Nutztierrassen - Hans Hinrich Sambraus - E-Book

Nutztierrassen E-Book

Hans Hinrich Sambraus

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Beschreibung

Die Erde braucht die Vielfalt der Nutztiere mehr denn je. Bei jeder unserer Nutztierarten gibt es einige stark dominierende Rassen. Sie werden in allen Fachbüchern beschrieben. Die zahlreichen übrigen – Restbestände alter Landrassen, aus anderen Ländern zu uns gekommene Exoten oder Schläge – werden kaum genannt. Dieses Buch ruft sie ins Bewusstsein und weist auf ihre Leistung und Bedeutung für die Erhaltung der Vielfalt in der Zucht hin. Die Rassen im Porträt: 71 Rinder, 62 Schafe, 24 Ziegen, 83 Pferde, 4 Esel und Maultiere und 19 Schweine.

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Seitenzahl: 362

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Hans Hinrich Sambraus

Farbatlas

Nutztierrassen

263 Rassen in Wort und Bild

8. Auflage

Inhalt

Cover

Titel

Die Bedeutung der Nutztiere

Rinder

Schafe

Ziegen

Pferde

Esel und Maultiere

Schweine

Die Rassen von A bis Z

Rinder

Schafe

Ziegen

Pferde

Esel und Maultier

Schweine

Serviceseiten

Literatur

Bildnachweis

Impressum

Für Catherine und Daniel

Vorwort

Bei jeder unserer Nutztierarten gibt es einige stark dominierende Rassen. Sie werden in allen Fachbüchern beschrieben. Die zahlreichen übrigen Rassen – Restbestände alter Landrassen, aus anderen Ländern zu uns gekommene Exoten oder Rassen, die von Anfang an nur begrenzte Verbreitung fanden – werden kaum genannt. Dabei sind gerade sie Farbtupfer in unserer ländlichen Kultur; sie gehören zum Bild mancher Landschaften, helfen Grenzertragsböden nutzen oder sind gar Lebensgrundlage mancher Menschen. Diese Rassen ins Bewusstsein zu rufen, ihre Leistung aufzuzeigen und auf ihre Bedeutung als Kulturgut hinzuweisen, ist ein wesentliches Anliegen dieses Buches.

Das Buch wendet sich an Tierzüchter, Tierärzte und Zoologen sowie an die Studierenden dieser Fachrichtungen. Gerade Letztere kennen oft die extravagantesten physiologischen Mechanismen oder subtilsten genetischen Zusammenhänge, können aber häufig die Rassen nicht unterscheiden oder einordnen. Es soll aber auch jeder interessierte Laie, der mit wachen Sinnen die Landschaft betrachtet, in die Lage versetzt werden, die einzelnen Rassen zu erkennen. Es ist mir ein Anliegen, gerade in einer Zeit, in der alles genormt wird, auf Vielfalt und Variantenreichtum unserer Haustiere hinzuweisen, in der Hoffnung, dass diese erhalten bleiben. FRÖHLICH und SCHWARZENECKER schrieben 1926: „Man kann den Kulturzustand der Länder aus der Mannigfaltigkeit ihrer Pferdetypen erkennen: je einförmiger, desto tiefer die Kultur.“ Warum sollte diese Aussage auf Pferde begrenzt bleiben?

In den sechs vorangegangenen Auflagen wurden, bis auf Ausnahmen, nur diejenigen Rassen beschrieben und abgebildet, die in den deutschsprachigen Ländern vorkommen. Eine solche Beschränkung scheint jetzt nicht mehr sinnvoll.

Mehr als in anderen Zeiten besteht gegenwärtig eine Fluktuation: Neue Rassen kommen hinzu, besondere Farbvarianten werden zu neuen Rassen erklärt, und die Zucht anderer Rassen wird aufgegeben. Die Grenzen in Europa sind bedeutungslos geworden. Reisen in die Nachbarländer sind üblicher denn je. Rassen, die der Interessierte im eigenen Land nicht sieht, begegnet er möglicherweise schon in geringer Entfernung auf einem Wochenendtrip.

In den letzten Jahren sind zahlreiche Rassen aus ihren Ursprungsgebieten in andere Regionen gekommen. Dieser Trend wird sicher noch einige Zeit anhalten. In der vorliegenden Auflage angeführte Rassen, die es in manchen Gegenden bisher nicht gibt, sind dort vielleicht schon im nächsten oder übernächsten Jahr zu sehen. Rassen, die man zunächst nur im Zoo sehen konnte, wie Kamerunschaf, Vietnamesisches Hängebauchschwein oder Burenziege, werden heute auch bei uns als landwirtschaftliche Nutztiere gehalten. Dies scheint Grund genug, anhand etlicher Beispiele auf die Rassenfülle außerhalb Europas hinzuweisen.

Einige Rassen anderer Länder wurden einbezogen, weil sie bei Einkreuzungen und Zuchtverbesserungen eine Rolle spielen oder um das Interesse an ihnen wach zu halten oder zu wecken.

Ich habe mich bemüht, die Rassen der Huf- und Klauentiere in dem oben definierten Rahmen vollständig zu erfassen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies nicht gänzlich möglich ist. Für alle Hinweise auf wichtige Veränderungen bin ich dankbar.

Mancher Leser wird die Geflügelarten und das Kaninchen vermissen. Diese Tierarten waren in den ersten Auflagen berücksichtigt, kamen aber zweifellos zu kurz. Die Vielzahl der Rassen rechtfertigt eine eigenständige Darstellung in gesonderten Werken. Auch bei den anderen Tierarten entfielen einige Rassen. Es waren ausschließlich solche, die endgültig ausstarben oder wo ich vermeintliche Restbestände früher zu optimistisch beurteilt hatte.

Ich habe vielen Personen zu danken, die mir Hinweise auf einzelne Rassen gegeben haben; allen voran Frau Evelyn Simak, die einen bewundernswerten Überblick speziell über die bei uns vorkommenden Pferderassen hat. Zu großem Dank bin ich Herrn Ludwig Bauer, Eichstätt, verpflichtet, der mit seiner umfangreichen Erfahrung und mit großem Sachverstand vor allem wertvolle Hilfen bei den Beschreibungen der russischen Pferderassen gegeben hat. Zusätzliche Anregungen kamen von vielen Seiten und ich danke allen Züchtern und Zuchtverbänden, die ausnahmslos bereitwillig Auskunft gaben, ihre Tiere mit großer Geduld vorführten und Literatur oder Abbildungen zur Verfügung stellten, die auf andere Weise kaum erreichbar gewesen wären.

Dem Verlag Eugen Ulmer bin ich dankbar für die großzügige Ausstattung des Buches sowie dafür, dass er meinen Wünschen nach Änderung und Ergänzung stets entgegenkam. Das gilt insbesondere für Frau Dr. Eva-Maria Götz. Ich hoffe, dass das Buch durch die Neubearbeitung und Erweiterung an Attraktivität gewonnen hat.

Hans Hinrich Sambraus,

München

Die Bedeutung der Nutztiere

Als Haustiere bezeichnet man solche Tiere, die der Mensch in seine Obhut nahm und isoliert von wildlebenden Artgenossen hielt. Mutationen und gezielte Auswahl bestimmter Individuen zur Zucht führten dazu, dass sich Haustiere von ihrer freilebenden Stammform in körperlichen und physiologischen Merkmalen sowie in Leistung und Verhalten unterscheiden. Diese Eigenschaften sind erblich. Der Ausdruck „Haustier“ ist gleichbedeutend mit „domestiziertes Tier“.

Gefangene und gezähmte Wildtiere sind, auch wenn sie sich schon seit Generationen in der Hand des Menschen befinden, keine Haustiere, sofern sie sich in erblichen Merkmalen nicht von der Ausgangsform unterscheiden. Verwilderte Tiere sind nicht im eigentlichen Sinn Haustiere, weil sie sich nicht in der Obhut des Menschen befinden und keine gezielte Selektion auf sie wirkt. Sie unterscheiden sich aber in erblichen Merkmalen von Wildtieren.

