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NACHT ÜBER GUNLOCK, zusammengestellt und herausgegeben von Christian Dörge, versammelt 40 erstklassige Western-Erzählungen US-amerikanischen Spitzen-Autoren und -Autorinnen, u.a. von Louis L'Amour, Gordon D. Shirreffs, Judy Alter, Ernest Haycox, Jeffrey M. Wallmann, Ray Hogan, Elmore Leonard, Gary McCarthy, Wayne D. Overholser und Jeanne Williams.
NACHT ÜBER GUNLOCK wird ergänzt durch ein Essay von Dr. Karl Jürgen Roth.
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CHRISTIAN DÖRGE (Hrsg.)
Nacht über Gunlock
Apex Western, Band 8
Erzählungen
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Louis L'Amour: DER MARSHAL VON SENTINEL
Elmer Kelton: KEINE GRABINSCHRIFT FÜR MICH
Jeffrey M. Wallmann: DIE GEHEIMNISVOLLEN ZUGRÄUBER
Luke Short: DER VORMANN
James Bellah: DER KODEX
Wayne D. Overholser: NACHT ÜBER GUNLOCK
Ernest Haycox: DIE JAGD
Bill Pronzini: DAS AUFGEBOT AUS PAYTONVILLE
Louis L'Amour: DIE LIEBESGESCHICHTE DES PIUTE BILL
Gary McCarthy: FLUCHT NACH TEXAS
Gordon D. Shirreffs: DAS VERWUNSCHENE TAL
Jeffrey M. Wallmann: DER DUNKLE UND BLUTIGE PFAD
Ray Hogan: DIE EHRENSCHULD
Wayne Barton: DER WILDE
Stephen Overholser: DER MANN AM WAGENRAD
Jack Schaefer: EMMET DUTROW
Thomas Thompson: DAS MÄDCHEN AUS PHILADELPHIA
Louis L'Amour: DAS GESCHENK DES COCHISE
W. W. Southard: PARTNER
Ray Hogan: BEN SUTTONS GESETZ
Elmore Leonard: DIE FRAU VOM TONTO
Wayne D. Overholser: DAS ENDE DER RAWLINS-BANDE
Jeanne Williams: DIE SCHULD
John R. Erickson: ABSCHIED VON MISS LOTTIE
Gary McCarthy: ZU FEIGE FÜR DEN WESTEN
Ray Gaulden: DIE ZÄHMUNG DES JIM SHANNON
Will Henry: DER GEISTERWOLF VOM THUNDER MOUNTAIN
Gary McCarthy: ÜBER DEN RIO GRANDE
Loren D. Estleman: DER ENGEL VON SANTA SOFIA
Bill Gulick: EINE ART GERECHTIGKEIT
Bill Pronzini: GEWITTERSTURM
Wayne C. Lee: DER EINFACHE WEG
Jeffrey M. Wallmann: SONNENRAUCH
Judy Alter: DIESER VERDAMMTE COWBOY
Bill Burchardt: WIE CALVIN MULLINS DER CABALLERO VON COWBOY FLAT WURDE
Natlee Kenoyer: DAS RENNEN
Wayne Barton: DAS WARTEN AM FLUSS
Gerald Keenan: WER ZUM COLT GREIFT
Joe R. Lansdale: DER MANN MIT ZWEI LEBEN
Carla Kelly: TAPFERE MÄNNER
Cowboys, Indianer, Pioniere, Siedler und ein Geisterwolf.
Western in Pulp Magazines und Anthologien - Ein Essay von Dr. Karl Jürgen Roth
Einzelnachweise:
NACHT ÜBER GUNLOCK, zusammengestellt und herausgegeben von Christian Dörge, versammelt 40 erstklassige Western-Erzählungen US-amerikanischen Spitzen-Autoren und -Autorinnen, u.a. von Louis L'Amour, Gordon D. Shirreffs, Judy Alter, Ernest Haycox, Jeffrey M. Wallmann, Ray Hogan, Elmore Leonard, Gary McCarthy, Wayne D. Overholser und Jeanne Williams.
NACHT ÜBER GUNLOCK wird ergänzt durch ein Essay von Dr. Karl Jürgen Roth.
Um acht Uhr verließ Marshal Fitz Moore sein Haus und ging einen Block nach Westen zu Gard's Saloon, der bereits geöffnet war. Er sah, wie Gards Gehilfe den Abfall der vergangenen Nacht zusammenfegte.
Der Marshal überquerte die Straße und blieb am Rande des Gehsteiges stehen, um die Zigarre auf der Haltestange auszudrücken. Dabei wandte er zwar nicht den Kopf, aber er ließ den Blick rasch über die schmale Straße neben dem Saloon schweifen.
Das graue Pferd war weg.
Fitz Moore zögerte und dachte nach; er schätzte Zeit und Möglichkeiten. Dann erst drehte er sich um und betrat das Restaurant, das sich unmittelbar vor ihm befand.
Seit mehr als zwei Jahren operierte die Gesetzlosenbande von Fred Henry in diesem Winkel des Territoriums, aber die Stadt Sentinel war bisher ihrer Aufmerksamkeit entgangen.
Fitz Moore, der länger als die Hälfte dieser Zeit Marshal von Sentinel war, hatte die Methoden von Henry und dessen Leuten sehr aufmerksam und gründlich studiert. Bei früheren Überfällen war der jeweilige Marshal stets wenige Minuten vor Beginn eines Raubzuges getötet worden; mitunter auch erst in dem Moment, wenn die Bande aufgetaucht war.
Ein feststehender Operationsplan war entwickelt und beibehalten worden. Alle Überfälle waren zeitlich stets dann erfolgt, wenn größere Geldsummen zu erbeuten gewesen waren.
Ein solcher Zeitpunkt war jetzt für Sentinel gekommen; das wusste Fitz Moore aus gutem Grund.
Wenn ihn also all seine bisherigen Überlegungen nicht täuschten, dann war die Stadt innerhalb der nächsten beiden Stunden für einen Überfall fällig.
Und somit musste der Marshal auch damit rechnen, dass ihm innerhalb dieser Zeit der Tod drohte.
Fitz Moore war ein großer, hagerer Mann mit dunklem, schmalem Gesicht und sorgfältig gestutztem Schnurrbart. Normalerweise war sein Gesicht ruhig und kalt; nur seine Augen schienen zu leben und wachsam zu sein.
Als er das Restaurant betrat, nahm er den schwarzen, flachkronigen Hut ab. Sein langschößiges Jackett war aufgeknöpft, so dass leicht an die Smith & Wesson Russian .44 heranzukommen war. Die Waffe war hoch am Gurt befestigt, und zwar vorn auf der linken Seite direkt über dem Hüftknochen. Der Kolben zeigte nach rechts; das Holster war in leichtem Winkel angebracht.
Drei Männer und zwei Frauen saßen an einem langen Gemeinschaftstisch, aber nur eine Person murmelte einen Gruß.
Jack Thomas blickte auf und sagte: »Guten Morgen, Marshal.« Sein Tonfall klang leise und freundlich.
Der Marshal erwiderte den Gruß, setzte sich ans hintere Ende des Tisches, und akzeptierte die Tasse Kaffee, die ihm der chinesische Koch einschenkte.
Ungestört von der Unterhaltung am entgegengesetzten Ende des Tisches dachte der Marshal über die Situation nach, die ihm bevorstand.
Er begann jeden Tag auf die gleiche Weise; von jedem der sechs Fenster seines Hauses aus schaute er auf die Stadt hinaus. An diesem Morgen hatte er das graue Pferd gesehen; es war hinter Petersons unbenutztem Corral angebunden gewesen, so dass es von einem lässigen, beiläufigen Blick nicht gesehen werden konnte.
Mit einem Feldstecher hatte der Marshal dieses Pferd gemustert. Das Fell hatte Streifen von getrocknetem Schweiß aufgewiesen. Also war dieses Pferd offenbar sehr hart geritten worden. Einige dunkle, noch feuchte Flecken hatten darauf hingewiesen, dass es erst vor kurzem so hart geritten worden war. Die Tatsache, dass es immer noch gesattelt und aufgezäumt war, ließ kaum einen Zweifel daran, dass es auch schon bald wieder geritten werden sollte. Das Brandzeichen war ein Rocking R, also kein hiesiges Brandzeichen.
Als Fitz Moore in sein Wohnzimmer zurückgekehrt war, hatte er sich hingesetzt und etwa eine Stunde lang gelesen. Gelegentlich hatte er immer wieder einen Blick aus dem Fenster geworfen. Während dieser Zeit war das graue Pferd nicht bewegt worden.
Als der Marshal gegen acht Uhr sein Haus verließ, um zum Frühstück zu gehen, war das Pferd immer noch dagewesen, aber nachdem er die Strecke von einem Block zu Fuß zurückgelegt hatte, war das Pferd verschwunden gewesen. In der Luft hatte immer noch ein Hauch von Staub geschwebt.
Wo war das Pferd jetzt?
Natürlich unten in der Schlucht, da es von dort aus leichten Zugang zum Wald und zu den Canyons gab. Dort war Wasser vorhanden, und es gab hinreichend Möglichkeiten, sich zu verstecken.
Wenn man die kühle Nacht und das verschwitzte Fell des Pferdes berücksichtigte... nicht weniger als sechs Meilen bis zum Treffpunkt.
