Öffne mir dein Herz - Marie Force - E-Book
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Öffne mir dein Herz E-Book

Marie Force

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Beschreibung

›Öffne mir dein Herz‹ von Marie Force ist der sechste Band der Bestseller-Reihe ›Lost in Love – Die Green-Mountain-Serie‹ und zugleich ein in sich abgeschlossener, romantischer und knisternder Liebesroman. Charley Abbott stürzt beim Lauftraining einen Berghang hinunter. Was beinahe das Ende bedeutet hätte, wird zum Anfang von etwas Besonderem, denn Charleys Retter Tyler kümmert sich hingebungsvoll um sie. Dabei hat sich Charley doch geschworen, ihr Herz nie wieder an einen Mann zu verlieren … Wäre doch bloß die Wette nicht gewesen! Als Charley Abbott in den Bergen von Vermont einen Hang hinunterstürzt, verflucht sie ihren Dickschädel. Ausgerechnet von Tyler hat sie sich trotz schlechten Wetters zu einem Wettlauf den Berg hinauf herausfordern lassen. Tylers Herz hingegen bleibt fast stehen, als er die Liebe seines Lebens fallen sieht. Obwohl sie ihn schon oft abgewiesen hat, sieht er hinter ihrer kratzbürstigen Fassade eine liebevolle und verletzliche Frau, die ihn nicht mehr loslässt. Dank Tylers schneller Reaktion kommt Charley mit einer Beinverletzung davon, aber das Gehen bereitet ihr Probleme. Im Krankenhaus weicht Tyler ihr nicht von der Seite und Charley wird nachdenklich. Hat sie ihn vielleicht falsch eingeschätzt? Als Tyler sein Haus für die Zeit ihrer Erholung anbietet, steht Charley vor einem Dilemma. Soll sie diesem Vorschlag zustimmen? Schließlich ist da dieses Prickeln zwischen ihnen – und genau das wollte sie doch nie wieder zulassen … Lass dich entführen ... ... in die unberührte Natur Vermonts, ... in eine idyllische Kleinstadt, ... in eine Großfamilie, die glücklich macht, ... und finde die ganz große Liebe! Die ›Lost in Love – Die Green-Mountain-Serie‹ Band 1: Alles, was du suchst Band 2: Kein Tag ohne dich Band 3: Mein Herz gehört dir Band 4: Schenk mir deine Träume Band 5: Sehnsucht nach dir Band 6: Öffne mir dein Herz Die Kurzgeschichten zu: Die ›Lost in Love – Die Green-Mountain-Serie‹ Kurzgeschichte 1: Endlich zu dir Kurzgeschichte 2: Ein Picknick zu zweit Kurzgeschichte 3: Ein Ausflug ins Glück Kurzgeschichte 4: Der Takt unserer Herzen Kurzgeschichte 5: Ein Fest für alle

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Seitenzahl: 502

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MarieForce

Öffne mir dein Herz

Die Lost in Love - Die Green-Mountain-Serie 6

 

Aus dem Amerikanischen von Tanja Hamer

 

Über dieses Buch

 

 

Wäre doch bloß die Wette nicht gewesen! Als Charley Abbott in den Bergen von Vermont einen Hang hinunterstürzt, verflucht sie ihren Dickschädel. Ausgerechnet von Tyler hat sie sich trotz schlechten Wetters zu einem Wettlauf den Berg hinauf herausfordern lassen. Tylers Herz hingegen bleibt fast stehen, als er die Liebe seines Lebens fallen sieht. Obwohl sie ihn schon oft abgewiesen hat, sieht er hinter ihrer kratzbürstigen Fassade eine liebevolle und verletzliche Frau, die ihn nicht mehr loslässt.

Dank Tylers schneller Reaktion kommt Charley mit einer Beinverletzung davon, aber das Gehen bereitet ihr Probleme. Im Krankenhaus weicht Tyler ihr nicht von der Seite, und Charley wird nachdenklich. Hat sie ihn vielleicht falsch eingeschätzt? Tyler bietet ihr sein Haus zur Erholung an. Soll sie diesem Vorschlag zustimmen? Schließlich ist da dieses Prickeln zwischen ihnen – und genau das wollte sie doch nie wieder zulassen …

 

Die ›Lost in Love – Die Green-Mountain-Serie:

Band 1: Alles, was du suchst

Band 2: Kein Tag ohne dich

Band 3: Mein Herz gehört dir

Band 4: Schenk mir deine Träume

Band 5: Sehnsucht nach dir

Band 6: Öffne mir dein Herz

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Als Marie Force Urlaub in Vermont, USA, machte, spürte sie sofort, dass diese wunderschöne, unberührte Landschaft die perfekte Kulisse für unwiderstehlichen Lesestoff bietet. Auf der Suche nach Souvenirs entdeckte sie in einer idyllischen Kleinstadt den Green Mountain Country Store und lernte dessen Besitzer kennen: eine moderne und sympathische Familie, die mit großer Freude heimische Produkte verkauft. Und schon sah Marie Force das Setting für die Romane vor sich. Fehlt nur noch die Liebe … aber die findet sich in Butler, dem fiktiven Städtchen in dieser Serie, zum Glück an jeder Ecke.

Marie Force lebt mit ihrer Familie in Rhode Island, USA, sie ist New-York-Times- und SPIEGEL-Bestsellerautorin, und allein in den USA verkauften sich ihre Bücher über 4 Millionen Mal.

Inhalt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

Epilog

Danksagung

Leseprobe Band 7

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

Lost in Love - Die Green-Mountain-Serie

1

Riskant zu leben bedeutet, von einer Klippe zu springen und sich erst auf dem Weg nach unten Flügel zu bauen.

Ray Bradbury

Das ist wahrscheinlich das mit Abstand Dümmste, das ich je getan habe, dachte Charley Abbot, als sie einen steilen Bergpfad hochjoggte, der mit Schnee und Eis bedeckt war. Doch Gott bewahre, sie würde auf keinen Fall vor einer direkten Herausforderung ihres Erzfeindes zurückschrecken. Besagter Erzfeind trabte fröhlich neben ihr her, wich geschickt Hindernissen auf dem unbefestigten Weg aus und atmete kaum schneller als normal, während sie kurz davor war, vor Erschöpfung und Kälte zusammenzubrechen. Außerdem war ihr Gesicht taub, und sie nahm an, dass es von gefrorenem Rotz bedeckt war. Aber Aufgeben war keine Option, also schleppte sie sich weiter den Berg hinauf durch den Schnee, wild entschlossen, es durchzuziehen, und wenn es das Letzte war, das sie tat.

Wie er sie angeschaut hatte, als er sagte: »Wenn es zu viel für dich ist, kann ich auch allein laufen gehen. Eine Woche ohne Training wird dich schon nicht zurückwerfen.« Wie ein Stier, dem das rote Tuch vor der Nase geschwenkt wurde, hatte Charley die Herausforderung angenommen. Und jetzt rannte sie diesen vereisten Berg hoch, ohne ein Ende in Sicht. Sie war sich sicher, dass ihre Lunge explodieren würde oder ihr die Beine abfallen würden, lang bevor sie den Gipfel erreichte. Vom Abstieg ganz zu schweigen … Immer schön eins nach dem anderen, Charley.

Wessen bescheuerte Idee war es eigentlich gewesen, für den Marathon zu trainieren? Während sie sich durch die eisige Kälte kämpfte, die alle anderen Mitglieder ihres Lauftreffs heute vom Training abgehalten hatte – außer ihm natürlich –, fiel ihr kein einziger Grund mehr ein, weshalb sie überhaupt einen Marathon laufen wollte. Das war ein dummes, lächerliches und vor allem schmerzhaftes Ziel. Doch Charley war nicht dafür bekannt, den einfachen Weg zu wählen, also hatte sie sich dazu entschieden, was eben auch bedeutete, bei solchem Wetter zu trainieren.

Bei Tyler Westcott sah das Ganze viel zu einfach aus. Noch eine Sache mehr, die es an diesem Mann zu hassen gab, der sie mit seinem beharrlichen Umwerben in den Wahnsinn trieb, obwohl sie null Interesse an ihm hatte. Sicher, er war gutaussehend und fit, und er schien einen ordentlichen Job zu haben, zumindest ließ das sein teurer Range Rover vermuten – und die stylischen Klamotten und überhaupt sein selbstbewusstes Auftreten. Nur leider beeindruckte das diese Frau kein bisschen, die sich schon quer durch Butler, Vermont, gedatet und an jedem Mann einen größeren oder kleineren Fehler gefunden hatte.

Wieso Tyler dachte, bei ihm wäre das anders, war ihr ein Rätsel – genau wie die Frage, wie sie es je auf diesen Berg schaffen sollte. Gerade hatte sie festgestellt, dass sie kaum noch blinzeln konnte, weil ihre Augenlider eingefroren waren. Charley beschloss, dass es genug war. Selbst, wenn sie dann wie eine Verliererin dastehen würde; sie musste diesem Höllen-Work-out ein Ende setzen.

Als sie den Mund aufmachen wollte, um ihr Aufgeben zu verkünden, brach plötzlich der Boden unter ihren Füßen weg. Sie schrie auf, als sie einen steilen Hang hinabrutschte, gegen Baumstämme und Felsen krachte, ehe sie schließlich liegen blieb, ihr rechtes Bein in einem unnatürlichen, schmerzhaften Winkel verdreht. Mühsam versuchte sie zu atmen. Alles tat ihr weh.

