Organon der Heilkunst (Klassiker der Homöopathie) - Samuel Hahnemann - E-Book

Organon der Heilkunst (Klassiker der Homöopathie) E-Book

Samuel Hahnemann

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  • Herausgeber: e-artnow
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Dieses eBook: "Organon der Heilkunst (Klassiker der Homöopathie)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Samuel Hahnemann (1755-1843) war ein deutscher Arzt, medizinischer Schriftsteller und Übersetzer. Er ist der Begründer der Homöopathie. Aus dem Buch: "Die Homöopathik weiß, daß Heilung nur durch Gegenwirkung der Lebenskraft gegen die eingenommene, richtige Arznei erfolgen kann, eine um desto gewissere und schnellere Heilung, je kräftiger noch beim Kranken seine Lebenskraft vorwaltet. Die Homöopathik vermeidet daher selbst die mindeste Schwächung, auch möglichst jede Schmerz-Erregung, weil auch Schmerz die Kräfte raubt, und daher bedient sie sich zum Heilen bloß solcher Arzneien, deren Vermögen das Befinden (dynamisch) zu verändern und umzustimmen, sie genau kennt und sucht dann eine solche heraus, deren Befinden verändernde Kräfte (Arzneikrankheit) die vorliegende natürliche Krankheit durch Aehnlichkeit aufzuheben im Stande sind, und giebt dieselbe einfach, in feinen Gaben dem Kranken ein; wovon die Folge: daß ohne ihn im Mindesten zu schwächen oder zu peinigen und zu quälen, die natürliche Krankheit ausgelöscht wird und der Kranke schon während der Besserung von selbst bald erstarkt und so geheilt ist - ein zwar leicht scheinendes, doch sehr nachdenkliches, mühsames, schweres Geschäft, was aber die Kranken in kurzer Zeit, ohne Beschwerde und völlig zur Gesundheit herstellt - und so ein heilbringendes und beseeligendes Geschäft wird. Hienach ist die Homöopathik eine ganz einfache, sich stets in ihren Grundsätzen so wie in ihrem Verfahren gleichbleibende Heilkunst."

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Samuel Hahnemann

Organon der Heilkunst (Klassiker der Homöopathie)

