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Stürmische Raunächte. Mysteriöse Träume. Tödliche Geheimnisse!
Eigentlich wollte Cat Foley nur ein irisches Idyll für ihre Malerei finden. Doch hoch oben auf den Klippen ist es einsamer und angsteinflößender als gedacht. In den dunklen Raunächten tobt hier die wilde Jagd. Sie bringt nicht nur den Sturm, sondern auch mystische Träume. Als Cat auf ein Skelett stößt, kann sie es nicht mehr verleugnen: Sie ist einem jahrzehntealten Mord auf der Spur.
Der attraktive Collin Driscoll ahnt, dass die faszinierende Frau deswegen in großer Gefahr schwebt. Doch kann der Forensiker sie vor ihrem Schicksal beschützen? Denn eines wird schnell klar: Der wahre Mörder lauert immer noch da draußen!
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C.K. Jennar
Nachtrauschen
Mystery Thriller aus Irland | irland-Thriller
Über das Buch
Stürmische Raunächte. Mysteriöse Träume. Tödliche Geheimnisse!
Eigentlich wollte Cat Foley nur ein irisches Idyll für ihre Malerei finden. Doch hoch oben auf den Klippen ist es einsamer und angsteinflößender als gedacht. In den dunklen Raunächten tobt hier die wilde Jagd. Sie bringt nicht nur den Sturm, sondern auch mystische Träume. Als Cat auf ein Skelett stößt, kann sie es nicht mehr verleugnen: Sie ist einem Jahrzehnten alten Mord auf der Spur.
Der attraktive Collin Driscoll ahnt, dass die faszinierende Frau deswegen in großer Gefahr schwebt. Doch kann der Forensiker sie vor ihrem Schicksal beschützen? Denn eines wird schnell klar: Der wahre Mörder lauert immer noch da draußen!
Dein Leseglück ist mein Ziel!
Lieber Leser, liebe Leserin,
ich freue mich, dass Du dieses Buch erworben hast. Vielen herzlichen Dank. Kunst ist ein brotloses Unterfangen, heißt es. Ich kann bestätigen, dass es gar nicht so einfach ist, vom Schreiben leben zu können. Aber da es meine Leidenschaft ist, freue ich mich über jeden Verkauf!
Dennoch möchte ich, dass mein Buch für Dich zu einem einzigartigen und wundervollen Leseerlebnis wird. Deswegen liegt mir Deine Meinung ganz besonders am Herzen!
Ich würde mich über Dein Feedback zu meinem Buch freuen! Hast du Anmerkungen? Gibt es Kritik? Bitte lass es mich wissen. Deine Rückmeldung ist wertvoll für mich, damit ich in Zukunft noch bessere Bücher für Dich schreiben kann.
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Nun wünsche Dir viel Freude mit diesem Buch!
C.K. Jennar
Gardaí hat den Inhaftierten nach Verdacht des Mordes an einem Mädchen in County Kerry wieder freigelassen
Die Leiche des Mädchens, das Mary-Ann Rose O'Sullivan (14) hieß, wurde am Samstag, dem 29. Dezember 2012, um 09.15 Uhr in einer Hausruine oberhalb von Cillalaig, Ballinskellig, im County Kerry entdeckt.
Der Tatverdächtige Angus O'Sullivan, der als Cousin des Opfers bekannt ist und mit ihm im gleichen Haushalt lebte, wurde noch am gleichen Tag festgenommen und in die Waterville Garda Station gebracht. Nun hat Gardaí ihn wieder freigelassen, mit der Begründung, es gebe einen zu großen Mangel an Beweisen.
Gardaí sagte, sie würden weiterhin »alle Umstände« des Todes untersuchen. Eine Obduktion fand am Dienstagnachmittag im Universitätskrankenhaus Kerry statt. Eine Morduntersuchung unter Leitung eines hochrangigen Ermittlungsbeamten habe begonnen. Ein Verbindungsbeamter für die Familie hält die Angehörigen von Mary-Ann Rose O'Sullivan weiterhin über die Ermittlungen auf dem Laufenden.
Vorspiel
5. Januar
In Gedanken ging sie ihre imaginäre Liste durch. Katie ärgerte sich, dass sie den extra sorgfältig geschriebenen Einkaufszettel mal wieder auf dem Küchentisch liegen lassen hatte.
Was hatte noch mal drauf gestanden? Milch? Eier? Unbedingt Brot. Etwas Käse, ein bisschen Speck. Aber da war mehr, das sie auf keinen Fall vergessen durfte. Was war es noch mal? Etwas, das Conor unbedingt brauchte. Deswegen konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Es war ein Auftrag ihres Mannes gewesen. Nichts für die Familie. Kevin war versorgt, genügend Babynahrung vorhanden. Auch Windeln hatte sie auf Vorrat.
Verdammt noch mal, fluchte sie innerlich und grübelte weiter, während Katie auf den kleinen Shop an der Tankstelle zuschritt. Natürlich war hier alles teurer. Aber bei Marta bekam sie immer, was sie brauchte. Und die Estuary Gas Station lag nur um die Ecke der Aghatubrid National School, wo Katie halbtags aushalf, während Conors Mutter den Kleinen nahm. Für sie, die niemals Zeit hatte, war der Shop Fluch und Segen zugleich.
Flüchtig schaute Katie auf die Uhr. Sie war viel zu spät dran. Eigentlich hätte sie heute gar nicht hier sein sollen. Die Schule war geschlossen, die Kinder längst noch in den Weihnachtsferien. Aber Mrs O'Shea hatte darauf bestanden, heute alle Lehrer und Betreuerinnen zu einem Update fürs neue Jahr zusammenzutrommeln. Fernbleiben war ungern gesehen. Und so musste Katie Conors Mutter außerplanmäßig bitten, auf den Kleinen aufzupassen. Conor war wie jedes Jahr längst wieder auf der Straße. Drei Weihnachtstage hatte er dieses Jahr freibekommen. Mehr nicht. Women's Christmas würde auch dieses Jahr wieder für Katie ausfallen.
Was war es verdammt, was er dringend benötigte? Katie dachte nach. Könnte sie es morgen besorgen? Machbar, ja. Aber es wäre ein zusätzlicher Weg. Von der kleinen Farm außerhalb von Ballinskellig sollte jeder Weg wohlüberlegt sein. Erst recht bei den Benzinpreisen, die in den letzten Monaten schier explodiert waren.
Musste sie tanken? Verdammt. Katie hatte in ihrer Eile nicht auf die Tankanzeige geschaut. Nun gut. Das könnte sie beim Einsteigen immer noch. Jetzt galt es erst einmal, soviel wie möglich von dem zu holen, was auf der Einkaufsliste stand, die zu Hause auf dem Küchentisch lag.
Katie öffnete die Tür. Die kleine Glocke am Türrahmen verriet wie eh und je, dass jemand den kleinen Shop der Tankstelle betrat. Normalerweise schaute Marta in diesem Moment hinter der Kasse hervor und begrüßte sie freundlich. Doch die Kasse war verwaist. Katie schaute sich verwirrt um. Sie konnte Stimmen hören. Männerstimmen. Doch sie konnte sie nicht sehen. Stritten sie?
Es war ein heftiges Wortgefecht. Neugierig ging Katie weiter in den Shop hinein, bis sie in den hinteren Bereich schauen konnte. In diesem Moment erschrak sie zu Tode. Verrückt, dachte sie. Diesen Gesichtsausdruck konnte sie nur mit »verrückt« beschreiben. Der Mund war zu einem Grinsen verzogen, Sabber rann aus den Mundwinkeln. Die Nase wirkte schief. Schwarze Haare klebten auf schweißgebadeter Stirn. Die braunen Augen reflektierten das Licht einer Flamme. Ein Feuerzeug? In einer Tankstelle?
»Raus hier«, schrie jemand. Katie fuhr mit dem Kopf herum und erkannte ein bekanntes Gesicht. Graue halblange Haare, grauer Bart, weiße Zähne und stahlblaue Augen.
»Raus hier, schnell«, schrie die Stimme erneut. Katie ließ vor Schreck ihre Handtasche fallen, drehte sich abrupt um und flüchtete so schnell sie konnte durch die Gänge auf die Ausgangstür zu.
Sie hastete nach draußen. Ohne sich umzudrehen, jagte sie zu ihrem Wagen. Statt ihn zu öffnen, flüchtete sie daran vorbei. Blindlings rannte sie auf die Straße. Jetzt begann sie zu schreien. Doch der Schrei wurde von einem mörderischen Lärm übertönt.
Eine unsichtbare Macht holte Katie von den Beinen. Rechts von ihr quietschten Reifen. Sie landete hart auf ihrem Rücken und schrie auf. Dann entdeckte sie den Grund für den Knall. Die Tankstelle war nicht mehr. Es gab nur noch ein Trümmermeer.
Oh Gott, dachte Katie. Jemand hatte Martas Tankstelle samt Shop in die Luft gejagt.
12 Tage zuvor
25. Dezember – Grundlage
Ihr stockte der Atem. Dieser Ausblick war so überwältigend, dass Cat vor Überraschung der Mund offen stand. Vor ihr breitete sich türkisfarben das Meer aus, das Hunderte Meter unter ihr tosend an die Felsen schlug. Links von ihr reichte ein Haus bis an den Rand, rechts fielen steile Weiden ab, die trotz der Jahreszeit zwischen den braunen Büscheln frisches, grünes Gras aufwiesen. In weiter Ferne war eine Landzunge zu entdecken, von einem Sonnenstrahl durch eine Lücke der schnell dahinziehenden Wolkendecke beleuchtet.
