Nächte von Fondi - Isolde Kurz - E-Book

Nächte von Fondi E-Book

Isolde Kurz

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Beschreibung

Neue Deutsche Rechtschreibung Isolde Kurz ist auch heute noch eine ambivalente Schriftstellerin. Schon in jungen Jahren selbstständig als Autorin und Übersetzerin, war sie eine Seltenheit im wilhelminischen Deutschland. Später jedoch geriet sie wegen ihres Schweigens im Dritten Reich und ihrer altmodischen Sprache in Kritik. Hervorzuheben sind ihre Werke "Vanadis" und "Florentiner Novellen". Isolde Kurz wuchs in einem liberalen und an Kunst und Literatur interessierten Haushalt auf. Anfang der 1890er Jahre errang sie erste literarische Erfolge mit Gedicht- und Erzählbänden. Null Papier Verlag

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Isolde Kurz

Nächte von Fondi

Eine Geschichte aus dem Cinquecento

Isolde Kurz

Nächte von Fondi

Eine Geschichte aus dem Cinquecento

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 2. Auflage, ISBN 978-3-962812-36-2

null-papier.de/angebote

Inhaltsverzeichnis

Wid­mung

Frau­en, Rit­ter, Waf­fen und Amu­ren

Die flie­hen­de Nym­phe

Fun­di, mei Cala­mi­tas!

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie sich für ein E-Book aus mei­nem Ver­lag ent­schie­den ha­ben.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

Ihr Jür­gen Schul­ze

Klas­si­ker bei Null Pa­pier

Ali­ce im Wun­der­land

Anna Ka­re­ni­na

Der Graf von Mon­te Chri­sto

Die Schat­zin­sel

Ivan­hoe

Oli­ver Twist oder Der Weg ei­nes Für­sor­ge­zög­lings

Ro­bin­son Cru­soe

Das Got­tes­le­hen

Meis­ter­no­vel­len

Eine Weih­nachts­ge­schich­te

und wei­te­re …

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Widmung

Dem An­den­ken mei­nes Va­ters

Dem Dich­ter, der am deut­sche­s­ten ge­sun­gen Und mit der See­le doch die Welt um­fasst, Leg ich aufs Grab die ern­te­schwe­re Last Von Lieb und Leid, hes­pe­ri­scher Flur ent­sprun­gen. Du selbst, Er­lauch­ter, hast – mit al­len Zun­gen Ver­traut und al­ler Zo­nen frei­er Gast – Den Ap­fel von der He­s­pe­ri­den Ast Mit Gra­zi­en­gunst, den sü­ßes­ten, er­run­gen. Und hast du auch mit dei­nes Lei­bes Au­gen Des Sü­dens trun­ke­ne Fül­le nicht ge­schaut, Dir gab der Gott im Lie­de sie zu sau­gen. Mit Hauch vom Süd­land hat er dich um­flü­gelt, Mit sei­nen Wun­der­näch­ten dich um­blaut, Als du den Greif und den Ba­yard ge­zü­gelt.

*

Frauen, Ritter, Waffen und Amuren

Quel se­col fu ben san­to e ben per­fet­to E quel­la fu la vera età del oro O fe­li­ci a que’ dì, Fon­di e Tra­jet­to.

Gan­dol­fo Por­ri­no

Aus dem Dun­kel der Vor­zeit bli­cken mich zwei schat­ten­haf­te Ge­stal­ten an, drin­gend, selt­sam be­harr­lich und wol­len nicht wei­chen. Was ver­lan­gen sie von mir? Das ein­zi­ge, was der Tod vom Le­ben ver­lan­gen kann: dass es in die Spei­chen grei­fe und das Rad der Zeit rück­wärts dre­he, da­mit die Son­ne ver­gan­ge­ner Tage sich neu ent­zün­de. Und ihre Ge­schich­te hei­ßen sie mich deu­ten, die halb­ver­schüt­tet zwi­schen den Zei­len der Welt­ge­schich­te steht. Wer­de ich die Kraft ha­ben, ih­rem Ver­lan­gen zu will­fah­ren? Wo mein Licht nicht hin­fällt und mei­ne Ge­sich­te ver­sa­gen, muss ich die al­ten Zeug­nis­se zu Hil­fe ru­fen.

Jetzt fül­len sich die Sche­men mit Blut, sie klei­den sich in die Form, die im Le­ben die ihre war, und mit ih­nen wird ihre gan­ze Um­ge­bung wie­der zur Ge­gen­wart. Ich sehe ein Schloss mit Tür­men und Zin­nen, in die ur­al­te Stadt­mau­er von Fon­di ver­baut. Por­tal, be­haue­ne Fens­te­rum­rah­mun­gen tra­gen den Pracht­stil der Re­naissance, al­les an­de­re ist mit­tel­al­ter­lich streng und düs­ter. Im In­nen­hof Pal­men und Lor­beer­ge­büsch und eine Fon­tä­ne, de­ren Strahl klin­gend in eine an­ti­ke Por­phyr­scha­le fällt. Dar­über der tief­blaue Som­mer­him­mel des Glück­li­chen Kam­pa­ni­ens.

