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Seitenzahl: 142
Henrik Ibsen
Lektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler
Reclam
Henrik Ibsen: Nora (Ein Puppenheim). Schauspiel in drei Akten. Übers. von Richard Linder. Hrsg. von Mario Leis und Eva Hönsch. Stuttgart: Reclam, 2022. (Reclam XL. Text und Kontext, Nr. 16142.)
Diese Ausgabe des Werktextes ist zeilengleich mit der in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 1257.
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unter www.reclam.de/e-book
Lektüreschlüssel XL | Nr. 15539
2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2022
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN978-3-15-961962-0
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015539-4
www.reclam.de
1. Schnelleinstieg
2. Inhaltsangabe
Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
3. Figuren
Hauptfiguren
Nebenfiguren
4. Form und literarische Technik
Das analytische Drama
5. Quellen und Kontexte
Entstehungsgeschichte und Nora-Vorlage
Historischer Kontext: Ökonomie und Literatur
Die bürgerliche Frau im 19. Jahrhundert
6. Interpretationsansätze
Recht vs. Gerechtigkeit
Zukunftsvisionen: Das »Wunderbare« und das »Entsetzliche«
Emanzipation aus dem ›Puppendasein‹
Motivik: Maske, Versteck, Spiel
7. Autor und Zeit
Biografie
Ibsens Werke
8. Rezeption
Erstveröffentlichung und Uraufführung
Deutsche Übersetzung und alternativer Schluss
Reaktionen in Deutschland und internationaler Durchbruch von Nora
Fortwirken in Literatur, Film und Comic
9. Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen
Aufgabe 1: Die beiden Schlussfassungen im Vergleich
Aufgabe 2: Die Thematik des Geldes in Nora
Aufgabe 3: Innerer Monolog Helmers
10. Literaturhinweise/Medienempfehlungen
Zugrunde gelegte Ausgabe
Biografien zu Henrik Ibsen
Literatur- und gattungsgeschichtliche Einordnung
Sekundärliteratur zu Nora
Medienempfehlungen
11. Zentrale Begriffe und Definitionen
Autor
Henrik Ibsen (1828–1906)
Erscheinung
Dezember 1879: Norwegische Buchausgabe mit dem Titel Et dukkehjem (›Ein Puppenheim‹)
Uraufführung
21. Dezember 1879: Königliches Theater in Kopenhagen
Gattung
analytisches Drama, soziales Drama
Epoche
Naturalismus
Ort und Zeit
Das Stück spielt in den 1870er Jahren in Norwegen, Schauplatz ist die Wohnung der Eheleute Nora und Torvald Helmer. Die Handlung, in drei Akte gegliedert, umfasst ca. drei Tage: Sie beginnt an Heiligabend und endet in der Nacht des zweiten Weihnachtsfeiertags.
Handlung
Nora Helmer wird nach acht Jahren Ehe mit ihrer Vergangenheit konfrontiert: Sie hat ihrem Mann eine Genesungsreise nach Italien finanziert, die ihm das Leben rettete, jedoch vor ihm verheimlicht, dass sie sich dazu Geld lieh und die Unterschrift des Bürgen auf dem Schuldschein fälschte. Nun wird sie von ihrem Gläubiger erpresst: Er verlangt, sie solle sich für seine unsichere Stelle in Helmers Bank einsetzen, andernfalls enthülle er ihre Tat. Obwohl er die Stelle schließlich verliert, schickt er, unter dem Einfluss von Noras Freundin, den Schuldschein zurück. Durch einen Brief erfährt ihr Mann dennoch die Wahrheit. Er verurteilt Nora als leichtsinnige Verbrecherin, was ihr die Augen über ihre Ehe öffnet. Enttäuscht von seiner Reaktion verlässt sie ihn und die Kinder.
