Naturwissenschaften vermitteln: Von der frühen Kindheit bis zum Lehrerberuf -  - E-Book

Naturwissenschaften vermitteln: Von der frühen Kindheit bis zum Lehrerberuf E-Book

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Beschreibung

Der fünfte Band der Schriftenreihe „Braunschweiger Beiträge zu Lehrerbildung und Fachdidaktik“ beinhaltet schwerpunktmäßig Aufsätze zu Professionalisierungsprozessen in der Lehrerbildung und Beiträge, die sich unter dem Oberthema Diagnose einordnen lassen. Die Reihe richtet sich an alle, die sich um die Qualitätsentwicklung des naturwissenschaftlichen Unterrichts bemühen.

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Umschlag: ALEXANDER STRAHL und KERSTIN HÖNER

Grafiken und Bilder: bei den jeweiligen Autor_innen

Layout: ALEXANDER STRAHL und ULRIKE HEYER

Inhalt

K

ERSTIN

H

ÖNER

, A

LEXANDER

S

TRAHL

, V

ERENA

P

IETZNER

, R

AINER

M

ÜLLER

, A

XEL

E

GHTESSAD

, M

AIKE

L

OOß

, K

ONSTANTIN

K

LINGENBERG

, D

AGMAR

H

ILFERT

-R

ÜPPELL

Aspekte des naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Beurteilung von Lehramtsstudierenden

A

LEXANDER

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TRAHL

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ERSTIN

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ÖNER

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AINER

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ÜLLER

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XEL

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GHTESSAD

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ERENA

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IETZNER

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ONSTANTIN

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LINGENBERG

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ÜPPELL

Auf alle Fälle Experimente? – Vorstellungen von Lehramtsstudierenden zum naturwissenschaftlichen Unterricht und zum Einsatz von Experimenten

K

ERSTIN

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ÖNER

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NSKE

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REIßLER

, M

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OOß

, R

AINER

M

ÜLLER

Geschlechterunterschiede im Hinblick auf Interessen von Kindergartenkindern an Natur und Technik

K

ERSTIN

H

ÖNER

, I

NSKE

P

REIßLER

, M

AIKE

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OOß

, R

AINER

M

ÜLLER

Expedition Naturwissenschaften – naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen in der frühkindlichen Bildung vermitteln?

V

ERENA

P

IETZNER

Das Wissen von Chemielehrkräften über Schülervorstellungen

C

HRISTINA

B

AUMGÄRTNER

, K

ERSTIN

H

ÖNER

Diagnose von Schülerleistungen im Chemieunterricht – eine Übersicht

A

NNA

G

IESSEL

, K

ERSTIN

H

ÖNER

Mathematisch-naturwissenschaftliche Talente diagnostizieren – eine Fallstudie

D

AGMAR

H

ILFERT

-R

ÜPPELL

, A

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GHTESSAD

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ERSTIN

H

ÖNER

Relevanz und Qualität der universitären Lehrerausbildung hinsichtlich der Anforderungen im Referendariat in den naturwissenschaftlichen Fächern aus Sicht der Referendare – Ergebnisse einer niedersachsenweiten Befragung

Vorwort zu Band 5

Im fünften Band der Schriftenreihe „Braunschweiger Beiträge zu Lehrerbildung und Fachdidaktik“ werden im Wesentlichen zwei Schwerpunktthemen behandelt.

In vier Beiträgen geht es um Professionalisierungsprozesse über die drei Phasen der Lehrerbildung hinweg – vom Studium über das Referendariat bis zur Berufsphase.

Die Beiträge von Kerstin Höner et al. und Alexander Strahl et al. beschäftigen sich mit Vorstellungen und Einsichten von Lehramtsstudierenden zu verschiedenen Aspekten des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Daran anknüpfend beleuchtet der Artikel von Dagmar Hilfert-Rüppell et al. die Relevanz und Qualität der universitären Lehrerbildung im Hinblick auf die Anforderungen im Referendariat. Verena Pietzner widmet sich der dritten Phase der Lehrerbildung hinsichtlich der Kenntnisse von Chemielehrkräften über Schülervorstellungen.

Einen zweiten Schwerpunkt stellen die Beiträge dar, deren Inhalte sich zum weiten Feld der Diagnose zuordnen lassen. In zwei Beiträgen von Kerstin Höner et al. werden empirische Ergebnisse der Begleitforschung eines Kitaprojektes vorgestellt. Der eine Artikel fokussiert dabei auf Geschlechterunterschiede im Hinblick auf Interessen in der frühen Kindheit, während der zweite Artikel sich der Fragestellung widmet, ob naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen bereits im Kitaalter vermittelt werden können.

Anna Giessel und Kerstin Höner gehen der Frage nach, ob und wie sich mathematisch-naturwissenschaftliche Begabungen diagnostizieren lassen und berichten über eine Fallstudie.

Christina Baumgärtner und Kerstin Höner stellen verschiedene Diagnoseinstrumente für den Chemieunterricht im Überblick dar, die sich sicherlich auch in weiten Teilen auf die Fächer Biologie und Physik übertragen lassen.

Dieser Band der Schriftenreihe wendet sich wieder an eine breite Leserschaft: an Studierende der Lehramtsstudiengänge der naturwissenschaftlichen Fächer, an Anwärter_innen und Referendar_innen sowie Lehrkräfte im Beruf.