e-artnow, 2022 Kontakt: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Vorrede zur vierten Ausgabe.
Einleitung.
1. 2. Der einzige Beruf des Arztes ist schnelles, sanftes, dauerhaftes Heilen; Anm. nicht das Schmieden theoretischer Systeme und Erklärungs-Versuche.
3. 4. Er muß das an Krankheiten zu Heilende aufsuchen und das Heilende in den verschiednen Arzneien kennen, um dieses jenem anpassen zu können, auch die Gesundheit der Menschen zu erhalten verstehen.
5. 6. Die Krankheiten sind an sich unerkennbar im innerlich Veränderten, aber deutlich erkennbar in den Symptomen. Anm. Erklärung des Gesagten.
7. Zur Heilung beihülfliches Achten auf Veranlassung, Grundursache und andre Umstände.
8. Die Krankheit besteht für den Arzt bloß in der Gesammtheit ihrer Symptome.
9. Unter Achtung auf jene Umstände (7.) braucht der Arzt bloß die Gesammtheit der Symptome hinwegzunehmen. um die Krankheit zu heilen. Anm. a. Die offenbar die Krankheit veranlassende und unterhaltende Ursache ist hinwegzuräumen. Anm. b. Verwerflichkeit der symptomatischen, auf ein einziges Symptom gerichteten, palliativen Curart.
10. 11. 12. Sind alle Symptome getilgt, so ist jederzeit die Krankheit auch in ihrem Innern geheilt.
13. Die Gesammtheit der Symptome ist die einzige Indication, die einzige Hinweisung auf ein zu wählendes Heilmittel.
14. Die Befindens-Veränderung in Krankheiten (die Krankheits-Symptome) kann von den Arzneien nicht anders geheilt werden, als in sofern diese die Kraft haben, ebenfalls Befindens-Veränderungen im Menschen zuwege zu bringen.
15. Diese Befindens-Veränderungs-Kraft der Arzneien kann bloß bei ihrer Einwirkung auf (gesunde) Menschen wahrgenommen werden.
16. Die krankhaften Symptome, welche die Arzneien im gesunden Menschen erzeugen, sind das Einzige, woraus wir ihre Krankheit-Heilungs-Kraft erkennen lernen.
17. Zeigt die Erfahrung, daß durch Arzneien, welche ähnliche Symptome, als die Krankheit, haben, diese am gewissesten und dauerhaftesten geheilt werde, so hat man zum Heilen Arzneien von ähnlichen Symptomen – zeigt sie, daß die Krankheit am gewissesten und dauerhaftesten durch entgegengesetzte Arznei-Symptome geheilt werde, so hat man Arzneien von entgegengesetzten Symptomen zum Heilen zu wählen. Anm. Der Gebrauch der Arzneien, deren Symptome keinen eigentlichen (pathischen) Bezug auf die Krankheits-Symptome haben, den Körper aber andersartig angreifen, ist die allopathische, verwerfliche Curmethode.
18. Durch entgegengesetzte Arznei-Symptome ( antipathische Cur) werden anhaltende Krankheits-Symptome nicht geheilt.
19. 20. Nur die noch übrige homöopathische Heilmethode durch Arzneien von ähnlichen Symptomen zeigt sich in der Erfahrung durchaus hülfreich.
21. Dieß beruht auf dem Natur-Heilgesetze, daß eine schwächere dynamische Affection im lebenden Menschen von einer ihr sehr ähnlichen, stärkern, bloß der Art nach abweichenden, dauerhaft ausgelöscht wird. Anm. Dieß geschieht auch bei physischen Affectionen, wie bei moralischen Uebeln.
22. Das Heil-Vermögen der Arzneien beruht daher auf ihren der Krankheit ähnlichen Symptomen.
23–27. Versuch einer Erklärung dieses Natur-Heilgesetzes.
28. Der menschliche Körper ist weit geneigter, sich durch Arzneikräfte in seinem Befinden umstimmen zu lassen, als durch natürliche Krankheit.
29. 30. Des homöopathischen Heilgesetzes Richtigkeit zeigt sich an dem Nicht-Gelingen jeder unhomöopathischen Cur eines ältern Uebels und daran, daß auch zwei im Körper zusammentreffende, natürliche Krankheiten, sobald sie einander unähnlich sind, einander nicht aufheben und nicht heilen.
31. I. Die ältere, im Körper wohnende Krankheit hält, wenn sie gleich stark, oder stärker ist, eine neue, unähnliche Krankheit vom Menschen ab.
32. So bleiben auch bei unhomöopathischen Curen, die nicht heftig sind, die chronischen Krankheiten, wie sie waren.
33. II. Oder eine den schon kranken Menschen befallende, neue, stärkere Krankheit unterdrückt nur, so lange sie dauert, die alte, im Körper wohnende, ihr unähnliche Krankheit, hebt diese aber nie auf.
34. Eben so heilen starke Curen mit allopathischen Arzneien keine chronische Krankheit, sondern unterdrücken sie nur so lange, als der Angriff mit heftigen Arzneien dauert, welche keine der Krankheit ähnliche Symptome für sich erregen können; hernach kommt die chronische Krankheit eben so schlimm und schlimmer wieder hervor.
35. III. Oder die neue Krankheit tritt nach langer Einwirkung auf den Körper zu der ältern, ihr unähnlichen, und es entsteht eine doppelte (complicirte) Krankheit; keine dieser beiden sich unähnlichen hebt die andre auf.
36. Noch weit öfterer, als im Laufe der Natur, gesellt sich eine durch langwierig angewendete, heftige, unpassende (allopathische) Arznei erzeugte Kunst-Krankheit beim gewöhnlichen Cur-Verfahren zu der ihr unähnlichen (folglich nicht durch jene heilbaren) alten, natürlichen Krankheit, und der chronisch Kranke ist nun doppelt krank.
37. Die sich so complicirenden Krankheiten nehmen, ihrer Unähnlichkeit wegen, jede den ihr im Organism gehörigen Platz ein.
38. 39. Aber ganz anders ist's beim Zutritt einer stärkern Krankheit zu der ihr ähnlichen, alten; denn diese wird dann von jener aufgehoben und geheilt.
40. Erklärung dieser Erscheinung.
41. Beispiele chronischer Krankheiten, durch zufälligen Zutritt einer andern, ähnlichen, stärkern geheilt.
42–44. Selbst von den im Laufe der Natur selbst zusammentreffenden Krankheiten kann nur die von ähnlichen Symptomen die andre aufheben und heilen, die unähnliche Krankheit aber kann es nie, zur Belehrung für den Arzt, mit welcher Art Arzneien er gewiß heilen könne, nämlich einzig mit den homöopathischen.
45. Die Natur hat nur wenige Krankheiten andern Krankheiten zur homöopathischen Hülfe zuzuschicken, und diese ihre Hülfsmittel sind mit vielen Unbequemlichkeiten verbunden.
46. Dagegen hat der Arzt unzählige Heilpotenzen mit großen Vorzügen vor jenen.
47. 48. Aus jenem Vorgange in der Natur wird der Arzt fortan die Lehre ziehen, Krankheiten nie anders als mit homöopathisch gewählten Arzneien zu behandeln und sie so zu heilen, nie aber mit andersartigen (allopathischen), welche nie heilen, sondern bloß den Kranken verderben.
49. 50. Es giebt nur drei mögliche Arten von Anwendung der Arzneien gegen Krankheiten: 1) die allein hülfreiche, homöopathische,
51. 2) die allopathische oder heteropathische,
52. 3) die antipathische (enantiopathische), palliative.
53. Auf welchem Cur-Wege gegen ein einzelnes Symptom der Krankheit eine Arznei von entgegengesetzter Wirkungs-Aeußerung (contraria contrariis) verordnet wird. Beispiele.
54. Dieses antipathische Verfahren ist nicht bloß fehlerhaft, weil es nur gegen ein einzelnes Krankheits-Symptom gerichtet ist, sondern auch, weil in anhaltenden Beschwerden, nach kurzer Schein-Erleichterung, wahre Verschlimmerung erfolgt. Anm. Zeugnisse der Schriftsteller.
55. Schädliche Erfolge einiger antipathischen Curen.
56. Die gesteigerten Gaben bei Wiederholung eines Palliativs heilen auch nie chronische Uebel, richten aber desto größeres Unglück an,
57. woraus die Aerzte auf die Hülfreichheit des gegenteiligen, allein guten Heilwegs hätten schließen sollen, nämlich des homöopathischen.
58. Der Grund von der Schädlichkeit der palliativen und von der alleinigen Heilsamkeit der homöopathischen Arznei-Anwendung
59. beruht auf dem Unterschiede der bei Einwirkung einer jeden Arznei statt findenden Erstwirkung und der hierauf vom lebenden Organism (der Lebenskraft) veranstalteten Gegenwirkung oder Nachwirkung.
60. Erklärung der Erstwirkung und der Nachwirkung.
61. Beispiele von beiden.
62. Bloß bei den kleinsten homöopathischen Arzneigaben im Heilgeschäfte wird die Nachwirkung der Lebenskraft einzig durch die Herstellung des Gleichgewichts der Gesundheit kund.
63. Aus diesen Wahrheiten geht die Heilsamkeit der homöopathischen, so wie die Verkehrtheit der antipathischen (palliativen) Verfahrungsart hervor. Anm. Fälle, in denen die antipathische Anwendung der Arzneimittel noch einzig brauchbar ist.
64. Wie folgt aus diesen Wahrheiten die Heilsamkeit der homöpathischen Heilart?
65. Wie folgt aus diesen Wahrheiten die Schädlichkeit des antipathischen Verfahrens? Anm. Entgegengesetzte Empfindungen neutralisiren sich im menschlichen Sensorium nicht, also nicht wie entgegengesetzte Substanzen in der Chemie
66. Kurzer Inbegriff der homöopathischen Heilart.
67. Die drei zum Heilen nöthigen Punkte: 1) die Erforschung der Krankheit, 2) die Erforschung der Wirkung der Arzneien, und 3) ihre zweckmäßige Anwendung.
68. Allgemeine Uebersicht der Krankheiten – acute chronische.
69. Acute Krankheiten Einzelner, sporadische, epidemische, acute Miasmen.
70. Uneigentliche chronische Krankheiten.
71. Eigentliche chronische Krankheiten; sie entstehen alle aus chronischen Miasmen.
72. Syphilis und Sykosis.
73. 74. Psora; sie ist die Mutter aller eigentlichen chronischen Krankheiten, die syphilitischen und sykosischen ausgenommen. Anm. Krankheitsnamen der gewöhnlichen Pathologie.
75. Unter den für diese chronischen Miasmen, namentlich für die Psora, gefundenen, specifischeren Heilmitteln ist für jeden einzelnen Fall von chronischer Krankheit eine um so sorgfältigere Wahl zur Heilung zu treffen.
76. Erfordernisse zur Auffassung des Krankheitsbildes.
77–92. Vorschrift, wie der Arzt das Krankheitsbild zu erkundigen und aufzuzeichnen hat.
93–95. Erforschung der epidemischen Krankheiten insbesondre.
96. Auf gleiche Weise mußte die Grundursache der (unsyphilitischen) chronischen Krankheiten ausgemittelt und das große Gesammt-Bild der Psora aufgestellt werden.
97. Nutzen des schriftlich aufgezeichneten Krankheitsbildes zum Heilen und beim Verfolg der Cur.
98-107. Vorerinnerung zur Erforschung der reinen Arznei-Wirkungen an gesunden Menschen. Erstwirkung. Nachwirkung.
108. Wechselwirkungen der Arzneien.
109. 110. Idiosyncrasien.
111. 112. Jede Arznei hat von der andern abweichende Wirkungen. Anm. Es kann keine Surrogate geben.
113. Jede Arznei muß daher auf die Eigenheit ihrer besondern Wirkungen sorgfältig geprüft werden.
114–134. Verfahren dabei, wenn man sie an andern Personen versuchen läßt.
135. Die Versuche des gesunden Arztes mit Arzneien an sich selbst bleiben die vorzüglichsten.
136. Die Erforschung der reinen Arzneiwirkungen in Krankheiten ist schwierig.
137–139. Aus solcher Erforschung der reinen Wirkungen der Arzneien an Gesunden entsteht erst eine wahre materia medica.
140. Die zweckmäßigste Anwendung der nach ihrer eigentümlichen Wirkung gekannten Arzneien zum Heilen.
141. Die homöopathisch passendste Arznei ist die hülfreichste, ist das specifische Heilmittel.
142. Andeutung, wie die homöopathische Heilung zugehen mag.
143. Die homöopathische Heilung schnell entstandner Krankheit erfolgt schnell; die der chronischen Siechthume aber erfordert verhältnismäßig mehr Zeit.
144. Geringe Unpäßlichkeiten.
145. Die bedeutenden Krankheiten haben mehre Symptome.
146. Für die mit mehren, auffallenden Symptomen läßt sich desto gewisser ein homöopathisches Heilmittel finden.
147. Auf welche Art von Symptomen man hiebei vorzüglich zu achten habe?
148. Ein möglichst homöopathisches Mittel heilt ohne bedeutende Beschwerde.
149. Ursache der Beschwerdelosigkeit solcher Heilung.
150. Ursache der kleinen Ausnahmen hievon.
151-154. Die die ursprüngliche Krankheit etwas an Stärke übertreffende, sehr ähnliche Arzneikrankheit, auch homöopathische Verschlimmerung genannt.
155. In chronischen (psorischen) Krankheiten erfolgen die homöopathischen Verschlimmerungen von den (antipsorischen) homöopathischen Arzneien im Verlaufe mehrer Tage, von Zeit zu Zeit.
156–168. Maßregeln bei der Heilung, wenn der Vorrath gekannter Arzneien zur Findung eines vollkommen homöopathischen Mittels zu klein ist.
169–181. Maßregeln bei Heilung der Krankheiten mit allzuwenigen Symptomen: einseitige Krankheiten.
182–200. Behandlung der Krankheiten mit Local-Symptomen; ihre äußere Behandlung ist stets verderblich.
201. 202. Alle eigentliche (nicht bloß von übler Lebensart entstandene und unterhaltene) chronische Uebel und Siechthume müssen mit den, ihrem zum Grunde liegenden Miasm angemessenen, homöopathischen Arzneien bloß von innen geheilt werden.
203. Vorgängige Erkundigung nach dem zum Grunde liegenden Miasm, dem einfachen oder dessen Complication mit einem zweiten (oder wohl auch dritten) Miasm.
204. Erkundigung der vorher gebrauchten Curen.
205. 206. Uebrige, nöthige, vorgängige Erkundigungen vor Auffassung des Krankheitsbildes des chronischen Uebels.
207–227. Behandlung der sogenannten Geistes- oder Gemüths-Krankheiten.
228. 229. Die Wechselkrankheiten. Die alternirenden.
230. 231. Die typischen Wechselkrankheiten.
232–239. Die Wechselfieber.
240–251. Gebrauchsart der Heilmittel.
252–256. Zeichen der anfangenden Besserung.
257. 258. Falsche Vorliebe für Lieblings-Mittel und ungerechter Hass gegen andre Arzneien.
259–261. Lebensordnung in chronischen Krankheiten. Anm. Schädliche Dinge in der Lebensweise.
262. 263. Diät in acuten Krankheiten.
264–266. Wahl der vollkräftigsten, ächtesten Arzneien. Anm. Aenderung einiger Stoffe durch Zubereitung zu Nahrungsmitteln.
267. Zubereitung der kräftigsten und haltbarsten Arzneiform aus frisch zu erlangenden Kräutern.
268. Trockne Gewächssubstanzen. Anm. Pulver-Zubereitung zum Aufbewahren.
269. Die beste Form der Arzneien zum Gebrauche bei Kranken ist die in Auflösung.
270–272. Nur eine einzige, einfache Arznei ist auf einmal dem Kranken zu geben.
273–285. Gaben-Größe zu homöopathischem Behufe – wodurch sie verstärkt oder verkleinert werden. Ihre Potenzirung.
286-290. Welche Theile des Körpers sind mehr oder minder empfänglich für die Einwirkung der Arzneien?
291. 292. Thierischer Magnetismus (Mesmerismus). Die positive und die negative Anwendung desselben.