Der Reiter des grauen Pferdes hatte offenbar eine letzte Kontrolle mit der hiesigen Informationsquelle vorgenommen. Für die Rückkehr zum Treffpunkt, für die Diskussion der Situation und für die abermalige Rückkehr zur Stadt blieben ihm also - grob gerechnet - etwa zwei Stunden Zeit, vielleicht ein bisschen mehr. Sicher würde er alles in kürzester Zeit erledigen.
Der Marshal zündete sich eine Zigarre an, akzeptierte eine frische Tasse Kaffee und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er war ein Mann von einfachem Geschmack, hatte aber so manche Vorliebe. Von Rindern verstand er nur wenig, und vom Bergbau noch viel weniger. Aber auf zwei Dinge verstand er sich... auf Waffen und auf Männer.
Er wurde sich bewusst, wie der Blick aus den grauen Augen der jungen Frau auf ihn gerichtet war, der einzigen anwesenden Person, die er nicht kannte. Von ihr ging eine beinahe quälende Vertrautheit aus, und das beunruhigte ihn. Er probierte seinen Kaffee und schaute zum Fenster hinaus. Sein Verstand warnte ihn, dass er jeder fremden Person gegenüber höchst misstrauisch sein sollte, vor allem zu einem solchen Zeitpunkt. Doch sein innerster Instinkt sagte ihm, dass er dieser jungen Frau nicht zu misstrauen brauchte.
Die Emporium Bank würde in etwa einer Stunde öffnen. Ein paar Minuten später würde Barney Gard seinen Saloon verlassen und mit den Einnahmen von Samstag und Sonntag die Straße überqueren. Es könnte sich durchaus um eine stattliche Summe handeln.
Bis zu diesem Zeitpunkt würde auch der Safe der Bank offen sein. Da man Geld von Ranchern und Goldstaub von Minern bekommen hatte, dürfte viel Bargeld bei der Eland sein. In annähernd einer Stunde würden nicht weniger als zwanzigtausend Dollar in bar in bequemer Reichweite von gierig zupackenden Fingern und schussbereiten Waffen sein!
Das alles würde die Henry-Bande natürlich wissen. Sie dürfte inzwischen im Sattel sitzen und das Lager verlassen haben.
Den Namen des Fremden, der mit dem Catfish Kid Poker spielte, kannte der Marshal nicht, aber er kannte das Gesicht. Es war das Gesicht eines Mannes, den er vor etwa zwei Jahren in Tacosa bei Fred Henry, dem Bandenführer, gesehen hatte.
Dazu passte die Tatsache, dass die Rocking R ein Brandzeichen war, das ein gewisser Harvey Danuser alias Dick Mawson registriert hatte, der schnellste Revolverschwinger in Henrys Bande.
Plötzlich wurde sich der Marshal bewusst, dass eine Frage an ihn gerichtet worden war.
»Was würden Sie tun, Marshal, wenn die Henry-Bande Sentinel überfallen würde?«, hatte Jack Thomas gefragt.
Fitz Moore betrachtete das glühende Ende seiner Zigarre, dann sah er Jack Thomas an.
»Dann würde ich wohl entsprechende Schritte unternehmen müssen, denke ich«, antwortete der Marshal.
Fitz Moore war kein voreiliger Mann. Er hatte den Ruf, mit einer Schusswaffe sehr schnell und akkurat zu sein, aber das würde er hier in Sentinel erst noch zu beweisen haben. Es war noch gar nicht so lange her, dass er einen falschen Mann getötet hatte. Er hoffte, nie wieder einen solchen Fehler zu begehen.
Bisher hatte der Marshal in Sentinel für Ruhe und Ordnung gesorgt, indem er sich auf seine gesunde Menschenkenntnis, auf die richtige Einschätzung einer jeweiligen Situation und auf taktische Maßnahmen verlassen hatte, so dass er stets Herr der Lage gewesen war. Er war zwar ermächtigt, einen Gehilfen einzustellen, aber bisher hatte er das nicht getan. Er zog es vor, so zu arbeiten, wie er lebte... allein.
Er war - wie er allerdings nur sich selber eingestand - ein einsamer Mann. Falls er die Fähigkeit für Zuneigung oder Freundschaft besaß, so war dies bisher in Sentinel jedenfalls nie aufgefallen. Doch dies war eine zusätzliche Stärke. Niemand kam auf die Idee, ihn auf die leichte Schulter zu nehmen oder von ihm irgendwelche Bevorzugung zu erwarten.
Vor langer Zeit hatte er als brillanter Unterhalter gegolten. Zu einer Zeit, als in den Satteltaschen eines Cowboys kaum ein Klassikerband gefunden werden konnte, war Fitz Moore als vielbelesener Mann bekannt gewesen. Er war Captain bei der U.S.-Kavallerie, Colonel während der mexikanischen Revolution, bewaffneter Begleitfahrer für Wells Fargo und Abschnittsleiter für die Butterfield Stage Line gewesen.
Natürlich wusste er von der Henry-Bande. Sie hatte schon seit Jahren ihr Unwesen getrieben, aber erst in letzter Zeit hatte sie die Neigung gezeigt, erst zu schießen und später zu reden. Dies schien darauf hinzuweisen, dass zumindest ein Mitglied der Bande ein rücksichtsloser, eiskalter Killer geworden war.
In neuerer Zeit waren drei Marshals getötet worden, jeder durch einen Schuss in den Rücken. Das war ein Hinweis darauf, dass ein modus vivendi entwickelt und etabliert worden war. Erst den Marshal töten, dann die Stadt überfallen. Wenn der Marshal außer Gefecht gesetzt war, so war es unwahrscheinlich, dass Widerstand organisiert werden konnte, bevor die Gesetzlosen entkommen waren.
Fitz Moore staubte die Asche von seiner Zigarre. Er dachte an das graue Pferd; es hatte lange genug dagestanden, so dass der Schweiß auf dem Fell eingetrocknet war. Mit anderen Worten, jemand war schon vor Tagesanbruch auf diesem Pferd in die Stadt geritten gekommen. Zu dieser Zeit war in Sentinel noch alles geschlossen. Der Marshal hatte niemanden auf der Straße gesehen. Dies schien darauf hinzuweisen, dass der Reiter in irgendein Haus gegangen war. Dies wiederum bedeutete, dass der Mann nicht nur gewusst hatte, wohin er zu dieser frühen Stunde gehen musste, sondern dass er auch gewusst haben musste, dass er dort willkommen sein würde.
Also hatte die Henry-Bande einen Komplicen in Sentinel. Als der Reiter des grauen Pferdes die Stadt wieder verlassen hatte, war dieser Komplice zweifellos wach gewesen. Da ein Überfall unmittelbar bevorstand, war es unwahrscheinlich, dass dieser Mann es riskiert haben würde, sich wieder schlafen zu legen.
Könnte es für ihn also einen besseren Aufenthaltsort geben als dieses Café hier? Von hier aus konnte er nicht nur sehen, was sich in der Stadt tun würde; er konnte auch feststellen, wie die Stimmung des Marshals war.
Mit Ausnahme des Mädchens mit den grauen Augen kannte Fitz Moore alle Anwesenden.
Das Mädchen beobachtete ihn jetzt.
Jeder der anderen hatte einen Grund, zu dieser frühen Morgenstunde hier im Café zu sein.
Barney Gard hatte seinen Saloon geöffnet und ihn dann seinem Gehilfen zwecks Säuberung überlassen.
Jack Thomas bestimmte die Geschicke des Mietstalles.
Johnny Haven war ein junger Cowboy und absolut vertrauenswürdig; wenn er nicht gerade betrunken war und in diesem Zustand versuchte, einen Höllenwirbel in der Stadt zu veranstalten, arbeitete er sehr hart.
Die ältere der beiden anwesenden Frauen war Mary Jameson, eine mollige und klatschsüchtige Witwe, die Putzmacherin und Schneiderin der Stadt und zugleich ein wahrer Niagarafall an Unterhaltung. Nach dem Frühstück würde sie drei Türen weitergehen und ihren Laden öffnen.
Aber was war mit dem jungen Mädchen mit den grauen Augen? Sein Gesicht war zierlich und kräftig zugleich. Es hatte reizendes, dunkles Haar. Dem Benehmen nach stammte es aus besseren Verhältnissen. Vielleicht kam sie dem Marshal gerade deswegen irgendwie bekannt vor, denn sie erinnerte ihn an jemanden aus seiner eigenen Vergangenheit. Und außerdem, so dachte er widerstrebend, war sie genau der Typ von Mädchen...
Doch dafür war es jetzt zu spät; es hatte keinen Zweck mehr, daran zu denken. Er war nicht dumm genug, sich einzubilden, dass es jetzt noch so ein Mädchen für ihn geben könnte. Nicht nach all diesen Jahren.
Die Augen des Mädchens drückten unverhohlene Feindseligkeit aus, die sich der Marshal nicht erklären konnte. Er war es gewöhnt, dass Frauen ihm Aufmerksamkeit schenkten, aber keine feindselige Aufmerksamkeit.
Fitz Moore sah Johnny Haven nachdenklich an.
Der junge Cowboy starrte mürrisch auf seinen Teller oder widmete seine Aufmerksamkeit dem Kaffee. Über der rechten Schläfe hatte er eine beachtliche Beule und eine Platzwunde. Das und ein mächtiger Kater waren schuld daran, dass Johnny jetzt so schlechte Laune hatte. Gestern Abend hatte er seine allmonatliche Sauftour beendet; Beule und Platzwunde zeugten vom energischen Eingreifen des Marshals.
