Nachgeschenkt - Ruth Schürch - E-Book

Nachgeschenkt E-Book

Ruth Schürch

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Beschreibung

Es gibt wenig Langweiligeres, als ein Abendessen neben einem Wein-Erklärer aussitzen zu müssen. Wein ist zum Glück keine «geschlossene Gesellschaft» mehr. Aus dem Luxusgut wurde ein Alltagsgetränk, auch wenn das die «Elite-Partner des Weins» etwas kränkt. Viele Frauen haben Hemmungen, einen Weinladen zu betreten, weil sie sich belächelt oder herablassend behandelt fühlen. Verlassen Sie solche Geschäfte zügig, es gibt genug andere. Die 25 Jahre als Weinhändlerin bescherten mir viel Spannendes und Kurioses. Vom Hochleistungs-Tröpfchen über das ganz grosse Gaumenkino, bis zur Rosamunde-Pilcherisierung aus dem önologischen Prekariat, war alles dabei. Anscheinend soll es drei Wege geben, immer den richtigen Wein zu wählen. Leider kennt sie niemand. Sicher ist aber, dass Sie nach dieser Lektüre zur Wunschkundin im Weinhandel-, und zum willkommenen Besucher auf einem Weingut werden. Stärken Sie Ihr Wein-Selbstbewusstsein mit diesen Anekdoten aus der Weinkiste. Wein soll Sie glücklich machen, nicht verunsichern.

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Zu diesem BuchDie Meinung ist persönlich. Die Haltung zum Wein aufrichtig subjektiv. Wer sich im Buch zu erkennen glaubt, liegt falsch, es waren andere gemeint. Die geschilderten Erlebnisse beziehen sich auf eine Ein-Frau-Weinhandlung, vom Parkplatz-Jäten bis zur Preisverhandlung in Fremdsprachen. Damit nicht nur der Wein, sondern auch der Text fliesst, verzichte ich aufs Gendern. Weibliche und männliche Bezeichnungen werden abwechslungsweise verwendet, es sind immer alle Geschlechter gemeint. Warnhinweis: Die Weinwelt ist eine Reuse. Wer mal drin ist, kommt nicht mehr hinaus.

Inhalt

Vorlese

Im Weinladen

Sortiment und Firmenname

Flop

Top

Erlebnisse im Laden

Weingeschenke

Me too

Hochzeitsgeschichten

Gehört

Vorträge

Weinkurse

Froschkönig

Weinreise

Auf dem Weg

Die Besuche

Winzerbesucher

Mit Winzern sprechen

Die Wünsche der Winzer

Weinmessen

USA

Musik

Verkostungsnotizen

Weinmonolog

Wein-Tourette

Weinkommentar

Pantomimetrinken

Gruppendynamik

Degustationsfallen

Degustieren? Kann jeder!

Lassen Sie sich täuschen

Passte nicht …

Bio

Degustationsstatistik

Wein und Geld

Verpackung

Kritik und Bewertung

Gaumenfreiheit

Sommeliers und Sommelièren

Weintester

Deine Etiketten

Gäste empfangen

Partygeflüster

Mein buntes Weinkurspublikum

Torta quattro quarti

Gute Tage, schlechte Tage

Gute Worte, schlechte Worte

Kundenfragen

Crostata di mele Die Apfeltorte von déjà bu …

Rechnungsbeispiel Familienbetrieb

Weinwörter USA

Unterbrechungstipps für Weinmonologe

Weintypen

Musikalische Weinsprache

Was Sie hören – was Sie denken

Weinsprüche

Verkaufsvokabular

Tasting quality protocol

Welches Glas?

Hauswein

Keine Angst …

Lust am Wein in 7 Phasen

Der Wein und das Auge

Im Kontext

Geschäftsmodell Düngung/Chemie

Behauptungen und Vorurteile

Weinverkostung leichtgemacht

Wein und Essen

Sommelièren und Sommeliers

Die Geschichte

Nicht ganz wörtlich nehmen

Drei Buchstaben/Zahlen

Wenn Weine Menschen wären …

Nostalgisch

Nachlese

Für Stefan – mit dem absoluten Weingehör

Vorlese Dass ich diese Spätlese schreiben konnte, verdanke ich vielen wunderbaren Kunden, denen Sortiment, Öffnungszeiten und Rabattregelung von déjà bu Freude machten. Aber wie bei Ferienerzählungen ergeben Vorhersehbares und Reibungsloses keine so saftigen Geschichten wie unerfüllte Kundenwünsche. Dürfen sie nebst Lustigem, Überraschendem und Berührendem in meiner Spätlese stehen? Ich entschloss mich für den ganzheitlichen Rückblick, inklusive Missgeschick und Peinlichkeiten. Wie ein Journalist mir riet: «Pack sie bei der Schadenfreude.»

Fehler: Wir haben noch ein paar stehen lassen. In meinen Ladenjahren hat sich gezeigt, wie viel Freude es bereitet, wenn sie gefunden werden.

Im Weinladen Am besten stellen Sie sich gleich zu mir hinter die Ladentheke. Hören und Sehen wird Ihnen zwar nicht vergehen, dafür viele Fachbücher ersparen.

