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Hollywood-Glamour trifft auf gefährliche Rache: der neue große Spannungsroman von Bestsellerautorin Nora Roberts!
Cate Sullivan entstammt einer Familie von berühmten Schauspielern. Auch sie ist mit neun Jahren bereits ein Star, am liebsten tobt Cate aber, wie jedes normale Mädchen, durch den Garten und spielt mit ihren Cousins Verstecken. Doch dann verschwindet sie bei einem dieser Spiele spurlos – sie wurde entführt. Und schafft, was niemand erwartet hat: Mit viel Mut entkommt sie ihren Peinigern und sucht sich Hilfe bei Dillon Cooper und seiner Familie, die sie wieder mit ihren Lieben zusammenbringen. Aber noch Jahre später ist Cate erschüttert von den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit und muss erkennen: Diese längst vergessene Nacht war nur der Beginn – der Beginn einer großen Liebe und der einer schrecklichen Rache …
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Seitenzahl: 781
Buch
Cate Sullivan entstammt einer Familie von berühmten Schauspielern. Auch sie ist mit neun Jahren bereits ein Star, am liebsten tobt Cate aber, wie jedes normale Mädchen, durch den Garten und spielt mit ihren Cousins Verstecken. Doch dann verschwindet sie bei einem dieser Spiele spurlos – sie wurde entführt. Und schafft, was niemand erwartet hat: Mit viel Mut entkommt sie ihren Peinigern und sucht sich Hilfe bei Dillon Cooper und seiner Familie, die sie wieder mit ihren Lieben zusammenbringen. Aber noch Jahre später ist Cate erschüttert von den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit und muss erkennen: Diese längst vergessene Nacht war nur der Beginn – der Beginn einer großen Liebe und der einer schrecklichen Rache …
Autorin
Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von über 500 Millionen Exemplaren. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.
Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht Nora Roberts seit Jahren ebenso erfolgreich Kriminalromane.
Besuchen Sie uns auch auf www.instagram.com/blanvalet.verlag und www.facebook.com/blanvalet.
Nora Roberts
Nach dem Sturm
Roman
Deutsch von Margarethe van Pée
Die Originalausgabe erschien 2020
unter dem Titel »Hideaway« bei St. Martin’ Press, an imprint of St. Martin’s Publishing Group, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Copyright der Originalausgabe © 2020 Nora Roberts
Published by arrangement with Eleanor Wilder
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2021by Blanvalet Verlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
Redaktion: René Stein
Covergestaltung: www.buerosued.de
Covermotiv: Marie Carr/Arcangel Images
LH ∙ Herstellung: sam
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-26437-6V003
www.blanvalet.de
Für die Familie –
die Blutsverwandten wie die Seelenverwandten
Das einzig Wahre sind Töchter.
J.M. Barrie
Für ein kleines Kind ist jeder ein Freund, und es ist von Natur aus lieb – bis etwas passiert.
Flannery O’Connor
Als Liam Sullivan im Alter von zweiundneunzig Jahren starb, schlafend in seinem eigenen Bett, neben ihm seine Ehefrau, mit der er seit fünfundsechzig Jahren verheiratet war, trauerte die Welt.
Eine Ikone war gegangen.
Als siebtes und letztes Kind von Seamus und Ailish Sullivan war er in einem kleinen Cottage zur Welt gekommen, das in den grünen Hügeln und Wiesen nahe dem Örtchen Glendree im County Clare lag. In den mageren Jahren hatte er Hunger erlebt, und er hatte nie vergessen, wie der Brot-Pudding seiner Mutter schmeckte – genauso wenig, wie er die Ohrfeigen vergessen hatte, die sie ihm aus dem Handgelenk verpasste, wenn er es verdient hatte.
Im Ersten Weltkrieg hatte er einen Onkel und seinen ältesten Bruder verloren, und er hatte um eine Schwester getrauert, die bei der Geburt ihres zweiten Kindes noch vor ihrem achtzehnten Geburtstag gestorben war.
Schon als kleiner Junge hatte er harte Arbeit kennengelernt, wenn er hinter einem Pferd namens Moon das Feld pflügte. Er hatte gelernt, Schafe zu scheren und Lämmer zu schlachten, Kühe zu melken und eine Mauer aus Feldbrandsteinen zu bauen.
Und er konnte sich sein ganzes langes Leben lang daran erinnern, wie seine Familie abends ums Feuer saß – der Geruch nach Torfrauch, die engelsgleiche Stimme seiner Mutter, wenn sie sang, das Lächeln seines Vaters, der dazu die Fiedel spielte.
Und das Tanzen.
Als Junge hatte er sich manchmal ein paar Pennys dazuverdient, indem er im Pub gesungen hatte, während die Einheimischen ihr Bier tranken und über Landwirtschaft und Politik redeten.
Sein strahlender Tenor trieb manchem die Tränen in die Augen, und sein geschmeidiger Körper und seine flinken Füße munterten die Gemüter auf, wenn er tanzte.
Er erträumte sich mehr vom Leben, als nur das Feld zu pflügen und die Kühe zu melken. Und er wollte viel mehr als die Pennys, die er in dem kleinen Pub von Glendree verdiente.
Kurz vor seinem sechzehnten Geburtstag ging er von zu Hause weg, ein paar kostbare irische Pfund in seiner Tasche. Er ertrug die Überquerung des Atlantiks zusammen mit anderen, die mehr vom Leben wollten, in der bedrückenden Enge unter Deck. Wenn das Schiff in einem Sturm rollte und schlingerte und die Luft nach Erbrochenem und Angst stank, segnete er sich insgeheim für seine eiserne Konstitution.
Pflichtbewusst schrieb er Briefe nach Hause, die er am Ende seiner Reise aufgeben wollte, und munterte seine Mitreisenden auf, indem er für sie sang und tanzte.
Er flirtete ein wenig und tauschte sogar glühende Küsse mit einem flachshaarigen Mädchen namens Mary aus Cork, die nach Brooklyn reiste, um dort eine Stellung als Dienstmädchen in einem vornehmen Haus anzunehmen.
Mit Mary stand er an der kühlen, frischen Luft – endlich frische Luft – und sah die große Frauenstatue, die die Fackel hochreckte. Und er dachte, dass jetzt sein Leben wirklich begann.
So viel Lärm, Geräusche und Bewegung, so viele Menschen, die sich an einem Ort zusammendrängten. Nicht nur das Meer trennte ihn von der Farm, auf der er geboren und groß geworden war, dachte er. Nein, eine ganze Welt lag dazwischen.
Und das war jetzt seine Welt.
Er sollte bei Michael Donahue, dem Bruder seiner Mutter, Metzger lernen im Schlachterviertel. Er wurde willkommen geheißen, umarmt, man gab ihm ein Bett in einem Zimmer, das er sich mit zwei seiner Cousins teilte. Schon nach wenigen Wochen hasste er die Geräusche und Gerüche seiner Arbeit, aber er tat seine Pflicht.
Und immer noch träumte er von mehr.
Dieses Mehr fand er zum ersten Mal, als er einen Teil seines schwer verdienten Geldes dafür ausgab, um mit der flachshaarigen Mary ins Kino zu gehen. Pure Magie ging von der silbernen Leinwand aus, ungeahnte Welten eröffneten sich ihm, Welten, in denen es alles gab, was ein Mann sich nur wünschen konnte.
Hier, in diesem Kino, war das Kreischen der Knochensägen, das knackende Geräusch, mit dem die Beile die Knochen zerteilten, verschwunden. Selbst Mary verblasste neben ihm, als er in den Film und die Welt, die er ihm bot, hineingezogen wurde.
Die schönen Frauen, die heldenhaften Männer, die Dramatik, die Freude. Als er wieder zu sich kam, sah er um sich herum die hingerissenen Gesichter des Publikums, die Tränen, das Lachen, den Applaus.
Das, dachte er, war Nahrung für einen hungrigen Bauch, eine Decke in der Kälte, ein Lichtschimmer für die geschundene Seele. Weniger als ein Jahr, nachdem er New York vom Deck eines Schiffes zum ersten Mal erblickt hatte, verließ er die Stadt wieder und zog nach Westen.
Er arbeitete auf seiner Reise durch das Land, staunte über seine Größe, seine unterschiedlichen Landschaften und Jahreszeiten. Er schlief auf Feldern, in Scheunen, in Hinterzimmern von Bars, in denen er für eine Übernachtung sang.
Einmal verbrachte er sogar die Nacht in einem Gefängnis, nachdem es an einem Ort namens Wichita eine kleine Schlägerei gegeben hatte.
Er lernte, schwarzzufahren, die Polizei zu meiden und genoss – wie er in den unzähligen Interviews im Lauf seiner Karriere zu sagen pflegte – das größte Abenteuer seines Lebens. Als er nach fast zwei Jahren das große weiße Schild sah, auf dem HOLLYWOODLAND stand, gelobte er sich, hier seinen Ruhm und sein Vermögen zu finden.
Sein Einfallsreichtum, seine Stimme, sein starker Rücken sicherten ihm sein Überleben. Mit seinem Einfallsreichtum gelang es ihm, einen Job beim Kulissenbau auf den Studiogeländen zu finden, und bei der Arbeit sang er. Er spielte die Szenen nach, die er sah, und übte sich an den verschiedenen Akzenten, die er auf seiner Reise von Osten nach Westen gehört hatte.