August 2015

KERSTIN HÖNER, MAIKE LOOß, RAINER MÜLLER, ALEXANDER STRAHL

Aspekte des naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Beurteilung von Lehramtsstudierenden

 

KERSTIN HÖNER, ALEXANDER STRAHL, VERENA PIETZNER, RAINER MÜLLER, AXEL EGHTESSAD, MAIKE LOOß, KONSTANTIN KLINGENBERG, DAGMAR HILFERT-RÜPPELL

Kurzfassung

Mit Hilfe eines Fragebogens wurde untersucht, welche Vorstellungen Lehramtsstudierende verschiedener Fächer vom Lehren und Lernen in den Naturwissenschaften haben. Der Focus der Untersuchung lag in der Erhebung von verschiedenen Aspekten von Scientific Literacy. Die Ergebnisse wurden nach Studienfächern, Studienzielen und Studiendauer differenziert. Die Ergebnisse zeigen, dass es zum Teil Unterschiede zwischen den Gruppen gibt.

1. Einleitung

Naturwissenschaftliche Bildung steht spätestens seit den Ergebnissen von TIMSS und PISA auch in Deutschland auf dem Prüfstand (PISA, 2000; PISA, 2003; PISA, 2006; TIMSS 2000; BOS, BONSEN, BAUMERT, PRENZEL, SELTER & WALTHER, 2008). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das in der Schule erworbene Wissen junger Menschen lückenhaft ist, und dass mit der Dauer der Schulzeit ein zunehmendes Desinteresse an den naturwissenschaftlichen Schulfächern festzustellen ist (GRÄBER, NENTWIG, KOBALLA & EVANS, 2002; HÖNER & GREIWE, 2000). Die Ziele des naturwissenschaftlichen Unterrichts werden seitdem besonders unter dem Aspekt der „Scientific Literacy“ (naturwissenschaftliche Grund- bzw. Allgemeinbildung) diskutiert. Scientific Literacy kann als Schnittmenge verschiedener Kompetenzen aus den Bereichen Wissen, Handeln und Bewerten angesehen werden (GRÄBER, NENTWIG & NICOLSON, 2002). Die zu erlangenden Kompetenzen sollen vielfältig nutzbar, anschlussfähig und für das Individuum in der Gesellschaft nützlich sein. Wichtige Auswahlkriterien für Ziele und Inhalte des naturwissenschaftlichen Unterrichts sind z. B. die Anknüpfung an der Lebenswelt und die Orientierung an den Interessen der Jugendlichen. Es fand ein Wandel von einer Orientierung an den Fachdisziplinen hin zu einer Kontextorientierung statt: Der Unterricht soll interdisziplinär angelegt werden, indem ökonomische, technische, gesellschaftliche und ökologische Aspekte miteinander verbunden werden. Allerdings wird auch davor gewarnt, in ein Extrem zu verfallen, da lebensweltliche Kontexte häufig zu komplex sind und eben auch Faktenwissen erfordern (GRÄBER et al., 2002). Schließlich sollen die Schülerinnen und Schüler Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen und selbstgesteuert lernen. Diese Selbstverantwortung zielt auf das von der Lehrkraft unabhängige Lernen. Während früher der naturwissenschaftliche Unterricht in den Fächern Biologie, Chemie und Physik erst in der Sekundarstufe I und da, je nach Schulform und Bundesland, ab Klasse 7 bis 9 begann, wird heute in der Regel bereits in der vorschulischen Bildung mit ersten naturwissenschaftlichen Erfahrungen begonnen. Der Unterricht setzt sich dann im Sachunterricht der Grundschulen und anschließend in den Klassenstufen 5 und 6 fort, bevor ein stärker fachlich orientierter Unterricht in den getrennten Fächern (Biologie, Chemie, Physik) stattfindet. Der frühe naturwissenschaftliche Unterricht knüpft in der Regel an Themen aus der Lebenswelt der Kinder an und soll Freude und Interesse an der Beobachtung von Naturphänomenen wecken. Der weiterführende Unterricht hingegen soll zusätzlich in systematischer Weise zum Verstehen von Naturgesetzen und deren Anwendung in verschiedenen Bereichen einführen, so dass wesentliche Kompetenzen im Sinne der Scientific Literacy bereits Ende der Sekundarstufe I entwickelt sein sollen. Im Unterricht der Sekundarstufe II wird die Fachspezifik zunehmend mehr betont, aber auch hier sollen sie in entsprechenden Kontexten vermittelt werden.

Bei der Planung und Durchführung von Unterricht spielen Auffassungen der Lehrpersonen eine wichtige Rolle (TESCH & DUIT, 2004; VON AUFSCHNAITER, 2006). Es scheint deshalb interessant, zu untersuchen, welche Vorstellungen angehende Lehrkräfte zu diesen ausgewählten Aspekten des naturwissenschaftlichen Unterrichts haben, und ob es Unterschiede zwischen verschiedenen Probanden gibt.