Vor dem Umbau des eigenen Lokals sah ich mir viele Weinhandlungen an und stellte fest: Reklamationen, Sonderwünsche, Testfragen oder gar Ratschläge nahmen zu, je kleiner ein Weingeschäft war. Ich wagte es trotzdem.

Sortiment und Firmenname Die erste Idee, ausschliesslich Schweizer Weine zu verkaufen, verabschiedete ich schnell, nachdem mir etliche Schweizer Winzer mitteilten, ausverkauft zu sein oder mir pro Jahr maximal 60 Flaschen liefern zu können. Ich wandte mich Italien zu, der Sprache wegen. Wir Deutschschweizer kennen das Radebrechen in Französisch, welches von französischen Muttersprachlern ganz schnell unterbrochen werden kann mit: «Ah non, non! Ça va pas, écoute alors …», wogegen die italienischen Sprechversuche gerne mit: «Sì, sì, brava!» belohnt werden. Daran erinnerte später nur noch mein Firmenname déjà bu und die erstaunlich oft gestellte Frage: «Was heisst déjà bu?»

Flop Ich schloss die Bar. Mein Wunsch nach einem «schnellen Glas Wein» unter Freunden, dazu ein frisches Häppchen und ciao, wie in Italien, erfüllte sich nicht. Viele kamen alleine oder blieben über Stunden, in Erwartung von Unterhaltung. Weinkunden fühlten sich von den Bargästen belauscht und von deren Einmischung belästigt – es passte nicht.

Ebenfalls gestrichen wurden Weinvorträge und Catering. Bei den Vorträgen erfüllte ich weder Erwartungen noch generierten sie Kunden, und das Catering wurde vom Ladengeschäft verdrängt.

Top Positiv überrascht hat mich der zusätzliche Umsatz mit (Wein-)Büchern. Das Büchergestell blieb im Laden die einzige Ergänzung. Der puristische Stil sollte das Wichtigste, die Weinflaschen, hervorheben. Nicht alle empfanden das gleich, einige vermissten Dekofässer und Plastiktrauben.

Viele Echos erhielt ich für meine Schaufenster, ich wechselte sie jeden Monat. Einmal stellte ich die Buchstaben S, E und X aus meterhohen Papiermaché-Buchstaben auf und steckte in der Mitte einen Post-it-Zettel an, mit den Worten: «Jetzt, wo ich schon Ihre Aufmerksamkeit habe, könnte ich Ihnen noch die neuen Weine zeigen.» Dieses Schaufenster zog auch nachts «Kunden» an – sie suchten «den anderen Eingang» …

«Pink Freud» für Rosé …

Wein als Feriendestination …

… oder Retro-Weihnachten. Die «déjà bu»-Schaufensterthemen gaben immer zu reden

Mit der Zeit kannte ich die Vorlieben vieler Kunden besser als ihre Namen. So mogelte ich mich bei der Begrüssung mit «Guten Tag, Frau Chianti» oder «Grüezi, Herr Arneis» durch.

Eines Morgens sah ich vis-à-vis beim Denner: «Heute 40 Prozent auf Wein.» Ein Angebot, bei dem ich nicht mithalten konnte, meine Marge betrug 30 Prozent. Stattdessen begann ich, für die Kunden jeden Samstag vor Ladenöffnung frische Oliven-Ringbrote zu backen, als Zugabe zum Weineinkauf.

Kunden, die mein Sortiment gut kannten, fragten oft: «Was haben Sie Neues, Frau Schürch?» Weil ich aber nicht immer neue Weingüter ins Sortiment aufnehmen konnte und sich Importe unter einer Palette (ca. 500 Flaschen) nicht lohnen, führte ich den «Fremdgänger des Monats» ein. Ein Wein, der nicht (wie der Rest meines Sortimentes) aus Italien kam und zwischen 12 und 18 Schweizer Franken kostete. Jeder «Fremdgänger» stand einen Monat lang bei mir im Sortiment. Dabei zeigte sich, wie wichtig die Etikette auf der Weinflasche ist. Ich stimmte sie auf bevorstehende Anlässe wie Muttertag, Ostern oder Ferien ab und verkaufte davon jeweils mindestens 240 Flaschen, manchmal das Doppelte.

Muttertag …

Ferienzeit. «Fremdgänger des Monats», immer schön saisonal

Ostern …

Kleine, geführte Verkostungen waren in meinem Laden beliebter als grosse Degustationen, deshalb startete ich mit «Schlucken oder spucken?» mittwochs von 18 bis 19 Uhr eine themengebundene Blindverkostung mit drei Weinen und passendem Apéro. In der Regel kamen 10 bis 20 Personen. Nebst den zusätzlichen Weinverkäufen ergaben sich daraus schöne Kontakte unter den Teilnehmenden. Auch die wöchentlichen Weinkurse brachten mir viele neue Kunden. Herrliche Abende, an denen viel gelacht wurde und etliche Anwesende viel lockerer aus dem Keller hochkamen, als sie zuvor heruntergestiegen waren.

Ab der ersten Kundin Ursi bis zum letzten Verkauf mit Nr. 60486 an Regula – meine Weine sollten spannende Erlebnisse für alle sein statt flüssige Elitepartner für wenige.

Willkommen zur «Commedia del vino»!