Nice to meet you, Ruhrgebiet - Martin Brambach - E-Book
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Nice to meet you, Ruhrgebiet E-Book

Martin Brambach

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Beschreibung

Hommage an eine Wahlheimat Martin Brambach, der beliebte Bühnen- und TV-Schauspieler (Tatort Dresden), lebt seit 17 Jahren im Ruhrgebiet – und hat nicht vor, jemals wieder wegzuziehen. Für NICE TO MEET YOU, RUHRGEBIET! hat er sich aufs Fahrrad geschwungen und kleine Entdeckungstouren durch seine Wahlheimat unternommen, um die besondere Schönheit des Potts und die Seele dieser besonderen Region und seiner Einwohner zu erkunden. Er wirft einen Blick in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und lädt seine Fans und alle, für die das Ruhrgebiet als grünes Reiseparadies noch Neuland ist, ein zu einer Reise in das wahre Herz seiner Heimat.  

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Seitenzahl: 152

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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

POLYGLOTT ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Film, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeglicher Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Leserservice:

GRÄFE UND UNZER Verlag

Grillparzerstraße 12

81675 München

www.graefe-und-unzer.de

Text: Martin Brambach, Jan Wehn

Redaktion und Projektmanagement: Silke Tauscher

Lektorat: Rosemarie Elsner

Bildredaktion: Dr. Nafsika Mylona

Schlusskorrektur: Ulla Thomsen

Covergestaltung: Favoritbüro Gbr

Kartografie: Gerald Konopik, Fürstenfeldbruck

eBook-Herstellung: Lea Stroetmann

ISBN 978-3-8464-0953-4

1. Auflage 2022

GuU 4-0953 07_2022_02

Bildnachweis

Coverabbildung: Jens van Zoest; Shutterstock/jakkapan; Getty Images/Nachteule

Fotos: Jens van Zoest; Alamy Stock Photo: R. Oberhäuser, J. Tack; arte »Square für Künstler - Heimat:Revier«, Produktion: Picture Puzzle Medien; dpa/picture alliance; Frank Rogner; GettyImages: EyeEm, Bongarts/C. Koepsel; Gideon Pisanty CC BY 3.0; HUBER IMAGES: C. Piccoli, F. Carovillano, C. Bäck, H.-J. Jockschat; I, Arnoldius CC BY-SA 2.5; imageBROKER: R. Kiedrowski, KFS; IMAGO: R. Oberhäuser, J. Tack, R. Lueger; Imago Images: Zoonar, biky, H. Blossey, blickwinkel, J. Tack; imago stock; laif: M. Kirchner, D. Asbach, D. Pilar; Literaturhaus Herne Ruhr; Mauritius Images: R. Oberhäuser, T. Robbin, J. Jockschat, Pitopia; Nafsika Mylona; Picture Alliance: J. Tack; Seasons Agency: Jalag/K. Bossemeyer, Gräfe & Unzer Verlag/K.-M. Einwanger, Jalag/V. Bismo; Shutterstock; Stefan Flöper: cc-by-sa-4.0; stock.adobe.com

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Wichtiger Hinweis

Die Daten und Fakten für dieses Werk wurden mit äußerster Sorgfalt recherchiert und geprüft. Wir weisen jedoch darauf hin, dass diese Angaben häufig Veränderungen unterworfen sind und inhaltliche Fehler oder Auslassungen nicht völlig auszuschließen sind, zumal zum Zeitpunkt der Drucklegung die Auswirkungen von Covid-19 auf das Hotel- und Gastgewerbe vor Ort noch nicht vollständig abzusehen waren. Für eventuelle Fehler oder Auslassungen können Gräfe und Unzer, die ADAC Camping GmbH sowie deren Mitarbeiter und die Autoren keinerlei Verpflichtung und Haftung übernehmen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch bei Personenbezeichnungen das generische Maskulinum verwendet. Es gilt gleichermaßen für alle Geschlechter.