Unter landwirtschaftlichen Nutztieren werden innerhalb der Haustiere Arten verstanden, deren Produkte gegessen oder verarbeitet werden und deren Arbeit der Mensch nutzt. Problematisch ist die Einordnung von Wildtieren, die in menschlicher Obhut gehalten werden. Sofern sie einen wesentlichen wirtschaftlichen Betriebszweig in der Landwirtschaft darstellen – wie seit einiger Zeit das Damwild und Bison – sind sie zwar landwirtschaftlich genutzte Tiere, nicht jedoch im eigentlichen Sinn landwirtschaftliche Nutztiere.

Ohne Nutztiere wären menschliche Hochkulturen nicht denkbar. Weder wäre der Mensch vor Jahrtausenden fähig gewesen, bedeutende Kulturen aufzubauen, deren Überreste wir heute noch bewundern, noch wären wir heute in der Lage, unsere Zivilisation zu erhalten. Gelegentliche Ansätze zur intensiveren Bewirtschaftung von Wildbeständen führen zwar zu einer intensiveren Nutzung der betroffenen Landstriche. Eine bessere Ernährung der Bevölkerung und eine gesicherte Vorratswirtschaft weil mehr Fleisch vorhanden ist, mögen dort die Folge sein. Der Nahrungsbedarf der gesamten Menschheit lässt sich auf diese Weise jedoch keinesfalls decken.

Die Arten der Nutzung

Sie sind vielfältig. An erster Stelle ist an die menschliche Ernährung zu denken. Wir essen Fleisch und Eier, trinken Milch und verzehren Milchprodukte vielfältiger Art, wie Butter, Käse und Joghurt. Manche Völker, die Nutztiere als Prestigeobjekte halten und sie nicht schlachten, gewinnen von diesen immerhin Blut zum Verzehr und decken so einen Teil des unabdingbaren Bedarfs an tierischem Eiweiß.

Tierische Organe und Substanzen werden aber auch zu vielfältigen Produkten verarbeitet: Wolle zu Stoffen und Teppichen, Häute zu Fellen und Leder, die als Kleidung und Schuhzeug Verwendung finden. Aus Haaren werden Matratzen, Pinsel oder Zeltplanen gemacht. Hörner werden zu Schmuck, Gebrauchsgegenständen und Musikinstrumenten verarbeitet. Hohlorgane, wie Magen, Darm und Blase, dienen als Hüllen, in denen Wurstwaren oder Käse aufgehoben werden. Vollständige Häute dienen als Vorrats- und Transportbehälter für Wasser und Wein.

Tierische Produkte werden von der Medizin benötigt: Als Hautersatz, Nahtmaterial nach operativen Eingriffen oder Tierkohle zur Behandlung bestimmter Verdauungsstörungen. Aus endokrinen Drüsen werden Hormone gewonnen. Weitere Produkte aus tierischen Organen sind Seife, Leim, Kerzen, Saiten für Musikinstrumente und Haare für Bögen von Streichinstrumenten. Als Bespannung von Trommel und Tamburin sind tierische Produkte Grundlage künstlerischer Gestaltung oder verbessern das Lebensgefühl.

Der Dung der Nutztiere erhält die Fruchtbarkeit landwirtschaftlich genutzter Flächen. Getrockneter Dung wird in brennstoffarmen Gegenden der Welt verheizt. Er dient damit nicht nur als Wärmequelle, sondern liefert auch die zum Kochen erforderliche Hitze.

Es wird beim heutigen Stand der Motorisierung leicht vergessen, dass während der ganzen jüngeren Menschheitsgeschichte Haustiere als Arbeits-, Trag- und Reittiere genutzt wurden, die die Zivilisation erst möglich machten. Pferde, Rinder, Büffel und Kamele werden vor den Pflug gespannt; sie betätigen Wasserräder und helfen beim Dreschen. Pferde, Esel und Rinder ziehen Wagen und ermöglichen dadurch weitreichenden Handel. Pferde ziehen Kutschen und erhöhen damit die Freude an einem Ferienaufenthalt oder sie unterstreichen die Würde eines Potentaten. Pferde, Maultiere, Kamele und Lamas übersteigen mit Lasten unwirtliche Gebirge und durchqueren lebensfeindliche Wüsten.

Erst auf diese Weise konnten entlegene Landstriche besiedelt und später der Kontakt mit der übrigen Welt aufrechterhalten werden. Nordamerikanische Indianer konnten von den Randgebieten erst dann weit in die Prärie zur Bisonjagd eindringen, als sie – auf Umwegen über die Weißen – Pferde besaßen und reiten konnten. Nur so war es ihnen möglich, in angemessenen Zeitabständen aus trockenen Landstrichen zurück ans Wasser zu gelangen. Güter konnten ausgetauscht, Fertigkeiten vermittelt, Botschaften rasch mitgeteilt werden. Haustiere wurden aber auch gebraucht, um Kriege zu führen, sei es um Soldaten zu tragen oder um kriegswichtiges Material zu ziehen. Sie machten Völkerwanderungen möglich und verhalfen andererseits Bevölkerungsgruppen in Notzeiten zur Flucht.

Ferner nutzen wir Tiere dort, wo unsere eigenen Sinnesleistungen nicht ausreichen. Das gilt nicht nur für die Jagd, wo der Hund (der hier nicht weiter berücksichtigt werden soll) mit seinem guten Riechvermögen unentbehrlicher Helfer des Menschen ist. Schweine wittern Trüffeln in der Erde und wühlen sie heraus. Die Sage berichtet, dass Gänse durch ihr Geschnatter vor Überfällen warnten. Perlhühner machen andere Nutztiere auf Feinde aufmerksam und bewahren so den Besitzer vor wirtschaftlichem Schaden.

Wesentliches Motiv für die Zucht von Rassen waren oftmals absonderliche Formen und Leistungen. Zwergformen, körperliche Missgestaltungen mannigfaltiger Art, Haarlosigkeit, besondere Federformen oder Verhaltensstereotypien aufgrund vererbbarer Gehirnanomalien waren in manchen Teilen der Erde so geschätzt, dass der ursprüngliche Nutzungszweck seine Bedeutung verlor. Ferner gibt es bei den unterschiedlichen Arten verschiedene Rassen, bei denen möglichst hohe Laufgeschwindigkeit (Pferd, Hund) oder Kampfneigung erwünscht ist (Rind, Hund, Huhn, Gans).

Nutztier und Mensch – gestern und heute

Das Zusammenleben von Nutztier und Mensch wird als Symbiose bezeichnet. Das würde bedeuten, dass sie beide einen Vorteil aus der Verbindung ziehen. Dies ist zweifellos richtig und galt bis vor einiger Zeit ohne Einschränkung: Mensch und Nutztier lebten unter einem Dach, ja teilweise im gleichen Raum mit Vor- und Nachteilen für beide.

Heute sind die Vorteile dieser Symbiose sehr ungleich auf Mensch und Tier verteilt. Das Nutztier ermöglicht uns Wohlstand und Vergnügen. Wir gönnen ihm in Intensivhaltung nur wenig mehr als das Überleben, und das auch nur aus egoistischen Gründen. Aus Tierzucht wurde Tierproduktion, im englischen Sprachbereich gar „Animal Industries“. Gestorbene Tiere wurden zu „Ausfällen“, die nur deshalb die Aufmerksamkeit erregen, weil sie möglicherweise die Wirtschaftlichkeit der Haltung in Frage stellen. Wir sollten uns wieder mehr darauf besinnen, dass Tiere empfindungs- und leidensfähig sind und dass auch Nutztiere differenzierte Mitgeschöpfe sind, die das menschliche Leben bereichern können.