2.Ausgangspunkt und Fragestellung der Studie

In einer Studie von JONAS-AHREND (2004) wurden Physiklehrer und einige Physiklehramtsstudierende hinsichtlich ihrer Vorstellungen zum Lehren und Lernen im Physikunterricht untersucht. Im Mittelpunkt stand dabei der Einsatz des Experiments im Unterricht. Die Daten wurden mithilfe eines Fragebogens, anhand von Interviews und einer Videostudie gewonnen. Im sechsten Komplex des verwendeten Fragebogens sollten die Probanden ihre Einschätzungen zu Zielen und Zwecken des Physikunterrichts vor allem unter methodischen und inhaltlichen Aspekten beurteilen. Aussagen zur Bedeutung der Vermittlung von Arbeitsmethoden und Fachwissen, zur Vorbereitung auf einen späteren Beruf, zu fachübergreifenden inhaltlichen Aspekten und zur Anknüpfung an Alltagsvorstellungen und Naturphänomene mussten von den Probanden bewertet werden. Es wurde des Weiteren danach gefragt, wie wichtig das Interesse und die Freude am Unterricht sind und welchen Stellenwert dabei das Durchführen von Experimenten aus vermeintlicher Sicht der Schüler und Schülerinnen und aus Sicht der Probanden hat, wobei nicht zwischen Lehrer- und Schülerexperimenten unterschieden wurde.

Die zu bewertenden Aspekte sind unserer Einschätzung nach nicht nur für den Physikunterricht relevant (s. Tab. 4), sondern für den naturwissenschaftlichen Unterricht insgesamt, da wesentliche Fragestellungen zur Scientific Literacy angesprochen werden. Dieses betrifft den frühen naturwissenschaftlichen Unterricht in der Grundschule und in den Jahrgangsstufen 5 und 6 sowie den Biologie-, Chemie- und Physikunterricht der Sekundarstufe I ab Klasse 7 und der Sekundarstufe II. Die Studie von JONAS-AHREND (2004) bildet den wesentlichen Anknüpfungspunkt für die vorliegende Untersuchung. Die Items wurden lediglich dahingehend modifiziert, dass das Wort „Physik“ durch „Naturwissenschaften“ ausgetauscht wurde.

Die Items (1, 3a-f, 5a + b)1 des Fragebogens (s. Tabelle 4) thematisieren das Unterrichtsziel, dass neben dem (notwendigen) Fachwissen vor allem Bezüge zur Umwelt und Gesellschaft hergestellt werden sollen, und dass der Unterricht für die Schülerinnen und Schüler anwendbar und nützlich sein soll. Dies setzt eine Kontextorientierung und Ganzheitlichkeit voraus, wie es auch mit den Items 5 und 6 thematisiert wird.

Item 4 beschäftigt sich mit affektiven Aspekten des Lernens. Es ist lange bekannt, dass die affektive Haltung gegenüber dem gelernten Inhalt den Lernzuwachs im kognitiven Bereich wesentlich beeinflusst (PFEIFER, HÄUSLER & LUTZ, 1992). Mit Item 8 wird darüber hinaus noch der in den Naturwissenschaften viel diskutierte Genderaspekt aufgegriffen. Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass die Fächer Chemie und Physik besonders bei den Mädchen unbeliebt sind, sodass seit langem gefordert wird, sich deren Interessen besonders zu widmen (MUCKENFUß, 1995; HÖNER & GREIWE, 2000), obwohl gerade die PISA-Studien zeigen, dass die Mädchen ca. 40 Punkte vor den Jungen liegen, was einem Schuljahr entspricht (PISA, 2006).

Da Experimente im Unterricht aller drei Naturwissenschaften einen wichtigen Stellenwert einnehmen, wird dieser Aspekt einmal als Einschätzung der Meinung, wie Schülerinnen und Schüler das sehen, abgefragt (Item 10) und einmal als eigene Meinung der Probanden (Item 11). Allerdings geht es hier mehr um die motivierende Wirkung und nicht um die Bedeutung des Experiments als Weg der Erkenntnisgewinnung. Hinsichtlich des Einflusses von Experimenten auf die Fachbeliebtheit bzw. Motivation gibt es unterschiedliche Aussagen. In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich (zumindest anfänglich) die Fachbeliebtheit durch Schülerexperimente steigert (DEMUTH, 1981; BECKER et al., 1992; WANJEK, 2001), dass sich der positive Effekt aber mit der Zeit abnutzt (NÜMANN, 1985). Tendenziell wünschen sich Schülerinnen und Schüler aber einen experimentellen Unterricht.

Die Zielsetzung, dass der Unterricht berufsqualifizierend sein soll und damit eher zweckgebunden, wird mit Item 2 abgefragt. Ebenso wird die Bedeutung des selbstständigen Lernens (Item 9) thematisiert, das Voraussetzung für ein lebenslanges Lernen ist. Die Bedeutung des Bearbeitens von Aufgaben im Unterricht ist in den Fächern Biologie, Chemie und Physik vor allem in der Sek. I wahrscheinlich unterschiedlich gewichtet, nimmt aber in der Sek. II einheitlich zu (Item 7).

Die Fragestellungen der vorliegenden Studie lauten:

Welche der ausgewählten Aspekte des naturwissenschaftlichen Unterrichts halten Lehramtsstudierende für wichtig?

Lassen sich Gruppen von zukünftigen Lehrkräften ausmachen, die sich in ihren Vorstellungen unterscheiden?

3.Anlage der Untersuchung

Für die anonyme Erhebung der Daten wurden Studierende an drei Universitäten befragt. Die Probanden setzten sich aus Studierenden zusammen, welche eine biologie-, chemie- oder physikdidaktische Veranstaltung oder eine Veranstaltung zum Sachunterricht besuchten. Insgesamt wurden Studierende aller drei Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Physik), der Mathematik und des Sachunterrichts sowie Studierende, die weder Naturwissenschaften oder Mathematik studieren, in die Untersuchung einbezogen Der Fragebogen enthielt neben allgemeinen Angaben zu Alter, Studienfach, Studiendauer den hier vorgestellten Aussagenteil „Zum naturwissenschaftlichen Unterricht“.