So einen überwältigenden Ausblick hatte Cat noch nie gesehen. Sie war bis an den Rand des kleinen Schotterparkplatzes gegangen, nachdem sie ihren dunkelgrünen Peugeot gestoppt hatte. Während der Fahrt die schmale Bergstraße hinauf hatte Cat keine Sekunde gewagt, zur Seite zu schauen. Sie war etwa fünf Kilometer außerhalb von dem kleinen Ort am Strand, der längst nicht mehr zu sehen war. Der Weg fühlte sich deutlich länger an, hatte steil bis etwa drei Viertel des Berges hinauf geführt. Umso eiliger hatte Cat sich abgeschnallt und war ausgestiegen. Jetzt traute sie sich keinen Meter weiter. Zu ihrer Überraschung gab es vor dem Abhang keinerlei Zaun oder Befestigung. Ein unbedachter Schritt zu viel und schnell würde sie hier die Klippen hinunter ins Meer stürzen.
»Das ist eine Augenweide, nicht wahr?«
Cat fuhr erschrocken herum. Sie entdeckte einen kleinen Mann in Gummistiefeln, Cordhose und Wachsjacke, der zielstrebig auf sie zu kam. Hastig zog er eine neongelbe Mütze vom Kopf, streifte die Handschuhe ab und streckte ihr die Hand zur Begrüßung hin.
»Sie müssen Caitleen Foley sein?«
»Das bin ich. Aber nennen Sie mich doch bitte Cat.« Ihre Stimme klang unbeabsichtigt rau und kratzig. Die vielen einsamen Stunden hatten die Stimmbänder einrosten lassen. Deswegen erwiderte sie das freundliche Lächeln von Herzen, das ihr Gegenüber präsentierte.
Der Mann starrte sie an. Für einen Moment lang dachte Cat, dass sie etwas falsch gemacht hatte. War man hier auf dem Land nicht so vertraulich? Die tiefen, dunklen Augen funkelten, die von zahlreichen Falten eingerahmt waren. Seine Mundwinkel zuckten. Dann erhellte sich das Gesicht des Mannes erneut.
»Hervorragend. Super, dass Sie pünktlich sind. Ich bin Brian Mc Fadden, der Verwalter. Wir hatten telefoniert.«
Nach einem festen Händedruck drehte er sich bereits um und schritt Richtung Haussiedlung.
»Soll ich Ihnen direkt etwas aus dem Auto hineintragen?«, fragte er im Gehen.
Cat warf einen Blick auf ihr kleines grünes Auto, dessen Rücksitz und Kofferraum bis unter das Dach vollgestopft waren. Ihr halbes Leben steckte in diesem Kleinwagen. Dinge, die hoffentlich in ihr neues Leben passten. Das Wageninnere war so ausgefüllt, dass die Scheibe ihr Spiegelbild zurückwarf. Cats rotbraunes Haar, das sie bis zu den Schultern trug, war vom Wind zerzaust und entblößte ihre viel zu großen Ohren. Doch ihre blaugraugrünen Augen leuchteten vor Aufregung. Die buschigen Augenbrauen waren zusammengezogen, der Wind hatte Farbe in ihr Gesicht getrieben. Selbst ihre vollen Lippen strahlten ungewöhnlicherweise in einem zarten Rosa.
»Nein«, rief sie entschlossen zurück. Sie würde später in Ruhe auspacken, sortieren und sich in ihrer neuen Bleibe einrichten. Cat hastete nun ebenfalls auf die Häuserreihe zu, um den Verwalter einzuholen.
Sieben Steincottages standen vor ihr, nebeneinander geordnet horizontal zur kleinen Bergstraße. Manche waren mit Dachschindeln bedeckt, andere noch ganz traditionell mit einem Reetdach. Es schien, als thronten sie unterhalb des mächtigen Berges, der sich hinter ihnen gen Himmel emporhob. Als seien sie die letzte Festung vor den tief abfallenden Klippen.
»Ich habe Ihnen Haus Nummer 7 gegeben. Das soll eine Glückszahl sein.«
Brian steuerte das letzte Haus der Reihe oberhalb des Parkplatzes an, drehte sich vor der orangen Tür um und breitete die Arme theatralisch aus.
»Herzlich willkommen in Cillalaig, dem schönsten Künstlerdorf der Welt, wenn es nach mir geht.«
Cat lächelte. Ja, das hatte sie auch gedacht, als sie zum ersten Mal die Seite des kleinen Dorfes im Internet aufgerufen hatte. Auf der Suche nach einer Zuflucht fand sie diese Künstleroase. Die Beschreibung klang zwar ziemlich abstrakt, doch Cat hatte jedes Wort geliebt:
»Dahinter verbirgt sich ein Projekt zur Rettung des Dorfes Cillalaig im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialplans für das stark vernachlässigte irische Sprachgebiet von Ballinskelligs. Das Dorf wurde unweit der originalen Ruinen aus den 1790er-Jahren erbaut. Es dient seither als Rückzugsort für Schriftsteller, Maler, Komponisten, Filmemacher und andere Künstler. Seine Lage auf der Klippe mit Blick auf den Atlantik ist prädestiniert dazu, dass Kreative den Zwängen des 21. Jahrhunderts entfliehen können.«
Jetzt in der Realität hier zu stehen, fühlte sich jedoch nach viel mehr an. Es war, als würde Cat nach Hause kommen. Die magische Anziehung, die von der Ferne bereits gewirkt hatte, war nun auf ihrem Höhepunkt angelangt. Das war nicht verwunderlich, fand Cat. Schließlich hatte die Sehnsucht nach ihrer Leidenschaft sie hierher getrieben. Hier gab es weit weg von Zivilisation, Fernsehen und Internet keine Ablenkung. Nur ihre Kunst.
Es war immer noch schwer zu glauben, dass sie dafür nur eine kleine Servicegebühr entrichten und ihre Kunstwerke der Galerie zur Verfügung stellen müsste. Eine Miete verlangten die Projektbetreiber nicht. Sonst hätte sich Cat diesen Trip gar nicht leisten können.
Es war perfekt gewesen, hatte Cat gedacht und direkt zum Telefon gegriffen.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, erspare ich mir den üblichen Monolog zur Begrüßung über das Dorf.« Brian grinste, öffnete die Tür und trat ins Dunkel des Steinhäuschen.
»Ich denke, Sie wissen bereits alles, was Sie wissen müssen.« Mit geübter Bewegung fand er den Lichtschalter und ließ das Innere in einem hellen Orange erstrahlten.
»Es ist doch Christmas Day. Meine Frau wartet mit Schinken und Truthahn auf mich. Sie haben sich einen ungewöhnlichen Anreisetag ausgesucht. Hier, das ist ihr Reich für die nächsten Wochen.«
Brian drehte sich einmal um sich selbst und ließ die Arme durch den Raum streifen. Als böte er ihr gerade ein Königreich an.
»Tut mir leid.« Cat war mitten im Türrahmen erstarrt und unwillkürlich rot geworden. »Das war so nicht geplant. Mein Auto … es wollte nicht so, wie ich wollte. Ich wäre gerne schon vor zwei Tagen oder zumindest gestern gekommen.«
»Schon gut.« Brian hob ergeben die Hände und lächelte immer noch warm. »Sie müssen sich nicht erklären. Ich war nur verwundert, dass jemand am Weihnachtstag solch eine lange Strecke fährt und allein in ein Haus einzieht, anstatt mit seiner Familie beim Weihnachtsessen zu sitzen. Aber Künstler ticken eben anders, nicht wahr?« Er grinste, doch Cat starrte ihn fassungslos an.
Seine Worte trafen sie tief. Denn nichts hätte sie sich sehnlicher gewünscht, als eben diese Situationen zu erleben, deren Bilder Brians Worte heraufbeschworen. Nur hatte ihre Familie andere Pläne. Ihre Familie? Nein, so konnte sie sie nicht länger nennen. Ihr Sohn und ihr Ex-Mann waren lieber weit weg von ihr, statt gemeinsam um den Weihnachtsbaum zu sitzen.
»Sie malen, sagten Sie am Telefon?« Brian räusperte sich verlegen.
»Ja, genau. Seit frühester Jugend. Aber ich komme jetzt erst dazu, es wieder zu verfolgen.«
»Das Leben kam wohl dazwischen«, scherzte Brian und traf den Nagel erneut ungewollt auf den Kopf. »Na, dann haben Sie hier die besten Voraussetzungen.«
Cat nickte nachdenklich. Das hoffte sie inständig. Ohne Hast erklärte Brian ihr schließlich die Bereiche des Hauses. Es gab einen großzügigen Raum in der Mitte, mit Kochecke und Künstlernische, die von Oberlichtern ausreichend beleuchtet wurde. Dennoch war es gut, dass Cat ihre Tageslichtlampe eingepackt hatte, dachte sie sofort. Rechts lag das Schlafzimmer, direkt daran das Bad. Das war alles, was das kleine Steinhaus zu bieten hatte. Besuch musste auf der Couch schlafen, obwohl es fraglich war, ob Künstler auf der Suche nach Inspiration Besuch empfingen. Ein kleiner Kamin sorgte für Wärme, Brian musste ihn schon vor einiger Zeit angefeuert haben.
»Sie sind die einzige Bewohnerin der sieben Häuser in den nächsten Tagen.«
»Ach«, entwich es Cat enttäuscht. Sie hatte zumindest gehofft, im Gemeinschaftshaus auf der anderen Seite Gesellschaft zu finden.
