Offshore - Wie Vermögensverwalter Reichtum tarnen und einen neuen Kolonialismus schaffen - Brooke Harrington - E-Book

Offshore - Wie Vermögensverwalter Reichtum tarnen und einen neuen Kolonialismus schaffen E-Book

Brooke Harrington

0,0

Beschreibung

Ihre wichtigste Eigenschaft ist die Diskretion, und ihre Aufgabe ist es, den Reichtum der Reichsten unsichtbar zu machen - während sie ihn mehren. Ganze Teams von Offshore-Experten arbeiten Tag und Nacht daran, für ihre Kunden Steuerschlupflöcher zu finden, Gesetze zu umgehen, kreative Lösungen zu finden. Der Begriff Steuerparadies, der in vielen europäischen Sprachen für Offshore verwendet wird, wirkt angesichts der libertären Anarchie, die hier herrscht, geradezu verharmlosend. Die renommierte Soziologin Brooke Harrington bringt Licht in die faszinierende Schattenwelt der Vermögensverwalter. Sie beschreibt, wie das System funktioniert, das sie geschaffen haben, und welche Folgen es für alle anderen hat: Wir sollten uns um diese klandestinen Experten viel mehr Sorgen machen als um die Ultra-Reichen selbst. Pressestimmen zu »Capital without borders«: »Ein zeitgemäßer Bericht darüber, wie die 1% ihren Reichtum bewahren ... Das sollte Vermögensverwalter nachts wachhalten.« Wall Street Journal »Harrington rät Regierungen, die die Ungleichheit bekämpfen wollen, sich nicht nur auf die Reichen zu konzentrieren, sondern auch auf die Fachleute, die ihnen helfen, das System zu manipulieren.« Foreign Affairs »Ein einzigartiger Einblick in die Funktionsweise der Vermögensverwaltung.« New Statesman

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 227

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cover for EPUB

Brooke Harrington

Offshore

Wie Vermögensverwalter Reichtum tarnen und einen neuen Kolonialismus schaffen

Aus dem Englischen von Stephan Gebauer

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Ihre wichtigste Eigenschaft ist die Diskretion, und ihre Aufgabe ist es, den Reichtum der Reichsten unsichtbar zu machen - während sie ihn mehren. Ganze Teams von Offshore-Experten arbeiten Tag und Nacht daran, für ihre Kunden Steuerschlupflöcher zu finden, Gesetze zu umgehen, kreative Lösungen zu finden. Der Begriff Steuerparadies, der in vielen europäischen Sprachen für Offshore verwendet wird, wirkt angesichts der libertären Anarchie, die hier herrscht, geradezu verharmlosend. Die renommierte Soziologin Brooke Harrington bringt Licht in die faszinierende Schattenwelt der Vermögensverwalter. Sie beschreibt, wie das System funktioniert, das sie geschaffen haben, und welche Folgen es für alle anderen hat: Wir sollten uns um diese klandestinen Experten viel mehr Sorgen machen als um die Ultra-Reichen selbst.Pressestimmen zu »Capital without borders«:»Ein zeitgemäßer Bericht darüber, wie die 1% ihren Reichtum bewahren ... Das sollte Vermögensverwalter nachts wachhalten.« Wall Street Journal»Harrington rät Regierungen, die die Ungleichheit bekämpfen wollen, sich nicht nur auf die Reichen zu konzentrieren, sondern auch auf die Fachleute, die ihnen helfen, das System zu manipulieren.«Foreign Affairs»Ein einzigartiger Einblick in die Funktionsweise der Vermögensverwaltung.«New Statesman

Vita

Brooke Harrington ist Professorin für Wirtschaftssoziologie am Dartmouth College in New Hampshire, zertifizierte Vermögensverwalterin und Beraterin u. a. für die OECD und das Europäische Parlament. Ihr Buch Capital without Borders: Wealth Managers and the One Percent (Harvard University Press 2016) wurde vielfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

Inhalt

Impressum

Inhalt

EINLEITUNG

Kapitel 1

DIE NICHT AUTORISIERTE BIOGRAPHIE EINES GEHEIMEN SYSTEMS

Kapitel 2

DAS AUFMARSCHGEBIET FÜR DEN AUFSTAND DER ELITE

Kapitel 3

ZOMBIEKAPITALISMUS

Kapitel 4

DAS PARADOX DES ÜBERFLUSSES

Kapitel 5

DIESSEITS DES STEUERPARADIESES

DANKSAGUNGEN

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Allgemeine Quellen zum Offshore-System

Kapitel 1: 