Da je nach Schulform andere Ansprüche an den naturwissenschaftlichen Unterricht gestellt werden, wurde auch das angestrebte Studienziel (Schulform) erhoben, um zu untersuchen, ob sich die Vorstellungen Studierender mit unterschiedlichem Studienziel voneinander unterscheiden. Das Querschnittsdesign ermöglicht zwar keine zeitliche Entwicklung der Einstellungen abzubilden, kann aber Hinweise darauf geben, ob Studierende höherer Semester andere Einschätzungen haben als die Anfänger.

3.1.Probandenprofile

An der Querschnittserhebung nahmen 237 Studierende der Universitätsstandorte Braunschweig, Heidelberg und Würzburg teil. Aus ökonomischen Gründen handelt es sich bei der Auswahl der Probanden um eine Gelegenheitsstichprobe. Alle Probanden studierten Lehramt, davon 30 % den 2-Fächer-Bachelor-Studiengang und 70 % das „alte“ Staatsexamens-Lehramt. Von den 237 Probanden sind 87,3 % weiblich. Die Verteilung der Probanden auf die Semester zeigt Tabelle 1.

SemesterAnteil (%)1. + 2.23,63. + 4.42,2≥5.33,8

Tab. 1: Verteilung der Probanden auf Semester (N=237)

Das Studienziel „Grundschullehramt“ liegt mit 69,1 %, gefolgt vom Haupt-/Realschullehramt, an der Spitze der angestrebten Studienabschlüsse. Der Anteil an Sonderschul- und Gymnasialstudierenden war relativ gering (s.Tab. 2).

Studienziel%Studienort%Sonderschule8,6Braunschweig30,0Grundschule69,1Heidelberg56,5Haupt-/ Realschule15,9Würzburg13,5Gymnasium6,4  

Tab. 2: Verteilung nach Studienziel und Studienort (N=237)

Die prozentuale Verteilung auf die einzelnen Studienfächer der Probanden ist in Tabelle 3 angegeben. Es ergeben sich in Summe mehr als 100 %, da alle Studierenden mindestens zwei Fächer studieren.

Studienfach%Studienfach%Biologie57,1Germanistik47,2Chemie22,3Anglistik4,3Physik7,7Erdkunde11,2Mathematik37,8Sonstiges*9,4Sachunterricht3,0  

* Religion 4,3 %, Geschichte 3,4 %, Haushalt und Textil 1,7 %

Tab. 3: Studienfächer (N=237)

10,1 % der Probanden studieren zwei naturwissenschaftliche Fächer, 30,8 % eine Naturwissenschaft in Kombination mit Mathematik, weitere 32,9 % eine Naturwissenschaft in Kombination mit einem anderen Fach als Mathematik. 50 Probanden (21,3 %) studieren weder eine Naturwissenschaft noch Mathematik oder Sachunterricht.

4.Auswertungen

ItemMittelwert (N=237)Standardabweichung1. Es ist wichtiger, Arbeitsmethoden der Naturwissenschaften zu vermitteln als nur ein umfangreiches Faktenwissen.4,012,122. Ziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts ist es, auf eine spätere Berufsausbildung und -ausübung vorzubereiten.3,101,563. Neben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören

historische Betrachtungen,

technische Anwendungen,

Umweltprobleme,

Beziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft,

Ausblicke auf moderne Forschungsgebiete,

philosophische Fragestellungen,

zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.

 

3,22

3,93

4,43

3,79

3,97

2,87

 

0,94

0,68

0,69

0,95

0,86

1,15

4. Im naturwissenschaftlichen Unterricht ist es wichtiger, Interesse und Freude an der Naturwissenschaft zu wecken, als möglichst viele Fachkenntnisse zu vermitteln.3,900,875. Ausgangspunkt für naturwissenschaftliches Denken sollten

Naturphänomene,

Alltagsvorstellungen der SchülerInnen sein.

 

4,10

4,38

 

0,76

0,76

6. Ein projektorientierter Naturwissenschaftsunterricht ist einem fachsystematischen Unterricht vorzuziehen.3,730,947. Das Rechnen von Übungs- und Anwendungsaufgaben ist wichtig für das Verstehen von Naturwissenschaft.3,020,938. Lehrkräfte sollten sich besonders um das Interesse der Mädchen bemühen.2,631,099. Schülerinnen und Schüler müssen angeleitet werden, Naturwissenschaft auch selbstständig aus Büchern zu lernen.3,260,9810. Die meisten Schülerinnen und Schüler finden naturwissenschaftlichen Unterricht besser, wenn er mit Experimenten durchgeführt wird.4,380,7511. Ohne Experimente wird ein naturwissenschaftlicher Unterricht langweilig.4,120,92

Tab. 4: Mittelwerte und Standardabweichungen „Zum naturwissenschaftlichen Unterricht“

Tendenziell wird allen Aussagen eher zugestimmt, aber einige Items weisen eine besonders hohe Zustimmung (Mittelwerte > 4) auf. Außerdem ist zu beachten, dass die Standardabweichungen z. T. sehr hoch sind.

Um zu überprüfen, ob sich das Antwortverhalten der Studierenden unterschiedlicher Fächer unterscheidet und ob die Studiendauer und das Studienziel (Schulform) einen Einfluss haben, wurden differenziertere Auswertungen vorgenommen.