Ich habe in meinem Leben schon an vielen Orten in Deutschland gewohnt, gearbeitet und zeitweise Wurzeln geschlagen – im Ruhrgebiet zum ersten Mal während meiner Zeit an der Schauspielschule in Bochum. Nach Engagements in Köln, Wien und Berlin bin ich seit 2001 freischaffend und lernte kurz nach der Scheidung von meiner ersten Frau meine jetzige Frau kennen, die als gebürtige Wienerin im Ruhrgebiet lebte. Das Ruhrgebiet kannte ich ja bereits, und es gefiel mir. Genau wie sie. Also packte ich meine Koffer und zog nach Recklinghausen und habe das bis heute keinen Tag bereut. Ich fühle mich hier im Ruhrgebiet einfach wohl und das hat vor allem mit den Menschen zu tun.

Nirgendwo sonst sind sie so direkt und ehrlich, offen und bodenständig und noch dazu solidarisch. Und Berührungsängste haben sie im Pott im Übrigen auch keine. Das Ruhrgebiet ist einzigartig und dennoch als Industrieregion im Wandel auch exemplarisch für andere Regionen auf dieser Erde. Die letzten Zechen haben geschlossen, sind mittlerweile Museen oder UNESCO-Weltkulturerbe, die Natur hat kleine Paradiese geschaffen, und es passiert jeden Tag so viel Neues. Um die Faszination dieses Stückchens Erde zu ergründen, schwinge ich mich aufs Fahrrad und mache mich auf zu einer spannenden Reise voller Entdeckungen.

Recklinghausen – Musik und Spiele

Heimatgefühle, verdammt gute Musik, Fußballgötter, Ruhrpotthelden und ein Hauch von Hollywood >

Ausflug zu Theos Farm in Oer-Erkenschwick

Ein Wahlkampfslogan als Mantra, Lizenz für Langschläfer-Hühner und Windräder auf der Weide >

Unterwegs zur Halde Hoheward in Herten

Schlägel & Eisen, unterm Kauenhimmel, ein Furcht einflößender Drachenkopf und Erinnerungen an Stonehenge >

Kultur und Lebensqualität in Gelsenkirchen

Bergmannsglück und Boxkämpfe, Preziosen der Lebensqualität, spektakuläre Architektur und die Handschrift von Yves Klein >

Auf ’ne Currywurst, Bier und Flickzeug nach Herne

Scharfmacher Currywurst, der Mond von Wanne-Eickel, Renaissance eines Literaturhauses und ein Hotspot für Biker >

Rund ums Schauspielhaus Bochum

Roter Klinker und hohe Schauspielkunst, verzückte Sternengucker und ein ewig rollender »Starlight Express« >

Statt Kohle – Kultur satt in Essen

Eiffelturm an der Ruhr, physikalische Phänomene, Kunst im neobarocken Outfit und zwei generöse Stifter >

Einmal um den Baldeneysee

Ein geliebter Stausee, ein Wanderweg mit Anspruch und die bildschöne Villa Hügel, einst Domizil der Unternehmerfamilie Krupp >

Hafenluft in Duisburg schnuppern

Hafen von Weltrang, Schutzpatron Nikolaus, 83 Tonnen Rheinorange und eine magische Achterbahn >

Faszination des Technologiestandorts Dortmund

Malochen wird museumsreif, ein simulierter Landeanflug, surrende Drohnen und der Schuh von Mario Götze >

Nice to meet you, Ruhrgebiet!

Willkommen im Ruhrpott!

Ich fühle mich im Ruhrgebiet einfach wohl. Das hat vor allem mit den Menschen zu tun. Nirgendwo sonst sind sie so direkt und ehrlich, offen und bodenständig und noch dazu solidarisch. Und Berührungsängste haben sie im Pott im Übrigen auch keine.

Ich habe in meinem Leben schon an vielen Orten in Deutschland gewohnt, gearbeitet und zeitweise Wurzeln geschlagen – im Ruhrgebiet zum ersten Mal während meiner Zeit an der Schauspielschule in Bochum. Nach Festengagements in Köln, Wien und Berlin baute ich mir ab 2001 eine Existenz als freischaffender Schauspieler auf und lernte nach meiner Scheidung eine wunderbare neue Frau kennen, die als gebürtige Wienerin im Ruhrgebiet lebte. Das kannte ich ja bereits, und es gefiel mir. Genau wie sie.