Die nicht autorisierte Biographie eines geheimen Systems

Kapitel 2: Das Aufmarschgebiet für den Aufstand der Elite

Kapitel 3: Zombiekolonialismus

Kapitel 4: Das Paradox des Überflusses

Kapitel 5: Diesseits des Steuerparadieses

ANMERKUNGEN

Einleitung

Kapitel 1: Die nicht autorisierte Biographie eines geheimen Systems

Kapitel 2: Das Aufmarschgebiet für den Aufstand der Elite

Kapitel 3: Zombiekapitalismus

Kapitel 4: Das Paradox des Überflusses

Kapitel 5: Diesseits des Steuerparadieses

EINLEITUNG

»Warum beschäftigen Sie sich mit den Offshore-Finanzen?«

Diese Frage bekomme ich oft zu hören. Normalerweise antworte ich, dass mich das Thema fasziniert, weil es so viele gesellschaftliche Sphären umfasst, von Wirtschaft und Politik bis zu Familie und Kultur. In Wahrheit ist die Antwort sehr viel kürzer: Es war Schicksal.

F. Scott Fitzgerald bezeichnete meine Heimatstadt einmal als den »glamourösesten Ort in der Welt«. Lake Forest am Ufer des Michigan-Sees, etwa eine Stunde nördlich von Chicago, inspirierte Fitzgerald zu The Great Gatsby und bildete die Kulisse für Robert Redfords oscarprämierten Film Ordinary People. Beides sind faszinierende Auseinandersetzungen mit Reichtum und Geheimnissen. Wenn ich gefragt werde, wie ich auf die Idee kam, das Studium eines Systems, das große Vermögen in einen Schleier der Geheimhaltung hüllt, zu meinem Beruf zu machen, kann ich wie Hamlet sagen, dass ich eingeboren bin und drin erzogen.

In meiner Kindheit und Jugend hatten meine Klassenkameraden den Reichtum, während ich die Geheimnisse hatte. In der Grundschule saß ich neben den Sprösslingen des Adels aus dem Mittleren Westen, neben den Abkömmlingen der Armours und Swifts, welche die von Upton Sinclair angeprangerte Fleischverarbeitungsindustrie aufgebaut hatten, neben den Töchtern von Medienzaren und Bankiers, deren Herrenhäuser am Seeufer Ähnlichkeit mit den Kulissen der wilden Partys von Tom und Daisy Buchanan hatten. Auf der anderen, der falschen Seite der Stadt, wo Lake Forest in die Prärie übergeht und wir als Kinder die Kühe hören (und riechen) konnten, die stets um fünf Uhr morgens gemolken wurden, bereitete ich jeden Tag das Abendessen für meine Familie zu. Meine Mutter arbeitete im Stadtzentrum und kam spät von der Arbeit zurück. Meine kleine Schwester, die unter Spina bifida und einem Wasserkopf litt, lernte nie gehen oder sprechen. Gelegentlich erschien auch mein Vater zum Essen, ein Möchtegern-Gatsby, der aufgrund seiner schweren Charakterfehler schließlich im Gefängnis landete. Eines unserer streng gehüteten Geheimnisse war, dass wir Sozialhilfe erhielten, weil die Arztrechnungen für die Behandlung meiner Schwester auf über eine Million Dollar gestiegen waren, was heute etwa 6 Millionen Dollar entspräche und in den siebziger Jahren ein fast unvorstellbarer Betrag für eine Mittelschichtfamilie war.

Ich geriet in der Schule nur ein einziges Mal in Schwierigkeiten. In der dritten Klasse fragte mich eine Mitschülerin, ob ich Geschwister habe, und ich war naiv genug, die Wahrheit zu erzählen. Als meine Klassenkameradin hörte, dass meine Schwester eine Sonderschule für behinderte Kinder besuchte, bezeichnete sie sie als »Idiotin«. In diesem Moment lernte ich eine neue Emotion kennen – mit dem Beschützerinstinkt verbundene Wut – und schlug das Mädchen nieder. Es war das einzige Mal in meinem Leben, dass ich jemanden körperlich angriff, und dieser Schlag beendete mein soziales Leben in der Grundschule. Behinderungen und Prügeleien gehörten sich nicht in den besseren Häusern in Lake Forest. So lernte ich, Diskretion zu wahren und unsichtbar zu bleiben, um mich zu schützen.

Als meine Schwester einige Monate später starb, musste ich ihren Tod für mich behalten und so tun, als wäre nichts geschehen. Ich musste trotz des Todesfalls zur Schule gehen, denn meine Mutter konnte es sich nicht leisten, der Arbeit fernzubleiben, und mein Vater hatte sich für ein paar Jahre nach Mexiko absetzen müssen. Ich konnte nirgendwo anders hingehen als in das von Mrs. Lockwood regierte Klassenzimmer. Es war der ruhigste und sicherste Ort in meinem Leben. Und da ich an meinem Zufluchtsort auch am glücklichsten war, baute ich mir ein Leben unter Lehrern und Büchern auf.

