Notärztin Andrea Bergen 1511 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1511 E-Book

Marina Anders

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass da jemand lebend herauskommt. Denn das Auto sah aus wie eine zerquetschte Pappschachtel. Zum Glück habe ich mich getäuscht. Die Insassin Saskia Bienert hat einen großen Schutzengel gehabt. Obwohl sie von einem Zug erfasst wurde, hat sie nur ein paar Knochenbrüche erlitten. Das grenzt an ein wahres Wunder!
Doch wie es zu dem Unglück kam, ist schleierhaft. Zum Entsetzen aller Kollegen wirft die Patientin dem neuen Endokrinologen vor, dass er sie mit seinem Auto verfolgt habe und er an allem schuld sei.
Aber das kann und will ich nicht glauben! Dr. Hollander ist so ein charmanter Mann und so ein kompetenter Arzt. Ich habe eher den Verdacht, dass die junge Frau mit schlimmen Wahnvorstellungen zu kämpfen hat. Und vielleicht ist ausgerechnet der Dr. Hollander der Richtige, um diesen skurrilen Symptomen auf den Grund zu gehen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Tanz der Hormone

Vorschau

Impressum

Tanz der Hormone

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass da jemand lebend herauskommt. Denn das Auto sah aus wie eine zerquetschte Pappschachtel. Zum Glück habe ich mich getäuscht. Die Insassin Saskia Bienert hat einen großen Schutzengel gehabt. Obwohl sie von einem Zug erfasst wurde, hat sie nur ein paar Knochenbrüche erlitten. Das grenzt an ein wahres Wunder!

Doch wie es zu dem Unglück kam, ist schleierhaft. Zum Entsetzen aller Kollegen wirft die Patientin dem neuen Endokrinologen vor, dass er sie mit seinem Auto verfolgt habe und er an allem schuld sei.

Aber das kann und will ich nicht glauben! Dr. Hollander ist so ein charmanter Mann und so ein kompetenter Arzt. Ich habe eher den Verdacht, dass die junge Frau mit schlimmen Wahnvorstellungen zu kämpfen hat. Und vielleicht ist ausgerechnet Dr. Hollander der Richtige, um diesen skurrilen Symptomen auf den Grund zu gehen ...

»Neuseeland, das ist es!« Sven schnippte mit den Fingern. »Für mich ist Wanaka das beste Skitrainingsgebiet der Welt, zumindest im Sommer.«

»Kein Wunder«, versetzte Saskia spitz.

Mit einem harten Ruck stellte sie das Bier, das sie ihm gebracht hatte, auf dem Couchtisch ab. Sven sah von seinem Laptop auf und warf ihr einen unwilligen Blick zu.

»Du denkst schon wieder falsch«, warf er ihr vor.

»Ach ja?« Saskia merkte selbst, dass sie sich im Ton vergriffen hatte, was ihr in letzter Zeit häufig passierte.

Wahrscheinlich lag es daran, dass Sven vor einigen Jahren in jenem Trainingslager in Neuseeland eine Affäre mit einer Slalomläuferin namens Kelly hatte, was Saskia ihm letztendlich verziehen hatte. Saskia war sicher gewesen, dass sich ein solcher Seitensprung nicht wiederholen würde.

Doch auf einmal schien die Gefahr, dass Sven sie ein zweites Mal betrog, wieder sehr konkret zu sein. So realistisch wie die unerklärlichen Angstzustände und Depressionen, von denen sie in letzter Zeit überfallen wurde.

»Was denke ich denn?«, fragte sie in halbwegs normalem Ton.

Sven wich ihrem Blick aus. »Dass ich dich wieder betrügen könnte, zum Beispiel. Aber das wird nicht mehr vorkommen. Es wäre schön, wenn du mir das glauben würdest.«

Schuldgefühle überkamen Saskia, von denen sie in letzter Zeit ebenfalls häufig geplagt wurde. Entschuldigende Worte lagen ihr auf der Zunge, doch sie brachte es nicht fertig, sie auszusprechen.

»Warum nicht mal wieder Norwegen?«, schlug sie stattdessen vor. »Vom Fonna Gletscher warst du doch so begeistert. Das wäre nicht so weit weg. Oder Zermatt. In den Alpen und Dolomiten gibt es genug Skigebiete, wo man auch im Sommer trainieren kann.«

Saskia öffnete die Bierflasche und goss den Inhalt in Svens bevorzugten Zinnkrug. Dankend griff er danach und trank einen Schluck.

