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Lachen Sie gerne? Dann begeben Sie sich auf eine Reise durch die Welt der Komödie. In seinem dritten Buch der Narrenreihe (Narrentheater, Narrenschauspiel) nimmt André Schmitz Sie in Narrenkomödie erneut mit auf die Bretter, die die Welt bedeuten. In alltäglichen Szenen spiegeln seine Einakter humorvolle, derbe, niederrheinische Begegnungen wider, die jeder schon erlebt hat. Erfreuen Sie sich an den frechen, lustigen, vorlauten, liebevollen Menschen in seinen Stücken. "Narrenkomödie" - Noch nicht Schluss mit Lustig.
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Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Vorwort
Kirmes in Dölke
Zemeärteszogh in Dölke
Feuerwehrball 1899
Schreberjaat Poalhött
Eiertitschen
Alle Neune – Gut Holz
Der Wappenbaum
Der Witz setzt immer ein Publikum voraus. Darum kann man den Witz auch nicht bei sich behalten. Für sich allein ist man nicht witzig.
Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe
Erneut haben von mir geschriebene Bühnenstücke Einzug in ein Buch gehalten. Dieses Mal sogar insgesamt sieben Einakter, also zwei mehr, als in den beiden vorangegangenen Büchern, in welchen jeweils fünf zu lesen sind. Der Titel meines neuen Buches ist: „Narrenkomödie“ – Noch nicht Schluss mit Lustig!
Eine Theaterkomödie wird geschrieben, um das Publikum zum Lachen zu bringen und zu unterhalten. Im Gegensatz zu einer Tragödie, die ernste und oft tragische Themen behandelt, dreht sich die Komödie um lustige, absurde oder heitere Situationen und Charaktere. Die Handlung von Komödien ist oft leicht und humorvoll, mit witzigen Dialogen und lustigen Szenen. Missverständnisse und Verwechslungen werden häufig genutzt, um komische Effekte zu erzielen. Die Charaktere sind oft übertrieben dargestellt, manches Mal sogar klischeehaft, was ihre Eigenheiten und Schwächen humorvoll in den Vordergrund stellt. In meinen Stücken sind es immer wieder die gleichen Personen, wie zum Beispiel Mariechen, Fritzchen, Wirt Matthes, Drickes oder die Familie Sauerbrei, die derart dargestellt werden. Im Gegensatz zur Tragödie enden Komödien meist positiv oder zumindest versöhnlich.
Komödien enthalten manchmal auch subtile oder offene Kritik an gesellschaftlichen Normen, Sitten und Problemen, wobei der Humor als Werkzeug dient, diese Themen zu hinterfragen. Komödien gibt es in vielen Formen, wie etwa Slapstick (körperlicher Humor), Satire (kritischer Humor), Romantische Komödie (Liebesgeschichte mit humorvollen
Elementen) oder Schwarze Komödie (Humor in Bezug auf ernste oder düstere Themen).
Das Ziel bleibt jedoch immer, das Publikum auf der Bühne oder den Leser, der entsprechenden Bücher, zum Lachen zu bringen und eine entspannte Atmosphäre zu schaffen.
Um dieses Buch lesbarer zu machen, als die ursprünglichen Manuskripte, werden nur wenige Mundartbegriffe im „Dölker Plott“ (Dialekt) genutzt.
Dennoch wird auch in diesen vorliegenden Stücken der ein oder andere mundartliche Begriff zu lesen sein. Viele der Wortbeschreibungen werden Sie vermutlich kennen, einige vielleicht nicht. Die meisten werden im Stück unmittelbar erläutert.
Ein Beispiel:
Mariechen
Was ist eigentlich ene Tuunköning?
Rosemarie
Häh?
Mariechen
Ene Tuunköning – ein Zaunkönig.
Rosemarie
Ach, so...
Es handelt sich also um den mundartlichen Begriff für einen Vogel.
Weitere Begriffe finden Sie in der jeweiligen Legende erklärt.