Verbreitung der Nutztiere

Unter den in Mitteleuropa vorkommenden größeren Nutzsäugern sind Rind und Schaf mit über 1 Milliarde am stärksten auf der Welt verbreitet (Tab. 1). An dritter Stelle liegt das Schwein mit mehr als 900 Millionen, gefolgt von der Ziege. Die Einhufer haben zahlenmäßig eine geringere Bedeutung. Alle Paarhufer nahmen in den letzten 50 Jahren weltweit stark zu, während die Zahl der Einhufer während dieser Zeit rückläufig war. Eine Ausnahme ist der Esel, der offenbar erst seit den 1960er-Jahren seine größte Verbreitung fand.

Der Umfang der Nutztierhaltung in den einzelnen Regionen und Kontinenten ist sehr verschieden. Bei dieser Betrachtung darf jedoch nicht die unterschiedliche Größe der Regionen vergessen werden. Eine Umrechnung auf die Flächeneinheit oder die Bevölkerungszahl würde zweifellos die Relationen verschieben. Erkennbar ist, dass der Schwerpunkt der Haltung bei allen Tierarten, abgesehen vom Pferd, in Asien liegt. Pferde kommen in Nordamerika am häufigsten vor.

Vergleicht man die Tierbestände in den einzelnen Staaten, dann überrascht nicht, dass in der riesigen Volksrepublik China Einhufer und Schweine am häufigsten vorkommen. Die meisten Rinder gibt es in Indien, wo ihr Fleisch allerdings aus religiösen Gründen wirtschaftlich meist nicht genutzt wird. Gleichsam als Ersatz hierfür wird die Ziege gehalten, die zudem in Indien auf günstige klimatische und ökologische Bedingungen stößt. In Europa hat jede Nutztierart in einem anderen Land ihre größte Verbreitung.

Bei vielen Nutztierarten hat Deutschland innerhalb der EU die höchsten Bestandszahlen; es ist allerdings auch flächenmäßig nahezu am größten (Tab. 2). In der Schweiz werden noch viele Ziegen und auch etliche Esel bzw. Maultiere gehalten. Das ist eine Folge der geographischen Verhältnisse; diese gebirgsliebenden und trittsicheren Tiere lassen sich hier gut nutzen.

In Deutschland ist der Anteil von erzeugtem Schweinefleisch auffallend hoch, verglichen mit der Welterzeugung und mit den anderen Tierarten. Gering ist die Erzeugung von Schaf-, Lamm- und Ziegenfleisch sowie von Pferdefleisch. Dies ist eine Folge entweder der geringen Zahl von Tieren der betreffenden Arten in Deutschland oder der Verzehrsgewohnheiten.

Der Fleischverbrauch pro Person und Jahr lag 2008 in Deutschland bei 88,5 kg (Tab. 3). Damit hat sich der Fleischverzehr seit der Nachkriegszeit vervierfacht. Nach dem Kriege hatte das Schwein geringere Bedeutung, weil es Nahrungskonkurrent des Menschen ist. Gegenwärtig liegt der Verbrauch von Schweinefleisch über 53 kg pro Person und Jahr. Es nimmt damit mehr als die Hälfte der verzehrten Fleischmenge ein. Auffallend gering ist der Verzehr von Schaf- und vor allem von Pferdefleisch.

Trotz großer Mengen eigenerzeugten Geflügels kann Deutschland seinen Bedarf an Geflügelfleisch noch nicht einmal zu zwei Dritteln decken. Der Selbstversorgungsgrad ist bei Hühnern am größten, und zwar besonderes bei Suppenhennen (Althähne fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht). Das Huhn stellt den größten Anteil am verzehrten Geflügelfleisch. An zweiter Stelle liegt die Pute. Die mit ihr gemeinsam statistisch erfassten Geflügelarten sind mengenmäßig ähnlich unbedeutend wie das Wassergeflügel.

Domestikation

Man ist heute nahezu einmütig der Auffassung, dass jede domestizierte Tierart von jeweils nur einer Wildtierart abstammt. Ja, manchmal haben domestizierte Formen mit sehr unterschiedlichem Aussehen, die zudem verschiedene Namen besitzen (Dromedar–Trampeltier, Rind–Zebu), eindeutig die gleiche Wildform als Vorfahren. Bei Lama und Alpakka haben neuere Untersuchungen doch eine unterschiedliche Abstammung ergeben. Diese Tatsache war noch lange Zeit nach Bekanntwerden der Vererbungsgesetze und des auch auf Haustierpopulationen wirkenden Grundsatzes von Mutation und Selektion offenbar kaum einzusehen; gab es doch bei jeder Art Rassen oder Individuen, die sich in Größe, Färbung, Haarstruktur sowie Proportionen der einzelnen Körperteile zueinander außerordentlich unterschieden. Die Abstammung der domestizierten Formen von der Wildform zeigt Tab. 4. Genaue Untersuchungen von Verhalten, Körperbau und physiologischen Reaktionen der Haustierrassen sowie Berücksichtigung der Region der frühesten Domestikation ermöglichen es, die Unterart der Wildform zu bestimmen, aus der die domestizierte Form hervorging.

Biologische Voraussetzung für die Domestikation einer Art ist die Möglichkeit der Fremdprägung. Dazu kommt es, wenn Jungtiere gleich nach der Geburt von Artgenossen entfernt und von einer anderen Art, im Spezialfall von Menschen, aufgezogen werden. Solche Individuen fühlen sich später der Art zugehörig, auf die sie geprägt wurden. Im Fall von Menschen hat dies zur Folge, dass sie sich vor Personen nicht fürchten, sondern mit ihnen in Kontakt bleiben wollen. Allerdings richten sie sowohl ihre Aggressionen als auch Paarungsversuche bevorzugt gegen Personen. Vor Artgenossen haben sie dagegen Angst.

Voraussetzung für die Domestikation von Seiten des Menschen ist ein Bedarf an den Produkten und Leistungen der betreffenden Tierart. Es wird vermutet, dass zunächst gezähmte Tiere dem Menschen über Notzeiten hinweghelfen sollten. Dabei musste es sich zunächst um Arten handeln, die dem Menschen durch ihre Größe, Kraft und Angriffslust nicht zu gefährlich werden konnten. Es durften auch keine Nahrungskonkurrenten des Menschen sein, oder sie mussten sich zumindest in Gefangenschaft mit den Essabfällen des Menschen zufrieden geben, wie beispielsweise das Schwein. Schließlich mussten gezähmte Wildtiere durch Anbindung, Zäune oder Mauern am Entkommen gehindert werden.

Tab. 4 Abstammung der in Mitteleuropa gehaltenen NutzsäugerHaustierNicht domestizierter VorfahreTrivialnamewissenschaftlicher NameRindAuerochseBos primigeniusHausbüffelWasserbüffelBubalus arneeHausyakWildyakBos mutusSchafMufflonOvis ammonZiegeBezoarziegeCapra aegagrusSchweinWildschweinSus scrofaPferdPrzewalskipferdEquus przewalskiiEselWildeselEquus africanusKaninchenWildkaninchenOryctolagus cuniculus

Begattungsversuch eines menschengeprägten Ziegenbocks.

Später, als sich die domestizierte Form in einem vom Menschen gewünschten Sinn von ihren wilden Vorfahren unterschied, mussten Paarungen mit dieser Stammform unterbunden werden, um den gewonnenen Zuchtvorteil nicht wieder zu verlieren. Dies setzt bereits einen langwierigen Prozess der Selektion über viele Generationen voraus. Die Domestikation bringt also für den Menschen einerseits Erleichterungen, andererseits aber auch erhebliche Belastungen durch die ständige Versorgung der Tiere mit sich.

