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Die Ursache von Übergewicht liegt oft nicht in ungesundem Essverhalten, sondern in einem gestörten Gleichgewicht der Darmbakterien. Basierend auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erklärt Ihnen Dr. Fedon Lindberg in seinem Buch, wie das Verdauungssystem funktioniert, wie das Mikrobiom steuert, was wir zu uns nehmen, und wie Sie ein gesundes bakterielles Ökosystem im Darm erreichen können, mit dem Sie automatisch weniger Kalorien aufnehmen und weniger Fett einlagern – und damit nachhaltig abnehmen. Entscheidend ist dabei, dass man weniger Zucker und Stärke und mehr gesundes Fett sowie fermentierte Nahrung und genügend Proteine isst. Das Buch bietet Ihnen eine leicht umzusetzende Darm-Diät mit einem 14-tägigen Menüplan und über 50 Rezepten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Dr. Fedon Lindberg
Die Darmflora erneuern,Gewicht verlierenund schlank bleiben
Übersetzt aus dem Norwegischenvon Michael Baumgartner und Daniela Syczek
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
Die Übersetzung aus dem Norwegischen wurde durch NORLA finanziell unterstützt.
Wichtiger Hinweis
Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
1. Auflage 2019
© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Die dänische Originalausgabe erschien 2017 bei Kagge Forlag unter dem Titel Naturlig slank med Tarm I Balanse. © 2017 by Kagge Forlag AS. All rights reserved. This translation published by arrangement with Stilton Agency, Oslo, and Arrowsmith Agency, Hamburg.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Michael Baumgartner, Daniela Syczek
Redaktion: Werner Wahls, Silke Panten
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: Andrii Bezvershenko/Shutterstock.com
Abbildung S. 188: Charlotte Sabella
Satz: Digital Design, Eka Rost
Druck: CPI books GmbH, Leck
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-7423-0818-4
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0445-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0446-6
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
Vorwort
KAPITEL 1 Der »böse« Faktor X
Der (noch) unbekannte Faktor X für ein dauerhaft gesundes Gewicht
Keine Modediät – Ernährung und Darm ein Leben lang im Gleichgewicht
Mehr Lebensenergie
KAPITEL 2 Langfristig gesund und natürlich schlank mit einem Darm im Gleichgewicht
Die Reise der Nahrung vom Mund zum Darm
Der Darm und das Immunsystem
Der Darm und die Hormone
Der Dickdarm – voller Leben
Verschiedene Teile des Verdauungstraktes haben verschiedene Bakterien
Die Bedeutung der Darmflora
KAPITEL 3 Der Darmfaktor – der überraschende Faktor X für dauerhaft gesundes Gewicht
Das Kalorienmodell
Die tatsächliche Kalorienaufnahme
Verdauungsgrad und Zusammensetzung sind wichtig
Die Verarbeitung der Nahrungsmittel ist entscheidend
Die Art der Kalorien ist wichtiger als die Menge
Essen setzt Wärme frei
Das Hauptprinzip des Abnehmens
Der Faktor X: Das Geheimnis des dauerhaft gesunden Gewichts liegt in Ihnen selbst
Darm im Gleichgewicht – gesundes Gewicht
So lässt sich die Darmflora testen
Der Darmfaktor
Günstige Darmbakterien führen zu weniger Hungergefühl und Verlangen nach Süßem
Bakterien im Gleichgewicht bedeuten weniger Kalorien
Günstige Darmbakterien führen zu weniger Fett im Körper
Wenn der Darm durchlässig ist
KAPITEL 4 Füttern Sie Ihre guten Darmbakterien
Probiotika
Sind Probiotika sicher?
Wie kann die Darmflora repariert werden?
Können Probiotika beim Abnehmen helfen?
Präbiotika
Können Präbiotika beim Abnehmen helfen?
Präbiotika und Probiotika: Sowohl als auch
Woher bekomme ich Präbiotika?
Probiotische Lebensmittel
KAPITEL 5 Ausgewogene Ernährung für einen ausgewogenen Darm
Ernährung und Darm im Gleichgewicht – der Weg zu einer gelungenen Änderung des Lebensstils
Die Zusammensetzung der Ernährung: Proteine
Die Zusammensetzung der Ernährung: Kohlenhydrate
Die Zusammensetzung der Ernährung: Ballaststoffe
Die Zusammensetzung der Ernährung: Fette
Getränke
Superfood für Supergesundheit
Regionale Lebensmittel
Zentrale Begriffe rund um Ernährung und Darm im Gleichgewicht
KAPITEL 6 Phase 1: Gewichtsabnahme
Wer sollte mit Phase 1 beginnen?
Wie lange sollte ich der Phase-1-Diät folgen?
So berechnen Sie Ihren BMI
Zweck der Phase 1
Was passiert im Körper?
Ihr Proteinbedarf
Essen Sie jeden Tag Lebensmittel in Bioqualität
Fermentierte Lebensmittel und präbiotische Ballaststoffe
Gemüsesorten, die über der Erde wachsen
Früchte und Beeren
Essen Sie gesundes Fett zu jeder Mahlzeit und Zwischenmahlzeit
Speiseplan für Phase 1
Getränke
Phase 1 – WOCHENMENÜS
Wie erstelle ich meinen eigenen Menüplan?
Phase-1-Rezepte
Phase-1-Mahlzeiten für Gestresste
KAPITEL 7 Nahrungsmittelergänzungen
Bevor Sie Nahrungsergänzungsmittel einnehmen
Wer braucht Nahrungsergänzungsmittel?
Antioxidantien
Omega-3-Fettsäuren
Vitamin D
Nahrungsergänzungsmittel für einen gesunden Darm
KAPITEL 8 Phase 2: Langfristig schlank und gesund
Was erwartet Sie in Phase 2?
Ernährung im Gleichgewicht in der Praxis – das kleine ABC und F
Wie viel sollten Sie essen?
Ernährungspyramide für ausgeglichene Kost
Zehn Tipps, um die glykämische Last zu reduzieren
Grundregeln für Ernährung und Darm im Gleichgewicht
Motivation und Regeln
Frust- und Trostessen
Nehme ich zu, wenn ich esse, ohne hungrig zu sein?
Wie man achtsam isst
Phase-2-Wochenspeisepläne
ABF-Rezepte
ABC-F-Rezepte
KAPITEL 9 Zehn Geheimnisse, um langanhaltend gesund und schlank zu bleiben
Die Verdauung optimieren
Bringen Sie Ihren Blutzucker ins Gleichgewicht
Gehirnjogging
Nehmen Sie lebenswichtiges Fett zu sich
Essen Sie bunt für antioxidativen Schutz
Denken Sie daran, sich ausreichend zu »gießen«!
Du bist, was du … trinkst
Sorgen Sie für genug »Qi« in Ihrem Leben
Stark, beweglich und in Form bleiben
Trennen Sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Sinn finden
KAPITEL 10 Der Darm – Ihr zweites Gehirn
Ihr Bauchgefühl
Das enterische Nervensystem
Psychobiotika: Darm im Gleichgewicht für Gehirn im Gleichgewicht
KAPITEL 11 Das Gleichgewicht im Darm und warum es oft gestört ist
Kaiserschnitt, Darmflora und Übergewicht
Stillen, Darmflora und Übergewicht
Wir leben länger als früher – hat das auch eine Kehrseite?
Die Hygienehypothese – sind wir zu sauber geworden?
Antibiotika – Freund oder Feind?
Können Antibiotika schuld an Übergewicht und der Adipositas-Epidemie sein?
Stress, Darmflora, Gesundheit und Gewicht
Magensäurehemmende Medikamente bringen neue Probleme mit sich
SIBO und Reizdarmsyndrom
Altern, Darmflora, Gesundheit und Gewicht
Umweltgifte, Darmflora, Gesundheit und Gewicht
Gute Entgiftung muss sein
Lebensmittel, die der Entgiftung des Körpers dienen
Biologische vs. herkömmliche Lebensmittel – wann lohnt sich Bio?