Ne­ben der Fon­tä­ne steht ein Paar, das schöns­te, vor­nehms­te, das die hohe ge­sell­schaft­li­che Stil­kunst des Cin­que­cen­to ge­prägt hat, und bei­de in der Blü­te der Jah­re. Den Jüng­ling mit den dunklen feu­ri­gen Au­gen ken­nen wir, denn Ti­zi­an hat ihn ge­malt. Nur noch schö­ner ist er als auf dem nach­ge­dun­kel­ten Bil­de, er hat den schwar­zen Bart­flaum, der ihm das Düs­te­re gab, bis auf einen bläu­li­chen Schat­ten um das Kinn wie­der ab­ge­nom­men, sein welt­li­ches Ge­wand ist glän­zen­der, das Wehr­ge­henk schmücken un­schätz­ba­re Stei­ne. Es ist der Kar­di­nal im Waf­fen­rock, Ip­po­li­to de’ Me­di­ci, Stolz und Ver­le­gen­heit sei­nes päpst­li­chen Oheims und Ab­gott der Rö­mer. Mit acht­zehn Jah­ren hat man dem hef­tig Sträu­ben­den den Kar­di­nals­hut auf­ge­zwun­gen und seit­dem ver­säumt er kei­ne Ge­le­gen­heit zu be­wei­sen, dass er ihn wi­der Wil­len trägt und dass er zu al­lem eher als zum Schmuck der Kir­che ge­bo­ren ist. Zwar sor­gen sich auch die an­de­ren Mit­glie­der des hei­li­gen Kol­le­gi­ums der Mehr­zahl nach nicht all­zu viel um die geist­li­chen Pf­lich­ten ih­res Stan­des, aber die­ser ver­schmäht so­gar sei­ne äu­ße­ren Ab­zei­chen, und man sieht ihn, die ho­hen Kir­chen­fes­te aus­ge­nom­men, nicht an­ders als in Krie­ger­tracht. Denn nie kann er ver­ges­sen, dass ihm in die Wie­ge der An­spruch an einen Herr­scher­sitz ge­legt war, den jetzt ein An­de­rer ein­nimmt. Ver­geb­lich sucht ihn der Papst durch Ver­lei­hung der höchs­ten Äm­ter mit sei­ner kirch­li­chen Wür­de zu ver­söh­nen. Er hat ihn blut­jung zum Vi­ze­kanz­ler ge­macht und be­traut ihn bei je­der Ge­le­gen­heit mit den eh­ren­volls­ten Le­ga­tio­nen; die größ­ten Staats­ge­schäf­te lässt er durch sei­ne früh­ge­schul­ten Hän­de ge­hen. Um­sonst, des Nef­fen Ab­nei­gung bleibt un­über­wind­lich und er hat kei­nen glü­hen­de­ren Wunsch, als sich der un­er­be­te­nen Ehre bal­digst zu ent­le­di­gen. »Rit­ter, Waf­fen und Amu­ren« fül­len sein Le­ben wie die Ge­sän­ge des Ari­ost. Aber er ge­hört zu den Men­schen, die sich al­les er­lau­ben kön­nen, weil sie wis­sen, dass vollen­de­ter An­stand auch ihr un­ge­wöhn­lichs­tes Tun um­gibt und so­gar ihre Un­ar­ten als Mus­ter fei­ner Le­bens­art er­schei­nen lässt. Der spar­sa­me Cle­mens hat Rie­sen­ein­künf­te auf ihn ge­häuft, die er mit un­nach­ahm­li­cher Groß­ar­tig­keit um sich streut. Da­mit weiß er sich Volk und Adel so zu ver­bin­den, dass nie­mals ein päpst­li­cher Ne­po­te sol­che Macht­fül­le mit sol­cher Be­liebt­heit ver­ei­nigt be­ses­sen hat. Mit sei­nen Jag­den und Waf­fen­spie­len, Thea­ter- und Mu­sik­fes­ten ent­zückt er die Rö­mer nach den ma­ge­ren Jah­ren, die auf die Plün­de­rung Roms ge­folgt sind, denn kein zwei­ter in Eu­ro­pa ver­steht sich auf Re­prä­sen­ta­ti­on wie die­ser me­di­ce­i­sche Jüng­ling, der durch sein Auf­tre­ten so­gar die prunk­vol­le Ma­je­stät von Frank­reich in den Schat­ten ge­stellt und oben­drein be­zau­bert hat. Eine Hof­hal­tung wie die sei­ni­ge gibt es in der gan­zen Welt nicht mehr. Er er­nährt ein Heer von Li­te­ra­ten, Mu­si­kern, Künst­lern, Haupt­leu­ten und Waf­fen­knech­ten, auch von Aben­teu­rern und Schma­rot­zern, denn er sieht so ge­nau nicht zu. Ne­ger sind sei­ne Be­die­nung, und eine Leib­wa­che von Tür­ken, die er sich mit Sorg­falt her­an­ge­bil­det hat, folgt ihm, wo­hin er geht. Sei­ne Pfer­de und Hun­de von edels­ter Zucht wer­den als Se­hens­wür­dig­keit ge­zeigt, sei­ne Gär­ten duf­ten von selt­sa­mer fremd­län­di­scher Flo­ra und große ge­zähm­te Raub­tie­re, mit de­nen er spie­len kann, ge­hen frei dar­in um­her. In sei­nem Palast am Cam­po Mar­zio wim­melt es von far­bi­gen Men­schen al­ler Ras­sen und Zo­nen in den wun­der­sams­ten Trach­ten, die in zwei­und­zwan­zig Spra­chen durch­ein­an­der re­den: Mau­ren und Tscher­kes­sen als Stall­meis­ter und Be­rei­ter, zen­tau­ren­ar­tig mit ih­ren Pfer­den ver­wach­sen und ein je­der ein Fürs­ten­sohn sei­nes Stam­mes, ta­ta­ri­sche Meis­ter­schüt­zen und Lan­zen­wer­fer, Rotäu­te aus Neu-In­di­en mit glat­ten ge­schmei­di­gen Kör­pern und star­ren Schöp­fen, un­über­trof­fen im Schwim­men und Tau­chen und wah­re Wun­der in je­der Art von Kriegs­spiel – er hält sie nicht zur blo­ßen Schau, son­dern zur ei­ge­nen För­de­rung in ih­ren Küns­ten, die er im Wett­ei­fer mit ih­nen be­treibt. Zu­gleich ist die­ses merk­wür­di­ge Haus eine Art Frei­statt mit­ten in Rom, denn wel­cher Mann von Be­deu­tung mit der Ge­rech­tig­keit zer­fällt, der flüch­tet vor Strick oder Schwert zum Kar­di­nal Me­di­ci, bis das Ge­wit­ter vor­über ist und die­ser Ge­le­gen­heit ge­fun­den hat, den Papst mit sei­nem Schütz­ling zu ver­söh­nen. Hier nun steht er, der Held al­ler Aben­teu­er, ge­bän­digt von zwei himm­li­schen Frau­en­au­gen.

Und die Frau? Wir ken­nen sie gleich­falls, denn auch sie hat höchs­te Bild­nis­kunst der Nach­welt er­hal­ten. Es ist Ju­lia Gon­za­ga, ver­wit­we­te Co­lon­na, die Grä­fin von Fon­di und Her­zo­gin von Tra­jet­to, von der Ari­osto sang:

Ju­lia Gon­za­ga, der wo­hin sie im­mer Den Fuß, die heitren Ster­nen­au­gen kehrt, Jed­we­de nicht nur weicht an Glanz und Schim­mer, Nein, sie als neu­ge­sand­te Göt­tin ehrt.1

Trotz ih­rem dunklen Wit­wen­kleid und dem lan­gen brau­nen Schlei­er, der von ih­rem wun­der­ba­ren Haup­te nie­der­fließt, hat die Stim­me der Ge­samt­heit sie für die schöns­te Frau der Erde er­klärt. Aber kann die­ses strah­len­de Ge­schöpf die­sel­be Ju­lia Gon­za­ga sein, die ein as­ke­ti­sches, dem Him­mel zu­ge­wand­tes Le­ben ge­führt hat und, wäre nicht ein zei­ti­ger Tod da­zwi­schen­ge­tre­ten, als Mär­ty­re­rin ih­rer glü­hen­den re­for­ma­to­ri­schen Fröm­mig­keit auf dem Schei­ter­hau­fen der In­qui­si­ti­on ge­en­digt hät­te? Wohl ist sie die­sel­be, und die Fä­den sind schon alle ge­spon­nen, aus de­nen sich ihr künf­ti­ges Le­ben wob.

