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Die Angst vor der Leere, vor dem Tod, das Gefühl der Gottverlassenheit vor dem schwarzen Nichts - das ist der eigentliche Antrieb des Lebens und des Schreibens. Jürg Amann wirft in diesem Brevier der Todesverachtung und der Lebenslust dem Tod alles an Worten, Bildern und Gedanken entgegen, was die Sprache aufzubieten vermag: Notizen und Aphorismen, kurze Essays und Betrachtungen. Ein eindringlicher Text über die immerwährende Gegenwart des Todes im Leben, über den Schatten, den er über die Menschen wirft, über das Versagen der Religionen im Angesicht des Sterbens und über die Zeit, die eben nicht alle Wunden heilt, sondern "die Wunde ist". Jeder Satz eine Attacke gegen den großen Sinnzerstörer - obsessiv, wütend, unerschütterlich und voller Liebe zum Leben.
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Seitenzahl: 97
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Jürg Amann
Nichtsangst
Jürg Amann
Fragmente auf Tod und Leben
© 2008HAYMON verlagInnsbruck-Wienwww.haymonverlag.at
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
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ISBN 978-3-7099-7509-1
Umschlag: Haymon Verlag/Stefan RasbergerSatz: Haymon Verlag/Thomas Auer
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„Horror vacui, m. [lat.], angeblicher Abscheu der Natur vor dem Leeren (Aristoteles).“
Knaurs Lexikon A–Z
„Als Fragment erscheint das Unvollkommene noch am erträglichsten – und also ist diese Form der Mitteilung dem zu empfehlen, der noch nicht im Ganzen fertig ist – und doch einzelne merkwürdige Ansichten zu geben hat.“
Novalis
„Und wie’s wieder auf die Erde wollt, war die Erde ein umgestürzter Hafen.“
Georg Büchner
Der Tod ist der Fehler in der Welt.
Der Tod ist die Erbsünde Gottes, und wir haben sie zu tragen.
Der Tod ist das Loch, durch welches das Leben aus der Welt hinauszischt.
Eine Welt, in der es den Tod gibt, ist nicht die beste der möglichen Welten.
Wenn die Menschen von anderen, eben gestorbenen Menschen sagen: ein Glück, er hat sowieso nichts mehr vom Leben gehabt, krank, wie er war, usw., dann denken sie nie daran, dass das Glück auch darin hätte bestehen können, dass diese, offenbar unglücklich, Verstorbenen etwas von ihrem Leben gehabt hätten, glücklich hätten sein können. Unter anderen Umständen. In einer Welt ohne Tod.
Der Satz des Anaximander, wonach das Hervorgehen des Vergänglichen aus dem Unvergänglichen deshalb zwingend sei, damit das Unvergängliche, Ewige in seinem ewigen Drang zur Hervorbringung von Neuem gewährleistet sei, indem das Alte diesem Neuen Platz macht, ist eine Tautologie. Er sagt nichts, als dass das Unvergängliche, so wie es ist, aus der Unvergänglichkeit der Vergänglichkeit besteht, und das wussten wir von Anfang an. Warum es so ist, wie es ist, dieses Unvergängliche, und nicht anders, etwa als die Unvergänglichkeit oder Ewigkeit oder Dauer von Unvergänglichem, wird nicht gefragt. Und nach dem Wissensstand von heute ist nicht einmal die Unvergänglichkeit der Vergänglichkeit garantiert: selbst die Endlichkeit ist nicht unendlich, selbst die Vergänglichkeit nimmt einmal ein Ende, sozusagen in höherer Potenz: im Kältetod des Alls.
Wenn es den Tod, in der wirklich besten der Welten, nicht gäbe, würde man sich gegenseitig auch nicht zu fressen weder brauchen noch vermögen, lieber Johannes von Tepl!
Eine ganz andere Welt hätte man eben machen müssen, in der Ewigkeit und Leben keine Gegensätze sind.
Diese Unmöglichkeit zu leben, sie kommt nicht aus uns, sondern aus dem Leben selbst.
Das Leben selbst ist lebensfeindlich: denn es geht zum Tod.
Das Leben ist durch den Tod immer beschädigt, von allem Anfang an.
Die einzige wirkliche Verbesserung der Welt wäre es, den Tod abzuschaffen. Alles andere ist Flickwerk.
In einer falschen Welt gibt es kein richtiges Leben.