»Wohin man kam – in jedem der Kunst und Literatur holden Salon – überall fand man inmitten zwischen den illustrierten Prachtbänden jenes unscheinbare gelbe, ›für zwanzig Pfennige einzeln käufliche‹ Heftchen No. 1257 der Reclam’schen Universalbibliothek mit dem Titel: ›Nora. Schauspiel in drei Aufzügen von Henrik Ibsen. Deutsch von Wilhelm Lange‹; und man konnte mit ziemlich sicherer Chance des Gewinnens eine Wette darauf eingehen, es werde innerhalb der nächsten Viertelstunde von irgendeiner schönen oder nicht schönen Lippe der klangvolle Name der Heldin des Schauspiels ausgesprochen werden und sich daran sofort eine lebhafte Diskussion knüpfen, deren Ende nicht leicht abzusehen war.«1
Friedrich Spielhagens Bericht verdeutlicht anschaulich die Wirkung, die Ibsens soziales Drama bereits kurz nach Erscheinen der deutschen Buchausgabe hatte: Nora erhitzte die Gemüter und entfachte lebhafte Diskussionen um das offene EndeDiskussionen, die sich vor allem um die Radikalität des offenen Endes und das darin aufgeworfene ethische Problem drehten – die Hauptfigur Nora verlässt am Schluss Mann und Kinder und proklamiert ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
Henrik Ibsens Nora wurde in der öffentlichen Debatte als Angriff auf Moral und gesellschaftliche Nora als Angriff auf die bürgerliche OrdnungOrdnung gewertet; heilige Güter des Bürgertums schienen durch das Stück gefährdet. In Deutschland wurde das Drama aufgrund seiner Radikalität zunächst nur mit einem abgeänderten Schluss aufgeführt, der dem Ganzen seine Brisanz nimmt und die dramatische Aussage in ihr Gegenteil verkehrt – in dieser Fassung fügt sich Nora ihrem Schicksal und bleibt ihren Pflichten als Ehefrau und Mutter entsprechend bei ihrer Familie.
Bereits wenige Jahre nach seiner Uraufführung am 21. Dezember 1879 in Kopenhagen eroberte das Stück – nach einigen anfänglichen Misserfolgen – alle europäisch orientierten Bühnen und wurde in den Folgejahren als klassisches Drama der Frauenemanzipation gefeiert; wenig später wurde NoraWeltweiter Erfolgin weiten Teilen der Erde gespielt und erfährt auch heute noch zahlreiche nationale und internationale Aufführungen.2
Der Zeitgenössische Relevanzzeitgenössische Erfolg des Dramas liegt sicherlich in der Tatsache begründet, dass Ibsen in Nora gesellschaftliche Widersprüche und private Konflikte zur Schau stellt, die in der damaligen Realität der Zuschauerinnen und Zuschauer wurzeln. Darum kann es auch der Gattung des sozialen Dramas zugerechnet werden, die sich insbesondere mit den Auswirkungen gesellschaftlicher Umstände auf das Individuum auseinandersetzt. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts führten Ibsens Gesellschaftsstücke, die als Beginn des modernen Dramas gelten, zu einer »Revolutionierung des Theaterbetriebs«3 und beeinflussten das kulturelle Schaffen in Deutschland maßgeblich.
Ibsen zeichnet in Nora ein realitätsnahes Bild der bürgerlichen Spiegel der bürgerlichen GesellschaftGesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert und gibt somit Einblick in eine Ära, in der gesellschaftliche Reglementierungen und Hierarchien auch das Privatleben beherrschten und der Kampf um die Gleichberechtigung der Frau erst ihre Anfänge nahm.
Der damalige Skandal um das Stück erscheint heute nur im Bewusstsein seiner Historizität nachvollziehbar, d. h. in dem Wissen, dass Freiheiten und Wandel hart erkämpft werden mussten; seine gesellschaftskritische Relevanz scheint passé. Dennoch hat Nora im 21. Jahrhundert nichts von seiner Attraktivität verloren: Es handelt von einer mutigen Tat und ihrer anschließenden Verurteilung, vom Wunsch nach echter Liebe und der Erfahrung des Scheiterns, von gewagten Neuanfängen und der Sehnsucht nach Selbstbestimmung – von Aktualität der ThemenThemen, die bis heute nicht an Aktualität eingebüßt haben.
Es ist Mittag an Heiligabend. Einführung NorasNora Helmer betritt vergnügt das Wohnzimmer ihres Hauses, dessen Einrichtung als nicht luxuriös, aber geschmackvoll und gemütlich beschrieben wird. Sie verstaut ihre Einkäufe und entlässt den Stadtboten mit dem doppelten Trinkgeld; das Hausmädchen Helene weist sie an, den Weihnachtsbaum bis zum Abend vor den Kindern zu verstecken. Ihr Mann Torvald Helmer, der sich zunächst nebenan im Arbeitszimmer aufhält und Nora mit den Kosenamen »Lerche«, »Eichhörnchen« und »Zeisig« (S. 8) versieht, ermahnt sie, nicht verschwenderisch zu sein.
