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Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1.0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für neuere deutsche Literatur), Veranstaltung: HS: Realismus und Naturalismus in Deutschland, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung Thomas Manns Roman ‚Doktor Faustus′ aufmerksam zu lesen, heißt: Standpunkt beziehen. Wie bei der berühmten Kippfigur Wittgensteins hängt es von unserem Blickwinkel ab, was wir erkennen, den Hasen oder die Ente. Das heißt in diesem Fall: Unser Vorwissen und unseren Interessen bestimmen, welche Verweise, Motive und Sinnzusammenhänge wir hinter der fiktiven Biographie erkennen, die uns erzählt wird von einem Chronisten, der vorgibt, wenig kompetent zu sein. Man mag nun einwenden, dass eigentlich jeder Lesevorgang eine Projektion von bestimmter Perspektive aus ist. Das ist richtig; aber nicht jedes Werk macht die perspektivische Brechung zu seinem ureigenen Grundsatz. Im ‚Doktor Faustus′ ist dies der Fall. Denn Vielschichtigkeit ist Strukturprinzip in diesem Roman: Schon der Versuch, ihn einer Gattung zuzuordnen, bereitet Schwierigkeiten. Ist es ein Zeitroman, ein Deutschlandroman, ein Künstlerroman oder vielleicht eher ein Bildungsroman? Diese unerschöpfliche Frage wird hier nicht beantwortet; eingegrenzter Standpunkt dieser Arbeit soll vielmehr sein: Nietzsche. Es soll den zahlreichen Anspielungen auf Nietzsche nachgegangen werden. Worauf genau wird angespielt? In welcher Weise? Wo kommen die Anspielungen vor? Welche Funktion erfüllen sie? Es wird sich dabei im Laufe der Untersuchung zeigen, dass Nietzsche sowohl bio-graphisch wie auch philosophisch rezipiert wird. Sein Leben ist Vorbild für Figuren des Romans und sein perspektivisches Denken eng eingewoben in die ambivalente Struktur des Romans. Ist ‚Doktor Faustus′ also in erster Linie ein Nietzsche-Roman? Ja. So wie der Hase in erster Linie eine Ente ist.
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Humboldt Universität Berlin Fachbereich Neuere deutsche Literatur HS: Realismus und Naturalismus in Deutschland Sommersemester 2003
Seminararbeit
Thema: Nietzsche-Rezeption in Thomas Manns
Roman „Doktor Faustus“
Eingereicht von: Axel Kannenberg
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„Ich habe oft empfunden, dass Nietzsches Philosophie einem großen Dichter auf ganz ähnliche Weise zum Glücksfall und Glücksfund hätte werden können, wie die Schopenhauers dem Tristan-Schöpfer [..] Nietzsche hat seinen Künstler nicht, oder noch nicht, wie Schopenhauer, gefunden.“ (Thomas Mann, ‚Einkehr’, XII, S.84)
Thomas Mann an den Verleger Lichtenstein, München 7.12.1939: „[Bitte um] Überlassung eines Besprechungsexemplars von Podachs Gestalten um Nietzsche.“
Thomas Mann an Fritz Kaufmann, Pacific Palisades, 27.08.1944: „Mein gegenwärtiger Roman, der auch etwas wie ein Roman des deutschen Unglücks sein will, ist stark mit dem Thema beschäftigt. Es ist eine Musikergeschichte und eine Teufelsvertragslegende und heißt geradezu ‚Doktor Faustus’. Man könnte es wohl einen Nietzsche-Roman nennen.“
Thomas Manns Roman ‚Doktor Faustus’ aufmerksam zu lesen, heißt: Standpunkt beziehen. Wie bei der berühmten Kippfigur Wittgensteins hängt es von unserem Blickwinkel ab, was wir erkennen, den Hasen oder die Ente. Das heißt in diesem Fall: Unser Vorwissen und unseren Interessen bestimmen, welche Verweise, Motive und Sinnzusammenhänge wir hinter der fiktiven Biographie erkennen, die uns erzählt wird von einem Chronisten, der vorgibt, wenig kompetent zu sein. Man mag nun einwenden, dass eigentlich jeder Lesevorgang eine Projektion von bestimmter Perspektive aus ist. Das ist richtig; aber nicht jedes Werk macht die perspektivische Brechung zu seinem ureigenen Grundsatz. Im ‚Doktor Faustus’ ist dies der Fall. Denn Vielschichtigkeit ist Strukturprinzip in diesem Roman: Schon der Versuch, ihn einer Gattung zuzuordnen, bereitet Schwierigkeiten. Ist es ein Zeitroman, ein Deutschlandroman, ein Künstlerroman oder vielleicht eher ein Bildungsroman? Diese unerschöpfliche Frage wird hier nicht beantwortet; eingegrenzter Standpunkt dieser Arbeit soll vielmehr sein: Nietzsche. Es soll den zahlreichen Anspielungen auf