Es darf als sicher gelten, dass die ursprünglichen Gründe für die Domestikation einzelner Arten nicht mit den jetzigen Nutzungszwecken übereinstimmen. Die Leistung der Wildform wich erheblich von der domestizierter Artgenossen ab. Schaf, Ziege und Guanaco zum Beispiel tragen als Wildform keine Wolle. Das Bankiva-Huhn legt nur eine geringe Zahl von Eiern, die sicher nicht Anlass für eine ganzjährige Haltung in Gefangenschaft war. Die Milchleistung weiblicher Wildsäuger reicht gerade für die Aufzucht der eigenen Jungen.

Dass sich die Leistung im Verlaufe der Domestikation einmal so entwickeln würde, konnte der Mensch nicht ahnen (HERRE und RÖHRS 1990). Vermutet wird, dass sich einzelne Arten (Hund, Schwein) dem Menschen freiwillig anschlossen und von seinen Abfällen lebten. Andere Tiere haben möglicherweise anfangs bei Kulthandlungen als Opfertiere gedient (NACHTSHEIM 1936), wobei eine gewisse Vorratshaltung mit lebenden Tieren geherrscht haben mag. Diese könnten Ausgangspunkte der Domestikation geworden sein.

Es ist anzunehmen, dass Ackerbau vor Viehzucht entstand. Ackerbau zwingt zur Sesshaftigkeit, und Wildtiere mussten von den Nutzpflanzen ferngehalten werden. Sollten sie dennoch weiterhin als Jagdtiere dienen, mussten große Strecken zurückgelegt werden, um an ihre Einstände zu kommen. Besser war es dann, sie in Gehegen zu halten und mit einem Teil der erwirtschafteten Nutzpflanzen zu füttern.

Heute gibt es weltweit etwa 20 Säugerarten und zusätzlich etwa zehn Vogelarten, die wirtschaftlich genutzt werden. Nicht eingerechnet sind Labor- und Pelztiere sowie Arten, die, wie das Meerschweinchen, zunächst als Fleischlieferant domestiziert wurden, bei uns heute aber ausschließlich anderen Zwecken dienen. Gelegentlich wird auch von einigen anderen Arten angenommen, dass sie in frühen Hochkulturen domestiziert, ihre Nutzung später aber dann aufgegeben wurde. Diese Vermutung, die sich auf frühe Abbildungen stützt, kann jedoch durch Knochenfunde nicht bestätigt werden. Möglicherweise handelt es sich bei den abgebildeten Tieren um gezähmte Wildtiere.

Die ersten Tiere wurden während des Neolithikums, also der Jungsteinzeit, domestiziert (s. Schema im Kapitel „Die Bedeutung der Nutztiere“).

Bei diesem Abschnitt der Menschheitsgeschichte handelt es sich um eine Zeit, in der einschneidende Neuerungen stattfanden, wie die Züchtung bestimmter Nutzpflanzen und der Beginn der Töpferei. Man spricht deshalb auch von „neolithischer Revolution“. Dieser Begriff erweckt irreführend den Eindruck, als wären solche Veränderungen explosiv in einem kurzen Zeitabschnitt aufgetreten. Immerhin nahm dieser Abschnitt rund ein Jahrtausend in Anspruch.

Die Domestikation von Tieren fand zunächst dort statt, wo die Wildformen natürlicherweise vorkamen. Dabei gab es bestimmte Zentren. In weiten Gegenden der Erde wurde dagegen keine Tierart domestiziert, obwohl dort Arten vorkommen, die durchaus als domestizierbar erscheinen, und obwohl die dort lebenden Menschen später Haustiere aus anderen Gegenden übernahmen. Nicht domestiziert wurde dort, wo das Futter für Haustiere nicht vorhanden war, Klima oder geographische Sonderheiten ihre Haltung nicht zuließen. In wildreichen Gegenden war eine Domestizierung der dort vorkommenden Arten nicht erforderlich, weil die Bevölkerung dort zu jeder Jahreszeit ausreichend Nahrung fand. So kam es, dass viele menschliche Gesellschaften nur den Hund hielten. Dieser nahm eine Sonderstellung ein. Sein Fleisch wurde nur in gewissen Situationen und von bestimmten Völkern gegessen.

Verwilderung

Bei allen Nutztierarten entkamen immer wieder Gruppen der menschlichen Obhut und verwilderten. Unter Verwildern wird verstanden, dass fortan keine Selektion durch den Menschen auf die Tiere einwirkt, sondern dass sie ausschließlich unter dem Druck natürlicher Selektion stehen. Vor allem drückt der Begriff „Verwilderung“ aus, dass die Tiere in ihrem Verhalten, in ihrer Scheu vor dem Menschen, Wildtieren ähneln. Diese Scheu tritt sehr rasch auf. In Mitteleuropa entkommene Individuen von Kulturrassen wichen schon nach wenigen erfolglosen Verfolgungen Menschen auf große Entfernungen aus und wurden zu nachtaktiven Tieren. Kühe warfen im Winter in der Wildnis Kälber und zogen sie erfolgreich auf.

Die frühesten Haustiernachweise in verschiedenen Regionen der Erde (nach Boessneck 1983 sowie Anthony et al. 1991). Manche Rassen wurden mehrfach domestiziert. Bei den in Umrissen dargestellten Tieren ist die Domestikation zu diesem Zeitpunkt fraglich.

Die Meinung, verwilderte Tiere nähmen im Gegensatz zu Zuchtformen wieder alle Verhaltensmuster der ursprünglichen Wildart an, beruht auf einem Irrtum. Auch Haustiere in der Obhut des Menschen verfügen über das gesamte ursprüngliche Verhaltensrepertoire. Durch die Domestikation ist keine Verhaltensweise verloren gegangen; nur Intensität und Frequenz haben sich verändert. Beim verwilderten Tier treten unter den hier vielfältigeren Umweltreizen die verloren geglaubten Verhaltensformen bei Anwesenheit geeigneter Auslöser wieder auf.

Es ist davon auszugehen, dass es sich bei Populationen von verwilderten Haustieren ursprünglich um Landrassen handelte. Das bedeutet, dass schon die Ausgangsform temperamentvoll war und daran gewöhnt, mit klimatischen Unbilden und dürftiger Ernährung fertig zu werden. Es kommt hinzu, dass solche Tiere der Wildform im Körperbau im Allgemeinen näher stehen als Kulturrassen und in Form, Größe, Färbung und auch in ihrem Anpassungsvermögen stark variieren. Zweifellos wirkt die natürliche Selektion auf verwilderte Populationen und lässt Träger ungeeigneter Gene ausscheiden. Dennoch bleibt eine beträchtliche Variationsbreite erhalten. Das ist vor allem an der Färbung erkennbar. Bei vielen sehr früh verwilderten Populationen ist nahezu die volle Palette der bei einer Tierart auftretenden Farben und Farbkombinationen vorhanden. Anders ist es nur dort, wo bereits die Ausgangsform, das Haustier, in Bezug auf ein Merkmal homogen war. Das Chillingham-Rind in England, auf das seit Jahrhunderten nachweislich keine künstliche Selektion wirkte, ist seit Menschengedenken ausschließlich rein weiß. Eine farbliche Annäherung an die Wildform tritt nicht ein.

Für die Verwilderung von Haustieren gibt es vier Gründe

1. Sie wurden schon vor Jahrhunderten im Rahmen der Schifffahrt von Seeleuten ausgesetzt, um diesen bei ihrer Rückkehr als Proviant zu dienen.

2. Sie entkamen in wenig besiedelten Gegenden und konnten nicht wieder eingefangen werden. In Australien gibt es Herden von verwilderten Rindern, die sich im Laufe der Zeit Hunderte von Kilometern von der Gegend entfernten, in der sie entkamen. Sie wurden erst nach langer Zeit in einem ihnen zusagenden Gebiet ortsbeständig.

3. Sie wurden zurückgelassen, wenn entlegene Industriegebiete (z. B. im „Tal des Todes“ in den USA) oder Farmen aus wirtschaftlichen Gründen bzw. in Trockenzeiten aufgegeben wurden.