»Ja. Dieses Jahr ist alles etwas anders. Normalerweise kommt Patrick im Winter und bleibt über Weihnachten. Er ist Schriftsteller. Hat schon so manchen Bestseller geschrieben.« Brian lächelte so stolz, als sei es sein Verdienst.
»Aber nachdem die Pandemie ihn zwei Jahre von seiner Familie in Australien ferngehalten hat, ist er dieses Jahr losgezogen.« Der Verwalter kratzte sich nachdenklich an der Stirn. »Auch Maeve, die Komponistin, ist zum ersten Mal wieder bei ihrer Familie. Marcus ist im November gegangen und wir vermissen ihn schmerzlich. Er ist Maler, so wie Sie. Sie hätten ihn bestimmt gemocht. Und Magret ist zu ihrer Tochter gereist, die Arme hatte eine Fehlgeburt.« Brian zog einen Flunsch. »Es tut mir leid, aber Sie sind allein hier bis zum neuen Jahr.«
Mit jedem Wort war Cat ein Stück mehr in sich zusammengesunken. Sie wollte zwar der Trostlosigkeit ihrer einsamen Wohnung in Cork entfliehen, aber keine neue Einsamkeit finden. Sie hatte auf andere Künstler gehofft, die ab und an aus ihrer Isolation auftauchten, um sich im Gemeinschaftshaus kreativ auszutauschen oder zu schwatzen.
»Aber wer kann es ihnen verübeln«, fuhr Brian unaufhaltsam fort. »Nach zwei Jahren, in denen wir praktisch alle festsaßen, würde ich überall hinreisen, wenn meine Familie dort warten würde. Ich glaube nicht, dass sie wegen des Geredes alle ausgeflogen sind.«
»Gerede?« Cat stutzte. »Welches Geredes denn?«
»Ach.« Brian lachte auf und schlug sich demonstrativ die Hand vor die Stirn. »Jetzt mache ich das, was mein Weib mir verboten hat. Ich solle nicht immer so viel Blödsinn plappern, meint sie.«
Cat starrte ihn verständnislos an.
»Ignorieren Sie das einfach. Irgendwer hat mal von schrägen Träumen rund um Weihnachten gesprochen. Aber das waren bestimmt nur Hirngespinste. Sie wissen schon: Wenn Künstler eingeschlossen sind, geht gerne mal ihre Fantasie mit ihnen durch! Nicht wahr?«
Brian grinste wieder wie zuvor. Doch Cat starrte ihn weiter erschrocken an. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
»Soll ich Ihnen nicht doch beim Auspacken helfen?« Er wechselte hastig das Thema und ging bereits zur Tür.
»Nein. Danke. Das brauchen Sie wirklich nicht.«
»Gut. Dann lass ich Sie jetzt allein. Meine Frau und der Truthahn, Sie wissen schon.« Er grinste.
»Hier sind die Schlüssel zum Haus und meine Nummer finden Sie in der Informationsmappe.«
»Danke.« Cat schloss die Finger fest um den großen Metallschlüssel in ihrer Hand. Brian war bereits wieder zur Tür hinaus geeilt und stürmte auf einen kleinen Pick-Up zu, den sie bei ihrer Ankunft völlig übersehen hatte. Dann blieb er abrupt stehen und drehte sich plötzlich um.
»Wenn es Ihnen zu einsam ist, weiter oben, die Straße entlang, wohnt Seamus. Seamus Curanne. Er ist fast immer zu Hause und hat ein Festnetztelefon.« Brian zeigte die Bergstraße hinauf, wo Cat das Haus dieses Mannes vermutete.
»Er ist zwar manchmal schrullig, aber tief im Inneren ein echt netter Zeitgenosse. Der alte Mann freut sich bestimmt über etwas Gesellschaft und für eine hübsche Frau wie Sie, hat er sicher einen warmen Tee.«
Cat spürte, wie abermals die Röte in ihre Wangen stieg. Hübsch hatte sie lange niemand mehr genannt.
»Danke für den Tipp.«
Brian öffnete bereits die Tür seines Pick-Ups.
»Grüßen Sie ihn von mir, ich habe noch eine Revanche im Poker gut.« Mit diesen Worten verschwand der Verwalter im Wagen, startete den Motor und fuhr die steile Bergstraße wieder hinab. Nach Sekunden war das Auto schon nicht mehr zu hören. Das Tosen des Meeres verschluckte jedes weitere Geräusch.
Überwältigt schaute Cat aufs Meer hinaus und versuchte, ihre Gefühle zu ordnen. Sie spürte Angst, denn so viel Einsamkeit hatte sie nicht erwartet. Sie fühlte Neid auf den Verwalter, der nun zu seiner Familie an den Weihnachtstisch zurückkehrte. Sie spürte Trauer, dies selbst nicht mehr zu können.
»Ach hör schon auf, Mädel«, ermahnte sie sich. Wenn Cat sich eins für dieses Weihnachten vorgenommen hatte, dann war es das Verbot von Sentimentalität. Ihr altes Leben gehörte der Vergangenheit an. Ihr neues sollte hier starten. Cat wollte in die Zukunft blicken.
Mit einem Ruck setzte sie sich in Bewegung und steuerte auf ihr kleines Auto zu. Ein lautes Rascheln inmitten des Meerestosens ließ sie innehalten. Cat fuhr herum und blickte angestrengt zur Hausecke.
»Na, komplett allein bin ich wohl dann doch nicht«, flüsterte sie mehr zu sich selbst und ging langsam zum Haus zurück.
»Wer bist du denn?« Cat hockte sich hin und streckte dem Hund vorsichtig ihre Hand entgegen. Der graue Mischling duckte seinen Kopf unterwürfig Richtung Boden, winselte leise und schnupperte nur zaghaft an Cats Hand.
»Keine Angst, ich tu dir nichts.« Cat spürte Freude in sich aufsteigen. In dieser bergigen Einsamkeit war ihr jede Gesellschaft willkommen, auch wenn es nur ein Tier war. Der Hund schien ähnlich zu fühlen, begann nun langsam mit dem Schwanz zu wedeln und Cats Hand zu lecken.
»Na siehst du, war doch gar nicht so schwer«, frohlockte Cat. Sie ließ den Hund gewähren und inspizierte ihn. Er trug kein Halsband, keine Plakette. Nichts schien darauf hinzudeuten, dass er zu jemandem gehörte. Sein Fell war verfilzt, hier und da etwas dreckig. Als ob er schon länger durch die Gegend streunte. Wahrscheinlich hatte er in der Künstlersiedlung ein paar Freunde gefunden, die ihn mit Futter versorgten. Abgesehen von ihr war nun niemand mehr hier.
Cat erhob sich langsam, ging zurück ins Haus und kehrte nur Sekunden später mit einer Schüssel voll Wasser wieder. Mit weiteren aufmunternden Worten stellte sie dem Hund das Wasser neben die Türschwelle. Das Tier begann gierig zu saufen, als sei es kurz vorm Verdursten.
Cat spürte einen kleinen Triumph in ihrem Inneren. Das war doch ein guter Anfang, oder nicht? Einen Freund schien sie schon gefunden zu haben.
»Nicht schlecht für die erste halbe Stunde.« Zufrieden schritt sie endlich auf ihr Auto zu. Es war Zeit, auszupacken und sich in ihrem neuen Leben einzurichten.
Zwei Stunden später war die wohlvertraute Depression zurückgekehrt. In ihren Anfangseifer hatte Cat das gesamte Auto ausgeräumt und sich schließlich häuslich eingerichtet. Dann hatte sie nicht gewusst, was sie mit sich selbst in der fremden Umgebung anfangen sollte. Sie hatte keine Pläne. Keine Verpflichtungen. Keine Aufgaben. Das war ein ungewöhnliches Gefühl. Zum Malen konnte sie sich nicht durchringen. Noch nicht. Im Haus gab es keinen Fernseher, der ihr Zerstreuung bieten konnte. Der Versuch des Lesens scheiterte kläglich und selbst der Hund war wieder von dannen gezogen. Die Einsamkeit schlug ohne Erbarmen zu.
Cat hatte entschlossen nach ihrer Jacke gegriffen, war ins Auto gestiegen und die steile Bergstraße wieder nach Ballinskellig hinunter gefahren, auch wenn das Wetter alles andere als einladend für einem Trip war. Ein kalter Wind pfiff um die Häuser und trieb die Wolken unerlässlich am Horizont voran. Alle halbe Stunde verdunkelte sich der Himmel und öffnete seine Schleusen. Einmal prasselten dicke Regentropfen herab, ein anderes Mal hagelte es sogar. Nur um kurz darauf wieder Platz für Sonnenschein zu machen. Es herrschte unberechenbares Winterwetter, das Cat in der Großstadt mit seiner Wechselhaftigkeit und Kälte längst nicht so aufgefallen wäre.
Die Straßen von Ballinskellig waren wie leer gefegt. Kein Mensch war zu sehen. Die Weihnachtsdekoration an jedem Haus funkelte einsam um die Wette mit der des Nachbarn.
Cat fuhr langsam die Hauptstraße entlang und versuchte sich zu orientieren. Rechts von ihr hinter der Häuserreihe war der Strand, wusste sie. Sie konnte sich nicht zu einem Spaziergang durchringen. Zu nass, zu kalt und zu unberechenbar war es draußen. Außerdem hätte sie dazu in den nächsten Wochen genug Zeit, dachte Cat.
