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Die Freundschaft zwischen Laetitia und Paula scheint am Ende, wobei Laetitia nicht versteht, was die Ursache ihres schwelenden Streits ist. Auf dem Heimweg von der Schule versucht sie eine Klärung herbeizuführen. Doch es kommt etwas dazwischen. Zuerst verpassen sie ihren Bus und dann fährt ihr Religionslehrer in seinem neuen supermodernen Auto vorbei und bietet den Mädchen an, sie nach Hause zu bringen. Laetitia ist bei dem Vorschlag nicht wohl aber eigentlich müsste sie sich nicht fürchten, denn ihre Körper sind unsterblich.
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Seitenzahl: 31
Veröffentlichungsjahr: 2025
Angestrengt versucht Laetitia den Sinn der Worte zu begreifen, die zwischen den von einem Vollbart umrahmten Lippen von Herrn Metzger in einem nicht enden wollenden Monolog die dicke Luft im Klassenzimmer verdichten. Ihr Kopf ist wie benebelt und kaum mehr fähig irgendetwas aufzunehmen. Eine Doppelstunde Mathe in der fünften und sechsten und Deutsch und Englisch in den Stunden zuvor sind einfach zu viel an einem Tag. Verstohlen versucht sie auf die digitale Anzeige der Uhrzeit an ihrem Handgelenk zu blicken. Dazu muss sie ihren linken Arm, den sie vor ihrer Brust auf dem Pult mit dem karierten Schreibblock abgelegt hat, etwas weiter vor in die Tischmitte bewegen und den Bund ihres Langarmshirts mit der anderen Hand ein wenig zurückzupfen. Der kleine Bildschirm ihrer Watch, die sie trotz Verbot trägt, wird sichtbar und verrät ihr, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Schulglocke läutet und das Ende des Unterrichts für heute verkündet. Erleichtert schiebt sie den Ärmel wieder über das Display. Mit Vorsicht hat Laetitia dabei darauf geachtet, ihren Kopf für diesen heimlichen Blick nicht zu bewegen, damit der Mathelehrer nicht bemerkt, dass sie entgegen der Schulordnung diese moderne und mit vielen nützlichen Funktionen ausgestattete Watch trägt. Aber sie nutzt diese auch nicht als Hilfsmittel, um bessere Noten zu erzielen und zu spicken. Sie hat für sich die Einsicht gewonnen, dass dies einem Betrug gleichkäme, der ihr nicht wirklich weiterhilft. Und sie hasst Lügen. Sie selbst möchte auch nicht belogen werden. Es tut ihr immer schrecklich weh, wenn ihre Freundin Paula, die neben ihr sitzt, sie anschwindelt und eine fadenscheinige Ausrede vorschiebt, weil sie am Wochenende nicht mit ihr abhängen will. Anstatt auf ihre Freundschaft zu vertrauen und ihr einfach ehrlich zu sagen, worauf sie gerade keine Lust hat, äußert Paula in letzter Zeit stets die lächerlichsten Gründe. Ihre Lügen sind jedes Mal offensichtlich. Aber Laetitia wagt aus Furcht, die Freundin dann ganz zu verlieren, darauf dennoch nichts zu entgegnen.
Laetitia wirft einen kurzen Seitenblick auf Paula, die genervt eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger mit dem bunt lackierten und mit Strasssteinchen besetzten Fingernagel zwirbelt. Es scheint ihr, als ob Paula ihre Gedanken gehört hätte und nun deswegen beleidigt wäre. Schnell sieht sie darum zu Herrn Metzger nach vorne. Der Mathelehrer hat nichts von ihrer gedanklichen Abwesenheit bemerkt. Er steht mit dem Rücken zur Klasse und zeigt auf die unvollständige Gleichung, die er an die Wand projiziert hat, während er für Laetitia weiterhin leere Worte mit seinem Mund formt. In diesem Moment schrillt die Schulglocke und Laetitia zuckt erschrocken zusammen, obwohl sie dieses erlösende Läuten so sehr herbeigesehnt und doch eigentlich durch den Blick auf ihre Uhr vorausgesehen hatte.
»Uff!«, ächzt Paula neben ihr und lässt ihre Handfläche verächtlich auf den vor ihr liegenden Spiralblock klatschen, bevor sie ihn greift und in ihren Rucksack schiebt.
»Moment!«, ruft Herr Metzger mit fester Stimme in den Saal, in den bereits Bewegung gekommen ist, weil es auch Laetitias Klassenkameraden nicht mehr abwarten können, endlich aus dieser Mühle herauszukommen.
»Hausaufgaben bis morgen Seite 89 Nummer 3 a bis d und Nummer 2 komplett!«
Die Antwort ist Murren und hier und da, wie auch von Laetitia, ein leises Stöhnen.
»Boah, wie soll ich das schaffen! Der Aufsatz in Deutsch und noch für Bio lernen – und dann diese blöden Matheaufgaben, von denen ich überhaupt nicht weiß, wie ich die lösen soll, weil ich das immer noch nicht richtig kapiert habe!«, macht Laetitia ihrem Unmut jetzt Luft und hofft, dass ihre Freundin darauf ein