewirken können.
Arthrosen sind zu Beginn nur mit Röntgenbildern zu diagnostizieren.
Bewegungsapparat
Während Zerrungen, Risse und akute Entzündungen der Sehnen relativ schnell durch Schwellung, Druckschmerz und Lahmheit deutlich erkennbar sind, sind die Schmerzen bei einer durch dauerhafte Überlastung entstehenden chronischen Entzündung des Fesselträgers (einer Sehne, die zusammen mit den Gleichbeinen und Gleichbeinbändern das Fesselgelenk aufrecht hält) anfangs so gering, dass das Pferd zwar unwillig läuft, aber nicht lahmt. Wird das Pferd dann weiter geritten, kann der Fesselträger noch stärker geschädigt werden. Zwar bewahren elastische, gut entwickelte Muskeln die Sehnen vor Schäden. Ist die Muskulatur des Pferdes allerdings nicht ausreichend aufgewärmt, schwach oder schlaff oder bereits schon müde und hart, können sie erhöhte Belastungen nicht mehr auffangen. Deshalb sollte man insbesondere Kaltstarts, Überanstrengungen und tiefe Böden vermeiden sowie auf eine regelmäßige Korrektur der Hufe beziehungsweise die rechtzeitige Erneuerung des Hufbeschlags achten.
Auch Arthrosen in den Beingelenken sind im Anfangsstadium nur schwer erkennbar, weil sich deutliche Lahmheiten und Knochenwucherungen erst allmählich entwickeln. Einige Arthrose-Pferde können zwar zu Beginn des Trainings leicht unklar gehen, laufen sich dann aber nach ein paar Minuten ein. Insgesamt verkürzen sich die Bewegungen, der Raumgriff geht nach und nach verloren. Während Pferde mit Arthrosen an Kron-, Fesseloder Hufbein (Schale) dazu neigen, die Trachten vermehrt zu belasten, vermeiden Pferde mit einer Arthrose im Sprunggelenk (Spat) das Anwinkeln des erkrankten Hinterbeins und schleifen dadurch mit dem Huf über den Boden. In erster Linie sind Arthrosen altersbedingte Verschleißerscheinungen, doch auch immer mehr junge Pferde mit einem gestörten Knochenstoffwechsel oder aufgrund zu frühen Anreitens haben ein höheres Risiko, Arthrose zu bekommen. Stellungs- und Gangfehler (zum Beispiel „Bügeln“), zu kleine Gelenke oder fehlerhafter Hufbeschlag begünstigen ebenfalls Gelenkarthrosen. Auch übergewichtige Pferde sind besonders gefährdet.
Gesunde Hufe sind Voraussetzung für ein frisches und fleißiges Vorwärtsgehen des Pferdes. Jede Störung führt unweigerlich zu einer verminderten Lauflust. Ein klammer Gang kann auf eine chronische Huflederhautentzündung hindeuten, die bei zu stark gekürzten oder abgelaufenen Hufen ohne entsprechenden Hufschutz entstehen kann. Bewegt sich das Pferd „eiernd“, liegt eventuell eine schleichende Hufrehe vor, meist eine Folge übermäßiger Zufuhr kohlenhydratreicher Futtermittel in Kombination mit Bewegungsmangel und Dickleibigkeit. Kurze, gebundene Schritte mit häufigem Stolpern können die Anfänge einer Hufrollenentzündung sein, die durch andauernde Überbeanspruchung der Vorderbeine verursacht und durch Fehlstellungen der Hufe begünstigt wird.
Regelmäßige Hufbearbeitungen vermeiden Störungen im Bewegungsablauf.
Die Hufe als „Leistungsträger“
Damit das Pferd sich ungehindert fortbewegen kann, müssen sowohl die Barhufzubereitung als auch der Hufschutz korrekt und individuell abgestimmt sein. Fehlstellungen müssen korrigiert werden, die Hufform muss zum Fesselstand passen, und es muss eine ausreichende Zehenrichtung vorhanden sein, die das Abrollen der Hufe erleichtert. Der Hufbeschlag muss außerdem so angebracht werden, dass der Hufmechanismus nicht eingeschränkt wird, und Hufschuhe dürfen nicht drücken oder scheuern.
Rückenprobleme
Bei vielen rückenkranken Pferden treten anfangs keine eindeutigen Symptome auf, sondern nur Leistungsrückgang, Unrittigkeit und Widersetzlichkeiten. Manche weichen schon beim Putzen aus oder drücken den Rücken beim Satteln weg. Beim Reiten wollen sie oft nicht richtig vorwärts gehen, laufen schwunglos, verwerfen sich in Wendungen und halten den Schweif schief. Einige wehren sich gegen den Zügel und reißen den Kopf hoch. Im fortgeschrittenen Stadium sind sie unfähig, rückwärts zu gehen und zu springen, verweigern schließlich ganz die Leistung oder reagieren mit massiven Abwehrbewegungen wie Steigen.
Nicht wenige dieser vermeintlichen Rückenleiden basieren allerdings auf krankhaften Veränderungen der Gliedmaßen. Schmerzen nämlich Beine oder Hufe, spannt das Pferd seine Rücken- und Bauchmuskulatur unweigerlich an und läuft verkrampft mit festgehaltenem Rücken.
Durch Verletzungen oder permanenten Bewegungsmangel in der Aufzucht können ebenfalls Rückenleiden entstehen, die jedoch erst Jahre später zutage treten. Auch Gebäudefehler wie zum Beispiel ein Senkrücken begünstigen Rückenprobleme.
