Osnabrücker Remigration - Tina Schick - E-Book
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Osnabrücker Remigration E-Book

Tina Schick

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Beschreibung

Berni Theling, Student der Biologie und Theologie, wird am Fuße der Turmtreppe in St. Katharinen gefunden. War es ein Unfall oder sogar Mord? Tragen die Uhus, die er in der ersten Etage des Turms betreute, Mitschuld? Ein neuer Fall für Lisa und Johnny. Die Photographin und die Oberhauptkommissarin ermitteln mit präziser Recherche und kuriosem Bauchgefühl, mit Köpfchen und reichlich Prosecco und begegnen dabei so manch skurrilen Personen.

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Protagonistinnen:

Lisa von Suttner (Photographin) & Johnny Kramer (Kripo)

Lisas Umfeld:

Joshua – ihr Freund

Chilli & Peppermint – ihre Katzen

Daniel Dannemann – Joshuas Bruder

David, Jakob, Benjamin – Daniels Söhne

Mia – Lisas beste Freundin (neben Johnny)

Mia ist liiert mit Uwe Mönning (Kripo)

Kripo:

Johanna Kramer, genannt Johnny

Uwe Mönning – inzwischen wichtigster Kollege

Thomas Rickham – Kollege

Jasmina van Hooge – neu im Team

Freese – PC-Spezialist im Team

Silas Canisius – SpuSi und KTU

Vitalij Hörschemeyer – Pathologe in OL

Evers – sein Assistent

Pfeifer – Chef des Teams

Cassens – Staatsanwalt

Weitere Personen:

Berni Theling – leider tot

Bernhard Theling – Vater und Professor (Schwerpunkt einheimische

Vögel)

Mechthild Theling: Mutter

Sina von Gülich: Bernis Freundin

Leanette Gülich: Sinas Schwester

Michael Engels – Vikar in St. Peter / Dom, jobbt nebenbei in einer

Buchhandlung

Samuel Grünberg – Kommilitone von Berni

Hajo Schäfer – Küster in St. Katharinen

Charlotte Althaus – Diakonin in St. Katharinen

Pascal – Wirt vom ‚Grünen Jäger‘

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

Kapitel II

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

XIX

XX

XXI

XXII

XXIII

XXIV

XXV

XXVI

XXVII

XXVIII

XXIX

XXX

XXXI

XXXII

XXXIII

XXXIV

XXXV

XXXVI

Kapitel III

I

Kapitel 1

I

„Es gibt 37 verschiedene Formen von Kopfschmerzen. Dieser hier konnte nicht weiter darüber nachdenken. Nach dem Aufschlag auf der Treppenstufe spürte er keinen Kopfschmerz mehr, sondern war tot.“

„Danke Evers! Sie sind raus!“ Noch ehe Kommissar Mönning genervt reagieren konnte, hatte Hörschemeyer seinem Obduktionsassistenten Evers die rote Karte gezeigt.

„Noch so’n Satz und ich brauche die Aspirin“, lachte Mönning. „Aber wenn Evers jetzt auf der Strafbank sitzt, dann kann ich ja helfen.“