Stattdessen schlichen sich fast unbemerkt Bilder von glücklichen Familien vor ihr inneres Auge, die um Preiselbeersoße und das letzte Stück Speck feilschten, herzlich miteinander lachten und überlegten, welcher Drink nach dem Essen der richtige wäre. So zumindest hatte sie Weihnachten in den letzten Jahren gekannt. Nachdem Cat ihr liebloses Elternhaus mit der ewig unzufrieden scheinenden Mutter und dem viel zu schweigsamen Vater gegen ein Heim mit dem gut aussehenden und charmanten Steven eingetauscht hatte. Bevor der unzuverlässige und treulose Steven jedoch die Scheidung verlangte und Shane ein Auslandssemester in den USA machen wollte. Als ihre kleine Familie noch eine heile Welt bedeutete.
»Ach herrje.« Cat seufzte laut vor sich hin. Sie tat es schon wieder. Sie romantisierte ihre Ehe, die in Wirklichkeit alles andere als romantisch, leidenschaftlich und glücklich war. Was jahrelang funktioniert hatte, konnte sie nicht so schnell abstellen. Sie hatten viel zu früh geheiratet, weil Shane unterwegs war. Ungeplant natürlich. Mit 18 hatte Cat nicht gewollt, Mutter zu werden. Weitere 18 Jahre später war sie nun geschieden. Fast 37 Jahre alt und Cat hatte im Leben nichts vorzuweisen.
»Hör auf«, befahl sie sich selbst. Sie wusste zu genau, dass solche trübsinnigen Gedanken sie nicht vorwärtsbrachten. Entschlossen riss sie das Steuer nach rechts und bog in eine Seitenstraße ab. Vor sich sah sie ein rundes Steinhaus, dessen Schilder verrieten, dass es die Galerie war, die zum Künstlerdorf gehörte. Hier ihre Bilder auszustellen, wäre ein Traum.
Cat fuhr vorbei. Es war Weihnachten. Natürlich würde niemand in der Galerie sein. Sie würde an einem anderen Tag wiederkommen. Cat passierte eine kleine Schule auf der linken Seite und sah ein rotes Haus vor sich, das ein riesiges Guinness-Schild an der Mauer aufwies. Der Pub. Hier würde sie mit Sicherheit Gesellschaft finden. Aber erst nach den Feiertagen. Denn auch der Pub war geschlossen.
Kurzentschlossen hielt Cat trotzdem an, stoppte den Motor und schnallte sich ab. Sie hatte die kleine Kirche neben dem Pub entdeckt. Wenn etwas zu Weihnachten nicht geschlossen war, dann war es die Kirche. Vielleicht würde die Stille darin ihr aufgewühltes Inneres besänftigen?
Cat ging zur Vorderseite und fand rechts vom Steinbrunnen eine offen stehende Tür. Mit etwas Ehrfurcht trat sie durch den Eingang in den Vorraum, der Informationswand, Spendenbox und Flyer beherbergte. Eine Tür später fand sie sich im Inneren der Kirche wieder. Braune Holzbänke luden zum Sitzen ein, zwischen den spitz zueinander laufenden weißen Säulen führte der Gang auf den Altar zu. Es herrschte eine wohltuende Stille. Cat schlich auf Zehenspitzen den Gang entlang. Erst als sie nur noch drei Meter von der großen Jesus-Statue neben dem Altar entfernt war, bemerkte sie eine Bewegung rechts von sich. Cat erschrak. Eine auf dem Trittbrett kniende Gestalt richtete sich ebenso erschrocken auf und starrte sie an. Cat blickte in eiskalte, blaue Augen.
»Oh, Entschuldigung«, stammelte sie. »Ich wollte nicht stören.«
»Macht nichts«, sprach der Mann mit einer tiefen, markanten Stimme, richtete sich nun vollends auf und strich mit seiner Hand durch das zumeist graue, halblange Haar. Sein Gesicht war braun gebrannt, umrandet von einem gepflegten Dreitagebart. Als er seinen Mund zu einem Lächeln verzog, entblößte er strahlend weiße Zähne.
»Ich habe mich nur sammeln wollen«, sprach er weiter. »Ich habe nicht gebetet. Also, alles gut.«
»Ach«, rutschte es Cat nur heraus. Sie war so gar nicht darauf vorbereitet gewesen, hier jemanden anzutreffen. Cat konnte nicht aufhören, in diese stahlblauen Augen zu starren, die sie nun aufmerksam musterten. Sie wirkten einschüchternd auf sie, als drangen sie direkt in ihre Seele. Ein Gänsehautschauer glitt ihren Rücken hinunter. Sie fröstelte.
»Entschuldigung.« Cat drehte sich abrupt um und hastete den Gang zurück Richtung Ausgang. Ihr war bewusst, dass es wie eine Flucht wirkte und irgendwie flüchtete sie auch. Hinter sich vernahm sie ein leises Räuspern. Doch bevor der Mann etwas hinterherrufen konnte, war sie schon durch die Tür nach draußen geschlüpft, auf ihren Wagen zugeeilt und fand sich sogleich hinterm Steuer wieder. Cat startete den Motor und verließ den Kirchenvorplatz, ohne zurückzuschauen.
»Du bist echt eine dumme Gans«, strafte sie sich Augenblicke später. »Das war unhöflich von dir.« Da hatte sie offenbar den einzigen anderen Menschen im Dorf gefunden, der ebenso nicht bei seiner Familie in gemütlicher Runde saß und was tat sie? Weglaufen! Wann war sie zu so einem Feigling geworden? Cat wusste es nicht. Doch diese markanten Augen mit ihrem aufmerksamen Blick hatten sie überrumpelt, ihr sogar Angst eingejagt. Als würden sie Unheil bedeuten.
»Dumme Gans«, wiederholte sie und lenkte den Wagen automatisch zurück die Bergstraße hinauf.
Was jetzt, fragte sie sich, als sie wieder auf dem Parkplatz vor ihrem neuen Heim angekommen war und den Motor ausgeschaltet hatte. Was sollte sie tun? Im Haus herumsitzen und darauf warten, dass der Tag zu Ende ging? Vor dem Handy sitzen und fieberhaft überlegen, wen sie anrufen und trotz Weihnachten stören konnte? Cat spürte, wie das Selbstmitleid in ihr aufstieg und sie einlud, darin zu baden. Sie fühlte sich unglücklich, war innerlich zerrissen und einsam.
»Das reicht jetzt.« Wütend schlug sie mit der Faust auf das Lenkrad ein. Sie hatte es so satt, sich selbst zu bemitleiden. Dafür war sie nicht hergekommen. Zugegeben, vielleicht war es keine gute Idee, ausgerechnet am Christmas Day in ein neues, einsames Heim zu ziehen. Aber das konnte sie nun nicht mehr ändern. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen. Sie sollte tun, wofür sie hergekommen war: Malen.
»Ah, noch eine einsame Seele zu Weihnachten«, ertönte es hinter ihr. Cat fuhr herum und blickte in ein rundes, faltiges Gesicht, das durch eine Schirmmütze vor der Sonne geschützt war. Beinah hätte sie ihren Skizzenblock fallen gelassen.
Das Malen hatte sie abgelenkt. Entschlossen war Cat die Straße in einer Regenpause bergauf spaziert, hatte eine kleine Wiese entdeckt und sich entschieden, den Ausblick von dort einzufangen. Endlich war sie in friedvoller Konzentration ohne trübsinnige Gedanken versunken. Cat setzte einen Strich nach dem anderen auf das weiße Papier, entwarf die Umrisse der Steinhäuser und brachte Wiese und Meer zum Ausdruck.
Nun starrte sie einen Greis an, dessen Lächeln seine Zahnlücken entblößte. Auf halben Weg erstarb es. Sein Blick trug eine Überraschung in sich, die Cat nicht zuordnen konnte. Es war, als erkannte er sie.
Einen Moment später war der Ausdruck der Verwunderung wieder verschwunden und das Lächeln bahnte sich endgültig seinen Weg.
»Sie zeichnen sehr gut«, fuhr der Mann fort und wies auf ihre Zeichnung.
Cat starrte immer noch. Ihr Fluchtinstinkt war wieder erwacht. Irgendwie reagierte jeder seltsam auf sie. Oder reagierte sie seltsam auf alle anderen?
»Danke. Sie müssen Seamus sein?«
»Richtig. Da hat der alte Brian mal wieder ein bisschen zu viel geschwatzt, was?«
»Nehmen Sie es ihm nicht übel. Er war besorgt, weil sonst niemand in der Gegend ist. Ich soll Sie sehr nett grüßen und an die Revanche im Poker erinnern.« Jetzt lächelte Cat. Die Angst trat den Rückzug an, der Fluchtinstinkt verschwand. Die warmen, freundlichen Augen des alten Mannes ruhten sanft auf ihrer Zeichnung, als träume er sich in das Bild hinein. Er lächelte verschmitzt und Cat tat es ihm gleich. Seamus war mit einer Tweedjacke, einer Cordhose und einem grauen, etwas zerschlissenen Pullover bekleidet. Mit der rechten Hand stützte er sich auf einen Gehstock. Er musste so um die 80 Jahre oder sogar älter sein, mutmaßte Cat.
»Und Sie sind?« Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
»Oh. Entschuldigen Sie. Ich scheine heute nicht besonders höflich zu sein. Ich heiße Caitleen Foley. Cat. Ich bin gerade erst eingezogen.«
»Ja, das habe ich mir gedacht.« Seamus grinste wieder. »Ein ungewöhnlicher Tag für einen Einzug in Cillalaig. Aber wer die Einsamkeit sucht, macht es so genau richtig. Also, herzlich willkommen.«
»Danke«, wiederholte Cat. »Es ist wunderschön hier.«
Seamus nickte und betrachtete wieder ihre Zeichnung, bevor er ihren Blick auffing und ein weiteres Mal seine Zahnlücken entblößte.