Vorrede zur vierten Ausgabe.

Inhaltsverzeichnis

Wäre diejenige Natur, deren Selbsthülfe in Krankheiten von der bisherigen Arzneischule als unübertreffliche Heilart angenommen ward, deren Nachahmung des Arztes höchster Zweck sey, die große Natur selbst, d. i. die Stimme der Allweisheit des großen Agens im unendlichen Naturganzen, so müßten wir dieser untrüglichen Stimme folgen, wiewohl dann nicht abzusehen wäre, warum wir nun als Aerzte diese angeblich unübertrefflichen Veranstaltungen der (zweideutig sogenannten) Naturhülfe in Krankheiten durch unsre künstlichen Eingriffe mit Arzneien stören oder zweckwidrig erhöhen sollten; aber es ist ganz anders! Jene Natur, deren Selbsthülfe von der bisherigen Arzneischule als unübertreffliche und einzig nachahmungswerthe Heilart angegeben ward, ist bloß die individuelle Natur des organischen Menschen, ist nichts als die instinktartige, verstandlose, keiner Ueberlegung fähige, an die organischen Gesetze unsers Körpers gebundene Lebenskraft, welche vom Schöpfer nur dazu bestimmt, beim Wohlbefinden des Menschen die Thätigkeit und die Gefühle seines Organisms in wunderbar vollkommnem, gesundem Gange zu erhalten, nicht aber geschaffen ward, noch auch geeignet ist zur besten Wiederherstellung der gestörten oder verlornen Gesundheit. Denn wird so unsre Lebenskraft durch widrige Einwirkungen von der Außenwelt in ihrer Integrität abgeändert, so bestrebt sich dieses Kraftwesen, instinktmäßig und automatisch, sich durch revolutionäre Veranstaltungen von der entstandnen Verstimmung (Krankheit) zu retten; ihre Bestrebungen sind aber selbst Krankheit, sind ein zweites anderes Uebel an der Stelle des ursprünglichen; sie macht nach den Gesetzen der Einrichtung des Organums, auf denen sie beruht, eine andersartige Krankheit, um die in ihr erregte von sich zu treiben, was sie durch Schmerz, Metastasen u. s. w., am meisten aber durch Ausleerungen und Aufopferung vieler flüssigen und festen Theile des Körpers zu bewirken strebt, mit schwierigem, oft zweideutigem, widrigem, oft auch betrübtem Ausgange.

Hätten die Menschen nicht von jeher diese Unvollkommenheit und die nicht seltne Zweckwidrigkeit jener blinden Bestrebungen der instinktartigen, verstandlosen Lebenskraft zur Selbsthülfe in Krankheiten eingesehn, so würden sie sich nicht so sehr gesehnt, noch sich beeifert haben, durch Anbringung besserer Hülfsmittel der leidenden Lebenskraft, die sich selbst so wenig zu helfen wußte, beizustehn, den Krankheitsproceß auf einem kürzern und sichrem Wege zu beendigen und so baldigst die gewünschte Gesundheit herzustellen – sie würden, mit einem Worte, sich nicht beeifert haben, eine Heilkunst zu erfinden.

Da aber, was man bisher Heilkunst hieß, in einem bloßen (unvollkommnen) Nachahmen jener, unhülfreichen, zweckwidrigen, nicht selten verderblichen Bestrebungen und Veranstaltungen der sich in Krankheit selbst überlassenen, instinktartigen, verstandlosen Lebenskraft bestand (die man mit dem mißdeutlichen Namen: Natur belegte), so wird man mir zugeben, daß die wahre Heilkunst vor mir noch nicht gefunden war.

Daß aber die Homöopathik diese bisher vergeblich gesuchte Heilkunst sey, lehren ihre Grundsätze, beweisen ihre Leistungen.

