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Linn ist gerade in die Kleinstadt Kitchener gezogen und freut sich auf ihren ersten Arbeitstag in der stadtbekannten Bäckerei Hansel & Pretzel. Doch die Freude schlägt schnell in Entsetzen um, als sie hinter dem Laden eine ermordete Frau entdeckt! Es handelt sich um die unbeliebte Stadträtin Sydney Stark. Schnell wird klar, dass die Tote mehr Feinde hatte als Streusel auf einer Rumkugel. Als zuerst Linn und dann ihr Chef des Mordes verdächtigt werden, beschließt sie, selbst Nachforschungen anzustellen. Dabei stolpert sie nicht nur über eine harte Nuss nach der anderen, sondern auch über zwei sehr interessante Männer ...
Über die Serie:
Nach einer gescheiterten Ehe ist Linn Sommer froh, in Kanada einen Neuanfang wagen zu können. Die waschechte Norddeutsche mit einer Schwäche für Stepptanz, Fahrradfahren und attraktive Männer verschlägt es in das idyllische Städtchen Kitchener. Dort findet sie einen Job in der deutschen Bäckerei Hansel & Pretzel. Alles scheint perfekt - bis Linn hinter der Bäckerei eine Leiche findet! Sie beschließt, auf eigene Faust zu ermitteln. Und das nicht nur, weil der zuständige Inspektor unwiderstehlich charmant ist.
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Seitenzahl: 236
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Hansel & Pretzel - Die Serie
Die Protagonisten
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Rezepte
Nussecken
Nougatringe
Mandelhörnchen
Danksagung
In der nächsten Folge
Über die Autorin
Impressum
Leseprobe
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Linn ist gerade in die Kleinstadt Kitchener gezogen und freut sich auf ihren ersten Arbeitstag in der stadtbekannten Bäckerei Hansel & Pretzel. Doch die Freude schlägt schnell in Entsetzen um, als sie hinter dem Laden eine ermordete Frau entdeckt! Es handelt sich um die unbeliebte Stadträtin Sydney Stark. Schnell wird klar, dass die Tote mehr Feinde hatte als Streusel auf einer Rumkugel. Als zuerst Linn und dann ihr Chef des Mordes verdächtigt werden, beschließt sie, selbst Nachforschungen anzustellen. Dabei stolpert sie nicht nur über eine harte Nuss nach der anderen, sondern auch über zwei sehr interessante Männer ...
Nach einer gescheiterten Ehe ist Linn Sommer froh, in Kanada einen Neuanfang wagen zu können. Die waschechte Norddeutsche mit einer Schwäche für Stepptanz, Fahrradfahren und attraktive Männer verschlägt es in das idyllische Städtchen Kitchener. Dort findet sie einen Job in der deutschen Bäckerei Hansel & Pretzel. Alles scheint perfekt – bis Linn hinter der Bäckerei eine Leiche findet! Sie beschließt, auf eigene Faust zu ermitteln. Und das nicht nur, weil der zuständige Inspektor unwiderstehlich charmant ist.
Sieglinde (Linn) Sommer, deutsche Teeliebhaberin, die sich nach einer Trennung ein neues Leben in Kanada aufbaut und dabei begeistert in Mordfällen ermittelt
Bas van de Groot, Polizeiinspektor, der Linns Einmischung einerseits nicht leiden kann, aber andererseits sie auch für ihre Menschenkenntnis bewundert
Kamryn Bellamy, Reporterin mit einem schier unermüdlichen Schatz an eigenwilligen, schottischen Redewendungen und Linns beste Freundin
Mackenzie (Mac) Snyder, Linns Gothic-Mitbewohnerin mit einer Vorliebe für laute Musik, Computergenie, stammt aus einer mennonitischen Familie
Igor Medwedew, Linns Mitbewohner, Fitnesscoach und angehender Koch, verwöhnt die WG regelmäßig mit seinen Kochkünsten
Bryan Evans, Linns Vermieter und Makler, der immer um ein friedliches Zusammenleben in der WG bedacht ist
Kyle Anderson, Linns Mitbewohner, Locationscout beim Fernsehen, dessen reizvolle Grübchen Linn häufig verwirren
Marianne und Rainer Brunhuber, Hansel & Pretzel-Besitzer, die Linn wie eine eigene Tochter ins Herz schließen
Wenn ich gewusst hätte, dass ich an meinem ersten Arbeitstag über eine Leiche stolpern würde, hätte ich vermutlich nie im Leben einen Fuß in die Hansel & Pretzel Bäckerei in der kanadischen Provinz gesetzt.