4. Haustiere (Hunde, Katzen) wurden bewusst dort ausgesetzt, wo verwilderte oder eingeschleppte Tiere anderer Arten sich unmäßig vermehrt hatten und zu einer Gefahr für die übrige Tierwelt und die Landschaft geworden waren. Man hoffte, manchmal irrtümlich, dass die ausgesetzten Raubtiere die Schadtiere dezimierten.

Es ist auffallend, dass bei verwilderten Tieren Färbungen auftreten (beispielsweise Scheckung bei verwilderten Eseln in Süddakota), die bei den entsprechenden Haustieren selten vorkommen. Vermutlich handelt es sich hier nicht um Mutanten, die bei den verwilderten Tieren neu auftraten, sondern bereits bei der domestizierten Vorform vorhanden waren. Scheckung war früher bei manchen Völkerschaften sehr beliebt und ist so auch bei den Mustangs, den verwilderten Pferden spanischer Abstammung in Nordamerika, erhalten geblieben.

Verwilderte Tiere nähern sich also unter natürlicher Selektion der Wildform nur unbedeutend wieder an. Sie zeigen jedoch teilweise ein an ihr zufällig erworbenes Habitat ausgezeichnet angepasstes Verhalten, das jenes der Wildform zuweilen übertrifft: Es gibt verwilderte Rinder auf Inseln, auf denen es während des größten Teils des Jahres nicht regnet. Da auch keine sonstigen Wasserstellen vorhanden sind, decken die Tiere ihren Flüssigkeitsbedarf, indem sie morgens den Tau von den Pflanzen lecken. North-Ronaldsay-Schafe gehen beispielsweise an den Strand und fressen dort stark salzhaltigen Tang.

Mehrfach sind verwilderte Tiere erneut in Gefangenschaft geraten und gelten dann in der vorgefundenen Form oder nach entsprechender Selektion als Rasse. Das trifft sowohl für einige nordamerikanische Pferderassen (beispielsweise Appaloosa) als auch beispielsweise für das Texas Longhorn-Rind zu. Gegenwärtig werden Mustangs hauptsächlich im Nordwesten der USA eingefangen und in den übrigen Teilen der USA von Interessenten „adoptiert“. Gezähmte Mustangs können durchaus zu einer weiteren eigenständigen Pferderasse werden. In Großbritannien wird das vor Jahrhunderten verwilderte Soay-Schaf von den St. Kilda-Inseln seit einiger Zeit wieder in Gefangenschaft gehalten. Es ist allerdings auffallend scheu.

Rassendefinition

Unter einer Rasse versteht man eine Gruppe von domestizierten Tieren, die einander in wesentlichen morphologischen und physiologischen Merkmalen ähnlich sind und eine gemeinsame Zuchtgeschichte haben. Die Abgrenzung einer Rasse gegenüber anderen ist manchmal nicht einfach. Kommen ähnliche Formen in benachbarten Gebieten vor, dann wird es in der Regel auch zu einem Austausch von geeignetem Zuchtmaterial kommen. Man wird in diesem Fall eher von verschiedenen Schlägen einer Rasse sprechen. Sind ähnliche Formen geografisch voneinander getrennt und stammt die eine nicht von der anderen ab, dann wird man sie eher als verschiedene Rassen bezeichnen.

Offen ist die Frage, wie groß die Ähnlichkeiten sein müssen, damit man noch von einer Rasse spricht. Zweifellos unterscheiden sich zum Beispiel die deutschen Schwarzbunten Rinder von den niederländischen. Beide sind einander aber ähnlich, verglichen mit den nordamerikanischen Holstein-Friesians, die aus ihnen hervorgegangen sind. Die mitteleuropäischen Schwarzbunten ähnelten sogar dem unabhängig von ihnen entstandenen ursprünglichen Freiburger Schwarzfleckvieh, mit dem sie genetisch nicht verwandt waren, mehr als den Holstein-Friesians. Gibt es deshalb die Rasse der Deutschen Schwarzbunten, die der Schwarzbunten um Nord- und Ostsee, die der Europäischen Schwarzbunten oder die der Schwarzbunten insgesamt? Die Ansichten hierüber gehen auseinander.

Die Eindeutigkeit leidet noch mehr, wenn man bedenkt, dass beispielsweise ein Jütländer, der zu Zuchtzwecken nach Deutschland geholt wird, hier als Schleswiger Kaltblut geführt wird. Dies ist allerdings nur deshalb möglich, weil die Ähnlichkeit der beiden Rassen groß ist. Mitunter genügt ein Unterschied in einem einzigen Genort, um ein Individuum wegen seiner hierdurch bedingten anderen Farbe von der Rasse seiner Eltern in eine andere Rasse gleiten zu lassen. Seit einiger Zeit wird das Wort Rasse häufig durch Population ersetzt. Die Schwierigkeiten der Definition wurden dadurch nicht geringer. So kann unter Population von den Tieren eines Zuchtverbandes bis zur Gesamtheit aller domestizierten Tiere einer Art alles verstanden werden. Im Übrigen deckt sich dieser Begriff weitgehend mit dem der Rasse.

Rassen entstehen durch Auswahl von Individuen mit bestimmten Eigenschaften für die Zucht und Ausschluss solcher Tiere von der Fortpflanzung, die diese Eigenschaften nicht (bei qualitativen Merkmalen) oder nicht genügend ausgeprägt (bei quantitativen Merkmalen) besitzen. Die Art dieser Merkmale ist vielfältig. Es kann sich sowohl um morphologische Merkmale als auch um Verhaltenseigentümlichkeiten handeln. Hinter jeder Sonderheit im Verhalten steht ohne Zweifel eine Besonderheit im Zentralnervensystem, wie auch hinter jedem Produkt des lebenden Tieres (Eier, Milch, Wolle) ein physiologischer Mechanismus steckt. Aber dieser ist für den Züchter nicht erkennbar; er hält sich an das für ihn Wahrnehmbare.

Unter körperlichen Merkmalen ist nicht allein die Fleisch- oder Fettmenge zu verstehen. Es kommen Ausprägungen hinzu, die das Anpassungsvermögen von Tieren an bestimmte klimatische Bedingungen verbessern. Dichte, lange Behaarung bei Rassen, die in rauem Klima gehalten werden (z. B. Schottisches Hochlandrind) oder eine möglichst dürftige Behaarung in den Tropen (z. B. Zebus, Haarschafe) erhöhen die Kälte- bzw. Hitzetoleranz. Das Gleiche gilt für eine im Vergleich zum Körper große Haut mit vielen Falten oder ausgeprägten sonstigen Hautorganen, die der Abfuhr der Körperwärme dienen: Zebus haben eine besonders ausgeprägte Wamme und ein stark herabhängendes Präputium (Abb. Porträt „Tharparkar“). Mamberziegen besitzen extrem lange Ohren (Abb. im Kapitel „Die Bedeutung der Nutztiere“). Ein weiteres Selektionsmerkmal sind die Hörner. Es ist Zucht auf Hornlosigkeit oder auf Mehrhörnigkeit (vierhörnige Schafe und Ziegen) oder besonders lange und umfangreiche Hörner möglich.

Lange Hörner oder Verdoppelung der ursprünglichen Hornzahl steigern nicht etwa den Kampfwert des Tieres bei der Abwehr von Feinden. Sie sind entweder Kuriosität oder wirken auf Menschen imponierend und erhöhen damit das Prestige des Besitzers. Andere Merkmale sind oft noch weniger sachlich begründet. Das gilt insbesondere für Färbungen. Besonders gezeichnete Tiere finden oft einfach das Wohlgefallen des Besitzers. In anderen Fällen wird die Ansicht vertreten, es sei an bestimmte Färbungen eine besonders gute Leistung gebunden. Noch heute wird im Allgäu gelegentlich angenommen, Gurtenkühe (Abb. im Kapitel „Die Bedeutung der Nutztiere“), eine Variante des Braunviehs, gäben besonders viel Milch.