KAPITEL 12 Darm, Gewicht, Gesundheit und Krankheit
Entzündung – wenn es im Körper brennt
Entzündungsfördernde Lebensmittel
Entzündungshemmende Lebensmittel
Das schlechte Bauchgefühl
RDS – wenn der Darm »wütend« ist
Wenn Essen zum Feind wird
Was bedeutet Nahrungsmittelintoleranz genau?
Glutenintoleranz ohne Zöliakie?
Was ist FODMAP?
Die wahren Übel: Gestörte Darmflora und SIBO
Immunbezogene Nahrungsmittelreaktionen
Nahrungsmittelintoleranz – eine Detektivarbeit
Magengeschwüre/Gastritis
Wenn der Darm zu arbeiten aufhört
Wer leidet unter Verstopfung – und warum?
Durchfall – flüssig, dünn …
Weiterführende Literatur, Quellen und Referenzen
Im Jahr 2000 habe ich mein erstes Buch, Naturlig slank med kost i balanse (Natürlich schlank mit ausgewogener Ernährung), geschrieben. Wenn ich jetzt nach fast zwei Jahrzehnten zurückblicke, frage ich mich: Was gibt es inzwischen für neue Erkenntnisse, die für das Erreichen und Halten eines gesunden Gewichts und für die Gesundheit von Bedeutung sind? Die Antwort auf diese Frage ist dieses Buch.
In meinem ersten Buch war es mein Anliegen, den Lesern nahezubringen, wie wichtig ein ausgeglichener Blutzucker- und Hormonhaushalt für das Gewicht und die Gesundheit sind. Ich erklärte, dass es ebenso wie bei wertvolleren und nicht so wertvollen Fetten auch Kohlenhydratlieferanten gibt, die günstiger oder weniger günstig sind. Das Buch löste eine große Debatte aus, und es gab viel Kritik, die sich nicht selten gegen mich als Person anstatt gegen den Inhalt richtete. Aber im Laufe der Jahre sind meine Aussagen im Großen und Ganzen akzeptiert worden, viele Forschungsresultate haben meine Empfehlungen gestützt, die auf eine niedrigglykämische, »Smart-Carb«-Version der traditionellen Mittelmeerkost hinausliefen.
Low-Carb in verschiedenen Varianten gab es bereits vorher. Unter anderem hatte der amerikanische Arzt Robert Atkins großen Erfolg mit seiner extremeren Variante von Low-Carb gehabt. Diese wurde später, in den Jahren 2011/12, unter dem Namen LCHF (low carb high fat) wieder in Skandinavien populär, zuerst in Schweden, dann in Norwegen. Zu Beginn wurde sie von der Presse hoch gelobt, und in den Zeitungen fand sich über längere Zeit ein Aufmacher nach dem anderen im gewohnten Stil, zuerst über das Low-Carb-Paradies, dann über die Low-Carb-Hölle. Die Beliebtheit von LCHF nahm rapide ab, wenn sie auch, wie alle Diätmoden, Spuren hinterließ.
Als LCHF noch das Paradies versprach, verspürte ich das Bedürfnis, mich dazu zu äußern. Ich war der Meinung, dass das Ganze zu weit gegangen war. Der Weg zum gesunden Körper bestand wohl kaum darin, zum Frühstück täglich Sahne zu trinken und Eier mit Speck zu essen und Koteletts zum Mittag- und Abendessen zu verspeisen. Das wurde zwar auch von den meisten LCHF-Experten nicht in dem Extrem empfohlen, aber im Endeffekt wurde es so dargestellt. Die Gegenreaktion kam schließlich von der Presse selbst, die Low-Carb plötzlich verteufelte. Danach folgten in kurzem Abstand die 5:2-Diät und die Paläo-Diät, und derzeit sollen praktisch alle glutenfrei essen. Zurzeit sind vegetarische und vegane Ernährung in und politisch korrekt.
Was ich in sämtlichen meiner Bücher allerdings beschrieben habe, sollte keine Diät sein, sondern eine ausgewogene Ernährung, deren Ausgangspunkt ein ausgewogener Blutzucker- und Hormonhaushalt ist – beide hängen eng zusammen. Ich erläuterte, warum schnelle Kohlenhydrate von diesem Standpunkt her problematisch sind und warum mehr Proteine, gesunde Fette, vor allem pflanzliche, ballaststoffreiches Gemüse, aber auch Obst und Beeren in Maßen zu Gesundheit und einem vernünftigen Gewicht führen. In meinem Buch Smartkarbo – ikke ett fett aus dem Jahr 2012 hob ich unter anderem hervor, wie eine Ernährung, die auf der traditionellen Mittelmeerküche basiert, aber weniger Zucker und Stärke enthält, zu einer wesentlich geringeren Anfälligkeit für Herz- und Gefäßerkrankungen, Krebs, Typ-2-Diabetes und chronische Entzündungen beitragen kann.
In meinem Buch Tid med maten aus dem Jahr 2014 beschrieb ich, wie man gesünder leben und biologisch jünger und natürlich schlank bleiben kann, indem man Gesundheit und Genuss kombiniert, wobei bewusstes Essen, weniger Stress und besserer Schlaf eine große Rolle spielen.
Als Facharzt für Innere Medizin habe ich 30 Jahre klinische Erfahrung. In gut 10 Jahren haben meine Mitarbeiter und ich mehr als 15.000 Menschen dabei unterstützt, gesünder zu werden und ein gesünderes Gewicht zu erreichen.
Hat sich seit meinem ersten Buch im Jahre 2000 in der Forschung also etwas grundlegend Neues und Wichtiges ergeben?
Das hat es in der Tat, und das ist der Ausgangspunkt dieses Buches. Der 14. April 2003 ist dabei ein historisches Datum. An diesem Tag wurde das menschliche Genom, also die vollständige Karte der menschlichen Gene, veröffentlicht. Das war das Endergebnis einer monumentalen, internationalen Forschungskooperation, die 1984 begann und ca. eine Milliarde Euro gekostet hat. Dies eröffnete der Medizin ungeahnte Möglichkeiten zur individualisierten Behandlung, aber auch Möglichkeiten zur individualisierten Vorbeugung, obwohl nur 0,1 % der Gene von Person zu Person variieren und 99,9 % völlig gleich sind.
Seit 2003 hat sich die Technologie rasch weiterentwickelt, und heute kann man die Gene eines Menschen schnell und verhältnismäßig günstig kartieren (was nicht bedeutet, dass man damit versteht, wozu diese Gene dienen). Die Erwartung, eine solche Kartierung würde Vorbeugung und Behandlung revolutionieren, hat sich allerdings nicht ganz erfüllt. Neuere Forschungen haben seither nämlich gezeigt, dass nur ein kleiner Teil unserer Gene aktiv oder eingeschaltet ist und damit eine Bedeutung für unsere Körperfunktionen und unsere Gesundheit hat. Die meisten sind ausgeschaltet, und es hat sich gezeigt, dass Umweltfaktoren vor und während der Empfängnis, während der Schwangerschaft, nach der Geburt und das ganze Leben hindurch Gene ein- und ausschalten und die Gesundheit (und das Gewicht) beeinflussen können. Diese ständige Aktivierung und Deaktivierung von Genen auf Grund von Umweltfaktoren nennen wir Epigenetik.
Doch die größte Überraschung sollte erst noch kommen, und zwar 2012. Nach vierjähriger Forschung im Rahmen des internationalen Human Microbiome Project (HMP) wurden auch die Gene aller Mikroben, die in unserem Körper leben, kartiert und publiziert. Zur großen Überraschung fand man heraus, dass wir zehnmal so viele Mikroben als Zellen im Körper haben – vor allem im Darm, aber auch auf der Haut, im Mund, in der Nase und in den Geschlechtsorganen. Wir sind also nur zu 10 % Menschen und zu 90 % Mikroben! Wir sind ein wandelndes Ökosystem und haben hundertmal so viele bakterielle Gene in uns wie menschliche Gene!