Aus der Ferne hörte sie, wie Tyler nach ihr rief, doch sie konnte nicht antworten, da sie kaum Luft bekam.

»Charley, o mein Gott! Sag etwas oder tu irgendwas, damit ich weiß, dass du am Leben bist.«

Schwach hob sie den Arm.

»Gott sei Dank. Ich hole Hilfe. Ich bin, so schnell es geht, wieder da. Hast du mich verstanden?«

Sie hob wieder den Arm.

»Es wird alles wieder gut. Ich verspreche es. Halt durch, bis ich wieder da bin.«

Charley winkte, in der Hoffnung, er würde sich beeilen. Sie zitterte so stark, dass ihre Zähne heftig klapperten, doch seltsamerweise spürte sie die Kälte nicht. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was ihre Brüder, die ausgebildete Rettungssanitäter waren, ihr über Schock und Überleben in der Kälte beigebracht hatten. Dummerweise stellte sie sich sofort das Worst-Case-Szenario vor. Was, wenn Tyler auf dem Rückweg stürzte und sich auch verletzte? Oder wenn er die Stelle nicht mehr fand, an der sie abgerutscht war? Was passierte dann? Wurde es bereits dunkel, oder war mit ihren Augen auch was kaputt?

Das unkontrollierbare Zittern und der Schmerz in ihrem Knie waren so stark, dass sie kaum denken konnte. Das war nicht gut. Sie saß ordentlich in der Klemme. Und ihr Leben hing von einem Mann ab, den sie schon so oft abgewiesen hatte, dass sein immer noch sehr gesundes Selbstbewusstsein mehr als verwunderlich war. Sie hätte über die Ironie der Situation gelacht, wäre da nicht dieser unerträgliche Schmerz in ihrem Knie.

Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie drehte schnell den Kopf, weil sie sich erbrechen musste. Dabei bemerkte sie Blutflecken im Schnee. War das etwa ein Zeichen für innere Blutungen?

Charley hatte keine Ahnung, wie lang sie zitternd und sich immer wieder übergebend im Schnee lag. Sie merkte, wie die Bewusstlosigkeit nach ihr griff, doch der starke Schmerz riss sie immer wieder zurück aus der erlösenden Ohnmacht.

Es hätten Stunden oder Tage gewesen sein können, ehe sie Geräusche oberhalb des Abhangs vernahm. Kurz darauf hörte sie Tylers verzweifelte Stimme: »Charley! Ich habe Hilfe mitgebracht. Wir kommen jetzt zu dir runter. Halte noch ein bisschen durch.«

Sie schaffte es nicht, einen Arm zu heben, um ihm zu sagen, dass sie ihn gehört hatte, weshalb sie sich gleich schlecht fühlte. In den Tiefen ihres schwindenden Bewusstseins wusste sie, dass er völlig panisch sein musste, und es tat ihr leid, dass sie ihm einen solchen Schrecken eingejagt hatte. Er war vielleicht nicht der richtige Mann für sie, aber er war nett und machte sich Sorgen.

Plötzlich hörte sie ihre Brüder Landon und Lucas über sich, die jemandem Befehle gaben und offenbar näher kamen. Mit letzter Kraft drehte sie den Kopf und erblickte die beiden, die sich an Seilen zu ihr runterließen. Oben auf dem Weg stritt sich Tyler mit jemandem, der offenbar nicht zulassen wollte, dass er sich ebenfalls abseilte.

»Charley, Süße«, sagte Lucas, als er bei ihr ankam. »Rede mit mir.«

»Hey«, krächzte sie.

»Wo tut es weh.«

»Überall.«

»Kannst du alles bewegen?«

Sie brachte ihre Finger und Zehen dazu, etwas zu wackeln. »Ja.«

Landon tauchte auf ihrer anderen Seite auf. »Das war ein Mordsabsturz, den du da hingelegt hast, Schwesterchen. Auf dich ist Verlass, du machst keine halben Sachen.«

»Mmmh, tut weh.«

»Ich weiß. Wir geben dir gleich etwas dagegen. Halt durch.«

Das, was folgte, erlebte Charley wie durch einen Nebel aus Schmerz. Plötzlich waren da noch andere Leute, die sie auf ein Spineboard schnallten und auf eine Trage legten, mit der Charley den Abhang wieder hochgezogen wurde. Nach unten war es wesentlich schneller gegangen.

Landon hatte ihr eine Spritze gegen die Schmerzen gegeben, so dass sie zwischen Bewusstsein und Dunkelheit schwebte. Nichts erschien ihr real, außer Tylers besorgtem Gesichtsausdruck, als er neben der Trage herlief und ihre Hand hielt, während die Sanitäter sie den Berg hinabtransportierten. Es schneite unablässig.

Charley wollte Tyler am liebsten abschütteln und ihm sagen, dass er ihre Hand nicht halten brauchte, doch irgendwie drang der Befehl nicht von ihrem Gehirn zu ihrer Hand durch. Also ertrug sie seine Zuwendung, die sie nie gewollt hatte. Da fiel ihr auf, dass er ihr das Leben gerettet hatte, und sie vielleicht etwas nachsichtiger mit ihm sein sollte. Das hatte sie vor, sobald diese schrecklichen Schmerzen nachgelassen hätten.

Der Tross bewegte sich langsam den verschneiten Pfad hinab, und Charley zuckte bei jedem Holpern vor Schmerz zusammen. Das Schlimmste war ihr Knie, das jetzt geschient und in Eis gepackt war, als ob sie noch mehr Kühlung gebrauchen könnte. Ihre Zähne klapperten immer noch, und sie zitterte unkontrollierbar.

Zu ihrem Glück verlor sie irgendwann das Bewusstsein und kam erst wieder zu sich, als ihre Brüder und ein paar andere Feuerwehrmänner sie in den Krankenwagen hoben. Im Hintergrund hörte sie, wie Tyler mit jemandem diskutierte, weil er sie ins Krankenhaus begleiten wollte.

»Lasst ihn mit rein«, sagte Landon, der offenbar mehr zu sagen hatte, weil er ihr Bruder war und wusste, was für sie das Beste war. Er konnte nicht ahnen, dass sie Tylers unangebrachte Zuneigung nicht unterstützen wollte. Und mit der Sauerstoffmaske auf ihrem Gesicht war es ihr gerade nicht möglich, Landon über ihre nicht vorhandene »Beziehung« zu Tyler aufzuklären.

Der Mann, um den es ging, saß inzwischen auf der Bank an der anderen Seite des Krankenwagens. Sie schielte zu ihm rüber und erschrak bei seinem Anblick. Er war sonst immer so extrem aufgeräumt und perfekt, was zu den Dingen zählte, die sie nicht an ihm mochte. Normalerweise zog er sich schicker an und roch besser als die meisten Frauen, die sie kannte. In dieser Hinsicht war er wie ihr Bruder Hunter, und es wäre doch seltsam, mit einem Mann auszugehen, der sie an ihren älteren Bruder erinnerte.

Im Moment war von seiner perfekten Fassade jedoch nicht mehr viel übrig. Er wirkte erschöpft, als stünde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Er hielt sich die Hand über den Mund und starrte sie an, während ihre Brüder sich auf dem Weg zum Krankenhaus um sie kümmerten. Sie dankte Gott, dass sie ihr dazu nicht die Kleidung ausziehen mussten.

Sie legten ihr einen Zugang, um ihr eine Infusion zu geben, und sie wimmerte, als die Nadel ihre Haut durchstach.

Sofort war Tyler neben ihr, strich ihr die Haare aus der Stirn und wischte ihr mit einem Taschentuch die Tränen weg. »Du wirst wieder gesund, Charley. Ich weiß, es tut gerade sehr weh, aber die Ärzte werden dich hinbekommen. Und ehe du dich versiehst, bist du wieder dein altes kratzbürstiges Selbst.«

»Ja, lasst uns die Pause genießen, so lange sie währt«, fügte Lucas hinzu, was ihr ein Lächeln abrang. Wenn er noch zu Scherzen aufgelegt war, bedeutete das bestimmt, dass ihre Situation nicht ganz so dramatisch war, wie sie befürchtet hatte.

»Mal im Ernst«, sagte Landon. »Jetzt reicht es mit älteren Geschwistern, die irgendwo runterfallen, oder?«

Sein Kommentar bezog sich auf den schlimmen Unfall, den Hunter im Herbst gehabt hatte, als er beim Klettern abgestürzt war. Er hatte sich etwas gebrochen. Charley konnte sich gerade nicht erinnern, was es gewesen war, weil sie von den Schmerzmitteln, die sie erhalten hatte, so betäubt war. Tatsächlich hatten die Schmerzen ein wenig nachgelassen, und die Heizdecke, in die sie Charley eingewickelt hatten, war die beste Erfindung seit Sex. Auf das Brennen in ihren gefrorenen Händen und Füßen, durch die das Blut wieder zu zirkulieren begann, hätte sie allerdings getrost verzichten können.

Als sie in der Notaufnahme ankamen, ging alles sehr schnell. Ihre Brüder und Tyler verschwanden aus ihrem Sichtfeld, und sie fragte sich, ob es Tyler gutging, nachdem er so viel Zeit in der eisigen Kälte verbracht hatte. Kümmerte sich auch jemand um ihn? Aber ihre Zunge war zu schwer, um zu sprechen. Sie fühlte sich an, als wäre sie zu groß für ihren Mund.