Als Johnny den Blick des Marshals auf sich gerichtet sah, runzelte er heftig die Stirn und machte ein finsteres Gesicht.
»Sie können einem Mann wahrhaftig Kopfschmerzen bereiten, Marshal!« grollte der junge Mann. »Mussten Sie mich denn mit einem Revolverknauf niederschlagen?«
Fitz Moore schnippte die Asche von seiner Zigarre.
»Ich hatte keinen Axtstiel bei der Hand«, erwiderte er ruhig. »Und etwas anderes wäre ja für diesen Job nicht geeignet gewesen.« Lässig fügte er hinzu: »Ich hätte natürlich auch auf Sie schießen können.«
Johnny war sich dieser Tatsache durchaus bewusst, und mancher andere Marshal hätte bestimmt genau das getan.
Aus dem Munde von Fitz Moore hörte es sich dagegen beinahe wie eine Entschuldigung an.
»Ist es so leicht, Männer zu töten?«, mischte sich hier das Mädchen mit den grauen Augen ein. Seine Stimme klang leise und moduliert, wies aber auch einen Anflug von Verachtung auf.
»Das kommt ganz darauf an«, erwiderte Fitz Moore mit Würde. »Auf die jeweiligen Umstände... und wer tödliche Schüsse abfeuert.«
Die grauen Augen funkelten ihn zornig an.
»Ich glaube, dass es Ihnen leichtfallen würde, zu töten! Ihnen könnte das Töten sogar Spaß machen! Falls Sie überhaupt irgendeines Gefühls fähig sein könnten!«
Das Mädchen hatte so gefühlvoll gesprochen, dass Johnny Haven sich überrascht umdrehte, um es anzusehen.
Das Gesicht des Mädchens war sehr blass geworden; die Augen wirkten unnatürlich groß.
Der Gesichtsausdruck des Marshals veränderte sich nicht. Er wusste, dass Johnny ihn verstanden hatte, so wie es jeder Mann im Westen tun würde. Johnny Haven hatte dem Marshal mehr als einmal Gelegenheit zu einer Schießerei gegeben.
Der junge Cowboy wusste auch, dass Marshal Fitz Moore ihm mit dem, was er eben gesagt hatte, mehr erklären wollte, als er je einem anderen Mann erklärt hatte.
Fitz Moore hatte Johnny Haven sechsmal in ebenso vielen Monaten verhaftet, denn nach jedem Zahltag kam Johnny in die Stadt und suchte Ärger.
Doch der Marshal wusste, dass Johnny Haven ganz einfach ein wilder, junger Bursche war, in dem viel Gutes steckte; er musste nur noch ein bisschen gezähmt werden. Außerdem mangelte es ihm noch an Verantwortungsgefühl.
Der Tonfall des Mädchens verriet starke Feindseligkeit, die sich niemand am Tisch erklären konnte; deshalb fühlten sich alle ein wenig unbehaglich.
Barney Gard stand auf und ließ einen Dollar auf die Tischplatte fallen.
Johnny Haven folgte ihm nach draußen.
Dann verließ die Putzmacherin das Café.
Jack Thomas ließ sich noch Zeit mit seinem Kaffee.
»Diese Henry-Bande macht mir Sorgen, Marshal«, sagte er. »Was meinen Sie? Soll ich nicht lieber diese alte Donnerbüchse wieder runterholen? Nur so für alle Fälle?«
Fitz Moore schaute durchs Fenster und beobachtete Barney Gard.
Der Saloonkeeper war auf dem Gehsteig stehengeblieben, um mit Johnny Haven zu reden.
Johnnys Gesicht sah unter den Bartstoppeln sauber und stark aus. Es erinnerte den Marshal wieder einmal, wie schon des Öfteren, an das Gesicht eines anderen jungen Mannes, der kaum viel älter gewesen war.
»Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Fitz Moore. »Ich werde auf meine Art und zu meiner Zeit mit ihnen fertig werden. Ist ja mein Job, wie Sie wissen.«
»Ist das nicht ein bisschen dumm?« mischte sich hier schon wieder das junge Mädchen ein. »Ich meine, Hilfe abzulehnen?«
Die Verachtung in ihrer Stimme berührte den Marshal sehr tief, aber er ließ sich nichts davon anmerken.
»Das könnte schon sein, Ma'am«, gab der Marshal zu und nickte dabei ernst. »Aber ich wurde eingestellt und werde dafür bezahlt, den Job zu tun und alle Risiken einzugehen, die damit verbunden sind.«
»Dachte ja nur, dass ich meine Hilfe anbieten sollte«, sagte Thomas, der dieses Thema offenbar nur sehr ungern fallenlassen wollte. »Sagen Sie mir, was Sie zu tun gedenken, und ich werde Ihnen dann gerne helfen.«
»Ein andermal.« Der Marshal nahm wieder einen Schluck Kaffee und sah dann das Mädchen direkt an. »Sie sind neu in Sentinel. Werden Sie lange hierbleiben?«
»Nein.«
»Haben Sie hier Verwandte?«
»Nein.«
Er wartete, aber das Mädchen gab keinerlei Erklärung ab. Fitz Moore war verwundert und beobachtete das Mädchen aus den Augenwinkeln heraus.
Bis auf das laute Ticken der großen, altmodischen Uhr war kein Laut im Raum zu hören.
Das Mädchen saß sehr still da.
Beim Anblick des delikaten Profils empfand der Marshal ein schwaches, verlorenes Gefühl, eine Art Heimweh nach seiner Kindheit, als Frauen wie dieses Mädchen zur Jagd geritten waren... als Parfümduft in der Luft gelegen hatte; es weckte die Erinnerung an blaugrünes Gras, an Lattenzäune...
Und dann erinnerte sich der Marshal plötzlich...
Thomas stand vom Tisch auf. Er war ein großer, dunkelhäutiger Mann, dessen Aussehen stets ziemlich unordentlich und schmuddelig war. Über dem breiten Gurt quoll ein Fettpolster.
»Falls Sie doch irgendwie Hilfe brauchen, Marshal, können Sie sich jederzeit an mich wenden.«
Fitz Moore gestattete sich eins seiner höchst seltenen Lächeln.
»Falls es Ärger gibt, Jack, werden Sie bestimmt der erste sein, der es erfährt«, sagte der Marshal leise und sanft.
Nachdem sich die Tür hinter Thomas geschlossen hatte, war es eine Weile sehr still im Raum. Die Uhr tickte die Sekunden.
Schließlich unterbrach Fitz Moore das Schweigen.
»Warum sind Sie hierhergekommen? Was können Sie denn in dieser Stadt tun?«
»Alles, was ich habe, ist doch hier. Nur ein kleines bisschen westlich von hier. Ich habe die Kutsche verlassen, um mir einen Wagen zu mieten. Dann hörte ich Ihren Namen, und da wollte ich mal sehen, was für ein Mann das wohl ist, der seinen besten Freund töten konnte.«
Der Marshal erhob sich vom Tisch. In diesem Moment wusste er besser denn je, was Einsamkeit bedeutete.
»Sie urteilen zu rasch. Jeder Mann muss gegen den Hintergrund seiner eigenen Zeit, seiner eigenen Welt beurteilt werden.«
»Es gibt nur einen Weg, einen Killer zu beurteilen!«
»Warten Sie! Warten Sie nur noch eine kleine Weile, dann werden Sie sehen, was ich meine. Und bitte... bleiben Sie heute der Straße fern! Wenn Sie einen Wagen brauchen, werde ich dafür sorgen, dass Sie einen zuverlässigen Mann bekommen.« Er ging zur Tür, legte die Hand auf den Griff und zögerte. »Er hat mir viel von Ihnen erzählt. Wir hatten oft über Sie gesprochen, und ich hatte damals fast das Gefühl, Sie schon zu kennen. Bevor es dann geschah, hatte ich gehofft, dass wir beide uns eines Tages begegnen und kennenlernen würden... aber in einer ganz anderen Welt als in dieser hier.« Er wartete einen Moment und fuhr fort: »Ich möchte, dass Sie sehen, was heute hier geschehen wird. Ich glaube nicht, dass es Ihnen am Mut fehlen wird, um zu beobachten, was sich hier abspielen wird. Ich rechne auch nicht damit, dass Sie Ihre Meinung über mich revidieren werden, selbst wenn Sie das Gefühl haben sollten, sich geirrt zu haben. Wie ich Ihnen in meinem Brief mitgeteilt hatte, wurde Ihr Bruder durch einen unglücklichen Zufall getötet.«
»Aber Sie haben ihn erschossen! Sie hatten es mächtig eilig, ihn zu töten!«
»Ich war mitten in einer wilden Schießerei. Er kam hinter mir angerannt.«
»Um Ihnen zu helfen.«
»Ich glaubte ihn hundert Meilen weit fort, und in der Stadt, in der wir damals waren, hatte ich keine Freunde. Es ging alles sehr schnell. Zu solchen Zeiten kann man einfach nichts anderes tun, als blitzschnell zu handeln.«
»Erst töten und dann reden, was?«, erwiderte sie bitter.
Sein Gesicht wirkte verkrampft.
»Ich fürchte, das passiert oft. Tut mir leid.«
Er öffnete die Tür.