Diese Entdeckung bedeutete eine Revolution innerhalb der Medizin. Der größte Umweltfaktor, der unsere menschlichen Gene beeinflussen (ein- und ausschalten) kann, befindet sich nämlich in uns, und es ist unsere Bakterienflora, das sogenannte Mikrobiom. Diese Bakterien variieren von Mensch zu Mensch sowohl nach Art wie nach Anzahl, sodass jeder Mensch sein ganz individuelles Mikrobiom besitzt, so wie auch alle einen einzigartigen Fingerabdruck haben. Noch dazu ist diese Bakterienflora in konstanter Veränderung, die von der Ernährung, dem Lebensstil und nicht zuletzt von Umweltfaktoren wie Umweltgiften, Sonne (Vitamin D) und vielem mehr abhängig ist.
Die neuen Forschungsergebnisse und die Verbindung zwischen unseren Darmbakterien und dem Körpergewicht bilden den Hintergrund dieses Buches; das ist der große neue Faktor, der seit meinem ersten Buch Naturlig slank med kost i balanse von 2000 hinzugekommen ist. Denn um »natürlich schlank« zu werden, muss auch der Darm im Gleichgewicht sein!
Glücklicherweise müssen wir nicht unser gesamtes früheres Wissen über gesunde Ernährung über Bord werfen. In den letzten Jahren hat eine große Anzahl wissenschaftlicher Artikel bestätigt, dass eine zucker- und stärkereiche Ernährung die Gesundheit gefährden kann. Neuere Forschungen haben nicht zuletzt bestätigt, dass kohlenhydratreiche Ernährung mit einem erhöhten Risiko von Herzerkrankungen und Krebs einhergeht; gleichzeitig ist die Vermutung, die Gesamtmenge an Fett in der Ernährung führe zu einem höheren Risiko, an diesen Leiden zu erkranken, widerlegt, und es herrscht Einigkeit darin, dass der Fokus auf der Qualität der Fette liegen sollte.
Es besteht kein Zweifel, dass eine Ernährung mit weniger Kohlenhydraten zur Gewichtsreduzierung beiträgt, nicht zuletzt weil sie ein größeres Sättigungsgefühl erzeugt und man nicht übermäßig isst. Allerdings kann die Gesundheit dadurch gefährdet werden, dass man kohlenhydratreiche Nahrungsmittel durch solche ersetzt, die nicht ausgewogen und variiert genug sind oder die langfristig sogar schädlich wirken. Unter den kohlenhydratarmen Nahrungsmitteln finden sich nämlich gesunde und weniger gesunde. Es geht nicht nur ums Abnehmen, sondern auch um Vorbeugung gegen Krankheiten und ein langes und gutes Leben.
In diesem Buch werden Sie neuere wissenschaftliche Erkenntnisse über die positive und negative Wirkung verschiedener Nahrungsmittel kennenlernen, nicht zuletzt auf den Darm – unser zweites Gehirn – und auf das Blutzucker- und Hormongleichgewicht und dadurch auf Verbrennung und Körpergewicht. Sie werden erfahren, welche Nahrungsmittel Krankheiten vorbeugen und langfristig ein gesundes Gewicht garantieren, anstatt nur eine kurzfristige Gewichtsreduktion. Sie werden grundlegendes Wissen über organische Lebensmittel erwerben, die durch gesunde Bakterien und präbiotische Ballaststoffe unsere lebensnotwendigen Bakterien versorgen.
Sie werden auch einiges über die verschiedenen Nährstoffe, Kohlenhydrate, Proteine und Fette lernen und darüber, was wir über den Zusammenhang zwischen bestimmten Lebensmitteln und dem Risiko von Übergewicht, Diabetes, Herzerkrankungen, Krebs und chronischen Entzündungen wissen. Allerdings spielt auch der Umgang mit den Nahrungsmitteln eine große Rolle, da stark verarbeitete und erhitzte Lebensmittel generell schädlich zu sein scheinen. Diese Erkenntnisse werden so leicht verständlich wie möglich präsentiert, und Sie werden ganz konkrete und einfache Ratschläge erhalten, wie Sie es schaffen, wenn nötig Gewicht zu verlieren und danach das gesunde Gewicht für den Rest Ihres Lebens zu halten.
Wenn Sie normalgewichtig sind, wird das Buch Ihnen dabei helfen, Ihr Normalgewicht zu halten und gesünder zu werden. Leiden Sie unter Reizdarm (Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung), bekommen Sie noch dazu ein besseres Bauchgefühl. Schließlich werden Sie sich generell besser fühlen, mehr Energie und bessere Laune, Konzentration und ein besseres Gedächtnis bekommen. Sie werden merken, dass Körper und Geist ins Gleichgewicht geraten!
Dieses Buch habe ich für die geschrieben, die keine Grenzen, sondern neue Möglichkeiten sehen!
Viel Freude und gute Verdauung!Fedon Lindberg
Wie wäre es, wenn es einen Knopf gäbe, auf den man drücken könnte, und die überflüssigen Pfunde verschwänden auf Dauer? Und wenn es einen Faktor X gäbe, der Sie die ganzen Jahre daran gehindert hätte, Ihr Wohlfühlgewicht zu erreichen und zu halten? Wenn es nicht nur darum ginge, sich zusammenzureißen, weniger zu essen und sich mehr zu bewegen? Übergewicht ist nur zum Teil selbstverschuldet!
Mögen Sie gutes Essen? Natürlich. Nehmen Sie leicht zu oder sind übergewichtig? Vielleicht haben Mitglieder Ihrer Familie Übergewicht? Essen Sie vielleicht das Gleiche wie Ihr Partner oder Ihre Geschwister, aber nur Sie nehmen zu?
Nehmen Sie besonders leicht am Rumpf zu, während Arme und Beine relativ dünn sind? Hat Ihr Arzt Ihnen vielleicht gesagt, sie sollten weniger essen und sich mehr bewegen?
Können Sie Ihr Verlangen nur schwer zügeln? Gehören Sie zu denen, die einen starken Hang zu Süßigkeiten oder Brot, Kartoffeln und anderen Arten von Stärke haben? Die bei Süßem oder Snacks wie Kartoffelchips nicht aufhören können, bis alles weg ist? Die Stimmungsschwankungen oder im Laufe des Tages wechselnde Leistungsfähigkeit erleben? Fühlen Sie sich nach dem Mittagessen müde oder sogar schlapp? Die Konzentration schwächelt und Sie sind reizbar? Und dann essen Sie etwas Schokolade oder trinken Cola oder eine zuckerhaltige Limo und fühlen sich gleich besser und sprühen von Energie? Doch nach ein paar Stunden sind Sie wieder genauso müde, hungrig und schlecht gelaunt? Dieses Muster wiederholt sich nach dem späten und reichlichen Abendessen, vielleicht wachen Sie sogar mitten in der Nacht auf und werfen einen Blick in den Kühlschrank? Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, sind Sie möglicherweise »zucker- und kohlenhydratsüchtig«.
Sind Sie oft gestresst? In der Natur ist Stress ein notwendiger Überlebensmechanismus, doch der heutige Stress hängt nicht mit realen Gefahren zusammen – wir müssen nicht davonlaufen! Die Hormone, mit denen uns die Natur zum Umgang mit Stress ausgestattet hat, halten sich im Blutkreislauf. Das Resultat ist chronischer Stress mit Symptomen wie Gewichtszunahme, geringem Sexualtrieb, Konzentrationsproblemen und schlechtem Gedächtnis sowie ernsteren Problemen wie Herzkrankheiten, Diabetes, Osteoporose, Hautleiden und Darmentzündung. Stress hat oft Auswirkungen auf unsere Essgewohnheiten: Wir überspringen Mahlzeiten oder greifen zu unkompliziertem kohlenhydrat- und fettreichem Essen. Aber ist es nur unsere Umgebung, die uns stresst, oder sind wir zu stressempfindlich geworden, und falls ja, warum?