Die Ärzte und Krankenschwestern befreiten Charley schnell aus ihren Kleidern, um ihre Verletzungen zu untersuchen und die Schürfwunden und Schnitte zu reinigen und zu versorgen. Sie nahm alles wie in Trance und nur undeutlich wahr, bis jemand versuchte, ihr Knie zu bewegen, und sie sich schreien hörte, als wäre sie im Nachbarraum und würde die Behandlung einer anderen Person mitbekommen.

Dann umfing sie gnädige Dunkelheit und verschaffte ihr endlich Erleichterung.

»Ich habe sie schreien gehört«, sagte Tyler zu der Krankenschwester, deren einziger Job daraus zu bestehen schien, ihn von Charley fernzuhalten. »Sie müssen mich zu ihr lassen. Sie braucht doch vertraute Gesichter.«

»Hey, Kumpel«, sagte Lucas und fasste ihn am Arm. »Sie lassen nicht einmal uns nach hinten, und wir sind ihre Brüder. Entspann dich. Sie benachrichtigen uns schon, wenn es etwas Neues gibt.«

»Die Tatsache, dass sie schreit, ist eigentlich ein gutes Zeichen«, meinte Landon. »Das bedeutet, dass sie wach ist.«

»Das bedeutet, dass sie Schmerzen hat«, erwiderte Tyler durch zusammengepresste Zähne.

»Hast du Mom und Dad erreicht?«, fragte Lucas seinen Bruder.

Landon schüttelte den Kopf. »Ich habe es über die Fluggesellschaft versucht, aber sie konnten nichts tun. Die Passagiere waren bereits an Bord gegangen.«

»Wo fliegen sie denn hin?«, fragte Tyler.

»Nach London«, antwortete Lucas. »Sie haben die Reise schon seit einem Jahr geplant. Heute Morgen sollten sie von Boston abfliegen.«

»Vielleicht besser so«, sagte Landon. »Sie hätten jetzt sowieso nichts für sie tun können, was wir nicht auch tun können.«

»Mom würde sofort umdrehen und nach Hause kommen wollen, wenn sie davon erfährt.«

Während Tyler ihnen mit halbem Ohr zuhörte, überlegte er sich, wie er weiter vorgehen konnte. Er würde alles besorgen, was Charley brauchte, und jemand für die Krankengymnastik bestellen, der zu ihm nach Hause kommen würde – denn dorthin würde er sie bringen, da seine Wohnung ebenerdig und geräumig war, so dass sie sich in einem Rollstuhl oder auf Krücken gut darin bewegen könnte. Er würde sich um sie kümmern. Immerhin war es seine Schuld; er hatte sie dazu gebracht, dort laufen zu gehen, obwohl das Wetter so mies war. Der Berglauf war seine Idee gewesen. Ehrlich gesagt, hatte er nicht damit gerechnet, dass sie auf die Herausforderung eingehen würde, die er ihr gestellt hatte, als sie die beiden Einzigen waren, die zu ihrem wöchentlichen Lauftreff erschienen waren.

Als sie ihm ihren typischen, sturen Blick zugeworfen hatte und losgelaufen war, hatte er keine andere Wahl gehabt, als ihr den Butler Mountain hinauf zu folgen, wobei er selbst genauso an seine Grenzen gestoßen war wie sie. Und dann war sie auf einmal den Berg hinab verschwunden, was wohl der schlimmste Moment seines Lebens gewesen war. Er war sich sicher gewesen, dass sie tot sein müsste nach einem solchen Absturz, bis sie den Arm gehoben hatte, um ihn wissen zu lassen, dass sie am Leben war. Aber sie war verletzt – ziemlich schwer, der Reaktion ihrer Brüder zufolge, als sie Charley am Fuß des Abhangs erblickt hatten.

»Tyler, du solltest dich von einem Arzt untersuchen lassen, um sicherzugehen, dass du keine Frostbeulen oder sonstige Verletzungen davongetragen hast«, sagte Landon. »Du warst ganz schön lang da draußen.«

Er hatte vierzig Minuten zurück zu seinem Auto gebraucht, in dem er sein Handy hatte liegenlassen, aber es hatte sich mehr wie vierzig Stunden angefühlt. Der Gedanke daran, dass Charley allein und verletzt am Fuß des steilen Abhangs lag, hatte ihn angetrieben, schneller zu laufen als je zuvor und dabei seine eigene Sicherheit zu riskieren, als er den vereisten Pfad hinabgerannt war und Schmerz und Kälte ignorierte, um möglichst schnell Hilfe zu holen. Während der endlosen Zeit, die er auf die Ankunft der Bergretter wartete, und dem folgenden Aufstieg zur Unglücksstelle, hatte er nur einen Gedanken: Was, wenn sie jetzt starb, ohne je zu erfahren, dass er verrückt nach ihr war? Wie sollte er weiterleben, wenn er ihr das nie gesagt hatte? Von jetzt an würde alles anders sein. Er würde dafür sorgen, dass sie wusste, was er für sie empfand, selbst wenn sie die Gefühle nicht erwiderte.

Er schritt im Besucherbereich auf und ab und wartete auf die erlösende Botschaft, dass sie wieder gesund werden würde.

Ella Abbott kam den Gang entlanggelaufen, gefolgt von ihrem Verlobten Gavin Guthrie. »Landon! Wo ist sie? Was haben sie gesagt?«

»Hey, El.« Landon umarmte sie, und Lucas tat es ihm nach. »Wir haben noch nichts gehört, aber sie war wach und bei Bewusstsein, als wir bei ihr angekommen sind, das ist schon mal ein gutes Zeichen.«

»Mom und Dad …«

»Wir haben die Fluggesellschaft angerufen«, erklärte Lucas, »aber sie waren schon weg.«

Gavin legte Ella die Hand auf die Schulter, um ihr Trost zu spenden, während Tyler weiter nervös auf und ab ging.

»Tyler war der Held des Tages – er ist zurückgelaufen, um uns anzurufen, und hat uns dann zu ihr geführt«, sagte Landon.

»Nenn mich ja nicht den Helden«, entgegnete Tyler härter, als er es geplant hatte. »Es ist meine Schuld, dass sie überhaupt dort oben war.«

2

Das größte Risiko ist, keines einzugehen. In einer sich so schnell verändernden Welt wie unserer wird jeder versagen, der nicht bereit ist, Risiken einzugehen.

Mark Zuckerberg

So musste es sich anfühlen, verrückt zu werden. Tyler war noch nie so nervös gewesen wie jetzt, da er auf Nachricht über Charleys Zustand wartete. Dabei hatte er offiziell gar kein Recht, so nervös zu sein – noch nicht. Charleys Geschwister hatten ihm nicht erlaubt, sich die Schuld zu geben, doch er tat es trotzdem. Er musste irgendwas unternehmen, um es wiedergutzumachen, weshalb er seine Mutter anrief, die ihn schon vor längerer Zeit durchschaut hatte, was seine Gefühle für Charley anging. Seine Freunde und die übrige Familie hatten erst etwas später von seiner »Schwärmerei« Wind bekommen, oder wie auch immer man es nennen möchte, und ab da musste er ihre Neckereien über sich ergehen lassen, weil er immer wieder bei Charley abblitzte. Sie hatten ihn schon alles genannt, von einem Masochisten bis zu einem Dummkopf, und doch probierte er es immer wieder.

»Hallo, mein Liebling«, grüßte ihn seine Mutter Vivienne. »Dieser Schnee ist doch unglaublich, oder?«

»Mom, ich muss dich um einen Gefallen bitten.«

»Klar, was auch immer du brauchst.«

Er erzählte ihr von seinem Lauftraining mit Charley und wie sie den Abhang hinabgestürzt war.

»O mein Gott! Ist sie schwer verletzt?«

»Wir warten noch auf Nachricht von den Ärzten, aber sie war wach und konnte mit den Sanitätern sprechen.«

»Das ist ein gutes Zeichen.«

Tyler hatte gehofft, dass sie das sagen würde. Sie hatte als Krankenschwester für einen ambulanten Pflegedienst gearbeitet, bis sie in Rente gegangen war. Jetzt arbeitete sie Teilzeit im Green-Mountain-Country-Store, der Charleys Familie gehörte, um noch etwas zu tun zu haben. Sie liebte den Job und die Abbotts. »Hast du noch Bekannte beim Pflegedienst?«

»Na klar.«

»Kannst du dort anrufen und ein paar Dinge für mich besorgen?« Er gab ihr durch, was er glaubte, für die Pflege im Haus zu brauchen. »Du hast meine Karte. Kauf alles, was du für nötig hältst.«

»Ich bin mir sicher, dass ihre Versicherung dafür aufkommt.«

»Das ist jetzt erst mal nicht so wichtig.«

»Tyler …« So, wie sie seinen Namen sagte, wusste er, dass ihm eine mütterliche Standpauke bevorstand. »Was ist mit ihrer Familie? Werden nicht sie sich um ihre Pflege kümmern wollen?«

»Ihre Eltern sind in England im Urlaub, und ihre Geschwister arbeiten wegen der Ferien wie verrückt im Laden und auf der Weihnachtsbaumplantage. Es ist meine Schuld, dass sie überhaupt bei so einem Wetter auf dem Berg war. Das ist das mindeste, was ich tun kann, um es wiedergutzumachen.«

»Es ist nicht deine Schuld, dass sie abgestürzt ist.«

»Besorgst du die Sachen für mich?«

»Ja, natürlich.« Sie seufzte. »Aber pass auf, dass du niemandem auf die Füße trittst, okay? Wenn du die Familie gegen dich aufbringst, wirst du keine Chance mehr haben, sie für dich zu gewinnen. Die Abbotts halten zusammen.«

»Das weiß ich, und ich habe nicht vor, jemanden gegen mich aufzubringen. Ich fühle mich verantwortlich für das, was passiert ist, und will jetzt einfach alles richtig machen.« In dem Moment schwang die Tür zu den Behandlungsräumen auf, und zwei Ärzte kamen heraus. Sie trugen Handschuhe, die mit Blut befleckt waren. Charleys Blut? Bei dem Gedanken wurde Tyler schlecht. »Ich muss auflegen, Mom. Die Ärzte sind gerade herausgekommen.«

»Halt mich auf dem Laufenden.«

»Mache ich.«

»Charlotte Abbotts Familie?«, fragte einer der Ärzte.