Als ich in der Mittelschule war, erschien The Official Preppy Handbook, ein satirisches Handbuch für die Besucher von Eliteschulen. Ich studierte es wie eine Anthropologin und versuchte, mich mit den Bräuchen und Ritualen eines Volkes vertraut zu machen, dessen Leben ich nur von außen beobachten konnte. Wie Fitzgerald konnte ich sehen, dass die Reichen anders waren – und wie er wollte ich herausfinden, woran das lag. Jahrzehnte später wählte ich als Soziologin die Methode der teilnehmenden Beobachtung, um mir Zugang zur Welt der Offshore-Finanzen zu verschaffen und mehr über die in den Steueroasen verborgenen Vermögen der Elite herauszufinden. Diese mit allen Mitteln gegen Außenstehende verteidigte Welt kann man nur untersuchen, indem man sich darin bewegt. Die Superreichen und die Finanzexperten, die in ihrem Dienst stehen, sprechen normalerweise nicht mit neugierigen Soziologen.

Ich wollte herausfinden, woran es lag, dass die wirtschaftliche und politische Ungleichheit weltweit außer Kontrolle geriet. Also drang ich in den »Maschinenraum« des Systems ein, das diese Ungleichheit erzeugte. Als ich im Jahr 2007 begann, die Offshore-Finanzen zu studieren, war ich bereits seit fast einem Jahrzehnt Professorin für Wirtschaftssoziologie und hatte mich mit der Veröffentlichung von Büchern über die Investitionssoziologie in den Vereinigten Staaten (Pop Finance) sowie über das Netz aus Geheimhaltung und Lügen, in das der Reichtum gehüllt war (Deception: From Ancient Empires to Internet Dating), für das neue Projekt »aufgewärmt«. Aber mir war klar, dass etwas fehlte: Die Offshore-Welt gähnte wie ein schwarzes Loch am Rand beider Untersuchungsgebiete. Sie übte einen spürbaren Einfluss darauf aus, aber es gab weder eine soziologische Theorie noch Konzepte zu ihrer Beschreibung.

In meiner Forschung sowie in den Nachrichten deutete alles darauf hin, dass die höchsten Stufen der sozioökonomischen Hierarchie dringend genauer untersucht werden müssten. Die Soziologen hatten sich seit den siebziger Jahren fast vollkommen aus diesem Gebiet zurückgezogen, was teils politische Gründe (wie die Solidarität mit den Benachteiligten und das Eintreten für die Armen) hatte und teils mit einem Mangel an Daten zu erklären war. Je reicher Menschen sind, desto schwieriger ist es, sie zu studieren. Daten zu den Armen und zur Mittelschicht sind seit jeher sehr viel leichter zugänglich. Wenn sich die Reichen in geschlossene Wohnanlagen oder auf Privatinseln zurückziehen, wird es zu zeitaufwendig und zu teuer, sie zu studieren.

Doch da ich unter den Superreichen aufgewachsen war, ließ ich mich nicht abschrecken. Der Grund war, dass ich etwas wusste, was die meisten Leute nicht wussten: Die Reichen kümmern sich nicht selbst um ihr Geld. Viele von ihnen, darunter die Eltern der Erbin eines Kaugummiimperiums, die ich im Ferienlager kennenlernte, wussten nicht einmal, wie man eine Glühbirne auswechselte. Die alltäglichen Herausforderungen, die die meisten von uns selbst bewältigen müssen, übertrugen die Reichen Hausbediensteten und anderem »Personal«. Für die meisten von ihnen kam es nicht in Frage, ihre Finanzen selbst zu regeln, vor allem, weil ihr Vermögen über die Generationen hinweg weitergereicht wurde, normalerweise transnational und viel zu komplex war, als dass eine einzelne Person es hätte vermehren oder beschützen können. Um wirklich zu verstehen, wie die Reichen noch reicher wurden, würde ich mit jenen Fachleuten sprechen müssen, die von fast allen reichen Familien beschäftigt werden: mit Treuhändern, Privatbankern, Steuerberatern und anderen Vermögensverwaltern.

Die Frage war, wie ich an diese Fachleute herankommen konnte. Ich konnte nicht einfach anrufen oder eine E-Mail schicken, um ein Interview zu vereinbaren, denn vielerorts drohen den Finanzexperten hohe Strafen einschließlich von Geld- und Haftstrafen, wenn sie vertrauliche Informationen über ihre Praktiken weitergeben. Diese Leute konnten mir am besten erklären, was ich zu verstehen versuchte, aber es war, als stünden sie am anderen Ufer eines Sumpfes, in dem sich Alligatoren tummelten. Und selbst wenn ich an sie herankommen konnte, war nicht klar, wie ich sie dazu bewegen konnte, nützliche Informationen preiszugeben.