Aber jetzt war es zu spät. Ich hätte auf meinen Instinkt hören sollen, der mir gleich gesagt hatte, dass eine Frau, die in sich zusammengesunken an einem Abfallcontainer saß, nichts Gutes bedeuten konnte. Doch statt die Frau zu ignorieren und auf meine Vorahnung zu hören, ließ ich die Mülltonne, die ich hinter mir hergezogen hatte, los und ging einen Schritt auf den Container zu.
Die Frau hatte ihr Gesicht von mir weggedreht. Ihre platinblonde Frisur war zerzaust, ansonsten wirkte ihr Äußeres nicht wie jemand, der sich freiwillig in einem Hinterhof aufhalten würde. Sie trug ein Kostüm, und ich konnte in einem ihrer Pumps, der ihr vom Fuß gerutscht war, den Namen einer teuren Schuhmarke lesen. Sie war definitiv keine Obdachlose, die es sich hier für ein Schläfchen bequem gemacht hatte.
Um sie nicht zu Tode zu erschrecken, räusperte ich mich. Keine Reaktion.
Ich ging noch näher ran und beugte mich zu ihr hinunter. Neben ihr lagen die Reste einer Nussecke. Ich versuchte mich daran zu erinnern, ob ich sie vorhin im Café bedient hatte. Ich streckte meine Hand aus und zögerte. Was, wenn sie tot wäre? Obwohl, dann würde sie es ohnehin nicht merken.
Ich straffte meine Schultern, als würde ich gleich eine Bühne betreten, um Apple-Anhängern das neueste Smartphone vorzustellen, und berührte vorsichtig ihren Arm.
»Entschuldigung, ist alles okay mit Ihnen?«
Sie reagierte wieder nicht. Mir wurde mulmig zumute. Ich richtete mich auf, stieß dabei gegen ihr Bein, und plötzlich rutschte ihr Oberkörper zur Seite. Ihr Kopf drehte sich zu mir, und ich blickte in ihre braunen, reglosen Augen.
Meine Erinnerungen an die folgenden Minuten sind sehr schwammig. Vielleicht habe ich geschrien oder bin ruhig in die Backstube zurückgegangen, um meinen Chef Rainer zu informieren, dass eine tote Frau hinter seiner Bäckerei lag. Ich weiß nur noch, dass plötzlich uniformierte Polizisten durch das Café gingen, während Rainers Frau Marianne sich mit mir an einen kleinen Tisch setzte und mir einen heißen Tee hinschob.
»Es tut mir so leid«, murmelte sie immer wieder auf Deutsch. Von der ersten Begegnung an unterhielten wir uns wie selbstverständlich auf Deutsch, während wir in Gegenwart anderer sofort ins Englische wechselten.
»Ist ja nicht deine Schuld.« Ich drehte die Tasse zwischen den Händen.
»Stimmt. Obwohl ich mir sicher bin, dass viele Leute Rainer oder mich für ihren Tod verantwortlich machen werden.«
Ich lehnte mich vor. »Wieso?«
»Wir sind – vielmehr waren – nicht gerade ihre größten Fans. Das ist hier allgemein bekannt.«
Wie aufs Stichwort kam in diesem Moment eine junge Frau ins Café gestürmt. Zielstrebig stampfte sie mit wütendem Gesichtsausdruck zu unserem Tisch. Sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf Marianne, ihre Hand zitterte.
»Wie konntest du nur?«, schrie sie. »Ich schwöre, das wird dir und deinem Ehemann das Genick brechen. Du kannst dir diesen Tag im Kalender schon mal rot anstreichen – als den Tag, an dem das Café und die Bäckerei den Bach runtergehen werden!«
»Oh, Savannah!« Marianne sprang auf und ging mit offenen Armen auf die junge Frau zu. »Es tut mir so leid.«
Savannah schlug Mariannes ausgebreitete Arme weg. »Fass mich nicht an! Meine Mutter eiskalt umbringen und dann bei mir gut Wetter machen wollen.« Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt.
»Aber wir ...«, begann Marianne, doch die Tochter der Toten unterbrach sie:
»Ihr habt sie auf dem Gewissen!«
»Savannah, jetzt reicht es!« Auf Mariannes Wangen waren rote Flecken zu erkennen. »Du kannst uns nicht vor allen Leuten beschuldigen.«
»Dann sperr mal die Ohren auf.« Die junge Frau drehte sich zu den restlichen Gästen, die dem Schlagabtausch gespannt gelauscht hatten. »Genießen Sie Ihren Kaffee und Kuchen – solange Sie noch können. Wer weiß, wen diese Mörder als Nächstes im Visier haben werden!«
Bevor meine Chefin etwas erwidern konnte, machte Savannah auf dem Hacken kehrt und stürmte ebenso schnell aus dem Café, wie sie hereingekommen war.