»Wenn Sie sehen werden, was heute hier passiert, dann versuchen Sie sich einmal vorzustellen, wie man es anders hätte machen können. Wenn Sie die Situation nicht so sehen können wie ich, dann werden Sie mich noch vor heute Abend für grausamer halten, als Sie es jetzt ohnehin schon tun. Aber vielleicht werden Sie es verstehen... und wo es Verständnis gibt, da gibt es keinen Hass.«
Der Marshal blieb draußen vor der Tür stehen und schaute sich sorgfältig auf der Straße um. Es würde jetzt nicht mehr lange dauern.
Gegenüber war der Gard's Saloon. Einen Block weiter unten war das Dienstzimmer des Marshals, und auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich sein kleines Heim. Nur ein kleines Stück dahinter gab es einen alten, längst verlassenen Stall. Ihn studierte der Marshal sehr lange und nachdenklich. Dann blickte er wieder zu Gard's Saloon hinüber und von dort zur Bank, die sich schräg gegenüber befand, direkt neben dem Laden der Putzmacherin.
Hier würde es geschehen, auf dieser staubigen Straße, zwischen diesen Gebäuden. Hier würden Männer sterben, und es war seine Mission, ehrbare, anständige Männer vor dem Sterben zu bewahren. Gute Männer sollten am Leben bleiben und ihren Frieden haben; schlechte Männer mussten am Verbrechen gehindert werden. Was ihn selbst betraf... nun, er war entbehrlich. Aber zu welcher Kategorie gehörte er eigentlich... zu den guten oder zu den schlechten Männern?
Fitz Moore kannte jede Gasse, jeden Gang, jeden Winkel in der Stadt, die sehr bald zur Arena werden würde. Sein Blick wanderte erneut zum alten Stall hinüber. Dieses Gebäude ragte ein paar Fuß aus der geraden Linie der anderen Häuser hervor. Das große Tor, durch das einst Heu befördert worden war, stand weit offen.
Nur noch so wenig Zeit!
Der Marshal wusste, was man von ihm sagte. Er hat keinen einzigen Freund in der Stadt! hatte er Mrs. Jameson einmal sagen hören. Lebt ganz für sich allein in diesem alten Haus, das mit Büchern angefüllt ist, wie die Leute sich erzählen. Aber er tötet ohne Wimpernzucken. Er ist kalt, mächtig kalt!
War er das wirklich?
Als er zum erstenmal in diese Stadt gekommen war, hatte er sie total demoliert angetroffen; eine Treibherden-Mannschaft war gerade vorbeigezogen. Die anständigen Bürger waren von zwei Dutzend Spielern und Revolverhelden terrorisiert worden. Kartenhaie und Diebe hatten die Bevölkerung ausgeplündert. Raubüberfälle waren an der Tagesordnung gewesen, und es war nur allzu oft zu Mord gekommen. Jetzt waren sechs Monate seit dem letzten Mord vergangen. Zählte das etwa gar nichts?
Er nahm eine frische Zigarre heraus und biss die Spitze ab.
Was war heute los mit ihm? So hatte er sich schon seit Jahren nicht mehr gefühlt. Hatte es vielleicht etwas mit dem alten Sprichwort zu tun, dass ein Ertrinkender noch einmal sein ganzes Leben vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen sieht? Unmittelbar vor dem Ende? Oder war es ganz einfach die Tatsache, dass er Julia Heath gesehen hatte, die alles das verkörperte, was er sich je bei einem Mädchen gewünscht hatte? Dass er, nachdem er begriffen hatte, wer sie war, auch sofort eingesehen hatte, wie unmöglich alles für ihn geworden war?
Sie hatten oft davon gesprochen, er und Tom Heath, und Tom hatte damals an Julia geschrieben und ihr vorgeschlagen, nach dem Westen zu kommen, weil er den richtigen Mann für sie gefunden hatte. Und zwei Wochen später war Tom tot gewesen... Fitz Moores Kugel im Herzen.
Der Marshal ging die Straße entlang, vorbei an den Häusern mit den falschen Fassaden, von Wind und Wetter arg ramponiert. Vielleicht kamen sie einem Fremden schmutzig und abstoßend vor, aber für die Leute, die in der Gegend lebten, war dies das Zentrum der Welt. Hier, wo sich Berge und Wüste trafen, veränderte sich die Stadt. Sie wuchs mit den Hoffnungen ihrer Bürger und mit der Veränderung der Zeiten und Bedürfnisse. So waren zum Beispiel in diesem Frühjahr auf dem Hof eines Hauses in der Nähe der Kirche Blumen gepflanzt worden. Auf einem anderen Hof hatte man die Bäume beschnitten.
Aus der bunt zusammengewürfelten Ansammlung von Gebäuden, die die Bedürfnisse durchreisender Leute befriedigten, entwickelte die Stadt Sentinel allmählich ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Man hatte das Gefühl, hierher zu gehören. Zukunftsbewusstsein entstand. Die Tage der großen Rindertreiben würden bald vorbei sein, und wo die Herden ihren Weg genommen hatten, würden Männer bauen, pflanzen, säen und ernten.
Fitz Moore bog in einen leeren Gang zwischen der Emporium Bank und dem General Store ein. Seine Gedanken beschäftigten sich erneut mit seinem Problem. Wenn der Marshal tot war, würde die Stadt hilf- und wehrlos sein, bis sich Männer zusammenfinden würden, um einen Anführer zu wählen und dann zu handeln. Aber zunächst einmal würde die Stadt hilflos sein.
Aber wie mochten die Banditen planen, ihn zu töten? Dass es so geplant war, daran zweifelte der Marshal keinen Augenblick. Aber es musste bald und schnell getan werden, denn der Marshal würde den Brennpunkt des Widerstandes darstellen.
Vom Heuboden des verlassenen Stalles aus hatte man eine gute Aussicht auf die Straße. Die Gesetzlosen würden in die Stadt kommen und auf diesen Stall zureiten... und irgendwo längs dieser Straße würde der Marshal von Sentinel gehen, von einem versteckten Gewehrschützen aufs Korn genommen.
Fitz Moore stieg die Stufen zum Heuboden hinauf. Der Staub auf den Stufen war verwischt worden. Oben knarrte ein Brett unter dem Stiefel des Marshals. Eine Ratte huschte aufgescheucht davon. Der Heuboden war breit und leer; hier oben gab es nur Staub, ein paar klägliche, verkümmerte Heureste und einige Spinnweben.
Von diesem breiten Tor aus könnte der Raubüberfall gestoppt werden, doch das war nicht der richtige Platz für den Marshal. Sein Platz war dort unten auf der staubigen, heißen Straße. Dort würde es auf seine Anwesenheit ankommen. Viel blieb noch zu tun, und es war nur noch sehr wenig Zeit.
Fitz Moore kehrte in seine Unterkunft zurück, steckte eine Extrawaffe in die Tasche und schnallte eine dritte Waffe um. Dann legte er zwei Schrotgewehre in einen Wollsack. Niemand würde überrascht sein, ihn diesen Sack tragen zu sehen, denn er benutzte ihn, um Feuerholz vom Stapel hinter Gard's Saloon zu holen.
Jack Thomas saß auf einem Stuhl vor dem Mietstall.
Barney Gard kam aus dem Saloon und warf dem Marshal einen Blick zu, als wollte er sich von dessen Anwesenheit überzeugen, dann ging der Saloonkeeper wieder hinein.
Fritz Moore blieb stehen, zündete die erloschene Zigarre erneut an und beobachtete unter der Hutkrempe hervor und über das Zündholzflämmchen hinweg die Straße.
Das Thema, was passieren könnte, falls die Henry-Bande die Stadt überfiel, war keineswegs neu. Es hatte schon viele Spekulationen gegeben. Abgesehen von Thomas hatten noch mehrere Männer dieses Thema zur Sprache gebracht und hatten versucht, den Marshal auszuhorchen, um herauszubekommen, was er dachte und eventuell tun würde.
Jack Thomas wandte den Kopf, um Fitz Moore zu beobachten. Der Mann aus dem Mietstall war im Allgemeinen recht umgänglich und lächelte gern. Er war einer der ersten gewesen, die dem Marshal Hilfe angeboten hatten.
Johnny Haven saß auf den Stufen der Saloon-Veranda und blickte grinsend zum Marshal empor.
»Na, wie geht's dem Town-Clown?«, fragte er.
Moore blieb neben ihm stehen, zog kräftig an seiner Zigarre und gestattete sich dabei einen Blick zur Tür des Heubodens, beinahe sechzig Meter entfernt auf der anderen Straßenseite. Er brachte sich absichtlich in die beste Schussposition.
»Sollte mir etwas zustoßen, Johnny, dann möchte ich, dass Sie meinen Job übernehmen. Wenn mir nichts passiert, möchte ich Sie fortan als Deputy haben.«
Der junge Haven hätte gar nicht erstaunter sein können, aber er war auch zutiefst gerührt. Er schaute zum Marshal auf und schien zu glauben, dass Moores Verstand unter der Sonnenhitze gelitten hatte. Abgesehen von der Ankündigung selbst war schon die Tatsache erstaunlich, dass der Marshal von sich aus eine persönliche Bemerkung gemacht hatte.
»Sie sind sechsundzwanzig, Johnny, und da wird's für Sie allmählich Zeit, erwachsen zu werden. Lange genug haben Sie jetzt den Stadt-Raufbold gespielt. Ich habe mich überall in der Stadt umgesehen und dann entschieden, dass Sie der richtige Mann für den Job sind.«
Johnny... Tom. Der Marshal versuchte es zu vermeiden, an beide zusammen zu denken, aber es gab eine Verbindung. Tom war auch ein guter Mann gewesen. Jetzt war er ein guter Mann... tot. Johnny war ohne Frage ebenfalls ein guter Mann. Fitz Moore hatte viele Geschichten darüber gehört, wie zuverlässig Johnny draußen auf der Weide war. Aber Johnny bewegte sich auf dem gefährlich schmalen Grat des Gesetzes; ein Schritt zu weit... und er könnte leicht ein Gesetzloser werden.