Mit dem Tonfilm wurde alles anders, und jetzt musste er Kulissen auf Tonbühnen bauen. Schauspieler, die er in Stummfilmen bewundert hatte, besaßen oft eine zu hohe oder zu dunkle Stimme, und viele Sterne verloschen.
Sein Durchbruch kam, als ein Regisseur ihn bei der Arbeit singen hörte – das Lied, mit dem der einstige Stummfilmstar seine Dame in einer musikalischen Szene betören sollte.
Liam wusste, dass der Mann überhaupt nicht singen konnte, und er hatte schon mitbekommen, dass man vorhatte, eine andere Singstimme zu verwenden. Ihm war klar, dass er einfach nur dafür sorgen musste, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um als Stimme genommen zu werden.
Sein Gesicht würde zwar nicht auf der Leinwand erscheinen, aber seine Stimme faszinierte die Zuschauer. Sie öffnete ihm die Türen.
In kleinen Schritten ging es weiter, und schließlich sprach er seine erste Zeile. Der Kulissenbau und ein Schritt nach dem anderen bildeten das Fundament, das er durch seine Arbeit, sein Talent und die unermüdliche Energie der Sullivans festigte.
Er, der Bauernjunge aus Clare, hatte seinen ersten Agenten und seinen Vertrag. Eine jahrzehntelange Karriere in jenem goldenen Zeitalter in Hollywood nahm hier seinen Anfang.
Seiner Rosemary begegnete er, als er und die kecke, populäre Rosemary Ryan in einem Musicalfilm spielten – der erste von fünf Streifen, die sie in ihrem Leben gemeinsam drehten. Das Studio nährte die Klatschgeschichten über ihre Romanze, aber wirklich nötig war es nicht.
Sie heirateten weniger als ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung. Die Hochzeitsreise verbrachten sie in Irland, wo sie sowohl seine Familie als auch ihre in Mayo besuchten. Sie bauten sich ein prächtiges Haus in Beverly Hills, bekamen einen Sohn und eine Tochter.
Das Land in Big Sur kauften sie, weil es, wie bei ihrer Liebesgeschichte, Liebe auf den ersten Blick war. Das Haus, das sie am Meer bauten, nannten sie Sullivan’s Rest. Es wurde ihre Zuflucht und später ihr ständiges Zuhause.
Ihr Sohn war der Beweis dafür, dass das Talent des Paares Sullivan-Ryan Generationen umfasste, denn Hugh war bereits als Kind ein Star. Ebenso wie ihre Tochter, die Karriere am Broadway in New York machte.
Hugh schenkte ihnen ihren ersten Enkel, bevor seine Frau Livvy, seine große Liebe, ums Leben kam, als das Flugzeug auf dem Rückweg von Dreharbeiten in Montana abstürzte.
Mit diesem Sohn war ein weiterer Sullivan als Filmstar geboren.
Liams und Rosemarys Enkel Aidan, der, wie es bei den Sullivans Tradition war, glaubte, die Liebe seines Lebens in der blonden Schönheit Charlotte Dupont gefunden zu haben. Er heiratete sehr glamourös (mit exklusiven Fotos in der Zeitschrift People) und kaufte für seine Braut eine Villa in Holmby Hills. Und er schenkte Liam eine Urenkelin.
Die vierte in der Sullivan-Schauspielergeneration hieß Caitlyn. Caitlyn Ryan Sullivan wurde sofort zum Liebling Hollywoods, als sie mit einundzwanzig Monaten ihr Filmdebüt als spitzbübisches, kuppelndes Kleinkind in Will Daddy Make Three? hatte.
Die Tatsache, dass in den meisten Rezensionen die kleine Cate beide erwachsenen Hauptdarsteller (einschließlich ihrer Mutter) ausstach, verursachte in gewissen Kreisen einige Empörung.
Es hätte ihr letzter Auftritt als Kinderstar sein können, aber als sie sechs war, gab ihr Urgroßvater ihr die Rolle der ungebändigten Mary Kate in Donovan’s Dream. Sie verbrachte sechs Wochen am Set in Irland und spielte neben ihrem Vater, ihrem Großvater, ihrem Urgroßvater und ihrer Urgroßmutter. Ihren Text trug sie mit westirischem Akzent vor, als sei sie dort geboren worden.
Der Film, sowohl wirtschaftlich als auch bei den Kritikern ein Erfolg, sollte Liam Sullivans letzter sein. In einem der seltenen Interviews, die er gegen Ende seines Lebens gab, saß er vor dem wogenden Pazifik unter einem blühenden Pflaumenbaum und sagte, sein Traum sei wie bei Donovan’s Dream wahr geworden. Er habe einen Film gemacht mit der Frau, die er seit sechzig Jahren liebte, mit ihrem Jungen und Enkel, Hugh und Aidan, und mit seiner Urgroßtochter Cate, die das Licht seines Lebens sei.
Filme, so sagte er, seien seine größten Abenteuer gewesen, und dieser hier sei für sein Gefühl der perfekte Deckel für die Dschinn-Flasche seines Lebens.
An einem kühlen, sonnigen Februarnachmittag, drei Wochen nach seinem Tod, versammelten sich seine Witwe, seine Familie und viele der Freunde, die er im Laufe der Jahre gewonnen hatte, auf dem Anwesen in Big Sur, um – wie Rosemary erklärte – ein gutes und erfülltes Leben zu feiern.
Es hatte eine formelle Beerdigung in L.A. gegeben, mit Prominenten und Trauerreden, aber diese Feier sollte jetzt an die Freude erinnern, die er allen geschenkt hatte.
Reden wurden gehalten, Anekdoten erzählt, auch Tränen vergossen. Aber es gab auch Musik und Gelächter, Kinder, die drinnen und draußen spielten. Es gab Essen, und es gab Whisky und Wein.
Rosemary, deren kurze, elegant frisierten Haare mittlerweile so weiß waren wie der Schnee auf den Gipfeln der Santa Lucias, genoss den Tag, als sie sich – ein bisschen erschöpft, wie sie zugeben musste – vor dem großen steinernen Kamin im sogenannten Versammlungsraum niederließ. Von hier aus hatte sie einen guten Blick auf die Kinder und Kindeskinder, die mit ihrer Jugend der Winterkälte trotzten, und das Meer.
Sie ergriff die Hand ihres Sohnes, als Hugh sich neben sie setzte. »Hältst du mich für eine törichte alte Frau, wenn ich dir sage, dass ich ihn immer noch spüren kann, als ob er direkt neben mir säße?« Genau wie ihr Ehemann hatte auch sie den leichten Akzent ihrer irischen Heimat noch nicht verloren.
»Wie könnte ich? Mir geht es doch genauso.«
Sie wandte sich zu ihm und blickte ihn aus ihren grünen Augen amüsiert an. »Deine Schwester würde uns beide für verrückt erklären. Wie bin ich nur an ein so pragmatisches Kind wie Maureen gekommen?« Sie ergriff die Teetasse, die er ihr reichte, und zog eine Augenbraue hoch. »Ist da Whisky drin?«
»Ich kenne doch meine Ma.«
Sie trank einen Schluck Tee und seufzte. Dann musterte sie das Gesicht ihres Sohnes. Er sieht seinem Vater so ähnlich, dachte sie. Ein verdammt gut aussehender Ire. Ihr Junge, ihr Baby, mit Silbersträhnen im Haar und den immer noch strahlend blauen Augen.