Marianne schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Sie rieb sich mit den Händen übers Gesicht und wandte sich dann an die Gäste.
»Bitte entschuldigen Sie. Ich kann Ihnen versichern, dass wir ... also ...« Ihr Blick fiel ins Leere, und ich sah, wie sie nach Worten rang.
»Wir packen Ihnen Ihre Kuchen ein und füllen Ihre Getränke in Pappbecher um. Dann können Sie es sich draußen im Park gemütlich machen. Und natürlich müssen Sie heute nichts dafür bezahlen«, hörte ich mich zu meinem eigenen Erstaunen mit fester Stimme sagen.
»Ja.« Marianne wirkte erleichtert. »Genau. Genießen Sie den restlichen Nachmittag, und morgen läuft hier alles wieder normal.«
»Niemand verlässt das Café«, donnerte eine tiefe Stimme durch den Raum.
Ein Mann war durch die Backstube in den Verkaufsraum getreten. Er hatte eine durchtrainierte Statur, die sich gut an seiner knackig sitzenden Jeans und einem weißen T-Shirt abzeichnete. Seine blonden Haare hatten ein paar eigenwillige Wellen und erinnerten mich an Matthew McConaughey.
Ich unterdrückte ein Seufzen. Der amerikanische Schauspieler gehörte zu den wenigen blonden Männern, die ich nicht von meiner Bettkante schubsen würde. Und dieses Prachtexemplar hatte definitiv einen Platz in meiner arg kurzen Liste von gut aussehenden, blonden Männern verdient.
Der blonde Hüne zog einen Ausweis aus der Hosentasche. Es blitzte etwas auf, was für meine Begriffe ein Studentenausweis hätte sein können. Aber die Reaktion von Marianne und ihren Gästen ließ vermuten, dass es sich dabei um etwas Wichtigeres handelte.
»Inspektor Bas van de Groot. Bitte bleiben Sie sitzen, bis meine Kollegen und ich Sie befragt haben.«
Ich stöhnte innerlich auf. Was hatte ich mir dabei gedacht, die Leute rauszuschicken? Natürlich musste die Polizei noch sämtliche Zeugenaussagen aufnehmen! Man könnte meinen, ich hätte in meinem Leben noch nie eine Polizeiserie im Fernsehen verfolgt.
Der Inspektor kam auf uns zu und wandte sich an Marianne: »Sind Sie die Chefin hier?«
»Marianne Brunhuber. Meinem Mann Rainer und mir gehören die Bäckerei und das Café.«
»Und Sie sind?« Seine stahlblauen Augen fixierten mich.
Wie konnte ein Mann bloß so gut aussehen?
»Äh.« Mein Mund war so staubtrocken, als wenn ich gerade einen Löffel Zimt gegessen hätte.
»Linn Sommer«, sprang Marianne ein. »Unsere neue Angestellte. Sie hat heute ihren ersten Tag.«
Bas van de Groot musterte mich von oben bis unten. Ich spürte, wie meine Wangen unter seinen Blicken rot wurden.
»Mein Kollege sagte mir, Sie hätten die Leiche gefunden. Können Sie mir dazu mehr erzählen?« Als Marianne Anstalten machte, sich wieder auf ihren Platz zu setzen, zeigte er zum Tresen. »Bitte warten Sie dort. Constable Stevens wird Ihre Aussage aufnehmen.«
Schweigend ging Marianne davon, während der Inspektor sich mir gegenübersetzte. Als unsere Blicke sich trafen, klopfte mein Herz schneller. Diese blauen Augen!
»Dann legen Sie mal los.«
Ach ja, die Leiche. Ich war für einen Moment so in seinem Blick gefangen gewesen, dass ich die tote Frau und den Anlass seines Besuchs im Café glatt vergessen hatte.