Johnny Haven war zutiefst beeindruckt. Er respektierte und bewunderte diesen großen, stets so gefassten Mann. Als der Marshal ihn zum erstenmal verhaftet hatte, war Johnny wütend genug gewesen, um Moore zu töten, aber jedes Mal, wenn er in die Stadt gekommen war, hatte der Marshal ihn ständig im Auge behalten, so dass der junge Mann hilflos gewesen war.
Der Marshal hatte auch nie einen unfairen Vorteil für sich ausgenutzt. Er hatte keinen Schlag mehr ausgeteilt, als unbedingt nötig gewesen war; er hatte den jungen Cowboy keine Stunde länger im Gefängnis behalten, als erforderlich gewesen war. Und Johnny Haven war ehrlich genug, um zu begreifen, dass er die Situation niemals so gut hätte beherrschen können.
So hatte sich im Laufe der Zeit sein Zorn in Bewunderung verwandelt. Nur Sturheit und Stolz der Jugend hatten ihn bisher daran gehindert, den Kampf aufzugeben.
»Warum ist Ihre Wahl ausgerechnet auf mich gefallen?«, fragte Johnny. Er sprach betont rau, um seine Emotion zu verbergen. »Außerdem werden Sie doch gar nicht aufgeben.«
Auf dem Heuboden gab es eine schwache Andeutung von Bewegung.
Der Marshal schaute auf seine Uhr.
Zwei Minuten vor zehn.
»Johnny...?« Der plötzlich veränderte Tonfall veranlasste den jungen Cowboy, scharf den Kopf zu heben. »Wenn die Schießerei losgeht... in diesem Sack hier sind zwei Schrotgewehre. Gehen Sie hinter dem Wassertrog in Deckung. Benutzen Sie eins der Gewehre. Schießen Sie unter dem Trog hervor. Das ist sicherer.«
Zwei Reiter tauchten am oberen Ende der Straße auf, fast einen Block entfernt. Zwei Männer auf kräftigen Pferden; es waren bessere Pferde, als man üblicherweise auf irgendeiner Rinderranch finden konnte.
Drei weitere Reiter kamen zwischen den Gebäuden hervor, und zwar aus der Richtung von Peterson's Corral. Einer von ihnen ritt ein graues Pferd. Sie waren bis auf zwanzig Meter herangekommen, als Barney Gard aus seinem Saloon kam, zwei Leinenbeutel in der Hand. Er ging auf die Bank zu. Einer der Reiter zügelte sein Pferd und dirigierte es so herum, dass er zwischen Gard und dessen Ziel geriet.
»Schrotgewehr im Sack, Gard.« Der Marshal sprach im Tonfall einer leichten Unterhaltung.
Dann spiegelte sich Sonnenlicht auf einem Gewehrlauf in der Tür des Heubodens.
Fitz Moore machte einen Schritt nach vorn und zog seinen Revolver. Die beiden Schüsse aus Gewehr und Revolver krachten beinahe gleichzeitig. Das Gewehr fiel vom Heuboden. Ein Arm baumelte schlaff aus der Tür.
Der Marshal drehte sich abrupt, aber sehr geschmeidig um.
»Okay, Henry!« Seine Stimme klang wie ein Trompetenstoß auf der schmalen Straße. »Du hast's ja so gewollt! Jetzt bekommst du's auch!«
Von Ergeben war gar nicht erst die Rede. Auf diese Männer wartete der Strang. Der Tod diktierte die Reaktion von Händen und Waffen.
Alle griffen wie ein Mann zu den Waffen.
Der Marshal sprang auf die Straße hinaus. Er landete flach auf leicht gespreizten Beinen und feuerte sofort. Er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite.
Die Gesetzlosen dagegen saßen auf nervösen Pferden.
Mit dem ersten Schuss hatte der Marshal den Hinterhaltschützen auf dem Heuboden getötet; seine zweite Kugel tötete Fred Henry.
Hinter dem Marshal und etwas rechts von ihm krachte ein Schrotgewehr. Die donnernde Detonation zerriss die Luft in der hellen Morgensonne.
Der Mann auf dem grauen Pferd stürzte und starb im Fallen; seine Waffe feuerte noch einen nutzlosen Schuss in die heiße, stille Luft ab.
Ein Reiter trieb sein Pferd direkt auf den Marshal zu.
Doch Fitz Moore blieb auf seinem Posten und feuerte. Das Gesicht des Reiters schien sich unter dem Einschlag der Kugel aufzulösen.
Und dann herrschte Stille. Das Krachen der Schüsse war verstummt. In der Luft hing nur noch ein schwacher Geruch nach verbranntem Pulver, nach Blut im Staub, nach hellrotem Blut auf einem Sattel.
Johnny Haven kam hinter dem Pferdetrog hervor.
Barney Gard starrte um sich, als wäre er soeben erst aufgewacht. Die Leinenbeutel lagen zu seinen Füßen. Seine Hände hielten das Schrotgewehr umklammert, das Johnny ihm zugeworfen hatte.
Dann waren viele Geräusche auf einmal zu hören. Leute rannten auf die Straße.
Ein Mädchen mit grauen Augen beobachtete alles. Diese Augen schienen über die Straße hinweg bis ins Herz des Marshals zu blicken.
»Nur ein einziger Schuss!«, rief Barney Gard. »Ich hab' nur einen einzigen Schuss abfeuern können, und selbst der ging noch daneben!«
»Die Henry-Bande ist vernichtet!«, schrie jemand. Der aufgeregte Bürger fügte hinzu: »Wartet nur, bis Thomas das hört!«
»Er wird gar nichts mehr hören«, erwiderte ein anderer. »Die Gesetzlosen haben ihn erwischt!«
Fitz Moore drehte sich um wie ein Duellant.
»Ich habe ihn erwischt!«, stellte er in flachem Tonfall fest. »Er war ihr Mann. Er hat den ganzen Morgen versucht, herauszubekommen, was ich tun würde, falls die Bande auftauchte. Außerdem war er damals bei diesem Überfall an den Springs Pferdepfleger im Mietstall.«
Eine Stunde später folgte Johnny Haven dem Marshal auf die Straße.
Vier Männer waren tot, zwei waren im Gefängnis.
»Woher haben Sie das alles gewusst, Marshal?«
»Man lernt's eben, Johnny. Man muss es lernen... oder sterben. Das ist Ihre Lektion für den heutigen Tag... lernen, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein und sich an seinen eigenen Rat zu halten. Sie werden meinen Job bekommen.« Seine Zigarre war erloschen. Er biss das Ende einer frischen Zigarre ab und fuhr fort: »Jack Thomas war der einzige Mann, den der Reiter des grauen Pferdes besuchen konnte, ohne die Straße überqueren zu müssen. Kein Gesetzloser, der mit überstürzter Flucht rechnen muss, würde sein Pferd auf der falschen Straßenseite zurücklassen.«
Als Fitz Moore ins Restaurant zurückkam, saß Julia Heath wieder an ihrem Tisch. Sie war sehr blass und sichtlich erschüttert.
»Tut mir leid, Julia, aber jetzt wissen Sie, wie wenig Zeit bleibt, wenn Waffen gezogen werden. Diese Männer kamen her, um Geld zu stehlen, das sich anständige Männer mit harter Arbeit ehrlich verdient hatten. Diese Banditen hätten auch hier wieder getötet, wie sie es früher anderswo getan haben. Solche Männer kennen nur das Gesetz der Waffe.«
Er legte beide Hände auf die Tischplatte.
»Ich hätte sie sofort erkennen sollen, Julia, aber nach allem, was geschehen war, hätte ich mir nicht mal im Traum einfallen lassen, dass Sie hierherkommen könnten. Ich hatte Toms Ranch vergessen. Er war stolz auf Sie, Julia... und er war mein bester Freund.«
»Aber Sie haben ihn getötet!«
Marshal Moore zeigte auf die Straße hinaus.
»Es war damals fast genauso wie heute. Waffen explodierten. Ein Mann starb fast zu meinen Füßen. Dann kam jemand hinter mir angerannt... in einer Stadt, wo ich keine Freunde hatte. Ich feuerte rasch noch einen Schuss auf den Mann ab, der auf mich geschossen hatte, dann drehte ich mich blitzschnell um und feuerte sofort auf den Mann, der auf mich zu gerannt kam. So habe ich meinen besten Freund getötet... Ihren Bruder.«
Jetzt wusste Julia Heath, wie das alles für diesen Mann gewesen sein musste. Sie schwieg.
»Und jetzt?«, fragte sie schließlich.
»Mein Job geht an Johnny Haven, aber ich werde hierbleiben und versuchen, ihm zu helfen... ihm und der Stadt, damit sie auch weiterhin wachsen kann. Dieser Kampf heute dürfte für einige Zeit der letzte gewesen sein. Die Stadt kann heranreifen und zur Ruhe kommen, um zu einem Ort zu werden, an dem man ständig leben kann, statt nur für eine Nacht Station zu machen.«
»Ich... ich denke, dass es sich lohnt, dies zu tun.«
»Bestimmt.« Er legte die unangezündete Zigarre hin. »Sie werden hinüberfahren, um Toms Besitz zu regeln. Wenn Sie zurückkommen, wird Ihnen vielleicht danach zumute sein, hier noch einmal anzuhalten. Wenn Sie es tun, werde ich darauf warten, Sie zu sehen.«
Julia Heath sah den Marshal an... und jetzt blickte sie hinter die nach außen hin zur Schau gestellte Kälte. Sie sah zum ersten Mal diesen Mann so, wie ihn ihr Bruder gesehen haben musste.
