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Nach dem Tode / Die Poesie des Unbewussten Marie von Ebner-Eschenbach - Freifrau Marie Ebner von Eschenbach (* 13. September 1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren als Marie Dubský von Tebomyslice; 12. März 1916 in Wien) war eine mährisch-österreichische Schriftstellerin. Ihre psychologischen Erzählungen gehören zu den bedeutendsten deutschsprachigen Beiträgen des 19. Jahrhunderts in diesem Genre. Marie von Ebner-Eschenbach, geborene Freiin Dubský, ab 1843 Gräfin, war die Tochter des Franz Baron Dubský, ab 1843 Graf Dubský, und seiner zweiten Frau Baronesse Marie von Vockel. Väterlicherseits hat sie ihre Wurzeln im alten böhmisch-katholischen Adelsgeschlecht der Dubský von Tebomyslice. Mütterlicherseits stammt sie vom Geschlecht der sächsisch-protestantischen Familie Vockel ab. Sie hatte sechs Geschwister, darunter den österreich-ungarischen General und Diplomaten Viktor Dubský von Tebomyslice.
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Seitenzahl: 20
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Liebe Mama!
7. Juli
Das Schloß liegt auf einem Berge, der für unsere Gegend ein Montblanc wäre, hier aber, neben diesen Riesen, nur ein Kind von einem Berge ist. Gegen Osten hin öffnet sich ein grünes Tal; ein Bächlein durchrennt es, weiß wie gepeitschter Seifenschaum. Wenn ich auf den Balkon trete, rauscht ein Meer von grünen Wipfeln zu meinen Füßen. – »Hör ihnen zu, sie begrüßen dich«, sagte Albrecht. War das nicht nett? Mein Mann ist überhaupt so gut! Ich mache jetzt erst seine Bekanntschaft. Eigentlich hast Du mich mit einem fremden Herrn in die weite Welt reisen lassen.
Ich küsse Deine Hände, ich möchte Dir tausend zärtliche Dinge sagen, aber Du liebst das nicht, so sage ich denn nur: Lebe wohl!
Deine Tochter
10. Juli
Dank für Deinen teuren Brief; es ist doch grausam, daß ich, um ihn zu beantworten, nur eines der schönen Kärtchen benützen darf, die Du mir mitgegeben hast. Viel zu tun habe ich allerdings. Ich will auch eine Schloßfrau werden wie meine Mutter, eine Stütze und ein Hort für meine ganze Umgebung. Freilich, Du bist schon lange die Gebieterin Deines Hauses, und ich muß mich erst an die Herrschaft gewöhnen. Albrecht mahnt mich oft: »Laß doch das Bitten weg! Der Oberst sagt zu seinen Soldaten: Vorwärts! Wenn er sagen würde: Ich bitte vorwärts zu marschieren, bliebe wohl mancher zurück.« – Aber das ist doch nicht ganz dasselbe, nicht wahr, meine geliebte Mama? – Ich umarme Dich, ich lege mein ganzes Herz in – oder soll ich sagen: auf diese Karte?
13. Juli
Mein teures Kind, lasse es nur bei den Kärtchen bewenden, murre nicht gegen meine Anordnungen. Daß ich im ersten Jahre Deiner Ehe durchaus keine langen Briefe von Dir erhalten will, das hat seine guten Gründe, die Dein Mann, der »fremde Herr«, der mir ein so gut bekannter ist, sicherlich würdigen wird, Du brauchst ihn nur danach zu fragen. Mit treuer Liebe
Deine Mutter.
17. Juli