Begeben Sie sich nun in die komödiantische Welt der Narren. Ich wünsche Ihnen humorvolle Stunden beim Lesen und dass meine Zeilen ab und an ein langandauerndes Lächeln in Ihr Gesicht zaubern.
André Schmitz
Im Jahr 2008 habe ich für das „Aat Dölker Stöckske“ die Dölker Kirmes um 1900 ausgesucht. Damals, wie auch heute, besuchten große und kleine Leute gerne dieses bunte Treiben.
Etwas in Vergessenheit geraten ist jedoch die Tatsache, dass bis weit ins 20te Jahrhundert hinein, am letzten Tag der Kirmes, auch hier bei uns in Dülken, eine Strohpuppe verbrannt wurde. Dieser Brauch, der in ähnlicher Form auch noch bei Schützenfesten angewendet wird, ist teilweise bis nach Süddeutschland verbreitet.
Die Puppe erhielt im Laufe der Jahre viele unterschiedliche Namen, wie zum Beispiel:
Kirmeshex, Kirmeskaatje, Kirmesmännchen, Zacheies, Paias, Erbsenbär, Bacchus u.a.
Für alle Übertritte während der Kirmes ist diese Puppe verantwortlich. Jedes Bier zu viel, jeder „nicht eheliche Kuss“, jedes „Schäferstündchen“, jedes Gespräch mit Viersenern und alle weiteren Fehlverhalten werden dieser Figur zur Last gelegt.
Mit dem Verbrennen oder Beerdigen der Kirmeshex wird somit das Kapitel Kirmes und auch die ein oder andere begangene Sünde beendet.
Dieser Brauch symbolisiert das Ende, aber gleichzeitig auch einen Neubeginn.
Wie sich ein solches Treffen, zum Verbrennen der Kirmeshex, abgespielt haben könnte, wer Träger der Kirmeshex ist, und welche Rolle Viersener auf der Dülkener Kirmes spielen, lesen Sie im Bühnenstück „Kirmes in Dölke“.
Auf dem Marktplatz sind viele verschiedene Fahrgeschäfte, Karussells, Schiffschaukeln, Schießstände, Losbuden, Büchsenwurfbuden, Süßigkeitenstände, Fischbuden aufgebaut. An einem Bierstand werden neben Getränken auch kleinere Speisen angeboten. Es gibt zahlreiche Tische und Sitzgelegenheiten für die Besucher des Festes.
Allerlei Krimskrams für die Buden, Lebkuchenherzen, Zuckerwatte- und Popcornmaschine. Fische für die Fischbude, Geschirr und Tischdecken, Blümchen für die Tische. Stelzen, Drehorgel, Hantelstange mit Gewichten, Lose, Glaskugel, Eimer und Schwamm, eine Kirmeshexe.
„Liebling mein Herz lässt dich grüßen“
Dat schlät öt Küüpe der Boam uut
Das schlägt dem Fass den Boden aus
Zääk
He da/sag mal
Wii schrivvt ör üch
Wie heißen Sie
Paias
Hanswurst
Du bös doch knatschjeck, datte bös
Du bist total verrückt
Streävele
Streiten
Die kikkt so sööt, wie e Ponk Stampzocker
Die schaut so süß drein, wie ein Pfund Zucker
Blaare
Kinder
Die ös ever all lang uut de Flüer.
Sie hat die Blütezeit hinter sich
Hoop und Hölp
Zu Hilfe
Wenn dö jeck wörs, dat fängt en deä Kopp aan
Wenn man verrückt wird, beginnt es im Kopf
Heä stenk na de Schöpp
Der riecht nach dem Grabspaten
Futschbloas
Schweinsblase
Driitfleech
Schmeißfliege
Orjelmännke
Drehorgelspieler
Mariechen
Wirtin
Matthes
Wirt
Drickes
Schiffschaukelbremser
Herr Heintges
Süßwarenbudeninhaber
Aal Fine
Fischverkäuferin
Konrad
Kirmesbesucher, Sohn von Fine
Leni Wüllenweber
Kirmesbesucherin
Didi Wüllenweber
Träger der Kirmeshexe
Hedwig Wüllenweber
Kirmesbesucherin, Didis Tochter
Wilhelm
Junge, Kirmesbesucher
Hansi
Stelzenläufer
Herr Voss
Bürgermeister
Frau Voss
Bürgermeistergattin
Herr Boeken
Orjelmännke
Herr Sauerbrei
Viersener Kirmesbesucher
Herr Tusch
Kirmesbudenbesitzer
Frau Ludmilla
Wahrsagerin
Herr Houdini
stärkster Mann der Welt
(Heintges betritt die Bühne und trägt einen Bauchladen)
Heintges
Bonbons, Zuckerstangen, Süßholz. Bei mir bekommen sie alles, was süß ist. Ist ja noch nicht viel los an diesem Mittag.