Sind Sie ständig müde, schlecht gelaunt und sogar niedergeschlagen? Fühlen Sie sich unkonzentriert oder reizbar? Das kann an den Hormonen liegen, die auf Grund Ihrer Ernährung oder Ihres Lebensstils aus dem Gleichgewicht geraten sind. Unsere industrialisierte Ernährung steht in einem starken Konflikt mit unseren genetischen Voraussetzungen. Einige vertragen diesen Lebensstil allerdings besser als andere. Wie Sie in diesem Buch erfahren werden, spielt die Gesundheit des Darms eine sehr große Rolle für die geistige Gesundheit.
Zuckerabhängige, schlecht gelaunte, gestresste, ängstliche und deprimierte Menschen greifen schnell zu Schokolade und anderen Süßigkeiten sowie zu Lebensmitteln, die viel Fett, Zucker und Stärke enthalten. Die erhöhen nämlich die Ausschüttung von »Gehirnhormonen« wie Serotonin, Dopamin und Endorphinen, sogenannten Glückshormonen, und wirken daher beruhigend. Gleichzeitig erhöhen sie jedoch den Insulinspiegel, was zu Übergewicht, Diabetes Typ 2, erhöhtem Blutdruck und Herz- und Gefäßkrankheiten führen kann. Alkoholsucht hat eine ähnliche Wirkung, weshalb man vorsichtig sein soll, wenn man zu oft »einen Drink braucht«.
Aber warum hat das Gehirn das Bedürfnis, ruhiger und glücklicher zu werden? Warum braucht es mehr Glückshormone und bringt Sie dazu, das falsche Essen zu wählen? Zur Hormonstörung, die Ihr Ess- und Trinkverhalten erklärt, trägt eine wichtige und erst jetzt erkannte Ursache bei: Ihre Darmbakterien sind nicht im Gleichgewicht. Wenn man weiß, wie das Essen, die Hormone und die Darmflora im Körper zusammenwirken, kann man sein Verlangen besser steuern, statt sich von ihm steuern zu lassen.
Beim Essen denkt man nicht gerade an Hormone, doch mit jedem Bissen werden die Hormone im Körper positiv oder negativ beeinflusst. Indem man beim Essen Entscheidungen trifft, kann man die Wirkungen dieser Hormone auf den Körper beeinflussen, denn fast alle körperlichen Funktionen werden auf die eine oder andere Weise durch Hormone gesteuert. Oft wirken zwei oder mehrere Hormone auf dieselbe Körperfunktion in entgegengesetzter Weise ein, sodass deren Gleichgewicht entscheidend für die Gesundheit ist. Ungleichgewicht bei der Hormonproduktion führt in der Regel zu Krankheiten, aber auch zu gestörter Verbrennung.
Wenn es um die Fettverbrennung und das Zucker- und Energiegleichgewicht geht, ist Insulin das wichtigste Hormon. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse erzeugt, die hinter dem Nabel liegt. Ohne Insulin ist das Leben unmöglich, doch zu viel Insulin hat eine ungünstige Wirkung auf Körper und Gesundheit. Zu viel Insulin beeinflusst die Verbrennung negativ und kann Übergewicht und einen schlechten Gesundheitszustand verursachen.
Das Hormon Insulin hat die Aufgabe, Kalorien im Essen zu verwerten oder zu lagern. Je höher der Blutzuckerspiegel ist, desto mehr Insulin produziert der Körper, um den Blutzucker so stabil wie möglich zu halten.
Solange man zu viel Insulin im Blut hat, ist der Körper darauf eingestellt, Fett zu lagern, statt zu verbrennen. Bei Übergewicht, besonders am Bauch, und bei Diabetes Typ 2 (wobei dort auch andere Ursachen eine Rolle spielen) hat man eine Insulinresistenz entwickelt (siehe S. 114 f., Kap. 5). Dann ist der Insulinspiegel ständig erhöht, sogar wenn man fastet. Dadurch wird der Körper zu einer Fetteinlagerungsanlage, während die Fettverbrennung eingestellt ist. Befindet man sich erst einmal in diesem Teufelskreis mit erhöhtem Insulin, der bei jedem Verzehr von Kohlenhydraten mit viel Zucker und/oder Stärke verstärkt wird, nimmt man sogar dann zu, wenn man weniger als zuvor oder weniger als andere isst. Außerdem führt ein erhöhter Insulinspiegel zu mehr Appetit, speziell auf Süßes, und zu all den gesundheitsgefährdenden Auswirkungen einer Insulinresistenz wie erhöhtem Blutdruck, Risiko von Diabetes Typ 2 und Herzkrankheiten.
Wir wissen nun, dass Störungen und Ungleichgewicht in der Bakterienflora des Darms ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung von Insulinresistenz sind. Auch hier ist die Darmflora der wichtige Faktor X, der mithilft, Ihre Hormone ins Gleichgewicht zu bringen und eine effektivere Verbrennung zu ermöglichen.
Plagen Sie Entzündungen im Körper? Hautleiden, rheumatische Leiden, Gelenkschmerzen, niedriger Stoffwechsel, Allergien oder Asthma? Haben Sie eine Herzerkrankung mit verengten Herzkranzgefäßen? Leiden Sie unter einer Autoimmunerkrankung? Werden Sie vom Reizdarm geplagt (Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung)?
Eine Entzündung ist Teil des natürlichen Versuchs des Körpers, sich selbst zu reparieren. Wird sie jedoch chronisch, wird sie selbst zur Krankheit. Entzündungsleiden – wie diverse Ekzemtypen, Psoriasis, Migräne, Arthrose, Asthma, Darmleiden und bestimmte Herzerkrankungen – haben in den vergangenen 50 Jahren dramatisch zugenommen. Im gleichen Zeitraum ist auch unser Verbrauch an Antibiotika und industriell verarbeiteten Lebensmitteln, die schädliche Fettsäuren, raffinierte Kohlenhydrate und Zucker enthalten, angestiegen, gleichzeitig essen wir weniger natürliche und unbearbeitete Lebensmittel und nehmen damit auch weniger Ballaststoffe und lebende, gesunde Bakterien zu uns. Die gute Nachricht: Wir können das Gleichgewicht wiederherstellen und Entzündungen reduzieren, indem wir mehr Nahrung zu uns nehmen, die lebende, gesunde Bakterien, Ballaststoffe, mehr Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien und gleichzeitig weniger Omega-6-Fettsäuren, Transfette und hochglykämische Kohlenhydrate enthält. Mehr zu Entzündungen und dazu, wie Ernährung und Darm im Gleichgewicht einem helfen können, auf den Seiten 267–271, Kap. 12.
Sie haben unzählige Diäten und »Abnehmprodukte« probiert und sind zum Abnehmkurs gegangen. Ja, zunächst haben Sie immer Gewicht verloren, und einige »Kuren« waren vielleicht effektiver als andere. Aber es hat nie lange gehalten. Haben Sie nachher wieder das Gleiche gegessen wie vorher, egal was für eine Art von Diät es war? Oder war die Versuchung zu groß, und Sie haben zwischendurch völlig aufgegeben? So oder so, am Ende war das Gewicht dasselbe wie vor der Diät, vielleicht sogar noch höher. Wenn Ihre Willenskraft so erschöpft ist wie Sie selbst, verzweifeln Sie nicht. Es ist nämlich nicht Ihre Schuld, aber Sie können selbst etwas unternehmen.
Dieses Buch erteilt Ihnen »Abnehmamnestie«. Man nimmt nämlich zu, weil man falsch isst. Sie essen falsch im Verhältnis zu Ihren eigenen Genen, aber auch zu den hundertmal so vielen Bakteriengenen, die Sie in sich tragen. Indem Sie richtig und sowohl Ihren eigenen Genen als auch den Bakteriengenen entsprechend wählen und ein bisschen planen, können Sie abnehmen, gut essen und mit jedem Bissen gesünder werden. Um das zu erreichen, müssen Sie Ihren Faktor X kennenlernen.