Viele Sozialwissenschaftler, darunter Ökonomen, Geographen und Politikwissenschaftler, interessieren sich für die Offshore-Finanzen, aber die meisten von ihnen haben nicht versucht, durch den mit Alligatoren gefüllten Sumpf zu waten und tatsächlich das Gespräch mit den Personen zu suchen, die dafür verantwortlich sind, dass das Offshore-System funktioniert. Sie stützen sich zumeist auf Umfragedaten, Transaktionsaufzeichnungen oder historische Archive. Der Erkenntniswert dieser Quellen ist begrenzt. Um Geheimnisse – insbesondere Geheimnisse über verborgene Vermögen – studieren zu können, muss man die Ärmel hochkrempeln und sich auf menschliche Wesen einlassen.

Besonders klar und denkwürdig drückte dies der Soziologe Charles Wright Mills aus. Mills, ein eigenwilliger Charakter, der so etwas wie ein Enfant terrible war, unterrichtete von 1946 bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1962 an der Columbia University. Wir verwenden immer noch von ihm geprägte Begriffe wie jenen der »Machtelite«, der auch der Titel eines seiner berühmtesten Bücher war. Mills interessierte sich für die Ungleichheit und insbesondere für die Personen an der Spitze der sozioökonomischen Hierarchie. Daher sind seine Erkenntnisse relevant für meine Arbeit über das Offshore-System, in der ich untersuche, wie die heutigen Machteliten den Reichtum verstecken, der ihnen so großen Einfluss auf das Weltgeschehen gibt.

Mills ist auch wegen seiner speziellen Forschungsmethoden in Erinnerung geblieben, die eine Mischung aus Biographie und wissenschaftlicher Untersuchung waren. Er war überzeugt, die wichtigsten Entdeckungen würden in der Auseinandersetzung mit unserer persönlichen Erfahrung als Bestandteile größerer sozialer Systeme gemacht. Um neue oder interessante Erkenntnisse über die Welt zu gewinnen, müsse man das Persönliche mit dem Weltgeschichtlichen und das Biographische mit dem Strukturellen verknüpfen. Mills bezeichnete dies als »soziologische Imagination«: In diesem Prozess würden Verbindungen hergestellt und die menschliche Bedeutung gesellschaftlicher Fragen aufgedeckt, indem diese mit den persönlichen Schwierigkeiten und mit den Problemen des individuellen Lebens in Zusammenhang gebracht würden.

Von Mills‹ Sichtweise inspiriert, entschloss ich mich, in der Auseinandersetzung mit den Offshore-Finanzen einen neuen Zugang zu wählen und so vorzugehen, als wäre ich die Biographin einer sehr komplexen, interessanten, mächtigen und gefährlichen Person. So wollte ich das größte Hindernis überwinden, mit dem sich jeder konfrontiert sieht, der versucht, die Offshore-Finanzen zu erklären: Es ist extrem schwierig, komplizierte rechtliche und finanzielle Zusammenhänge für Nichtspezialisten interessant darzustellen. Und selbst jene, die sich auf dieses System spezialisiert haben, beschreiben es manchmal als vollkommen undurchschaubar, weil technisch zu komplex.

In diesem Buch versuche ich, all das zum Leben zu erwecken, was die Offshore-Welt interessant, überraschend, widersprüchlich und gelegentlich beängstigend macht. Ich möchte Ihnen zeigen, dass die Offshore-Finanzen von großer Bedeutung sind und Ihre Aufmerksamkeit verdienen, selbst wenn Sie – oder gerade weil Sie – nicht zu den Superreichen gehören, die dieses System nutzen, um ihr Vermögen zu verstecken. Dazu werde ich Ihnen von meinen eigenen Begegnungen mit dem System erzählen und Ihnen einige meiner Informanten vorstellen, darunter einen Londoner Kopfgeldjäger im Nadelstreif, der bei auf den Hund gekommenen Oligarchen Schulden eintreibt, und einen Maori-Fischer, der mein Verständnis des Offshore-Netzes als neokoloniales Gebilde auf den Punkt brachte. Jenen, die sich mit einigen der hier behandelten Themen eingehender beschäftigen möchten, gebe ich am Ende des Buchs Hinweise auf Studien, die besonders viel zu meinem Verständnis beigetragen haben: Arbeiten von Historikern, Ökonomen, Anthropologen, Politikwissenschaftlern und Journalisten. Wie Sie sehen werden, gibt es über die Offshore-Finanzen sehr viel mehr zu sagen, als in ein so dünnes Buch wie dieses passt.

Aber kehren wir zu dem mit Alligatoren gefüllten Sumpf zurück. Wie konnte ich ihn durchqueren – und wie konnte ich an brauchbare Information herankommen, sollte ich tatsächlich auf die andere Seite gelangen? Aufgrund der Geheimniskrämerei rund um die Offshore-Praktiken war klar, dass ich dieses Vorhaben nicht wie eine herkömmliche Forschungsarbeit in Angriff nehmen konnte. Auch konnte ich mich bei der Datensammlung nicht der Täuschung bedienen – beispielsweise, indem ich mich als vermögende potenzielle Klientin für Finanzdienstleistungen ausgab. Die in der Soziologie des 21. Jahrhunderts geltenden ethischen Leitlinien sehen vor, dass Forscher ihre wirkliche Identität sowie ihre Beweggründe für eine Studie preisgeben müssen. Hätte ich das nicht getan, so hätte ich keinen Anspruch auf Forschungszuschüsse gehabt – dies war eine wichtige Frage, weil die Datensammlung über ein Jahrzehnt hinweg etwa 400 000 Dollar kostete – und meine Arbeit wäre nicht für eine Veröffentlichung in wissenschaftlichen Publikationen geeignet gewesen.