Mamberziege.

Dunklen Fleckviehbullen wird eine starke Geschlechtslust nachgesagt. Der Wunsch, aus erkennbaren Merkmalen auf zukünftige Leistungen schließen zu können, ist verständlich; es ist jedoch allgemein zu bemerken, dass hier eine nur geringe Beziehung besteht. Dennoch trug die Selektion auf solche Merkmale zur Rassenbildung bei. Einheitlichkeit in bestimmten Eigenschaften schuf in vielen Fällen die Möglichkeit, Einkreuzungen zu erkennen.

Kreuzungsmethoden

Manchmal werden die Paarungspartner für ein Individuum ausschließlich und seit langer Zeit innerhalb der eigenen Rasse gesucht. Man spricht dann vom „geschlossenen Zuchtbuch“. Dies ist zum Beispiel der Fall beim Englischen Vollblut oder beim Galloway Rind. Bei vielen Rassen wird gelegentlich Blut äußerlich ähnlicher Rassen eingekreuzt, um das Charakteristische zu erhalten. Dies gilt etwa für das Deutsche Reitpferd und den Shagya.

Ein weiterer Grund für die Paarung mit rassefremden Tieren ist die Änderung des Zuchtzieles als Folge veränderter Verbrauchererwartung. Der Wandel vom Fettschwein zum Fleischschwein und die Zucht größerer Schafe mit besserem Fleischansatz auf Kosten der Wollqualität sind Beispiele für dieses Vorgehen. Zwar ist die genetische Variabilität der Rassen meist noch groß genug, um aus sich heraus einen Wandel vollziehen zu können, doch geschieht der Vorgang auf diese Weise deutlich langsamer und ist damit schwerfälliger. Im Allgemeinen wählt man für die Einkreuzung eine Rasse aus, die einerseits dem neuen Zuchtziel nahekommt und andererseits der zu verbessernden Rasse im Erscheinungsbild ähnelt.

Gurtenkuh.

Der Grund für dieses Vorgehen ist, dass die Züchter zwar die Leistung verbessern wollen; sie hängen jedoch an der von ihnen bisher gezüchteten Rasse und möchten diese in ihren wesentlichen Erkennungsmerkmalen erhalten. So ist es zu erklären, dass man in die weißköpfigen Herefords Nordamerikas, um einen größeren Rahmen zu bekommen, die ebenfalls weißköpfigen Simmentaler (Fleckvieh) eingekreuzt hat.

Zur Verbesserung der Milchleistung der Pinzgauer und des Fleckviehs in Österreich und der Schweiz wurde Red Holstein und nicht etwa schwarz-weiße Holstein-Friesian gewählt.

Die Art und Weise der Kreuzungszucht ist abhängig vom angestrebten Zuchtziel. Als Veredlungskreuzung wird bezeichnet, wenn in die bodenständige Rasse nur zuweilen Vatertiere bestimmter anderer Rassen eingekreuzt werden. Dieses Vorgehen ist bei manchen Pferderassen üblich. Sowohl Aussehen als auch wertvolle Eigenschaften und vorhandene Anpassung an Standortverhältnisse bleiben auf diese Weise weitgehend erhalten.

Bei der Kombinationskreuzung werden mindestens zwei Ausgangsrassen verpaart, um einen völlig neuen Typ zu schaffen. Dabei variieren die Nachkommen in den nächsten Generationen ganz erheblich und es ist eine scharfe Selektion erforderlich, um das angestrebte Zuchtziel zu erreichen. Viele der jetzt bei uns üblichen Rassen sind auf diese Weise entstanden. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sind das Heckrind sowie das Deutsch-Angus-Rind.

Bei der Verdrängungskreuzung werden die weiblichen Tiere einer bodenständigen Rasse über mehrere Generationen ausschließlich mit einer dem Zuchtziel entsprechenden Verbesserungsrasse verpaart. Da sich das Genmaterial der Lokalrasse mit jeder weiteren Generation halbiert, sind nach sechs Generationen nur noch 1,6 % ihres Genbestandes vorhanden oder umgekehrt ausgedrückt: 98,4 % des Genbestandes stammen von der eingekreuzten Rasse. Dies hat zur Folge, dass die Tiere jetzt in Aussehen und Leistung der eingekreuzten Rasse nahezu gleichen. Die eingekreuzte hat die Ausgangsrasse verdrängt. Dies war beim Schwein der Fall, und zwar als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Bundesrepublik und den damit zusammenhängenden Verbrauchererwartungen. Aus einem dem Fettschweintyp entsprechenden Veredelten Deutschen Landschwein wurde mithilfe von Ebern dänischer und holländischer Abstammung ein Fleischschwein mit wesentlich weniger Fett und einem erheblich höheren Anteil wertvoller Teilstücke. Diesem Typwandel wurde später durch Änderung des Rassenamens Rechnung getragen.

Häufig werden Kreuzungen durchgeführt, um Heterosiseffekte zu erzielen. Unter Heterosis versteht man, dass die Nachkommen der nächsten Generation in ihren Leistungen über dem Durchschnitt der Leistungen ihrer Eltern liegen und dabei womöglich den besseren Elternteil noch übertreffen. Bei der Zweirassenkreuzung werden die aus der Kreuzung hervorgegangenen Tiere nicht züchterisch genutzt, sondern sind zur Schlachtung vorgesehen. Bei der Dreirassenkreuzung wird eine Sau der Rasse A von einem Eber der Rasse B gedeckt. Die aus dieser Paarung hervorgehenden weiblichen Tiere werden später mit einem Eber der Rasse C verpaart und erzeugen damit das „Mastendprodukt“.

Eine besondere Form der Kreuzung ist die Hybridzucht. Hier werden zunächst einmal viele Rassen und Linien getestet, um herauszufinden, welche Kombination von „Passerlinien“ am meisten geeignet ist. Man nutzt dabei außer dem Heterosiseffekt auch Positionseffekte. Hybridzucht ist nur in großem Rahmen und unter Beteiligung vieler Betriebe möglich.

Rassenvielfalt

Besondere und sich voneinander unterscheidende Rassen gab es schon bald nach Beginn der Domestikation. Anhand von Knochenfunden und Abbildungen lässt sich belegen, dass es bereits in Assyrien und Babylonien, bei den alten Ägyptern und im Römischen Reich verschiedene Rassen einer Art nebeneinander gab und dass in bestimmten Zeiten in unterschiedlichen Regionen der Erde verschiedene Rassen gehalten wurden. Ursache einer solchen Vielfalt sind unterschiedliche Nutzungszwecke, Anpassung an die vorhandenen Standortverhältnisse sowie individueller Geschmack von Besitzern oder von Bevölkerungsgruppen. Wesentlich trägt zu dieser Vielfalt die geographische Abgeschiedenheit von zwei Bevölkerungsgruppen bei (Inseln, Täler, Oasen).

Der Ausdruck „Race“ oder „Rasse“ wird in der Tierzucht seit mehreren Jahrhunderten gebraucht. Ursprünglich meint er die Gesamtheit der Tiere einer Art in einer bestimmten Gegend, die sich trotz erheblicher Variabilität in Größe, Aussehen oder Leistung doch anhand einzelner Merkmale einigermaßen von der Population anderer Gebiete unterschied. Diese Vielfalt innerhalb einer Fortpflanzungsgemeinschaft war sogar erwünscht, um die unterschiedlichen Bedürfnisse der Besitzer zufriedenstellen zu können. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man mit klaren Vorstellungen von Zuchtziel und Auswahl der diesem Ziel am besten entsprechenden Tiere eine Rassenzucht in unserem Sinne. Zunächst wurde zur Festigung des Zuchtziels häufig auf Inzucht zurückgegriffen.