»Ich weiß, wie sehr du getrauert hast, als du deine Livvy verloren hast. So plötzlich, so grausam. Ich sehe sie in unserer Caitlyn, und nicht nur im Aussehen, sondern auch in dem Licht, in der Freude und der Intensität, die sie ausstrahlt. Jetzt klinge ich schon wieder verrückt.«
»Nein. Ich sehe das Gleiche. Wenn sie lacht, höre ich Livvy lachen. Sie ist auch mein großer Schatz.«
»Ich weiß. Auch meiner und der deines Vaters. Ich bin froh, Hugh, dass du nach all den Jahren der Einsamkeit mit Lily dein Glück gefunden hast. Sie ist ihren eigenen Kindern eine gute Mutter und war in den vergangenen vier Jahren auch Cate eine gute Großmutter.«
»Ja, das ist wahr.«
»Da ich das weiß, und da ich auch weiß, dass deine Schwester Maureen und ihre Familie glücklich und wohlauf sind, habe ich eine Entscheidung getroffen.«
»In Bezug auf was?«
»Auf die noch mir verbleibende Zeit. Ich liebe Liams Haus«, murmelte sie. »Das Land hier. Ich kenne es in jedem Licht, in jeder Jahreszeit, in jeder Stimmung. Du weißt, dass wir das Haus in L.A. nicht verkauft haben, hauptsächlich aus sentimentalen Gründen, und weil es so praktisch war, wenn einer von uns dort gedreht hat.«
»Willst du es jetzt verkaufen?«
»Ich glaube nicht. Es gibt auch dort liebgewonnene Erinnerungen. Du weißt, dass wir die Wohnung in New York haben und dass ich sie Maureen überschreiben will. Ich möchte gerne wissen, ob du das Haus in L.A. oder dieses hier haben willst. Ich will es wissen, weil ich nach Irland gehe.«
»Auf Besuch?«
»Nein, um dort zu leben. Warte«, sagte sie, bevor er etwas erwidern konnte. »Ich bin zwar seit meinem zehnten Lebensjahr in Boston aufgewachsen, aber ich habe immer noch Familie da, dort sind meine Wurzeln. Und die Familie deines Vaters ist ebenfalls dort.«
Er legte seine Hand über ihre. Dann wies er mit dem Kinn zum Fenster. »Du hast hier Familie.«
»Ja, sicher. Hier. In New York, in Boston, in Clare, Mayo und jetzt auch in London. Gott, wir sind überall verstreut, was, mein Schatz?«
»Ja, es sieht so aus.«
»Ich hoffe, ihr kommt mich alle besuchen. Aber ich will jetzt einfach in Irland sein, wo es grün ist und still.« Sie lächelte ihn an. »Eine alte Witwe, die Brot backt und Schals strickt.«
»Du kannst weder backen noch stricken.«
»Ha!« Sie schlug ihm auf die Hand. »Das kann ich doch selbst in meinem hohen Alter noch lernen. Du hast dein Zuhause mit Lily, aber für mich ist es Zeit zurückzugehen. Gott weiß, wie Liam und ich so viel Geld verdient haben. Wir haben nur das getan, was wir liebten.«
»Talent.« Sanft tippte er mit dem Finger an ihren Kopf. »Verstand.«
»Na ja, wir hatten beides. Und jetzt will ich ein bisschen von dem, was wir angesammelt haben, ausgeben. Ich möchte in dieses hübsche Cottage ziehen, das wir in Mayo gekauft haben. Also, welches Haus willst du, Hugh? Beverly Hills oder Big Sur?«
»Dieses hier.« Auf ihr Lächeln hin schüttelte er den Kopf. »Du wusstest es schon, bevor du gefragt hast.«
»Ich kenne meinen Jungen sogar noch besser, als er seine Ma kennt. Also abgemacht. Es gehört dir. Und ich vertraue darauf, dass du es gut in Schuss hältst.«
»Das weißt du ja, aber …«
»Kein Aber. Mein Beschluss steht fest. Ich erwarte allerdings, dass ich immer ein Bett hier habe, wenn ich zu Besuch komme. Und ich werde euch besuchen. Wir hatten gute Jahre hier, dein Dad und ich. Und ich will, dass ihr auch gute Jahre hier habt.« Sie tätschelte seine Hand. »Sieh mal da draußen, Hugh.« Sie lachte, als sie sah, wie Cate ein Rad schlug. »Da draußen, das ist die Zukunft, und ich bin so dankbar, dass ich meinen Teil dazu beigetragen habe.«
Während Cate Räder schlug, um zwei ihrer jüngeren Cousins zu unterhalten, stritten sich ihre Eltern in ihrer Gäste-Suite.
Charlotte, die wegen des festlichen Anlasses ihre Haare zu einem Chignon zusammengefasst hatte, marschierte aufgebracht auf dem Hartholzparkett hin und her. Ihre Louboutins klackerten darauf, als würde sie ungeduldig mit den Fingern schnipsen.
Ihre ungezähmte Energie hatte Aidan früher einmal fasziniert. Jetzt machte sie ihn nur noch müde.
»Ich will hier weg, Aidan, um Gottes willen!«
»Wir reisen ja morgen Nachmittag auch ab, wie geplant.«
Sie wirbelte zu ihm herum, den Mund mürrisch verzogen, die Augen glänzend von Tränen der Wut. Das weiche Winterlicht, das durch die breiten Glastüren hinter ihr fiel, hüllte sie wie in einen Heiligenschein ein.
»Ich habe genug, kannst du das denn nicht verstehen? Siehst du nicht, dass ich mit meinen Nerven am Ende bin? Warum zum Teufel müssen wir morgen noch an diesem idiotischen Familien-Brunch teilnehmen? Wir hatten gestern Abend dieses verdammte Dinner, dann heute den ganzen, endlosen Tag – von der Beerdigung ganz zu schweigen. Wie viele Geschichten über den großartigen Liam Sullivan soll ich mir denn noch anhören?«
Früher einmal hatte er gedacht, sie würde seine festen, eng geknüpften Familienbande gutheißen, dann hatte er gehofft, sie würde sie irgendwann einmal verstehen. Aber mittlerweile wussten sie beide, dass sie sie einfach nur tolerierte.
Wenn überhaupt.
Erschöpft setzte Aidan sich hin und gönnte sich eine Minute Zeit, um seine langen Beine auszustrecken. Er hatte begonnen, sich für die nächste Rolle einen Bart stehen zu lassen, der ihn gleichzeitig juckte und ärgerte.
Und er fand es furchtbar, dass es ihm im Moment mit seiner Frau genauso ging.
In der letzten Zeit war ihre Ehe so langsam in ruhigere Gewässer gekommen, aber jetzt sah es so aus, als ob ein weiterer Sturm aufzöge. »Es ist wichtig für meine Großmutter, Charlotte, für meinen Vater, für mich, für die Familie.«
»Deine Familie verschluckt mich mit Haut und Haaren, Aidan.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und warf die Hände in die Luft.
So viel Drama in den nächsten Stunden, dachte er. »Es ist doch nur noch eine Nacht. Morgen um diese Zeit sind wir wieder zu Hause. Wir haben noch Gäste, Charlotte, wir sollten langsam mal wieder runtergehen.«
»Soll doch deine Großmutter sich um sie kümmern. Dein Vater. Du. Warum kann ich nicht einfach ins Flugzeug steigen und nach Hause fliegen?«
»Weil es das Flugzeug meines Vaters ist, und du, Caitlyn und ich werden morgen mit ihm und Lily nach Hause fliegen. Im Moment halten wir zusammen.«
»Wenn wir unser eigenes Flugzeug hätten, bräuchte ich nicht zu warten.«
Er spürte, wie sich langsam Kopfschmerzen hinter seinen Augen aufbauten. »Musst du unbedingt davon anfangen? Gerade jetzt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Keiner würde mich vermissen.«
Er versuchte es mit einer anderen Taktik und lächelte. Aus Erfahrung wusste er, dass seine Frau besser auf wohlmeinende Worte als auf strenge reagierte. »Ich schon.«
Seufzend erwiderte sie sein Lächeln.
Sie hatte ein Lächeln, dachte er, bei dem einem Mann das Herz stehen blieb.
»Ich bin ein schreckliches Weib, was?«
»Ja, aber du bist mein schreckliches Weib.«
Lachend trat sie zu ihm und kuschelte sich auf seinen Schoß. »Es tut mir leid, Baby. Beinahe leid. Ein bisschen leid. Mir hat es hier noch nie gefallen, das weißt du. Ich fühle mich hier so isoliert, und das macht mich klaustrophobisch. Ja, ich weiß, das ist völlig irrational.«
Da sie sich sorgfältig frisiert hatte, hütete er sich, über ihre glänzenden blonden Haare zu streicheln. Stattdessen hauchte er ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Ich verstehe dich, aber morgen fahren wir nach Hause. Du musst nur noch eine Nacht durchhalten, für meine Großmutter, für meinen Dad. Für mich.«
Sie stieß zischend die Luft aus, dann boxte sie ihn an die Schulter und hielt ihm ihren berühmten Schmollmund hin. Volle korallenrote Lippen, sanfte kristallblaue Augen mit langen Wimpern. »Dafür kriege ich aber Punkte. Viele Punkte.«
»Wie wäre es mit einem langen Wochenende in Cabo?«
Keuchend umfasste sie sein Gesicht mit den Händen. »Meinst du das ernst?«
»Ich habe noch zwei Wochen Zeit, bevor die Dreharbeiten losgehen.« Er rieb sich mit der Hand über seine Bartstoppeln. »Lass uns doch einfach für ein paar Tage an den Strand fahren. Cate wird begeistert sein.«
»Sie hat Schule, Aidan.«
»Wir nehmen ihren Privatlehrer mit.«
»Nein, wie fändest du das?« Sie legte von hinten die Arme um ihn und drückte sich mit ihrem Körper, immer noch in Trauerkleidung, an ihn. »Cate verbringt ein langes Wochenende bei Hugh und Lily. Das macht sie doch so gerne. Und wir gönnen uns ein paar Tage in Cabo.« Sie küsste ihn. »Nur wir zwei. Das wäre wundervoll, Baby. Meinst du nicht auch, dass wir wieder einmal Zeit für uns brauchen könnten?«
Wahrscheinlich hatte sie recht – die ruhigen Zeiten in ihrer Ehe mussten ebenso gepflegt werden wie die stürmischen. Er ließ zwar Cate nur ungern allein, aber Charlotte hatte wahrscheinlich wirklich recht. »Das kann ich arrangieren.«
»Ja! Ich schreibe Grant, um ihn zu fragen, ob ich diese Woche noch ein paar zusätzliche Trainingseinheiten bei ihm haben kann. Ich will einen perfekten Bikini-Körper haben!«
»Den hast du doch schon.«
»Das sagt mein süßer Ehemann. Lass uns mal abwarten, wie mein strenger Personal-Trainer es sieht. Oh!« Sie sprang auf. »Ich muss einkaufen.«
»Im Moment müssen wir erst einmal wieder nach unten.«
Ärgerlich verzog sie das Gesicht, hatte sich aber sofort wieder im Griff. »Okay, stimmt, aber gib mir ein paar Minuten, um mein Gesicht herzurichten.«
»Dein Gesicht ist wunderschön, wie immer.«
»Mein Liebster!« Sie zeigte auf ihn, während sie an ihren Schminktisch trat. Dann hielt sie inne. »Danke, Aidan. Die letzten Wochen mit all den Anforderungen, den Gedenkfeiern, das war schwer für uns alle. Ein paar Tage Urlaub werden uns guttun. Ich komme sofort herunter.«
Während ihre Eltern sich stritten und versöhnten, organisierte Cate mit den anderen als letztes Spiel des Tages ein Versteckspiel. Es gehörte zu den Lieblingsspielen bei Familientreffen, und es besaß seine eigenen Regeln, Einschränkungen und Bonus-Punkte.