(Drickes kommt und fummelt an der Schaukel herum)
Heintges
Ah, der Herr Schiffschaukelbremser ist auch da. Juuten Mittach auch.
Drickes
Na, das schlägt dem Fass ja den Boden heraus. Wie nennst du mich? Schiffschaukelbremser? Ich glaube ja, dass du sie nicht mehr alle hast.
Heintges
Aber das bist du doch. Das ist doch das Einzige, was du gelernt hast, oder etwa nicht?
Drickes
Dafür muss man studiert haben, du dolle Hut. Das kann noch lange nicht jeder.
Heintges
Oh, das wusste ich gar nicht. Also dann: Herr Ober-Schiffschaukelbremser.
Drickes
Du bist so doof, du kannst eigentlich nur aus Viersen sein.
Heintges
Das ist jetzt aber eine Beleidigung. Ich mag ja doof sein, aber aus Viersen bin ich nicht.
Drickes
Jetzt hör bloß auf, hier Süßholz zu raspeln. Guck, dass du deine Bonbons verkauft bekommst, du Drüemel.
Heintges
Pfefferminzbonbons, Kamille-Bonbons, Schokoladenbonbons, Lakritz-Bonbons. Ich habe alles, was das Herz begehrt.
Drickes
Jetzt geh doch endlich weiter. Es dauert noch was, bis die Leute alle kommen.
Heintges
Und wieso?
Drickes
Heute ist doch der letzte Kirmestag und da treffen sich die Leute gleich hier an der Bierbude, um nachher die Kirmeshexe zu verbrennen.
Heintges
Ach so.
Drickes
Wie heißt du Paias überhaupt?
Heintges
Mein Name ist Heintges. Und wenn ich mal viel Geld habe, mache ich irgendwann in Dülken meine eigene Fischbude auf!
Drickes
Aha, riechen tust du jetzt schon so.
Heintges
Och, du bös doch knatschjeck, datte bös.
Drickes
Zääk, ich kenn dich noch jar nich. Wii schrivvt ör üch denn?
Heintges
Häää?
Drickes
Apropos viel Geld haben. Ich möchte ja mal so reich sein wie unser Kaiser Wilhelm und Aussehen möchte ich dann so wie du.
Heintges
Ach, das ist jetzt aber nett von dir, dass du so aussehen willst wie ich.
Drickes
Ja hör mal, wenn ich so reich bin wie unser Kaiser Wilhelm ne, dann ist es mir doch scheißegal wie ich aussehe.
(Das Wirtsehepaar erscheint an der Bierbude)
Matthes
Das ist ja nicht zum Aushalten mit euch. Schluss jetzt mit deä Streävelei. Mariechen, bringe den beiden doch mal zwei Kurze, damit hier Schluss ist.
Mariechen
Ich hätte gerne noch länger zugehört. Das war lustig.
Matthes
Na Drickes, wie geht’s dir denn?
Drickes
Ach, nicht so gut.
Matthes
Wieso? Was ist denn los?
Drickes
Ach, ich habe gestern EKG gemacht.
Matthes
Na und? Ein EKG tut doch nicht weh.
Drickes
Doch, bei mir schon. EKG! Enzian, Korn und Gin.
Mariechen
Das hätte ich gar nicht gedacht, dass das so ein Suupsack ist. Hier bitte sehr, eure zwei Kurzen.