Köthen, im Januar 1829.

Samuel Hahnemann.

Einleitung.

Inhaltsverzeichnis

I. Hinblick auf die Allopathie der bisherigen Arzneischule.

Ohne die Verdienste zu verkennen, welche viele Aerzte um die Hülfswissenschaften der Medicin, um die Naturkenntniße in der Physik und der Chemie, um die Naturgeschichte in ihren verschiedenen Zweigen und der des Menschen im Besondern, um die Anthropologie, Physiologie und Anatomie u. s. w. sich erwarben, habe ich es hier nur mit dem praktischen Theile der Medicin zu thun, um zu zeigen, wie die Krankheiten bisher so unvollkommen behandelt wurden. Tief jedoch liegt unter meinem Vorhaben jener handwerksmäßige Schlendrian, das kostbare Menschenleben nach Recepttaschenbüchern zu kuriren, deren noch fortwährende Erscheinung im Publikum, leider, noch immer ihren häufigen Gebrauch erweiset. Ich lasse sie als Skandale der Hefe des gemeinen Arztvolkes ganz unberücksichtigt. Ich rede bloß von der bisherigen Arzneikunst, die sich wissenschaftlich dünkt, eingebildet auf ihre Alterthümlichkeit.

Diese alte Arzneischule bildete sich viel darauf ein, vorgeben zu können, daß sie allein den Namen » rationelle Heilkunst« verdiene, weil sie allein die Ursache der Krankheit aufsuche und hinwegzuräumen sich bemühe, auch nach dem Vorgange der Natur in Krankheiten verfahre.

Tolle causam! ruft sie wiederholt. Aber bei diesem leeren Rufe blieb es gewöhnlich. Sie wähnten nur, die Krankheits-Ursache finden zu können, fanden sie aber nicht. Denn da die meisten, ja die allermeisten Krankheiten dynamischen Ursprungs und dynamischer Natur sind, ihre Ursache also nicht sinnlich zu erkennen ist, so waren sie beflissen, sich eine zu erdenken, und aus der Ansicht der Theile des normalen, todten, menschlichen Körpers (Anatomie), verglichen mit den sichtbaren Veränderungen dieser innern Theile an Krankheiten verstorbener Menschen (pathologische Anatomie), so wie aus dem, was aus der Vergleichung der Erscheinungen und Funktionen im gesunden Leben (Physiologie) mit den unendlichen Abweichungen derselben in den unzähligen Krankheitszuständen (Pathologie, Semiotik) sich zu ergeben schien, Schlüsse auf den unsichtbaren Vorgang der Veränderungen im innern Wesen des Menschen bei Krankheiten zu ziehen – ein dunkles Phantasiebild, was die theoretische Medicin für ihre prima causa morbi hielt, die dann die nächste Ursache der Krankheit und auch zugleich das innere Wesen der Krankheit, die Krankheit selbst, seyn sollte – obgleich, nach dem gesunden Menschenverstande, die Ursache eines Dinges nie ungleich das Ding selbst seyn kann. Wie konnten sie nun, ohne Selbsttäuschung, dieß unerkennbare, innere Wesen zum Heilgegenstande machen und dagegen Arzneien verordnen, deren Heiltendenz ihnen ebenfalls größtentheils unbekannt war, und zwar mehre solche ungekannte Arzneien zusammen gemischt in sogenannten Recepten?

Doch lösete sich dieß sublime Projekt, eine innere, unsichtbare, apriorische Krankheitsursache zu finden, wenigstens bei den verständigern Aerzten, in ein freilich auch von den Symptomen geleitetes auf, in ein Aufsuchen, was etwa muthmaßlich als der generelle Charakter des gegenwärtigen Krankheitsfalles anzunehmen sey? ob Krampf? oder Schwäche? oder Lähmung? oder Fieber? oder Entzündung? oder Verhärtung? oder Infarkten dieses oder jenes Theils? oder Blut-Uebermenge (Plethora)? Mangel oder Uebermaß an Sauer-, Kohlen-, Wasser- oder Stickstoff in den Säften? gesteigerte oder gesunkene Arteriellität, oder Venosität, oder Capillarität? relatives Verhältniß der Faktoren der Sensibilität, Irritabilität, oder Reproduktion? – Muthmaßungen, welche, von der bisherigen Schule mit dem Namen: Causal-Indication beehrt und für die einzig mögliche Rationalität in der Medicin gehalten, allzu trügliche, hypothetische Annahmen waren, als daß sie sich praktisch brauchbar hätten bewähren können – unfähig, selbst wenn sie gegründet hätten seyn können, oder gewesen wären, das treffendste Heilmittel für den Krankheits-Fall anzuzeigen, zwar der Eigenliebe des gelehrten Erdenkers wohl schmeichelnd, im darnach Handeln aber meist irre fahrend, und womit es mehr auf Ostentation, als auf ernstliche Findung der Heil-Indication angelegt war.

Und wie oft schien nicht in dem einen Theile des Organisms Krampf oder Lähmung zu seyn, während in einem andern Theile anscheinend Entzündung statt fand!

Oder wo sollten, auf der andern Seite, die für jeden dieser angeblichen, allgemeinen Charaktere sicher helfenden Arzneien herkommen? Die sicher helfenden hätten doch wohl keine andern als die specifischen seyn können, d. i. dem Krankheits-Reize in ihrer Wirkung homogene1 Arzneien, deren Gebrauch aber von der alten Schule als höchst schädlich verboten2 und verpönt war, weil die Beobachtung gelehrt hatte, daß, bei der in Krankheiten so hoch gesteigerten Receptivität für homogene Reize, solche Arzneien in den hergebrachten, großen Gaben lebensgefährlich sich erwiesen hatten. Von kleinem Gaben aber und höchst kleinen hatte die alte Schule keine Ahnung. Also auf geradem (natürlichsten) Wege durch homogene, specifische Arzneien durfte nicht geheilt werden, konnte auch nicht, da die meisten Wirkungen der Arzneien unbekannt waren und blieben.

———

Doch glaubte die bisherige Arzneischule, weil's ihr doch wohl verständiger deuchtete, wo möglich einen andern, geraden Weg zu suchen, als Umwege einzuschlagen, noch dadurch Krankheiten direkt aufzuheben, theils indem sie bedeutende Symptome durch entgegengesetzt wirkende Arzneien unterdrückte, das ist, durch das antipathische (palliative) Verfahren (welches im Texte des Organons d. H. gewürdigt wird), theils durch Wegschaffung der (angeblichen) materiellen Krankheits-Ursache – denn der gewöhnlichen Arzt-Schule war es fast unmöglich, sich bei Ansicht und Beurtheilung einer Krankheit und eben so wenig bei Aufsuchung der Cur-Indication von diesen materiellen Begriffen loszumachen und die Natur des geistig-körperlichen Organisms für ein so hoch potenzirtes Wesen anzuerkennen, daß die Abänderungen seines Lebens in Gefühlen und Thätigkeiten, die man Krankheiten nennt, hauptsächlich, ja fast einzig durch dynamische Einwirkungen bedingt und bewirkt werden müßten und gar nicht anders bewirkt werden könnten.

Durchaus sah die bisherige Schule jene durch die Krankheit veränderten Stoffe, die turgescirenden sowohl, als die sich absondernden, innormalen Stoffe für Krankheits-Erreger, wenigstens, wegen ihrer angeblichen Rückwirkung, als Krankheits-Unterhalter an und thut letzteres bis auf diese Stunde noch.