Also packte ich meine Koffer und zog nach Recklinghausen und habe das bis heute keinen Tag bereut.

Einmal, es muss gut drei Jahre her sein, stand ich auf der Straße vor unserem Haus und schnitt die Hecke, als ein älterer Herr vorbeikam und mich eine ganze Weile gründlich von der Seite betrachtete.

»Du wohnst hier?«

»Ja, ich wohne hier«, antwortete ich wahrheitsgemäß.

»Das gibt’s ja gar nicht! Warum denn hier in Recklinghausen?«

»Na, irgendwo muss ich ja auch wohnen!«, sagte ich grinsend.

Er konnte das nicht so recht fassen, schüttelte leicht den Kopf und nach einem kurzen Wortwechsel verabschiedeten wir uns voneinander. Ich wünschte ihm noch einen schönen Tag und widmete mich anschließend wieder der Hecke.

Ein paar Stunden später, ich fegte gerade die letzten Blätter zusammen, kam der Herr wieder vorbei und beobachtete sehr genau mein Werk.

»Aber Arbeiten ist nicht so deins, oder?«

Ich fand diese Begegnung herrlich, weil sie direkt und erdend genau das beschreibt, was ich am Ruhrgebiet bis heute liebe und weshalb ich mich hier so wahnsinnig wohlfühle.

Das Ruhrgebiet ist einzigartig und dennoch als Industrieregion im Wandel auch exemplarisch für andere Regionen auf dieser Erde. Die letzten Zechen haben geschlossen, sind mittlerweile Museen oder UNESCO-Weltkulturerbe. Aus alten Industriebrachen werden Biotope und aus Schwerindustriestandorten Kulturbetriebe. Es ist viel passiert.

Doch was ist mit den Menschen, die ja generationenlang im Bergbau und der Schwerindustrie gearbeitet haben und teilweise auch deshalb ins Ruhrgebiet gekommen sind? Wird es auch in Zukunft für alle Arbeit geben? Was gibt es für Konzepte, diese Region in die Zukunft zu führen? Und was macht diese Gegend so besonders lebenswert?

Um die Faszination dieses Stückchens Erde zu ergründen und Antworten auf meine Fragen zu finden, schwinge ich mich aufs Fahrrad und mache eine Reise voller spannender Begegnungen mit Menschen, Landschaften, Idealen und Visionen.

Aber bevor es gleich richtig losgeht, vielleicht noch ein kleiner Hinweis vorab: Wir werden auf den kommenden Seiten ordentlich Strecke machen. Denn das Ruhrgebiet ist groß. Sehr groß sogar. Mehr als fünf Millionen Menschen, also gut sechs Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands, leben hier auf einer Fläche von fast 4500 Quadratkilometern und machen aus dem Ruhrgebiet nicht nur den größten Ballungsraum der Bundesrepublik, sondern auch den drittgrößten in ganz Europa!

Und den erkundet man am besten mit dem Fahrrad. Wirklich wahr! Man würde das gar nicht denken, aber die Radwege im Ruhrgebiet sind zahlreich und verbinden auf den stillgelegten Eisenbahntrassen abseits der großen Autobahnen alle wichtigen Städte miteinander. Während der Verkehr die Städte verstopft, radelt man einfach gemütlich durchs Grüne von einer zur nächsten Sehenswürdigkeit.

Als leidenschaftlicher Radfahrer habe ich die folgenden Kapitel deshalb so gestaltet, dass man seine Erkundungstour gut und gerne mit dem Rad unternehmen kann – am Stück, in Teiletappen oder vielleicht auch in einer ganz anderen Reihenfolge.

Aber nun genug der Worte, lassen Sie uns gemeinsam diese aufregende Reise durch das Ruhrgebiet beginnen. Denn ich möchte Ihnen gerne ein paar schöne Orte zeigen, tolle Leute vorstellen und ihre Geschichten erzählen.