4.1.Auswertungen nach Studienfächern

Es wurde der Kruskal-Wallis-Test für die Gruppenvariable „Fachkombinationen“ aller Probanden durchgeführt. D.h. es wurde für jede Fachkombination z. B. Biologie/Deutsch, Chemie/Mathematik usw. eine Untergruppe gebildet. Es ergaben sich bei vier Items (Items 3 a, c, f, 8) signifikante Unterschiede. Dabei unterscheiden sich die mittleren Ränge der einzelnen Fachkombinationen der naturwissenschaftlichen Fächer und denen der Mathematik nicht so sehr, sondern nur die Gruppe der Studierenden ohne Naturwissenschaft und ohne Mathematik weist in allen vier Fällen den höchsten mittleren Rang auf. Aufgrund dieses Ergebnisses und um das Problem der vielen einzelnen Fachkombinationen mit unterschiedlicher Probandenzahl zu umgehen, wurde auf eine Einzelbetrachtung verzichtet und eine Aufteilung in zwei Gruppen vorgenommen. Alle Studierenden, die mindestens eine Naturwissenschaft und/oder Mathematik als Studienfach hatten, wurden in einer Gruppe zusammengefasst und alle anderen in einer zweiten Gruppe.

Im Vorfeld wurde auch untersucht, ob sich Unterschiede im Antwortverhalten bei Studieren mit einer oder mit zwei Naturwissenschaften identifizieren lassen. Das war nicht der Fall, so dass sich die beschriebene Zweiteilung der Probanden als sinnvoll erwiesen hat.

Item-Nr.AussageAsympt. SignifikanzNawisu./o. Mathe Mittlerer RangOhne Nawi & Mathe Mittlerer Rang3aNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören historische Betrachtungen zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,000106,57145,173dNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören Beziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,001107,86140,573fNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören philosophische Fragestellungen zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,002107,61139,664Im naturwissenschaftlichen Unterricht ist es wichtiger, Interesse und Freude an der Naturwissenschaft zu wecken, als möglichst viele Fachkenntnisse zu vermitteln.0,023110,54133,345aAusgangspunkt für naturwissenschaftliches Denken sollten Naturphänomene sein.0,049110,95129,876Ein projektorientierter Naturwissenschaftsunterricht ist einem fachsystematischen Unterricht vorzuziehen.0,012110,54135,788Lehrkräfte sollten sich besonders um das Interesse der Mädchen bemühen.0,000106,39148,29

Tab. 5: Ergebnisse des Mann-Whitney-Tests für die Items mit signifikanten Unterschieden hinsichtlich der Gruppenvariable „Naturwissenschaft und/oder Mathematik“ bzw. „ohne Naturwissenschaft und Mathematik“ (N=237)

Interessanterweise sind es die Studierenden ohne Naturwissenschaften und ohne Mathematik, die hinsichtlich der interdisziplinären Bezüge (Items 3 a, d, f) und der geringeren Bedeutung der Fachsystematik im Vergleich zu anderen Aspekten häufiger zustimmen (Items 4 und 6). D. h., diese Studierenden schätzen die Berücksichtigung anderer Inhalte, als die rein fachlichen, wichtiger ein als die Studierenden mit Naturwissenschaften und/oder Mathematik. Bei Letzteren steht die Vermittlung von Fachkenntnissen mehr im Mittelpunkt des Unterrichts.

Wie man an den mittleren Rängen der Items 5a und 8 sieht, sind es auch bei diesen beiden Items die Studierenden ohne Naturwissenschaften und Mathematik, die den Items stärker zustimmen. D. h., diese Studierenden meinen eher, dass der Unterricht von Naturphänomenen ausgehen sollte. Interessant ist der Unterschied bei Item 8. Da die Probanden überwiegend Frauen waren, haben diese vielleicht eine subjektiv niedrigere Förderung im naturwissenschaftlichen Unterricht erhalten und deshalb auch andere Studienfächer gewählt, bzw. ihre Interessen liegen in anderen Bereichen.

Da der Anteil der Studierenden ohne ein naturwissenschaftliches Fach und ohne Mathematik bei den Studierenden der Sonder- und Grundschule höher ist als bei den Haupt/Realschul- und Gymnasiums-Studierenden, können sich diese Ergebnisse natürlich auch noch mit der Variable Studienziel überschneiden.

4.2.Auswertungen nach Studienziel

In Tabelle 6 sind die Items aufgeführt, bei denen sich signifikante Unterschiede hinsichtlich des Studienziels ergeben haben.

Item-Nr.AussageAsympt. SignifikanzStudienziel / Richtung der Abweichung3aNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören historische Betrachtungen zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,003Haupt/Real geringste Zustimmung3dNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören Beziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,028Haupt/Real geringste Zustimmung6Ein projektorientierter Naturwissenschaftsunterricht ist einem fachsystematischen Unterricht vorzuziehen.0,007Sonder/Grund höchste Zustimmung7Das Rechnen von Übungs- und Anwendungsaufgaben ist wichtig für das Verstehen von Naturwissenschaft.0,014Gymnasium höchste Zustimmung

Tab. 6: Ergebnisse des Kruskal-Wallis-Tests für die Items mit signifikanten Unterschieden hinsichtlich der Gruppenvariablen „Studienziel“ (N=237)

Die Unterschiede bei den Items 3a und 3d lassen die Vermutung zu, dass Probanden mit dem Studienziel „Haupt/Realschule“ den Aussagen weniger stark zustimmen, da sich dem Schulabschluss an einer Haupt- oder Realschule meist unmittelbar eine berufliche Ausbildung anschließt, die im schulischen Alltag zu einer stärkeren Gewichtung berufsvorbereitender Unterrichtsinhalte führt.