Nora möchte in Erwartung der bevorstehenden Helmers BeförderungBeförderung ihres Mannes zum Bankdirektor dieses Weihnachtsfest nicht sparen müssen und würde sogar Schulden bis zur ersten Lohnzahlung machen, was Helmer als leichtsinnig bezeichnet und rigoros ablehnt – Schulden brächten »etwas Unfreies und damit Unschönes in ein Heim« (S. 9). Er gibt Nora einige Geldscheine und lässt sich die Weihnachtsgeschenke zeigen, die sie für die drei Kinder, das Kinder- und das Hausmädchen besorgt hat.
Sie selbst wünsche sich nichts, bemerkt Nora auf Helmers Rückfrage hin, er könne ihr jedoch Geld schenken, das sie in einen Umschlag aus Goldpapier stecken und an den Baum hängen würde. Helmer zögert, denn er befürchtet, dass sie das Geld nicht für sich selbst, sondern »für den Haushalt und allerlei unnütze Dinge« (S. 10) ausgeben werde. Noras leichtfertigen Noras Umgang mit GeldUmgang mit Geld sieht er als vom Vater vererbt an: Sie sei immer um Geld bemüht, doch es rinne ihr durch die Finger. Helmer fragt, ob sie in der Konditorei gewesen sei. Bereits hier wird deutlich, dass Nora es mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt: Die Makronen, die sie sich gegönnt hat, verheimlicht sie vor ihrem Mann, der ihr Näschereien verboten hat.
Kurz darauf trifft Besuch im Hause Helmer ein. Dr. Einführung Dr. Ranks und Frau LindesRank, ein enger Hausfreund der Familie, macht Torvald seine tägliche Aufwartung. Zeitgleich kündigt sich Christine Linde an, eine alte Freundin Noras, die sie seit zehn Jahren nicht gesehen hat. Frau Linde ist zurück in die Stadt gekommen, um eine Stelle zu suchen. Die beiden Frauen tauschen sich über die Zeit seit ihrer letzten Begegnung aus. Nora berichtet von acht glücklichen Ehejahren, Torvalds aktueller Beförderung zum Direktor der Aktienbank und seiner Erkrankung kurz vor Geburt des ersten Kindes. Ihr Mann habe sich im ersten Jahr nach der Heirat beruflich überanstrengt und sei todkrank geworden, sodass die Ärzte einen längeren Aufenthalt im Süden für notwendig gehalten hätten. Daher hätten sie ein Jahr in Italien verbracht; das Geld habe Nora von ihrem Vater erhalten, der zu dieser Zeit im Sterben lag.
Christine Christine Lindes SchicksalLinde ist seit drei Jahren verwitwet und auf sich selbst gestellt, da ihr Mann ihr kein Erbe hinterlassen hat. Geheiratet habe sie ihn nicht aus Liebe, sondern um ihre damals kranke Mutter und ihre beiden jüngeren Brüder durchzubringen. Mittlerweile sei ihre Mutter verstorben und ihre Geschwister könnten für sich selbst sorgen, sodass sie eine unerträgliche Leere in ihrem Leben verspüre. Sie möchte Helmer um eine Stelle im Büro seiner Bank bitten, und Nora verspricht, ihr zu helfen. Christine ist dankbar für die Unterstützung ihrer Freundin, umso mehr, als diese »die Mühen und Beschwerden des Lebens« (S. 19) selbst nicht kenne.
Nora möchte die Einschätzung ihrer Freundin, sie sei ein »Kind« (S. 19) und könne die Schwierigkeiten des Lebens nicht nachvollziehen, nicht auf sich sitzen lassen. Sie Noras Geheimnisvertraut ihr voller Stolz an, dass sie ihrem Mann das Leben gerettet habe. Ihr Vater habe ihr das Geld für die Genesungsreise nicht gegeben, sie selbst habe es ohne das Wissen Helmers beschafft, der im Unklaren über seine ernsthafte gesundheitliche Lage war und keinen Kredit aufnehmen wollte. Seither zahlt sie die Schulden ab, indem sie überall, wo sie kann, Geld einspart, insbesondere bei ihren persönlichen Einkäufen. Letzten Winter habe sie sich drei Wochen lang jeden Abend eingeschlossen und Schreibarbeiten erledigt, um zusätzliches Geld zu besorgen. Ihr Mann dachte, sie bastle in dieser Zeit an Weihnachtsschmuck, den dann angeblich die Katze zerstört hat.