»Bleiben Sie lange?«
»Ich weiß noch nicht. Erst einmal sind zwei Monate geplant. Aber so richtige Pläne habe ich nicht.«
»Verstehe. Das ist manchmal das Beste. Dann will ich Sie nicht länger bei ihrer Arbeit stören. Ich wollte nur etwas Luft schnappen, solange das Wetter hält und die Sonne strahlt. Das ist in diesen Tagen nicht selbstverständlich.« Seamus wandte sich bereits zum Gehen um und Cat schaute erstaunt zum Meer hinaus. Der Wind peitschte die Wellen tosend vor sich her und trieb die Wolken am Himmel vorwärts. Der nächste Schauer kam bereits auf sie zu.
»Viel Erfolg wünsche ich. Wenn Sie mal Gesellschaft wollen, dann schauen Sie gern bei mir vorbei. Einem guten Whiskey in netter Damengesellschaft bin ich nicht abgeneigt.«
»Das werde ich bestimmt tun.« Cat nahm sich vor, dieses Versprechen zu halten. Seamus wirkte ein bisschen gebrechlich und weckte sofort ihre Mutterinstinkte. Vielleicht könnte der alte Mann Hilfe gebrauchen? Und sie eine Aufgabe.
Seamus hob zu einem letzten Gruß die Schirmmütze an und humpelte über die Wiese zurück auf die Straße zu. Cat schaute ihm lang hinterher. Plötzlich fühlte sie sich besser. In diesem Augenblick wusste sie, dass sie hier wundervolle Bilder malen würde. Sie würde nicht ganz so einsam sein. Vielleicht könnte sie sich sogar richtig wohlfühlen.
»Das werde ich.« Cat schwor sich, den trübsinnigen Gedanken keine weitere Chance zu geben. Sie wandte sich wieder ihrem Skizzenblock zu und versank in ihre Zeichnung.
Das Tonband leierte zu Beginn, doch dann schien es die passende Geschwindigkeit erreicht zu haben. Rhythmisches Schleifen schallte durch den Raum. Der Klang eines Glases ertönte, das auf eine Holzplatte traf. Eine männliche Stimme räusperte sich, bevor die ersten Worte ertönten.
»Ich muss sagen, ich hatte Glück. Beinahe hätte sie mich gesehen. Doch ich habe mich rechtzeitig weggeduckt. Oder haben ihre Augen gar nicht gesucht? Sie schien in Gedanken. Zu beschäftigt, als dass sie ihre Umgebung wahrnahm.«
Ein bellendes Lachen unterbrach die Worte. Danach ertönte ein Kratzen. Wieder Räuspern.
»Jetzt sitze ich hier und male mir aus, was gewesen wäre, wenn sie mich entdeckt hätte. Es hätte gut und es hätte schlecht sein können. Eine Medaille hat immer zwei Seiten, oder? Ich könnte mich unmöglich entscheiden, welche mir besser gefallen würde.« Er stockte.
»Die Stimmen flüstern wieder.« Er sprach deutlich leiser weiter. »Ich verstehe zwar nicht ganz, warum. Aber es wird schon seinen Grund haben.«
Momente der Stille folgten. Dann traf das Glas wieder auf die Holzplatte.
»Aber ich schweife ab. Es war so wunderbar, sie so völlig entrückt von der Welt zu sehen, versunken in ihren Gedanken. Ihr Haar flatterte im Wind, ihre Hände schienen mit ihm zu spielen. Sie schloss die Augen und war ganz in ihrem Moment gefangen. Es schien eine Ewigkeit zu sein. Dennoch waren es nur Sekunden, bevor sie die Augen wieder aufriss und plötzlich um sich schaute. Als ob sie meine Anwesenheit spürte.« Er stoppte wieder.
»Aber ich hatte Glück. Ich habe mich rechtzeitig weggeduckt.«
Ein Seufzen erklang, gefolgt von einer langen Pause. Danach war eine andere Stimme zu hören, tiefer und rauer.
»Warum hast Du dich versteckt?«, fragte sie.
»Warum sollte ich mich denn zeigen? Nein. Das hielt ich für keine gute Idee. Dort in meinem Versteck konnte ich mir alles ausmalen, wie ich es gerne hätte.«
»Was hättest du denn gerne?«, fragte die andere Stimme.
»Wäre nichts vorgefallen, hätte ich diesen wunderbaren Anblick bedingungslos genießen können. Andererseits …« Die Stimme brach ab. »Ich weiß nicht, ob es nicht angebracht wäre, etwas zu unternehmen?«
»Und was?«
»Keine Ahnung.«
»Du verrennst dich«, antwortet die andere Stimme. »Du quälst dich schon wieder.«
Ein Glucksen erklang. Abermals traf das Glas auf die Holzplatte.
»Ja, leider. Und das ist mein Problem. Vielleicht ist das hier sinnlos. Morgen ist ein neuer Tag.«
Ein Klacken ertönte. Danach lief das Tonband ohne ein weiteres Geräusch, bis es das Ende erreichte. Mit einem Klick stoppte das Tonbandgerät.
Er hatte sich sammeln wollen und nicht gebetet. Diese Worte zu der unbekannten Frau hatten der Wahrheit entsprochen. Warum Collin ausgerechnet in die Kirche gegangen war, war ihm selbst ein Rätsel. Er war zwar katholisch aufgewachsen, doch eine Verbindung zu Gott hatte er nie gefunden. Was sich in den letzten 42 Jahren nicht entwickelt hatte, würde wohl kaum jetzt noch wie durch ein Wunder geschehen. Dennoch war er in die Kirche gegangen, um sich einen Moment zu sammeln, bevor er das Haus seiner Eltern betrat.
Vielleicht, weil er in diesem Jahr die Mitternachtsmesse am Heiligen Abend zuvor verpasst hatte, die er sonst seinen Eltern zuliebe besuchte? Es waren diese verdammten Fingerabdrücke, auf die er unbedingt warten musste, bevor er von Dublin hinunter nach Kerry fahren konnte. Es war so spät geworden, dass er den Roadtrip auf den nächsten Morgen verlegt hatte.
»Aber das macht doch nichts«, hatte seine Mutter am Telefon gesagt. Später bei der Begrüßung an ihrer Türschwelle hatte sie betont, dass es nur wichtig sei, dass er jetzt hier sei.
Das war er immer, jedes Jahr. Am Weihnachtstag saß die Familie Driscoll am Esstisch. Collin genoss das fantastische Essen seiner Mutter und lauschte den Neuigkeiten seines Vaters. Jedes Jahr vermisste er seine Tochter schrecklich.
»Du siehst blass aus.« Die Bemerkung seines Vaters kam ohne Vorwarnung.
»Ach, mir geht es gut.« Er winkte ab. »Es war nur ein bisschen viel Arbeit in letzter Zeit. Die Nacht war kurz, die Fahrt lang.«
»Du und dein Chemiekram. Ich verstehe ja bis heute nichts davon. Und ich weiß nicht, wie du bei all dem Grauen um dich herum gut schlafen kannst.«
»Pa, das ist kein Problem. Hör auf, dich zu sorgen.«
»Mm«, brummte sein Vater.
»Nun lass den Jungen in Ruhe«, ermahnte ihn seine Mutter und stellte den Weihnachtskuchen auf den Tisch. »Greift lieber zu. Ihr wisst doch, mein Weihnachtsdessert ist legendär.«
Das war er gewesen. Seit Collins Eltern nach Ballinskellig gezogen waren, hatte seine Mutter sich noch mehr dem Kochen und Backen gewidmet. Sie hatte lange ihrem Mann in den Ohren gelegen, dass sie es sich verdient hatten, den Lebensabend schön zu gestalten. Sie hatte von der irischen Südwestküste geträumt, wo sie einst geboren war. Collins Vater war Finanzberater und eigentlich längst in Rente. Aber selbst jetzt konnte er die Finger nicht vollständig vom Beruf lassen. Heutzutage ging das alles wunderbar online. Daher hatte sich Collin kurzerhand vor neun Jahren auch ein Cottage unten an der Küste gekauft, um so oft wie möglich bei seinen Eltern nach dem Rechten schauen zu können, ohne gleich bei ihnen einziehen zu müssen.
Das Haus wirkte trist, in das er nun in grüblerischer Stimmung zurückkehrte. Das war kein Wunder. Collin hatte nach dem Kauf nie etwas an der Einrichtung geändert. Wozu auch? Es gab keinen Grund, die rosafarbenen Wände zu überstreichen, die altmodische Holzküche zu erneuern oder die zerschlissenen Sessel und Couch auszutauschen. Adele schien das Haus gemocht zu haben, wie es war. Auch wenn seine Tochter seither nie wieder hier übernachtet hatte, so war Collin doch sentimental und wollte aus Überzeugung nichts ändern.
Gereizt warf er seine Jacke über den Stuhl am Esstisch und strich sich durch seine halblangen Haare. Dass Weihnachten ohne seine Tochter ihm zusetzte, war er gewohnt. Doch irgendwie war es dieses Jahr besonders schlimm. Er fühlte sich unruhig. Er konnte nicht abschalten. Als läge etwas in der Luft, das er nur noch nicht greifen konnte.
Collin zog sein Handy heraus und schaute auf die Uhrzeit. Es war nicht zu spät, fand er.