»Rainer wollte mir eine Einweisung in der Backstube geben. Doch vorher bat er mich, den Müll hinauszubringen.«
»Hat er Ihnen dabei geholfen?«
»Nein. Es war auch nur eine Plastiktonne.«
»Was war da drin?«
Ich hob die Schultern. »Weiß ich nicht. Der Sack darin war schon zugeschnürt.«
»Was passierte dann?«
»Ich rollte die Tonne zur Hintertür raus, und dann lag da, also, da war dann ...«
»Moment. Nicht so schnell. Sie öffneten die Hintertür. Haben Sie den Leichnam sofort gesehen?«
»Die Frau lehnte direkt am Abfallcontainer. Ich konnte sie gar nicht übersehen.«
»Haben Sie jemand anderen gesehen? Oder etwas Ungewöhnliches bemerkt? Etwas, was sonst nicht da war oder an einer anderen Stelle war?«
»Ich hab niemanden außer ihr gesehen. Und ob alles so war wie sonst, kann ich nicht sagen. Ich war vorher noch nie dort gewesen.«
Der Inspektor nickte. »Ach ja. Ihr erster Tag. Erzählen Sie bitte weiter.«
»Ich bin auf sie zugegangen und hab gefragt, ob alles okay sei, aber sie hat nicht geantwortet. Dann hab ich sie angefasst und ...« Ich musste schlucken.
»Sie haben den Leichnam bewegt?«
»Was? Nein!«
»Haben Sie das eben nicht gesagt?«
»Ich ... äh ... als ich sie berührt hab, ist sie zur Seite umgefallen. So weggerutscht. Das war keine Absicht.«
»Gut. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte bei uns. Geben Sie Constable Stevens Ihre Adresse, damit wir wissen, wo wir Sie erreichen können, falls wir noch Fragen haben sollten.« Er stand auf.
»Herr van de Groot? Also, ich meine, Herr Inspektor, äh ...« Mist, wie sprach man bloß einen kanadischen Kommissar richtig an?
Wieder fixierten mich diese stahlblauen Augen. »Inspektor van de Groot ist die offizielle Bezeichnung. Kommen Sie aus Deutschland?«
»Sieht man mir das an?«
»Sie entsprechen dem Profil.« Bevor ich fragen konnte, was er damit meinte, schob er hinterher: »Was wollten Sie wissen?«
»Vorhin kam eine junge Frau namens Savannah rein, und alle schienen sie und ihre Mutter zu kennen. Wer ist die Tote?«
»Sie wohnen offenbar noch nicht lange hier.«
Ich dachte an meine zwei Koffer, die in dem kleinen Büro neben der Backstube standen. Mein gestriger Flug war gestrichen worden, sodass mich das Taxi heute Morgen vom Flughafen direkt zu Arbeitsbeginn an der Bäckerei abgesetzt hatte.
»Wieder richtig.«
»Die Verstorbene ist Sidney Stark.«
»Stark wie die Supermarktkette?«
»Genau die. Sidney Starks Vater hat die Kette aus Kitchener heraus in den Siebzigerjahren aufgebaut. Savannah ist ihre Tochter. Und Sidney Stark ist seit Jahren eine sehr einflussreiche Stadträtin in Kitchener.«
Der Refrain eines legendären Hits von Maroon 5 dröhnte mir entgegen, als ich am frühen Abend die Stufen zu meinem neuen Zuhause hochging.
Marianne hatte den Kontakt zu dem Sohn ihrer Freundin hergestellt, der einen Mitbewohner suchte. Ich war dankbar gewesen, denn eine verlässliche Unterkunft in einer Stadt zu finden, in der man niemanden kannte und die Tausende von Kilometern entfernt lag, wäre nicht einfach gewesen. Nach einem kurzen Telefonat mit Bryan hatte ich die Zusage für meine neue Bleibe erhalten. Nach der Sache mit Frank hatte ich mich sehr auf diesen Neuanfang gefreut. Doch ich hatte nicht geahnt, dass mich Kitchener an meinem ersten Tag mit einer Toten begrüßen würde.
Das viktorianische Haus stand in der David Street direkt gegenüber vom Victoria Park. Die weißen Fensterrahmen setzten sich schön von dem hellen Blau ab, mit dem das Haus vor offenbar nicht allzu langer Zeit gestrichen worden war. Die Fassade war unsymmetrisch, und auf der rechten Seite waren zwei Ecktürme aufeinandergestellt. Auf der Veranda standen eine alte Bank, ein kleiner Tisch sowie zwei Stühle, die auch schon bessere Tage gesehen hatten.
Zögernd stand ich vor der Tür. In den letzten zwei Jahren in Edmonton hatte ich gelernt, dass Kanadier in der Regel nicht klingelten, sondern an der Tür klopften. Doch bei der lauten Musik, die aus dem Haus dröhnte, ging ich davon aus, dass weder Klopfen noch Klingeln bemerkt werden würden. Ich stellte das Kuchenpaket, das Marianne mir gepackt hatte, auf den Tisch, öffnete vorsichtig die Tür und trat ein.