Der höhere mittlere Rang für das Studienziel „Sonder/Grundschule“ bei Item 6 resultiert wahrscheinlich daraus, dass ein projektorientiertes Arbeiten an diesen Schulformen eine höhere Priorität genießt.

Das Rechnen von Aufgaben wird bevorzugt von den Studierenden des Lehramtes für Gymnasien für wichtig gehalten (Item 7). Diese Gewichtung kommt möglicherweise durch die stärkere fachwissenschaftliche Ausrichtung im Studium zustande. In der Regel wird aber auch an Gymnasien in den Naturwissenschaften mehr gerechnet als an den anderen Schularten. Umfangreichere, quantitative Betrachtungen spielen auch erst im Unterricht der Sekundarstufe II eine Rolle.

4.3.Auswertungen nach Studiendauer

Um zu untersuchen, ob sich die Studiendauer auf die Bewertungen auswirkt, wurden die Semester zu folgenden Gruppen zusammengefasst: 1. und 2. Semester, 3. und 4. Semester, höher als 5. Semester. In Tabelle 7 sind die Items mit signifikanten Unterschieden angegeben.

Item-Nr.AussageAsympt. SignifikanzSemester/ Richtung der Abweichung3aNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören historische Betrachtungen zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,027≥ 5. Sem. höchste Zustimmung3fNeben naturwissenschaftlichen Grundlagen gehören philosophische Fragestellungen zu einem zeitgemäßen Naturwissenschaftsunterricht.0,003≥ 5. Sem. höchste Zustimmung5bAusgangspunkt für naturwissenschaftliches Denken sollten Alltagsvorstellungen der SchülerInnen sein.0,002≥ 5. Sem. höchste Zustimmung10Die meisten Schülerinnen und Schüler finden naturwissenschaftlichen Unterricht besser, wenn er mit Experimenten durchgeführt wird.0,0051. + 2. Sem. höchste Zustimmung

Tab. 7: Ergebnisse des Kruskal-Wallis-Tests für die Items mit signifikanten Unterschieden hinsichtlich der Gruppenvariablen „Studiendauer“ (N=237)

Mittelwertunterschiede nach bisheriger Studiendauer

Die höhere Zustimmung zu den Items 3a und 3f bei den Probanden höherer Semester (fünf oder mehr) weisen offenbar auf ein differenzierteres Bild dieser Probanden hinsichtlich fachübergreifender Kompetenzvermittlung von Unterricht hin bzw. auf eine größere Erfahrung mit dem Fach, da gerade historische und philosophische Bezüge erst später erkannt und verstanden werden. Studierende höherer Semester haben erkannt, dass neben Fachkenntnissen andere Inhalte für Schülerinnen und Schüler von Bedeutung sind. Ebenso haben sie bereits stärker realisiert (Item 5b), dass das Anknüpfen an die Alltagsvorstellungen der Schülerinnen und Schüler sinnvoll ist. Beim Item 10 sind es die Studierenden der Anfangssemester, die hier stärker zustimmen. Es kann vermutet werden, dass die unteren Semester noch nicht so viele methodische Variationsmöglichkeiten kennen gelernt haben, die in der Regel erst in höheren Semestern vermittelt werden. Eventuell kommt hier aber auch die größere Nähe zum eigenen Unterricht zum Ausdruck, weil sie selbst besonders die Experimente im Unterricht geschätzt haben. Dieses Ergebnis wird von MARKIC und EILKS (2011) bestätigt, die in einer Studie eine deutliche Veränderung der Sichtweise auf den Chemieunterricht während des Studiums feststellen konnten.

5.Zusammenfassung und Diskussion

Für die durchgeführte deskriptive Studie wurde ein Fragebogen verwendet, der für den Physikunterricht bereits aus der Literatur vorlag. Viele Aussagen des Fragebogens greifen Aspekte auf, die die Scientific-Literacy-Diskussion zu den Zielen des naturwissenschaftlichen Unterrichts wiedergeben und nicht nur für den Physikunterricht interessant sind. Der Fragebogen scheint geeignet, Vorstellungen von Studierenden und/oder Lehrkräften zu den ausgewählten Aspekten zu erfassen. Es ist aber möglich, dass die Aussagekraft der Ergebnisse eventuell dadurch eingeschränkt ist, dass die verwendeten Begriffe von den Befragten und den Befragern unterschiedlich definiert und interpretiert werden können.

Folgende Aussagen haben von allen Studierenden besonders hohe Zustimmungen erhalten (Mittelwerte > 4):

die Vermittlung von Arbeitsmethoden ist wichtiger als reines Faktenwissen

Umweltprobleme gehören in den naturwissenschaftlichen Unterricht

Naturphänomene und Alltagsvorstellungen sollen Ausgangspunkte im naturwissenschaftlichen Unterricht sein