Diese Einschränkungen haben vermutlich dazu beigetragen, andere Forscher von der Beschäftigung mit den Offshore-Finanzen abzuhalten. Ich konnte die Hindernisse nur überwinden, weil ich mich zu einem riskanten Schritt entschloss: Ich trat in den Club der Geheimniskrämer ein und begann eine Ausbildung zur Offshore-Vermögensverwalterin.

Die von mir angewandte Methode wird als »immersive Ethnographie« bezeichnet. Heute wird sie kaum noch angewandt, weil sie einen hohen Zeitaufwand und hohe Kosten verursacht, aber sie zählt zu den ältesten sozialwissenschaftlichen Methoden. Tatsächlich hat sie ihren Ursprung Anfang des vergangenen Jahrhunderts, als Anthropologen und Soziologen die Welt in erster Linie zu verstehen versuchten, indem sie die Menschen, deren Verhalten sie interessierte, beobachteten und unter ihnen lebten. Heute ist die Methode oft die letzte Option, wenn Forscher mit einer Gruppe konfrontiert sind, die zu geheimnistuerisch oder defensiv ist, um sie von außen studieren zu können. In jüngster Zeit wurde die immersive Ethnographie in einigen Studien angewandt, um Drogenhändler, andere Kriminelle oder die Gäste von VIP-Räumen in exklusiven Nachtclubs zu studieren. Auf Gruppen von Fachleuten wird diese Methode jedoch nur sehr selten angewandt.

Zu meinem Glück hatte jemand anderer bereits die Weichen gestellt. John Van Maanen, ein mittlerweile emeritierter Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), hatte Ende der sechziger Jahre für seine Doktorarbeit Polizeibeamte in Südkalifornien bei der Arbeit beobachten wollen. Aber die Polizisten wollten nicht beobachtet werden, was verständlich war, denn seit den Rassismus-Unruhen in Watts (Los Angeles) im Jahr 1965 war die Beziehung zwischen den Sicherheitskräften und der Allgemeinheit extrem angespannt und von Misstrauen geprägt. (Diese Ereignisse wühlten die amerikanische Öffentlichkeit ähnlich auf wie die Ermordung George Floyds ein halbes Jahrhundert später.) Da er mit höflichen Anfragen nichts erreichte – mehr als ein Dutzend schriftlicher Bitten, die Polizeiarbeit in der Gegend studieren zu dürfen, wurden abgelehnt –, wurde Van Maanen kreativ: Er schrieb sich in der Polizeischule ein, absolvierte die gesamte Ausbildung zum Polizisten und nahm sogar an bewaffneten Patrouillen teil. So gelang es ihm, das Vertrauen der Polizisten zu gewinnen und sie zur Kooperation in seiner Studie zu bewegen.

Van Maanen übernahm die Vorstellung, dass sich die Ethnographie für die biographische Darstellung eignet, und wurde zum Inbegriff dessen, was Mills Jahre früher theoretisch dargelegt hatte. Er bewies, dass Soziologen am meisten über ein Phänomen herausfinden können, indem sie darin eintauchen und ihre Erfahrungen auswerten. Die Anwendung dieser Strategie auf Gruppen, die sich der Transparenz verweigern, aber beträchtliche Macht ausüben, veränderte meine eigene Arbeit nachhaltig.

Die offizielle Berufsbezeichnung der Fachleute, deren Arbeit ich studierte, lautete »Vermögensverwalter«, aber eine zutreffendere Bezeichnung wäre »Geheimhaltungsexperten«. Während Van Maanens Ausbildung nur einige Monate dauerte, musste ich zwei Jahre in meine investieren. Das war nur dank eines deutschen Forschungsstipendiums möglich, das mich in die Lage versetzte, in diesem Zeitraum meine Lehrtätigkeit und meine Verwaltungsaufgaben ruhen zu lassen.1 In Deutschland sammelte ich verschiedene Zuschüsse ein, um die Ausbildungskosten von 50 000 Dollar bestreiten zu können. Das Programm setzte sich aus fünf getrennten Fächern zusammen, für die ich mich jeweils mehrere Monate mit umfangreichem Schulungsmaterial vorbereiten musste: Ich las Hunderte Seiten in riesigen Ordnern, die so dick waren wie Telefonbücher großer Städte. In jedem Fach folgte auf das Heimstudium ein einwöchiger Kurs mit Anwesenheitspflicht, in dem die Teilnehmer vier Tage lang von neun bis fünf unterrichtet wurden und am fünften Tag ein vierstündiges Examen ablegen mussten. Ich absolvierte ein überraschend intensives zweijähriges Studium und legte große Entfernungen zurück, um zu den verschiedenen Veranstaltungsorten zu reisen. Ich fand nie Arbeit als Vermögensverwalterin und wurde auch nicht nebenberuflich auf diesem Gebiet tätig, aber die Ausbildung öffnete mir das Tor zu einem geheimen Reich, zu dem ich andernfalls nie Zutritt erhalten hätte.