„Aber nur mit den Augen …“, ermahnte Hörschemeyer mit einem Zwinkern. Mönning hatte sich vom 0815-Polizisten zum 007 hochgearbeitet. Er hatte gelernt, gut zu recherchieren und Vorurteile erst einmal in der Schublade zu verstecken. Er hatte sich immer weiter in der Forensik fortgebildet und beäugte Hörschemeyer akribisch bei den Obduktionen von Leichen. Außerdem hatte er sich verliebt, unsterblich verliebt. Er hatte sie vor einem Mörder gerettet und sie rettete ihn nun vor seiner Mutter, die ihn einfach nicht loslassen wollte. Bislang hatte er sich auch verpflichtet gefühlt, weil sein Vater vor etlichen Jahren gestorben war. Er war von da an plötzlich der Mann im Haus, das war er seiner Mutter schuldig. Bis er Mia begegnet war. Sie hatte ihn verändert. Durch sie entwickelte er Selbstbewusstsein, ein Gefühl, was er nicht kannte. Er war plötzlich jemand und konnte etwas. Und sie hatte eingewilligt, dass sie sich ein eigenes Haus am Boberg in Holzhausen gekauft hatten. Und sie hatte sogar „ja“ gesagt und fand, dass Mia Mönning ein melodischer Name sei. Er fieberte diesem Tag entgegen. Sie hatte ihn verändert! Auch die Arbeit machte ihm wieder Spaß, seit er sie kannte. Nicht nur, dass er ihren „Fall“ durch körperlichen Einsatz gelöst hatte. Er stand auch vor seinen Kollegen ganz anders da, war nicht mehr der Außenseiter. Er verstand es, Zeugen zu befragen und dabei noch Zitronenkuchen abzustauben. Er hatte sich Respekt verschafft. Und auch mit dem Kollegen Hörschemeyer aus Oldenburg hatte er freundschaftliche Bande geschlossen. Es war eigentlich nicht erlaubt, dass er als Kommissar selbst mit in die Obduktion eingriff, doch sah er sich die Leichen genauer als Assistent Evers an und hatte dabei schon Nadeleinstiche entdeckt, die schließlich aus einem Herzinfarkt einen Mord durch Giftspritze machten. Er fühlte sich wohl, auch wenn seine Kollegin Hauptkommissarin Johanna Kramer ihre Liebelei in Litauen beendet hatte und wieder in Osnabrück war. Damit war er jetzt wieder nur drittes Rad am Wagen, denn Kollege Thomas Rickham würde seine Position an Kramers Seite nicht hergeben. Viel wichtiger war, dass er von der schönsten Frau der Welt aus seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst worden war und nun besiegte er alle Drachen der Welt. Und hier lag eine neue Leiche, ein junger Mann, der auf den unteren Stufen zum Turm der Katharinenkirche gefunden worden war. Der Küster hatte die Leiche entdeckt. Und danach nahm alles seinen gewohnten Weg. Kramer und Rickham würden nach Feststellung der Identität die Familie des jungen Mannes besuchen, und er selbst war mit Staatsanwalt Cassens nach Oldenburg gefahren. Nur hasste der Staatsanwalt Leichengeruch, bevorzugte den Kaffeegeruch in einem der gemütlichen Cafés und ließ sich anschließend informieren. Mönnings Handy klingelte.

„Moin, Freese, ich stell dich auf laut“, begrüßte er das PC-Genie seines Teams aus Osnabrück.

„Moin Mönni, moin Hörschi!“, lachte Freese durchs Handy, „Here are the results of OS: Der Tote heißt Berni Theling. Er ist 24 Jahre alt, Osnabrücker, Student der Biologie und Theologie. Sein Vater ist Bio-Prof an der Uni hier mit Schwerpunkt einheimische Vögel. Und was habt ihr?“

„Noch nicht wirklich viel“, klärte Mönning auf, „Theling ist durch den Sturz gestorben, Genickbruch. Er hat starke Krallenspuren auf seinen Armen. Aber die sehen nicht nach einer heftigen Orgie mit einer wundervollen Frau aus. Diese Spuren sind breiter als Fingernägel. Wir untersuchen das aber noch genauer. Innere Verletzungen gibt es keine. Schürfwunden an den Armen und Händen. Er wird sich beim Sturz versucht haben abzustützen. Prellungen, Hämatome an Armen und Beinen. Aber nichts deutet auf einen vorherigen Kampf hin. Diese blauen Flecken rühren wohl einzig vom Sturz her. So wie es aussieht, ist er reichlich Treppen gestürzt, gerollt, überschlagen. Hörschi mag sich aber nicht festlegen, ob der Tote gefallen oder geschubst wurde. Das lässt sich durch die Hämatome an den Armen nicht erkennen. Wisst ihr schon, warum Theling in der Kirche war?“

„Johnny und Rickham befragen gerade die Familie“, informierte Freese.

„Und was hat die SpuSi rausgekriegt?“, fragte Mönning weiter.

„Henderson sitzt hier gerade mit `nem Kaffee bei mir. Es ist klar, dass Theling tatsächlich ein Stück der Turmtreppe bis auf die fünft unterste Stufe fiel. Der Turmaufgang ist natürlich voller Finger- und Fußabdrücke. An einigen Stellen lassen sich auch Abdrücke von Theling finden, wo er sich wohl abgestützt hat. So wie es dort aussieht, ist er von recht weit oben gepurzelt.“

„Da reicht ja eigentlich nur ein falscher Schritt oben“, mischte sich Henderson ein. „Vielleicht war es nur ein unglücklicher Unfall.“

„Tja, dann müssen wir wohl erst wissen, warum Theling in der Katharinenkirche war und wer seine Feinde waren“, schloss Mönning.