»Hallo?«
Ich stand in einem Flur, von dem rechts eine Tür abging, die geschlossen war. Daneben führte eine steile Treppe in den ersten Stock. Zu meiner linken Seite öffnete sich ein großer Raum, der früher sicherlich als Empfangsraum genutzt worden war. Ich spähte vorsichtig um die Ecke. Jetzt schien er eine Art Gemeinschaftswohnzimmer zu sein. Am Ende des Raumes befand sich ein Esszimmertisch, um den sechs bunt zusammengewürfelte Stühle standen. Aufgrund des offenen nordamerikanischen Layouts von Häusern vermutete ich, dass die Tür mir gegenüber in die Küche führte und von da aus mit dem Esszimmer verbunden war.
Ich stellte meine Koffer ab, ging durch den Flur und spähte um die Ecke. In der Küche stand ein bullig gebauter junger Mann, der Ohrstöpsel trug. Seine Haare waren für meine Begriffe viel zu kurz rasiert, und er hatte das Wort »Chance« in seinen Stiernacken tätowiert. Er wandte mir den Rücken zu, doch ich konnte sehen, dass er Gemüse schnippelte.
Gerade, als ich ihm auf die Schulter tippen wollte, schnellte er herum und fuchtelte mit einem riesigen Messer vor meinem Gesicht herum. Erschrocken wich ich zurück. Sofort nahm er die Stöpsel aus den Ohren, griff nach einem Besen, der in der Ecke stand, und bollerte damit an die Decke.
»Mach die Musik leiser!«, brüllte er gegen den Lärm an. Er hatte einen starken Akzent. Russisch?
Einen Moment später fragte sich Maroon-5-Sänger Adam Levine geringfügig leiser, wo seine Liebste war, als es ihm schlecht ging.
»Linn?« Der Mann griff nach einem weiteren Messer und hielt es mir hin. »Zucchini in Würfel schneiden. Etwa einen halben Inch groß.«
Eindeutig kein gebürtiger Kanadier, ihm fehlte definitiv die typische Freundlichkeit. Was für eine eigenartige Begrüßung. Erst ohrenbetäubender Lärm und mich dann gleich zur Küchenhilfe einspannen. Doch bevor ich etwas erwidern konnte, hatte er sich schon wieder die Kopfhörer ins Ohr gestöpselt und widmete sich dem Gemüse.
Ich ging zur Spüle und wusch mir die Hände. Mittlerweile hatte der vermeintliche Koch mir schon ein Schneidebrett mit drei gewaschenen Zucchini bereitgestellt. Ich stellte mich neben ihn und begann zu schneiden. Der Muskelprotz in seiner ausgeleierten Jogginghose und mit beachtlichem Bizeps vollführte Schneidebewegungen mit seinem Messer, die Jamie Oliver erblassen lassen würden. Irgendwie steckte er mich mit seiner Geschwindigkeit an. Nicht, dass ich auch nur annähernd so schnell mit dem Messer hantieren konnte, aber es tat gut, es mit Kraft hinunterzudrücken und so meine angefressene Laune an dem Gemüse auszulassen.
Abrupt verstummte die Musik. Der Messerjongleur zog seine Ohrstöpsel raus, und als ich gerade einen neuen Versuch für ein Gespräch mit ihm wagen wollte, betraten plötzlich zwei weitere Menschen gleichzeitig die Küche: Eine Frau, die das perfekte Werbemodel für ein Gothictreffen war, kam durch das Esszimmer – schwarze, lange, glatte Haare, schwarz geschminkte Augen, schwarze Klamotten und der eindeutige Patschuliduft, ohne den offenbar kein Anhänger dieser schwarzen Szene jemals das Haus verlässt.
Und aus Richtung des Flurs trat ein dunkelhaariger Mann in einem gut sitzenden Anzug herein. Offenbar hatte wenigstens einer in der WG einen Kleiderstil, der nicht nach Todessehnsucht schrie oder schlampig wirkte.
Während Grufti mich keines Blickes würdigte, sondern gleich zum Muskelprotz ging, um sich dort ein Stück Aubergine zu stibitzen, stellte der Anzugträger seine Aktentasche hin und kam auf mich zu.
»Linn? Ich bin Bryan. Ihr habt euch wohl schon bekannt gemacht.« Er deutete auf meine geschnittenen Zucchini und den Koch.