Als Drei­zehn­jäh­ri­ge hat man sie un­ge­fragt dem rei­chen, kriegs­be­rühm­ten, aber schon an­ge­jahr­ten, lah­men und kränk­li­chen Ve­spa­si­an Co­lon­na ver­mählt. Ju­lia war der re­gie­ren­den Li­nie von Man­tua nahe ver­wandt, aber sel­ber von Hau­se aus un­be­mit­telt, der reich­be­gü­ter­te Co­lon­na sei­ner­seits war nur ein Feu­dal­herr, dem die hohe Ver­schwä­ge­rung das An­se­hen mehr­te. Da­rum be­ju­bel­te die Um­ge­bung den bei­der­sei­ti­gen Glücks­fall. Nach kaum zwei­jäh­ri­ger Ehe starb er und hin­ter­ließ die jun­ge Gat­tin als Er­bin sei­ner sämt­li­chen Gü­ter und Le­hen im Rö­mi­schen und Nea­po­li­ta­ni­schen, aber un­ter dem Be­ding, dass sie Wit­we blei­be. Sie blieb es und sie gibt mit dem Ernst ih­rer Wit­wen­schaft der Welt ein Rät­sel auf. Kann sie so den ei­fer­süch­ti­gen To­ten ge­liebt ha­ben, der aus der Gruft her­vor ihr jun­ges Le­ben mit sei­nen Nach­lass­be­stim­mun­gen um­klam­mert hält? Ju­lia hat nie­mand je von ih­ren Ge­füh­len Re­chen­schaft ab­ge­legt. Sie wähl­te sich Fon­di an der Via Ap­pia, ein co­lon­ne­si­sches Le­hen, zu ih­rem Wit­wen­sitz und ver­wan­del­te es in einen Mu­sen­hof, an dem kein Rei­sen­der von An­se­hen und Be­deu­tung zwi­schen Rom und Nea­pel vor­über­geht. Am häu­figs­ten be­sucht sie der Kar­di­nal Me­di­ci. Seit dem Tag, wo er sie zum ers­ten Male ge­se­hen, hat er sich vor al­ler Welt zu ih­rem Die­ner er­klärt. Seit­dem trägt er bei Schau­ge­fech­ten nur ihre Ab­zei­chen, und ein Eil­bo­te muss es in Fon­di mel­den, wenn sie sieg­reich wa­ren. Aber so of­fen­kun­dig sei­ne Hul­di­gun­gen und so we­nig mus­ter­haft sein Ruf, kei­ne Ver­däch­ti­gung wagt sich an Don­na Ju­lia her­an. Nicht ein­mal der Are­tin, der schne­cken­ar­tig al­len Ruhm der Mit­welt mit sei­nem glitz­ri­gen Gei­fer be­kriecht, er­laubt sich das Ver­hält­nis der schöns­ten Frau zu dem glän­zends­ten Man­ne an­zu­tas­ten. Sie pflegt und hü­tet, was ihm die Schmeich­ler von dem an­ge­bo­re­nen Adel sei­nes We­sens üb­rig­ge­las­sen ha­ben, und darf ihm al­les sa­gen, denn das Gute fin­det ihn im­mer wil­lig, wenn es mit An­mut vor ihn tritt. Wie eine schnee­wei­ße Li­lie steht die wun­der­ba­re Frau in ih­rem ver­derb­ten Jahr­hun­dert und doch mit ei­nem ver­wir­ren­den Hauch un­ter­drück­ter Lei­den­schaft, wie ihn die Li­li­en aus­strö­men, und die­ses Jahr­hun­dert, dem nichts hei­lig ist, das sich an lau­ter lo­cke­ren Ge­schich­ten wei­det, glaubt – das ist das Wun­der­bars­te von al­lem – an die Rein­heit Ju­lia Gon­za­gas.

So stan­den sich die zwei an dem tief­blau­en Spät­som­mer­tag des Jah­res 1534 in dem klei­nen Gar­ten, zu dem die al­ten Fes­tungs­wer­ke nie­der­dräu­en, bei der Por­phyr­scha­le ge­gen­über. Ein ge­wal­tig großer Hund hat sich mit stür­mi­scher Be­grü­ßung an die schö­ne Frau her­an­ge­drängt und wird von ihr zärt­lich ge­lieb­kost. Und das Ge­spräch der bei­den, von dem be­gin­nen­den Ba­rock ih­rer Tage an­ge­haucht, kommt wie ein fer­nes Echo zu mir her­über.

Wenn das Wun­der al­ler Frau­en nicht will, dass ich dem wa­cke­ren Sa­cri­pan­te gram wer­de, sagt der Kar­di­nal mit er­heu­chel­tem Vor­wurf, so möge sie doch nicht ganz den Herrn über dem Hun­de ver­ges­sen.

Kann der Ver­wöhn­tes­te al­ler Sterb­li­chen auf einen ar­men Vier­füß­ler ei­fer­süch­tig sein? ant­wor­tet die Schö­ne, ohne ihre Stel­lung zu än­dern. Seht Ihr denn nicht, wie er sich über das Wie­der­se­hen freut und wie er in sei­ner Stumm­heit so aus­drucks­voll um ein we­nig Zu­nei­gung bet­telt? Ist so­viel An­häng­lich­keit nicht ei­nes klei­nen Dan­kes wert?

Wenn Don­na Ju­lia so tief in mei­ne Au­gen bli­cken woll­te, wie in die mei­nes Hun­des, so wür­de sie dar­in Emp­fin­dun­gen le­sen kön­nen, für die sie noch nie an einen Dank ge­dacht hat.

Sie er­hebt ein we­nig die Au­gen, aber nicht bis zur Höhe der sei­ni­gen, und senkt sie gleich wie­der, in die Au­gen des Hun­des.

Mir scheint, die hilflo­se Tier­heit sei der Lie­be be­dürf­ti­ger als der stol­ze Herr der Erde. Ich kann nicht in so treue Hun­deau­gen bli­cken, ohne zu füh­len, dass sie et­was von mir zu for­dern ha­ben. Soll­ten wir nicht der Krea­tur eine Ver­gü­tung schul­dig sein da­für, dass sie, wie die Kir­che sagt, un­se­re Sün­den mit­büßt?

Ich weiß nicht, ver­setzt der Kar­di­nal leicht­hin, wie ein ge­lehr­ter Theo­lo­ge sich zu der spitz­fin­di­gen Fra­ge stel­len wür­de. Was mich be­trifft, der ich kei­ner bin, so kennt mich Don­na Ju­lia als Freund al­ler Krea­tur, der wil­den wie der zah­men. Doch kam ich nicht nach Fon­di, um mit der schöns­ten Frau der Erde über so tief­sin­ni­ge Din­ge zu grü­beln, son­dern um mich ei­ner al­ten Pf­licht zu ent­le­di­gen. Eure Gna­den ent­sin­nen sich, dass Sie mir be­foh­len ha­ben, im Wett­streit mit den schöns­ten Geis­tern Ita­li­ens einen Ge­sang der Änei­de zu Ehren mei­ner Her­rin zu über­set­zen. Ich habe ge­horcht, wie weit auch die Auf­ga­be mei­ne Kräf­te über­stieg, und ich habe den zwei­ten Ge­sang mit der Schil­de­rung vom Un­ter­gan­ge Tro­jas ge­wählt, warum, wird Euch die Wid­mung sa­gen. Um aber mei­ner klei­nen und schwa­chen Kunst mit ei­ner großen und meis­ter­li­chen auf­zu­hel­fen, ließ ich die Schrift mit Mi­nia­tu­ren schmücken, die der Au­gen, die dar­auf ru­hen sol­len, wür­dig sind. Ich darf wohl sa­gen, Meis­ter Clo­vio hat sich sel­ber über­trof­fen mit die­ser Leis­tung, die Don­na Ju­li­as Ver­zei­hung für mein ei­ge­nes Un­ver­mö­gen er­bit­ten soll.