Dieses Buch »enthüllt« das Geheimnis des konstanten und richtigen Gewichts und des gesunden Lebens. Der wichtigste Grund für das häufige Scheitern von Diäten hat wenig mit Kalorien oder Kalorienzählen zu tun. Hauptsächlich geht es darum, was Ihr Verlangen und die Lust auf dickmachende Lebensmittel – gewöhnlich eine Kombination von viel Zucker und/oder Stärke und gleichzeitig Fett – steuert und wie der Griff zu ungünstigen Lebensmitteln dazu führt, dass Sie mehr Kalorien aus der Nahrung aufnehmen und weniger davon verbrennen. Der so lange unbekannte Faktor X sind die hundert Billionen Bakterien im Körper, die meisten davon im Darm. Sie machen 90 % der Zellen im Körper aus und sind vermutlich der wirkliche Hauptgrund für das Ab- oder Zunehmen. Sie haben tatsächlich eine größere Bedeutung für Hormongleichgewicht, Appetit, Verbrennung, Körpergewicht und Gesundheit als Ihre eigenen zehn Billionen menschlichen Zellen.
Es gibt zwei Stämme (in der Fachsprache Phyla genannt) von Darmbakterien, die Auswirkung auf das Körpergewicht haben, aber auch auf die Gesundheit generell:
Bacteroidetes (beginnen mit B, sie sind die Besten)
Firmicutes (beginnen mit F, sie machen fett)
Das Verhältnis zwischen diesen Bakterienstämmen entscheidet weitgehend darüber, ob man leichter zunimmt. Natürlich spielen auch die individuellen Gene eine wichtige Rolle, aber wie Sie hier erfahren werden, reicht eine erbliche Anlage allein nicht aus, um übergewichtig zu werden. Die dickmachenden Firmicutes-Bakterien können nämlich die Energie (Kalorien) aus der Nahrung besser verwerten und zum Entstehen von Übergewicht beitragen.
Dazu braucht es auch nicht viel. In Deutschland sind 59 % der Männer und 37 % der Frauen übergewichtig (Quelle: 13. DGE-Ernährungsbericht, 2016), d. h. sie haben einen BMI (Body-Mass-Index) von über 25 kg/m². Das gilt mehr oder weniger für Menschen aus allen Industrieländern und immer mehr auch für viele Entwicklungsländer. Ab dem Alter von 20 Jahren gilt eine durchschnittliche Gewichtszunahme von 0,5–1 kg pro Jahr als ziemlich normal. Mit 40 hat man also im Schnitt 15 kg zugenommen. Bei manchen setzt sich die Gewichtszunahme verstärkt fort, bei anderen stabilisiert sich das Gewicht. Einige sind wesentlich übergewichtiger, dafür können andere »essen, was sie wollen, ohne zuzunehmen«. Wie groß muss der Energieüberschuss (Kalorien) sein, um in einem Jahr 0,5–1 kg zuzunehmen? Ca. 3500–7000 Kalorien oder knapp 10–20 Kalorien pro Tag! Es braucht also nicht viel, und wie sich zeigt, reicht ein Ungleichgewicht bei den Darmbakterien völlig aus, diesen Kalorienüberschuss zu erklären.
Zwei weitere Bakteriengruppen sind ebenfalls sehr wichtig, besonders für die Gesundheit, aber indirekt auch für die Verbrennung und das Gewicht:
Milchsäurebakterien
Bifidobakterien
Milchsäurebakterien bekommt man durch eine normale (vaginale) Geburt, und man kann allgemein sagen, dass wir den Großteil unserer Bakterien von der Mutter »geerbt« haben. Es ist klar, dass man nicht alle diese Bakterien erbt, wenn man per Kaiserschnitt auf die Welt kommt. Milchsäurebakterien bekommt man auch über die Muttermilch und fermentierte Lebensmittel, aber davon später.
Diese Bakterien finden sich in unserem gesamten Verdauungsapparat, also vom Mund bis zum Enddarm, aber die größte Bedeutung haben sie für den Dünndarm. Sie sind wichtig für die Entwicklung und Erhaltung eines funktionierenden Immunsystems und tragen zu einer normalen Verdauung bei. Bei Frauen sorgen sie auch für eine normale Vaginalflora, indem sie den pH-Wert der Schleimhaut senken und dadurch Infektionen vorbeugen, nicht zuletzt Pilzbefall.
Bifidobakterien bekommen wir in der frühen Kindheit, schon vom Säuglingsalter an, und durch manche Nahrungsmittel das ganze Leben hindurch. Sie tragen ebenfalls zu einem funktionierenden Immunsystem bei, schützen uns vor Darminfektionen durch schädliche Bakterien, helfen der Verdauung und unterstützen normalen Stuhlgang und regelmäßige Darmentleerung.
Sowohl Milchsäurebakterien als auch Bifidobakterien (aber auch andere Darmbakterien) produzieren wichtige Vitamine für uns, zum Beispiel Vitamin B12, Folsäure (B9), Biotin (B7), Thiamin (B1), Riboflavin (B2), Nicotinsäure (B3) und Pyridoxin (B6). Andere Bakterien produzieren Vitamin K. Hat man die optimalen Mengen an Milchsäurebakterien und Bifidobakterien, oft »gute Darmbakterien« genannt, können andere, potenziell gesundheitsschädliche Bakterien sich nicht vermehren und ein Niveau erreichen, das Infektionen oder andere gesundheitliche Probleme verursachen kann.
Wenn die guten Darmbakterien aus dem Gleichgewicht sind, können leicht chronische Beschwerden wie Reizdarmsyndrom, Müdigkeit und Übergewicht/Fettleibigkeit auftreten. In den Kap. 11 und 12 können Sie mehr dazu lesen, was die Darmflora stören kann und wie es sich auf die Gesundheit auswirkt, wenn die Darmbakterien im Ungleichgewicht sind. Indem man die guten und schlechten Bakterien im Gleichgewicht hält, kann man endlich sein Idealgewicht erreichen. Zum Glück gibt es dafür gute Methoden. Dabei handelt es sich in erster Linie um Art und Menge verschiedener Nahrungsmittel, aber auch um die Zufuhr von guten Bakterien, Verdauungsenzymen und speziellen Ballaststoffen. Dieses Buch ist Ihr Führer zum Erreichen und Halten Ihres Idealgewichtes ganz ohne Kampf.
Warum ist es so schwierig, mit den diversen landläufigen Diäten eine dauerhafte Gewichtsreduzierung zu erreichen? Ein wichtiger Grund ist, dass sie selten den Faktor X einbeziehen, also Darmflora im Gleichgewicht und optimale Verdauung. Das hängt damit zusammen, dass der Darm bisher oft als »einfaches« Organ betrachtet wird, das nur dafür sorgt, dass der Nahrung Energie und Nährstoffe entzogen und der Rest entsorgt wird. Außerdem ist mit Medikamenten und verschiedenen Mitteln, ob auf Rezept oder rezeptfrei, gutes Geld zu verdienen, denn unglaublich viele Menschen leiden unter Verdauungsproblemen, wenn das auch nicht unbedingt Krankheiten sind.
Dazu gehören Sodbrennen, saures Aufstoßen, Verstopfung oder Durchfall, Blähungen usw. Greift man zu Mitteln, die die Symptome lindern, rückt man nicht den Ursachen zu Leibe. Manche Medikamente können sogar schädlich sein, auch wenn sie vorübergehende Linderung bringen.
Dieses Buch über das Gleichgewicht von Ernährung und Darm ist keine Modediät, die mit einem Fingerschnipsen die Pfunde purzeln lässt, sondern ein Konzept für einen Lebensstil, dem Sie den Rest Ihres Lebens folgen können und sollten. Wenn Sie übergewichtig sind, können Sie nicht damit rechnen, pro Woche mehr als 1–1,5 kg abzunehmen. Verschwinden die Kilos schneller, betrifft das auch die fettfreie Muskelmasse. Das wäre ungünstig, denn die Muskeln halten die Verbrennung am Laufen. Manchen ist die Gewichtsabnahme vielleicht zu langsam, doch wenn Sie diese Richtlinien befolgen, werden Sie immer größeres Wohlbefinden und mehr Lebenskraft spüren. Das wird Sie zum Weitermachen ermuntern.