»Du weißt doch, dass Wanaka mein absoluter Favorit ist«, brachte er in Erinnerung. »Okay, der Flug nach Neuseeland kostet eine Menge Geld, dagegen ist der Aufenthalt im Wanaka Trainingslager günstiger. Zermatt wäre das teuerste Pflaster.«

»Norwegen würde ich trotzdem sinnvoller finden«, machte Saskia einen erneuten Verstoß. »Ich fand das Fonna Glacier Ski Resort wunderschön gelegen.«

»Ich möchte lieber nach Neuseeland.« Sven klappte seinen Laptop zu. »Ich bin fest entschlossen, also hör bitte auf, es mir auszureden.«

Saskia bemühte sich, ihren Ärger hinunterzuschlucken. Warum regte sie sich überhaupt auf? Die Sache war vorbei. Sie liebte Sven und sie vertraute ihm. Sollte er zum Trainieren ruhig nach Neuseeland fliegen. Er würde sie nicht noch einmal betrügen, das glaubte sie ihm auch. Oder doch nicht so ganz?

Wenn sie nur nicht immerzu diese Zweifel hätte! Zweifel an allem, was sich in ihrem Leben abspielte.

»Ich komme mit«, hörte sie sich sagen und erschrak gleichzeitig darüber. Wollte sie das wirklich?

Sven schaute auch reichlich verblüfft drein. Im ersten Moment sah es so aus, als würde ihr Entschluss ihm nicht ins Konzept passen. Dann setzte er ein gleichmütiges Lächeln auf. Zu gleichmütig, fand Saskia. So, als würde er gezwungenermaßen gute Miene zum bösen Spiel machen.

»Das wäre natürlich nett«, meinte er dann. »Viel Zeit werde ich für dich aber nicht haben. Du weißt, wie hart das Training ist. Das hast du ja gesehen, als du in Norwegen mit dabei warst.«

»Kein Problem«, winkte Saskia ab. »Ich kann mich selbst beschäftigen.«

»Also gut.« Sven klappte seinen Laptop wieder auf. Er suchte nach Flügen und nannte verschiedene Termine. Sie lagen alle innerhalb der bevorstehenden Schulferien und es war kein Problem, sich auf einen Tag zu einigen.

Sven buchte zwei Flüge. Er schien nicht gerade unglücklich darüber zu sein, dass Saskia mitkommen wollte und machte Pläne, was sie alles nebenbei unternehmen konnten.

Vier Wochen! Es würde für Saskia kein Problem sein, die Zeit herumzubringen, wenn Sven mit seinem Skitraining beschäftigt war.

Sie war selbst eine ambitionierte Skisportlerin. Bei ihr stand alpine Abfahrt an erster Stelle. Auch auf dem Snowboard war sie gern unterwegs. Für Slalom hatte sie sich nie so recht begeistern können. Da war Sven das Ass.

Wenn sie der Piste müde war, würde sie sich in den Ortschaften im Tal umsehen und am Lake Wanaka entspannen. Es konnte wunderbar werden, und vielleicht legten sich auch ihre gesundheitlichen Probleme. Wäre es nicht fantastisch, wenn ihre ursprüngliche Lebensfreude wiederkäme und ihr nicht ständig der Erschöpfungszustand ihres Körpers Angst einjagen würde?

»Wann heiraten wir eigentlich?«, fragte Sven unvermittelt.

Saskia starrte ihn an. »Heiraten?«

Bei ihrem abweisenden Tonfall runzelte er die Stirn. »Ja, heiraten. Wollten wir das nicht?«

Saskia brach der Schweiß aus. Ihre Gedanken begannen zu rasen und ließen sich nicht mehr festhalten. Sie konnte nicht mehr erfassen, was heiraten bedeutete. Ein Zittern überfiel sie, das ihr Angst machte. Was war los mit ihr?

»Was ist los mit dir?«, fragte auch Sven. »In letzter Zeit kommst du mir ziemlich merkwürdig vor.«

»Ich weiß nicht.« Saskia fiel weiter nichts ein.

»Dir tropft Schweiß von der Stirn.« Jetzt schwang Besorgnis in Svens Stimme. »Bist du krank?«

Saskia räusperte sich. »Ja, vielleicht.« Nicht nur ihre Gedanken rasten, auch ihr Herz raste mit beängstigender Geschwindigkeit. Die Angst wurde beinahe übermächtig in ihr. »Ich ... Ich glaube, ich muss mich hinlegen.«

»Tu das, mein Schatz.« Sven trank sein Bier aus. »Dann lasse ich dich jetzt besser allein.«

Er stand auf und klemmte sich seinen Laptop unter den Arm. Sie wohnten nicht zusammen. Erst nach der Hochzeit wollten sie sich eine gemeinsame Bleibe suchen.