Wäh­rend des Spre­chens hat er dem hin­ter ihm ste­hen­den Pa­gen ein köst­li­ches ein­ge­leg­tes Käst­chen aus frem­den wohl­rie­chen­den Höl­zern ab­ge­nom­men, um es in Ju­li­as Hän­de zu le­gen.

Eure Herr­lich­keit er­weist mir eine Ehre, für die je­des Dan­kes­wort zu schwach ist. So lasst mich die Gabe am schick­lichs­ten Platz in Empfang neh­men, dort un­ter dem Lor­beer, auf den sie An­spruch hat.

Auf der Bank im Lor­beer­schat­ten hält Ju­lia nun das Käst­chen auf den Kni­en und schließt es be­hut­sam auf. Der Me­di­ci sitzt in schick­li­chem Ab­stand ne­ben ihr. Er hat das schö­ne star­ke Tier zwi­schen sei­ne Knie ge­zo­gen und sei­ne Hand liegt lieb­ko­send auf der­sel­ben Stel­le des Kop­fes, auf der zu­vor Ju­li­as Hand ge­ruht hat, wäh­rend er mit un­ver­wand­ten Bli­cken an der durch­sich­ti­gen Wun­der­blu­me ih­res An­ge­sichts hängt. Sie ent­nimmt dem kost­ba­ren Schrein das Buch mit der Hand­schrift und öff­net die gol­de­nen Schlie­ßen sei­ner kunst­reich in Gold und Sil­ber ge­press­ten Le­der­de­ckel. Von der ers­ten Sei­te leuch­tet ihr eine herr­li­che Mi­nia­tur in Rot und Blau und Gold ent­ge­gen, die eine bren­nen­de Stadt mit ein­bre­chen­den Krie­ger­scha­ren und flüch­ten­den Ein­woh­nern dar­stellt. Es ist wie ein ganz lei­ser Wi­der­schein die­ser Feu­ers­brunst, was über Ju­li­as Wan­gen läuft, wäh­rend sie lang­sam die über­rei­che Zier­schrift des Wid­mungs­so­net­tes ent­zif­fert:

Ip­po­li­to de’ Me­di­ci – An Don­na Ju­lia Gon­za­ga

Wer Pein er­lei­det, lieb­t’s nach Trost zu ge­hen Bei frem­der Pein, die glei­ches hat ge­lit­ten, So ich Ver­seng­ter in des Feu­ers Mit­ten: Aus Tro­jas Brand ließ ich mir Küh­lung we­hen. Denn nichts hat dort der Hel­le­spont ge­se­hen, Das nicht zu glei­cher Qual in mir ge­strit­ten, So heiß die Not, so fühl­los mei­nen Bit­ten Der Feind – ich sin­ge, was mir selbst ge­sche­hen. Weil mei­ne Kla­gen un­ge­hört ver­hall­ten Und kein Er­bar­men mich ver­ste­hen will, Muss der Ge­sang zum Sinn­bild sich ge­stal­ten. Im Brand von Tro­ja bren­nen mei­ne Glu­ten, Und mei­ne Wun­den sin­d’s die heiß und still In al­len Wun­den der Tro­ja­ner blu­ten.

Die Ver­se sind schwüls­tig. Al­lein der Zeit­ge­schmack steht nun ein­mal im Zei­chen des Ba­rock und for­dert das Ver­stie­ge­ne, dem ein vor­neh­mer Di­let­tant sich nicht ent­zie­hen kann. So fin­det Ju­lia nichts dar­an aus­zu­set­zen. Und die­se hö­fi­sche Über­trei­bung des Min­ne­diens­tes, die ein Spiel aus der Lie­be macht, ge­stat­tet ihr, von ei­nem Fürs­ten der Kir­che so küh­ne Hul­di­gun­gen an­zu­neh­men, wenn auch die Über­trei­bung bloß eine schein­ba­re ist und der Kar­di­nal im Grun­de nur aus­spricht, was er wirk­lich meint. Und Ju­lia müss­te kein Kind ih­res Jahr­hun­derts sein, wenn sie das rei­zen­de Spiel mit sei­ner Ge­fahr und sei­nem ge­hei­men schmerz­vol­len Un­ter­grund nicht doch aus gan­zer See­le ge­nös­se.

Sie scheint noch zu le­sen, wäh­rend sie schon am Ende ist, und wen­det dann noch zö­gernd das nächs­te Blatt, da­mit die auf­ge­stie­ge­ne Blut­wel­le ver­eb­ben kann, ehe sie den Blick er­hebt, lei­se Be­we­gun­gen, die ihm nicht ent­ge­hen. Vom Mee­re weht schon der küh­le­re Hauch des Spät­nach­mit­tags her­über, den sie be­gie­rig ein­saugt, er lin­dert ein we­nig die Feu­er­luft, die die­se bei­den um­weht, so­bald sie al­lein sind, und macht die Frau wie­der zur Her­rin der Lage.

Er­lauch­ter Herr, die Dicht­kunst ist erb­lich im Hau­se Me­di­ci, und Eure Ver­se sind des Na­mens, den Ihr tra­get, wür­dig.

Er küsst in­brüns­tig die bei­den Hän­de, die sie ihm dan­kend ge­reicht hat.

Mein Ahn­herr Lo­ren­zo mach­te bes­se­re, aber viel­leicht ist mein Ver­dienst ein grö­ße­res, weil ich ein Kriegs­mann und kein Dich­ter bin.

Ihr sei­d ein Dich­ter und Dich­tern muss man viel ver­ge­ben.

Nur ver­ge­ben, Don­na Ju­lia? Ich mein­te stets, dass man Dich­ter be­loh­nen müs­se.

Der Lohn des Dich­ters wächst hier über un­se­ren Häup­tern und er soll Euch nicht feh­len, ist ihre Ant­wort, wäh­rend sie einen Lor­beerzweig nie­der­biegt, um ihn zu bre­chen. Soll ich einen Kranz flech­ten, um Eure Stirn da­mit zu krö­nen?

Ich weiß einen bes­se­ren Platz für eine Gabe von Eu­rer Hand.

Da­mit schiebt er das Reis­lein in sei­nen Bu­sen, nicht ohne es zu­vor an die Lip­pen ge­drückt zu ha­ben.

Es ist des Dan­kes fast zu viel, grau­sams­te Frau. Der Ver­fas­ser ge­hört Euch leib­ei­gen zu und hat dar­um kein Recht auf Be­loh­nung sei­ner Diens­te als nur, dass Ihr ihn wei­ter die­nen las­set. Er wird auch die ein­zi­ge Bit­te nicht wie­der­ho­len, mit der er Euch je zu be­läs­ti­gen wag­te.

Welch eine Bit­te wäre dies?

Dass Don­na Ju­lia end­lich ein­mal die­se düs­te­ren Ge­wän­der ab­le­ge, durch die sie sich dem Gra­be an­ver­lobt zu ha­ben scheint, da­mit ihre Schön­heit wie die Son­ne aus wol­ken­lo­sem Him­mel strah­le.