Drickes
(zu Heintges)
Die kikt so söt, wie e Ponk Stampzocker.
Mariechen
Das habe ich gehört. Nene, für das Süßzeug ist der da zuständig.
Drickes
Aber Mariechen, ich habe mich für dich auch extra frisch rasiert.
Mariechen
Ja, das ist auch das einzige, was an dir noch frisch ist.
Matthes
Aber wo du gerade von EKG sprichst: Ich war letztens bei Dr. Lauer. Ohne mich zu untersuchen, hat der mir Moorbäder verschrieben.
Drickes
Wofür soll das denn gut sein?
Matthes
Er meinte, wenn ich so weitersaufen würde, dann könnte ich mich schon mal an die feuchte Erde gewöhnen.
Drickes
Hört mal bitte: Ihr habt doch gestern auf der Hochzeit vom alten Fürwentsches serviert und euch um das leibliche Wohl der Gäste gekümmert. Wie war es denn dort?
Matthes
Ich habe gesagt: Mariechen, da vorne am Tisch des Brautpaares wird der Schweinekopf serviert. Wenn du ihn gleich dahin bringst, dann denke daran, Zitrone ins Maul und Petersilie in die Ohren.
Mariechen
Und das habe ich auch genauso gemacht, wie er das gesagt hat.
Drickes
Ja und?
Mariechen
Na, ich sah vielleicht bescheuert aus, kann ich dir sagen.
Matthes
Schaut mal, da kommt Fine, die alte Fischverkäuferin
Mariechen
Und ihr Sohn ist auch dabei.
Drickes
Tach, Fine. Tach, Konrad.
Fine
Tach.
Konrad
Tach.
(Der Stelzenläufer läuft über den Kirmesplatz)
Hansi
Meine Damen und Herren gehen sie auf keinen Fall einfach so an der Schiffschaukel vorbei. Die macht Spaß, die macht Freude. Hier werden Männer wieder zum Kind.
Konrad
Mama, darf ich mal auf die Schaukel?
Fine
Aber sicher, mein Junge. Hier sind 10 Pfennig.
(Konrad und Drickes gehen zur Schiffschaukel)
Fine
Ich hätte gerne ein Tasse Kaffee.
Mariechen
Muss ich erst aufbrühen.
Matthes
Na, Frau Antwerpes, habt ihr den Sturm letzte Nacht mitbekommen?
Fine
Oh ja, das hat ganz schön gerappelt.
Matthes
Und? Ist euer Dach auch beschädigt?
Fine
Keine Ahnung, ich habe es noch nicht wiedergefunden.
Matthes
Fine, euer Sohn ist ja schon richtig groß geworden.
Fine
Ja, er ist schon in der vierten Klasse, bei Frau Bernhard in der Kreuzherrenschule. Aber dreimal hat er wiederholt.
(Drickes zieht Konrad am Ohr)
Konrad
(hat die Hose halb herunterhängen)
Aua, lass das!
Drickes
Du blödes Blaag!
Fine
Was hat er denn angestellt?
Drickes
Der Sausack hat von der Schaukel jepieselt!
Fine
Stimmt das, Konrad?
Konrad
Ich weiß gar nicht, was ihr wollt. Es heißt doch Schiffschaukel, oder?
Drickes
Er ist schon recht weit für sein Alter.
Konrad
Oh ja, bin ich. Gestern hätte ich sogar mit einer 25jährigen schlafen können.
Drickes
Warum hast du es nicht getan?
Konrad
Ich war überhaupt nicht müde.
Fine
Jetzt benimm dich.
(Konrad geht zur Schaukel. Der Stelzenläufer erscheint wieder)
Hansi
Liebe Kirmesbesucher, denkt daran, heute wird die Hexe verbrannt.
Konrad
Heute wird die Hexe verbrannt, lalalala.
(Leni Wüllenweber kommt mit ihrer Tochter Hedwig)
Fine
Ah, schaut mal wer da kommt! Ist das schon die Kirmeshexe?