»Daddy, ich hab einen eigenen Fernseher vom Weihnachtsmann bekommen.« Die Stimme seiner Tochter schrillte durch die Leitung, kaum war das erste Klingeln erklungen.
Wie bitte? Collin glaubte, sich verhört zu haben. Die begeisterte Erzählung seiner Tochter ließ keinen Zweifel übrig.
»Oh wie wunderbar«, antwortete er nach einer Weile. »Dann warst du dieses Jahr wohl ein ganz besonders braves Mädchen.« Es fiel ihm keineswegs leicht, seinen Argwohn in seiner Stimme zu verbergen. Verdammt. Das war so nicht abgesprochen.
»Aber Daddy, das bin ich doch immer.« Seine Tochter klang empört.
»Ich weiß, meine Kleine, ich weiß. Ich wünsche dir frohe Weihnachten.«
»Das wünsche ich dir auch. Und Grandma und Grandpa.« Ein Seufzen erklang durch die Leitung, das nicht zu einem 8-jährigen Mädchen passte. »Schade, dass wir dieses Jahr nicht zu euch kommen konnten«, fügte Adele melancholisch hinzu.
»Ja, das finde ich auch. Aber nächstes Jahr klappt es bestimmt.«
»Ist das dein Vater?«, erklang es aus dem Hintergrund. Dann hörte er nur Rascheln.
»Collin, lass mich erklären …«, begann Ariane.
»Ein Fernseher?«, unterbrach er sie rüde. »Wir hatten darüber gesprochen, dass sie dafür mindestens zehn Jahre alt sein sollte. Ariane, was soll das?«
»Ich wusste es nicht.« Die Stimme seiner Ex-Freundin klang verteidigend durch die Leitung. »Grayson hat ihr eine Freude machen wollen.«
Grayson natürlich, dachte Collin grimmig. Der neue Freund der Mutter seiner Tochter. Adele war nicht besonders gut auf ihn zu sprechen. Dass es ihm gelang, sich so die Liebe seiner Tochter zu erkaufen, bezweifelte Collin stark.
»Er kann nicht hinter unserem Rücken handeln.«
»Ich habe schon mit ihm gesprochen. Er wird es nie wieder tun. Aber ich kann doch Adele schlecht den Fernseher wieder wegnehmen, oder?«
»Nein.« Das konnte sie natürlich nicht. Das würde sein kleines Mädchen nicht verstehen. Und sie verstand schon so vieles nicht. Warum sie einen anderen Nachnamen trug als ihr Vater. Warum ihre Eltern es nie für nötig gehalten hatten, zu heiraten. Warum sie sich trennten – oder vielmehr Ariane sich von Collin trennte – und sie ohne Ehe das Recht für die Kleine auf ihrer Seite hatte. Wahrscheinlich verstand sie auch nicht, warum es in diesem Jahr wieder nicht mit einem Weihnachtsbesuch bei ihm und seinen Eltern geklappt hatte.
»Es wird nicht wieder vorkommen, versprochen.« Ariane flehte nun durch die Leitung. Collin nickte, obwohl sie es nicht sehen konnte. Er war zu erschöpft und zu frustriert, um sich mit ihr heute Abend zu streiten. Das war ihm alles zu viel. Es war ungewöhnlich, aber Collin wollte nur allein sein. Als würde er Dummheiten machen, wenn er in der falschen Gesellschaft wäre.
»Gib mir die Kleine noch mal.«
»Grayson schließt gerade mit ihr den Fernseher an.«
»Oh.«
»Ich gebe ihr einen Guten-Nacht-Kuss von dir.«
»Ja, mach das.« Unglücklich legte Collin auf.
Was für ein beschissener Weihnachtstag, dachte er. Dabei war er nicht viel anders als die anderen Jahre gewesen. Doch. Eins war anders gewesen, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Collin strich sich nachdenklich über seinen Dreitagebart. Da war diese eine Begegnung gewesen, die ihn völlig überrumpelt zurückgelassen hatte. Diese Frau, die plötzlich in der Kirche stand. Sie hatte wie ein gejagtes Reh gewirkt: einsam, eingeschüchtert. Ihre regelrechte Flucht hatte den Eindruck nur bestätigt. Collins Nase witterte Gefahr. Wem galt sie?
»Ach hör auf, Gespenster zu sehen.« Collin ermahnte sich selbst und ging in die leere, kalte Küche.
Er sollte endlich aufhören, hinter jedem neuen Menschen Bösartigkeit zu vermuten. Vielleicht war es eine Berufskrankheit, vielleicht auch nicht. Unhöflich war es auf jeden Fall.
Er sollte sich abgewöhnen, über andere Menschen zu schnell zu urteilen. Als es angebracht war, hatte er es nicht getan und nun hatte er den Schlamassel.
Dieser Gedanke brachte seine Laune auf den Tiefpunkt. Entschlossen öffnete Collin die Schranktür, ergriff ein Glas, holte die Flasche heraus und schenkte sich einen Finger breit ein. Ein Whiskey sollte in Ordnung sein. Wenn es bei einem Glas blieb, galt das nicht als Dummheit, dachte er. Es war doch Weihnachten. Er hatte schon den gesamten Tag über nur Saftschorlen getrunken, um sein Training nicht zu sehr aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der Whiskey würde ihm guttun und ihn früh schlafen lassen.
»Der frühe Vogel fängt den Wurm«, hörte er in Gedanken seine Mutter flöten. Morgen galt das ganz besonders. Collin musste früh aufstehen, um den Strand zum Joggen oder Surfen eine Weile für sich allein zu haben. Denn später würde die ganze Gemeinde über den Strand herfallen, um sich zum jährlichen Weihnachtsschwimmen in die kalten Fluten zu stürzen. Er natürlich auch. Mit diesem Gedanken leerte Collin sein Glas und verließ den Raum. Keine Dummheiten mehr.
»Ja, wen haben wir denn da wieder?« Cat öffnete die Tür und schaute in vertraute Augen. Fast flehend blickte der Mischling zu ihr herauf, als bitte er um Einlass.
»Na, dann komm.« Cat lächelte und ließ den Hund ins Haus. Draußen war es merklich ungemütlicher geworden und kein Wesen sollte dem Wetter ungeschützt ausgesetzt sein, dachte sie. Es war längst Abend. Cat hatte bis zur letzten trockenen Sekunde ihre Skizze fertig gezeichnet, war dann zurück in ihr neues Haus geeilt und hatte voller Enthusiasmus die Leinwand auf die Staffelei gestellt. In den nächsten Stunden war sie so sehr mit Farben und Maltechniken beschäftigt gewesen, dass sie gar nicht bemerkte, wie die Nacht und damit der Regen und ein eisiger Wind über die Künstlersiedlung hereinbrachen. Erst ihr knurrender Magen ließ sie stoppen und ihre mitgebrachten Vorräte durchstöbern. Cat hatte sich für eine Fertigmahlzeit aus der Mikrowelle entschieden.
»Dich hat wohl der Essensduft angelockt.« Cat beobachtete, wie der Hund schnurstracks Richtung Ofen lief und sich vor dem warmen Feuer niederließ.
»Mal sehen, ob ich etwas habe, was ich dir geben könnte.« Cat durchstöberte ein weiteres Mal den Kühlschrank, fand etwas Wurst, gab sie in eine Schüssel und stellte sie dem Hund hin.
»Tut mir leid. Richtiges Hundefutter muss ich wohl dann morgen besorgen. Ich habe ja nicht mit dir gerechnet.«
Sie setzte sich zurück an den Tisch und stach nachdenklich die Gabel in das Gemüse in der Plastikschale. Den Hund ließ sie dabei nicht aus den Augen, der genüsslich die Wurst verschlang. Anschließend rollte er sich wieder vor dem Ofen zusammen, legte den Kopf zwischen die Beine und schloss zufrieden die Augen.
»Ich sollte dir vielleicht einen Namen geben.« Cat überlegte laut. »Ich glaube, du kommst jetzt öfter.« Während sie ihre Fertigmahlzeit Bissen um Bissen leerte, ging sie mögliche Hundenamen in Gedanken durch. Nachdem sie aufgegessen hatte, probierte sie ihre Favoriten laut aus.
»Dusty, also.« Cat triumphiert. Beim Klang dieses Namens hatte der Hund die Augen geöffnet und die Ohren gespitzt. »Also gut, dann sollst du ab sofort Dusty heißen.« Zufrieden mit sich selbst stand Cat auf, ließ die Plastikschale in den Mülleimer fallen und spülte ihr Besteck ab. Sie wollte schnell wieder an ihre Staffelei zurückkehren, um die neu gewonnene Energie zu nutzen. Noch ein, zwei Stündchen würde sie sicher malen können, dachte sie.
»So geht ein einsamer Weihnachtstag vorüber, nicht wahr Dusty?« Im Vorbeigehen strich sie leicht über den Kopf ihres neuen Freundes, bevor sie nach ihrem Malerkittel griff und ihn wieder überstreifte. In den nächsten Stunden versank Cat in einer Welt voller Farben und Schattierung und vergaß alles um sich herum.
Das Knurren riss sie aus der Konzentration. Cat blickte von ihrem Gemälde auf und sah Dusty vor der Haustür stehen. Die Ohren lagen eng am Kopf, der Nasenrücken war gekräuselt und die Augen weit aufgerissen. Durch die Zähne knurrte er die Tür an. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es schon nach Mitternacht war. Christmas Day war vorbei. St. Stephens Day brach an.
Cat streckte ihre vom Malen steif gewordenen Glieder, streifte sich den Malerkittel ab und ging zu dem immer noch knurrenden Hund.