Al­lein die Wit­we des Ve­spa­si­an Co­lon­na will den Trau­er­schlei­er nicht ab­le­gen, der ihr läs­ti­ge Wer­ber fern hält und mit dem sie das Ge­heim­nis ih­rer Ent­sa­gung selbst für den ver­schlei­ert, den es am nächs­ten an­geht. Sie, die vom Glück der Erde nichts ge­nos­sen hat, brauch­te nur die Hand aus­zu­stre­cken und sie hielt das Le­ben in sei­ner be­rau­schends­ten Ge­stalt. Aber sie streckt die Hand nicht aus, sie hält gleich­sam den Atem an, dass nichts an ih­ren Be­zie­hun­gen sich ver­schie­be und der Au­gen­blick dau­re, wo sie den lie­bens­wer­tes­ten und ge­fähr­lichs­ten ih­rer Freun­de ohne Reue be­sit­zen darf.

Als Ihr un­se­ren großen Meis­ter Se­bas­tia­no mit ei­nem rei­si­gen Ge­lei­te nach Fon­di sand­tet, dass er Euch mein Bild­nis male, da spracht Ihr ei­gens den Wunsch aus, ich möge da­für das Kleid an­le­gen, das ich bei un­se­rer ers­ten Be­geg­nung trug. Ist Euch nun das Bild um des schein­lo­sen Ge­wan­des wil­len leid ge­wor­den?

Don­na Ju­lia ver­steht es mich zu quä­len. Das Bild ist das ers­te, wor­an sich am Mor­gen mei­ne Au­gen ent­zücken, und das letz­te, was sie abends noch in sich trin­ken. Und ewig dan­ke ich’s Eu­rer Güte, dass Ihr dem Meis­ter saßt. Aber be­denkt, Don­na Ju­lia, ich stand da­mals vor dem Ab­marsch nach Wien und ich konn­te doch nicht ge­gen den Tür­ken zie­hen und mein Herz da­hin­ter las­sen. Ich muss­te Ju­lia we­nigs­tens im Bil­de bei mir ha­ben, um le­ben zu kön­nen. Und da konn­te mir die Kunst am bes­ten den Schein des Le­bens vor­lü­gen, wenn ich die Ein­zi­ge so vor mir hat­te, wie ich ge­wohnt war, sie zu se­hen. Und wenn ich über den stren­gen Ernst die­ser Ge­wän­der kla­ge, so ist es ja nicht, weil sie Euch nicht doch ganz ent­zückend klei­de­ten, es ist nur, weil ich dem To­ten so­viel lie­be­vol­le Erin­ne­rung miss­gön­ne.

Ju­lia schweigt und senkt ihre Au­gen auf das Buch in ih­rem Scho­ße. Wie hoch sie den Früh­ge­schie­de­nen schätz­te, die­se Ehe, die kei­ne war, hat Erin­ne­run­gen, vor de­nen sie die Au­gen schließt. Sie blät­tert in der Hand­schrift, die auf je­der Sei­te Ini­tia­len und Rand­leis­ten von über­strö­men­der Fan­ta­sie der Or­na­men­tik und wun­der­ba­rer Fein­heit der Aus­füh­rung auf­weist.

Ich wer­de wo­chen­lang zu tun ha­ben, bis ich mich an all der Schön­heit sät­ti­ge und ge­wiss wird, was Ihr selbst ge­ge­ben habt, noch im­mer das Schöns­te blei­ben.

Be­sä­ße ich doch das Ge­heim­nis, im­mer zu wis­sen, was Don­na Ju­lia wohl ge­fällt. Wä­ren es die drei Bart­haa­re des Sa­t­ans, ich wür­de sie Euch ho­len. Vor­hin, als ich Euch im Ge­spräch mit dem Po­destà über­rasch­te, schient Ihr ge­quält und be­drückt. Ich las einen Kum­mer in Eu­ren Mie­nen. Darf ich ihn nicht mit Euch tei­len, da­mit ich in ei­nem Leid von Euch we­nigs­tens ein Stück Eu­res Her­zens an mich neh­me?

Die­ser Ton er­in­nert sie, dass sie an dem all­ver­mö­gen­den Ne­po­ten nicht nur den feu­rigs­ten Be­wun­de­rer ih­rer Schön­heit, son­dern auch den wil­ligs­ten und hilf­reichs­ten Freund be­sitzt.

Ihr be­greift, er­lauch­ter Herr, dass eine al­lein­ste­hen­de Frau, die große Verant­wor­tun­gen trägt, leicht in eine Lage kom­men kann, der sie nicht ge­wach­sen ist. Vor ei­ni­gen Wo­chen ist hier eine Schre­ckens­tat ge­sche­hen. Ein ehe­ma­li­ger Kriegs­knecht mei­nes Ge­mahls, ein ge­wis­ser Giac­chet­to, mit dem Zu­n­a­men Garo­fa­lo, hat am lich­ten Tag vor mei­nen Au­gen, ge­ra­de als ich aus der Mes­se kam, in sinn­lo­ser Wut einen ganz un­schul­di­gen Men­schen er­dolcht. Ganz Fon­di war Tage lang in Aufruhr über die Tat, und nun quält es mich, dass ich nicht weiß, was mit dem Men­schen be­gin­nen.

Hän­gen las­sen, das ver­steht sich.

Das woll­te der Po­destà. Aber der Mör­der hat eine Fa­mi­lie –

Und hat­te der Er­mor­de­te kei­ne?

Frei­lich. Aber sol­len um des einen Un­se­li­gen wil­len zwei Fa­mi­li­en ins Un­glück stür­zen? Sei­ne sieb­zig­jäh­ri­ge Mut­ter war bis vor kur­z­em in mei­nem Dienst. Sie be­tet den Men­schen an, sie um­klam­mer­te mei­ne Knie, und ich muss sa­gen, dass auch mein Ge­mahl große Stücke auf ihn als Kriegs­knecht hielt. Er hat eine Frau, die ihr sie­ben­tes Kind er­war­tet –

Ich ver­ste­he. Ihr habt ihn also der Ge­rech­tig­keit ent­zo­gen?

Ich konn­te nicht an­ders. Aber warum seht Ihr mich so selt­sam an?

Ich den­ke über den un­er­gründ­li­chen Wi­der­spruch des Frau­en­her­zens nach. So­viel Mil­de und Güte für einen ge­mei­nen Mör­der. Und sol­che Hart­her­zig­keit ge­gen den treus­ten, er­ge­bens­ten Freund.

Sprecht nicht so, Ihr macht mir Schmer­zen, ent­geg­net sie lei­se.

Ich wer­de schwei­gen, denn Euch Schmer­zen zu ma­chen, wäre mein größ­ter Schmerz. – Also, was soll nun aus Eu­rem Schütz­ling wer­den?

Das eben ist die Ver­le­gen­heit. Hier kann er nicht blei­ben, die Fa­mi­lie des Er­sto­che­nen wür­de ihn in Stücke rei­ßen. Und ich kann ihn doch auch nie­mand mit gu­tem Ge­wis­sen emp­feh­len.

Nie­mand als mir. Ich wer­de ihn un­ter mei­ne Waf­fen­knech­te ste­cken, wo kei­ne Ra­che ihn su­chen wird. Und so oft mein Auge auf ihn fällt, wird mich der Ge­dan­ke be­glücken, dass es Don­na Ju­lia war, die mir ihn sand­te.

Mit sol­chen Zü­gen sei­ner ra­schen Groß­mut hat er seit lan­ge Ju­li­as Herz weit mehr als mit sei­nen ge­reim­ten und un­ge­reim­ten Hul­di­gun­gen ge­bun­den. Aber da sie ihm dan­ken will, wehrt er lä­chelnd ab.