Matthes
Hehe. Nein, das ist Frau Wüllenweber, nebst Tochter.
Alle
Guten Tag, zusammen.
Leni
Guten Tag. Seid ihr auch alle hier, um gleich die Kirmeshexe zu verbrennen?
Fine
Ja, sicher! Das ist doch Tradition.
Matthes
Na, Hedwig, wie war es denn am Samstag auf der Party? Warst du denn auch artig?
Hedwig
Wenn ich dem Wilhelm glauben kann, dann war ich sogar großartig.
Heintges
Kirschbonbons, Apfelbonbons, Erdbeerbonbons, Birnenbonbons.
Hedwig
Mama, darf ich ein Bonbon oder einen Lutscher und dann schaukeln?
Leni
Ja, aber pass auf dein Kleid auf. Dass mir da bloß keine Flecken draufkommen tun.
Matthes
Die ös ever all lang ut de Flüer.
Heintges
Häää?
Matthes
Die hat ihre Blütezeit schon lange hinter sich.
Hedwig
Mamaaaa, die lästern über dich!
Matthes
Nein, wir haben über die Blumen hier auf dem Tisch gesprochen. Möchten sie etwas trinken, Frau Wüllenweber?
Leni
Ja, immer noch einen Kaffee.
Matthes
Schwarz?
Leni
Ööhhh, was haben sie denn sonst noch so für Farben?
Fine
Wie war es denn im Urlaub?
Leni
Ach, da war alles voller Mücken.
Matthes
So umschwärmt war sie ja schon lange nicht mehr.
Leni
Ich muss doch sehr bitten.
Drickes
Ne, ne, nix bitten, getanzt wird erst heut Abend.
Leni
Aber dieser Kerl hier, der war letztens im gleichen Hotel untergebracht wie wir.
Matthes
Stimmt das?
Drickes
Ja, leider.
Leni
Und er lag zwei Tage lang ununterbrochen vor der Hoteltür.
Matthes
Besoffen?
Leni
Nein. Die hatten Hochwasser gemeldet und da dichten die ihre Türen immer ab mit alten Säcken.
Drickes
Das Hotel hat mir gar nicht gefallen. Ich konnte kaum schlafen.
Matthes
Warum das denn?
Drickes
Die Zimmer waren sehr hellhörig. Zum Beispiel lag ich eines Abends im Bett und hörte die ganze Zeit aus dem Nachbarzimmer: Wem gehört denn das süße Popöchen? Na, wem gehört denn das Popöchen?
Matthes
Aha!
Drickes
Und das hörte gar nicht mehr auf. Immer wieder: Wem gehört denn das Popöchen? Na, wem gehört es denn? Dann wurde es mir aber zu bunt. Ich aus dem Bett raus, auf den Flur gelaufen, an die Tür vom Nachbarzimmer gehauen und gerufen: Verflixt noch mal, das wird sich doch wohl noch feststellen lassen, wem der verdammte Arsch gehört.
Mariechen
Ich habe übrigens in dem Hotel serviert und ich kann das bestätigen, dass die Wände sehr dünn sind.
Matthes
Da hast du mir ja noch gar nichts von erzählt. Was war denn?
Mariechen
Ach, ich hatte mein Zimmer direkt neben der alten Wüllenweber und ihrem Mann. Und die haben wohl an einem Abend mal Liebe gemacht. Und da habe ich so einiges gehört.
Matthes
Ja? Jetzt erzähl schon.
Mariechen
Die alte Wüllenweber hat ihrem Mann wohl immer über den Kopf gestrichen und dann hat er sie gefragt warum sie das macht. Und da hat sie gesagt: Ich suche deine Hörner, du liebst mich ja wie der Teufel.
Drickes
Meine Güte!
Mariechen
Und kurz darauf hat der Didi seiner Frau dann wohl auch über den Kopf gestrichen. Diesmal hat nämlich seine Frau gefragt: Na, bin ich auch so teuflisch gut?
Matthes
Und? Was hat er geantwortet?