Saskias Angst verwandelte sich in helle Panik. Nein, sie konnte jetzt nicht allein sein! Dann würde sie wieder diese verhassten Stimmen hören.

»Du zitterst ja.« Sven legte seinen Laptop wieder auf dem Couchtisch ab und nahm Saskia in die Arme. »Soll ich lieber hierbleiben?«

»Ja, bitte«, brachte sie unter Schluchzen hervor.

Sven drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Du musst das mal klären lassen, okay? Etwas stimmt nicht mehr mit dir. Geh zum Arzt.«

Sie nickte. Das Zittern, das ihren ganzen Körper befallen hatte, ließ nicht nach. Nur mühsam konnte sie die Beine in Richtung Tür bewegen.

»Bleib hier, Sven«, bat sie noch einmal, als sie an der Schlafzimmertür angelangt waren.

»Nur zu gern.« Er löste ihren Pferdeschwanz und ließ ihr dunkelbraunes langes Haar, das sich an den Enden zu Locken kringelte, auf die Schultern fallen. »Ich habe Sehnsucht nach dir. Eine gemeinsame Nacht wird auch dir guttun.«

Saskia war es egal, dass er hauptsächlich Sex im Sinn hatte. In letzter Zeit hatten sie nicht oft miteinander geschlafen. Saskia hatte nur noch selten körperliches Verlangen nach Sven, obwohl sie ihn zu lieben glaubte.

Doch ihr Desinteresse und ihre Unlust bezogen sich auch auf andere Dinge des Alltags. Schuld daran waren vermutlich ihre ständige Müdigkeit und das Gefühl der Abgeschlagenheit. Oft wurde ihr alles zu viel.

Der Sportunterricht sowie auch der Englischunterricht, die sie am Thomas-Morus-Gymnasium erteilte, der Haushalt, und nicht zuletzt ihre Beziehung mit Sven.

Im Schlafzimmer legte er sie aufs Bett. Saskia ließ es zu, dass er sie auszog, ihren Körper streichelte und sie verlangend küsste. Keine seiner Berührungen rief jedoch eine positive Reaktion in ihr hervor. Aber alles war besser, als jetzt allein zu sein.

***

»Oh, schon wieder ein neues Hemd?«, stellte die Notärztin Dr. Andrea Bergen fest, als der neue Kollege Dr. Hollander in die Notaufnahme kam.

Erich Hollander reckte seinen Oberkörper. »Gefällt es Ihnen?«

Es war schwarz und mit grellbunten Booten übersät. Andrea fand es scheußlich.

»Nein, nicht wirklich«, erwiderte sie vorsichtig.

Erich grinste. »Mir auch nicht. Ich ziehe es auch gleich wieder aus und vertauschte es mit meinem alten T-Shirt, das ich im Spind habe. Unter dem weißen Mantel sieht man es ja nicht.«

»Ein Geschenk?«, fragte Schwester Grit, die gerade mit dazu kam.

Erich schnitt eine Grimasse. »Ein höchst ungeliebtes Geschenk von der sogenannten Herzallerliebsten. Gern würde ich es in den Müll stecken, aber bitte nicht verraten.«

»Keine Sorge. Es sieht übrigens furchtbar aus. Schmeißen Sie es weg.« Die hübsche junge Pflegerin zwinkerte ihm zu und ging weiter.

Andrea lachte. »Grit ist immer so direkt.«

»Das gefällt mir. Dann weiß man wenigstens, woran man ist.« Erich seufzte. »Was würden Sie denn an meiner Stelle tun, Frau Dr. Bergen?«

»Ich würde der edlen Spenderin ganz offen sagen, dass das Muster nicht mein Geschmack ist. Vielleicht kann man das Hemd noch umtauschen?«

Erich machte ein skeptisches Gesicht. »Nachdem ich es aus der Verpackung gerissen und angezogen habe?«

»Sie könnten es versuchen. Lassen Sie sich den Kassenzettel geben.« Andrea Bergen fand den neuen Kollegen erfrischend sympathisch. »Wie wäre es mit einem Kaffee in meinem Dienstzimmer?«

»Da sage ich nicht nein«, stimmte Erich spontan zu. »Ein paar Minuten habe ich Zeit. Soll ich mich vorher umziehen?« Das jungenhafte Grinsen auf seinem Gesicht machte ihn noch anziehender.