Wenn Ihr in Eu­rer über­strö­men­den Güte ein­mal in die Lage kommt, für den be­dräng­ten Beel­ze­bub eine Be­stal­lung zu su­chen, so bit­te ich, wen­det Euch an kei­nen als an mich. Ich schwö­re Euch, ich brin­ge auch den im Ge­fol­ge ei­nes Kar­di­nals un­ter, dass er sich wie zu Hau­se füh­len soll.

Geht, Ihr seid häss­lich.

Ich bin häss­lich, aber Ihr seid schön, seufzt er. O Ju­lia, Ihr seid über­mensch­lich schön. Woll­te Gott um mei­ner Ruhe wil­len, Ihr wärt es min­der. Es ist schon ein Ge­mein­platz ge­wor­den, zu sa­gen, dass Ju­lia Gon­za­ga schön ist, seit alle Dich­ter Ita­li­ens von dem gött­li­chen Ari­ost bis her­ab zum kleins­ten Ver­se­schmied die­se Schön­heit be­sun­gen ha­ben. Aber so oft ich Euch wie­der­se­he, im­mer ist es eine ganz neue, über­wäl­ti­gen­de Wahr­heit. Ach Don­na Ju­lia, dürft Ihr es ei­nem ar­men Sterb­li­chen, der vom An­se­hen le­ben soll, ver­ar­gen, wenn er da­bei ein we­nig den Ver­stand ver­liert? Es heißt sonst, die Lie­be schre­cke nicht vor dem Pur­pur zu­rück. Und ich, der ihn ver­ab­scheut, muss der Ers­te sein, auf den das tröst­li­che Sprich­wort kei­ne An­wen­dung fin­det.

Aber so darf ich Euch wirk­lich nicht län­ger an­hö­ren.

Er scheint in sich zu ge­hen und schlägt eine an­de­re Ton­art an. Eine Wei­le gau­kelt nun das Ge­spräch der bei­den mit lau­ter hö­fi­schem Nichts wie Schmet­ter­lin­ge am Ran­de der Lei­den­schaft hin, bis von sei­ner Sei­te wie­der ein Fun­ke hin­ein­fällt:

Was habt Ihr am Ende, wenn Ihr das Le­ben mit al­len sei­nen Köst­lich­kei­ten wie eine rei­che Ka­ra­wa­ne in der Fer­ne vor­über­zie­hen lasst?

Mei­nen Got­t, ant­wor­tet sie tief­ernst.

Eu­ren Gott! – Kann der er­set­zen, was blü­hen­de Ju­gend ver­langt?

Darf ein Fürst der Kir­che das fra­gen?

Ver­gebt. Ich ver­gaß schon wie­der die rote Lüge auf mei­nem Haupt. Man zwang sie mir auf, als ich noch nicht wuss­te, dass es auf der Erde eine Ju­lia gibt. Seit­dem brennt sie mei­nen Schei­tel wie Feu­er. Aber sie wird nicht das letz­te Wort mei­nes Schick­sals sein.

Er rückt ein we­nig nä­her und fährt flüs­ternd fort:

In ei­ner der letz­ten Näch­te such­ten mich die ver­bann­ten Flo­ren­ti­ner auf. Ich mei­ne ihre Ver­tre­ter, denn die Zahl der Ver­bann­ten und Ge­äch­te­ten er­reicht schon zwei Drit­tel der bes­ten Bür­ger­schaft. Hät­te Don­na Ju­lia ge­hört, was sie mir von der Greu­el­wirt­schaft in Flo­renz er­zähl­ten, wo ein un­ter­ge­scho­be­ner Ne­ger den Sitz des großen Lo­ren­zo und den Na­men Me­di­ci schän­det. Ein Bau­er, der nicht zwei Wor­te mit An­stand re­den kann und sich nur durch Fol­ter und Strick An­se­hen zu ver­schaf­fen weiß. Wärt Ihr da­bei ge­we­sen, wie die­se al­ten starr­sin­ni­gen Re­pu­bli­ka­ner, die mich einst in ih­rer Ver­blen­dung ins Exil trie­ben, beim Wie­der­se­hen Freu­den­trä­nen ver­gos­sen und mei­ne Hän­de küss­ten, und wüss­tet Ihr, wie die Da­heim­ge­blie­be­nen mit Knir­schen und Be­ten auf die Rück­kehr ih­res ech­ten Herrn war­ten – Ihr ver­gaßt die Ver­pup­pung, die ich jetzt noch tra­gen muss, und sä­het mich schon jetzt so, wie ich künf­tig sein wer­de.

Die we­ni­gen An­deu­tun­gen ge­nü­gen, um der Hö­re­rin das Blut ge­rin­nen zu ma­chen.

Ganz lei­se er­wi­dert sie:

Be­denkt, dass Her­zog Ales­san­dro des Kai­sers Schwie­ger­sohn ist.

Er ist es noch nicht und soll es nie­mals wer­den.

Aber es heißt, dass der Papst ihn lie­be wie –

Sie stockt er­rö­tend, des­halb er­gänzt er lä­chelnd:

Wie einen ei­ge­nen Sohn. Ich ken­ne das Ge­re­de. Aber glaubt mir, es ist nur Wind. Cle­mens ist kalt, wie die Nase des gu­ten Sa­cri­pan­te. Oder wie die Tra­mon­ta­na, wenn sie im März durch die Gas­sen mei­ner Hei­mat fegt. Die schöns­ten Frau­en ver­mö­gen sein Blut nicht in Wal­lung zu set­zen. Wie soll­te er an ei­ner häss­li­chen, dic­klip­pi­gen Mohrin Ge­schmack ge­fun­den ha­ben, die ihre Gunst zwi­schen dem Her­zog Lo­ren­zo und sei­nem Stall­knecht teil­te? Auch mit dem Her­zog hat sein Ur­sprung nichts zu schaf­fen. Ales­san­dro stammt aus dem Pfer­de­stall von Col­le­vec­chio, des­sen Stem­pel kei­ne Er­zie­hung ver­wi­schen konn­te.

Was hilft es aber, wenn Papst und Kai­ser zu­gleich die Hän­de über ihm hal­ten?

Dem Kai­ser müs­sen die Au­gen ge­öff­net wer­den, Er ist mir oh­ne­hin noch den ver­spro­che­nen Dank für den Ent­satz von Linz schul­dig. Und was den hei­li­gen Va­ter be­trifft, so ken­ne ich ihn bes­ser als ihn ir­gend­je­mand kennt. Er neigt heu­te da­hin und mor­gen dort­hin, aber mit ge­sche­he­nen Din­gen wird er sich ab­fin­den. Über­dies, Don­na Ju­lia, im tiefs­ten Ver­trau­en: die Tage des Paps­tes sind ge­zählt. Er sieht aus wie in Wachs bos­siert und die Ärz­te ge­ben ihm kein Jahr mehr zu le­ben. Be­vor er die Au­gen schließt, muss mei­ne Saat ge­schnit­ten sein.