Kurz darauf erscheint Noras Gläubiger, Rechtsanwalt Rechtsanwalt KrogstadKrogstad, der mit ihrem Mann sprechen möchte. Er ist auf einem kleinen Posten bei der Bank angestellt, die Helmer übernehmen soll. Christine Linde erkennt Krogstad, der nach Noras Wissen seit einigen Jahren verwitwet und alleine mit mehreren Kindern ist, als früheren Bekannten wieder. Dr. Rank kommt aus Helmers Büro hinzu und bezeichnet Krogstad den beiden Frauen gegenüber als unmoralischen Menschen, vor dem man sich hüten müsse. Nach dem Fortgang Krogstads stellt Helmer Christine eine Stelle in seiner Bank in Aussicht und verlässt gemeinsam mit ihr und Dr. Rank das Haus, als das Kindermädchen mit den Kindern der Helmers eintrifft.
Nora beschäftigt sich mit ihren drei Kindern Ivar, Emmy und Bob; sie nimmt das kleinste auf den Arm und bezeichnet es als »Puppenkind« (S. 31). Während sie Verstecken spielen, erscheint Krogstad erneut, diesmal, um mit ihr zu sprechen. Er erkundigt sich, ob es sich bei dem Damenbesuch um Frau Linde gehandelt habe und ob diese eine Anstellung in der Aktienbank erhalten wird. Krogstad befürchtet, seine Stelle in der Bank zu verlieren, denn Helmer wolle ihn entlassen. Die Anstellung sei jedoch enorm wichtig für ihn, da sie ihm und seiner Familie bürgerliche Achtung verschaffe, an der er nach einer »Unbesonnenheit« (S. 35), die er vor Jahren begangen hat, stark eingebüßt hat. Krogstads Erpressungs-versuchKrogstad fordert von Nora, ihren Einfluss auf ihren Ehemann für ihn geltend zu machen, den sie zuvor betont hatte, andernfalls werde er Helmer über ihre Schulden informieren. Nora wehrt sich zunächst gegen seine Forderung und versichert, dass Helmer die Schulden sofort begleichen würde, würde er von ihnen erfahren.
Krogstad macht Nora jedoch auf den »merkwürdigen Umstand« (S. 37) aufmerksam, dass die Unterschrift ihres Vaters als Gläubiger auf dem Schuldschein für ihr Darlehen auf drei Tage nach dessen Tod datiert ist. Nora, sich der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst, gibt daraufhin zu, im Namen ihres Vaters unterschrieben und somit Nora gibt Urkundenfälschung zuUrkundenfälschung begangen zu haben. Sie rechtfertigt ihre Tat mit den guten Motiven ihres Handelns: Ihr Vater lag im Sterben, daher wollte sie ihm die Sorge um Torvalds Krankheit ersparen, für dessen Genesung die Reise unumgänglich war. Krogstad droht, Nora mitzureißen, wenn er durch einen Jobverlust ein zweites Mal aus der Gesellschaft ausgestoßen werden sollte. Nach seinem Fortgang bleibt Nora nachdenklich und verunsichert zurück.
Nora will ihrem Mann Krogstads Besuch zunächst verschweigen. Als Helmer sie darauf anspricht, dass er Krogstad aus dem Haus kommen sah, und vermutet, dass dieser sie bat, ein gutes Wort für ihn einzulegen, gibt Nora den Besuch und Krogstads Bitte zu, verschweigt ihm jedoch die Erpressung. Helmer ist nicht erfreut, weshalb Nora mit einer Bitte zu ihrem Kostüm für den Maskenball der Stenborgs zunächst vom Thema ablenkt und sich erst später erkundigt, was Krogstad sich zuschulden kommen lassen hat. Laut Helmer hat er Urkundenfälschung betrieben, sein Krogstads VergehenVergehen jedoch nicht offen bekannt und seine Strafe nicht gebüßt, um sich moralisch wieder aufzurichten. Stattdessen habe er versucht sich durchzuwinden: Mit seinen Lügen habe Krogstad sein Heim und seine Kinder vergiftet, die mit jedem Atemzug »den Keim zu etwas Hässlichem« (S. 43) in sich aufnähmen. Nora, die Helmers Aussagen auf sich bezieht, ist entsetzt. Sie beginnt, an ihrem Handeln und dessen Auswirkungen auf ihre Familie zu zweifeln.