In diesem Fall gehörte zu den Regeln, dass das Spiel ausschließlich draußen stattfand – einige Erwachsene hatten angeordnet, dass die Kinder nicht rein- und rauslaufen durften. Derjenige, der suchen musste, bekam einen Punkt für jeden Versteckten, den er fand, und wer zuerst gefunden wurde, musste bei der nächsten Runde suchen. Wenn der erste Gefundene, der dann suchen musste, erst fünf oder jünger war, durfte er sich einen Partner für die nächste Suche wählen.
Und da Cate dieses Spiel schon den ganzen Tag geplant hatte, wusste sie genau, wie sie es gewinnen konnte.
Sie rannte los, als der erste Sucher, der elfjährige Boyd, begann, von zehn herunterzuzählen. Da Boyd wie seine Großmutter in New York lebte, kam er im Jahr höchstens ein- oder zweimal nach Big Sur. Er kannte das Anwesen nicht so gut wie sie.
Außerdem hatte sie sich schon ein ganz besonderes Versteck ausgesucht.
Sie verdrehte die Augen, als sie sah, wie ihre fünfjährige Cousine Ava unter das weiße Tischtuch eines Büffet-Tischs krabbelte. Boyd würde Ava in zwei Minuten finden. Fast wäre sie noch einmal zurückgelaufen, um Ava eine bessere Stelle zu zeigen, aber jedes Kind musste für sich selbst sorgen.
Die meisten Gäste waren schon weg, und immer mehr verabschiedeten sich. Trotzdem waren immer noch viele Erwachsene auf den Terrassen, an den Außenbars oder an einer der Feuerstellen. Es versetzte Cate einen Stich, als ihr einfiel, warum das so war.
Sie hatte ihren Urgroßvater geliebt. Er hatte ihr Geschichten erzählt und immer Zitronendrops für sie in der Tasche gehabt. Sie hatte geweint und geweint, als Daddy ihr gesagt hatte, dass sein Granddad und ihr Urgroßvater jetzt im Himmel sei. Auch Daddy hatte geweint, obwohl er gemeint hatte, Granddad habe ein langes, glückliches Leben gehabt. Er habe so vielen Menschen so viel bedeutet und würde nie vergessen werden.
Sie dachte an seinen Text aus dem Film, den sie zusammen gedreht hatten. Dabei hatte er mit ihr auf einer niedrigen Steinmauer gesessen und über das Land geschaut.
»Das Leben wird geprägt durch unsere Taten, Liebling, im Guten wie im Schlechten. Die, die wir zurücklassen, beurteilen sie und erinnern sich.«
Sie erinnerte sich an Zitronendrops und Umarmungen, als sie um die Ecke der Garage lief. Sie konnte immer noch Stimmen hören, von den Terrassen und dem ummauerten Garten. Ihr Ziel? Der hohe Baum. Wenn sie auf den dritten Ast kletterte, konnte sie sich hoch oben hinter dem dicken Stamm verstecken, in den grünen Blättern, die so gut rochen.
Niemand würde sie finden!
Ihre Haare – schwarz wie die einer keltischen Frau – wehten im Wind, als sie dorthin rannte. Ihre Kinderfrau, Nina, hatte sie an beiden Seiten mit Schmetterlingsspangen zurückgesteckt, damit sie ihr nicht ins Gesicht flogen. Ihre leuchtend blauen Augen blitzten, als sie sich immer weiter vom Haus entfernte, weit weg vom Gästehaus mit der Treppe, die zu dem kleinen Strand hinunterführte, und dem Pool, von dem aus man über das Meer blickte.
Sie hatte in der ersten Tageshälfte ein Kleid tragen müssen, um dem Verstorbenen Respekt zu erweisen, aber für nachher, zum Spielen, hatte Nina ihr andere Sachen herausgelegt. Auf den Pullover musste sie ein wenig achtgeben, aber wenn ihre Jeans schmutzig wurden, war das nicht so schlimm.
»Ich werde gewinnen«, flüsterte sie, als sie nach dem ersten Ast des kalifornischen Lorbeers griff und ihre violetten (zurzeit ihre Lieblingsfarbe) Sneaker in das kleine Astloch drückte.
Sie hörte ein Geräusch hinter sich, und obwohl sie wusste, dass es nicht Boyd sein konnte, machte ihr Herz einen Satz.
Sie sah einen Mann in Kellner-Uniform, mit blondem Bart und langen, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren. Er trug eine Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern.
Grinsend legte sie den Finger an die Lippen. »Wir spielen Verstecken«, sagte sie zu ihm.
Er erwiderte ihr Lächeln. »Soll ich dir raufhelfen?«
Sie spürte einen scharfen Nadelstich seitlich am Hals und wollte ihn wegwischen, als ob es ein Käfer sei.
Aber dann verdrehte sie die Augen, und sie spürte überhaupt nichts mehr.
Innerhalb von Sekunden steckte er ihr einen Knebel in den Mund, fesselte sie an Händen und Füßen. Das war nur eine Vorsichtsmaßnahme, denn bei der Dosis würde sie mindestens zwei Stunden lang bewusstlos bleiben.
Sie wog nicht viel, aber da er in hervorragender körperlicher Verfassung war, hätte er auch eine ausgewachsene Frau die paar Meter bis zum Servicewagen tragen können.
Er schob sie in den Schrank des Servicewagens und rollte ihn zum Van des Caterers – der extra für diesen Zweck zurechtgemacht worden war. Dort schob er den Wagen über die Rampe hinein und schloss die Türen des Laderaums.
Weniger als zwei Minuten später fuhr er die lange Auffahrt hinunter, am Rand der privaten Halbinsel entlang. An den Sicherheitstoren gab er den Code mit einem behandschuhten Finger ein. Als die Tore sich öffneten, fuhr er hindurch und bog auf den Highway 1 ab.
Er widerstand dem Drang, die Perücke und den falschen Bart abzuziehen.
Noch nicht, es ließ sich aushalten. Es war nicht weit, und er hoffte, die Zehn-Millionen-Dollar-Göre in dem eleganten Ferienhaus (dessen Besitzer gerade auf Maui weilten) eingesperrt zu haben, noch bevor jemand auf die Idee kam, nach ihr zu suchen.
Als er vom Highway abbog und die steile Auffahrt hinauffuhr zu dem Ferienparadies, das sich irgendein reiches Arschloch dort inmitten von Bäumen, Felsen und Chaparral gebaut hatte, pfiff er eine Melodie.
Alles war glattgegangen.
Als er seinen Partner sah, der nervös auf der Veranda im ersten Stock der Luxushütte auf und ab ging, verdrehte er die Augen. Auch so ein Arschloch.
Sie hatten doch alles besprochen, du liebe Güte! Sie würden das Kind sedieren, aber für den Fall aller Fälle Masken tragen. In zwei Tagen – vielleicht sogar weniger – waren sie reich, das Kind konnte zu den blöden Sullivans zurückkehren, und er war mit seinem neuen Namen und dem neuen Pass auf dem Weg nach Mozambique, um stilvoll ein wenig Sonne zu tanken.
Er parkte den Van neben dem Haus. Man konnte es von der Straße aus kaum sehen, deshalb würde auch keiner den Lieferwagen sehen, der halb von Bäumen verdeckt war.
Als er aus dem Wagen stieg, kam sein Partner schon auf ihn zugerannt.
»Hast du sie?«
»Ja, klar. Es war ganz einfach.«
»Bist du sicher, dass dich niemand gesehen hat? Bist du sicher …«
»Himmel, Denby, entspann dich.«
»Keine Namen«, zischte Denby. Er schob seine Sonnenbrille hoch und blickte sich um, als ob im Wald jemand darauf lauerte, sie anzugreifen. »Wir können es nicht riskieren, dass sie unsere Namen hört.«
»Sie ist bewusstlos. Komm, wir bringen sie nach drinnen und sperren sie ein, damit ich endlich dieses Zeug aus meinem Gesicht bekomme. Ich brauche ein Bier.«
»Zuerst die Masken. Wir können schließlich nicht sicher sein, dass sie nicht doch etwas mitbekommt.«
»Gut, gut, geh und hol deine. Ich bleibe so.« Er klopfte sich auf den Bart.