Wenn Sie allerdings unter beträchtlichem Übergewicht leiden, also einen BMI von über 30 haben (der BMI wird auf S. 118 erklärt), und/oder dazu unter anderen gesundheitlichen Problemen leiden wie Diabetes, Herzkrankheiten, Reizdarm oder chronischer Entzündung, könnte es nötig sein, einige Zeit einen Facharzt oder Ernährungsphysiologen zu konsultieren, bis sich Ihre Gewohnheiten geändert haben und Sie Ihrem Ziel zumindest ein Stück näher gekommen sind; sei es reine Gewichtsabnahme, Stabilisierung des Blutzuckers und Reduzierung einer eventuellen medikamentösen Behandlung oder Besserung des Reizdarms.
Unser Körper besteht buchstäblich aus dem, was wir essen, und um gesund zu bleiben, brauchen wir das richtige Essen in angemessenen Mengen. Aber was ist die richtige Ernährung und Menge, und warum besteht darüber sowohl unter Experten als auch unter Laien Uneinigkeit?
Dieses Buch möchte Ihnen helfen, unter all den verschiedenen Arten von Nahrungsmitteln die richtige Wahl zu treffen. Durch zweckmäßige Entscheidungen werden Sie ein gutes Hormongleichgewicht, einen gesunden Darm und bessere Gesundheit erreichen. Denken Sie daran: Die Wahl, die Sie heute treffen, entscheidet über Ihre zukünftige Gesundheit.
Auch wenn man kein Übergewicht oder gesundheitliche Problem hat, kann man sich Gedanken über die bestmögliche Ernährung machen. Ausgewogenheit im Leben ist für alle wichtig. Über Millionen von Jahren hat unser Körper sich auf natürliche und unbehandelte Nahrungsmittel eingerichtet, nicht auf das stark verarbeitete und leider oft verunreinigte Essen, das die heutige Ernährung dominiert. Er hat sich zusammen mit unseren besten Freunden, den Darmbakterien, entwickelt. Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen, vor frisch gewonnener Energie und Gesundheit zu strahlen.
Ich werde sehr konkrete Ratschläge und Tipps geben, was und wie viel Sie essen sollten, aber auch, welche Ergänzungsmittel Sie dabei unterstützen können, Ihr Ziel zu erreichen. Ich werde Ihnen zeigen, wie man das alles zu Wochenmenüs zusammenstellt, und Ihnen dazu Rezepte für wohlschmeckende Gerichte liefern.
Mit einem Darm im Gleichgewicht wird es leichter,
weniger Kalorien aus dem Essen aufzunehmen,weniger Fett zu lagern,unnormales Hungergefühl und Heißhunger auf Süßes loszuwerden.»Jede Krankheit beginnt im Darm«, sagte Hippokrates, der Vater der Medizin, der 460 v. Chr. auf der Insel Kos geboren wurde, und das waren sehr weise Worte eines überaus weisen Mannes. Bekannter ist seine Aussage: »Dein Nahrungsmittel soll dein Heilmittel, dein Heilmittel dein Nahrungsmittel sein.« Er sagte auch: »Wandern ist die beste Medizin.«
»Jede Krankheit beginnt im Darm.«
Hippokrates, Vater der Medizin, 460–370 v. Chr.
Viel von seiner Weisheit, die jetzt über 2000 Jahre alt ist, hat auch heute noch Bestand. Natürlich nicht alle, aber viele chronische Krankheiten beginnen in der Tat im Darm, und zwar viel mehr, als wir früher glaubten. Übergewicht und Fettsucht gehören auch dazu.
Das hat viel mit den verschiedenen Darmbakterien zu tun, die in unserem Verdauungstrakt leben, sowie mit dem Zustand der Darmschleimhaut. Laut einer Reihe von Studien können unerwünschte chemische Stoffe, die von den Darmbakterien produziert werden (und wiederum mit unserer Ernährung zusammenhängen) und Endotoxine genannt werden, manchmal durch die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf dringen. Wenn das geschieht, erkennt das Immunsystem diese fremden Moleküle und greift sie an, was in einer chronischen Entzündungsreaktion resultiert. Eine derartige Entzündung kann dann Insulinresistenz (die bei Übergewicht und Diabetes Typ 2 vorkommt) und Leptinresistenz (die bei Übergewicht vorkommt und mit Insulinresistenz zusammenhängt) hervorrufen. Es spricht viel dafür, dass dies mit vielen der schwersten Krankheiten in Verbindung steht, darunter Fettsucht, Diabetes Typ 2, Herz- und Gefäßerkrankungen, chronische Entzündungen und diverse häufige Krebsarten. Dieses Forschungsgebiet entwickelt sich derzeit schwindelerregend rasch weiter, wir sehen gerade einmal die Spitze des Eisbergs.
Darum sind die Darmbakterien so wichtig für Sie:
Ihre Darmflora kann Ihnen dabei helfen,
abzunehmen und das neue Gewicht zu halten,das Immunsystem zu stärken,chronische, versteckte Entzündungen, die der Hauptgrund für chronische Leiden sind, zu reduzieren,die Verdauung zu verbessern und Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall und Verstopfung loszuwerden,ein besseres »Bauchgefühl« und bessere Laune zu bekommen und Ängste und Niedergeschlagenheit/Depression loszuwerden.Zunächst sollten Sie Ihr bemerkenswertes Verdauungssystem kennenlernen. Man nimmt es gern als selbstverständlich, solange es einigermaßen funktioniert, aber es schafft es, jeden Tag ca. 2 kg Nahrung zu verdauen. Das sind mehr als 700 kg pro Jahr und über 55 Tonnen im Lauf eines Lebens! Die Nahrung wird sowohl mechanisch (im Magen) als auch chemisch (im vorderen Teil des Dünndarms) zersetzt. Dann werden die Nährstoffe über den Dünndarm aufgenommen und gelangen so in den Körper (Blutbahn und Lymphsystem). Haben Sie mal darüber nachgedacht, dass unser gesamter Verdauungstrakt, vom Mund bis zum Enddarm, sich eigentlich »außerhalb des Körpers« befindet? Unser Körper ist wie ein länglicher Donut mit dem Verdauungstrakt in der Mitte. Erst wenn die Nährstoffe aus dem Essen die Darmschleimhaut passiert haben, sind sie wirklich in den Körper gelangt und können ihm Energie oder Bausteine für neue Zellen in den verschiedenen Organen geben.
Diesen Prozess nennen wir Verdauung. Die Bestandteile der Nahrung, die der Körper nicht aufnehmen oder brauchen kann, sowie andere Abfälle aus dem Stoffwechsel werden in Form von Stuhl ausgeschieden. Aspekte der Verdauung, besonders die Produktion von Kot und Darmgasen, sind nicht gerade als Thema für Tischgespräche geeignet, doch ohne diese und andere Verdauungsprozesse wäre das Leben für Menschen und andere Organismen unmöglich. Die Verdauungsfunktion ist hervorragend organisiert; man kann sie mit einer gut eingespielten Fußballmannschaft oder einem Symphonieorchester vergleichen: Viele Spieler wirken zusammen, jeder mit seiner ganz eigenen unentbehrlichen Rolle.
Beim Essen kauen wir zunächst die Nahrung, wodurch sie zerkleinert wird. Dadurch bekommt sie eine viel größere Oberfläche. Sie kommt dabei mit den ersten Verdauungsenzymen im Speichel in Kontakt. Das betrifft vor allem die Stärke, die schon teilweise in Zucker (Glucose, die später vom Darm absorbiert und zu Blutzucker wird) aufgespalten wird. Alkohol wird schon im Mund in die Blutbahn aufgenommen, aber ca. 20 % der konsumierten Alkoholmenge werden erst im Magen und schließlich im Dünndarm aufgenommen.