Daher wähnte sie Causal-Curen zu verrichten, indem sie diese eingebildeten und vorausgesetzten, materiellen Ursachen der Krankheit hinwegzuschaffen sich bemühte. Daher ihr emsiges Fortschaffen der Galle durch Erbrechen bei gallichten Fiebern3, ihre Brechmittel bei sogenannten Magen-Verderbnißen4, ihr fleißiges Auspurgiren des Schleims, der Spul- und Madenwürmer bei der Gesichts-Blässe, der Ess-Gier, dem Leibweh und den dicken Bäuchen der Kinder5, ihr Aderlassen bei Blutflüssen6, und vorzüglich alle Arten der Blut-Entziehungen7 als ihres Haupt-Indikats bei Entzündungen. Auf diese Weise glaubt sie ächte Causal-Indicationen zu befolgen und rationell zu kuriren. Ferner glaubt auch die alte, bisherige Arzneischule durch Abbindung von Polypen, Ausschneidung, oder, durch erhitzende Local-Mittel erkünstelte Vereiterung der kalten Drüsen-Geschwülste, durch Ausschälung der Balg- (Speck- Honig-) Geschwülste, durch Operationen der Pulsader-Geschwülste, der Thränen- und Mastdarm-Fisteln, durch Entfernung der skirrhösen Brust mittels des Schnitts, der Amputation eines knochenfräßigen Gliedes, u. s. w., den Kranken gründlich geheilt und Causal-Curen verrichtet zu haben, und glaubt es auch, wenn sie ihre Repellentia in Anwendung bringt: die alten, jauchenden Schenkel-Geschwüre (allenfalls bei gleichzeitigen, das Grund-Siechthum nicht mindernden, bloß schwächenden, Abführungs-Mitteln) durch adstringende Umschläge, durch Blei-, Kupfer- und Zink-Oxyde austrocknet, den Schanker wegbeizt, die Feigwarzen örtlich zerstört, die Krätze mit Salben von Schwefel, Blei-, Quecksilber- oder Zink-Oxyden von der Haut vertreibt, die Augen-Entzündungen mit Auflösungen von Blei oder Zink unterdrückt und durch Opodeldok, flüchtige Salbe, oder Räucherungen mit Zinnober oder Bernstein die ziehenden Schmerzen aus den Gliedmaßen verjagt; sie glaubt da überall das Uebel gehoben, die Krankheit besiegt und rationelle Causal-Curen ausgeführt zu haben; aber der Erfolg! die darauf, bald oder spät, doch unausbleiblich erscheinenden Metaschematismen, die sie dadurch veranlaßt (doch dann für neue Krankheiten ausgiebt), welche allemal schlimmer, als das erstere Uebel sind, widerlegen sie zur Gnüge und könnten und sollten ihr die Augen öffnen über die tiefer liegende, immaterielle Natur des Uebels und seinen dynamischen, bloß dynamisch zu hebenden Ursprung.

———

Ueberhaupt setzte die gewöhnliche Schule bis in die neuern (möchte ich doch nicht sagen dürfen, neuesten!) Zeiten bei Krankheiten am liebsten, wenn auch noch so fein gedachte, Krankheits-Stoffe (und Schärfen) voraus, welche durch Ausdünstung und Schweiß, durch die Harn-Werkzeuge, oder auch durch die Speichel-Drüsen aus den Blut- und Lymph-Gefäßen, durch die Luftröhr- und Bronchial-Drüsen als Brust-Auswurf, aus dem Magen und dem Darmkanale durch Erbrechungen und Abführungen fortgeschafft werden müßten, damit der Körper von der materiellen, Krankheit erregenden Ursache gereinigt und so eine gründliche Causal-Cur (nach dem Grundsatze: tolle causam!) vollführt werden könne.

Ich gebe zu, daß es der menschlichen Schwäche bequemer war, bei den zu heilenden Krankheiten einen sinnlich denkbaren Krankheitsstoff anzunehmen (zumal da auch die Patienten selbst sich leicht einer solchen Vorstellung hingaben), weil, man dann auf nichts weiter Bedacht zu nehmen hatte, als wo man genug, Blut und Säfte reinigende, Harn und Schweiß treibende, Brust-Auswurf befördernde und Magen und Darm ausscheuernde Mittel hernähme. Daher steht vom Dioscorides an, in allen materiis medicis bis auf die neuern Bücher dieser Art, fast nichts von den einzelnen Arzneien angemerkt, was jeder ihre sonstige, specielle, eigentliche Wirkung sey, sondern, außer den Angaben von ihrem vermeintlichen Nutzen gegen diesen oder jenen Krankheits-Namen der Pathologie, bloß: ob sie Harn, Schweiß, Brust-Auswurf oder Monat-Reinigung befördere, und vorzüglich, ob sie Ausleerung aus dem Speise- und Darm-Kanale von oben oder unten bewirke, weil alles Dichten und Trachten der praktischen Aerzte von jeher vorzüglich auf Ausleerung eines materiellen Krankheits-Stoffs und mehrer, den Krankheiten zum Grunde liegen sollender, (fingirter) Schärfen gerichtet war.

Dieß waren aber alles eitel Träume, ungegründete Voraussetzungen und Hypothesen, klüglich ersonnen zur Bequemlichkeit der Therapie, welche am leichtesten mit der Heilung durch Hinwegschaffung materieller Krankheits-Stoffe ( si modo essent!) fertig zu werden hoffte.

Nun kann sich aber das Wesen der Krankheiten und ihre Heilung nicht nach unsern Träumen oder nach unsrer Bequemlichkeit richten; die Krankheiten können unsrer Thorheit zu gefallen nicht aufhören, (geistige) dynamische Verstimmungen unseres geistartigen Lebens in Gefühlen und Thätigkeiten, das ist, immaterielle Verstimmungen unsers Befindens zu seyn.

Materiell können die Ursachen unsrer Krankheiten nicht seyn, da die mindeste fremdartige materielle Substanz8, sie scheine uns auch noch so mild, in unsre Blutgefäße gebracht, plötzlich, wie ein Gift, von der Lebenskraft ausgestoßen wird, oder, wo dieß nicht angeht, der Tod erfolgt. Selbst wenn der mindeste Splitter in unsre empfindlichen Theile geräth, so ruht das in unserm Körper allgegenwärtige Lebensprincip nicht eher, bis er durch Schmerz, Fieber, Eiterung oder Brand wieder herausgeschafft worden ist. Und dieß unermüdlich thätige Lebensprincip sollte, z. B. bei einer zwanzig Jahr alten Ausschlags-Krankheit zwanzig Jahre lang einen fremdartigen, so feindseligen, materiellen Ausschlags-Stoff, eine Flechten-, eine Skrophel-, eine Gicht-Schärfe, u. s. w. in den Säften gutmüthig dulden? Welcher Nosologe sah je mit leiblichen Augen einen solchen Krankheits-Stoff, daß er so zuversichtlich davon sprechen und ein medicinisches Verfahren darauf bauen will? Wer hat je einen Gicht-Stoff, ein Skrofel-Gift den Augen darlegen können?