»Bekannt machen kann man das nicht gerade nennen«, platzte ich hervor.
»Echt jetzt?« Bryan sah die zwei anderen an.
»Was?«, wollte der Muskelprotz wissen.
»Lasst mich raten. Du«, Bryan zeigte auf Grufti, »hast wieder brüllend laute Musik gehört, während du«, sein Finger wanderte zum Messerjongleur, »mit Kopfhörern in der Küche gestanden und Linn gleich zum Küchendienst verdonnert hast.«
Grufti hob die Hand. »Schuldig.«
Ich musste mich beherrschen, dass mir nicht die Kinnlade runterfiel. Diese schwarz geschminkte Personifizierung einer Vampirin mit Todessehnsucht hatte lautstark ein rockiges Up-tempo-Lied von einem kuscheligen Popsänger wie Adam Levine gehört? Zugegebenermaßen war der Text eher deprimierend, aber die Musik und der Beat an sich waren so lebensbejahend und mitreißend wie ein Sommerhit von Pharrell Williams.
»Könnt ihr euch wenigstens jetzt vorstellen?« Bryan sah seine zwei Mitbewohner auffordernd an.
Der Muskelprotz wischte seine Hände an einem Geschirrtuch ab. Er griff meine Hand und deutete einen altmodischen Kuss an.
»Mylady. Igor Medwedew. Zu Ihren Diensten.«
Ich hatte mal über den ehemaligen russischen Präsidenten Medwedew gelesen, dass sein Name von dem russischen Wort für Bär abstammte. Wie passend, dachte ich, als ich die kräftige Statur von Igor noch mal genauer betrachtete.
»Ich bin Mac«, sagte Grufti.
»Mac?«
»Eigentlich heißt sie Mackenzie«, erklärte Bryan.
»So nennt mich nur meine Mutter!«, fuhr Grufti ihn an.
Hier war anscheinend Vorsicht geboten. Grufti beziehungsweise Mac hatte offensichtlich ein paar ungelöste Konflikte mit ihrer Erzeugerin.
»Wo ist Kyle?«, fragte Bryan die anderen.
Ein weiterer Mitbewohner? Was würde mich mit dem erwarten? Ein Rapper mit Goldkettchen? Was hatte sich Marianne dabei gedacht, als sie mir von Bryan und seiner WG erzählt hatte? Sie hatte mir von dem erfolgreichen Maklersohn ihrer Freundin vorgeschwärmt – aber kein Wort über die schrägen Vögel verloren, die sonst schon in diesem Haus wohnten.
»Nicht da«, sagte Igor. »Aber das Essen ist gleich fertig.«
»Wie war dein erster Tag bei Hansel & Pretzel?«, wollte Bryan wissen, als wir wenig später am Esstisch saßen.
Großartig. Eine Inquisition beim Abendessen über meinen Tag hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Aber vielleicht hatte ich auch viel zu lange allein in einem winzigen Apartment in Edmonton mit einem lieblos belegten Bagel zum Abendbrot verbracht, als dass ich solche Aufmerksamkeit gewohnt war. Ich riss mich zusammen.
»Gut. Also ... na ja.« Vor meinem Auge erschien die leblose Stadträtin vor der Mülltonne.
»Rainer ist ein Unikat, oder?« Bryan schmunzelte. »Allerdings dachte ich, dass du als Deutsche mit seiner Direktheit bestimmt sofort klarkommen würdest.«
»Du bist also deutsch«, stellte Igor fest.
»Aha«, machte Mac.
Ich ignorierte den Blick, den sie mit Igor wechselte, und fuhr fort: »Mit Rainer habe ich kein Problem. Es ist nur ... da war diese tote Frau, und dann kam die Polizei und ...«
»Was für eine tote Frau?«, unterbrach Mac mich.
Meine drei neuen Mitbewohner starrten mich an. Ich drehte die Handflächen nach oben.
»Ich sollte den Müll rausbringen, und dann saß diese Tote am Müllcontainer.« Mir wurde plötzlich flau im Magen, und ich begann, den Auflauf in mich hineinzuschaufeln.
»Was ist mit ihr passiert?« Mac lehnte sich vor.
»Weiß nicht. Da war kein Blut oder so zu sehen.«
»Und wer war sie?«
»Eine Kitchener Stadträtin. Stark. Ich hab den Vornamen vergessen.«
Bryans Gabel klapperte laut, als sie auf seinen Teller fiel. »Sidney? Sidney Stark?«
Ich nickte. Mein voller Mund ließ keine andere Antwort zu.