»Um meinetwillen nicht«, erwiderte die Notärztin lachend. »Aber Sie können gern Ihren Mantel zuknöpfen, falls Ihnen das Hemd zu peinlich ist.«

»Gute Idee.« Erich befolgte ihren Rat.

»Ich habe die Kaffeemaschine gefüllt, bin aber noch nicht dazu gekommen, eine Tasse zu trinken«, erklärte Andrea, während sie zum Notarztbüro gingen. »Erst musste ich zu einem Einsatz ausrücken, dann bat Kollege Homberg mich, ihm bei einem anderen Notfall zu assistieren. Nun hoffe ich, dass ich ungestört eine Tasse genießen kann.«

»Ich bin auch noch nicht zu einer Kaffeepause gekommen«, erwiderte Erich. »Mein Vormittag war mit endokrinologischen Funktionstests, Knochendichtemessungen und Laboruntersuchungen ausgefüllt.«

Andrea Bergen öffnete die Tür zum Notarztbüro. Sie bat den Kollegen, sich an der Kaffeemaschine zu bedienen und bot ihm einen Stuhl an.

Dr. Erich Hollander war Internist mit zusätzlichen Facharztausbildungen in Endokrinologie und in Diabetologie, zwei Fachbereichen, die sich mit Hormonerkrankungen befassten. Er war freundlich und kollegial, doch privat wusste man nicht viel über ihn.

»Sie sind mit Dr. Bergen verheiratet, dem Belegarzt auf der Kinderstation?«, vergewisserte sich Erich.

Andrea bejahte es. »Werner hat seine Praxis zu Hause in unserer Villa. Früher war es die Praxis seines Vaters. Und Sie? Sind Sie auch verheiratet?« Sie hatte an ihm noch keinen Ring gesehen, aber das musste nichts bedeuten.

»Nein, zum Glück nicht«, war Erichs Antwort. Er trank von seinem Kaffee und seufzte. »Das wäre sicher auch ein großer Fehler, wenn ich Bettinas Drängen nachgeben würde, sie zu heiraten.«

»Das klingt aber nicht gerade nach einer glücklichen Beziehung mit der Herzallerliebsten«, fand Andrea.

Erich verzog leicht die Lippen, die von einem dunklen, sehr sexy wirkenden Bartschatten umgeben waren.

»Glücklich? Nein, glücklich bin ich mit meiner Partnerin nie wirklich gewesen.« Es klang resigniert. »Bettina kritisiert ständig an mir herum, bestimmt über mein Leben und nennt mich Erik, weil ihr Erich zu altmodisch ist. Überhaupt war meine ganze Person ihr zu altmodisch. Ich musste mich neu einkleiden, und auch einen neuen Haarschnitt hat sie mir verpasst, ebenso eine neue Brille. Auch meinen VW-Käfer Baujahr 1968 hätte ich ausrangieren und mir ein flotteres Modell kaufen sollen.«

»Ihren Oldtimer?« Andrea schüttelte den Kopf. »So, wie Sie ihn in Schuss halten, ist er doch ein Prachtstück.«

»Danke.« Erich grinste. »Zugegeben, der neue Erich gefällt mir besser, was Klamotten und Haarschnitt anbetrifft. Aber bei meinem Auto und bei meinem Namen verstehe ich keinen Spaß. Ich kann es Bettina einfach nicht abgewöhnen, mich Erik zu nennen.«

»Ich finde Erich schön«, meinte Andrea Bergen mit einem Lächeln.

»Ich auch.« Seine dunklen Augen hinter den modischen Brillengläsern nahmen einen melancholischen Ausdruck an. »Ich habe meinen Vater nicht kennengelernt, denn er starb vor meiner Geburt an den Folgen eines Arbeitsunfalls. Meine Mutter hat mich nach ihm benannt.«

»Dann sollten Sie den Namen in Ehren halten und nicht zulassen, dass Ihre Partnerin Sie mit einem anderen Namen anredet. Das finde ich rücksichtslos und egoistisch.«

»So ist Bettina. Ihr geht es immer nur um ihre eigenen Interessen.«

»Dann trennen Sie sich doch von ihr«, riet Andrea ihm.