Auch wenn die Anbringung einer materiellen Substanz an die Haut oder in eine Wunde Krankheiten durch Ansteckung fortgepflanzt hat, wer kann (wie so oft in unsern Pathogenien behauptet worden) beweisen, daß von dieser Substanz etwas Materielles in unsere Säfte eingedrungen oder eingesaugt worden sey9? Kein, auch noch so sorgfältiges, alsbaldiges Abwaschen der Zeugungstheile schützt vor der Ansteckung mit der venerischen Schanker-Krankheit. Schon ein Lüftchen, was von einem Menschenpocken-Kranken herüberweht, kann in dem gesunden Kinde diese fürchterliche Krankheit hervorbringen.

Wie viel materieller Stoff an Gewichte mag wohl auf diese Weise in die Säfte eingesaugt worden seyn, um im erstem Falle ein ungeheilt, erst mit dem entferntesten Lebensende, erst mit dem Tode erlöschendes, peinliches Siechthum (Lustseuche), im letztern Falle aber eine mit fast allgemeiner Vereiterung10 oft schnell tödtende Krankheit (Menschen-Pocken) hervorzubringen? Ist hier und in allen diesen Fällen wohl an einen materiellen, in das Blut übergegangenen Krankheits-Stoff zu denken? Ein im Krankenzimmer geschriebener Brief aus weiter Entfernung theilte schon oft dem Lesenden dieselbe miasmatische Krankheit mit. Ist wohl hier an eignen materiellen, in die Säfte eingedrungenen Krankheits-Stoff zu denken? Doch, wozu alle diese Beweise? Wie oft hat nicht schon ein kränkendes Wort ein gefährliches Gallenfieber, eine abergläubige Todes-Prophezeihung ein Absterben zur angekündigten Zeit, und eine jählinge, traurige öder höchst freudige Nachricht den plötzlichen Tod zuwege gebracht? Wo ist hier der materielle Krankheits-Stoff, der in den Körper leibhaftig übergegangen seyn, die Krankheit erzeugt und unterhalten haben und ohne dessen arzneiliche, materielle Hinwegschaffung und Ausführung keine gründliche Cur möglich seyn sollte?

Die Verfechter so grobsinnlich angenommener Krankheits-Stoffe mögen sich schämen, die geistige Natur unseres Lebens und die geistig dynamische Kraft Krankheit erregender Ursachen so unüberlegt übersehen und verkannt zu haben.

Sind denn die übelartigen, oft sehr ekelhaften Auswürfe in Krankheiten gerade der sie erzeugende und unterhaltende Stoff11, und nicht dagegen jederzeit Auswürfe und Producte der Krankheit, des bloß dynamisch gestörten und verstimmten Lebens?

Bei solchen falschen, materiellen Ansichten von der Entstehung und dem Wesen der Krankheiten war es freilich nicht zu verwundern, daß in allen Jahrhunderten von den geringen, wie von den vornehmen Praktikern, ja selbst von den Erdichtern der sublimsten, medicinischen Systeme immer hauptsächlich nur auf Ausscheidung und Abführung einer eingebildeten, krankmachenden Materie hingearbeitet und die häufigste Indication gestellet ward auf Zertheilung und Beweglich-Machung des Krankheits-Stoffs und seine Ausführung durch Speichel, Luft-Drüsen, Schweiß und Harn, auf eine durch die Verständigkeit der Wurzel- und Holztränke treugehorsam zu bewirkende Reinigung des Blutes von (Schärfen und Unreinigkeiten) Krankheits-Stoffen, die es nie gab, auf mechanische Abzapfung der erdichteten Krankheits-Materie durch Haarseile, Fontanelle, durch von immerwährendem Canthariden-Pflaster oder Seidelbast-Rinde offen und triefend erhaltene Haut-Stellen, vorzüglich aber auf Abführung und Auspurgirung der materia peccans, oder der schadhaften Stoffe, wie sie sie nannten, durch den Darmkanal mittels laxirender und purgirender Arzneien, die sie gern, um ihnen eine tiefsinnigere Bedeutung und ein schmeichelhafteres Ansehn zu geben (die Infarkten?), auflösende und gelind eröffnende benannten – lauter Veranstaltungen zur Fortschaffung feindseliger Krankheits-Stoffe, die es nie geben konnte und nie gegeben hat bei Erzeugung und Unterhaltung der Krankheiten des durch ein geistiges Princip lebenden, menschlichen Organisms – der Krankheiten, welche nie etwas Anderes waren, als geistig dynamische Verstimmungen seines an Gefühl und Thätigkeit geänderten Lebens.

Vorausgesetzt nun, wie nicht zu zweifeln ist, daß keine der Krankheiten – wenn sie nicht von verschluckten, gänzlich unverdaulichen oder sonst sehr schädlichen, in die ersten Wege oder in andre Oeffnungen und Höhlungen des Körpers gerathenen Substanzen, von durch die Haut gedrungenen, fremden Körpern, u. s. w. herrühren – irgend einen materiellen Stoff zum Grunde hat, sondern daß jede bloß und stets eine besondre virtuelle, dynamische Verstimmung des Befindens ist, wie zweckwidrig muß da nicht ein auf Ausführung12 jener erdichteten Stoffe gerichtetes Cur-Verfahren in den Augen jedes verständigen Mannes erscheinen, da nichts in den Hauptkrankheiten des Menschen, den chronischen, damit gewonnen werden kann, sondern allemal geschadet wird.

Die in Krankheiten sichtbar werdenden, entarteten Stoffe und Unreinigkeiten sind, mit einem Worte, wie nicht zu leugnen ist, nichts Anderes, als Erzeugnisse der Krankheit des in innormale Verstimmung gesetzten Organisms selbst, welche von diesem selbst oft heftig genug – oft allzu heftig – fortgeschafft werden, ohne der Hülfe der Ausleerungs-Kunst zu bedürfen, deren er auch immer wieder neue erzeugt, so lange er an dieser Krankheit leidet. Diese Stoffe bieten sich dem ächten Arzte oft selbst als Krankheits-Symptome dar und helfen ihm, die Beschaffenheit und das Bild der Krankheit erkennen, um sie mit einer ähnlichen, arzneilichen Krankheits-Potenz heilen zu können.

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Doch die neuen und bessern Anhänger der alten Schule wollen nicht mehr dafür angesehen seyn, als ob sie bei ihren Curen auf Abführung von materiellen Krankheits-Stoffen ausgingen. Sie erklären ihre vielen und mancherlei Ausleerungen für eine durch Ableitung helfende Cur-Methode, worin ihnen die Natur des kranken Organisms in ihren Bestrebungen, sich zu helfen, mit ihrem Beispiele vorangehe, Fieber durch Schweiß und Urin entscheide, Seitenstiche durch Nasenbluten, Schweiß und Schleim-Auswurf – andre Krankheiten durch Erbrechen, Durchfälle und After-Blutfluß, Gelenk-Schmerzen durch jauchende Schenkel-Geschwüre, Hals-Entzündung durch Speichelfluß, u. s. w. oder durch Metastasen und Abscesse, die die Natur in, vom Sitze des Uebels entfernten Theilen veranstalte. –

Sie glaubten daher am besten zu thun, wenn sie dieselbe nachahmten, indem auch sie in der Cur der meisten Krankheiten auf Umwegen zu Werke gingen und daher indirect13, wie die kranke, sich selbst überlassene Lebenskraft, durch Anbringung stärkerer, heterogener Reize in dem vom Krankheits-Sitze entfernten, und den kranken Gebilden am wenigsten verwandten (dissimilären) Organen Ausleerungen veranstalteten, gewöhnlich auch unterhielten, um das Uebel gleichsam dahin abzuleiten.