Ihr

Der Industriestandort Duisburg vor nicht allzu langer Zeit

Meine Lieblingsorte im Ruhrgebiet

Einer Achterbahn nachempfunden: die Skulptur Tiger & Turtle in Duisburg

Von der Tribüne am Baldeneysee ist der Blick aufs Wasser besonders schön.

Unterwegs mit dem Heimatforscher Egon Kopatz in der Zechenstadt Gelsenkirchen-Hassel

Im Schauspielhaus Bochum verdiente ich mir meine ersten Sporen als Schauspieler.

Die ultimative Currywurst bei Herzogs – ein Muss!

»Tatort«: vor der Veltins-Arena, dem Stadion meines Vereins FC Schalke 04

Fast unberührt wirkt die Wald- und Seenlandschaft, die sich zu Füßen des BaldeneySteigs erstreckt.

»Rheinorange«: die stählerne Landmarke bei Rheinkilometer 780

Typischer Anblick im Wonnemonat Mai: leuchtende Rapsfelder, so weit das Auge reicht

Meine Fahrradtouren durchs Ruhrgebiet

Zu allen zehn Touren in diesem Buch stehen für Sie GPX-Daten zum kostenlosen Download bereit. Einfach den nebenstehenden QR-Code scannen und losradeln!

Den Eingang zum Ruhrfestspielhaus in Recklinghausen schmückt die Bronzefigur »Große Liegende« vom Künstler Henry Moore.

Recklinghausen – Musik und Spiele

Heimatgefühle, verdammt gute Musik, Fußballgötter, Ruhrpotthelden und ein Hauch von Hollywood

Alle Wege führen nach Recklinghausen

Wir beginnen an dem für mich schönsten Ort des Ruhrgebiets: in Recklinghausen. Hier habe ich nicht nur meine Bleibe gefunden, sondern auch viel über die Region gelernt. Nicht nur, welcher Fußballverein der richtige ist, sondern auch, wo es verdammt gute Musik gibt. Kommen Sie mit, ich zeig’s Ihnen!

Beim Ruhrgebiet denkt man an Bochum, an Duisburg oder an Essen. Und all diesen schönen Metropolen werden wir natürlich auf den kommenden Seiten dieses Buches noch ausführliche Besuche abstatten. Keine Sorge! Aber ich möchte unsere Tour gerne an einem anderen Ort im Pott beginnen: in meiner Heimatstadt Recklinghausen.

Seitdem ich vor gut 20 Jahren hier angekommen bin, habe ich keine Sekunde daran gedacht, wieder wegzuziehen. In den Großstädten bin ich zum Drehen, Arbeiten und Auf-der-Bühne-Stehen ja ohnehin oft genug. Aber wirklich erholen kann ich mich nur hier. Und wenngleich Recklinghausen am äußersten Rande des Ruhrgebiets und somit kurz vor dem Münsterland liegt, ist man trotzdem nicht aus der Welt. Auch das mag ich an dieser Stadt ungemein.

Nicht ohne Grund führten in früheren Zeiten die wichtigen Handelswege mitten durch Recklinghausen und seine fünf Stadttore. Heute gelangt man durch Steintor, Lohtor, Martinitor, Kunibertitor und Viehtor in die wunderschöne Altstadt mit ihren urigen Gassen und den vielen Cafés und Restaurants, in denen ich nach anstrengenden Drehs so gerne entspanne.

Der Marktplatz in der Altstadt: sozusagen die »gute Stube« von Recklinghausen

Immer rein in die gute Stube!

Da ist zum Beispiel das Café Blond. Eigentlich ein spanisches Restaurant und eine gemütliche Tapas-Bar, doch finden hier auch regelmäßig tolle Livekonzerte statt. Musik hat in Recklinghausen nämlich schon immer eine große Rolle gespielt, und so kam es, dass im Laufe der Jahrzehnte einige weltbekannte Musiker ins Ruhrgebiet geholt wurden.