»Was ist denn, Dusty?«
Doch der Mischling reagierte gar nicht auf sie, sondern starrte die Tür weiter an.
»Ist etwas draußen vor der Tür?« Cat schob ihn sanft mit einem Bein zur Seite, um die Tür zu öffnen. Augenblicklich peitschte ihr ein Windstoß entgegen und ließ Regen auf ihr Gesicht prasseln. Selbst der Hund wich zurück.
»Ui, das ist aber hässlich.« Hastig schloss Cat die Tür wieder. »Da will doch keiner freiwillig sein.« Dusty knurrte weiter. Cat lief zum nächsten Fenster, hielt die Hände zwischen Scheibe und Wangen und versuchte, draußen vor dem Haus etwas zu entdecken. Sie konnte nichts außer Finsternis sehen. Hier oben auf den Klippen gab es kein anderes Licht als das, was aus ihren Fenstern nach draußen strömte. Keine Straßenlaterne, kein anderes erleuchtetes Haus. Es war stockdunkel vor ihrer Tür.
Cats Nackenhaare stellten sich auf. Solch eine Dunkelheit war sie aus Cork nicht gewohnt. Es war angsteinflößend. Plötzlich spürte Cat ihre Einsamkeit in jeder Faser ihres Körpers. Wenn ihr hier etwas zustoßen würde, gäbe es weit und breit keine Hilfe, schoss es ihr in den Kopf.
»Du elender Feigling«, sprach sie zu sich selbst. »Als ob dir hier etwas zustoßen könnte.«
Cat kehrte zu Dusty zurück, streichelte ihm über den Kopf. Ihr Blick fiel auf den kleinen Riegel an der Haustür. Entschlossen schob sie ihn nach links und verschloss die Tür von innen. In diesem Moment hörte der Hund mit dem Knurren auf und blickte zu ihr herauf, als ob er eine Frage stellte.
»Ich weiß nicht, was du hast.« Cat entschuldigte sich achselzuckend bei ihm. Dennoch konnte sie die aufflackernde Angst nicht ganz abschütteln.
»Ich weiß ja nicht, wie es bei dir ist, aber meine Nerven sind vielleicht etwas überstrapaziert. Weißt du, was da am besten hilft?«
Dusty schaute Cat weiter fragend an, als verstünde er jedes ihrer Worte.
»Ins Bett gehen und bis zum Morgen schlafen. Dann sieht die Welt nicht mehr ganz so finster aus, wie es da draußen gerade ist.«
Exakt das hatte Cat nun vor. Sie ging ins Bad, wusch sich Gesicht und Hände, putzte sich die Zähne und suchte schließlich Schlaf-Shirt und Flanellhose heraus. Umgezogen wechselte Cat ins Schlafzimmer. Dusty trottete ihr gemütlich hinterher, als wäre er diesen Weg schon Tausende Male gegangen.
»Na gut.« Cat schmunzelte.
»Aber du bleibst vor dem Bett liegen.«
Mit diesen Worten schlug sie die Bettdecke zurück, schlüpfte darunter und löschte das Licht. Sie konnte hören, wie Dusty sich auf dem Fußläufer vor dem Bett niederließ.
Dann war es still im Raum. Und finster. Von außen versuchten Wind und Meeresrauschen die Stille zu durchdringen, ein Knarren über ihr ließ Cat zusammenzucken. Automatisch stellten sich ihre Nackenhaare wieder auf.
Cat richtete sich auf und schaltete die Nachttischlampe wieder ein.
»Vielleicht lassen wir die heute Nacht brennen«, flüsterte sie dem Hund zu, der sich jedoch nicht mehr rührte. Cat ließ sich in die Kissen zurücksinken und schloss die Augen. Sie hoffte inständig, dass sie schnell in einen tiefen Schlaf sinken würde. Denn wer träumte, hatte doch gar keine Zeit für Angst, oder?
Zuerst flackerte die Birne leicht, dann stärker, bis sie schließlich vollends erlosch und sich nur noch Dunkelheit im Raum ausbreitete. Sie nahm es zwar wahr, aber störte sich nicht weiter daran. Die Decke, bis unter die Nase gezogen, würde sie schon beschützen.
Ein kalter Luftzug schwebte über sie hinweg. Er kitzelte ihre Nase. Unbewusst hob sie ihre Hand und rieb daran. Das Kitzeln wollte nicht verschwinden. Es fühlte sich fast so an wie die glitzernden Punkte, die nun in der Dunkelheit überall auftauchten. Sie wurden immer heller. Immer größer. Bis sie sich zu einem einzigen Lichtschein zusammenfanden. Sie kniff die Augen zusammen, um besser erkennen zu können. Da sah sie es. Irgendetwas kam auf ihr Gesicht zu. Es war plötzlich unsagbar kalt. Im Schein des Lichtes konnte sie ihren Atem sehen. Das Etwas kam weiter auf sie zu. Dann erkannte sie es. Es war eine Hand voller Licht und voller Kälte, die sich ungefragt auf ihre linke Wange legte.
Sie schrie.
Cat schreckte hoch und sah sich im Raum um. Dusty lag mit gespitzten Ohren unterhalb des Bettes und sah sie verschlafen an. Nichts hatte sich im Zimmer verändert. Die Nachttischlampe brannte. Eine andere Lichtquelle war nicht zu entdecken. Von draußen drang das Tosen des Meeres herein, der Wind säuselte am Fenster. Alles war so, wie Cat es gerade erst kennengelernt hatte. Erleichtert sank sie wieder in die Kissen zurück und versuchte ihr klopfendes Herz zu beruhigen. Es war nur ein Traum gewesen, sagte sie sich selbst. Wirr und wild, aber trotzdem nur ein Traum.
Ihr Herzschlag beruhigte sich wieder, ihr Atem wurde langsamer. Cat fiel bereits wieder zurück in den Schlaf und fand keine Kraft mehr, sich über das durchaus reale Gefühl des Handabdrucks auf ihrem Gesicht zu wundern.
26. Dezember – Innere Führung
Egal wie sehr sie sich auch anstarrte, es war nichts zu entdecken. Mit nackten Füßen stand Cat schon eine viertel Stunde in dem winzigen Bad und starrte in den Spiegel. Sie hatte die Wange nach rechts und nach links gedreht, sie mit der Hand abgetastet, die Haut nach oben und nach unten gedehnt. Doch der Anblick war immer derselbe. Es war ihre Wange, die wie eh und je blass daherkam und sich nicht in einer Winzigkeit von der rechten Gesichtshälfte unterschied. Trotzdem könnte Cat schwören, dass sie darauf einen Handabdruck spürte, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen, die sich rot und brennend abzeichnete.
Sie verzog die Mundwinkel, formte ein breites Grinsen. Selbst die schwachen Grübchen, die sich immer zeigten, wenn sie herzhaft lachte, waren identisch auf beiden Seiten.
Cat seufzte und schaute sich selbst in die Augen. Sie leuchteten blass. Das war absoluter Blödsinn, dachte sie. Sie hatte nur geträumt. Zugegeben, es war ein merkwürdiger Traum, der sich in Teilen extrem real anfühlte. Vor allem war es der Moment, als etwas, oder war es jemand, sich zu ihr heruntergebeugt und seine Hand auf ihre linke Wange gelegt hatte. Das Gefühl auf der Haut schien real.
»Aber es war nur ein Traum.« Cat griff nach der Bürste und strich sich gedankenverloren damit durch die Haare. Es war längst Morgen, das Licht drang bereits von draußen durch die Fenster. Cat hatte so lange geschlafen wie lange nicht mehr. Abgesehen von diesem einen Schreckmoment in der Nacht hatte sie den Rest traumlos verbracht. Sie war erst aufgewacht, weil Dusty aufs Bett gesprungen war und sich unter die Decke wühlen wollte. Verschlafen war sie aufgestanden, hatte den Hund für sein Geschäft aus dem Haus gelassen und war anschließend ins Bad getrottet. Bis das Gefühl, eine Hand läge noch immer auf ihrer Wange, sich nicht mehr ignorieren ließ.
»Aber es war niemand hier, letzte Nacht, richtig Dusty?« Cat schaute den Hund an, der wieder zu ihren Füßen saß.
»Du hättest doch laut gebellt und jeden Eindringling vertrieben. Nicht wahr?« Der Gedanke sollte sie beruhigen, doch merkwürdigerweise tat er es nicht. Cat legte die Haarbürste zur Seite, griff nach der Zahnbürste und Zahnpasta.
In diesem Moment ertönte ein Klingeln aus dem Wohnraum. Cat ließ alles liegen und hastete zu ihrem Handy. Der Name, den das Display anzeigte, ließ sie lächeln.
»Doreen, dass du um diese Uhrzeit schon wach bist?«
»Na ja, wach würde ich es nicht nennen.« Eine verschlafene Stimme erklang aus der Leitung. »Sagen wir es mal so: Das schlechte Gewissen hat mich aus dem Bett getrieben. Eigentlich wollte ich schon gestern anrufen. Doch bei meinen Eltern war das Haus voll. Du weißt ja, wie das mit Familie ist.«
Cat seufzte. Ja, das wusste sie allzu gut und würde es in diesen Tagen zu gern vergessen.
»Ach, ist nicht schlimm. Ich war eh mit Auspacken und ersten Erkundungen beschäftigt.«
»Du hast es also wahr gemacht? Du bist wirklich am Weihnachtstag ans Ende der Welt gefahren, um dich dort in so einem altmodischen Haus niederzulassen?«
»Aber natürlich!« Cat lachte auf »Ich hab es dir doch gesagt.«
Ein Seufzen drang durch die Leitung.