So kam es, dass ich viele Stunden in tristen Flughafenhotels und Konferenzzentren an ansonsten reizvollen Orten wie der Schweiz oder den Cayman Islands verbrachte und vieles über Treuhand- und Firmenrecht, Finanzen und Buchhaltung lernte. Die Kurse für Treuhand- und Firmenrecht waren anspruchsvoll, aber vergnüglich, während ich das Studium von Finanzen und Buchhaltung eher als Strafe empfand. Aber diese Investition von Zeit und Mühe machte alles andere möglich. Die Ausbildung half mir, mich mit dem Gebiet und den Praktiken vertraut zu machen, aber vor allem brachte sie mich mit Experten in Kontakt, die unter normalen Umständen nie mit mir gesprochen hätten. Ich hatte erwartet, in den Kursen auf angehende Vermögensverwalter zu treffen, aber tatsächlich lernte ich dort zahlreiche erfahrene Fachleute kennen. Die Vermögensverwaltung war erst Anfang der neunziger Jahre als eigener Beruf definiert worden, und eine weltweit anerkannte Qualifikation gab es erst fast ein Jahrzehnt später. Bis dahin hatten sich Rechtsanwälte, Buchhalter, Banker und andere einfach darauf spezialisiert, die Superreichen zu betreuen – sei es gezielt oder zufällig. Als zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine weltweit anerkannte Ausbildung eingeführt wurde, gewöhnten sich viele Klienten und Arbeitgeber rasch daran, eine entsprechende Qualifikation zu erwarten. Die vom internationalen Berufsverband der Vermögensverwalter – der in London ansässigen Society of Trust and Estate Practitioners – vorgeschriebene Zulassung wurde rasch zum erforderlichen Qualifikationsnachweis für jeden, der auf eine Stellenanzeige in der Financial Times oder anderen Fachpublikationen antworten wollte.

Dieses neue Qualifikationserfordernis bewegte viele erfahrene Fachleute aus aller Welt dazu, sich in dieselben Kurse einzuschreiben, die ich besuchte, obwohl viele von ihnen bereits seit Jahren oder sogar Jahrzehnten in der Branche tätig waren. Die meisten waren gelernte Rechtsanwälte oder Buchhalter, aber es gab auch einige Banker und sogar einzelne ehemalige Universitätslehrer unter ihnen. Die Kurse wurden von sehr erfahrenen Vermögensverwaltern geleitet, die teilweise an den Lehrbüchern mitgearbeitet hatten, die wir im Unterricht verwendeten.

In den Klassen sowie in Kaffee- und Essenspausen verbrachte ich etwa 200 Stunden mit diesen Fachleuten. Da wir normalerweise in den Konferenzhotels wohnten, in denen die Kurse stattfanden, boten sich zahlreiche Gelegenheiten zum informellen Gedankenaustausch. Ich konnte meine neuen Kollegen um Interviews bitten oder sie einfach beobachten, während sie von ihren Erfahrungen erzählten oder den neuesten Tratsch austauschten. Der Titel, den ich nach zwei Jahren erhielt, war meine Eintrittskarte zu Branchentreffen, bei denen sich Tausende Vermögensverwalter über bewährte Methoden und Innovationen informierten. Dort konnte ich auch Teilnehmer an meiner Studie anwerben.

Es waren keine Undercover-Recherchen. Wie von den Ethikregeln der modernen soziologischen Forschung vorgeschrieben, stellte ich mich stets mit meinem wirklichen Namen vor, erklärte, mit welchen Institutionen ich zusammenarbeitete, und machte Angaben zu den Zielen meiner Forschungsarbeit. Sowohl in den Kursen als auch bei Branchentreffen trug ich stets ein Namensschild, auf dem mein Arbeitsplatz angegeben war, damit jedermann klar war, dass er es mit einer Wissenschaftlerin zu tun hatte, die für ein Forschungsinstitut arbeitete. Als ich mit meinen Recherchen begann, wusste ich nicht, ob irgendjemand mit mir sprechen würde. Zu meiner Überraschung waren die meisten Vermögensverwalter durchaus bereit zu sprechen, sofern ich ihnen Anonymität garantierte. Wie der Soziologe Georg Simmel zu Beginn des 20. Jahrhunderts beobachtete, weckt die Begegnung mit Fremden bei vielen Menschen das Bedürfnis, ihre Seele zu erleichtern. Das, erklärte Simmel, führe dazu, dass dem Fremden »oft die überraschendsten Offenheiten und Konfessionen, bis zu dem Charakter der Beichte, entgegengebracht werden, die man jedem Nahestehenden sorgfältig vorenthält«.2