Ella, Gavin, Lucas und Landon eilten auf die Ärzte zu. Tyler folgte ihnen. Er hatte nicht vor, darauf zu warten, die Information aus zweiter Hand zu bekommen.

»Ihre Schwester ist stabil und reagiert gut auf die Behandlung«, erklärte der zweite Arzt. »Sie ist jetzt beim Röntgen, weil wir uns ihr Knie und ihren Kopf genauer ansehen wollen. Danach werden wir mehr wissen.«

»Glauben Sie, sie hat eine Kopfverletzung?«, fragte Landon.

»Nein, aber wir können es erst nach der Untersuchung sicher ausschließen. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings groß, dass ihr Knie operiert werden muss.«

Als Tyler das hörte, atmete er ein paarmal tief durch, weil vor seinen Augen Punkte zu tanzen begannen.

Gavin bemerkte offenbar seinen Zustand und schob ihn auf einen Stuhl. »Atme«, wies er ihn an und drückte Tylers Kopf nach unten zwischen die Knie.

Tyler tat wie geheißen, doch seine Lunge schien keinen Sauerstoff aufnehmen zu wollen. Nach ein paar Minuten hörte das Drehen in seinem Kopf endlich auf.

»Wir sollten ihn untersuchen«, sagte der eine Arzt zum anderen.

»Nein, mir geht es gut«, widersprach Tyler.

»Du warst stundenlang der Kälte ausgesetzt«, wandte Lucas ein. »Lass sie dich untersuchen, Tyler.«

»Sagt ihr mir Bescheid, wenn es was Neues von Charley gibt?«

»Ja, wir halten dich auf dem Laufenden«, sagte Landon.

Weil es das Beste war, das er hören konnte, erlaubte Tyler den Ärzten, ihn zu einem Untersuchungsraum zu führen, wo sie ihn in ein Bett legten und an alle möglichen Monitore anschlossen und ihm eine Infusion gaben, um seinen Elektrolythaushalt wieder auszugleichen. Tyler versuchte, wach zu bleiben, doch sie mussten irgendetwas in die Infusion getan haben, das ihn müde machte. Er würde nur kurz ein Nickerchen machen und sich dann sofort wieder darum kümmern, dass Charley alles hatte, was sie brauchte – inklusive ihn.

Charley erwachte zu Dunkelheit und Schmerz. Alles tat ihr weh. Sie stöhnte auf, was um sie herum hektische Aktivität auslöste. Mühsam zwang sie sich, die Augen zu öffnen, und erblickte Ella, Gavin und ihren Bruder Wade, die besorgt auf sie hinabschauten. Wo war sie, und wieso tat ihr alles so weh?

»Sie hat Schmerzen«, sagte Gavin. »Drück auf den Knopf.«

Ella tat etwas, das ihre Schmerzen sofort linderte. Was auch immer es war, Charley wollte mehr davon.

»Charley«, hörte sie Ellas Stimme. »Mach die Augen auf.«

Charley hätte schwören können, dass sie das bereits getan hatte. Sie konzentrierte sich, die Augenlider zu heben, die ihr viel zu schwer erschienen.

»Erinnerst du dich, warum du hier bist?«, fragte Ella.

»Irgendetwas mit einem Absturz …«

»Genau.« Ihre Schwester seufzte erleichtert auf. »Die gute Nachricht ist, dass du keine Kopfverletzung hast, und die einzige schwerwiegende Verletzung ist in deinem Knie. Du hattest ziemliches Glück.«

»Was ist mit meinem Knie?«

»Kreuzband und Innenband sind gerissen. Das hast du dir ordentlich zerlegt. Sie haben dich die letzten Stunden operiert, um es zu reparieren. Deshalb bist du noch so benommen.«

Plötzlich fiel ihr alles wieder ein – das Marathontraining, Tyler Westcott und seine dämliche Herausforderung, der Lauf im Schnee, wie der Boden unter ihren Füßen wegbrach, das lange Warten auf Hilfe, der holprige Weg nach unten, die Fahrt im Krankenwagen – und wieder Tyler, der unbedingt zu ihr wollte.

»Ich war gerade unten bei Tyler«, erzählte Wade. »Sie haben ihn stationär aufgenommen.«

»Warum?« Charleys Zunge fühlte sich immer noch zu groß für ihren Mund an und wollte ihr nicht recht gehorchen.

»Er wird wegen Unterkühlung behandelt. Er war stundenlang in der Kälte unterwegs, um Hilfe zu holen und die Sanitäter zur Unglücksstelle zu führen.«

»Geht es ihm gut?«

»Bis darauf, dass er sauer ist, weil er unten liegen muss, obwohl er lieber hier bei dir sein würde, ja«, antwortete Wade. »Du solltest wissen … Er fühlt sich verantwortlich für deinen Unfall, und er hat vor, sich um dich zu kümmern, wenn du aus dem Krankenhaus entlassen wirst.«

»Nein.«

»Er ist ziemlich entschlossen, Charl.«

Die Vorstellung, von Tyler gepflegt zu werden, versetzte sie in größere Panik als ihr Absturz.

»Die gesamte Abbott-Familie war schon hier, aber sie haben uns nicht alle gleichzeitig zu dir gelassen, also sind die anderen wieder heimgefahren. Sie wollen morgen wiederkommen«, sagte Ella. »Alle machen sich furchtbare Sorgen um dich.«

»Sagt ihnen, dass es mir gutgeht.« Ihre Lider waren so schwer. Sie konnte die Augen nicht aufhalten.

»Willst du, dass wir Mom und Dad anrufen?«, fragte Wade. »Das haben wir bisher nicht getan. Wir wollten abwarten, was du sagst.«

Charley konzentrierte sich mit aller Kraft, um zu antworten. »Nein, ruft sie nicht an. Sie haben sich seit einem Jahr auf diese Reise gefreut. Wir sagen es ihnen, wenn sie wieder hier sind.«

»Dann riskierst du aber gleich wieder Kopf und Kragen, wenn Mom zurückkommt und rausfindet, dass wir es vor ihr geheim gehalten haben«, warnte Ella.

»Ruft sie nicht an«, wiederholte Charley bestimmt. »Und sagt Gramps und Tante Hannah, dass sie es ihnen auch nicht erzählen sollen.«

»Machen wir«, sagte Wade. »Jetzt ruh dich ein wenig aus. Einer von uns wird hierbleiben.«

»Hmm, geht heim. Mir geht’s gut. Kein Grund, mir beim Schlafen zuzusehen.«

Charley gab der übermächtigen Müdigkeit nach, die sie die ganze Zeit bekämpft hatte. Als sie das nächste Mal aufwachte, war das Zimmer immer noch dunkel, und sie sah die Umrisse eines Mannes, der am Fenster stand. Sie konnte nicht ausmachen, ob es Wade oder einer ihrer anderen Brüder war, also räusperte sie sich, um sich bemerkbar zu machen.

Der Mann drehte sich um, und Charley erschrak, als sie Tyler Westcott erkannte.

»Was machst du denn hier?« Ihre Stimme klang heiser. »Ich dachte, du wärst selbst in Behandlung?«

»War ich auch. Also, bin ich.« Er zog einen Infusionsständer hinter seinem Rücken hervor, den er neben sich stellte, als er sich auf den Stuhl an ihrem Bett setzte. »Wie geht es dir?«

»Super. Ging mir nie besser. Und dir?«

»Genauso.«

»Lügner.«

»Selber.« Er seufzte schwer. »Charley, es tut mir sehr leid –«

»Danke für alles, was du da oben getan hast –«

Sie hatten gleichzeitig gesprochen.

»Was tut dir leid?«, fragte sie.