Der Frau an sei­ner Sei­te ist eine kal­te Hand mit­ten ins Herz ge­fah­ren. Und doch hat sie kaum et­was Neu­es ge­hört. Es ist ein öf­fent­li­ches Ge­heim­nis, dass die bei­den Nef­fen des Paps­tes, die letz­ten Spröß­lin­ge sei­ner ei­ge­nen Li­nie, de­ren Er­hö­hung ihm im­mer wich­ti­ger ge­we­sen ist als das Wohl der Kir­che, Tod­fein­de ge­wor­den sind. Denn Ip­po­li­to war schon in Kna­ben­jah­ren zum Ober­haupt von Flo­renz ein­ge­setzt wor­den, das er mit dem gan­zen me­di­ce­i­schen An­hang ver­las­sen muss­te, als das furcht­ba­re Un­glück über den Papst und die Ewi­ge Stadt her­ein­brach. So darf sie sich nicht wun­dern, wenn die­ser hoch­flie­gen­de Geist es nicht auf die Dau­er ru­hig hin­nimmt, dass er nach der ge­walt­sa­men Wie­der­ein­set­zung sei­nes Hau­ses, die teu­res Blu­top­fer ge­kos­tet hat, ohne sein Ver­schul­den dem Schlech­teren wei­chen muss­te. Sie weiß auch, die­ser fürst­li­che Jüng­ling ist so klug wie schön, aber ein Ge­fühl, für das sie kei­ne Wor­te hat, schnürt ihr die Keh­le zu. Ir­gend­wo, das fühlt sie, ist ein Feh­ler in sei­ner Rech­nung.

Der Kar­di­nal fährt un­ter­des­sen halb­laut fort:

Wenn mein Oheim Leo noch leb­te, wäre al­les an­ders ge­gan­gen. Er hat­te die größ­te Gabe des Herr­schers: das Glück. Aber Cle­mens VII. ist ein un­glück­se­li­ger Mann, der beim größ­ten Scharf­sinn al­les verdirbt was er an­rührt und stets das Un­heil, das er auf­hal­ten will, sel­ber her­bei­zieht. Sie sa­gen, es kom­me da­von her, dass er nichts auf der Welt lie­be oder has­se. Ich weiß aber, dass es et­was gibt, was er zu­gleich maß­los liebt und hasst: sei­ne Va­ter­stadt, die er nie­mals wie­der­se­hen will. Als wir vo­ri­ges Jahr zur Ver­mäh­lung mei­ner Base Ca­te­ri­na nach Mar­seil­le reis­ten, muss­te der gan­ze Hof die schlech­ten Sie­ne­ser Päs­se neh­men, nur um die Mau­ern von Flo­renz zu mei­den. Das Blut, das dort bei der Be­la­ge­rung ge­flos­sen ist, raubt ihm den Schlaf. Ich hör­te ihn sel­ber sa­gen, er woll­te, dass es nie ein Flo­renz ge­ge­ben hät­te. Er hat den Op­fer­mut sei­ner Lands­leu­te un­ter­schätzt, als er Cae­sars Hee­re ge­gen ihre Mau­ern trieb. Denn er rech­net mit al­lem, nur nicht mit dem Hö­he­ren im Men­schen, ich hab’ es ihm ins Ge­sicht ge­sagt, und so ver­wirrt er aus Über­klug­heit alle Din­ge. Auch mir hat er das Le­ben ver­pfuscht und da­mit zu­gleich die flo­ren­ti­ni­sche Sa­che. Hät­te man mich an die Stel­le ge­setzt, die mir zu­kommt, so wür­de ich die Wun­den ge­heilt und das Volk mit dem Na­men Me­di­ci aus­ge­söhnt ha­ben. Ge­wiss sind in den Au­gen ei­nes Me­di­ci die Flo­ren­ti­ner Re­bel­len, aber ich wüss­te nicht, wie ich es an­grei­fen soll­te, den Hel­den­sinn nicht über­all zu eh­ren, wo er mir ent­ge­gen­tritt. Kei­ne Flo­ren­ti­ne­rin soll­te durch mei­ne Schuld Trau­er­klei­der tra­gen. Aber er woll­te nicht Ver­söh­nung, son­dern Un­ter­drückung und Ra­che, dar­um sitzt mein Vet­ter Woll­haar dort, vor dem kein Weib sei­ner Ehre und kein Mann sei­nes Le­bens si­cher ist. Das Un­tier hät­te nicht ein­mal Mi­che­lan­ge­lo ge­schont, wä­ren wir nicht mit ei­nem päpst­li­chen Bre­ve da­zwi­schen ge­fah­ren, das ihm Le­ben und Frei­heit si­chert. Ich habe es sel­ber ab­ge­fasst und in so schmei­chel­haf­ten Aus­drücken, dass es dem al­ten Ti­ta­nen Bal­sam auf sei­ne Wun­den ge­we­sen sein muss. Wer nun aber glaubt, ich las­se es bei dem Un­recht, das mir ge­sch­ah, be­wen­den, der hat sich gröb­lich ver­rech­net!

Be­darf es denn ei­nes Thro­nes um groß zu sein? Eure Vor­fah­ren sa­ßen als ein­fa­che Bür­ger in ih­rer Va­ter­stadt, wäh­rend sie den Erd­kreis mit ih­rem Ruhm er­füll­ten. Euch liegt das große Rom zu Fü­ßen. Kann das dem Ehr­geiz nicht ge­nü­gen?

Ju­lia fühl­te sel­ber, wäh­rend sie sprach, dass sie einen Was­ser­fall mit dem Stroh­halm auf­zu­hal­ten such­te. Und die Ant­wort des Kar­di­nals be­wies es:

Die Zei­ten mei­ner Vor­fah­ren wa­ren an­de­re, gött­li­che Don­na Ju­lia. Heu­te gibt es kei­ne Gleich­heit mehr, nur ein Oben und Un­ten, und wer sich zur Tau­be macht, den holt der Falk. Auch han­delt es sich nicht um mich al­lein. Das große Rom ist nur ein großes Dorf, schlecht ge­pflas­tert und schmut­zig, eine Höh­le für Räu­ber und Kur­ti­sa­nen. In Flo­renz wur­de die neue Ge­sit­tung ge­bo­ren, von mei­nen Ah­nen emp­fing sie Tau­fe und Prä­gung. Das schließt für den En­kel eine Ver­pflich­tung ein. Ich will die Göt­ter zu­rück­füh­ren, die der rohe Ne­ger ver­trie­ben hat.

Wa­ren sie nicht zu­vor schon aus­ge­wan­dert? Ich fürch­te, Ihr wür­det auch dort die Din­ge nicht fin­den, wie Ihr sie Euch aus­malt.

Wa­rum nicht, mei­ne stren­ge Her­rin?

Weil die großen Men­schen feh­len, die wie Hal­me um Eure Vor­fah­ren wuch­sen, und weil Ei­ner al­lein, auch mit Eu­ren Ga­ben, kein neu­es Zeit­al­ter schaf­fen kann.

Der Ge­ni­us ei­nes Vol­kes ist im­mer ge­gen­wär­tig, man darf ihm nur die Flü­gel stär­ken. In der An­ar­chie ver­kommt er und im Des­po­tis­mus auch. Un­ter mei­nen Hän­den wird er wie­der er­wa­chen, Flo­renz wird wie­der die frohs­te und geist­reichs­te al­ler Städ­te wer­den, wie sie es un­ter mei­nem Ahn­herrn Lo­ren­zo war. Dann wird Eine, die mich jetzt voll Schre­cken an­blickt, an mei­ner Sei­te lä­cheln.