Diese sogenannte Ableitung war und blieb eine der Haupt-Curmethoden der bisherigen Arzneischule.

Sie suchten bei dieser Nachahmung der sich selbst helfenden Natur, wie sich Andre ausdrücken, in den Gebilden, welche am wenigsten krank sind und am besten die Arznei-Krankheit vertragen können, gewaltsam neue Symptome rege zu machen, welche unter dem Scheine von Crisen und unter der Form von Abscheidungen die erste Krankheit übertäuben und ableiten, um so den Heilkräften der Natur eine allmälige Lysis zu erlauben14.

Dieß führten sie aus durch Schweiß und Harn treibende Mittel, durch Blut-Entziehungen, durch Haarseile und Fontanelle, am meisten jedoch durch Ausleerungs-Reizungen des Speise- und Darm-Kanals, theils von oben durch Brechmittel, theils aber, und am liebsten, durch Abführungen von unten, die man auch eröffnende und auflösende15 Mittel nannte.

Dieser Ableitungs-Methode zur Beihülfe wurden die mit ihr verschwisterten, antagonistischen Reizmittel in Anwendung gesetzt: Schaafwolle auf bloßer Haut, Fußbäder, Ekel-Cur, durch Hunger gepeinigter Magen und Darm (Hunger-Cur), Schmerz, Entzündung und Eiterung in nahen und entfernten Theilen bewirkende Mittel, wie aufgelegter Märrettig, Senf-Teig, Kanthariden-Pflaster, Seidelbast, Haarseile (Fontanelle), Autenriethsche Salbe, Moxa, glühendes Eisen, Akupunktur, u. s. w., ebenfalls nach dem Vorgange der in Krankheiten sich zur Hülfe selbst überlassenen, rohen Natur, welche sich durch Schmerz-Erregung an entfernten Körperteilen, durch Metastasen und Abscesse, durch erregte Ausschläge und jauchende Geschwüre von der dynamischen Krankheit (und ist diese eine chronische, vergeblich) loszuwinden sucht.

Offenbar also nicht verständige Gründe, sondern einzig Nachahmung verleitete die alte Schule zu diesen unhülfreichen, indirecten Curmethoden, der ableitenden sowohl, als der antagonistischen – bewogen sie zu dieser so wenig dienlichen, so schwächenden, und so angreifenden Verfahrungsart, Krankheiten zu mindern oder zu beseitigen; denn Heilung kann man so etwas nicht nennen.

Sie folgte bloß dem Vorgange der rohen Natur in ihren, bloß in mäßigen, acuten Krankheits-Anfallen nothdürftig16 durchkommenden Bestrebungen – sie machte es bloß der sich in Krankheiten selbst überlassenen Lebens-Erhaltungs-Kraft nach, welche, einzig auf den organischen Gesetzen des Körpers, beruhend, einzig nur nach diesen organischen Gesetzen wirket, nicht nach Verstand und Ueberlegung zu handeln fähig ist – der rohen Natur, welche klaffende Wundlefzen nicht wie ein verständiger Wundarzt an einander zu bringen und durch Vereinigung zu heilen vermag, welche schief von einander abstehende Knochen-Bruch-Enden, so viel sie auch Knochen-Gallerte (oft zum Ueberfluß) ausschwitzen läßt, nicht gerade zu richten und auf einander zu passen weiß, keine verletzte Arterie unterbinden kann, sondern den Verletzten in ihrer Energie zu Tode bluten macht, welche nicht versteht, einen ausgefallenen Schulter-Kopf wieder einzurenken, wohl aber durch bald umher zuwege gebrachte Geschwulst die Kunst am Einrenken hindert – die, um einen in die Hornhaut eingestochenen Splitter zu entfernen, das ganze Auge durch Vereiterung zerstört und einen eingeklemmten Leisten-Bruch mit aller Anstrengung doch nur durch Brand der Gedärme und Tod zu lösen weiß, auch oft in dynamischen Krankheiten durch rare Metaschematismen die Kranken weit unglücklicher macht, als sie vorher waren. Noch mehr; die größten Peiniger unsers irdischen Daseyns, die Zunder zu den unzähligen Krankheiten, unter denen seit Jahrhunderten und Jahrtausenden die gepeinigte Menschheit seufzt, die chronischen Miasmen (Psora, Syphilis, Sykosis), nimmt die verstandlose Lebenskraft im Körper ohne Bedenken auf, vermag aber keins derselben nicht einmal zu mindern, geschweige denn eigenthätig wieder aus dem Organism zu entfernen; vielmehr läßt sie dieselben darin wuchern, bis der Tod oft nach einer langen, traurigen Lebenszeit dem Leidenden die Augen schließt.

Wie konnte wohl die alte Schule, die sich die rationelle nennt, jene verstandlose Lebenskraft in einer so viel Verstand, Nachdenken und Urtheilskraft erfordernden, hochwichtigen Verrichtung, als das Heil-Geschäft ist, zur einzig besten Lehrerin, zur blinden Führerin wählen, ihre indirecten und revolutionären Veranstaltungen in Krankheiten ohne Bedenken nachahmen, sie allein, als das non plus ultra, das ersinnlich Beste, nachahmen, da doch, um sie, zum Wohle der Menschheit, an Hülfsleistung unendlich übertreffen zu können, uns jene größte Gabe Gottes, nachdenklicher Verstand und ungebundene Ueberlegungskraft, verliehen war?

Wenn so, bei ihrer unbedenklichen Nachahmung jener rohen, verstandlosen, automatischen Lebens-Energie, die bisherige Arzneikunst in ihren antagonistischen und ableitenden Cur-Methoden – ihren allgewöhnlichen Unternehmungen – die unschuldigen Theile und Organe angreift und sie entweder mit überwiegendem Schmerze afficirt, oder sie, wie meistens, zu Ausleerungen, unter Verschwendung der Kräfte und Säfte, nöthigt, will sie die krankhafte Thätigkeit des Lebens in den ursprünglich leidenden Theilen ab- und auf die künstlich angegriffenen hinlenken, und so, indirect, durch Hervorbringung einer weit größern, andersartigen Krankheit in den gesundem Theilen, also durch einen Kräfte raubenden, meist schmerzhaften Umweg das Entweichen der natürlichen Krankheit erzwingen17 [unleserlicher Text]der zurück, weil durch die antagonistischen Schmerzen18 und die unzweckmäßigen Ausleerungen die Lebenskräfte zum Sinken gebracht worden sind.

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Während so die meisten Allopathen, die Hülfs-Bestrebungen der sich selbst überlassenen, rohen Natur im Allgemeinen nachahmend, nach Gutdünken (wo eine ihren Gedanken vorschwebende Indication sie dazu leitete) dergleichen angeblich nützliche Ableitungen in ihrer Praxis ausführten, unternahmen Andre, welche sich ein noch höheres Ziel vorsteckten, die in Krankheiten sich eben zeigenden Anstrengungen der Lebenskraft, sich durch Ausleerungen und antagonistische Metastasen zu helfen, mit Fleiß zu befördern und, um ihr gleichsam unter die Arme zu greifen, diese Ableitungen und Ausleerungen noch zu verstärken, und glaubten bei diesem nachtheiligen Verfahren duce natura zu handeln und sich mit dem Namen ministri naturae beehren zu können.