Im »Flexi«, dem ehemaligen Gemeindehaus in Recklinghausen, spielten Bands wie The Housemartins oder The Crusaders, bevor sie ihren großen Durchbruch hatten. Das »Flexi«-Team holte sogar Jazzlegende Miles Davis Ende der 1980er-Jahre für ein Konzert in die Vestlandhalle Recklinghausen.

Das ist natürlich lange her, aber die Faszination für Musik lebt in Recklinghausen weiter. Nicht nur im Café Blond oder in der Neuen Philharmonie Westfalen, die an dieser Stelle ausdrücklich zu empfehlen ist, sondern auch in der Altstadtschmiede. 1870 als Huf- und Nagelschmiede am Ort erbaut, steht sie heute unter Denkmalschutz und fungiert seit 1975 als soziokulturelles Zentrum, das durch einen gemeinnützigen Verein betrieben wird. Hier finden ebenfalls regelmäßig Konzerte und Kleinkunstdarbietungen statt. Jeden Donnerstag gibt es eine freie Jazzsession und jeden zweiten Mittwoch im Monat eine Pop-Rock-Akustik-Session, bei der jeder, der mag, mitspielen oder zuhören kann.

Die Altstadtschmiede beherbergt seit 1975 ein Jugendzentrum.

Die Altstadtschmiede ist vor allem auch ein Jugendzentrum und bietet von einer eigenen Big Band und einer Musicalgruppe bis hin zur Disco jede Menge Programm für Jugendliche – und mit dem 14-tägigen Tanz- und Kaffeeklatsch zusätzlich ein beliebtes Angebot für Senioren. Seit 2013 existiert außerdem eine eigene Fußballmannschaft, die der Altstadtschmiede angehört.

Die Fußballfabrik läuft auch Hochtouren

Fußball ist überhaupt ein gutes Stichwort. Ich glaube, es gibt keinen Ort auf der Welt, wo die Leute so fußballverrückt sind wie im Ruhrgebiet. Einer, der darüber bestens Bescheid weiß, ist mein Freund Ingo Anderbrügge. Ingo kennt im Pott jeder. Aus gutem Grund.

Als ehemaliger Profifußballer hat er die unglaubliche Leistung vollbracht, erst bei Borussia Dortmund zu kicken, ehe er 1988 zum direkten Konkurrenten, dem FC Schalke 04, wechselte. Mit den Knappen wurde er 1997 UEFA-Pokalsieger und 2000 außerdem als einer der besten Spieler aus 96 Jahren Vereinsgeschichte in die Jahrhundertelf gewählt.

Nach seiner aktiven Profifußballerkarriere entschloss Ingo sich, die »Ruhrpotthelden« ins Leben zu rufen. Eine Organisation, die für einen guten Zweck Fußballspiele mit Prominenten organisiert. Mit der Fußballfabrik entwickelte er zudem das Konzept für eine mobile Franchise-Fußballschule, die Kindern und Jugendlichen in Trainingscamps Spaß am Fußball und vor allem Werte, die auf das Leben vorbereiten, vermittelt.

Fußball als Religion

Wenn sich einer mit Fußball auskennt, dann Ingo. Wie erklärt er sich die Faszination für Fußball im Ruhrgebiet, die ja fast schon religiöse Züge angenommen hat und so vielen Menschen eine Identifikationsfläche bietet?

»Das ist eine Begeisterung, die über Generationen weitergegeben wird«, sagt Ingo. »Wenn wir uns mit unseren Vätern und Opas unterhalten, dann weiß man, wo das herkommt. Der Bergbau hat im Revier die Zeiten geprägt.

»Nach getaner Arbeit ging man in die Kneipe, um Fußball zu schauen. Das war das Hobby der Bergarbeiter.«

Hinzu kommt in den Augen von Ingo, dass das Ruhrgebiet eine richtige Fußballmacht ist. Neben dem BVB und dem S04 sind auch der VfL Bochum und der MSV Duisburg wichtige Club-Institutionen.