Es ist der Nachmittag des ersten Weihnachtsfeiertags, Noras VerunsicherungNora geht beunruhigt im Wohnzimmer auf und ab. Das Kindermädchen bringt ihr Maskenkostüm, das für den Kostümball bei den Stenborgs zurechtgemacht werden muss. Nora erkundigt sich nach den Kindern, die sie – mutmaßlich aus Sorge vor ihrem schlechten Einfluss – weniger um sich haben möchte. Sie befürchtet, dass diese sie ganz vergessen werden, wenn sie fortgehen müsste, und fragt ihre ehemalige Amme, die nun als Kindermädchen für die drei Kinder arbeitet, wie es ihr möglich war, ihr eigenes Kind freiwillig anderen zu überlassen. Ihre Amme erklärt, sie habe als junge Frau, die ins »Unglück« (S. 46) gekommen war, also ein uneheliches Kind erwartete, keine andere Möglichkeit gehabt und sich über eine solche Stelle gefreut.
Christine Linde kommt vorbei, um beim Nähen des Kostüms zu helfen. Nora erzählt ihr, dass sie sich auf Helmers Wunsch hin für den Ball als neapolitanisches Fischermädchen verkleiden und dort die Tarantella tanzen werde. Sie sprechen über den vorigen Abend, und Christine erkundigt sich nach Dr. Rank und seinem Verhältnis zum Hause Helmer. Nora erzählt, dass Dr. Ranks KrankheitRank an der gefährlichen Krankheit Rückenmarksschwindsucht leidet, und führt dies auf den moralisch fragwürdigen Lebenswandel seines Vaters zurück. Christine zweifelt an der Aufrichtigkeit Ranks und äußert die Vermutung, dass er etwas für Nora empfindet und ihr daher das Geld für die Italienreise geliehen hat. Nora klärt entschieden auf: Sie habe das Geld nicht von Rank bekommen. Sie überlegt jedoch, ihn um Hilfe zu bitten, wovon Christine abrät.
Helmers Rückkehr unterbricht das Gespräch der Frauen. Nora versucht zunächst, ihn mit Charme davon zu überzeugen, Krogstad nicht zu entlassen. Anschließend äußert sie die Sorge, dass er Helmer übel nachreden und ihm schaden könnte, so wie es ihrem Vater widerfahren sei. Helmer lehnt ihre Bitte ab, da er die Krogstads KündigungKündigung in der Bank bereits bekannt gemacht habe und nicht als wankelmütig und beeinflussbar dastehen will. Er fühle sich zudem peinlich berührt, wenn Krogstad ihn als alter Jugendbekannter vor anderen duze. Nora bezeichnet seine Gründe als »kleinlich« (S. 54), woraufhin Helmer kurzerhand entscheidet, den Kündigungsbrief sofort rauszuschicken. Er deutet Noras Angst als Zeichen ihrer Liebe und versichert ihr, den Mut und die Kraft dazu haben, alle aus der Kündigung resultierenden Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, wenn es darauf ankommen sollte.
Nora ist ängstlich und verstört, als Dr. Rank klingelt. Ihn um Hilfe zu bitten, erscheint ihr als letzte Dr. Rank als möglicher RetterRettung. Nora behauptet, Helmer habe keine Zeit, ihn zu empfangen, und bietet ihre Gesellschaft an. Rank erzählt von seiner Krankheit und von seiner Vermutung, bald sterben zu müssen. Er erklärt, dass er Helmer unter keinen Umständen in seinem Krankenzimmer haben möchte, da dieser einen ausgeprägten Widerwillen gegen alles »Hässliche« (S. 57) habe. Wenn es so weit sei, werde er als Zeichen eine Visitenkarte mit einem Kreuz darauf schicken. Seine Krankheit führt Rank auf den unsteten Lebenswandel seines Vaters zurück und merkt an, dass es ungerecht sei, dass er für die Schuld eines anderen büßen müsse.
Nora gibt sich im Gespräch verführerisch und kokettiert mit Dr. Rank. Sie zeigt ihm die Strümpfe, die sie beim Ball tragen wird – ein für die damalige Zeit äußerst offensives Verhalten. Rank gesteht Nora daraufhin seine Dr. Ranks LiebesgeständnisLiebe, wodurch es ihr unmöglich wird, ihn um Geld zu bitten. Sie bezeichnet das offene Aussprechen seiner Gefühle als »hässlich« (S. 60) und gibt ihm freundlich, aber deutlich zu verstehen, dass sie zwischen Menschen, die sie liebt, und Menschen, deren Gesellschaft sie schätzt, unterscheidet.