»Ach Mist. Ich hatte gehofft, dass du dich in letzter Sekunde umentscheidest.«
»Du willst mir doch nicht absagen, Doreen?«
»Nein, nein.« Ihre Freundin stammelte verlegen. »Natürlich nicht. Ich komme morgen wie versprochen und wir verbringen den Tag wie jedes Jahr zusammen. Auch wenn es diesmal eben am Arsch der Welt sein soll.«
Cat spürte augenblicklich Erleichterung. Sie hätte nicht gewusst, wie sie reagieren würde, wenn ihre beste Freundin ihren Besuch nach Weihnachten absagen würde. Doreen kam jedes Jahr am 27. Dezember zu ihr. Sie war eine der wenigen Konstanten in ihrem Leben, die Cat bis heute begleiteten. Sie kannten sich bereits seit der Primary School, waren zusammen auf die Secondary School gewechselt.
Vom ersten Tag an waren sie unzertrennlich. Doreen war Cats erste Zuflucht im Leben, wenn es zu Hause besonders rau zuging. Das wilde, lebenslustige Mädchen ließ Cat ihre ewig nörgelnde Mutter vergessen.
Ohne Cat hätte Doreen hingegen keinen Schulabschluss, hatte sie ihre Freundin durch die Prüfungen gezogen. Als Gegenleistung hatte sie Cat zur Seite gestanden. Sie war nicht wie andere Freunde aus ihrem Leben verschwunden, weil sie früh heiratete, Mutter wurde und nicht mit aufs College gehen konnte. Im Gegenteil. Doreen war sogar ihre Trauzeugin gewesen. Zudem schien sie sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, Cat die wirkliche, wilde Welt da draußen außerhalb einer konservativen Ehe zeigen zu wollen. Auch wenn Doreen es nie zugeben würde, dass sie über die Scheidung frohlockte. Dennoch war es ein ganz anderes Gefühl, als Cats Mutter ihr vermittelte. Doreen ließ sie nie spüren, dass sie versagt hatte. Während Cat nach der Scheidung endgültig auf Abstand zu ihren Eltern ging, rückte Doreen immer näher. Direkt nach dem die Papiere unterschrieben waren, hatte sie Cat zum ersten Mal seit langem wieder in eine Bar verschleppt. Sie hatte sie mit Cocktails abgefüllt und zahlreichen Männern vorgestellt. Cats ersten und einzigen One-Night-Stand in ihrem Leben hatte ebenfalls Doreen eingefädelt. Bei dem Gedanken an diese wilde, betrunkene Nacht in Doreens Haus stieg sofort Röte in Cats Wangen. Es war ihr immer noch peinlich.
»Gibt es wenigstens ansehnliche Männer in deinem ominösen Künstlerdorf?« Die Stimme ihrer Freundin riss sie aus ihren Gedanken.
»Ich muss dich enttäuschen. Hier gibt es niemanden!«
»Niemanden? So gar niemanden? Du bist ganz allein da oben?«
»Ich bin ganz allein hier oben.« Cat schmunzelte, sah sie Doreens entsetzten Gesichtsausdruck regelrecht vor ihrem inneren Auge. In kurzen Sätzen schilderte sie, was sie vom Verwalter erfahren hatte.
»Das ist ja schrecklich. Ich weiß ja, dass du in einer Lebenskrise steckst und wieder zu dir finden willst.«
Doreen seufzte durch die Leitung
»Ich weiß, dass du lieber Malerin werden möchtest, als weiter an der Kasse im Supermarkt zu sitzen. Aber musst du dich dafür gleich in die völlige Einsamkeit verkriechen?«
»Na ja. So war das nicht geplant. Ich dachte ja, dass hier andere Künstler in den anderen Häusern wohnen. Im neuen Jahr kommen einige zurück und dann bin ich nicht mehr allein.«
»Gibt es denn niemanden in der Nähe?«
»Doch, doch. Allerdings ist er außerhalb deines Beuteschemas. Ich schätze, Seamus ist weit über 80, hat ein verrunzeltes Gesicht und braucht einen Gehstock. Das ist mein nächster Nachbar.«
»Aha.«
»Er ist total nett, echt freundlich. Er hat mich sogar schon auf ein Glas Whiskey zu sich eingeladen.«
Cat fühlte sich weiter in die Verteidigungsrolle gedrängt.
»So so.«
»Ehrlich, Doreen. Er ist harmlos. Du wirst schon sehen, wenn du ihn erst kennenlernst.«
»Mir wird nichts anderes übrig bleiben. Offenbar hast du nicht vor, deine Meinung zu ändern und zurückzukommen.«
Nein, das hatte Cat nicht vor. Auch wenn der Start gestern holprig war, so war er nicht ganz verdorben. Ihr Blick fiel auf die Staffelei, die ein halb fertiges Aquarellgemälde präsentierte. Die Häuser hatten bereits Formen angenommen, die Weiden ihr Grün bekommen. Wenn sie heute daran weiter arbeiten würde, könnte sie es bald fertigstellen. Das wäre dann wirklich ein guter Anfang, oder nicht? Doreen hatte recht. Cat wollte nicht länger an der Kasse des Supermarktes sitzen, um Geld zu verdienen. Der Job war das einzige, was einer Mutter ohne Ausbildung damals angeboten wurde, als Shane älter wurde und sie eine Aufgabe suchte. Zum späten Studium hatte ihr der Mut gefehlt, obwohl der Traum von einem Kunststudium nie so ganz von ihr gewichen war. Zumindest war Stephen mit dem Job im Supermarkt einverstanden gewesen, wenn sie ihn halbtags machte. Nach der Scheidung wechselte sie auf eine volle Stelle, glücklich hatte sie das nie gemacht. Seit Shane vor vier Wochen in die USA abgereist war, fühlte sich alles noch trostloser an. Sie war dagegen gewesen, ihren Sohn schon so früh so lange so weit weg zu lassen. Auch in diesem Punkt hatte Stephen das letzte Wort gehabt.
Nun, ab jetzt würde sie immer das letzte Wort haben und ihre Entscheidungen selbst treffen, dachte Cat kämpferisch. Sie war hier. Sie hatte es durchgezogen.
»Aber irgendwo in der Nähe wird es sicher einen Pub geben? Ich mein, ich will morgen wirklich nicht nur mit einem Greis als Gesellschaft feiern. Oder?«
Cat lachte laut auf. Das war so typisch für Doreen. Sie plante natürlich das große Ausgehen, statt mit ihrer Freundin bei ein, zwei Flaschen Wein gemütlich zu Hause zu bleiben und zu schwatzen. Das hätte Cat gefallen.
»Ich habe unten im Dorf schon einen entdeckt.« Sie schmunzelte. »Da wird dir die Gesellschaft bestimmt gefallen.« Cat musste an ihre Begegnung mit dem Mann in der Kirche denken. Sie fröstelte. Diese stahlblauen Augen waren unnatürlich. Überwältigend. Auch gefährlich? Zumindest würden sie Doreen mit Sicherheit gefallen. Eine Eroberung in Kerry fehlte noch auf Doreens Liste, wusste Cat. Obwohl diese echt nicht kurz war. Denn Doreen hatte sich zum Lebensinhalt gemacht, mit Männern Spaß zu haben, aber sie sofort wegzustoßen, wenn es ernster wurde. Doreen würde nie vor dem Altar stehen.
»Na wunderbar. Dann weiß du ja, wohin es morgen Abend geht«, flötete ihre Freundin durch die Leitung. »Also, bezieh das Bett schon mal für mich, ich bin gegen Mittag da!«
»Wird gemacht.« Cat lachte und musste unwillkürlich auf die Couch schauen, die in ihrem Wohnraum für Besuch gedacht war. Darauf würde Doreen nie übernachten. Aber das King Size Bett im Schlafzimmer würde schon für beide reichen.
Für einen kurzen Moment kam die Erinnerung an den merkwürdigen Traum letzte Nacht zurück. Cat verwarf den Gedanken schnell. Würde sie dies nur ansatzweise erwähnen, würde Doreen vielleicht nicht kommen.
»Ich freue mich auf dich«, sagte sie stattdessen.
»Ich mich auch auf dich. Aber jetzt muss ich Schluss machen. Meine Cousine will Frühstück. Ich sag dir, es ist ganz schön lästig, wenn die nicht alle bei meinen Eltern übernachten.«
Cat lachte erneut.
»Dann lass den Speck bloß nicht anbrennen.«
»Mach ich nicht. Bis morgen, Liebes.«
»Bis morgen.«
Mit einem Lächeln legte Cat auf und ließ ihren Blick durch den Raum streifen. Ihre Augen blieben an ihrem ersten Bild auf der Staffelei hängen.
Ja, der Start war vielleicht holprig und nicht ganz optimal gewesen. Doch das hieß auch, dass sich alles nur verbessern konnte. Cat genoss den Optimismus, der sich plötzlich in ihr ausbreitete. Den wollte sie sich von nichts und niemandem wieder nehmen lassen.
»Es war nur ein Traum«, flüsterte sie zu Dusty. »Der ist vorbei. Wir begrüßen jetzt den Tag und schauen, dass du etwas Ordentliches zum Fressen bekommst. Okay?«
Entschlossen öffnete sie ihren Internetbrowser auf dem Handy und war dankbar, wenigstens einen kleinen Balken Internetempfang zu haben. Cat googelte, bis sie eine Tankstelle gefunden hatte, die trotz St. Stephens Day geöffnet war.
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