Als Denby ins Haus gegangen war, öffnete er die Türen des Laderaums und sprang hinein, um den Service-Schrank aufzumachen. Die ist immer noch bewusstlos, dachte er. Er rollte sie auf den Boden, zog sie zur Tür – sie gab keinen Mucks von sich – und sprang wieder hinaus.
Denby tauchte in Clownsmaske und Perücke auf, und er musste laut lachen. »Wenn sie aufwacht, bevor wir sie hineingeschafft haben, wird sie vermutlich vor lauter Angst wieder ohnmächtig.«
»Wir wollen ja, dass sie Angst hat, damit sie kooperiert. Das kleine, verwöhnte reiche Blag«, meinte Denby.
»Das klappt bestimmt. Du bist zwar nicht Tim Curry, aber mit der Maske schaffst du es.« Er warf sich Cate über die Schulter. »Ist oben alles fertig?«
»Ja. Die Fenster sind zugesperrt. Sie hat trotzdem eine tolle Aussicht auf die Berge«, fügte Denby hinzu, als er seinem Partner in den rustikalen Wohnbereich folgte. »Obwohl sie sie natürlich kaum genießen kann, schließlich soll sie ja die meiste Zeit nur vor sich hindämmern.«
Denby zuckte zusammen, als das Handy am Gürtel seines Partners plötzlich The Mexican Hat Dance dudelte.
»Verdammt noch mal, Grant.«
Grant Sparks lachte nur. »Du hast meinen Namen gesagt, Nimrod.« Er trug Cate die Treppe hinauf in den ersten Stock.»Das ist eine Nachricht von meiner Süßen. Du hast immer einen Schiss, Mann!«
Er trug Cate in das Schlafzimmer, das sie deshalb gewählt hatten, weil es nach hinten lag und ein eigenes Badezimmer hatte. Er warf sie auf das Vier-Pfosten-Bett, das Denby bis auf das Laken abgezogen hatte – sie hatten billige Bettwäsche gekauft, die sie auch wieder mitnehmen würden.
Das dazugehörige Badezimmer sollte vermeiden, dass sie das Zimmer verließ und dass sie das Bett beschmutzte. Falls doch etwas danebenging, würden sie das Laken eben waschen. Wenn sie fertig waren, würden sie das Bett wieder mit dem Original-Bettzeug beziehen und die Nägel entfernen, die sie in die Schlösser der Fenster gehämmert hatten.
Er blickte sich um und stellte zufrieden fest, dass Denby alles herausgeräumt hatte, was das Kind als Waffe oder zum Einschlagen der Fenster benutzen konnte. Natürlich würde die Kleine durch die Medikamente viel zu benommen sein, aber warum sollten sie ein Risiko eingehen?
Wenn sie weg waren, würde das Haus wieder genauso aussehen wie vorher. Niemand würde jemals erfahren, dass sie hier gewesen waren.
»Hast du alle Glühbirnen herausgedreht?«
»Jede einzelne.«
»Gut gemacht. Halt sie im Dunkeln. Nimm ihr die Fesseln ab und zieh den Knebel heraus. Wenn sie aufwacht und pinkeln muss, soll sie das nicht im Bett machen. Sie kann gegen die Tür hämmern und sich die Seele aus dem Leib schreien. Das stört hier niemanden.«
»Wie lange wird es dauern, bis wir sie unter Kontrolle haben?«
»Ein paar Stunden. Wenn es so weit ist, kriegt sie von uns Suppe mit Schlafmitteln, und dann ist sie für die Nacht ausgeschaltet.«
»Wann fährst du, um anzurufen?«
»Nach Einbruch der Dunkelheit. Sie suchen jetzt ja noch nicht einmal nach ihr. Sie hat wie aufs Stichwort Verstecken gespielt und ist mir quasi direkt in die Arme gerannt.« Er schlug Denby auf den Rücken. »Total glatt gelaufen. Mach hier alles fertig und achte darauf, dass du die Tür verschließt. Ich nehme mir jetzt dieses Zeug aus dem Gesicht.« Er zog die Perücke ab und das Haarnetz darunter, sodass seine kurzen, sonnengesträhnten braunen Haare zum Vorschein kamen. »Ich hole mir ein Bier.«
Als sich die Gäste verabschiedet hatten und nur noch die Familie übrig war, tat Charlotte ihre Pflicht. Sie setzte sich neben Rosemary und betrieb Konversation mit Lily als auch mit Hugh. Dabei rief sie sich selbst ins Gedächtnis, dass die Belohnung, die sie erwartete, die Mühe wert war.
Und es kostete sie Mühe. Lily mochte sich als große Schauspielerin fühlen, weil sie ein paarmal für den Oscar nominiert worden war (allerdings hatte sie ihn kein einziges Mal gewonnen!), aber wie freundlich sie ihr auch entgegenkam, Charlotte spürte ihre Abneigung.
Zum Teufel, sie konnte sie förmlich riechen, wenn sie der alten Hexe mit ihrem blöden Südstaaten-Akzent auch nur auf drei Meter zu nahe kam.
Aber auch sie konnte so tun als ob, und so zwang sie sich zu lächeln, als Lily in ihr blechernes Lachen ausbrach. Ein Lachen, das nach Charlottes Meinung ebenso falsch war wie Lily Morrows Markenzeichen, ihre leuchtend roten Haare.
Sie trank einen Schluck von dem Cosmo, den Hugh ihr an der Bar auf der anderen Seite des Versammlungsraums gemixt hatte. Wenigstens verstanden es die Sullivans, anständige Drinks zu machen.
Also trank sie, lächelte und tat so, als sei es ihr vollkommen egal, wenn schon wieder jemand eine Geschichte über den heiligen Liam zum Besten gab.
Sie saß es einfach aus.
Als die Sonne über dem Ozean unterging, ein Feuerball, der im Blau versank, kamen die Kinder herein. Schmutzig, laut und natürlich hungrig.
Hände und Gesichter mussten gewaschen werden, und manche Kinder mussten sogar umgezogen werden, bevor sie ihr Abendessen bekamen und gebadet wurden. Die älteren durften sich im Hauskino einen Film anschauen, während die Erwachsenen aßen und die kleinen Kinder ins Bett gebracht wurden.
In der Küche stellten die Kinderfrauen bewährte Mahlzeiten zusammen – bei dem einen Kind musste die Erdnuss-Allergie berücksichtigt werden, bei anderen die Laktoseintoleranz, wieder ein anderes Kind erhielt nur vegane Speisen.
Nina, die gerade frisches Obst schnitt, blickte sich um und zählte die Köpfe. Sie lächelte Boyd an, der sich ein paar Pommes klaute.
»Hat Caitlyn keinen Hunger?«
»Keine Ahnung.« Er zuckte mit den Schultern und probierte die Salsa. »Sie hat nicht gewonnen. Sie erklärt bestimmt, sie hätte gewonnen, aber das hat sie nicht.« Weil seine Nanny – als ob er überhaupt noch eine brauchte – mit seiner kleinen Schwester beschäftigt war, nahm er sich heimlich ein Plätzchen, obwohl die eigentlich vor dem Abendessen verboten waren. »Sie ist nicht gekommen, als wir das Spiel beendet haben, und wer nicht da ist, hat verloren.«
»Ist sie nicht mit euch anderen hereingekommen?«
Da er ein kluger Junge war, machte er kurzen Prozess mit dem Plätzchen für den Fall, dass seine Kinderfrau es bemerkte. »Keiner hat sie gefunden, deshalb wird sie sagen, sie hätte gewonnen, aber sie war ja nicht da. Vielleicht hat sie sich schon vorher ins Haus geschlichen, und das ist geschummelt. Auf jeden Fall hat sie nicht gewonnen.«
»Caitlyn schummelt nicht.« Nina trocknete sich die Hände ab und machte sich auf die Suche nach »ihrem« Mädchen.
Sie schaute in Cates Zimmer, für den Fall, dass sie sich vielleicht umgezogen oder zur Toilette gemusst hatte. Sie blickte sich im ersten Stock um, aber die meisten Zimmertüren waren geschlossen, deshalb trat sie auf die Terrasse.
Mehr ungeduldig als besorgt rief sie ein paarmal nach ihr und ging über die Brücke, die zu der Pool-Seite des Hauses führte, und dann noch einmal zurück, bevor sie über die Treppe hinunterlief.
Cate liebte den ummauerten Garten, deshalb schaute sie auch dort nach, ging durch den angrenzenden Obstgarten und rief immer wieder ihren Namen.
Die Sonne sank tiefer, die Schatten wurden länger. Es wurde kühl. Und das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Als Stadtmädchen, geboren und aufgewachsen in L.A., empfand Nina Torez gesundes Misstrauen gegenüber dem Land. Sie dachte an Giftschlangen, Pumas, Kojoten, sogar Bären, während sie immer verzweifelter nach Cate rief.
Das ist doch albern, sagte sie sich, alles nur albern. Cate ging es gut, sie war einfach nur … eingeschlafen im großen Haus. Oder …
Sie rannte zum Gästehaus, riss die Tür auf und rief nach ihrer Schutzbefohlenen. Zum Meer hin bestand das Gästehaus aus einer Glaswand. Sie starrte aufs Meer und dachte an all die gefährlichen Orte, wo kleine Mädchen verschwinden konnten.
Cate liebte den kleinen Strand, dachte sie und rannte hinaus, die Treppe hinunter, rief immer wieder ihren Namen, während die Seelöwen auf den Felsen sie gelangweilt beobachteten.