Experimente gehören unter motivationalen Aspekten in den Unterricht

Studierende höherer Semester (> 5. Sem.) stimmten stärker als die Studienanfänger zu, dass neben den jeweils fachwissenschaftlichen Inhalten auch historische und philosophische Fragestellungen unterrichtsrelevant sind. Ebenso haben sie (vermutlich) in didaktischen Veranstaltungen gelernt, dass Alltagsbezüge der Unterrichtsinhalte förderlich für die Motivation sein können. Ähnliches trifft auf die Aussage zu, dass Experimente alleine nicht ausreichen, um einen interessanten, anregenden Unterricht zu gestalten. Studierende höherer Semester haben hier bereits eine differenziertere Sichtweise. Die Fachsystematik steht zu Studienbeginn noch mehr im Vordergrund, erst im Laufe des Studiums werden interdisziplinäre Bezüge für wichtiger erachtet. Die methodischen Variationsmöglichkeiten werden in der Regel auch erst später im Studium behandelt. Differenziert man die Ergebnisse nach Studierenden der Naturwissenschaften und/oder der Mathematik und nach Studierenden ohne diese Fächer, zeigt sich, dass die Fachsystematik für erstere entscheidender ist. Studierende nichtnaturwissenschaftlicher Fächer finden, dass Naturphänomene als Ausgangspunkt im Unterricht dienen sollten, und dass das Interesse der Mädchen besonders berücksichtigt werden müsste.

Hinsichtlich des Studienziels (Schulform) halten Studierende des Haupt- und Realschullehramts historische Bezüge sowie Beziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft für weniger wichtig bei der Vermittlung.

Studierende des Sonderschul- bzw. Grundschullehramts halten projektorientierten Unterricht für besonders wichtig. Das Rechnen von Aufgaben nimmt dagegen bei den Studierenden des gymnasialen Lehramts einen höheren Stellenwert ein.

Leider ist der Vergleich mit den Ergebnissen von JONAS-AHREND (2004) nur zum Teil möglich. In der Untersuchung von JONAS-AHREND wurden 48 Physiklehrkräfte befragt. Die meisten waren männlich und als Gymnasiallehrer tätig. Außerdem wurden 26 Physiklehramtsstudierende befragt. Es wird keine Angabe dazu gemacht, welches andere Unterrichts- oder Studienfach die Probanden hatten. Ebenso wird nicht angegeben, welches Studienziel (Schulform) die Studierenden anstrebten und in welchem Semester sie sich befanden bzw. wie hoch der Anteil der männlichen Studierenden war. JONAS-AHREND fand heraus, dass es überwiegend Übereinstimmung in der Bewertung der Aussagen zwischen den Lehrkräften und den Studierenden gab. D. h. die Studierenden hatten bereits ähnliche Vorstellungen, obwohl sie in der Regel noch nicht selber unterrichtet haben. Signifikante Unterschiede gab es nur bei zwei Items. Den Lehrkräften sind historische Bezüge wichtiger als den Studierenden, umgekehrt erscheint es den Studierenden wichtiger, Freude und Interesse an der Physik zu wecken.

Insgesamt stimmen die Mittelwerte der hier vorgestellten Studie recht gut mit der Studie von JONAS-AHREND überein. Interessante Unterschiede gibt es bei den Items 2, 3 f, 4 und 8. Die Physikstudierenden aus der Studie von JONAS-AHREND halten es für wichtiger, sich um die Interessen der Mädchen zu kümmern. Hier könnte tatsächlich der Unterschied zwischen der Frage für den Physikunterricht und der Frage im Kontext für alle Naturwissenschaften sichtbar werden, da gerade der Physikunterricht bei den Mädchen sehr unbeliebt ist (MUCKENFUß, 1995; HÖNER & GREIWE, 2000; ELSTER, 2000; KRÖLL, 2010), während das für den Biologieunterricht nicht zutrifft. Ein weiterer Unterschied ergibt sich bei der Aussage zur Berufsvorbereitung des Unterrichts. Dieser Aussage haben die Physikstudierenden aus der Literatur weniger zugestimmt als die hier vorgestellten Probanden. Ein möglicher Grund dafür könnte evtl. das angestrebte Studienziel der Schulform sein, wie es sich bei der Differenzierung der Probanden zeigte. Das Antwortverhalten der Gym-Studierenden ähnelt denen der Physikstudierenden aus der Literatur.

Danksagung:

Wir danken Frau Prof. Dr. EVA GLÄSER für die Bearbeitung der Fragebögen an der Universität Heidelberg.

6.Literatur

BECKER, H.-J., GLÖCKNER, W., HOFFMANN, F., JÜNGEL, G. (1992): Fachdidaktik Chemie. Köln, Aulis Verlag Deubner, 2. Aufl.

BOS, W., BONSEN, M., BAUMERT, J., PRENZEL, M., SELTER, C., WALTHER, G. (Hrsg) (2008): TIMSS 2007. Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich. Münster/New York/München/Berlin, Waxmann.

DEMUTH, R. (1981): Schülerexperimente im Chemieunterricht (I). Zur Frage der Schülermotivation für das Fach Chemie. NiU Physik/Chemie 29, 256-259.

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1 Im ursprünglichen Fragebogen war die Nummerierung der Items verschieden.

Auf alle Fälle Experimente?

– Vorstellungen von Lehramtsstudierenden zum naturwissenschaftlichen Unterricht und zum Einsatz von Experimenten –

 

ALEXANDER STRAHL, KERSTIN HÖNER, RAINER MÜLLER, AXEL EGHTESSAD, VERENA PIETZNER, MAIKE LOOß, KONSTANTIN KLINGENBERG, DAGMAR HILFERT-RÜPPELL

Kurzfassung

Welche Aspekte des naturwissenschaftlichen Unterrichts erachten Lehramtsstudierende für wichtig? Wie beurteilen sie den Einsatz von Experimenten? Zur Beantwortung dieser Frage wurde ein Fragebogen entwickelt, der vorgegebene Aussagen und offene Fragen enthielt.