Mariechen
Er hat gesagt: Nein, ich suche deine Hörner, weil du so schwer bist wie ‘ne Kuh.
Drickes
Nicht so laut, sie bekommt das sonst mit.
Matthes
Bei mir ist das ja schon lange her, dass ich in einem Hotel war. Da waren wir noch gar nicht verheiratet.
Mariechen
Das war noch eine schöne Zeit.
Matthes
Auf jeden Fall habe ich einmal im Dülkener Hof übernachtet. Und als ich gerade zu Bett gegangen war, kam die junge, hübsche Tochter der Wirtin in mein Zimmer.
Drickes
Was wollte sie denn?
Matthes
Sie hat mich gefragt, ob ich frieren würde und, ob sie mich wärmen sollte.
Drickes
Ja, und?
Matthes
Ich ärgere mich heut noch, dass mir damals nicht kalt war.
Hedwig
Mamaaaa, der Junge hier sagt die ganze Zeit, ich soll von der Schaukel aus Pipi machen.
Konrad
Nee, das stimmt überhaupt nicht.
Fine
Lass das Mädchen in Ruhe. Das ist kein Umgang für dich.
Leni
Wie bitte?
Drickes
Wo bleibt denn euer Mann?
Leni
Er kommt etwas später.
Drickes
Hoop und hölp, da kommt der Bürgermeister, samt seiner Gattin.
(Herr und Frau Voss
kommen anspaziert)
Frau Voss
Ach Schatzi, du weißt ja gar nicht, wie gerne ich über die Kirmes gehe. Schön, dass wir hier sind.
Herr Voss
Es handelt sich um einen Pflichttermin und hat weniger was mit dir zu tun.
Frau Voss
Och Mann, mit deinen Äußerungen hast du mir schon so oft weh getan.
Herr Voss
Kann gar nicht sein. So wie du aussiehst, bist du doch schmerzfrei.
Frau Voss
Eines schönen Tages verlasse ich dich.
Herr Voss
Aber heute ist doch ein schöner Tag.
Frau Voss
(schluchzt)
Herr Voss
Du liebst mich doch nur, weil mein Vater mir ein Riesenvermögen hinterlassen hat.
Frau Voss
Nicht doch. Ich würde dich immer lieben, ganz egal wer es dir hinterlassen hat.
Matthes
Guten Tag Frau Bürgermeisterin, Herr Bürgermeister. Wünschen Sie etwas zu trinken?
Frau Voss
Bitte zwei Bier.
Herr Voss
Gestatten Sie, dass ich rauche?
Leni
Ach, Herr Bürgermeister, fühlen Sie sich wie zu Hause.
Herr Voss
Na, dann eben nicht.
Szene 27
Mariechen
Na, Frau Bürgermeisterin, wie ist es?
Frau Voss
Ganz gut. Ich war heute Morgen noch in einem Schönheitssalon.
Mariechen
Ach.
Frau Voss:
Was, ach?
Mariechen
Na, sie haben es wenigstens versucht. Aber sagen sie mal, wie war es denn auf dem Geburtstag von Ihrer Oma. Sie ös doch 90 geworden. Was habt ihr der Oma denn geschenkt?
Frau Voss
Wir haben Geld gesammelt und für 500 Mark einen Callboy für Oma bestellt. Dann haben wir die Oma mit dem Callboy in ihr Zimmer gebracht und alleine gelassen. Und wir haben gefeiert.
Mariechen
Ja, und?
Frau Voss
Als nach einer Stunde der Callboy immer noch nicht aus dem Zimmer kam, habe ich mir Sorgen gemacht und bin mal in das Zimmer gucken gegangen. Und da lag der Mann ganz alleine auf dem Bett.
Mariechen
Und? Wo war die Oma?
Frau Voss
Das habe ich den Callboy auch gefragt. Da sagt der: Och, keine Sorgen, die Oma ös nur schnell zur Sparkasse, noch mal 500 Mark abheben.
Mariechen
Sie kennen doch auch meinen Opa, oder?