Ausser der Überwindung des Todes ist kein wirklicher wissenschaftlicher Fortschritt mehr denkbar.
Die Krankheit der Welt ist die Krankheit des Menschen ist die Krankheit der Welt.
Die Todesstrafe ist zu hart für ein Leben.
Die Todesstrafe, an der ich mich lebenslänglich totleben muss.
Jeder Menschenuntergang ist der Weltuntergang, der Untergang seiner Welt.
Wir haben uns nicht aus dem Paradies vertrieben, weil wir von der Frucht der Erkenntnis assen, sondern weil wir nicht ebenso vom Baum des (ewigen) Lebens nahmen. Zwei Chancen hatten wir: die Finger von beidem zu lassen, unbewusst sterblich zu bleiben. Oder von beiden Bäumen zu essen und bewusst unsterblich zu werden. Uns aber hat auf halbem Weg der Mut verlassen.
Bei vollem Bewusstsein sterblich zu sein, das ist das Elend des Menschen. Die Bibel sagt das so: Wir haben von einem verbotenen Baum gegessen. Aber es gab deren zwei. Die Frage ist, ob dieser zweite Baum noch steht, und wenn ja, wo?
Der andere „Mythos von Sisyphos“, der mich mehr interessiert als der erste: Sisyphos, dem es gelingt, den Tod zu fesseln, so dass eine Zeitlang, bevor er wieder entfesselt ist, keine Menschen mehr sterben.
Ohne ewiges Leben in die Freiheit entlassen zu werden, heisst verloren sein.
Lacrimoso: Hermann Kinders „Himmelhohes Krähengeschrei“, in einer Welt, in der „nie etwas gut wird“, in der die „Sturzangst“ nur allzu berechtigt ist, in welcher man sich „in zu engen Schuhen dahinschleppt und dann doch stirbt“. Ja, wären die Nächte doch mit der Liebe, und wäre die Erde „kein umgestürzter Hafen“!
„Der Tod einer Fliege, das ist der Tod.“
Marguerite Duras
„Tod, Staub, Asche“: Büchners Fazit über den Menschen, verkündet auf dem Zürcher Sterbebett, wie das Gerücht sagt.
Es ist gleich unmöglich, vom Leben aus einen fremden Stern zu betreten, wie es unmöglich ist, vom Tod aus einen Eisenbahnzug zu besteigen. Sinngemäss nach Van Gogh. Und nur noch sinngemäss wahr ist auch ersteres inzwischen geworden.
Der Tod ist der Fall und muss festgestellt werden.
Der Todesfall: der Fall des Todes – wie der Fall des Fallbeils.
Der Tod ist immer und von Anfang an so nahe, dass sein Schatten auf das Leben fällt.
Der Stachel des Todes bleibt immer. Bis zum Tod.
Der Tod ist immer gleich weit von einem entfernt; weil man nicht weiss, wann er kommt. Nur so kann man leben.
Der Weltuntergang unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Tod. Der Einzelne fürchtet sich vor jenem nicht mehr als vor diesem. Im Gegenteil, das Unerträglichste am Tod fällt beim Weltuntergang weg: dass die anderen weiterleben. Darum tut der Einzelne nicht mehr gegen den Untergang der Welt als gegen den eigenen Tod.
Dass eine Spezies ausstirbt, irgendwann, irgendwo, ist keine Katastrophe, ausser vielleicht für die zwei, drei letzten Exemplare, die sich ein wenig einsam fühlen; dass die Einzelnen sterben, ist der Skandal.
Tod, auch der massenhafteste, ist immer einzeln.
Wie weh Tod tut.
Der Tod ist nicht, wie immer gesagt wird, die andere Seite des Lebens, er ist das Nicht-Leben.
Der Tod ist nicht verwandt mit dem Schlaf, er ist das Ende auch des Schlafs.
Der kurze Moment des eintretenden Todes, in dem aus einem Subjekt unversehens ein Objekt wird. Unakzeptierbar.
Das Schrecklichste am Tod: dass man die Musik nicht mehr wird hören können.
St. Florian bei Linz, Brucknergrab, direkt unter der Orgel, Schädelstätte, gestapelter Tod.
Wild galoppierender, wild ausschlagender Gaul Erde, bald wirft er mich ab.
Die Totenmaske: das endgültige Gesicht.
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