Da in langwierigen Krankheiten die von der Natur des Kranken veranstalteten Ausleerungen sich nicht selten als Erleichterungen beschwerlicher Zustände arger Schmerzen, Lähmungen, Krämpfe, u. s. w. ankündigen, so hielt die alte Schule diese Ableitungen für den wahren Weg, die Krankheiten zu heilen, wenn sie solche Ausleerungen beförderte, unterhielt, oder gar vermehrte. Sie sah aber nicht ein, daß alle jene durch die sich selbst überlassene Natur veranstalteten Auswürfe und Ausscheidungen (anscheinende Crisen) in chronischen Krankheiten nur palliative, kurz dauernde Erleichterungen seyen, welche so wenig zur wahren Heilung beitragen, daß sie vielmehr im Gegentheile das ursprüngliche, innere Siechthum mittels der dadurch erfolgenden Verschwendung der Kräfte und Säfte nur verschlimmern. Nie sah man durch solche Bestrebungen der rohen Natur irgend einen langwierig Kranken zur dauerhaften Gesundheit herstellen, nie durch solche vom Organism bewerkstelligte19 Ausleerungen irgend eine chronische Krankheit heilen. Vielmehr verschlimmert sich in solchen Fällen stets, nach kurzer, und immer kürzere und kürzere Zeit dauernde Erleichterung, das ursprüngliche Siechthum offenbar, die schlimmen Anfälle kommen öfterer wieder und stärker, trotz der fortdauernden Ausleerungen. – So auch, wenn die sich selbst überlassene Natur, bei den dem Leben von einem innern chronischen Uebel drohenden Befährdungen, sich nicht anders zu helfen weiß, als durch Hervorbringung äußerer Localsymptome, um die Gefahr von den zum Leben unentbehrlichen Theilen abzulenken und auf diese für das Leben nicht unentbehrlichen Gebilde durch Metastase hinzuleiten, so führen diese Veranstaltungen der energischen, aber verstandlosen und keiner Ueberlegung oder Fürsicht fähigen Lebenskraft, doch zu nichts weniger, als zu wahrer Hülfe oder Heilung; sie sind bloß palliative, kurze Beschwichtigungen für das gefährliche, innere Leiden, unter Vergeudung eines großen Theils der Säfte und Kräfte, ohne das Ur-Uebel auch nur um ein Haar zu verkleinern; sie können den, ohne ächte, homöopathische Heilung unausbleiblichen Untergang höchstens verzögern.

Die Allopathie der alten Schule überschätzte bei weitem diese Anstrengungen der rohen Naturkraft, hielt sie fälschlich für ächt heilsam, und suchte sie zu erhöhen und zu befördern, in dem Wahne, dadurch vielleicht das ganze Uebel vernichten und gründlich heilen zu können. Wenn die Lebenskraft bei chronischen Krankheiten dieses oder jenes beschwerliche Symptom des innern Befindens, z. B. durch einen feuchtenden Haut-Ausschlag zu beschwichtigen schien, da legte der Diener der rohen Naturkraft ( minister naturae) auf die entstandene jauchende Fläche ein Kanthariden-Pflaster oder ein Exutorium (Seidelbast), um duce natura noch mehr Feuchtigkeit aus der Haut zu ziehen und so den Zweck der Natur, die Heilung (durch Entfernung der Krankheits-Materie aus dem Körper?) zu befördern und zu unterstützen –; aber entweder, wenn die Einwirkung des Mittels zu heftig, die feuchtende Flechte schon alt und der Körper zu reizbar war, vergrößerte er, nutzlos für das Ur-Uebel, das äußere Leiden um Vieles, erhöhete die Schmerzen, welche dem Kranken den Schlaf raubten und seine Kräfte herabsetzten (auch wohl einen fieberhaften bösartigen Rothlauf ( erysipelas) herbeiführten), oder, bei milderer Einwirkung auf das vielleicht noch neue Localübel, vertrieb er damit durch eine Art übel angebrachten, äußern Homöopathisms das von der Natur zur Erleichterung des innern Leidens auf der Haut bewerkstelligte Localsymptom von der Stelle und erneuerte so das innere, gefährlichere Uebel, und verleitete durch diese Vertreibung des Localsymptoms die Lebenskraft zur Bereitung eines schlimmeren Metaschematisms auf andere, edlere Theile; der Kranke bekam gefährliche Augen-Entzündung, oder Taubhörigkeit, oder Magen-Krämpfe, oder epileptische Zuckungen, oder Erstickungs- oder Schlagfluß-Anfälle, oder Geistes- oder Gemüths-Krankheit, u. s. w. dafür20.

In demselben Wahne, die Lebenskraft in ihren Heil-Bestrebungen unterstützen zu wollen, legte, wenn die kranke Naturkraft Blut in die Venen des Mastdarms oder des Afters drängte (blinde Hämorrhoiden), der minister naturae Blutegel an, um dem Blute da Ausgang zu verschaffen, oft in Menge – mit kurzer, oft kaum nennenswerther Erleichterung, aber unter Schwächung des Körpers, und Veranlassung zu noch stärkeren Congestionen nach diesen Theilen, ohne das Ur-Uebel auch nur im Geringsten zu vermindern.

Fast in allen Fällen, wo die kranke Lebenskraft zur Beschwichtigung eines innern, gefährlichen Leidens etwas Blut auszuleeren suchte durch Erbrechen, durch Husten u. s. w., beeiferte er sich, duce natura, diese vermeintlich heilsamen Natur-Bestrebungen zu befördern und ließ reichlich Blut aus der Ader, nie ohne Nachtheil für die Folge und mit offenbarer Schwächung des Körpers.

Bei öftern, chronischen Uebelkeiten erregte er, in der Meinung, die Absichten der Natur zu befördern, starke Ausleerung aus dem Magen und gab tüchtig zu Brechen – nie mit gutem Erfolge, oft mit übeln, zuweilen fürchterlichen und gefährlichen Folgen.

Zuweilen erregt die Lebenskraft, um das innere Siechthum zu erleichtern, kalte Geschwülste äußerer Drüsen, und er glaubt, die Absichten der Natur, als ihr angeblicher Diener, zu befördern, wenn er sie durch allerlei erhitzende Einreibungen und Pflaster in Entzündung setzt, um dann die reife Eiterbeule mit dem Schnitte zu öffnen und die böse Krankheits-Materie herauszulassen. Welches langwierige Unheil aber dadurch, fast ohne Ausnahme, veranlasset wird, lehrt die Erfahrung hundertfältig.

Und da er öfters kleine Erleichterungen großer Uebel in langwierigen Krankheiten durch von selbst entstandenen Nacht-Schweiß oder durch manche dünne Stuhl-Ausleerungen bemerkt hatte, so wähnt er sich berufen, diesen Natur-Winken ( duce natura) zu folgen und sie befördern zu müssen durch Veranstaltung und Unterhaltung vollständiger Schwitz-Curen, oder Jahre lang fortgesetzter, sogenannter gelinder Abführungen, um jene, wie er meint, zur Heilung des ganzen chronischen Leidens führende Bestrebungen der Natur (der Lebenskraft des verstandlosen Organisms) zu fördern und zu vermehren und so den Kranken desto eher und gewisser von seiner Krankheit zu befreien.

Aber er bewirkt dadurch stets nur das Gegentheil im Erfolge: Verschlimmerung des ursprünglichen Leidens.

Dieser seiner vorgefaßten, obgleich grundlosen Meinung zufolge setzt der Allopathiker jene Beförderung21