Die jetzt vorhandenen Rassen sind noch gar nicht so alt. Sie entstanden zumeist im Verlaufe des 19. oder gar erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Allerdings traten Einzeltiere, die phänotypisch heutigen Rassen ähneln, schon lange vorher auf, wie sich aus Beschreibungen und Abbildungen entnehmen lässt. Die gezielte und konsequente Zucht war eine Folge der steigenden Nachfrage nach tierischen Produkten im Gefolge der Industrialisierung. Die Verbesserung des Tierstapels wurde teilweise durch den Import bewährter Rassen, Einkreuzung in die heimische Zucht und Verdrängung erreicht. Es kommt hinzu, dass die ursprüngliche Formenfülle eingeschränkt wurde. Die verbliebenen Rassen hatten so eine breitere Zuchtbasis.

Im 19. Jahrhundert gab es zum Beispiel in Bayern 46 namentlich verschiedene Rinder-„Rassen“. In vielen Fällen würden wir heute mehrere dieser unterschiedlichen Formen ohne Zögern zu einer Rasse zusammenfassen; es waren also Schläge. So entsprechen allein vier Schläge in ihrem Farbmuster den Pinzgauern. Neben einer hauptsächlich auftretenden Färbung wurden für die meisten Rassen mehrere außerdem auftretende Farben beschrieben. Der Hinweis, dass Pinzgauer in Oberbayern 1883 noch 20,5 % des Rinderbestandes ausmachten, neun Jahre später aber nur noch 13,1 % (RASP 1893), darf sicher nicht so gedeutet werden, dass in der Zwischenzeit fast die Hälfte dieser Tiere abgeschafft und durch andere Rassen ersetzt wurde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in dieser Zeit im Sinne einer Verdrängungskreuzung Bullen einer anderen Rasse (offenbar Simmentaler) eingekreuzt wurden und den Phänotyp der Population verändert haben.

Manche Rasse ging in der Folgezeit verloren, etwa das Oberpfälzer Rotvieh, während andere, zum Beispiel Mainländer als Schlag des Frankenviehs, bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts farblich das noch heute vorhandene Bild boten (Abb. oben). Freilich entsprachen die damaligen Rassen weder im Typ noch im Gewicht ihren heute lebenden Nachkommen. Bemerkenswert ist, dass sich im Verlaufe der letzten hundert Jahre keine geradlinige Entwicklung vollzog, wie sich DLG-Berichten entnehmen lässt. Dies spricht für die Plastizität des genetischen Materials, sofern nicht andere Rassen eingekreuzt wurden.

Mainländer: Darstellung v. G. Fraas, 1853.

Sollte es jedoch – gefördert durch den weitreichenden Einsatz von nur wenigen Vatertieren mittels künstlicher Besamung – in Zukunft zu Selektionsplateaus kommen, wird eine Rasse aus eigener Kraft dieses Plateau nicht überwinden können. Dies ist einer der Gründe dafür, dass Rassen mit gegenwärtig geringer Zahl von Individuen – also nicht trendgemäßem Zuchtziel – nicht aufgegeben werden sollten. Es wäre nicht das erste Mal, dass an einer Rasse plötzlich Eigenschaften geschätzt werden, die vorübergehend übersehen, verkannt oder durch bestimmte Verbrauchererwartungen anders eingeschätzt worden waren.

Eine Nutztierrasse ist zudem ein Kulturgut, das ebensowenig zerstört werden sollte wie ein alter Baum, ein historisches Gebäude oder ein Kunstwerk. In fast allen Bundesländern bestehen Programme, die die Erhaltung gefährdeter alter Rassen zum Ziel haben. Dies geschieht unter anderem durch Aufzucht-, Erhaltungs- und Deckprämien. In mehreren Fällen wurden Nucleusherden in staatlichen Betrieben aufgestellt. Ergänzend werden Sperma und Embryonen als Genreserve tiefgefroren aufbewahrt, um im Bedarfsfall eingesetzt werden zu können. Gerade die alten Landrassen sind in Form und Färbung oft vom Allgemeinen stark abweichend mit besonderem Schauwert, sodass sie in Tierparks gezeigt werden. In jüngster Zeit wurden in verschiedenen Gegenden Aktivitäten eingeleitet, um regional gefährdete Rassen auf speziellen Bauernhöfen der Bevölkerung zugänglich zu machen.

Rassebestimmung

Die Variationsbreite innerhalb von Rassen ist meist größer als die Unterschiede zwischen den Individuen innerhalb einer Art. Neben gemeinsamen Eigenschaften gibt es zahlreiche, in denen die Einzeltiere innerhalb der Rasse voneinander abweichen. Gelegentlich sind sogar innerhalb recht homogener Rassen deutlich abweichende Individuen erwünscht. So ist es zum Beispiel dem Schäfer in unübersichtlichem Gelände nicht möglich, hunderte von Schafen zu zählen, um festzustellen, ob einige verloren gegangen sind. Wenn jedoch jedes 50ste schwarz ist, genügt es, deren Vollständigkeit festzustellen, um sicher zu sein, dass kein größerer Teil der Herde abhanden kam.

In manchen Gegenden wird ein reinrassiges Tier mit abweichender Färbung als Glücksbringer angesehen; es wird deshalb keinesfalls gemerzt. Daher ist es nicht möglich, einen zuverlässig funktionierenden Bestimmungsschlüssel anzubieten wie in der Zoologie und Botanik. Oft bleibt bei der Betrachtung des Einzeltieres ein Zweifel zurück. Leichter gelingt die Bestimmung, wenn mehrere Tiere einer Rasse gemeinsam beurteilt werden können. Noch einfacher wird es, wenn bekannt ist, welche Rassen in der betreffenden Gegend vorkommen.

Bei Rindern ist es günstig, zunächst nach der Farbe vorzugehen. Es gibt einfarbig schwarze, rote, braune, gelbe, graue und weiße Rassen. Hinzu kommen gescheckte Rassen, wobei in Kombination mit Weiß sowohl Schwarz als auch Rot, Braun und Gelb existieren können. Als weitere Möglichkeiten kommen rot- und blaugeschimmelte Pigmentierungen vor. Ein zusätzlicher Anhaltspunkt ist die Farbverteilung. Überwiegt weiß oder die Farbe? Konzentriert sich die Pigmentierung oder das Weiß auf bestimmte Körperteile oder treten unpigmentierte Stellen nur als Abzeichen an bestimmten Körperteilen auf?

Einige Rassen fallen durch ihre lange Behaarung auf und können daran leicht identifiziert werden. Hornbesitz oder Hornlosigkeit kann nur noch mit Einschränkung zur Einordnung von Rindern herangezogen werden, da die Tiere heute meist enthornt werden. Bei einer größeren Zahl enthornter Tiere einer horntragenden Rasse werden allerdings im Allgemeinen doch Einzeltiere mit verbliebenen Hornstümpfen vorkommen. Sofern Hörner vorhanden sind, können Form und Länge eine Zuordnung des Tieres erleichtern.

Der Kenner wird auf Anhieb den Typ eines Tieres, also die Gesamterscheinung und den Körperbau, in die Beurteilung einbeziehen.

–Milchrinderrassen nähern sich in der Körperform einem Dreieck: der Kopf ist fein, eine Wamme fehlt weitgehend, die Brusttiefe ist relativ gering, die Hinterhand ist durch ein großes Euter besonders betont. Die Unterlinie des Körpers geht vom Maul bis zur Nachhand abwärts.

–Dagegen haben Fleischrassen eine tiefe Brust und ein weniger ausgeprägtes Euter. Der Rumpf hat dadurch von der Seite gesehen eine Rechteckform.

–Zweinutzungsrassen stehen in der Erscheinung zwischen diesen beiden Extremtypen.