Frau Voss
Klar, der alte Schmitz ist das doch. Der geht doch auch schon auf die 90 zu.
Mariechen
Genau der! Er war gestern im Rathaus und hat sich offiziell als Dülkener abgemeldet und sich zum Viersener umschreiben lassen.
Frau Voss
Wenn dö jeck wörs, dat fängt en der Kopp aan.
Mariechen
Genau das habe ich ihm auch gesagt, aber er meinte nur: Mariechen ich stenk doch all na de Schöpp, und mir ist es lieber, es geht ein Viersener, als einer von uns.
(Stelzenläufer kommt wieder)
Hansi
Denken Sie auf jeden Fall daran, ein süßes Souvenir von der Dölker Kirmes mitzunehmen.
Konrad
Mama, soll ich dem staksigen Schwätzer mal Beinchen stellen?
Fine
Untersteh dich, nachher fällt der mir noch auf meinen Kuchen.
Heintges
Zimtbonbons, Anisbonbons, Bourbonbonbons.
Konrad
Der Jeck geht mir auch auf den Senkel. Genau wie der Stelzekerl. Ah, guck mal, wer da hinten kommt.
Drickes
Endlich, da kommt er ja.
(Didi und Wilhelm kommen und haben die Kirmeshexe dabei)
Didi
Guten Tag zusammen. Wie gefällt euch die Hexe?
Drickes
Sehr schön! Wer hat denn dafür Modell gestanden?
Didi
Niemand, nur das Stroh erinnert mich immer ein bisschen an dich. Aber gib mal lieber einen aus.
Drickes
Das geht nicht, meine Freundin hat ein Kind bekommen und mich jetzt auf Unterhalt verklagt.
Didi
Oh, hast du denn kein Veto eingelegt?
Drickes
Doch, aber das muss irgendwie verrutscht sein.
Didi
Gut, dann gebe ich jetzt einen aus. Mariechen, bitte zwei Bier und für meinen Jungen eine Brause.
Drickes
Wieso seid ihr denn so spät?
Wilhelm
Papa und ich waren mit unserem Hund noch beim Fußball. Dülken gegen Viersen.
Matthes
Hat der Hund wieder Salto geschlagen?
Wilhelm
Ja, hat er.
Matthes
Das habe ich einmal mitbekommen, wenn der mit seinem Hund zum Fußball geht. Immer wenn die Viersener ein Tor geschossen hatten, machte der Hund plötzlich einen Salto.
Drickes
Boahh, einen Salto? Wie denn? Vorwärts oder rückwärts?
Didi
Das ist je nachdem, wie ich ihn gerade treffe.
Drickes
Fußball ist für Didi alles. Ich wette, er weiß noch nicht mal mehr, wann er geheiratet hat.
Didi
Da irrst du dich aber gaaanz gewaltig. Das weiß ich noch ganz genau. Das war nämlich, als wir mit Dülken bei den Ochsen in Dilkrath 2:1 gewonnen haben.
Wilhelm
Wir hatten Glück, dass wir noch rechtzeitig beim Anpfiff waren.
Drickes
Wieso? Hast du wohl was zu lange geschlafen oder?
Didi
Ach, gestern ist es ein wenig später geworden. Aber heute Morgen waren mein Hemd und meine Hose schön zusammengelegt, auf dem Tisch stand für mich das Frühstück bereit und ein Zettel von meiner Frau lag auf dem Tisch. Da stand drauf: Wir sind schon zur Kirmes. Geh du doch erst das Fußballspiel gucken und dann kommst du nach.
Wilhelm
Ja, der Papa ist um drei Uhr total besoffen, fast schon bewusstlos, nach Hause gekommen und hat erst mal ein paar Möbel demoliert. Dann hat er sich im Flur noch übergeben.
Drickes
Oh weia! Und warum war denn heute Morgen alles so schön aufgeräumt und was sollte der Zettel?