II

Johanna Kramer war wieder in Osnabrück, zurück nach ihrer Liebesodysee in Vilnius. Aleksander war schon der Richtige. Aber das Umfeld! Sie konnte dort nicht leben. Sie ging dort ein wie Mauerblümchen. Und dafür hatte sie keine Zeit. Sie war inzwischen nun auch schon über 30, agil, ein bisschen gutaussehend und brauchte ihre Arbeit. Rumsitzen ging gar nicht. Immerhin hatten ihre Freundinnen sie in den letzten Fall per Skype eingeschlossen. Doch dann hatte sich etwas in ihren Bauch geschlichen und das ging überhaupt gar nicht. Sie war schwanger. Das fühlte sich nicht richtig an. Zurück in Osnabrück ließ sie das Kind unter größtem Protest aber mit ständiger Unterstützung ihrer Freundin Lisa dann doch abtreiben. Lisa wäre eigentlich eher die Typin für Kinder, dachte Kramer. Aber Lisa hatte zwei Katzen, das war wohl der Kinderersatz.

Nun genoss sie also wieder Osnabrücker Stadtluft und fuhr mit ihrem Kollegen Thomas Rickham zur Familie des toten Berni Theling. Sie hielten an der Beethovenstraße vor einem geräumigen Einfamilienhaus, das den 1980ern entstammte.

Frau Theling öffnete die Tür und bat, nachdem sie die traurige Botschaft empfangen hatte, ins Wohnzimmer. Auch das wirkte mit seinem großen Fenster und der breiten Fensterbank, die vollgestellt war mit blühenden Pflanzen, wie aus den 80ern.

„Eigentlich würde ich Ihnen jetzt einen Kaffee anbieten“, schluchzte sie. „Sie können sich gerne einen aufsetzen, die Küche ist gleich nebenan. Aber ich brauche jetzt etwas anderes“, damit klappte sie eine Schranktür nach unten. Das Fach war von allen Seiten bespiegelt, so dass der Inhalt vierfach so viel aussah. Sie goss sich einen Calvados in ein Weinglas, „Sie sind vermutlich im Dienst.“

Rickham nickte und dachte an Zitronenkuchen. Bei dieser Frau würde auch Mönning ohne Zitronenkuchenerfolg bleiben. Der hatte ihm beigebracht, wie man auf Menschen zugehen musste und sie in einem zwanglosen Gespräch über Gott und die Welt ausfragte und dabei auch noch satt wurde. Aber auf dem Lande war die Versorgung einfach noch eine andere. Nun überlegte er, ob er nicht tatsächlich in die Küche gehen sollte, um einen Kaffee aufzusetzen. Frau Theling könnte den bestimmt nach ihrem Glas Calvados besser brauchen als ein zweites Glas. Aber er traute sich nicht. Vermutlich würden sie eher den Hausarzt benachrichtigen, damit der sich um das Wohl der Frau kümmern würde.

„Und wieso kommt die Kripo, um mir diese Hiobsbotschaft zu überbringen?“, überlegte Frau Theling.

„Es ist der Ort, an dem Ihr Sohn gefunden wurde“, begann Rickham und griff nach der Hand von Frau Theling, um sie zu streicheln. Doch sie zog ihre Hand sofort weg. Kramer versuchte ernst zu bleiben, fand das Verhalten ihres Kollegen aber höchst merkwürdig. Unbeirrt fuhr er fort:

„Der Küster der St. Katharinengemeinde fand Ihren Sohn auf einer der unteren Stufen der Wendeltreppe zum Turm. Wissen Sie, warum Ihr Sohn dort war?“

„Berni hat sich dort um die Uhus gekümmert. Die haben im Turm gebrütet. Eigentlich hat mehr mein Mann die Uhus erforscht.“

„War Berni allein dort?“

„Das weiß ich nicht. Vielleicht war diese rothaarige Hexe bei ihm.“

„Wen meinen Sie?“

„Eine junge Frau, die Berni nicht in Ruhe lassen konnte. Bestimmt war sie auch dort. Und nun ist er tot! Das ist kein gutes Zeichen!“

„Wie heißt die Freundin Ihres Sohnes?“

„Sie ist nicht die Freundin. Sie heißt Sina. Mehr will ich nicht über die wissen.“

„Hatte Berni Feinde?“

„Mein Sohn? NEIN.“

„Und Freunde?“, hakte Kramer nach.

„Ich kenne nur noch seine Schulfreunde. Aus der Universität weiß ich niemanden. Ich kann mir die ganzen Namen nicht merken.“

„Wo ist Ihr Mann?“, wollte Rickham noch wissen.

„Arbeiten. In der Uni, in seinem Labor oder der Voliere dahinter. Oder er beobachtet gerade irgendwo das Verhalten von Vögeln.“

Kramer und Rickham bedankten sich freundlich für die ersten Informationen.Vor der Tür waren sie sich einig, dass Herr Prof. Theling auch einmal das Verhalten seiner Frau beobachten sollte.