»Ich glaube, das werde ich tun«, sagte sie. »Ja, ich glaube, ich werde hier anhalten... wenn ich zurückkomme.«
Draußen auf der Straße harkte ein Mann Staub über das Blut.
Hinter dem alten Stall gackerte eine Henne.
Irgendwo begann eine verrostete Pumpe zu knarren, um klares, frisches Wasser aus einem tiefen, kalten Brunnen heraufzuziehen.
Am Fuß des Hügels stiegen zwei der drei Reiter aus ihren Sätteln. Sie zitterten vor Kälte. Mit steifen Fingern banden sie die Zügel an winterkalte Mesquite-Äste, die sich im eisigen Morgenwind wiegten.
Der dritte Mann blieb im Sattel. Er war über dem Sattelhorn zusammengesunken und presste eine behandschuhte Hand auf den Fleck getrockneten Blutes, der sich von der Schulter seiner dicken Wolljacke hinab ausbreitete. Sein schmales, junges Gesicht war fast blau. Sein Kampf gegen die Schmerzen hatte hässliche Male von Zähnen auf seiner Unterlippe hinterlassen.
Clay Forehand erreichte die Hügelkuppe und duckte sich. Er warf einen Blick zu den dichten grauen Wolken und grunzte zufrieden. Er spürte den Geruch von Regen in der Luft, eisiger Regen, der Spuren wegwaschen, doch kalt durch Mark und Bein gehen würde.
Zack Bratcher kroch hinter ihm hinauf. »Siehst du sie irgendwo? Kommen sie?«
Der Wind blies von den weiten Ebenen des texanischen Panhandle hinab. Forehand blinzelte, als ihm der Wind in die Augen stach. Besorgt spähte er zum Trail zurück, auf dem sie gekommen waren.
»Ich kann einen kleinen Punkt dort unten erkennen. Nicht zu sagen, ob er sich bewegt oder nicht.«
Ungeschickt griff er mit den vor Kälte steifen Fingern in seine mit Schaffell gefütterte Jacke und zog einen Sechsschüsser hervor. Er schob die Waffe in die Gabelung eines stämmigen Mesquite, nahe am Boden, wo der Wind sie nicht bewegte. Er drehte den Revolver, bis die Mündung auf den Punkt gerichtet war. Wieder blinzelte er und konzentrierte sich auf das Korn der Waffe. Der Punkt bewegte sich langsam von der Spitze des Korns nach links fort.
»Sie reiten flussaufwärts«, sagte er.
Zack Bratcher lachte leise, ein Lachen, das tief aus seiner rauen Kehle kam. Er grinste und zeigte verfärbte Zähne zwischen den schwarzen Bartstoppeln, die sein grobes Gesicht bedeckten.
»Dann haben wir sie abgehängt. Hat uns zwei Tage gekostet, aber wir haben sie abgehängt.«
Clay grunzte nicht so zuversichtlich. »Wenn sie nicht im Kreis zurückreiten und unsere Spuren finden, bevor es regnet. Komm, lass uns noch einige Meilen hinter uns bringen, damit wir einen geschützten Platz für Allan finden.«
Er wandte sich um und stapfte den Hügel hinunter. Dabei genoss er kurz das warme Prickeln des Blutes, das durch seine Beine zirkulierte, die im Sattel steifgeworden waren. Er war kein großer Mann, dieser Clay Forehand. Er war kaum dreißig, doch er wirkte älter und hatte einen harten Zug um den Mund, der dafür sorgte, dass man ihm aus dem Weg ging und ihm Platz machte.
Clay band sein Pferd los und führte es neben das Tier des Verwundeten. »Wie geht's, Junge?«
Allan Forehand schwankte über dem Sattelhorn. Er murmelte eine unverständliche Antwort mit klappernden Zähnen.
Clay versuchte sich heiter zu geben. Er legte seinem Bruder eine Hand aufs Knie. »Halt durch, Junge. Wir finden bald ein Haus und ein warmes Bett für dich.«
Hoffentlich dauert es nicht zu lange, dachte er bekümmert. Bei den Erschütterungen des Ritts konnte die Wunde wieder zu bluten anfangen. Allan hatte bereits zu viel Blut verloren, seit sie auf dieser Seite des San Angelo waren.
Der Regen begann, wie er gehofft hatte. Zuerst fiel er in vereinzelten Tropfen, die kalt wie Eis waren. Dann war er wie eine Sintflut, ergoss sich über die tief in die Stirn gezogene breite Krempe seines Hutes, tränkte seine Hosenbeine und füllte die Stiefel. Die Kälte ging durch Mark und Bein. Doch schlammige braune Bäche strömten von den Hängen der Hügel hinab und löschten alle Spuren aus.
In langen, kalten, nassen Stunden summierten sich die Meilen. Doch Allan fiel zurück. Clay ritt langsamer, um an seiner Seite zu bleiben. Nervös zügelte Bratcher sein Pferd und zog es herum, um sich ihnen zuzuwenden.
»Weiter, weiter!«
Wärme stieg in Clays Nacken auf. »Der Junge tut sein Bestes. Halt dein verdammtes Maul!«
Er wünschte, es wäre Bratcher gewesen, der die Kugel abbekommen hatte. Er bezweifelte, dass es irgendwo irgendjemand gab, der wegen Bratcher eine Träne vergossen hätte.
Bratchers braune Augen blickten finster. Er nagte ungeduldig an seinen wulstigen Lippen. »Der Junge hätte von Anfang an nicht mitmachen sollen. Er hat nicht das Herz für so 'ne Sache.«
Clay hielt den Jungen am Arm und stützte ihn, als sie weiterritten. »Er hat zu viel Herz dafür.«
Sogar als dieser junge Bursche in der Bank mit einem Revolver auf ihn gezielt hatte, hatte Allan Forehand sich zurückgehalten und war nicht bereit gewesen, jemand zu töten, der noch jünger war als er selbst.
Zack Bratcher hatte keine solchen Hemmungen gehabt. Eine Sekunde, nachdem die Kugel des Jungen Allan getroffen hatte, hatte Bratcher auf den Jungen geschossen, der gegen eine Wand getaumelt war.
Clay schluckte bitter, denn das Bild war noch scharf in seiner Erinnerung. Sie hatten abgemacht, dass niemand getötet werden sollte. Bratcher hatte unberechenbar, instinkthaft und völlig unbarmherzig reagiert. Clay fragte sich, ob der Mann jemals bei irgendetwas Gewissensbisse haben mochte oder überhaupt wusste, was das war.
Bratcher blickte finster drein. »Wenn du den Jungen nicht ein bisschen schneller machst, nehme ich mir meinen Anteil und reite.«
Zorn stieg in Clay auf. Er hatte auf der Zunge zu sagen: »Dann hau ab und sei verdammt!« Es würde vielleicht der Zeitpunkt kommen, an dem er es sagen würde. Doch jetzt brauchte er Bratcher noch eine Weile.
Sie ritten am Ende eines langen Einschnitts aus einem Mesquite-Dickicht und sahen eine kleine Farm, die sich an den felsigen Fuß eines Tafelberges schmiegte. Bräunlicher Rauch kräuselte aus einem Blechkamin, der sich schief aus dem Dach eines kleinen Steinhauses erhob.
Erleichterung wärmte Clay. Fest fasste er den zitternden Arm seines Bruders. »Komm, Junge, wir haben ein Bett für dich gefunden.«
Zack Bratcher hob eine große, behaarte Hand. »Warte 'ne Minute, Clay. Wir waren so vorsichtig, uns zu maskieren, als wir diese Bank überfielen. Wenn wir von hier verschwinden, können wir keinen am Leben lassen, der uns beschreiben und identifizieren könnte.«
Clay hörte nur halb, was Bratcher sagte, und die Bedeutung der Worte plätscherte über ihn hinweg wie der Regen. Er blickte auf das blasse Gesicht seines Bruders. »Sicher. Lass uns jetzt zu diesem Haus reiten.«
Ein kleiner brauner Hund trottete ihnen entgegen. Er bellte laut. Dann sprang er heran und schnappte nach den Fesseln von Bratchers scheuendem Pferd. Bratcher riss an den Zügeln und zog seinen Revolver.
»Steck das Eisen weg, Zack«, sagte Clay erschrocken. »Wir brauchen ihre Hilfe, und wenn du ihren Hund umlegst, werden sie uns nicht freundlich gesonnen sein.«
Murrend schob Bratcher seinen Revolver ins Holster.
Die solide Plankentür des Steinhauses schwang nach innen auf. Eine junge Frau stand auf der Schwelle. Sie wischte Brotteig an einer Baumwollschürze von den Händen. Offenen Mundes starrte sie auf Allan, der im Sattel schwankte.
»Wir haben hier einen Verletzten«, sagte Clay.
Sie wurde blass. Unwillkürlich registrierte Clay, dass sie ein reizvolles Gesicht hatte. Mit der Pflege, die Stadtmädchen ihm geben konnten, anstatt der harten Arbeit auf einer Farm, hätte es ein ausgesprochen hübsches Gesicht sein können.