Erneut rannte sie zum Pool-Haus, zum Gartenschuppen, hinunter ins Hauskino, ins Familienzimmer, den Proberaum, die Lagerräume. Dann wieder hinaus, um die Garage zu durchsuchen.
»Caitlyn Ryan Sullivan! Komm sofort heraus! Du machst mir Angst!«
Und sie fand die Schmetterlingsspange, die sie heute früh in Cates schöne lange Haare gesteckt hatte, am alten Baum.
Es hatte nichts zu bedeuten, redete sie sich ein, als sie die Finger darum schloss. Das Mädchen hatte geturnt, war gerannt und gesprungen, hatte Pirouetten gedreht und Tanzschritte geübt. Die Spange war einfach herausgerutscht.
Das sagte sie sich immer wieder, als sie zum Haus zurückrannte. Tränen brannten in ihren Augen, als sie die große Haustür aufzog. Beinahe wäre sie in Hugh hineingerannt.
»Nina, was in aller Welt ist los?«
»Ich kann … ich kann … Mr Hugh, ich kann Caitlyn nicht finden. Ich kann sie nirgendwo finden. Nur das hier habe ich gefunden.« Sie streckte ihm die Haarspange entgegen und brach in Tränen aus.
»Ach, kommen Sie, machen Sie sich keine Sorgen. Sie hat sich irgendwo versteckt. Wir finden sie schon.«
»Sie hat Verstecken gespielt.« Sie zitterte am ganzen Leib, als er sie in das Hauptwohnzimmer führte, wo die meisten Mitglieder der Familie sich versammelt hatten. »Ich … ich bin hineingegangen, um Maria mit der kleinen Circi und dem Baby zu helfen. Caitlyn hat mit den anderen Kindern gespielt, und ich bin hineingegangen.«
Charlotte, die mit ihrem zweiten Cosmo dasaß, blickte zu ihnen herüber, als Hugh Nina ins Wohnzimmer führte. »Um Gottes willen, Nina, was ist passiert?«
»Ich habe überall nachgeschaut. Ich kann sie nicht finden. Ich kann Cate nicht finden.«
»Sie ist wahrscheinlich einfach nur oben in ihrem Zimmer.«
»Nein, Ma’am, nein. Ich habe überall nachgesehen. Ich habe sie immer wieder gerufen. Sie ist ein liebes Mädchen, sie würde sich nie verstecken, wenn ich nach ihr rufe und sie hört, dass ich mir Sorgen mache.«
Aidan stand auf. »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
»Alle Kinder haben angefangen, Verstecken zu spielen, deshalb bin ich hineingegangen, um mit den Babys und den Kleinkindern zu helfen. Mr Aidan …« Sie zeigte ihm die Haarspange. »Ich habe nur das hier gefunden, am großen Baum in der Nähe der Garage. Ich habe sie ihr heute früh in die Haare gesteckt.«
»Wir finden sie schon. Charlotte, schau noch mal oben nach. In beiden Stockwerken.«
»Ich helfe dir.« Lily erhob sich, und auch ihre Tochter stand auf.
»Sie sollten auf sie aufpassen!« Charlotte sprang auf.
»Ms Charlotte …«
»Charlotte.« Aidan ergriff seine Frau am Arm. »Nina hatte überhaupt keinen Grund, Cate jede Minute zu beobachten, während sie mit allen Kindern spielte.«
»Und wo ist sie dann?«, entgegnete Charlotte. Sie lief aus dem Zimmer und rief nach ihrer Tochter.
»Nina, kommen Sie, setzen Sie sich zu mir.« Rosemary streckte die Hand aus. »Die Männer schauen draußen in jedem einzelnen Winkel nach. Und die übrigen suchen sie im Haus.«
Rosemary versuchte, tröstend zu lächeln, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. »Und wenn wir sie finden, dann halte ich ihr eine Strafpredigt!«
Über eine Stunde lang durchsuchten sie jeden einzelnen Zentimeter des weitläufigen Hauses, der Nebengebäude und des gesamten Grundstücks. Lily rief die Kinder zusammen und fragte sie, wann sie Cate zuletzt gesehen hatten. Alle antworteten übereinstimmend, bis zu dem Spiel, das Cate selbst angeregt hatte.
Lily, deren flammend rote Haare von der Suche ganz zerzaust waren, ergriff Hughs Hand. »Ich glaube, wir sollten die Polizei rufen.«
»Die Polizei!«, kreischte Charlotte. »Mein Baby! Meinem Baby ist etwas passiert. Sie ist gefeuert! Diese nutzlose Frau ist auf der Stelle gefeuert. Aidan, Gott, Aidan!«
Als sie ihm halb ohnmächtig in die Arme sank, klingelte das Telefon.
Hugh holte tief Luft und nahm ab.
»Sullivan.«
»Wenn Sie das Mädchen wiedersehen wollen, kostet Sie das zehn Millionen in unmarkierten, nicht nachverfolgbaren Scheinen. Bezahlen Sie, und Sie bekommen sie unverletzt zurück. Wenn Sie die Polizei einschalten, stirbt sie. Wenn Sie das FBI einschalten, stirbt sie. Wenn Sie irgendjemanden einschalten, stirbt sie. Sorgen Sie dafür, dass diese Leitung frei bleibt. Ich rufe an und gebe Ihnen weitere Instruktionen.«
»Warten Sie. Lassen Sie mich …«
Der Anrufer legte auf.
Hugh ließ das Telefon sinken und blickte seinen Sohn entsetzt an. »Irgendjemand hat Cate.«
»Oh, Gott sei Dank. Wo ist sie?«, wollte Charlotte wissen. »Aidan, wir müssen sie sofort dort abholen.«
»Das hat Dad damit nicht gemeint.« Sein Herz setzte einen Augenblick aus, und er zog Charlotte an sich. »Oder, Dad?«
»Sie wollen zehn Millionen.«
»Was redest du da?« Charlotte versuchte, sich aus Aidans Armen zu winden. »Zehn Millionen für … Du … sie … Mein Baby ist entführt worden?«
»Wir müssen die Polizei rufen«, sagte Lily erneut.
»Das sollten wir, aber ich muss euch sagen … Er sagte, sie würden ihr Verletzungen zufügen, wenn wir die Polizei einschalten.«
»Sie verletzen? Sie ist doch nur ein kleines Mädchen. Sie ist mein kleines Mädchen.« Weinend drückte Charlotte ihr Gesicht an Aidans Schulter. »O Gott. Gott, wie konnte das nur passieren? Nina! Dieses Luder hat es wahrscheinlich mit geplant. Ich könnte sie umbringen!« Sie schob Aidan weg und trat zu Lily. »Niemand ruft die Polizei. Ich lasse nicht zu, dass sie mein kleines Mädchen verletzen. Mein Kind! Wir kriegen das Geld zusammen.« Sie packte Aidan am T-Shirt. »Das Geld bedeutet nichts, Aidan, unser kleines Mädchen. Sag ihnen, wir bezahlen, wir bezahlen alles. Sie sollen uns nur unser Baby zurückgeben.«
»Mach dir keine Sorgen! Wir werden sie zurückbekommen, werden sie heil und gesund zurückbekommen.«
»Es geht nicht um das Geld, Charlotte.« Hugh rieb sich mit den Händen durchs Gesicht. »Was ist denn, wenn wir zahlen, und sie … und sie tun ihr trotzdem etwas an? Wir brauchen Hilfe.«
»Was ist wenn? Was ist wenn?« Als sie sich umdrehte, um ihn anzusehen, löste sich Charlottes sorgfältig frisierter Chignon, und ihre Haare fielen ihr auf die Schultern. »Hast du nicht gerade gesagt, wenn wir nicht bezahlen, tun sie ihr etwas an, und wenn wir die Polizei rufen, ebenfalls? Ich will nicht das Leben meiner Tochter aufs Spiel setzen. Das will ich nicht.«
»Sie können aber vielleicht den Anruf zurückverfolgen«, begann Aidan. »Vielleicht können sie ja herausfinden, wie sie hier herausgebracht worden ist.«
»Vielleicht? Vielleicht?« Ihre Stimme überschlug sich, ein Geräusch, als ob Nägel über eine Tafel kratzten. »Mehr bedeutet sie dir nicht?«
»Sie bedeutet mir alles.« Aidan musste sich setzen, weil seine Beine nachgaben. »Wir müssen nachdenken und das tun, was für Cate am besten ist.«
»Wir bezahlen so viel Geld, wie sie haben wollen, und tun alles, was er sagt. Aidan, um Himmels willen, wir können das Geld doch beschaffen. Es geht um unser Baby.«
»Ich werde bezahlen.« Hugh blickte seine tränenüberströmte Schwiegertochter, seinen entsetzten Sohn an. »Sie wurde aus dem Haus meines Vaters entführt, ein Haus, das meine Mutter mir geschenkt hat. Ich bezahle.«
Schluchzend warf sich Charlotte ihm in die Arme. »Das werde ich dir nie vergessen … Es wird ihr nichts passieren. Warum sollte er ihr etwas tun, wenn wir bezahlen? Ich will mein kleines Mädchen zurück. Ich will einfach nur mein kleines Mädchen zurück.«
Lily, die Hughs Körpersprache bei der Umklammerung seiner Schwiegertochter richtig deutete, schritt ein. »Beruhige dich, ich bringe dich nach oben. Miranda«, sie wandte sich an ihre jüngste Tochter, »hilfst du bitte dabei, dass die Kinder beschäftigt sind? Geh doch mit ihnen ins Hauskino und schaut einen Film an. Und könnte jemand Tee für Charlotte nach oben bringen? Alles wird gut«, beruhigte sie Charlotte und zog sie mit sich.