Igor sprang auf, griff seinen Teller und stampfte die Treppen hinauf.
»Krass«, kommentierte Mac, und ich war mir nicht sicher, ob sich das auf den Abgang unseres Mitbewohners oder den Tod der Stadträtin bezog.
Bryan nahm seine Gabel wieder auf und setzte ein betont fröhliches Gesicht auf. »Du hast vorher in Edmonton gewohnt, oder?«
»Sidney Stark ist tot. Sie«, Mac deutete mit ihrer Gabel auf mich, »hat sie gefunden. Und du willst über ihren Umzug reden?«
»Viel mehr, als dass sie tot ist, kann ich auch gar nicht erzählen«, murmelte ich.
»Wie bist du an den Job bei Hansel & Pretzel gekommen?«, versuchte Bryan es erneut mit einem Themenwechsel.
Mac schnaubte. Die Enttäuschung war ihr ins Gesicht geschrieben.
»Jemand«, ich vermied es, Franks Namen zu nennen, »hat mir erzählt, dass rund um Kitchener eine große mennonitische Gemeinde lebt.«
Bryan öffnete den Mund, doch Mac kam ihm zuvor: »Und da wolltest du dir mal die religiösen Spinner anschauen, die so zurückgeblieben leben?«, fragte sie in einem schroffen Ton.
»Nein. Aber die Vorstellung von Menschen, die heutzutage noch mit Kutschen fahren, fand ich irgendwie ... cool. Das gibt der Stadt einen gewissen Charme. Idyllisch.« Ich trank einen Schluck. »Die Jobanzeige hab ich online gefunden.«
Der Name der Bäckerei hatte mich sofort zum Schmunzeln gebracht. Jemand, der eines der bekanntesten Grimm'schen Märchen mit dem englischen Wort für Laugengebäcke verband, schien mir nicht nur Humor zu haben, sondern auch ein umgänglicher Chef zu sein.
»Und? Glaubst du nach diesem Tag immer noch, Kitchener sei idyllisch?«, fragte Mac mit spitzer Stimme.
Darauf konnte ich ihr keine Antwort geben.
»... Oh! Woah! Oh! Woah! ...« Adam Levines Stimme klang dumpf aus dem Nebenzimmer. Offenbar war Mac auch schon wach und hing mithilfe von Maroon 5 erneut einer verflossenen Liebe nach.
Obwohl ich sonst keine Probleme hatte, nach dem Weckerklingeln aufzustehen, verspürte ich heute den Drang, einen Moment liegen zu bleiben. Nachdem ich am Abend müde ins Bett gefallen war, wollte ich mein Zimmer jetzt in aller Ruhe auf mich wirken lassen.
Mein Blick fiel als Erstes auf eine riesige Sonnenblume, die sich links neben der Zimmertür an der Wand hochschlängelte. Rechts neben der Tür hing ein altmodischer Spiegel. Er hatte einen silbernen verschnörkelten Rahmen, doch was mich in den Bann zog, war das, was jemand links oben in die Ecke des Spiegels mit geschwungenen Buchstaben geschrieben hatte: Be yourself. Eine ungewöhnliche Wanddekoration.
Unterhalb des Spiegels stand eine altmodische dunkle Holzkommode mit vier Schubladen und einer interessanten Knopfauswahl. Jeder einzelne Schubladenknopf sah anders aus: Ich konnte ein goldenes Blatt, eine rot-weiß gestreifte Candy Cane und eine gelb-grüne Eidechse erkennen.
An der Wand rechts angrenzend stand ein Bücherregal, an dessen Seite ein kleiner Nachttisch, und dann kam das Bett. Direkt neben meinem Bett befand sich eine riesige Fensterfront und am Ende eine kleine, runde Nische in einem dieser entzückenden kleinen Ecktürme, die ich am Vorabend von draußen gesehen hatte. In die Rundung hatte jemand eine Sitzbank eingearbeitet. Mit ein paar kuscheligen Kissen würde dies eine großartige Leseecke werden. An der nächsten Wand folgte eine Doppeltür, hinter der sich der für nordamerikanische Verhältnisse typische Kleiderschrank, das sogenannte closet, verbarg. Meiner Meinung nach waren diese integrierten Kleiderschränke eigentlich eine Erfindung des 20. Jahrhunderts gewesen, offenbar war das Haus dahingehend schon mal renoviert worden. Vor der Ecke erhob sich ein weiteres Bücherregal, daneben stand ein klappriger Stuhl an der Wand, und dann folgte auch schon die Sonnenblume. Die, wie ich jetzt erkannte, wirklich sehr realistisch gemalt war. Das war also mein neues Zuhause.