–Landrassen sind meist recht langbeinig. Als weitere Merkmale für die Bestimmung können großer Rahmen sowie Art der Bemuskelung angesehen werden.

Bei Schafen sind zwar Höhe und Rahmen im Allgemeinen gut beurteilbar, und bei geschorenen Schafen auch der Typ. Schwierig ist es bei Tieren im vollen Vlies, weil durch die Wolle ein anderer Typ und stärkere Bemuskelung vorgetäuscht werden können. Dem Fachmann hilft ein Griff in die Lendengegend, um sich einen Eindruck vom Fleischansatz zu verschaffen.

Da bei Schafen Enthornung unüblich ist, lassen sich die wenigen behornten Rassen gut abgrenzen. Auch die grobe Beurteilung der Wolle ist dem Laien möglich. Zumindest lassen sich schlicht- und grobwollige Tiere von Merinos und Schafen mit Crossbredwolle unterscheiden.

Haarschafe werden häufig für Ziegen gehalten. Sie unterscheiden sich aber von diesen äußerlich erkennbar durch den längeren, herabhängenden Schwanz, der keine seitlichen Haarkämme besitzt, sowie dadurch, dass sie Voraugen- und Zwischenklauendrüsen haben.

Schafrassen unterscheiden sich nicht nur in der Wollqualität, sondern auch im Ausmaß der Bewollung. Während bei den meisten Rassen der Schwanz, bei manchen Rassen Stirn und vorderer Teil der Beine bewollt sind, sind diese Körperteile bei anderen Schafrassen behaart.

Das Vlies ist im Allgemeinen einfarbig, und zwar weiß, gelblich (meist durch Wollfett), rötlich, braun, grau oder schwarz. Gescheckte Schafe sind selten. Sie kommen entweder als Ausnahmefälle in bestimmten Rassen vor (Merinolandschaf) oder die Scheckung ist Kennzeichen der Rasse wie beim Gescheckten Bergschaf oder dem Jacobschaf, das zudem meist vierhörnig ist (s. Porträt „Jacobschaf“). Die Färbung der Haare auf den unbewollten Körperteilen (Kopf, Beine, evtl. Schwanz) weicht häufig von der Wollfarbe ab. Sie kann weiß, rötlich, braun oder schwarz sein. Manche Rassen besitzen an diesen Körperteilen eine dunkle Sprenkelung oder Scheckung auf weißem Untergrund. Üblicherweise sind alle behaarten Körperteile einheitlich gefärbt. Als Ausnahme sei das Rhönschaf erwähnt, bei dem der Kopf braun, die Beine jedoch weiß sind.

Als weitere Kriterien zur Festlegung der Rasse können Ohrstellung und Form des Nasenrückens dienen. Ein Schema zur Bestimmung für die in den deutschsprachigen Ländern gehaltenen Schafrassen bietet die Tabelle 10 „Schafzuchtbestand“.

Bei Ziegen kann der Hornbesitz zur Einteilung der Rassen dienen, jedoch mit zwei Einschränkungen: 1. Auch Ziegen werden gelegentlich enthornt. 2. Es wird bei manchen bisher hornlosen Rassen wegen der hiermit oft gekoppelten Fruchtbarkeitsstörungen wieder mehr auf Hornbesitz gezüchtet. Als weitere rassetypische Merkmale gelten: Form des Nasenrückens, Ohrlänge, Rahmen sowie Länge der Körperbehaarung.

Schweine können zunächst nach Typ und Rahmen unterteilt werden. Man unterscheidet den früher bevorzugten Fettschweintyp und das moderne Fleischschwein. Getrennt zu behandeln sind die ostasiatischen und die als Versuchstiere gezüchteten Rassen. Sie sind wegen ihrer geringen Größe leicht zu erkennen.

–Fettschweine sind meist großrahmig, mittellang, haben eine tiefe Brust und einen voluminösen Bauch. Ihre Bemuskelung ist nicht auffallend.

–Fleischschweine sind lang mit geringer Rumpftiefe. Schinken und Schultern sind betont.

Bei der Rassebestimmung ist die Färbung ein wesentliches Hilfsmerkmal. Es gibt einfarbige Rassen, und zwar weiße, rote, braune und schwarze. Manche Rassen sind weitgehend einfarbig, besitzen jedoch einige weiße Abzeichen (Berkshire). Weitere Rassen sind schwarzgescheckt, wobei der Untergrund weiß, grau oder rötlich sein kann. Als Sondergruppe sind gegürtelte Schweine anzusehen, bei denen ein heller Gürtel die Körpermitte umgibt. Die pigmentierten Körperpartien können schwarz oder rotbraun sein.

Beim Pferd kann die Farbe nur sehr bedingt zur Bestimmung einer Rasse herangezogen werden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Nutztierarten ist die Rassezugehörigkeit meist nicht an eine Farbe gebunden. Ausnahmen sind selten (zum Beispiel Lipizzaner und Friesen), wobei jedoch auch dort gelegentlich abweichende Farben vorkommen. Die meisten Zuchtverbände lassen alle Grundfarben zu, wobei auch weiße Abzeichen vorkommen dürfen. Schecken sind jedoch ausgeschlossen. Abgesehen von solchen Rassen, für die sie unabdingbare Voraussetzung ist, kommt Scheckung bewusst und gezielt gezüchtet nur selten neben anderen Farbvarianten innerhalb einer Rasse vor (zum Beispiel beim Noriker).

Pferderassen variieren außerordentlich in der Größe, sodass auch dieses Merkmal zur Rassebestimmung herangezogen werden kann. Bis zu einer Widerristhöhe von 147,3 cm gelten sie als Ponys, darüber als Großpferde. Gegen ein solche Einstufung wehren sich allerdings manche Pferdebesitzer vehement. Nach dem angegebenen Maß ist beispielsweise das isländische Pferd ein Pony. Für die Pferdehalter Islands sind Ponys aber nur sehr kleine Pferde mit kurzen Beinen und dickem Bauch wie das Shetland-Pony. Der Isländer ist nach ihrer Einschätzung eindeutig ein Pferd.

Weitere rassetypische Ausprägungen von Körperteilen sind

Kopfform:–gestreckt (gerade Nasenprofillinie)–gestaucht (eingedellte Nasenlinie)Ohrstellung:–Stehohren–Schlappohren

Mit diesem Maß ist zwar die Rassengruppe bestimmt, allerdings nicht die Rasse selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass manche Rassen im Mittel nahe diesem Grenzwert liegen, sodass einzelne Individuen als Ponys, andere als Großpferde eingestuft werden müssen (zum Beispiel Welsh-Cob). Viele Ponys sind nicht nur klein, sondern entsprechen auch im Typ dieser Rassengruppe: sie sind gedrungen, muskulös, dickbäuchig und relativ kurzbeinig. Andere Ponyrassen entsprechen in ihren Proportionen weitgehend Großpferden. Unter den Großpferden lassen sich die Kaltblüter von den anderen Rassen gut abtrennen. Kaltblüter haben kräftige Knochen, sind muskulös und besitzen einen relativ schweren Kopf. Bei manchen Rassen kommt die außerordentliche Größe hinzu. Vor allem besitzen Kaltblüter eine „gespaltene Kruppe“, das heißt, die am Becken ansetzende Muskulatur überragt beiderseits das Kreuzbein, sowie eine quadratische Körperform: die Rückenhöhe entspricht dem Abstand der Hinter- von den Vorderbeinen. Nach diesem Kriterium ist also der Friese ein schweres Warmblut, der Freiberger ein leichtes Kaltblut. Die übrigen Großpferderassen sind durch Typ und Rahmen sowie unter anderem durch Nasenlinie, Körperbau, Haarbeschaffenheit und relative Beinlänge charakterisiert. Die Körperform des Warmbluts entspricht einem quergestellten, die des Vollbluts einem hochgestellten Rechteck.