»Ich will mein Baby zurück.«
»Natürlich.«
»Setzt Kaffee auf«, sagte Rosemary. Sie saß ganz aufrecht da, blass, mit im Schoß verschränkten Händen. »Wir müssen klaren Kopf bewahren.«
»Ich mache ein paar Anrufe und fange schon einmal an, das Geld zusammenzukratzen. Nein«, sagte er zu Aidan, der Charlotte hinterhergehen wollte. »Überlass das Lily. Es ist am besten, wenn sie jetzt erst einmal bei Lily bleibt. Wir müssen uns nicht nur überlegen, wie wir das Geld zusammenbekommen, sondern auch, wie zum Teufel es ihnen gelungen ist, Cate sozusagen vor unseren Augen zu entführen. Es sind Amateure, und das erschreckt mich zu Tode.«
»Warum meinst du das?«, wollte Aidan wissen.
»Aidan, zehn Millionen in bar. Natürlich finde ich einen Weg, das Geld zu beschaffen, aber wie soll das logistisch gehen? Wie wollen sie denn so einen großen Betrag transportieren? Das ist doch gar nicht durchführbar. Sich das Geld überweisen zu lassen, verschiedene Kanäle und Konten zu haben, das wäre clever. Aber so?«
Als alle im Raum auf einmal anfingen zu reden und die Stimmen aus Wut und Angst immer lauter wurden, erhob sich Rosemary. »Genug!« Ihre Macht als Matriarchin war so groß, dass alle schwiegen. »Hat irgendjemand von euch schon einmal zehn Millionen in bar gesehen? Hugh hat recht. Und er hat auch recht, wenn er sagt, wir müssen die Polizei einschalten. Aber …« Sie hob einen Finger, bevor das Stimmengewirr erneut einsetzte. »Das haben nur Aidan und Charlotte zu entscheiden. Wir alle lieben Caitlyn, aber sie ist ihre Tochter. Wir besorgen also das Geld. Hugh und ich. Es ist unsere Sache«, sagte sie zu Hugh. »Noch ist es mein Haus, und bald wird es dir gehören. Wir gehen jetzt in das Büro deines Vaters und leiten alles so schnell wie möglich in die Wege. Lasst Tee nach oben bringen«, fuhr Rosemary fort. »Und irgendjemand hier wird ja ein oder zwei Schlaftabletten haben. Bei ihrer Persönlichkeit und ihrer momentanen Verfassung wird es wohl das Beste sein, sie zu überreden, eine Tablette zu nehmen, damit sie ein bisschen Ruhe bekommt.«
»Ich bringe ihr Tee nach oben«, sagte Aidan. »Und Charlotte hat selbst Schlaftabletten. Ich sorge dafür, dass sie eine nimmt. Vorher werde ich jedoch noch einmal versuchen, sie zu überzeugen, dass wir besser die Polizei einschalten. Ich bin derselben Meinung wie ihr. Wenn allerdings etwas passiert …«
»Ein Schritt nach dem anderen.« Rosemary trat zu ihm und ergriff seine Hände. »Dein Dad und ich beschaffen das Geld. Und wir werden das tun, was du und Charlotte entscheidet.«
»Nan.« Er zog ihre Hände an seine Wangen. »Cate ist für mich das Wichtigste im Leben.«
»Ich weiß. Du wirst stark sein für sie. Komm, Hugh, lass uns dafür sorgen, dass diese Mistkerle ihr Geld bekommen.«
Cate erwachte langsam. Weil ihr Kopf so wehtat, kniff sie fest die Augen zusammen und zog sich in sich selbst zurück, als ob sie den Schmerz zurückweisen könnte. Sie hatte Halsschmerzen und ihr Magen hob sich, als müsse sie sich übergeben.
Sie wollte sich nicht übergeben.
Nina sollte kommen, ihr Daddy, ihre Mom. Jemand sollte dafür sorgen, dass das aufhörte.
Als sie die Augen schließlich öffnete, war es dunkel. Irgendetwas stimmte nicht. Ihr war furchtbar übel, aber sie konnte sich gar nicht daran erinnern, dass ihr übel gewesen war.
Das Bett fühlte sich auch nicht richtig an – so hart, mit kratziger Bettwäsche. Sie hatte viele Betten in vielen Zimmern. Ihr eigenes zu Hause, ihr Bett bei Grandpa und G-Lil, bei ihrem Urgroßvater und Nan, bei …
Nein, ihr Urgroßvater war ja gestorben, fiel ihr auf einmal ein. Und sie hatten in seinem Haus ein Fest wegen seines Lebens gefeiert. Sie hatte mit all den anderen Kindern gespielt. Fangen, Seilchenspringen, Verstecken. Und …
Der Mann, der Mann an ihrem Versteck. War sie vom Baum gefallen?
Ruckartig fuhr sie im Bett auf, vor ihren Augen drehte sich alles. Aber sie rief trotzdem nach Nina. Ganz egal, wo sie gerade war, Nina war immer in der Nähe. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sie sah, dass nichts richtig war, kletterte sie aus dem Bett. Im schwachen Licht von einigen Sternen und einer Mondsichel trat sie auf eine Tür zu.
Sie ging nicht auf, also schlug sie dagegen und schrie weinend nach Nina.
»Nina! Ich kann nicht heraus! Mir ist schlecht, Nina. Daddy, bitte! Mom, lass mich raus, lass mich raus.«
Da sie dachten, dass es später vielleicht noch zu gebrauchen war, nahmen sie ihre flehenden Schreie auf.
Die Tür ging so plötzlich auf, dass Cate zu Boden gestoßen wurde. Das Licht von draußen strömte ins Zimmer und beleuchtete das Gesicht eines furchterregenden Clowns mit scharfen Zähnen.
Als sie schrie, lachte er.
»Niemand kann dich hören, du Dummerchen, also halt verdammt nochmal den Mund, sonst reiße ich dir den Arm ab und esse ihn auf.«
»Reg dich ab, Pennywise.«
Ein Werwolf kam herein. Er trug ein Tablett und ging an ihr vorbei, während sie sich aufrichtete. Er stellte es aufs Bett.
»Hier hast du Suppe und Milch. Iss und trink, sonst hält mein Kumpel dich hier fest, während ich es dir mit Gewalt einflöße.«
»Ich will zu meinem Daddy!«
»Ohh«, sagte der, der Pennywise genannt worden war, und lachte gemein. »Sie will zu ihrem Daddy. Zu schade, dass ich deinen Daddy bereits in Stücke gerissen und den Schweinen zum Fraß vorgeworfen habe.«
»Das reicht«, sagte der Werwolf. »Hör mir gut zu, du Blag. Du isst, wenn wir es dir bringen und was wir dir bringen. Da drüben ist das Badezimmer. Du machst uns keinen Ärger, machst nichts schmutzig, und dann bist du in ein paar Tagen wieder bei deinem Daddy. Ansonsten werden wir dir richtig schlimm wehtun.«
Angst und Wut erfüllten sie gleichermaßen. »Du bist gar kein richtiger Werwolf, das ist ja nur erfunden. Das ist eine Maske.«
»Du hältst dich wohl für besonders schlau, was?«
»Ja!«
»Wie gefällt dir das hier?« Pennywise griff hinter sich und zog eine Pistole aus dem Hosenbund. »Sieht die echt aus, du kleines Luder? Willst du, dass ich sie ausprobiere?«
Der Wolfsmann knurrte Pennywise an. »Jetzt reg dich ab. Und du …« Er wandte sich an Cate. »Du kleiner Schlaumeier. Iss die Suppe, und zwar alles! Das Gleiche gilt für die Milch. Sonst breche ich dir jeden einzelnen Finger, wenn ich zurückkomme. Wenn du tust, was ich dir sage, bist du in ein paar Tagen wieder Prinzessin.«
Pennywise griff in ihre Haare, zerrte ihren Kopf zurück und drückte ihr die Pistole an den Hals.
»Lass das, du blöder Clown.« Wolfsmann packte ihn an der Schulter, aber Pennywise schüttelte ihn ab.
»Sie braucht zuerst einmal eine Lektion. Willst du herausfinden, was passiert, wenn kleine reiche Luder widersprechen? Sag ›Nein, Sir‹. Los, sag es!«
»Nein, Sir.«
»Iss dein verdammtes Abendessen.«
Er stürmte hinaus, und sie sank zitternd und schluchzend auf den Boden.
»Himmelherrgott, iss einfach die Suppe«, murmelte der Wolfsmann. »Und sei still.«
Dann ging auch er hinaus und verschloss die Tür.
Weil es auf dem Boden kalt war, krabbelte Cate zurück ins Bett. Sie hatte keine Decke und konnte einfach nicht aufhören zu zittern. Vielleicht hatte sie auch ein bisschen Hunger, aber die Suppe wollte sie nicht.