»Bringen Sie ihn herein«, sagte sie unsicher und ein wenig furchtsam, als sie die Tür etwas weiter aufzog.
In Clay war die Wachsamkeit tief verwurzelt, ein Ergebnis von Jahren Reiten und auf der Fährte Zurückblicken. Als ihn die angenehme Wärme des Holzfeuers in dem einzigen Raum des Hauses einhüllte, streifte sein Blick in jede Ecke. Ein Bett. Ein großer eiserner Küchenherd mit trockenem Mesquite-Holz, das dahinter in einem Kasten aufgestapelt war. Ein Schrank in einer Ecke. Tisch und Vitrine aus Kiefernholz. Eine Reitpeitsche, ein Lasso und ein verbeulter Hut hingen an Nägeln, die in die Wand geschlagen waren.
Arm wie Schafhirten, dachte er.
Er trug seinen Bruder zum Bett.
»Kochen Sie uns etwas Wasser und geben Sie uns etwas sauberen Stoff für einen Verband«, bat er die Frau.
Schnell schüttete sie aus einem Eimer Wasser in einen Topf und stellte ihn auf den großen eisernen Herd. Sie legte Holz nach. Dann nahm sie den Eimer und wandte sich zur Tür.
Bratcher verstellte ihr den Weg. Grob fragte er: »Wo wollen Sie hin?«
Sie zitterte. »Nur etwas Wasser aus dem Brunnen holen.«
Bratcher nahm ihr den Eimer aus der Hand. »Ich hole es. Sie bleiben hier.«
Behutsam zog Clay seinem Bruder Allan die schwere Jacke aus. Er schnallte Allan den Gurt mit dem Revolver ab, suchte nach einem Platz dafür und schob ihn dann weit unters Bett.
Er versuchte Allan das Hemd auszuziehen, doch es klebte mit dem getrockneten Blut an der Wunde. Ungeduldig wartete er, bis das Wasser heiß war. Behutsam und bemüht, den Jungen nicht zu verbrühen, weichte er dann das getrocknete Blut auf und zog das Hemd fort.
Als er die Wunde sah, schluckte er hart. Um das Kugelloch hatte sich bereits eine tiefblaue Farbe ausgebreitet. Der Geruch fauligen Fleisches stieg ihm in die Nase, und er musste den Kopf abwenden.
Er versuchte, den rasselnden Atem seines Bruders nicht zu hören. Er blinzelte gegen das Brennen in seinen Augen an. Die Chancen standen jetzt eins zu hundert. Benommen fuhr er fort, die Wunde zu säubern, doch seine Hände zitterten. Er spürte, wie die Frau ihn am Arm berührte. Sie nahm ihm das nasse Tuch ab.
»Lassen Sie mich das besser machen«, sagte sie. Sie hatte anscheinend ihre Sprache wiedergefunden. Sie zögerte nur ein wenig, bevor sie die Wunde zu Ende säuberte. Schließlich begann sie einen Verband anzulegen.
Clay beobachtete sie und bemerkte, dass ihre Lippen blass und aufeinandergepresst waren, während sie arbeitete. Doch ihre Finger waren sicher und ruhig. Er bemerkte ein leichtes Zittern ihres schlanken Halses. Er ließ seinen Blick über ihre Gestalt gleiten, hinab, wo er sich in der Fülle eines Rockes verlor, der bis zum Boden reichte.
»Wie heißen Sie?«, fragte er. »Wer lebt hier?«
»Ich bin Mary Sloan. Nur mein Mann und ich leben hier. Er ist draußen und sieht nach den Rindern.«
»Wann kommt er zurück?«
»Zum Abendessen. Jeden Augenblick jetzt.«
Zack Bratcher schob sich durch die Tür und stellte den Eimer ab. Er nahm seinen Hut ab und schüttelte das Wasser davon.
»Ich hab' die Pferde runter in einen Corral gebracht und ihnen ein wenig von dem Futter gegeben, das ich fand. Sie werden bereit sein für den Fall, dass wir weg müssen.«
Er schaute zu dem bewusstlosen Jungen. »Ich wünsche, er würde sich beeilen und tun, was immer er tun wird, damit wir weiterreiten können.«
Clay sprang auf, und seine Hände waren zu Fäusten geballt. Er fasste sich und versuchte den Hass niederzukämpfen, der in ihm tobte. Er dachte: Eines Tages, Zack, werden wir beide herausfinden, wer von uns der Schnellere ist. Doch nicht heute wird das sein. Nicht heute.
Seit langem war er überzeugt davon, dass der Herrgott bei Zack Bratchers Schöpfung einiges ausgelassen hatte, was er den meisten Leuten gegeben hatte. Er hatte die Gefühle ausgelassen. Er hatte die Seele weggelassen.
Clay setzte sich auf die Bettkante zurück und beobachtete besorgt Allans Gesicht. Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass sich Zack auf einen mit Fell bespannten Stuhl in eine Ecke gesetzt hatte und jede Bewegung der Frau verfolgte, die am Herd arbeitete. Verlangen begann in diesen trüben, braunen Augen zu funkeln.
Die Frau ging hinüber in Zacks Nähe und griff hinauf, um eine Dose mit Kaffeebohnen von einem Regal zu nehmen. Zack erhob sich vom Stuhl und packte sie. Sie schrie vor Angst auf.
Clay sprang auf. Er packte Zacks kräftigen Arm und zog ihn von der Frau fort. Sie riss sich aus Bratchers Umklammerung los. Schweratmend riss sie die Reitpeitsche vom Nagel an der Wand und schlug sie dem Banditen übers finstere Gesicht.
Clay stieß Bratcher so hart auf den Stuhl zurück, dass der Mann mit dem Kopf gegen die Wand prallte. Er wand die Peitsche aus den zitternden Händen der Frau.
»Kapier endlich, Zack!«, schrie er. »Wir wollen die Hilfe dieser Frau für Allan. Das ist alles, was wir von ihr wollen. Hast du das begriffen?«
Bratcher rieb sich mit der Hand übers Gesicht und tastete über die blutige Strieme unter seinen schwarzen Bartstoppeln. Sein Blick war giftig.
»Frau«, sagte er, »dafür wirst du bezahlen, wenn wir hier abhauen.«
»Halt den Mund, Zack!« fuhr Clay ihn an. Doch er sah plötzlich Angst im Gesicht der Frau.
Clays Kopf ruckte hoch. Außer dem Trommeln des Regens auf dem Dach glaubte er einen Ruf gehört zu haben. Er lauschte. Da erklang er wieder von oberhalb am Fuße des Berges.
»Jim!« stieß die Frau hervor. Sie lief zur Tür.
Clay holte sie ein und hielt sie fest. »Ihr Mann?«
Sie nickte furchtsam.
Mit dem Revolver in der Hand stellte sich Clay neben das kleine Fenster, um den Reiter zu beobachten, der durch den Regen nahte.
»Öffnen Sie die Tür, so dass er Sie sehen kann«, verlangte er. »Aber lassen Sie sich nicht anmerken, dass etwas anders ist als sonst.«
Ein großer, junger Reiter zügelte etwa dreißig Meter vor dem Haus sein Pferd. Seine ledernen Beinschützer flatterten. Er schwang sich aus dem Sattel und rief seiner Frau einen Gruß zu, als sie die Tür öffnete.
»Bleib weg, Jim!«, schrie sie. »Um Himmels willen, lauf weg!«
Sie stürzte aus der Tür in den Regen hinaus. Clay atmete scharf ein und lief hinter ihr her. Er holte sie ein und riss sie grob zurück. Anstatt fortzulaufen, eilte der Cowboy mit zornigem Gesicht auf sie zu. Er blieb abrupt stehen, als Clay den Revolver zog. »Was soll das?«, fragte er hastig.
Clay stellte zufrieden fest, dass der Cowboy keinen Sechsschüsser trug. Er ließ die Frau zu ihrem Mann laufen. Sie warf sich in seine Arme.
»Ihr solltet besser reinkommen«, sagte Clay.
Als sie aus dem Regen heraus im Haus waren, klammerte sich die junge Frau fest an ihren Mann.
»Ich hätte sie beide umgelegt«, nörgelte Zack Bratcher.
Clay warf Zack einen harten Blick zu, der ihn zum Schweigen mahnte. Er sah die Frau an und war stolz auf sie, ohne zu wissen warum. Diese Frau war tapfer. Er beneidete den Cowboy. Clay hatte nie eine Frau gekannt, die seinetwegen eine Kugel in den Rücken riskiert hätte. Einige von der Art, mit denen er zusammen gewesen war, hätten ihm eine Kugel in den Rücken geschossen, wenn sie gedacht hätten, er hätte genug Geld in den Taschen, dass es sich lohnte.
»Solange ihr keine Dummheiten macht, geschieht euch nichts«, sagte er zu dem Paar. »Ich denke, wir brauchen jetzt etwas zum Abendessen.«
Clay schaffte es, Allan ein wenig Fleischbrühe einzuflößen. Doch Allan kam nicht richtig zu sich, um etwas essen zu können. Clay konnte fühlen, wie das Fieber des Jungen stieg. Vorsichtig blickte er unter den Verband. Das Blau breitete sich aus.