III

Natürlich hätten die Kriminalbeamten auch noch den Vater des Toten aufsuchen können. Doch es war irgendwie geklärt, warum der Tote zu Lebzeiten in der Katharinenkirche gewesen war. Es war nicht geklärt, ob jemand nachgeholfen hatte, dass er die Stufen schneller hinunterkam. Selbst die Obduktion hatte nichts ergeben. Also entschied sich Johnny Kramer für Feierabend und einen Besuch bei ihrer Freundin Lisa von Suttner. Die wohnte jetzt am Wall in einer renovierten Villa, die ihr ihre Mutter vermacht hatte. Die Türen standen für sie mehr oder weniger fast immer offen. Und wenn frau eine Flasche Prosecco dabei hatte, waren die Türen sperrangelweit offen. Zum Quatschen nahm sich Lisa immer Zeit. Außerdem hatte sie oft so ein Bauchgefühl …

IV

„Mist, Mist, Mist!“, fluchte ich gerade. Ich schaffte es sogar, Spiegeleier anbraten zu lassen. Und genau in dem Moment klingelte es noch an der Haustür. Ich hatte keine Zeit, ich musste erst in der Küche den Schaden begrenzen.

Da klopfte es ans Küchenfenster. Meine Freundin Hauptkommissarin Johnny Kramer stand mit einer Flasche Prosecco in der erhobenen Hand dort und grinste.

„Hinten ist offen“, gab ich ihr zu verstehen.

„Mhmmmmm, das riecht aber lecker“, lachte sie, „grillst du das Ei? Ganz schön viel Kohle.“

„Witzig“, murrte ich, „das ist experimentelle Kochkunst. Mein Meisterkoch hat sich den Meniskus beim Fußball verletzt.“

„Das hast du mir gesmst. Aber er ist doch im Krankenhaus, oder? Ich dachte, wir machen uns `n Ladiesabend“, sie mimte ein bisschen enttäuscht.

„Nix da“, hörten wir hinter uns eine Stimme.

„Joshua!“, schimpfte ich, „du gehörst ins Bett!“

„Aber nicht allein …“, jammerte er.

„Joshua“, lachte Johnny, „da spielen Kopf und Körper aber wohl nicht in einem Team, oder?“

„Werd nicht frech!“, schalt er meine Freundin neckisch.

„Hier riecht es aber lecker, … nach Prosecco … und Pizza.“

„Du kriegst von dem Prosecco nix ab. Deine Medis mögen keinen Alkohol. Pizza scheint mir eine gute Idee.“ Damit hatte ich das Handy bereits in der Hand und bestellte uns drei Pizzen, eine separate Portion Thunfisch und einen großen Salat. Chilly strich mir um die Beine und maunzte erbärmlich. Also korrigierte ich die Portion Thunfisch in eine extragroße.

„Sie ist schlimmer als die Pflegerinnen im Krankenhaus“, erzählte Joshua und wies auf mich. Gerade wollte Johnny ihn bemitleiden, da schob ich Joshua Richtung Wohnzimmer. Dort hatte ich ihm vorübergehend aus dem Sofa ein Bett gezaubert. Treppen steigen ging derzeit gar nicht. Johnny folgte uns mit der Flasche Prosecco und zwei Gläsern.

„Dir setze ich gleich `nen Kamillentee auf“, neckte sie Joshua.

Ich holte noch zwei Schälchen, Besteck und ein alkoholfreies Jever. Joshua sollte nicht zu sehr leiden, nur ein bisschen.

Die Schälchen füllten und leerten sich zuerst, weg war die extragroße Portion Thunfisch. Chilly und Peppermint schnurrten um die Wette und beklagten sich anschließend so herzerweichend, dass Johnny endlich ihre Döschen mit feinstem Lachs aus der Jackentasche zog.

„Und was hast du mir mitgebracht?“, scherzte Joshua.

„`N Video für einsame Stunden: Deadpool“, lachte Johnny, „der ist soooo schräg, den wirst du lieben. Lade dir notfalls noch die Jungs ein, die verantwortlich für den Meniskusriss sind.“

Nun, da musste sich Joshua nur seine Neffen an Land ziehen, denn die liebten alle Marvel-Filme. Ob es Gardiens of the galaxy oder Thor oder alle Avengers waren, egal, Hauptsache scrupy.

„Und, hast du mir auch was mitgebracht?“, fragte ich leicht beleidigt.

„Yipp, `ne Leiche. Aber war wohl nur `n Unfall. Er hat sich um die Uhus in St. Katharinen gekümmert … und ist leider die Treppe heruntergestürzt.“

„Katharinen hat Uhus? Quatsch. Die haben Turmfalken. Frag mal Chilly. Die jagen sich öfter hier im Garten.“ Chilly hatte ihren Namen vernommen und saß wie eine Statue parat zum Verhör.