»Ich hätte dich nie zu dem Lauf herausfordern sollen bei diesem Wetter. Es war gefährlich und dumm, und ich wollte dich nur provozieren. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du darauf anspringst. Dabei hätte ich wissen müssen, dass du zu stur bist, um vor einer solchen Herausforderung zurückzuschrecken. Es tut mir so leid, dass du dich verletzt hast.«

»Es ist nicht deine Schuld, dass der Boden unter mir weggebrochen ist. Das hättest du nicht planen können, selbst wenn du mich hättest loswerden wollen.«

»Ich will dich aber nicht loswerden. Das ist das Letzte, was ich will.«

Charley war noch zu benebelt von den Schmerzmitteln, um diese Information richtig zu verarbeiten. »Was höre ich da von irgendwelchen Plänen, die du für die Zeit nach meiner Entlassung schmiedest?«

»Ehe du meinen Vorschlag ablehnst, hör mir bitte erst kurz zu. Ich habe ein ebenerdiges Haus mit jeder Menge Platz. Ich arbeite von zu Hause aus, also bin ich immer da. Deine Familie hat alle Hände voll zu tun mit dem Weihnachtsgeschäft im Country Store oder arbeitet Schicht wie Lucas und Landon, ist außer Landes oder hat Häuser mit Treppen. Du kannst dich schlecht auf Coltons Berg erholen oder bei Hannah, die mit jedem Tag schwangerer wird. Bei mir hättest du dein eigenes Zimmer mit jeder Menge Filmen und eigener Fernbedienung. Ich habe eine Bomben-Internetverbindung, und ich kann kochen. Ich wollte früher mal Koch werden, also ich kann wirklich kochen.«

Charley konnte es nicht fassen, dass sie tatsächlich über sein nettes Angebot nachdachte, aber die Vorstellung, mit ihm zusammenzuwohnen, wo sie es kaum ertrug, mit ihm laufen zu gehen, ließ sie den Kopf schütteln. »Das ist zu viel verlangt. Wir kennen uns doch kaum –«

»Ach, hör auf, Charley. Wir kennen uns wohl. Wir kennen uns seit Jahren. Lass mich das für dich tun. Es ist das mindeste, nachdem ich dich dazu herausgefordert habe, diesen steilen Pfad mit mir hochzulaufen, den keiner von uns bei dem Wetter hätte gehen sollen.«

»Ich wusste das doch genauso gut wie du. Ich hätte auch nein sagen können.«

»Du hast noch nie nein gesagt, wenn ich dich zu etwas herausgefordert habe, weil ich es dir als Schwäche hätte auslegen können oder etwas ähnlich Lächerliches.«

Es war beunruhigend und nervig zugleich, dass er sie so gut einschätzen konnte, wo sie doch am liebsten so tun würde, als würden sie sich gar nicht kennen. Allerdings musste sie zugeben, dass sie ihn so, wie er jetzt war – mitgenommen von ihrem Unfall, verletzlich und verzweifelt darum bemüht, es wiedergutzumachen –, attraktiver fand, als sie es je für möglich gehalten hätte. Sie wollte mehr sehen von diesem Tyler, der nicht immer perfekt war. Und er konnte kochen. Charley liebte gutes Essen, stand aber ungern selbst am Herd.

Was ihre Geschwister anging, hatte er natürlich recht. Sie waren alle mehr als ausgelastet mit der bevorstehenden Feriensaison im Laden, und die meisten hatten Treppen in ihren Häusern, so dass sie sicherlich mit irgendeinem Sofa würde vorliebnehmen müssen – anstatt des gemütlichen Bettes, das Tyler ihr angepriesen hatte. Ihre eigene Wohnung lag im dritten Stock eines alten viktorianischen Hauses, und sie hasste die Vorstellung, für eine Weile nicht dort wohnen zu können. Ihre Geschwister würden einen Aufstand machen, wenn sie zu Tyler ziehen würde, besonders Ella und Hannah, die garantiert selbst für sie sorgen wollten.

»Meine Schwestern werden helfen wollen.«

»Sie können helfen, so viel sie wollen. Ich gebe ihnen gern einen Schlüssel zu meinem Haus.«

»Was, wenn es nicht funktioniert … mit mir bei dir?«

»Ich werde dich nicht ans Bett fesseln, Charley, auch wenn die Vorstellung sehr verlockend ist.«

Was sollte das denn? Und wie war es möglich, dass sie selbst in ihrem benebelten Zustand auf seinen anzüglichen Kommentar reagierte? Plötzlich fielen ihr seine Worte wieder ein, die er vor einem Monat zu ihr gesagt hatte, als sie in der Grange Hall miteinander getanzt hatten. So schnell gebe ich nicht auf, Charlotte, hatte er gesagt. Und übrigens: Ich nehme dir diese kratzbürstige Attitüde nicht ab. Dahinter verbirgt sich nämlich eine richtig spannende Frau, und die würde ich gern kennenlernen.

Damals und all die anderen Male, die er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm ausgehen würde, hatte sie ihn abblitzen lassen, aber jetzt …

»Du wärst mein Gast, nicht meine Gefangene«, sagte er mit leisem Lächeln. »Du könntest kommen und gehen, wie du möchtest.« Er überraschte sie, als er ihre Hand nahm und mit seinen Lippen berührte, was wieder etwas in ihr auslöste, mit dem sie nicht gerechnet hatte. »Ich würde das wirklich gern für dich tun, Charley. Ich finde es furchtbar, dass du dich wegen mir verletzt hast. Lass mich dir helfen, wieder auf die Beine zu kommen.«

Das erste Mal, seit sie ihn kannte und von seinem Interesse an ihr wusste, war Charley nicht von ihm genervt. Nein, sie war zu sehr damit beschäftigt, mit ihren ungewohnten Gefühlen für ihn klarzukommen, um genervt zu sein. Vielleicht lag es an den Medikamenten oder dem Trauma des Unfalls, aber sie hörte sich selbst sagen: »Okay.«

Das Lächeln, das sein Gesicht erhellte, als sie seinem Plan zustimmte, ließ Zweifel in ihr aufkommen, ob sie es nicht schon bald bereuen würde, zu dem Mann zu ziehen, der sie seit Jahren in den Wahnsinn trieb. Doch das war, bevor er ihr das Leben gerettet und eine völlig neue – und faszinierende – Seite seines sonst viel zu perfekten Selbst gezeigt hatte.

3

Wie schön die Strategie auch sein mag, man sollte sich doch ab und zu einmal das Ergebnis anschauen.

Winston Churchill

Charley verbrachte eine Woche im Krankenhaus, hauptsächlich deshalb, weil sie sich nach der Operation eine Infektion eingefangen hatte, die ihren Körper alle Kraft kostete. Ihre Brüder, Schwestern, Cousins und Cousinen sowie ihr Großvater und ihre Tante kamen jeden Tag nach der Arbeit oder zwischen den Schichten vorbei und brachten ihr Bücher, Filme, Blumen, Schokolade und alles, von dem sie dachten, dass es sie aufheitern und ihr die Zeit vertreiben könnte. Hunter lieh ihr seinen Laptop, damit sie darauf Filme schauen konnte.

Während ihre Verwandten kamen und gingen, war Tyler die ganze Zeit bei ihr. Er hatte sich zu einer Art Botschafter gemausert, der mit den Ärzten sprach, wenn sie schlief. Auch bei den Krankenschwestern, die Tag und Nacht bei ihr vorbeischauten, war er bald gut bekannt. Als die Infektion in ihrem Körper wütete, brachte er ihr zusätzliche Decken, wenn sie vor Kälte zitterte, und legte ihr feuchte Tücher auf die Stirn, wenn das Fieber sie zu verbrennen schien.

Erst nach einer Weile dämmerte Charley, dass ihre Geschwister, insbesondere ihre Schwestern, ihr Einverständnis gegeben haben mussten, damit Tyler so uneingeschränkten Zugang zu ihrem Zimmer haben konnte. Charley passte einen Moment ab, als Tyler etwas zu essen besorgen gegangen war, um Ella zu konfrontieren.

»Was soll das?«, fragte sie.

Ella, die gerade dabei war, eine Decke zusammenzufalten, hielt in der Bewegung inne. »Was meinst du?«

»Er ist die ganze Zeit hier. Von morgens bis abends. Die Schwestern haben ihn sogar hier schlafen lassen. Wie kann das sein?«

»Er hat angeboten, bei dir zu bleiben, und er war so nett und ernsthaft besorgt um dich, dass wir es ihm nicht ausschlagen konnten.«

»Das hättet ihr sehr wohl gekonnt.«

Ella wandte den Blick ab und biss sich auf die Lippen, womit sie sich immer schon verraten hatte.

»Du lügst! Was geht hier wirklich vor? Du solltest mir lieber die Wahrheit sagen, oder ich trete dir in den Arsch, sobald ich hier raus bin.«

Ella verdrehte die Augen. »Ganz bestimmt. Du wirst so schnell niemandem in den Arsch treten.«

»Das merke ich mir, und dann bist du fällig, sobald ich wieder dazu in der Lage bin.«

Ella platzierte die Decke am Fußende von Charleys Bett und ließ sich dann vorsichtig auf der Bettkante nieder, immer darauf bedacht, Charleys verletztes Bein nicht zu berühren. »Wir mögen ihn, Charley. Er ist echt ein netter Kerl, und er mag dich sehr. Außerdem hast du zugestimmt, dass er sich um dich kümmert, wenn du aus dem Krankenhaus entlassen wirst, deshalb sind wir davon ausgegangen, dass du ihn auch gut leiden kannst. Sonst hättest du seinem Vorschlag doch nie zugestimmt.«

Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, denn es ergab tatsächlich Sinn.

»Magst du ihn?«, fragte Ella direkt.

Charley hätte sich am liebsten unter Ellas Blick gewunden, doch jede auch noch so kleine Bewegung bereitete ihr nach wie vor große Schmerzen. »Er ist ganz okay.«

»Wie kannst du so unbeteiligt sein, wenn der Typ sein ganzes Leben auf Pause gestellt hat, nur um jederzeit für dich da zu sein, wenn du ihn brauchst?«

»Ich habe nie gesagt, dass ich ihn brauche. Er hat das beschlossen.« Noch während Charley die Worte aussprach, bekam sie ein schlechtes Gewissen, weil sie Tylers Hilfsbereitschaft runterspielte. Er war wirklich extrem selbstlos und wunderbar gewesen, das konnte sie nicht leugnen.