Eine Erklärung für die Offenherzigkeit der Vermögensverwalter war möglicherweise die paradoxe Tatsache, dass meine Gegenwart in mancher Hinsicht keine Bedrohung darstellte und in anderer Hinsicht provokant war. Feldstudien sind stets »sowohl ein sozialer als auch ein persönlicher Akt«, wie Van Maanen schrieb.3 Das bedeutet, dass die erhobenen Daten nicht von der Person des Forschers zu trennen sind, der sie sammelt. Fast ein Jahrhundert der sozialpsychologischen Forschung hat gezeigt, dass ein Mensch, der in einer Gruppe »zu anders« wirkt, Misstrauen weckt, weshalb die Mitglieder dieser Gruppe nicht offen mit ihm sprechen werden. Forscher müssen den von ihnen studierten Personen so ähnlich sehen, dass sie deren Vertrauen gewinnen können, und sei es auch nur vorübergehend für die Dauer eines Gesprächs. Van Maanen passte gut in die Gruppe der von ihm studierten Polizisten: Er war ein junger Weißer unter männlichen Weißen, die ebenfalls jung oder mittleren Alters waren. Er kleidete sich in seiner Freizeit sogar ähnlich wie seine Kollegen – samt Ansteckkrawatte. Diese äußeren Merkmale machten ihn zwar nicht zu »einem der Jungs«, aber zumindest zu einem »akzeptablen Inkompetenten«, das heißt zu jemandem, der genug wusste, um mit den Profis Schritt halten zu können, jedoch viele geduldige Erklärungen brauchte.

Ich wurde ebenfalls in mancher Hinsicht als »akzeptable Inkompetente« betrachtet. Obwohl ich eine weiße, leistungsfähige Fachfrau mit englischer Muttersprache war, fiel ich als Frau in der von Männern beherrschten Offshore-Welt auf. Es gibt nach wie vor wenige Vermögensverwalterinnen, was dazu führen kann, dass man als Frau in diesem Beruf unterschätzt und in Frage gestellt wird.

Im Berufsleben können diese Hindernisse hohe Einkommenseinbußen nach sich ziehen. Aber in der Welt der Ethnographie kann es ein großer Vorteil sein, als inkompetent eingeschätzt zu werden. Wenn andere dich für harmlos und stümperhaft halten und glauben, dass du der Aufgabe nicht gewachsen bist, nehmen sie dich nicht als Bedrohung wahr. Das könnte man in Anlehnung an den berühmten Fernsehdetektiv, dessen verwirrtes und schusseliges Auftreten den Mörder stets dazu verleitet, sich zu verraten, als »Columbo-Effekt« bezeichnen. In Gegenwart eines akzeptablen Inkompetenten sind viele Leute nicht auf der Hut und geben bereitwillig wertvolle Informationen preis.

Die Gegenwart einer Frau an einem Ort, an dem fast ausschließlich männliche Anwälte, Banker und Finanzexperten versammelt waren, war offenbar eine Einladung, das große Wort zu schwingen und dieser Frau die Welt zu erklären. Besonders deutlich wurde dies, als ich wie eine Offshore-Version der Polizeichefin Marge Gunderson im Film Fargo hochschwanger bei Versammlungen auftauchte. Oft war mein größtes Problem, dass es mir schwerfiel, mir schnell genug Notizen zu machen, um die Unmenge von Daten zu bewältigen, mit denen ich überhäuft wurde. Einer meiner besten Informanten – ein eleganter deutscher Vermögensverwalter, der sich nach einer glänzenden vierzigjährigen Karriere gerade aus dem Berufsleben zurückgezogen hatte – war derart darauf versessen, seine »Kriegsgeschichten« mit mir zu teilen, dass er erst nach dreieinhalb Stunden zu sprechen aufhörte, und auch das nur, weil die Kellner in dem Café, in dem wir saßen, begonnen hatten, rund um uns die Stühle auf die Tische zu stellen und den Boden aufzuwischen.

Wie bei Inspektor Columbo hatten die Interviews manchmal etwas von einer Beichte. Praktisch alle Vermögensverwalter, mit denen ich sprach, hatten wie die von Van Maanen studierten Polizisten das Gefühl, ihr Beruf werde missverstanden und unverdientermaßen verteufelt. Einige von ihnen sahen in den Interviews vielleicht eine Gelegenheit, ein schiefes Bild geradezurücken. Andere hatten Gewissensbisse, weil ihre Arbeit zur wachsenden wirtschaftlichen und politischen Ungleichheit in der Welt beitrug.4 Es wäre riskant gewesen, ihre Zweifel mit ihren Kollegen (die dieses Eingeständnis gegen sie verwenden konnten) oder mit ihrer Familie zu teilen (da diese möglicherweise um ihren Lebensunterhalt fürchten würde). Hingegen konnten sie ein Interview mit mir als inoffizielle Beichte nutzen.