Die Ergebnisse wurden nach Studienfächern und Studiendauer differenziert und teilweise Expertenmeinungen gegenübergestellt. Es ergibt sich, dass die befragten Lehramtsstudierenden in den betrachteten Dimensionen eine adäquate Vorstellung zum naturwissenschaftlichen Unterricht haben, die sich im Laufe des Studiums verfeinert.

Der Inhalt wurde bereits teilveröffentlicht STRAHL ET AL. 2013.

1.Einleitung

Der Erfolg des naturwissenschaftlichen Unterrichts in Deutschland gilt nach den Ergebnissen internationaler Vergleichsstudien als eher unbefriedigend (PISA, 2000, 2003, 2006). Eine bildungspolitische Folge daraus war und ist, dass in vielen Bundesländern inzwischen bereits im Sachunterricht der Grundschulen und dann in den Klassenstufen 5 und 6 mit dem naturwissenschaftlichen Unterricht begonnen wird, bevor der Unterricht in den getrennten Fächern (Biologie, Chemie, Physik) stattfindet. Der frühe naturwissenschaftliche Unterricht knüpft in der Regel an Themen aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler an und soll Freude an der Beobachtung von Naturphänomenen wecken. Der weiterführende Unterricht soll hingegen systematisch in das Verständnis von Naturgesetzen und deren Anwendung in verschiedenen Bereichen einführen. Dazu ist es notwendig, die naturwissenschaftlichen Basiskonzepte zu verstehen und spezifische naturwissenschaftliche Kompetenzen zu erwerben, die der jeweiligen Fachlogik folgen. Dieses ist Teil der angestrebten „Naturwissenschaftlichen Grundbildung (Scientific Literacy)“, die bereits im Unterricht der Sekundarstufe I erworben werden soll, bevor im Unterricht der Sekundarstufe II die Fachspezifik zunehmend mehr betont wird.

Von verschiedenen Verbänden (DPG, 2005) wird dabei für den frühen naturwissenschaftlichen Unterricht gefordert, dass die Erfahrungswelt und die Interessenlage der Schüler und Schülerinnen berücksichtigt wird. Dabei steht die Entwicklung von Kompetenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung im Vordergrund. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei das Durchführen von Experimenten ein. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Bedeutung des Experiments für die Erkenntnisgewinnung erfahren und grundlegende Methoden des Experimentierens kennenlernen (Beobachten, Messen, Protokollieren, …) (DPG, 2005).

Es gilt als unumstritten, dass Experimente zum naturwissenschaftlichen Unterricht gehören. Unter Experimenten verstehen wir dabei Anordnungen, die ein wiederholtes Beobachten möglich machen mit dem Ziel, Hypothesen über naturwissenschaftliche Theorien zu prüfen. Durch die experimentelle Methode im Unterricht sollen Schülerinnen und Schüler in die naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen eingeführt werden, sowie Wege der Erkenntnisgewinnung und neue Einsichten vermittelt bekommen.

Neben dem Erkenntnisgewinn haben Experimente im Unterricht häufig noch eine Reihe anderer Funktionen. Sie dienen z. B. der Veranschaulichung und der Motivation. Schulexperimente sind in der Regel vorgeplant und so aufgebaut, dass gerade das herauskommt, was gezeigt werden soll, d. h., sie werden eher selten für den eigenen Erkenntnisgewinn eingesetzt, sondern illustrieren Theorien und Modelle. Damit sind Schulexperimente keine Forschungsexperimente im eigentlichen Sinne, was sie nicht zwingend oberflächlich oder ungenau macht. Dass das Experiment in weiten Teilen den naturwissenschaftlichen Unterricht prägt, zeigten z. B. TESCH & DUIT, 2004, VON AUFSCHNAITER, 2006 und BRÜCKMANN ET AL., 2007 in Videostudien.

Da bei der Planung und Durchführung von Unterricht Auffassungen der Lehrperson eine wichtige Rolle spielen (TESCH & DUIT, 2004 ), stellt sich die Frage, welche Vorstellungen angehende Lehrkräfte zu verschiedenen Aspekten des naturwissenschaftlichen Unterrichts und zum Einsatz von Experimenten haben. Dieser Frage wird in dieser Untersuchung nachgegangen. Obwohl bei vielen Aspekten die „Nature of Science“-Debatte berührt wird, steht sie hier nicht im Mittelpunkt der Untersuchung (HÖNER ET AL., 2010).

2.Forschungsstand

Das Verständnis von Wissenschaft, welches den Schülerinnen und Schülern vermittelt wird, hängt entscheidend von der Vorstellung und dem Wissen der Lehrenden ab. TESCH & DUIT, 2004 zeigten, dass bei der Planung von Unterricht die Auffassungen und Einstellungen der Lehrkräfte über die Natur der Naturwissenschaften eine wichtige Rolle spielen.

Der naturwissenschaftliche Unterricht enthält immer auch wissenschaftstheoretische Aspekte, die im Unterricht meist nicht genannt, geschweige denn erläutert werden. Dennoch erhalten Schülerinnen und Schüler durch die Unterrichtsgestaltung zumindest implizit eine Vorstellung von naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen. Dieses liegt u. a. daran, dass sich auch die Lehrkräfte ihrer eigenen wissenschaftstheoretischen Auffassung zu Experimenten nicht bewusst sind, und sie deshalb explizit bei der Unterrichtsgestaltung kaum eine Rolle spielen (TIMMER, 1999).

BLEICHROTH ET AL