Nebenan hatte die Musik zu Bruno Mars' zweitem Album gewechselt. Mac schien wirklich gerade Liebeskummer zu haben. Jedoch verblüffte mich ihre Musikauswahl, denn aufgrund ihres Äußeren hätte ich eher vermutet, dass sie in so einer Stimmung zu etwas wie The Cure greifen würde.
Nachdem ich, ohne einem meiner neuen Mitbewohner zu begegnen, gefrühstückt hatte, ging ich zu Fuß zu meinem neuen Arbeitsplatz. Der kleine Spaziergang durch den Victoria Park gefiel mir gut, und ich spürte, dass mir diese überschaubare Stadt jetzt schon besser tat als das Gewusel in Edmonton.
Bei der Bäckerei angekommen, griff ich nach dem Türknauf in Form einer Brezel, doch nichts bewegte sich. Ich sah, dass das Open-Schild nicht beleuchtet war. Erneut rüttelte ich an der Tür und schielte ins Innere des Cafés. Es war kurz vor acht Uhr, und Marianne hatte mir gesagt, dass sie spätestens ab sieben im Geschäft wäre.
»Da is' zu.« Ein älterer Mann mit einem dreckigen Hackenporsche kam den Bürgersteig herunter. Er zog ein Bein hinkend hinter sich her und zeigte auf die Bäckerei. »Hast das Band nicht gesehen?«
Erst jetzt bemerkte ich das quer über die Tür gespannte gelbe Band, das ich sonst nur aus nordamerikanischen Krimis kannte.
»Das hab ich nicht bemerkt«, murmelte ich.
»Na, Herzchen. Dir hat der liebe Gott die Augen wohl nicht zum Gucken, sondern nur zum schön Aussehen gegeben, was?« Der alte Mann grinste und schlich langsam weiter.
Ich verzog den Mund, verkniff mir aber eine Antwort. Unentschlossen blickte ich ihm hinterher. Was sollte ich jetzt tun?
»Entschuldigung, darf ich mal?«
Ich drehte mich um und versank in stahlblauen Augen. Zusammen mit dem herben Duft eines Aftershaves wurde ich auf ein Level der Glückseligkeit katapultiert, das ich schon lange nicht mehr erreicht hatte.
»Miss Sommer? Könnten Sie bitte ein Stück zur Seite gehen?«
»Linn«, hauchte ich.
Die Brauen über den knalligen Augen zogen sich fragend in die Höhe.
»Nennen Sie mich Linn«, hörte ich mich sagen.
»Wenn es hilft und Sie zur Seite treten. Linn? Könnten Sie bitte von der Tür weggehen? Meine Kollegen und ich müssen zu Hansel & Pretzel.«
Als der Name der Bäckerei fiel, erweiterte sich mein Gesichtsfeld auf einen Schlag. Neben der Augenpartie sah ich plötzlich blonde, wuschelige Haare, die ein gut geschnittenes Männergesicht umrahmten. Bas van de Groot stand vor mir und warf mir einen auffordernden Blick zu.
Das Blut schoss mir in die Wangen, und ich trat einen Schritt zur Seite.
»Danke.« Der Inspektor riss das Absperrband weg, zog einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Während zwei Kollegen mit diversen Koffern das Café betraten, blickte van de Groot mich an.
Seine Augen drohten mich schon wieder völlig in ihren Bann zu ziehen. Ich starrte stattdessen auf seinen Mund und bemerkte eine kleine Bartstoppel oberhalb des rechten Mundwinkels, die sich morgens offenbar vor dem Rasierer gedrückt hatte.
»Was tun Sie hier?« Van de Groot lehnte sich an den Türrahmen.
Mein Mund war so trocken wie eine Oblate. Ich fixierte die Bartstoppel.
»Ich ... äh ...«
Verflixt, ich benahm mich jedes Mal wie der letzte Idiot, wenn dieser Mann mich ansprach. Ich versuchte es mit einem alten Trick, den mir ein Lehrer in der Schule für Vorträge verraten hatte: »Stell dir dein Gegenüber nackt vor. Dann ist er nur noch halb so einschüchternd, und du bist nicht mehr so aufgeregt.«
Doch leider ging dieser Trick voll nach hinten los – die Vorstellung, dass dieser attraktive Mann keine Klamotten tragen würde ... Meine Gedanken überschlugen sich, mein Herz raste, und mein Mund wurde noch trockener.