Diese beiden ersten Jahre der Ausbildung zur Vermögensverwalterin, die mich in direkten Kontakt mit Kollegen brachten und mir zeigten, dass diese Fachleute tatsächlich mit mir sprechen würden, lieferten den Machbarkeitsnachweis, den ich brauchte, um Zugang zu Forschungszuschüssen zu erhalten und das Projekt voranzutreiben. In den folgenden sechs Jahren bereiste ich sämtliche Weltregionen: Ich besuchte glitzernde europäische und nordamerikanische Metropolen, Entwicklungsländer in Südamerika und Afrika, die Inseln im Indischen Ozean, die Karibik und den Südpazifik. Meine Qualifikation öffnete mir Türen, die für die Öffentlichkeit verschlossen waren, und erlaubte es mir, mich bei Branchentreffen mit Vermögensverwaltern zusammenzusetzen oder sie in ihren Büros zu interviewen.

In diesen Jahren hat sich das Offshore-System weiter verändert und überraschende Geheimnisse preisgegeben. Im September 2015, als ich einem Verleger mein erstes Buch über die Offshore-Finanzen (Capital Without Borders) vorlegte, waren die Panama Papers noch nicht veröffentlicht worden. Aber sechs Monate später bekam die Weltöffentlichkeit plötzlich all die Leichen zu Gesicht, die im Offshore-Keller versteckt gelegen hatten: 11,5 Millionen Dokumente der in Panama-Stadt ansässigen Vermögensverwaltungsfirma Mossack Fonseca. Die folgenden beiden Offshore-Leaks, die Paradise Papers (2017) und die Pandora Papers (2021), öffneten der Welt die Augen dafür, dass die finanzielle Korruption ein fast unvorstellbares Ausmaß angenommen hatte. Man hätte es für eine Verschwörungstheorie halten können, wären die Dokumente nicht für jedermann sichtbar gewesen. Spätere Enthüllungen über den Einfluss der Offshore-Finanzen auf Wahlen auf beiden Seiten des Atlantiks sowie über ihren Beitrag zur Invasion der Ukraine im Jahr 2022 haben bewiesen, wie mächtig dieses Geheimsystem nach wie vor ist. Was zu Beginn des Jahrtausends als ein esoterisches Forschungsthema erschien, das sogar auf wohlmeinende Kollegen in der Wirtschaftssoziologie unergiebig wirkte, erwies sich immer von Neuem als sehr bedeutsam.

Bis heute habe ich 70 Vermögensverwalter in 19 Ländern interviewt, und solange es mir möglich ist, werde ich weiter Daten sammeln. Jeden Monat und manchmal öfter lerne ich etwas Neues über die Funktionsweise des Offshore-Systems und darüber, wie es sich weit über die Welt der Superreichen hinaus auf das Alltagsleben auswirkt. Nach sechzehnjähriger Forschung scheint mir geradezu prophetisch, was Van Maanen nur neun Monate nach Beginn meiner Arbeit zu mir sagte: Er war überzeugt, dies sei ein »Lebensprojekt«.

Alles fing damit an, dass ich als Kind ein Geheimnis über sehr reiche Menschen erfuhr: Sie waren in allen Lebensbereichen auf bezahlte Hilfe angewiesen. Das war der Schlüssel, der mir das Tor zu einem neuen Forschungsgebiet öffnete. Aber die Untersuchung der Geheimnisse und der legalisierten Gesetzlosigkeit mancher Angehöriger der globalen Eliten erforderte Fähigkeiten, die man in einer akademischen Laufbahn nicht erwerben kann. Um durch den Dienstboteneingang in ihre Welt einzutreten, brauchte ich Kreativität und Einfallsreichtum, denn nichts in der methodologischen Ausbildung, die ich erhalten hatte, hatte mich darauf vorbereitet, an geheime Orte vorzudringen, an denen ich nicht willkommen war. Wie das gelingen konnte, musste ich im Verlauf meiner Reise herausfinden; und ich musste trotz einiger unerwarteter Gefahren hartnäckig bleiben. Auf einige der wertvollsten Informationen stieß ich, weil Dinge vollkommen schiefgingen. Es ist eine Sache, zu wissen, dass die Klienten von Offshore-Finanzdienstleistungen alles tun werden, um ihre Geheimnisse zu wahren. Doch sehr viel aufschlussreicher ist es, in der Realität zu erfahren, dass sie es tatsächlich todernst meinen.