»Ich will dir etwas sagen, und du musst mir gut zuhören, okay?«

Der für Ella ungewöhnlich ernste Tonfall ließ Charley aufhorchen. »Was denn?«

»Tyler ist ein guter Mann, der aus irgendeinem Grund viel für dich empfindet. Er ist unglaublich gutaussehend und süß und hingebungsvoll. Wärst du bitte so nett und würdest ihm ein wenig Dankbarkeit zeigen für alles, was er für dich getan hat? Vivienne hat erzählt, dass er bei sich zu Hause schon ein ganzes Zimmer für dich eingerichtet hat, mit allem, was du brauchen wirst, um dort Physiotherapie zu machen, so dass du nirgends hinfahren musst.«

Weil sie etwas brauchte, um ihre Hände zu beschäftigen, knibbelte Charley am Saum der Bettdecke. »Wann hätte er das denn tun sollen, wo er doch die ganze Zeit hier war?«

»Offenbar hat er es in Auftrag gegeben. Hat Leute angerufen und sich um alles gekümmert. Wie auch immer. Er hat jedenfalls weder Kosten noch Mühe gescheut, um es dir so angenehm wie möglich zu machen. Alles, was ich von dir verlange, ist, dass du ein bisschen nett zu ihm bist und ihm eine Chance gibst.«

»Er überfordert mich.«

Ella starrte sie entgeistert an. »Ich habe noch nie von dir gehört, dass dich etwas oder jemand überfordert.«

Charley funkelte sie an. »Also, er tut es jedenfalls. Er ist so … ich weiß auch nicht, wie ich es ausdrücken soll.«

»Aufopfernd?«

»Ja! Und warum ist er das? Bevor der Unfall passiert ist, habe ich nie etwas getan, um ihn zu ermutigen. Ich verstehe es nicht.«

Ella fing an zu lachen, bis ihr Körper bebte.

»Was zum Teufel ist so lustig?«

»Du! Er mag dich, Charley. Er mag dich sehr.«

»Aber warum? Warum mag er mich? Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber ich kann manchmal ziemlich unfreundlich sein.«

»Ich habe keine Ahnung, was du meinst«, entgegnete Ella grinsend. »Und du bist nicht unfreundlich. Du bist direkt. Das ist ein Unterschied.«

»Direkt … Nennt man das so? Männer, die wie ich sind, würde man als Arschlöcher bezeichnen. Frauen eher als Zicken.«

»Du bist keine Zicke. Du hast ein großes, liebes Herz, und du würdest alles für andere tun. Du weißt, was du willst und was du nicht willst, und es ist nicht verkehrt, sich selbst treu zu sein. Ich will nur sagen, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, deinen Schild ein wenig runterzufahren, was Tyler angeht. Er meint es wirklich ernst mit dir. Auch wenn du ihm immer wieder eine Abfuhr gegeben hast, hat er es weiter versucht. Das musst du ihm zugutehalten.«

»Ja, vielleicht«, räumte Charley ein. Tyler war wirklich ziemlich schwer unterzukriegen, das musste sie zugeben. »Aber lass uns mal lieber über dich reden. Wie läuft es mit Gavin?«

»Phantastisch«, antwortete Ella mit verträumtem Lächeln. »Es wird einfach immer besser.« Sie seufzte und schaute rasch zur offenen Tür, ehe sie mit gesenkter Stimme fortfuhr: »Wir wollen nach den Feiertagen zusammenziehen.«

»Wow, das sind ja tolle Neuigkeiten! Wann hattest du vor, mir das erzählen?«

»Du warst ziemlich beschäftigt mit Verletztsein und Fiebern.«

»Trotzdem … Du weißt doch, dass ich es hasse, wichtige Dinge als Letzte zu erfahren.«

Ella lachte. »Tut mir leid, dass ich es dir nicht gleich gesagt habe. Wird nicht wieder vorkommen.«

»Das will ich dir auch geraten haben.«

»Gleichfalls. Ich will alles wissen, was mit Tyler passiert.«

»Da passiert gar nichts mit Tyler – außer vielleicht in deiner Phantasie.«

»Noch nicht«, sagte Ella mit wissendem Lächeln, und Charley verdrehte genervt die Augen.

»Wir reden eigentlich immer noch über dich, nicht über mich. Wer von euch wird umziehen?«

»Ich werde umziehen. In seinem Haus haben wir viel mehr Platz als in meiner kleinen Wohnung. Was dann auch mehr Privatsphäre bedeutet – Mrs Abernathy hat große Ohren«, sagte Ella in Bezug auf ihre Vermieterin, die auch ihre Mathelehrerin auf der Highschool gewesen war.

»Wahrscheinlich gab es auch einiges zu belauschen.«

»Vielleicht«, erwiderte Ella zwinkernd.

»Ich freue mich für dich, El. Du hast den Mann bekommen, den du immer haben wolltest, und alles wendet sich zum Guten.«

»Es war nicht leicht. Du weißt das besser als jeder andere. Aber es war den ganzen Stress und den Herzschmerz wert, um an den Punkt zu kommen, an dem wir jetzt sind.«

»Wann ist die Hochzeit?«

»Ich weiß noch nicht. Wir würden gerne im Sommer heiraten, aber bisher ist noch nichts entschieden. Wir haben es auch nicht sonderlich eilig.«

»Ich dachte, du wolltest lieber gestern als morgen ein Baby haben?«

»Tue ich auch, und er will es auch. Aber wenn das Baby vor der Hochzeit kommt, ist das auch in Ordnung. Ich werde bald zweiunddreißig, und wir möchten eine richtig schöne Hochzeit haben, die ordentlich geplant werden will. Wenn ich vorher schwanger werde, dann ist das eben so.«

»Wow. Weiß Mom das schon?«

»Max hat da quasi den Weg für uns andere geebnet, als er Caden bekommen hat, ohne verheiratet zu sein.«

»Stimmt«, meinte Charley. »Hast du mal mit ihm geredet? Er war neulich da, um mich zu besuchen, aber wir konnten nicht wirklich sprechen, weil Tyler neben mir saß und ständig Ärzte oder Schwestern reingekommen sind.«

»Ich sehe ihn nicht mehr so oft, seit das Baby da ist. Colton hat erzählt, Max arbeitet wieder bei ihm auf dem Berg, wenn er nicht gerade Caden hüten muss.«

»Und das Baby ist die restliche Zeit bei Chloe in Burlington?«

»Ich gehe davon aus. Bin mir nicht sicher, wie das funktionieren soll.«

»Ich kann mir kaum vorstellen, wie schwer das für sie gewesen sein muss, sich kurz vor der Geburt des Babys zu trennen.«

»Stimmt«, sagte Ella. »Gavin und ich haben erst kürzlich darüber geredet. Max hat es nicht leicht.«

»Er weiß, dass er nicht allein ist. Seine Familie ist immer für ihn da.«

»Trotzdem … Es macht ihn doch sicher verrückt, die Arbeit bei Colton und seinen Sohn, der zwei Stunden von hier entfernt wohnt, unter einen Hut zu bekommen.«

»Vielleicht kann er Chloe überreden, nach Butler zu ziehen.«

»Das wage ich zu bezweifeln. Sie scheint nicht gewillt zu sein, irgendetwas zu tun, um ihm das Leben leichter zu machen.«

»Das tut mir echt leid für ihn. Muss schlimm sein.«

»Ja, ist es bestimmt. Und vielleicht solltest du ab und zu daran denken, wie fies Chloe zu ihm ist, während Tyler dich von vorn bis hinten bedient.«

»Wie subtil.«

»Ich sage ja nur …«

»Ja, ja. Ich habe schon verstanden, du musst es nicht zum hundertsten Mal wiederholen. Ich weiß, er ist ein netter Kerl. Das ist ja nicht der Punkt.«

»Was ist dann der Punkt?«

Charley blieb es erspart zu antworten, weil in diesem Moment der Oberarzt mit seinem üblichen Gefolge aus Assistenzärzten und Praktikanten ihr Zimmer betrat. Die Art und Weise, wie sich die Anfänger bei dem Arzt einschleimten, hatte Charley und Tyler schon die ganze Zeit amüsiert. Tyler hatte sogar angefangen, sich Notizen zu machen, jedes Mal, wenn der Oberarzt zur Visite vorbeikam.

»Wie geht es Ihnen heute, Charlotte?«, fragte der Arzt und warf einen Blick auf ihr Krankenblatt.

»Viel besser, und ich bin mehr als bereit, hier rauszukommen.«

»Ihre Blutwerte waren sehr gut heute Morgen. Wenn Sie sich danach fühlen, sehe ich keinen Grund, weshalb wir Sie nicht entlassen sollten. Wie sehen Ihre Pläne für die Reha aus?«

»Mein, ähm, Freund Tyler, der hier bei mir war, hat bei sich ein Zimmer für mich hergerichtet. Es ist ebenerdig, und er hat alles besorgt, damit ich Physiotherapie zu Hause machen kann.«

»Das nenne ich mal einen guten Freund.«

Ella warf Charley einen Meine-Rede-Blick zu, bei dem sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Nur weil sie sich von dem Mann helfen ließ, hieß das noch lange nicht, dass sie ihn gleich heiraten musste.