Didi
Der Wilhelm hat mir das so erzählt: Erst hat mich meine Frau ins Schlafzimmer geschleift, dann auf das Bett gewuchtet und gewaschen, aber als sie versucht hat mir die Hose auszuziehen, habe ich mich wie der Teufel gewehrt und wohl gerufen: Hände weg Fräulein, ich bin glücklich verheiratet.
Drickes
Da sieht man es wieder mal. Zur richtigen Zeit, das Richtige sagen, ist Gold wert.
Matthes
Aber sach mal, das mit deiner Schwiegermutter, das wusste ich ja gar nicht. Das tut mir aber leid.
Didi
Danke.
Drickes
Wie, was ist denn mit deiner Schwiegermutter? Ich denk, die ist vor zwei Jahren bei Ibiza im Meer ertrunken und seitdem verschollen.
Didi
Ja, ist sie ja auch, aber letzte Woche kam ein Telegramm aus Ibiza.
Drickes
Was stand denn drin?
Didi
Da stand: Überreste ihrer Schwiegermutter über und über mit Muscheln bedeckt gefunden. Perlen haben einen Wert von 100.000 Mark.
Drickes
Und? Was hast du denen zurücktelegrafiert?
Didi
Ich habe zurücktelegrafiert: Perlen verkaufen, Geld überweisen, Köder wieder auslegen.
Hansi
Meine Damen und Herren, verpassen Sie gleich auf keinen Fall den stärksten Mann der Welt, hier auf dem alten Markt in Dülken.
Didi
Phh, stärkster Mann der Welt, die kennen mich noch nicht. Ich habe früher als Boxer Unmengen an Geld verdient.
Drickes
Das glaubst du doch selber nicht. Du bist doch ständig KO gegangen.
Didi
Stimmt, aber ich hatte meine Schuhsohlen als Werbefläche vermietet.
Drickes
Hör mal: Deine Frau hat doch bald Geburtstag, hast du schon ein Geschenk für sie?
Didi
Na klar.
Drickes
Was hast du denn?
Didi
Ich habe Dessous gekauft, in Größe 98. Einen wunderschönen Schlüpfer.
Drickes
Wie bitte? Einen Schlüpfer in Größe 98? Die Größe gibt es überhaupt nicht, wie kommst du denn da drauf?
Didi
Doch, 98 gibt es! Das weiß ich ganz genau. Ich habe nämlich einen neuen Kaninchenstall und der ist einen Meter breit. Und da ist links und rechts noch je ein Zentimeter frei, wenn meine Frau davorsteht.
(Herr Boeken kommt an)
mit der Drehorgel und spielt ein Lied
Hansi
Hier ist für sie aber jetzt erst mal das Dülkener Orgelmännlein.
Frau Voss
Das ist aber mal ein schönes Gerät.
Boeken
Oh, danke, schöne Frau! Und wie finden sie denn meine Drehorgel?
Frau Voss
Phhh!
Boeken
Ach, Herr Bürgermeister, ihr seht aus als hättet ihr Kummer?
Herr Voss
Ja, Herr Boeken, meine Frau hat angedroht, sie spricht einen Monat nicht mehr mit mir.
Boeken
Wie schrecklich.
Herr Voss
Ja, heute ist der Monat um.
Herr Voss
Aber sag mal, du warst doch vor drei Wochen auch auf der Kirmes in Viersen.
Boeken
Ja, warum?
Herr Voss
Da ist mir etwas aufgefallen. Du hast doch mit den zwei Viersenern gesprochen, die mit ihrem Hund vorbeikamen.
Boeken
Genau! Da erinnere ich mich dran.
Herr Voss
Und nachdem du mit denen gesprochen hattest, blieben die alle paar Meter stehen und haben den Schwanz von ihrem Hund hochgehoben und dem immer wieder auf das Hinterteil geguckt. Und jetzt würde es mich ja interessieren, was du denen gesagt hast?
Boeken
Ach sooo! Als die vorbeikamen habe ich zu meinen Freunden nur gesagt: Guckt mal, da kommt wieder der Hund mit den beiden Arschlöchern.
(Herr Sauerbrei und Herr Tusch kommen und stellen sich an die Wurfbude)
Sauerbrei