»Was wird mit unserer Milchkuh?«, fragte Jim Sloan nach dem Abendessen. »Sie muss gemolken werden.«
Clay warf einen Blick zu Zack. Es war nicht gut, Sloan mit hinaus zu nehmen und die Frau mit Zack allein zu lassen. Es war ebenfalls nicht gut, Sloan mit Zack allein zu lassen. So folgte Clay beiden Sloans hinaus zum Kuhpferch und ließ Zack bei Allan zurück.
Clay empfand wachsenden Respekt für Sloan, als er die Corrals des jungen Farmers sah. Die Hälfte der Zäune war aus Mesquite-Ästen und -Stämmen errichtet. Der Rest bestand aus aufgeschichteten Steinen. So weit von einer Stadt und von Wald entfernt, waren Zäune aus Bohlen zu teuer. Doch das Gestein gab es hier. Es bedurfte nur harter Arbeit. Sloan hatte viel davon geleistet.
In Clay stieg die unangenehme Erinnerung an seinen Vater auf. Alles, was Pa je getan hatte, war Bösartigkeit gewesen. Clay hatte oftmals die Peitsche zu spüren bekommen, bevor er schließlich davongelaufen war. Er hatte Allan mitgenommen, um seinem Bruder den unberechenbaren Jähzorn des alten Mannes zu ersparen.
Während Jim Sloan sein Pferd absattelte, trieb die Frau eine große Färse mit der Milchkuh in einen Pferch. Sie ließ sie ein paar Minuten zusammen, legte dann ein kurzes Lasso um den Hals des Kalbs und führte es in einen kleineren Pferch. Jim begann zu melken.
»Diese Färse ist fast groß genug zum Schlachten«, bemerkte Clay, als die Frau mit dem kurzen Lasso zurückkehrte.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wir sparen sie uns auf als Kuh. Wenn unser Baby kommt, werden wir mehr Milch brauchen.«
Clays Augen weiteten sich. »Baby?« Sie nickte. »Es wird im Frühjahr zur Welt kommen.«
Er warf einen Blick zu Jim Sloan und bemerkte den Stolz in den Augen des Cowboys. Clay wunderte sich, und unwillkommene Erinnerungen wurden in ihm wach, Erinnerungen an seine Kindheit und an Eltern, die einander tief gehasst hatten. Ma war als erste davongelaufen, lange vor der Nacht, in der Clay ein altes Ackerpferd mitten in einem Gewittersturm gestohlen hatte und mit Allan davongeritten war, wobei er sich gefragt hatte, wie er ihn ernähren und wie er es jemals schaffen konnte, für ihn zu sorgen.
Nun, er hatte es nicht sehr gut geschafft. Jetzt starb Allan den Tod eines Banditen, obwohl er selbst keine richtige Schuld daran hatte.
Clay heftete seinen Blick auf Jim und Mary Sloan. Er spürte, dass sich mit ihrem Baby die Dinge für sie verändern würden. Diese Leute waren nicht wie Pa und Ma.
Dann erinnerte er sich, und er erschauerte. Dieses Baby würde nie geboren werden! Zack hatte gesagt, dass sie keinen lebend zurücklassen würden, und er - Clay - hatte zugestimmt.
Nach Einbruch der Nacht trommelte der Regen mit Unterbrechungen auf das Dach. So willkommen er vorher gewesen war, jetzt wünschte Clay, er würde aufhören. Man erwartete nicht so viel Regen in Texas, nicht in den Gegenden, in denen er je gewesen war.
Allans Atem ging schwer. Sein Gesicht glühte vom Fieber. Er fantasierte, drehte den Kopf von einer Seite zur anderen und murmelte Unzusammenhängendes.
Clays Kehle war wie zugeschnürt, und sein Puls beschleunigte sich. Gab es denn nichts, was man für den Jungen tun konnte?
Mary Sloan tat ihr Bestes. Sie legte kalte, feuchte Tücher über Allans heiße Stirn. Sie versuchte, die Wunde sauber zu halten. Um Mitternacht war sie zum Umfallen müde. Jim Sloan stand ruhig hinter ihr und half ihr, wann immer er konnte.
Zack Bratcher hatte ein paar Decken auf den Boden in einer anderen Ecke geworfen. Von Zeit zu Zeit drehte er sich auf die andere Seite und murrte.
Nach Mitternacht ließ Clay die Sloans Decken auf dem Boden ausbreiten und etwas schlafen. Er saß allein bei Allan, hielt das Feuer in Gang, beobachtete, wie das Fieber stieg, und fühlte, wie das Leben dahinschwand.
Bei Tagesanbruch waren alle wieder auf. Zack nörgelte, dass er Hunger hatte, und murmelte, dass Mary sich verdammt besser am Herd an die Arbeit machen solle, wenn sie wüsste, was gut für sie sei. Doch zuerst ging sie ans Bett und sah nach Allan.
Clay blinzelte. Seine Augen brannten von Kummer und Schmerz und Mangel an Schlaf. Er hatte keine Chance mehr, dachte er bitter. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Zack stöberte in dem kleinen Speiseschrank neben der Vitrine herum. »Ich bin total ausgehungert. Wo ist das Rindfleisch?«
»Wir haben das letzte zum Abendessen gehabt.«
Zack starrte sie an und murmelte etwas in seinen Bart. Er stampfte hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Während Clay auf der Bettkante saß, sich mit den Fingern durchs Haar fuhr und den Schlaf aus den Augen blinzelte, säuberte Mary Sloan von neuem Allans Wunde. Sie wurde bleich bei der Arbeit. Sie weiß es ebenfalls, dachte Clay traurig. Der Junge macht es nicht mehr lange.
Bald darauf kehrte Zack zurück. Er schleppte ein schweres Hinterviertel eines frisch geschlachteten Rindes.
»Jetzt, Frau«, sagte er grollend, »werden wir Steaks zum Frühstück haben.«
Mary Sloan presste die schmale Hand auf den Mund. Ihre Augen weiteten sich.
»Das Kalb!«, schrie sie. »Sie haben das Kalb getötet, das wir für unser Baby aufsparen wollten!«
Zornig lief sie auf ihn zu.
Schnell hielt Jim Sloan sie fest. »Nicht, Mary. Er würde dich ohne den geringsten Grund erschießen.«
Sie schluchzte. „Es war das Kalb für unser Baby - für unser Baby.«
Zack stieß einen Grunzlaut aus. »Halt die Klappe und fang mit dem Braten an. Wenn wir von hier verschwinden, braucht ihr euch keine Sorgen über Kälber oder Babys oder sonst was zu machen.«
Clay sagte wütend: »Verdammt, Zack, kannst du nicht dein dreckiges Maul halten?«
Mary Sloan schluckte. »Jim, sie werden uns umbringen.«
Sloans Gesicht wurde eine Spur weißer. Er umfasste die Schultern seiner Frau. »Nimm dich zusammen, Mary«, sagte er hastig. »Ich lege Holz nach, und wir machen das Frühstück.«
Sloan ging zu dem Kasten mit dem Brennholz und nahm einige große Stücke trockenen Mesquites. Zack trieb sich beim Herd herum. Sein stoppelbärtiges Gesicht zeigte ein erwartungsvolles Grinsen, als er auf das Rinderviertel blickte. Sloan schob das Holz in den Herd und schürte die Glut mit einem langen Feuerhaken.
Plötzlich schwang er den Feuerhaken hoch und schlug ihn Bratcher über den Schädel. Der Bandit fiel schwer zu Boden.
»Raus, Mary!«, schrie Sloan. »Lauf weg!«
Die Frau stürzte zur Tür.
Clay war auf den Beinen und zog seinen Revolver. Sloan sprang auf ihn zu und holte mit dem Feuerhaken aus. Er schlug zu, als Clay gerade die Hand mit dem Revolver hochriss. Der Feuerhaken traf Clays Handgelenk, und ein scharfer Schmerz stach durch seinen Arm. Der Revolver polterte zu Boden.
Clay warf sich gegen Sloan und schaffte es, den Cowboy aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sloan taumelte zurück. Sofort hob Clay mit der Linken den Revolver auf und schlug ihn Sloan auf den Kopf. Der Cowboy wurde schlaff.
Clays Handgelenk brannte wie Feuer. Er sprang zur Tür und stürmte hinaus. Mary Sloan rannte zum Stall. Sie stolperte mit ihrem langen Rock, und der tiefe Schlamm verlangsamte sie. Clay holte sie ein und packte sie am Arm. Sie wehrte sich und gab dann auf. Alle Hoffnung erstarb langsam in ihren Augen.
Clay kam wieder zu Atem und sagte gepresst: »Ich kann Ihnen nicht verdenken, dass Sie's versucht haben. Aber es war dumm.«
Er spürte ihren weichen, schlanken Arm im festen Griff seiner linken Hand, und die Berührung weckte ein eigenartiges, doch angenehmes Prickeln in ihm. Es war nicht schwer zu sehen, warum Sloan sie geheiratet hatte. Für einen Augenblick verspürte er den Drang, sie an sich zu ziehen. Doch das war Zack Bratchers Art, nicht seine. Clay kämpfte den Drang nieder und führte sie zu dem kleinen Haus zurück.
Jim Sloan mühte sich ab, sich am Boden aufzustemmen. Mit einem schrillen Schrei lief Mary zu ihm. Sie tauchte ein Tuch in kaltes Wasser und wusch ihm zärtlich das Gesicht ab. Als er ganz zu sich gekommen war, schmiegte sie ihre Wange an seine und umarmte ihn fest.
Clay schluckte, als er das sah. Wenn Pa und die alte Frau so zueinander gewesen wären...