In dem Moment betrat ihr »guter Freund« das Zimmer und stellte dem Oberarzt sofort Fragen zu Charleys Fortschritten. Da er die ganze Woche schon bei ihr war, hatte sie den Arzt schließlich von seiner Schweigepflicht entbunden und ihm die Erlaubnis gegeben, auf Tylers Fragen direkt zu antworten. Tyler wollte Dinge wissen, auf die Charley selbst oft gar nicht gekommen wäre.

Als er nun erfuhr, dass sie entlassen werden sollte, quetschte er den Arzt zu allen Aspekten aus, angefangen bei den benötigten Medikamenten über mögliche Nebenwirkungen bis zur geeigneten Physiotherapie und wann sie damit beginnen konnten.

Charley schwirrte der Kopf vor Informationen, aber Tyler hörte aufmerksam zu und machte sich Notizen.

»Die Krankenschwestern übernehmen alles Weitere«, sagte der Arzt gerade. »Wir sehen uns dann nächste Woche bei mir in der Praxis. Behalten Sie die Nähte im Auge, und melden Sie sich sofort, wenn Schwellungen oder Rötungen auftreten.« Er reichte Tyler seine Visitenkarte. »Da steht meine Handynummer drauf. Sie können mich Tag und Nacht anrufen.«

Tyler schüttelte ihm die Hand. »Vielen Dank für alles.«

Der Arzt trat zu Charley und gab auch ihr die Hand. »Gern geschehen. Charlotte, machen Sie langsam und ruhen Sie sich gut aus. Tun Sie, was Ihnen dieser nette junge Mann sagt.«

Wirklich? Musste das sein? »Danke, Doktor«, erwiderte sie zähneknirschend, während Ella belustigt grinste.

»Ich werde mich gut um sie kümmern«, versicherte ihm Tyler.

Charley kamen Zweifel, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, seinem Plan zuzustimmen, dabei hatten sie das Krankenhaus noch nicht einmal verlassen.

Ella blieb noch, um den Schwestern dabei zu helfen, sie fertig zu machen und ihre Sachen zu packen. Bis sie gewaschen und angezogen auf dem Bett saß – in einem Sweatshirt und Jogginghosen von Tyler, die er mitgebracht hatte, weil sie etwas Weites brauchte, das über ihre Beinschiene passte –, war Charley so erschöpft wie noch nie in ihrem Leben. Die Infektion nach der Operation und die Verletzungen hatten sie doch mehr geschwächt, als sie gedacht hatte.

So viel zu ihrem großen Vorhaben, im Frühling den Marathon mitzulaufen.

Als sie bei Tylers Range Rover ankamen, hatte Charley ernsthafte Zweifel, ob sie sich je wieder aus eigener Kraft würde bewegen können, von einem Marathonlauf ganz zu schweigen.

»Du musst nichts machen«, sagte Tyler. »Die Schwestern und ich setzen dich rein.«

Weil sie keine andere Wahl hatte, folgte sie seinen Anweisungen, obwohl ihr erster Impuls gewesen war, ihm zu sagen, dass er sie nicht so rumkommandieren sollte. Er versuchte nur, ihr zu helfen, und sie hatte keinerlei Recht, jetzt zickig zu sein. Außerdem war es zu anstrengend.

Nachdem er sie angeschnallt hatte, zog Tyler eine Handvoll Schlüssel aus der Tasche, die er an Ella weitergab. »Die sind für mein Haus. Ihr könnt alle kommen und gehen, wie ihr möchtet, so lang Charley bei mir ist.«

»Das ist so nett von dir, Tyler. Wir wissen es wirklich zu schätzen, was du für Charley tust.«

»Kein Problem. Ist doch das mindeste.«

Charley wollte ihm erneut sagen, dass nichts von alledem seine Schuld war. Sie war mit ihm zu dem Lauf angetreten, obwohl sie wusste, dass es gefährlich und riskant sein würde; und sie hatte es zudem in vollem Bewusstsein getan, dass er sie nur herausgefordert hatte, um Zeit mit ihr zu verbringen und weil er wusste, dass sie niemals nein sagen würde. Ihm das alles zu erklären erforderte aber mehr Energie, als sie im Moment aufbringen konnte.

Sie würde es ihm später sagen. Wenn sie ihre Augen lang genug aufhalten konnte, um einen vollständigen Satz zu formen – oder zwei.

Tylers Nerven lagen blank, als er mit Charley zu seinem Haus oben in den Ausläufern des Butler Mountain fuhr. Er hatte es vor drei Jahren selbst gebaut und keine Kosten gescheut und viel Wert auf Details gelegt. Immerhin arbeitete er von zu Hause aus, verbrachte also mehr Zeit als andere Menschen dort.

Er hoffte, dass es ihr genauso gut gefiel und sie sich wohl fühlen würde, während sie sich erholte.

Seine größte Sorge war allerdings, dass sie einen Blick auf sein Zuhause werfen und alle möglichen Schlüsse über ihn ziehen würde – die wahrscheinlich gar nicht so weit hergeholt waren. Er hatte jede Menge Geld am Aktienmarkt verdient, was ihm einen mehr als komfortablen Lebensstil ermöglichte. Das war nur eines der Dinge, die sie nicht von ihm wusste.

Charlotte Abbott hatte ihn immer wieder abblitzen lassen, weil sie dachte, sie hätte ihn durchschaut. Sie dachte, er wäre wie die vielen anderen Männer in Butler, die sie hartnäckig umwarben, weil sie wunderschön und sexy und lustig war – und nicht auf den Mund gefallen. Bevor Tyler sie kannte, hatte er nicht gewusst, dass er auf diese Eigenschaft stand.

Sie hatte ihn öfter abgewiesen als jede andere Frau zuvor, und doch wollte er sie immer noch. Seine Freunde nannten ihn einen Masochisten, dass er an einer Frau wie Charley festhielt, die derart die Krallen ausfahren konnte.

Tyler schmunzelte über das Bild. Er konnte sich vorstellen, dass ihr gefallen würde, wie er über sie dachte. Sie musste ja nicht wissen, dass er sie sich auch in sexy Unterwäsche vorstellte, wie sie besagte Krallen um seinen Penis legte, während sie ihm einen blies. In dem Moment, als er daran dachte, bekam er eine Erektion. Na, super … Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass er jetzt schon auf sie scharf war, wo er sie doch zu sich nach Hause brachte, damit sie sich von einer ernsthaften Verletzung erholen konnte.

Kühl dich ab, Westcott. Bei dieser Sache geht es nur um ihre Genesung und Erholung. Keine schmutzigen Phantasien mehr! Er parkte den Wagen vor seiner großen Garage, in der drei Autos Platz hatten, und wiederholte die Sätze so lange im Kopf, bis das Pochen in seinem Schritt abgeklungen war.

Dann machte er den Fehler, zu ihr rüberzuschauen, was ihn sofort zurückwarf. Sie war so verdammt schön, besonders wenn sie so friedlich schlief. Ihre Wangen waren von der Heizung im Auto gerötet, die Lippen im Schlaf geschürzt, und sie hatte die Hände im Schoß gefaltet.

Er hätte am liebsten die Hand ausgestreckt und wäre mit einer Fingerspitze über ihr perfektes Gesicht gefahren, um zu sehen, ob ihre Haut so weich war, wie sie aussah, doch er traute sich nicht. Wenn sie ihn dabei erwischte, würde sie sofort alles abblasen, und er würde diese einzigartige Chance vertun, ihr zu beweisen, dass sie zu ihm gehörte. Tyler wusste nicht mehr, wann genau er selbst zu dieser Erkenntnis gekommen war. Es musste über einen Zeitraum von Jahren passiert sein, trotz der ständigen Zurückweisung. Er hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm ausgehen würde, und sie nein gesagt hatte. Die Zahl musste inzwischen im dreistelligen Bereich liegen.

Er musste einiges einstecken von seinen Freunden und seiner Familie, die ihn in letzter Zeit immer mehr drängten, Charley zu vergessen und sich nach anderen umzusehen. Doch so war er nicht gestrickt. Rückschläge spornten ihn nur zusätzlich an, es weiter zu versuchen. Auf genau diese Weise hatte er es auch geschafft, von seinem Büro zu Hause aus, nur mit ein paar Laptops und Fernsehern, auf denen ständig die verschiedenen Aktienkurse liefen, ein Vermögen anzuhäufen.

Aufgeben war keine Option, nicht, solang er überzeugt war, dass sie etwas Besonderes miteinander haben konnten, wenn sie ihm nur eine Chance geben würde, ihr zu zeigen, was alles möglich war. Als er vor Kälte erschauderte, fiel ihm auf, dass er schon viel zu lang im Auto saß und sie anstarrte.

Er drückte auf den Knopf für den automatischen Garagenöffner und ging dann ums Auto herum, um ihre Tür zu öffnen. Er weckte sie nur ungern, doch es war ihm lieber, als sie ohne ihr Einverständnis anzufassen. Das Letzte, was er wollte, war, ihr zusätzliche Schmerzen oder Stress zu bereiten.

»Hey, Charley«, sagte er leise.

Sie rührte sich nicht.