»Mit Erfolgen und Misserfolgen der jeweiligen Vereine sind dann natürlich Rivalitäten entstanden, die auch in die nächste Fan-Generation weitergetragen werden«, erklärt Ingo mir. »In der heutigen Zeit sorgen außerdem Merchandise und Fanartikel dafür, dass die Liebe zum jeweiligen Verein noch bildlicher geworden ist.«

Ganz in seinem Element: mein Fußballfreund Ingo Anderbrügge

Ein ganzes Leben lang

Eine Leidenschaft, die länger anhält als nur die 90 Minuten im Stadion und nicht selten mit in den Alltag genommen wird. Etwa dann, wenn die Schalke-Tasse des Kollegen im Büro plötzlich fehlt oder die BVB-Fahne aus dem Schrebergarten mit einem Mal nicht mehr aufzufinden ist.

»Für viele hält diese Liebe zum Verein das ganze Leben«, sagt Ingo. »Es gibt viele Kinder, die gleich nach der Geburt schon Mitglieder werden. Ein bisschen wie eine Taufe.«

Wenn man sich mit Ingo unterhält und die Begeisterung für den Sport spürt, dann versteht man, warum ihn der Fußball auch nach seiner aktiven Zeit nie losgelassen hat. Er investiert zum Beispiel in den Nachwuchs. Aus gutem Grund.

»Früher hat man sich auf dem Bolzplatz getroffen«, erzählt Ingo.

»Arm, reich, schlau, weniger schlau – alle haben zusammen Fußball gespielt.«

Eine Art von klassenübergreifendem Kick, der heute immer seltener wird.

Stattdessen gibt es Fußballschulen, deren mitunter hohe Gebühren sich nicht jeder leisten kann. Ingo ruft kurzerhand den Verein Aktion Teamgeist e.V. ins Leben, um sozial benachteiligten Kindern die Chance zu geben, Fußball zu spielen und sich als Gemeinschaft zu finden.

Dank Ingo durfte auch ich schon ein »Ruhrpottheld« sein.

Wenig später gründet er die »Ruhrpotthelden«. Eine Mannschaft, bestehend aus Unternehmern und Menschen aus der Öffentlichkeit, die regelmäßig Charity-Spiele für den guten Zweck veranstalten.

»Wenn die nach dem Spiel in der Umkleide sitzen, ein Bierchen trinken und mir sagen, wie viel Spaß ihnen das heute gemacht hat, dann spüre ich, dass die Emotion des Fußballs wirklich jedem guttut.«

Als jemand, der auf Einladung von Ingo auch schon als Teil der »Ruhrpotthelden« auf dem Platz stand, kann ich dem wirklich nichts mehr hinzufügen.

John Malkovich an der Ruhr

Wenn wir über Recklinghausen sprechen, dann müssen wir natürlich auch über die Ruhrfestspiele sprechen. Denn einmal im Jahr verwandelt sich die Stadt in eine internationale Metropole der Kultur und des Theaters – nicht nur auf dem grünen Hügel! Internationales Schauspieltheater, aber auch Tanz- und Performance-Produktionen, Lesungen, Konzerte, bildende Kunst – im Festspielhaus und der ganzen Stadt gibt es nichts, was es nicht gibt.

Nicht selten findet während der zwei Wochen auch der eine oder andere Star aus Hollywood seinen Weg zu uns.

2010 war zum Beispiel John Malkovich in der musikalischen Theaterfassung des Kinofilms »The Infernal Comedy – Confessions of a Serial Killer« als Serienmörder Jack Unterweger zu sehen. 2018 kehrte er wieder zurück und eröffnete die Ruhrfestspiele in der Rolle des Giacomo Casanova.

In seiner Freizeit schlenderte der US-Schauspieler natürlich auch durchs schöne Recklinghausen und erregte prompt die Aufmerksamkeit einer Anwohnerin, die ihn gleich um ein Autogramm bat. Was er denn schreiben solle, wollte Malkovich wissen. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Na, alles Liebe, Ihr George Clooney!« – und John Malkovich tat, wie ihm befohlen.

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