Die Mehrzahl der Rückenleiden sind allerdings nicht anatomisch begründet, sondern hausgemacht: Durch Haltungsfehler, mangelhafte Ausrüstung, unsachgemäße Ausbildung, falsche Hilfengebung sowie zu frühe oder zu starke Belastung kann es zu Muskelverspannungen und Schäden der Wirbelsäule kommen, die immer die Bewegungsfreude einschränken und die Leistungsbereitschaft senken.
Durch reine Boxenhaltung zum Beispiel ist das Pferd gezwungen, sich in kleinen Kreisen zu bewegen – dadurch wird die Wirbelsäule überlastet. Zu hohe und undurchsichtige Trennwände oder hoch angebrachte Futterraufen zwingen das Pferd in eine unnatürliche hohe Kopfhaltung, wodurch sich die Halsund Rückenmuskulatur verspannt und die Dornfortsätze der Brust- und Lendenwirbel zu dicht aneinanderrücken. Durch Berührung und mechanische Reibung können sie sich entzünden und zum Kissing-Spines-Syndrom führen. Auch wenn Pferde durch grobe Zügelhilfen, nicht passende Gebisse, drückende Sättel oder zu schwere Reiter im Hohlkreuz laufen, werden die Dornfortsätze aneinandergepresst.
Ähnliches gilt für Pferde, deren Muskulatur sich altersbedingt oder infolge langer Trainingspausen zurückgebildet hat, und für Jungpferde mit noch unzureichender Muskelentwicklung. Diese Pferde sind nicht ausreichend in der Lage, mithilfe der Oberhals-, Rücken- und Bauchmuskeln ihren Rücken aufzuwölben und so ihre Wirbelsäule anzuheben.
Durch unsachgemäße Anwendung von Hilfszügeln oder permanente Versammlung ohne ausgleichende Lösungs- und Dehnungsphasen verkrampfen sich Halsund Rückenmuskeln. Auch ein angespannter oder unruhiger Sitz oder falsche Treibhilfen des Reiters wirken sich negativ auf die Rückenmuskulatur aus. Versucht der Reiter, sein Pferd durch Zurücklehnen und Anspannen der Gesäßmuskeln anzuschieben, drückt er ihm die Sitzbeinhöcker in den Rücken, wodurch das Pferd seine Lenden- und Brustmuskeln verspannt. Gegen klammernde oder ständig klopfende Schenkel wehrt sich das Pferd mit Muskelverspannungen – sie können es regelrecht erstarren lassen. Auch durch Angst oder Stress und dadurch bedingten oder chronischen Durchfall kommt es zu nachhaltigen Verspannungen der Muskulatur.
Für die Gesunderhaltung des Pferderückens spielt ein sorgfältig angepasster Sattel eine zentrale Rolle. Sättel müssen in Größe, Kammerbreite und Sitzflächenanordnung exakt und individuell auf den jeweiligen Pferderücken abgestimmt werden. Um Schäden an der Wirbelsäule oder Rückenmuskulatur vorzubeugen, ist eine regelmäßige Sattelkontrolle sinnvoll. Am zuverlässigsten zeigt eine elektronische Sattelmessung, ob Lage, Passform und Gewichtsverteilung korrekt sind oder ob es extreme Druckpunkte gibt.
Mängel bei der Passform eines Sattels kann auch die beste Sattelunterlage nicht ausgleichen! Im Gegenteil: Der Versuch, mit mehrschichtigen oder besonders dicken Sattelunterlagen schlecht sitzende Sättel passend zu machen, kann die Rückentätigkeit zusätzlich beeinträchtigen, weil die Wirbelsäule nicht mehr frei liegt. Aus diesem Grund sollte man Sattelunterlagen stets hoch einkammern, damit kein Druck auf die Dornfortsätze entsteht. Eine hochwertige, gut sitzende Sattelunterlage schützt den Pferderücken, indem sie den Sattel stabilisiert, Stöße abfängt und für einen besseren Druckausgleich sorgt.
Zusätzliche Sattelunterlagen sind keine Hilfe bei unpassenden Sätteln!
Wie wichtig ein gut angepasster Sattel ist, zeigt eine Untersuchung der Universität Wien, wonach die Belastung im Galopp auf das Dreifache des eigentlichen Reitergewichtes ansteigt.
Schleichende Erkrankungen der Atemwege schränken die Nutzung nach und nach ein – bei Verdacht ist eine gründliche Untersuchung angezeigt.
Atemwegs- und Herzprobleme
Jede krankhafte Veränderung der oberen Luftwege, der Lunge und/oder des Herzens bedingt Atembeschwerden und Konditionsschwäche.
Während akute Entzündungen der oberen Atemwege oder Lunge immer mit Fieber und Husten verbunden sind, fehlt das Fieber bei chronischen Verlaufsformen meist und die betreffenden Pferde husten nur zu Trainingsbeginn, bei stärkerer Belastung oder wenn ihre Atemwege zum Beispiel durch Staub gereizt werden. Dennoch sind sie nur noch begrenzt leistungsfähig. Für das Entstehen der chronischobstruktiven Bronchitis (COB) sind meist nicht vollständig ausgeheilte akute Entzündungen, zu frühe Wiederaufnahme des Trainings oder eine spät erkannte Atemwegsallergie auf Pilzsporen oder Blütenpollen verantwortlich. Aus einer chronischen Bronchitis kann sich allmählich ein Lungenemphysem mit erschwerter Ausatmung und daraus bedingter Entstehung einer Dampfrinne entwickeln. Dämpfige Pferde sind unheilbar krank und können nicht oder nur noch eingeschränkt gearbeitet werden.