Nach dem Kauen wird die Nahrung durch die Speiseröhre zum Magen transportiert. Dieser hat mehrere wichtige Funktionen. Die Nahrung wird zerrieben und zu einem dünnflüssigen Brei, der mit Magensäure und Schleim vermischt wird. Der Magen produziert viel Magensäure (Salzsäure), die dafür sorgt, dass die meisten – jedoch nicht alle – Mikroben, die sich in der Nahrung befinden, zerstört werden. Einige wenige Mikroben mögen allerdings das saure Milieu im Magen und gedeihen dort, wie etwa das Bakterium Helicobacter pylori, auch als Magengeschwür-Bakterium bekannt, das über die Hälfte der Erwachsenen in sich tragen und das die wichtigste Ursache für Geschwüre im Magen und Zwölffingerdarm sowie ein beitragender Faktor für Magenkrebs ist. Außerdem sorgt die Magensäure dafür, dass der erste Schritt bei der Verdauung von Protein, die sogenannte Hydrolyse und Denaturierung von Proteinen, stattfindet. Der Magen produziert eine Reihe wichtiger Hormone, zum Beispiel Gastrin, sowie einen Stoff (Intrinsic-Faktor), der zur Aufnahme von Vitamin B12 aus der Nahrung benötigt wird.
Wenn die Bearbeitung der Nahrung im Magen beendet ist, gelangt sie zum Dünndarm. Der erste Teil des Dünndarms heißt Zwölffingerdarm, und hier findet der wichtigste Teil der Verdauung statt. Die Nahrung (Proteine, Fett, Kohlenhydrate, Alkohol) wird mit Verdauungsenzymen, die von der Bauchspeicheldrüse produziert und ausgeschüttet werden, und mit Galle aus der Leber (die in der Gallenblase gelagert wird) vermischt. Dadurch wird die Nahrung chemisch aufgespaltet und verarbeitet, sodass sie vom Rest des Dünndarms aufgenommen werden kann und die Nährstoffe durch die Blutbahn und das Lymphsystem in den Körper gelangen.
Unser Dünndarm hat (durch seine Zotten und Mikrovilli) eine enorme Fläche, die mit der eines Tennisplatzes vergleichbar ist. Dies ist notwendig, um den Kontakt mit der Nahrung zu maximieren und so viel Nährstoffe wie möglich aufzunehmen (was natürlich voraussetzt, dass die Nahrung aufgespaltet ist, bevor sie den Dünndarm erreicht). Der Dünndarm ist auch das Organ in unserem Körper, das die größte Kontaktfläche zur Umwelt hat, weit mehr als die Haut und die Lunge. Da wir durch unsere Nahrung Schadstoffen ausgesetzt sein können und der Dünndarm eine so enorme Oberfläche besitzt, finden sich rund 80 % unseres Immunsystems rund um den Dünn- und Dickdarm.
Das Immunsystem hat also zur Aufgabe zu erkennen, ob das, was sich da im Darm befindet, Freund oder Feind ist. Unser Immunsystem besteht aus zwei Teilen: dem sogenannten angeborenen Immunsystem und dem erworbenen Immunsystem. Das angeborene Immunsystem kann man mit einer ersten Verteidigungslinie vergleichen, es ist unsere Infanterie. Immer wenn es in Kontakt mit einer neuen Bedrohung kommt, seien es Mikroben, Nahrungsproteine, Krebszellen oder Ähnliches, kann es angreifen, um das, was als potenziell schädlich erkannt wird, zu zerstören. Um beim nächsten Mal bei der gleichen Bedrohung Kräfte zu sparen, sendet das angeborene Immunsystem Instruktionen an das erworbene (das sich nach der Geburt und dann das ganze Leben lang entwickelt), damit dieses chemische Waffen herstellt, die sogenannten Antikörper. Diese Antikörper stehen dann zur Verteidigung bereit. Das ist auch das Prinzip von Impfstoffen. Bei der Impfung bekommt man eine ungefährlich kleine Menge von ganzen oder Teilen von Bakterien oder Viren, die ausreicht, damit das angeborene Immunsystem reagiert und dem erworbenen Immunsystem die Anweisung zur Herstellung von Antikörpern sendet, jedoch ohne dass man davon krank wird. Beim nächsten Kontakt mit den gleichen Mikroben greift das Immunsystem mit diesen Antikörpern an.
Es ist wirklich erstaunlich, wie zuverlässig unser Immunsystem diese Aufgabe löst, wenn man bedenkt, wie gewaltig diese Herausforderung im Lauf eines Lebens ist. Wir sind ja ständig mit den unterschiedlichsten Stoffen in Kontakt, durch die Luft, die wir einatmen, durch Essen und Trinken und durch Hautkontakt. Aber völlig fehlerlos ist das System natürlich nicht. Manchmal schafft es das angeborene Immunsystem nicht, den Feind zu töten, und wir werden krank. Andere Male schafft es das erworbene Immunsystem nicht, genügend Antikörper zu produzieren, wenn der Angriff zu überwältigend ist. Oder das Immunsystem macht einen Fehler und greift ungefährliche Stoffe an, wie es bei Allergien der Fall ist, oder körpereigene Zellen, wie bei Autoimmunkrankheiten.
Aber wie schafft es das Immunsystem, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden? Das ist ein lebenslanger Lernprozess, der mit der Geburt beginnt, und dabei spielt die Bakterienflora des Darms als Schule des Immunsystems eine bedeutende Rolle. Dazu auf S. 33 f. gleich mehr.
Die meisten Leute nehmen täglich mehrere Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten oder Snacks zu sich, ohne viel über die enorme Zahl der Aufgaben nachzudenken, die das Verdauungssystem ausführen muss, um diese Nährstoffe zu zersetzen, aufzunehmen und zu verwerten. Stabile und komplizierte Steuerungssysteme sind notwendig, um Verdauungsprozesse zu koordinieren, und dafür sind sowohl das Nervensystem als auch das Hormonsystem zuständig. Für die hormonelle Steuerung sorgt das »enterische Hormonsystem«, also das Hormonsystem des Darms.
Die klassischen Magen- und Darmhormone (gastrointestinale oder GI-Hormone) werden von Zellen im Magen und Dünndarm produziert. Die GI-Hormone werden ins Blut ausgeschüttet und zirkulieren damit im ganzen Körper, wo sie die Funktion anderer Teile des Verdauungstraktes beeinflussen, wie etwas der Leber, der Bauchspeicheldrüse, des Gehirns und einer Reihe anderer Organe.
Es gibt eine Menge von Hormonen, Neuropeptiden und Botenstoffen, die unseren Verdauungsprozess beeinflussen. Interessanterweise wird eine Reihe von klassischen GI-Hormonen auch im Gehirn produziert; diese heißen »Neuropeptide«. Dazu mehr in Kap. 10.
Wenn die Nahrung den ganzen sieben Meter langen Dünndarm passiert hat, ist der größte Teil der Nährstoffe aufgenommen worden. Das gilt natürlich nur, wenn die Verdauung optimal funktioniert. Doch nicht alles ist weg. Ballaststoffe und andere unverdauliche Nahrungsreste setzen ihre Reise zum Dickdarm fort, der wesentlich dicker als der Dünndarm und nur anderthalb Meter lang ist. Hier bleiben die Nahrungsreste eine ganze Weile.
Neben der Beseitigung von festem Abfall hat der Dickdarm auch die Aufgabe, den Überresten Wasser zu entziehen. Dieses Wasser wird gereinigt und den Blut zugeführt. Außerdem produzieren viele der über 100 Billionen Bakterien im Dickdarm gewisse B-Vitamine und Vitamin K, die zusammen mit dem Wasser in die Blutbahn aufgenommen werden.