Andererseits wollte sie auch nicht, dass der Mann mit der Clownsmaske auf sie schoss oder der Werwolf ihr die Finger brach. Sie wollte einfach nur, dass Nina kam und ihr etwas vorsang, oder dass Daddy ihr eine Geschichte erzählte, oder ihre Mom ihr all die hübschen Kleider zeigte, die sie am Tag gekauft hatte.
Sie suchten bestimmt nach ihr. Alle. Und wenn sie sie fanden, würden sie die Männer mit der Maske für immer ins Gefängnis stecken.
Der Gedanke tröstete sie, und sie löffelte ein wenig von der Suppe. Sie roch nicht gut, und das bisschen, das sie schluckte, schmeckte komisch, irgendwie falsch.
Sie konnte sie nicht essen. Warum wollten sie unbedingt, dass sie sie aß?
Stirnrunzelnd roch sie daran, roch auch an dem Glas mit Milch.
Vielleicht hatten sie Gift hineingetan. Sie begann wieder zu zittern und rieb sich die Arme, um sich zu wärmen und sich selbst zu beruhigen. Gift machte doch keinen Sinn. Aber es schmeckte einfach nicht richtig. Sie hatte unzählige Filme gesehen. Böse Männer taten manchmal irgendwas ins Essen. Nur weil sie entführt worden war, war sie ja nicht dumm. Sie wusste so viel. Und sie hatten sie nicht gefesselt, sondern einfach nur eingesperrt.
Sie wollte zum Fenster rennen, dachte dann aber: leise, leise. Also schlüpfte sie aus dem Bett und huschte zum Fenster. Sie sah Bäume und Dunkelheit, die schattenhaften Umrisse von Hügeln. Keine Häuser, kein Licht.
Sie blickte sich um, und ihr Herz klopfte, als sie versuchte, das Fenster zu öffnen. Sie versuchte es aufzusperren, spürte jedoch die Nägel.
Panik stieg in ihr auf, aber sie schloss die Augen und atmete dagegen an. Ihre Mom machte gerne Yoga, und manchmal durfte sie mitmachen. Man musste einfach richtig atmen.
Sie hielten sie für dumm. Sie dachten, sie sei nur ein dummes Kind, aber sie war nicht dumm. Sie würde die Suppe nicht essen und die Milch nicht trinken, weil sie wahrscheinlich Medikamente hineingetan hatten.
Stattdessen ergriff sie die Suppentasse und das Glas und trug sie vorsichtig ins Badezimmer. Sie schüttete alles in die Toilette, und dann urinierte sie auch noch, weil sie musste.
Und betätigte die Spülung.
Wenn sie zurückkamen, würde sie so tun, als ob sie schlafen würde. Fest und tief schlafen würde. Sie wusste, wie das ging. Schließlich war sie Schauspielerin. Und sie war nicht dumm, also schob sie den Löffel unter ihr Kissen.
Sie wusste nicht, wie spät es war oder wie lange sie vorher geschlafen hatte; sie wusste nur, dass einer von ihnen sie mit einer Nadel an ihrem Versteck gestochen hatte. Aber sie würde warten, bis sie kamen, um das Tablett abzuholen. Und sie würde beten, dass sie nicht bemerken würden, dass der Löffel fehlte.
Sie versuchte, nicht mehr zu weinen. Es war schwer, aber sie musste darüber nachdenken, was sie tun sollte. Und beim Weinen konnte man nicht denken, also würde sie nicht weinen.
Es dauerte ewig, es dauerte so lange, dass sie über die Warterei beinahe wirklich einschlief. Dann jedoch hörte sie, wie die Schlösser klickten und die Tür aufging.
Ruhig und stetig atmen. Die Augen nicht zukneifen, nicht zusammenzucken, wenn er dich berührt. Sie hatte schon früher so getan, als würde sie schlafen – und sogar Nina damit getäuscht –, wenn sie heimlich aufbleiben und lesen wollte.
Musik ertönte, und beinahe wäre sie zusammengezuckt. Der Mann – der Wolf, weil sie seine Stimme jetzt kannte und wusste, dass er derjenige war, der ihr auf den Baum helfen wollte – sagte ein schlimmes Wort. Aber als er antwortete, klang seine Stimme anders.
»Hi, Darling. Rufst du vom Handy der dämlichen Kinderfrau aus an? Wenn die Bullen das jemals überprüfen, dann werden sie ihr die Schuld in die Schuhe schieben. Gut, gut. Wie läuft’s? Ja, ja, es geht ihr gut. Ich schaue sie gerade an. Sie schläft wie ein Baby.« Er stieß Cate fest in die Rippen, aber sie rührte sich nicht. »Braves Mädchen. Enttäusch mich nicht. Ich rufe in etwa einer halben Stunde das nächste Mal an. Das weißt du doch, Darling. Nur noch ein paar Tage, und wir sind frei wie die Vögel. Ich zähle schon die Stunden.«
Sie hörte etwas rascheln, bewegte sich nicht und hörte, wie er wegging.
»Idioten«, murmelte er mit einem Lachen in der Stimme. »Die Leute sind doch blöde Idioten. Und Frauen sind die größten Idioten von allen.«
Die Tür ging zu, die Schlösser klickten.
Sie bewegte sich nicht, sondern wartete, zählte im Stillen bis hundert und dann noch einmal bis hundert, bevor sie es riskierte, die Augen ein wenig aufzumachen.
Zwar sah und hörte sie niemanden, aber vorläufig behielt sie ihren gleichmäßigen Atemrhythmus bei. Dann setzte sie sich langsam auf und zog den Löffel unter dem Kissen hervor. So leise sie konnte, schlich sie zum Fenster. Sie und ihr Grandpa hatten einmal zusammen ein Vogelhaus gebaut. Sie kannte sich mit Nägeln aus und wie man sie hineinhämmern musste. Oder sie wieder herausziehen konnte.
Sie benutzte den Löffel, aber ihre Hände waren schweißnass. Fast hätte sie ihn fallen gelassen, und beinahe wäre sie in Tränen ausgebrochen. Sie wischte ihre Hände und den Löffel an ihrer Jeans ab und versuchte es noch einmal. Zuerst bewegte sich der Nagel kein bisschen. Doch dann hatte sie das Gefühl, er würde doch nachgeben, und versuchte es noch fester.
Sie dachte schon, sie hätte ihn, hatte ihn auch fast in der Hand, als sie plötzlich draußen Stimmen hörte. Außer sich vor Angst ließ sie sich zu Boden fallen. Ihr Atem kam stoßweise, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
Ein Auto fuhr an. Sie hörte die Reifen auf dem Kies knirschen. Die Haustür schlug zu. Einer blieb im Haus, einer fuhr irgendwohin. Sie hob den Kopf und blickte den Rücklichtern nach, die sich entfernten.
Vielleicht sollte sie warten, bis sie beide wieder im Haus waren, aber sie hatte zu viel Angst. Mit zusammengebissenen Zähnen machte sie sich wieder daran, den Nagel zu entfernen.
Plötzlich flog er heraus und schlug mit einem Klick auf dem Fußboden auf, das in ihren Ohren so laut wie eine Explosion klang. Sie sprang zurück ins Bett, zwang sich, still zu liegen und tief zu atmen, aber sie konnte nicht aufhören zu zittern.
Niemand kam, und Tränen der Erleichterung stiegen ihr in die Augen.
Erneut waren ihre Hände schweißnass, aber sie machte sich trotzdem daran, den zweiten Nagel herauszuholen. Schließlich gelang es ihr, den Fenstergriff zu drehen. Es klang schrecklich laut, als sie es einen Spalt breit öffnete. Aber niemand platzte herein, selbst dann nicht, als sie es weiter öffnete, so weit, dass sie ihren Kopf herausstrecken und die kühle Nachtluft spüren konnte.
Es war zu hoch, zu hoch, um zu springen.
Sie lauschte angestrengt, auf die Geräusche des Ozeans, von Autos, von Menschen, aber sie hörte nur das Rauschen des Windes, das Heulen eines Kojoten, den Ruf einer Eule.
Die Bäume standen nicht nah genug, um sie zu erreichen, es gab keine Leiste und kein Gitter, an dem sie sich hätte herunterhangeln können. Aber sie musste herunterklettern und dann wegrennen. Sie musste weglaufen und Hilfe holen.
Sie fing mit dem Laken und dem Bettbezug an. Zuerst versuchte sie, beides in Fetzen zu reißen, aber das ging nicht. Also knotete sie sie, so fest sie konnte, aneinander. Zum Schluss fügte sie auch noch die Kopfkissenbezüge hinzu.
Im Zimmer konnte sie sie nur an einem der Bettpfosten anbinden. Wie bei Rapunzel, dachte sie, nur dass sie Laken statt Haare benutzte. So würde sie aus dem Turm klettern.
Vor lauter Nervosität musste sie schon wieder aufs Klo, aber sie hielt ein und biss die Zähne zusammen, als sie die zusammengeknotete Bettwäsche am Bettpfosten festband.
Dann hörte sie das Auto zurückkommen. Ihr Magen zog sich zusammen. Wenn einer von ihnen jetzt nach ihr schauen würde, würde er es sehen. Sie hätte doch besser gewartet.