Die jun­ge Frau schließt die Au­gen wie von ei­nem in­ne­ren Schwin­del er­fasst. Her­zo­gin von Flo­renz an sei­ner Sei­te! O, ihr Si­re­nen­stim­men des Glücks! Aber sie darf ihn nicht träu­men, die­sen be­tö­ren­den Traum, nicht eine Mi­nu­te lang, wenn sie sich nicht sel­ber ver­lie­ren soll. Zum Thron gibt es für eine Frau nur zwei Wege: den der fürst­li­chen Erb­toch­ter und den der großen Kur­ti­sa­ne. Für eine Ju­lia Gon­za­ga führt kei­ner da hin­auf. Des­halb geht sie über sei­ne Wor­te hin, als ob sie ihn nicht ver­stan­den habe.

Denkt Ihr denn, dass Euch der an­de­re je­mals gut­wil­lig den Platz räu­men wer­de?

Ip­po­li­to zuckt die Ach­seln.

Un­ser Hass ist so alt wie wir sel­ber. Als wir ge­mein­sam un­ter Leos Au­gen im Bor­go er­zo­gen wur­den, ver­ging kein Tag ohne eine Schlacht. Schon da­mals war mir die Moh­ren­frat­ze in den Tod zu­wi­der. Ein­mal muss es zwi­schen uns zum Aus­trag kom­men.

Und die Spä­her des Her­zogs, sind sie nicht jetzt schon am Werk? Seid Ihr vor sei­nen Nach­stel­lun­gen si­cher?

Der Kar­di­nal schüt­telt den Kopf zu ih­ren Be­sorg­nis­sen.

Er hält mich für einen Weich­ling, weil ich Kunst und Wis­sen­schaft lie­be, die der Töl­pel ver­ach­tet. Und das ist gut. Er ahnt nicht, wel­che Las­ten von Waf­fen bei mir im Hau­se auf­ge­häuft sind und wie vie­le noch im­mer­zu un­ter Bal­len von Gold­stoff und Go­bel­ins her­ein­ge­schafft wer­den. Ge­nug, um das gan­ze un­glück­li­che Flo­renz, dem er so­gar die Kü­chen­mes­ser ge­nom­men hat, neu zu be­waff­nen bis an die Zäh­ne, nicht nur ein­mal, nein zwei­mal, drei­mal.

So denkt Ihr ihn ge­walt­sam zu be­sei­ti­gen?

Kei­nes­wegs. Wir wol­len dem Kai­ser die Miss­stän­de vor­stel­len und sei­ne fried­li­che Ent­fer­nung for­dern. Das müs­sen die Ver­bann­ten über­neh­men. Sei­ne Ma­je­stät wird be­grei­fen, dass den Flo­ren­ti­nern, wenn man sie zur Verzweif­lung bringt, nichts üb­rig bleibt, als sich dem Kö­nig von Frank­reich in die Arme zu wer­fen, und Schlim­me­res könn­te Karl nicht wi­der­fah­ren. Ist er so vor­be­rei­tet, so wer­de ich ihm be­wei­sen, dass ich in Flo­renz kei­nen Feind habe, aus­ge­nom­men den, der der Feind al­ler ist.

Wozu dann die vie­len Waf­fen in Eu­rem Hau­se?

Die braucht je­der, der et­was Gro­ßes vor­hat, ant­wor­tet er oben­hin.

Ich fürch­te, Ihr habt Euch in töd­li­che Din­ge ein­ge­las­sen, und Ihr ver­mehrt die Ge­fahr, in­dem Ihr sie so sorg­los aus­sprecht.

Er blickt sie lan­ge und lä­chelnd an:

Wenn ich Eu­rer Freund­schaft nicht si­cher wäre, Don­na Ju­lia, was gäbe es da für mich noch zu ver­lie­ren? Aber jetzt lasst mir Eu­ren hol­den Mund kei­ne böse Vor­be­deu­tung mehr re­den. Ver­sprecht mir, zu ver­ges­sen, wo­mit ich Euch er­schreckt habe, bis ich Euch mei­nen Sieg mel­den kann.

Wie soll ich die Ge­fahr ver­ges­sen, die Ihr im Be­grif­fe seid, her­auf­zu­be­schwö­ren?

In­dem Ihr mei­nem Stern ver­traut, er hat schon durch man­ches Wet­ter ge­leuch­tet. – Ihr wisst, Don­na Ju­lia, dass ich ei­nem un­ge­setz­li­chen Bund ent­stam­me. Aber das wisst Ihr nicht, dass mei­ne Mut­ter, um von ih­rem er­lauch­ten Hau­se den Ma­kel zu wen­den, mich nach der Ge­burt mit ver­bun­de­nem Mund ei­nem Die­ner gab, dass er mich ins Was­ser wer­fe, wie man jun­ge Kat­zen er­säuft. Der Mann floh heim­lich aus Ur­bi­no und brach­te mich nach Flo­renz an mei­nes Va­ters Hof, der mich mit Freu­den an­er­kann­te. Als dann spä­ter beim Sturz mei­nes Hau­ses die Si­gno­ria dem un­mün­di­gen Kna­ben auf die Rei­se ins Exil ihre Meu­chel­mör­der mit­gab, um ihn un­ter­wegs zu be­sei­ti­gen, da ret­te­te der un­mün­di­ge Kna­be sich selbst und sei­ne Beglei­tung. Und die Luc­che­sen, die ihn auf­nah­men, ge­wann er so für sich, dass sie den Mör­dern sei­ne Her­aus­ga­be ver­wei­ger­ten. Seit­dem hat mich der Tod so oft ge­streift, dass wir gute alte Be­kann­te sind. Ihr seht wohl ein, dass das Schick­sal mit kei­nem so­viel Um­stän­de macht, den es nicht für et­was Gro­ßes auf­spart. – Ju­lia, un­ter den Ver­bann­ten war ein al­ter Mann mit schnee­weißem Haar, ein ehe­ma­li­ger Ge­sand­ter der Re­pu­blik; er soll­te ihr Spre­cher sein. Aber er konn­te nur be­gin­nen: Flo­renz – dann ver­sag­te ihm die Rede, und er lehn­te sich wei­nend ge­gen den Tisch. We­nig fehl­te, so hät­te ich mit­ge­weint.

So sehr liebt Ihr, was Euch nur Übles tat?

Es ist mein Los zu lie­ben, was mir Übles tut. Zwei Frau­en­na­men bren­nen mir im­mer­dar in der See­le: Fio­ren­za, mei­ne ers­te Braut, die mich einst vers­tieß und die dann ein wil­des Tier vor mei­nen Au­gen weg­schlepp­te, und Ju­lia, die sich mit ei­nem drei­fa­chen Wall ge­gen mich um­gür­tet. Der Tag wird kom­men, wo ich mir die eine mit der an­de­ren ge­win­ne. Soll­te es aber an­ders aus­ge­hen, so gibt es Hän­de, die mich rä­chen wer­den.

Soll das ein Trost für Eure Freun­de sein? will Ju­lia er­wi­dern, doch die Be­we­gung reißt ihr die Wor­te vom Mund.