»Charley.«

Wow, sie schlief wirklich fest. Wahrscheinlich wegen der Schmerzmittel, die ihr die Krankenschwester gegeben hatte, damit die Fahrt für sie etwas angenehmer war. Mist, was sollte er jetzt tun? Da er sie bei der Kälte schlecht im Auto lassen konnte, betrat er durch die Garage das Haus und öffnete alle Türen, um sie ungehindert hineintragen zu können. Dann ging er zurück zum SUV und lehnte sich über sie, um ihren Sicherheitsgurt zu lösen. Er hob sie behutsam aus dem Auto, immer darauf bedacht, dass ihr verletztes Knie unterstützt war.

Anders als ihre Persönlichkeit war Charley eher zierlich und passte ohne Probleme in seine Arme. Er bewegte sich langsam, um auf keinen Fall zu stolpern oder irgendwo anzustoßen. Im Haus ging er direkt zu seinem Zimmer, das seine Mutter für Charley zurechtgemacht hatte.

Charley musste nicht wissen, dass er ihr sein Zimmer gegeben hatte, und sie würde die nächsten Tage ohnehin nicht viel vom Rest des Hauses zu Gesicht bekommen. Was ihm ein wenig Zeit verschaffte, bis sie mehr über ihn erfuhr – wozu er jetzt noch nicht bereit war. Nicht, dass er sie oder ihre Familie für materialistische Menschen hielt. Das tat er nicht. Die Abbotts waren nette, hart arbeitende, bodenständige Leute.

Er legte sie auf dem Bett ab und drapierte ihre Beine über einen Stapel Kissen, wie es ihm die Schwestern gezeigt hatten, holte einen Eisbeutel für ihr Knie und deckte sie dann mit einer Daunendecke zu.

Sie bewegte sich kein einziges Mal, woraus er schloss, dass sie noch eine Weile schlafen würde. Ella würde bald vorbeikommen, um Charleys Medikamente zu bringen, bis dahin wollte er sie schlafen lassen und sich ein bisschen um seine Arbeit kümmern, die in der Woche liegen geblieben war, als er bei ihr im Krankenhaus gewesen war.

Als er das Zimmer verließ, musste er unwillkürlich lächeln. Charley Abbott schlief in seinem Bett. Die Umstände, die dazu geführt hatten, waren zwar alles andere als ideal, aber er hoffte, die Zeit mit ihr nutzen zu können, um ihr zu zeigen, was für sie beide möglich war.

Er hatte den Gedanken gerade gefasst, als ihm ein anderer und weitaus beunruhigenderer kam: Es war durchaus möglich – sogar wahrscheinlich –, dass sie wieder verschwinden würde, sobald sie dazu in der Lage war, und genauso wenig mit ihm zusammen sein wollte wie vor dem Unfall.

»Das darf ich nicht zulassen«, sagte er laut, als müsste er es aussprechen, um sich selbst darin zu bestärken. »Sie muss einfach erkennen, dass kein anderer Mann je so viel für sie empfinden wird, wie ich es tue.«

Die Stimme seiner Mutter riss ihn aus seinen Gedanken. »Liebling? Bist du zu Hause?«

»Komm rein, Mom.«

Vivienne rauschte in die Küche, stellte einen Korb mit selbstgebackenem Brot auf der Theke ab und steckte den Schongarer, den sie mitgebracht hatte, in die Steckdose. »Ich habe euch Gulasch mitgebracht. Ich hoffe, Charley isst Fleisch. Weißt du das?«

Die unschuldige Frage seiner Mutter erinnerte ihn daran, wie wenig er eigentlich über Charley wusste. Doch er wollte sie kennenlernen. Er wollte wissen, was sie mochte und was nicht, was ihr Lieblingsessen, ihre Lieblingsmusik und ihr Lieblingsfilm waren. »Ich, äh, ich glaube, sie isst Fleisch.« Im Krankenhaus war sie überwiegend flüssig ernährt worden, weshalb er sich nicht ganz sicher war.

»Na ja, wenn nicht, kann sie ja das Gemüse essen. Wie geht es ihr?«

»Sie schläft. Was auch immer sie ihr für die Fahrt gegeben haben, es hat sie ordentlich ausgeknockt.«

»Vergiss nicht, ihr weiter ihre Schmerzmittel zu geben. Wenn die Wirkung nachlässt, wird sie unerträgliche Schmerzen haben.«

»Ihre Schwester ist gerade in der Apotheke, um die Medikamente abzuholen. Sie bringt sie dann gleich hier vorbei.«

»Du siehst erschöpft aus, Liebling.«

»Es wird guttun, heute mal wieder in einem echten Bett zu schlafen.«

»Ich hoffe, Charley weiß zu schätzen, was du alles für sie tust.«

Tyler lachte. »Wer weiß, aber es ist mir auch egal. Du kannst mir gern sagen, dass du mich für bescheuert hältst, einen Unfall dazu zu nutzen, meiner Traumfrau näherzukommen.«

»Das letzte Wort, das ich verwenden würde, um dich zu beschreiben, ist bescheuert. Loyal, hingebungsvoll, bedächtig, klug, gerissen, gutaussehend. Das sind alles Worte, die ich eher für dich finden würde.«

»Du musst das ja sagen, du bist meine Mom.«

»Wann habe ich jemals etwas gesagt, weil ich es tun musste? Ich meine es ernst. Du bist ein guter Fang, Ty. Und wenn sie das nicht erkennt, ist sie diejenige, die bescheuert ist.«

»Sie ist nicht wie andere Frauen.« Er hatte keine Ahnung, weshalb er seiner Mutter freiwillig so viel anvertraute, doch er vermutete, dass es an der Erschöpfung und den emotional aufreibenden Tagen im Krankenhaus lag. Charleys Infektion nach der Operation hatte ihm eine Heidenangst eingejagt.

»Nein«, stimmte Vivienne schmunzelnd zu, »das ist sie sicherlich nicht. Sie ist eine harte Nuss, aber ich mag sie. Sie ist offen und direkt, und sie weiß, was sie will.«

»Ihre Geschwister sagen ihr ins Gesicht, dass sie eine Nervensäge ist. Sie sieht es als Kompliment.«

Vivienne lachte. »Natürlich tut sie das. Und ihre Geschwister haben vielleicht recht, aber im Grunde ist sie ein guter Mensch. Sie handelt moralisch und kümmert sich um die Menschen, die ihr am Herzen liegen. Nicht viele wissen, dass sie der alten Mildred Olsen regelmäßig Essen bringt und Besorgungen für sie erledigt.«

Tyler war positiv überrascht von Charleys Fürsorge gegenüber der ältesten Angestellten der Abbotts. »Wer wird das denn machen, jetzt, wo Charley es nicht tun kann?«

»Die Frauen im Laden kümmern sich darum, keine Sorge.« Sie hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Falls es dich interessiert, Charley hilft auch ehrenamtlich im Tierheim, und an der Highschool betreut sie eine Gruppe für Mädchen zur Berufsorientierung.«

»Du hast mein Interesse an ihr gerade verdoppelt.«

»Ich wollte nur sagen, dass niemand so einfach oder so komplex ist, wie er vielleicht oberflächlich erscheinen mag. Da steckt immer mehr dahinter.«

Tyler wollte alles erfahren, was es über Charley zu wissen gab. Einfach alles. »Was sagt es wohl über mich aus, dass ich so für eine Frau schwärme, über die ich kaum etwas weiß?«

»Gegenseitige Anziehung ist die halbe Miete. Als ich damals deinen Vater kennengelernt habe, hätte er auch ein Müllmann sein können, das wäre mir völlig egal gewesen. Er war so attraktiv und so nett.« Sie fächelte sich Luft zu und lächelte vielsagend. »Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich vielleicht mal nach Hause gehen und schauen, was er so vorhat.«

»Bitte, Mutter«, erwiderte Tyler stöhnend. »Hör auf.«

»Was denn? Bist du nicht glücklich darüber, dass deine Eltern nach vierzig Ehejahren noch scharf aufeinander sind?«

»Nein, bin ich nicht. Kein bisschen.«

Sie lachte über seinen finsteren Blick und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. »Ich hoffe jedenfalls für dich, dass du nach vierzig Jahren noch genauso auf die Frau stehst, die du geheiratet hast.«

Er hielt sich die Ohren zu. »Aufhören, bitte!«

Sie lachte wieder. »Sei doch nicht so ein Baby.«

»Waaaa.«

Sie kicherte über die Grimasse, die er schnitt. »Weißt du, mein Sohn, ihre Geschwister müssen dich wirklich mögen, dass sie deinem Plan zugestimmt haben. Wenn sie nicht im Team Tyler wären, hätten sie garantiert einen Weg gefunden, sie bei einem von sich zu Hause unterzubringen.«

Tyler senkte die Hände wieder. »Ich nehme an, da hast du recht.«

»Ich arbeite für sie. Ich weiß, wie eng sie miteinander sind. Sie mögen dich, sonst wäre Charley nicht hier.« Sie schloss den Reißverschluss ihrer Jacke und zog sich die Handschuhe an. »Ich komme morgen wieder vorbei, um nach euch zu schauen. Ruf mich an, wenn du etwas brauchst.«

»Mache ich. Danke noch mal für alles, Mom.«

»Ich bin immer froh, wenn ich helfen kann. Das weißt du doch.« Sie legte ihm die Handfläche an die Brust. »Geh vorsichtig mit deinem großzügigen Herzen um. Ich mag Charley wirklich sehr, aber lass nicht zu, dass sie dich verletzt, Ty. Versprichst du mir das?«

»Ja, ich verspreche es.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und entließ sie zu was auch immer sie mit seinem Vater vorhatte.

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