»Mit dem Gedanken trage ich mich schon länger. Bettina kann aber auch ein anschmiegsames Häschen sein.«

Andrea bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick. »Überwiegen die Vorteile denn die Nachteile?«

Erich brauchte nicht lange zu überlegen. »Nein, das nicht. Mir ist vollkommen klar, dass sich an unserer Beziehung nichts ändern wird. Auch meine Mutter drängt mich dazu, mich von Bettina zu trennen. Ich lebe noch bei ihr, was Bettina ebenfalls unmöglich findet.«

»Was soll daran unmöglich sein? Auch wir leben im Elternhaus meines Mannes. Mit seiner Mutter. Sie führt uns den Haushalt, und alles ist wunderbar.«

Ein liebevolles Lächeln huschte über Erichs Gesicht »So ist es auch bei uns. Ein Leben ohne Mama könnte ich mir gar nicht vorstellen. Sie verwöhnt mich und ist stolz auf mich.«

»Dazu hat sie sicher auch allen Grund.« Andrea wurde der neue Kollege immer sympathischer. »Sie sind ein exzellenter Experte auf dem Gebiet der Hormonerkrankungen und Stoffwechselstörungen, habe ich mir sagen lassen.«

»Die gute Meinung meiner Kollegen ehrt mich. Am liebsten würde ich mich nur noch in meine Arbeit stürzen und keine Frau mehr ansehen. Bettina war übrigens eine Patientin von mir, als ich am Marienhospital tätig war. Sie litt an Nebenniereninsuffizienz. Eine Hormonersatztherapie hat ihr geholfen.«

Erich bedankte sich für den Kaffee und stellte seine leere Tasse ab. Für ihn war es Zeit, wieder auf seine Station zurückzukehren.

»Das eine sage ich Ihnen«, meinte er beim Aufstehen. »Mit einer Patientin werde ich nie wieder etwas anfangen!«

***

Es war Mittag, und Andreas Magen verlangte nach einer Mahlzeit. So schrieb sie ihre Einsatzberichte zu Ende und verließ das Notarztbüro.

Eigentlich hätte ich Erich fragen können, ob er sich mit mir im Personalrestaurant zum Mittagessen treffen will, ging es ihr durch den Sinn, als sie mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr. Sie hätte sich gern mal länger mit ihm unterhalten und mehr über ihn erfahren.

Im zweiten Stock stieg Dr. Friedrich zu, einer der Stationsärzte von der Inneren.

»Kollegin Keller erwartet mich zum Essen im Personalrestaurant«, erklärte er. »Möchten Sie sich uns anschließen, Frau Dr. Bergen, oder sind Sie zu einem Patientenbesuch unterwegs?«

Andrea freute sich über den Vorschlag. »Ich wollte ebenfalls etwas essen. Gern schließe ich mich an.« Sie und ihr Mann Werner waren mit Oberärztin Lore Keller auch privat befreundet.

Auch Lore freute sich, als sie Heinz Friedrich in Begleitung von Andrea Bergen ins Personalrestaurant kommen sah. Sie stand von ihrem Stuhl auf und winkte den beiden zu.

»Das ist aber eine nette Überraschung«, begrüßte Lore die Neuankömmlinge, wandte sich dabei jedoch hauptsächlich an Andrea. »Wir hatten schon länger keine Gelegenheit mehr zum Plaudern. Schön, dass du mit uns essen wirst.«

»Ja, das ist immer so ein Problem mit unseren unterschiedlichen Dienstzeiten«, stimmte Andrea zu.

Sie und Heinz setzten sich. Sofort verfielen sie in angeregte Gespräche und merken dabei nicht, dass Mariechen Brückmann, die Wirtin, an ihren Tisch getreten war und nach ihren Wünschen fragte.

»Also, meine Damen und der Herr, wenn Sie sich nicht entscheiden können, dann bringe ich Ihnen einfach drei Portionen Mittagsmenü«, verkündete Mariechen resolut. »Es gibt geselchte Schweinshaxen oder saure Leber.«

Schlagartig verstummten die Gespräche am Tisch. Alle Aufmerksamkeit wandte sich ihr zu.

Lore Keller war fassungslos. »Es gibt was?«

Auch Hans Friedrich schaute entgeistert rein. »Im Ernst?«

Andrea Bergen dagegen brach in Gelächter aus. Sie hatte gleich gemerkt, dass Mariechen nur Witze machte.

»Sorry, Mariechen, wir wollten Sie nicht ignorieren«, entschuldigte sie sich. »Es gibt immer so viel zu besprechen. Bestimmt haben Sie auch eine Alternative anzubieten?«