Insgesamt dauert die Passage der Nahrung durch den ganzen Verdauungstrakt zwischen 15 und 30 Stunden, den größten Teil davon befindet sie sich im Dickdarm. Die Nahrung verbringt gewöhnlich drei bis fünf Stunden im Magen, weitere vier bis fünf Stunden im Dünndarm und zwischen fünf und 25 Stunden im Dickdarm. Die Transitzeit, also die Zeit, die die Nahrung braucht, um sich durch das System zu bewegen, hängt von der Art der Ernährung ab: Bei einem Vegetarier, der viel Ballaststoffe isst, wird sie gegen fünf Stunden betragen, isst man jedoch hauptsächlich Fleisch und wenig Gemüse und andere ballaststoffreiche Nahrung, dauert es eher 25 Stunden. Bei Menschen, deren Ernährung hauptsächlich aus Fleisch oder »Junkfood« besteht, wird sich in der Regel nach und nach teilweise verdautes Material an der Innenseite des Dickdarms ansammeln. Das ist natürlich nicht gesund und erfordert eine Ernährungsumstellung.
So testen Sie Ihre eigene Transitzeit
Es gibt eine einfache Methode, um seine eigene Transitzeit zu testen: Essen Sie eine große Portion Maiskörner oder Rote Bete und messen Sie die Zeit, die diese brauchen, um das ganze Verdauungssystem zu durchlaufen und am anderen Ende herauszukommen. Maiskörner sind im Stuhl sichtbar, während Rote Bete dem Stuhl eine deutliche Rotfärbung verleiht.
Bisher ist vieles von dem, was ich geschrieben habe, »Schnee von gestern«, das meiste davon habe ich bereits vor 35 Jahren während des Medizinstudiums gelernt. Das revolutionär Neue kommt jetzt. Erst wenn man den Verdauungstrakt, insbesondere den Dickdarm, unter dem »Mikroskop« unserer Zeit betrachtet, also mit Hilfe modernster Gentechnologie, erlebt man eine Überraschung.
Während Sie diese Worte lesen, lebt in Ihnen – wie im Vorwort bereits kurz erwähnt – ein ganzes Ökosystem von schwindelerregenden hundert Billionen Mikroben (hauptsächlich Bakterien, aber auch Pilze, Viren und sogar Parasiten), was nicht weniger als das Zehnfache der Zahl Ihrer eigenen Zellen ausmacht! Ja, Sie haben richtig gelesen. Wir sind nur 10 % Mensch und 90 % Mikroben. Eigentlich sind wir mehr wandelnde Mikroben als Menschen. Das ist eine ungefähre Zahl, die in vielen Forschungsartikeln angegeben wird. Eine neue Studie, die 2016 herauskam, nimmt an, dass die Zahl der Bakterien im Körper ein gutes Stück niedriger ist, aber dennoch viel größer als die Zahl der menschlichen Zellen.
Diese Mikroben sind auf der Haut und in allen Körperöffnungen zu finden (Nase, Mund, Luftwege, Geschlechtsorgane), aber die meisten befinden sich im Darm und da hauptsächlich im Dickdarm. Unsere Bakterien besitzen mehr als hundert mal so viel DNS wie unsere eigenen Zellen. Die Bakterien sind allerdings viel kleiner als menschliche Zellen, und darum wiegen alle Darmbakterien zusammen rund 1,5 kg (zwischen einem und drei Prozent des Körpergewichts). Die Bakteriengene arbeiten mit unseren eigenen Genen zusammen, um uns gesund zu erhalten, und zum Ausgleich versorgen wir die Bakterien mit ausreichend Nahrung durch das, was wir essen. Doch ab und zu können auch einige von diesen Bakterien Krankheiten verursachen, und damit sind nicht nur Infektionen gemeint. Unsere eigenen Gene sind so individuell wie ein Fingerabdruck, aber auch die Bakteriengene sind bei jedem Menschen anders, und sie können unsere Gesundheit mehr beeinflussen als unsere eigenen Gene. Unsere Körperfunktionen werden also zu einem beträchtlichen Teil durch unsere Bakterien gesteuert, besonders durch die Darmbakterien.
Das Verhältnis zwischen der Darmflora und dem Menschen als Organismus beruht auf gegenseitigem Nutzen. Einige der Mikroorganismen im Darm tragen durch Fermentierung (Gärung) zu unserer Gesundheit bei, indem sie verschiedene Ballaststoffe in kurzkettige Fettsäuren wie Essigsäure und Buttersäure umwandeln, die dann aus dem Darm in die Blutbahn aufgenommen werden. Darmbakterien spielen auch bei der Herstellung von mehreren B-Vitaminen und Vitamin K eine wichtige Rolle sowie bei der Umwandlung von Gallensäuren, Sterinen und Umweltgiften. Die kurzkettigen Fettsäuren und andere chemische Verbindungen, die die Darmbakterien produzieren, wirken auf die gleiche Weise wie Hormone. Die Darmflora scheint also wie eine richtige »Hormondrüse« zu wirken, und Fehlsteuerung der Darmflora wird mit einer Reihe von Entzündungszuständen und Autoimmunkrankheiten in Verbindung gebracht. Die Zusammensetzung der Darmflora verändert sich mit der Zeit, und zwar infolge von Ernährungsumstellungen und des normalen Alterungsprozesses, aber auch aufgrund anderer Faktoren, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Enterotypen – nicht nur Blutgruppen
Bekannt sind Ihnen sicher unsere vier verschiedenen Blutgruppen: A, B, AB und 0. Aber wussten Sie, dass es auch drei verschiedene »Enterotypen« gibt, also Darmtypen? Typ 1 zeichnet sich durch eine hohe Zahl der Gattung Bacteroides aus, bei Typ 2 finden wir wenige Bacteroides und viele Prevotella, und bei Typ 3 ist das Niveau an Ruminococcus hoch. In einer Studie über Darmbakterien bei Kindern in Burkina Faso fand man heraus, dass dort Prevotella 53 % der Darmbakterien ausmachten, während sie bei europäischen Kindern im vergleichbaren Alter gar nicht vorhanden waren. Untersuchungen deuten auch darauf hin, dass die Zusammensetzung der Darmflora auf längere Sicht stark mit der Ernährung zusammenhängt. Wer viele Proteine, schnelle Kohlenhydrate und tierische Fette isst (was typisch für die westliche Ernährung ist), hat überwiegend Bacteroides-Bakterien, während diejenigen, die sich von Gemüse und anderen ballaststoffreichen pflanzlichen Lebensmitteln ernähren, mehr Prevotella-Arten besitzen.
Die Zusammensetzung der Darmflora variiert über den gesamten Verdauungstrakt. Im Magen und im Dünndarm gibt es verhältnismäßig wenige Bakterien von wenigen Arten.
Auf Grund der hohen Säurewerte im Magen können die meisten Mikroorganismen hier nicht überleben. Die wichtigsten Bakterien hier sind: Streptokokken, Staphylokokken, Milchsäurebakterien, Peptostreptokokken und verschiedene Hefearten. Helicobacter pylori (als »Magengeschwür-Bakterium« bekannt) lebt auf der Magenschleimhaut und kann chronische Gastritis (Magenkatarrh), Magengeschwüre und Magenkrebs verursachen.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung trägt dieses Helicobacter-pylori-Bakterium in sich. Es kommt in Entwicklungsländern häufiger vor. Wie und wann man sich damit ansteckt, ist unklar. Es findet sich oft bei Kindern, und manche Forscher meinen, wir würden sehr früh in der Kindheit infiziert. In Großbritannien sind zum Beispiel rund 15 % der Bevölkerung infiziert, und die Infektionszahlen nehmen mit der Zeit ab, wahrscheinlich auf Grund von gestiegener, vielleicht extremer, Hygiene. Unbehandelte Infektionen bleiben in der Regel ein Leben lang bestehen.
Eine Infektion mit Helicobacter pylori kann man durch eine Stuhlprobe nachweisen, bei der untersucht wird, ob sich DNS des Bakteriums findet, alternativ durch eine Atemprobe oder eine Gewebeprobe, die bei einer Gastroskopie (Magenuntersuchung mit Hilfe einer Sonde) entnommen wird. Eine einwöchige Behandlung mit einer Kombination von zwei Antibiotika sowie einem säurehemmenden Medikament ist gewöhnlich bei einer Helicobacter-pylori-Infektion erfolgreich. Sie soll Geschwüre im Magen und Zwölffingerdarm verhindern und das Krebsrisiko verringern.