„Ich soll dich nicht wirklich vernehmen?“, lachte Johnny.

„Mau …“, antwortete meine Kätzin.

„Bist du dem Uhu schon mal begegnet?“, fragte Johnny fast professionell.

„Mau …“, legte sich Chilly schnurrend vor ihre Füße.

„Und bist du dem Falken schon mal begegnet?“, fragte Johnny belustigt weiter.

„Mauuuuuuuuuuuu“, fuhr Chilly die Krallen aus. Ende der Befragung.

V

Obwohl Berni Theling noch kein Fall, sondern vermutlich ein trauriger Unfall war, hatte Lisas Bauchgefühl auf Johnny übergesetzt. Natürlich war es nicht auszuschließen, dass der junge Mann einfach eine Stufe nicht richtig gesehen hatte und abgerutscht war. Immerhin war es ja auch dunkel im Turm gewesen. Zumindest war das Licht nicht an gewesen, als der Küster die Leiche gefunden hatte. Aber andererseits war Theling vermutlich nicht zum ersten Mal dort gewesen und kannte die Treppenstufen. Die Fotografin hatte sogar noch einen Fragenkatalog aufgeschrieben, was ihr Bauch gerne beantwortet hätte, bevor ihr Kopf sich mit Unfall begnügen würde. Da war natürlich die Frage, wie lange sich der junge Mann schon um die Uhus kümmerte, wie oft er im Kirchturm war. Ob er allein war. Wie er in die Kirche gekommen war. Und was seine Freundin darüber dachte. Wenn die Mutter wegen der Freundin wieder auf stur stellen würde, dann gäbe es im PC und Handy bestimmt reichlich Antworten.

Kommissariatsleiter Pfeifer war beeindruckt, als Johnny Kramer ihm all IHRE Gedanken servierte. Und solange es keinen weiteren Fall gäbe, hätte sie von ihm mit einem kleinen Team den Auftrag, doch ein wenig weiter zu forschen. Er jedoch könne das Team die nächsten Tage nicht unterstützen, da er nach Vehrte müsse. Rickham wunderte sich schon, ob der Golfplatz nun von Niewedde nach Vehrte verlegt worden war. Denn Pfeifer und Staatsanwalt Cassens besprachen ihre Fälle und Ergebnisse überwiegend auf dem Golfplatz. Im Team machte man daher – hinter vorgehaltener Hand natürlich – schon so seine Witzchen. Doch Pfeifer musste nach Vehrte, um bei seinen Enkeltöchtern einzuhüten. Seine Tochter hatte dort gebaut und kurz darauf auch das Haus mit den ersten beiden Kindern gefüllt.

Johnny Kramer schnappte also ihre Jacke und sah ihren Kollegen Thomas Rickham auffordernd an:

„Auf noch mal zur Mutter.“ Doch Rickham wehrte ab:

„Nimm mal Mönning mit. Du wirst staunen, der hat ein Händchen für solche Frauen.“

Kramer verdrehte die Augen. Obwohl Mönning nun wesentlich umgänglicher geworden und mit Lisas Freundin Mia zusammen gezogen war, konnte sie ihre Vorurteile gegen ihn noch nicht komplett ablegen. Aber was hieß hier Vorurteile? Er hatte gegen jeden und alles Vorurteile und pflegte, Menschen nach ihrem Äußeren und ihrer Bildung in Schubläden zu stecken und zu verurteilen. Sie hatte keine Vorurteile gegen Mönning, sondern sie hatte etwas gegen seine.

Trotzdem blieb ihr nun nichts anderes übrig, als ihn mitzunehmen. Im Auto überlegte sie erst, ob sie mit ihm eine Strategie absprechen sollte, nach dem Motto: Ich frage, du hältst besser die Klappe. Doch während der Fahrt hielt sie ihre.

VI

Frau Theling öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt. Misstrauisch sah sie hinaus, wer geklingelt hatte. Bei Kramers Anblick stöhnte sie auf.

„Frau Theling, wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen“, begann die Hauptkommissarin.

„Es tut uns unendlich leid“, fiel Mönning ihr ins Wort, „aber Sie möchten ja bestimmt auch wissen, was genau passiert ist.“

Frau Theling nickte und ließ die beiden Kommissare hinein. Sie ging vor ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa plumpsen. Dabei griff sie zum nächsten Bündel Papiertücher, um ihr Gesicht trocken zu wischen. Doch ein nächster Schwall Tränen überkam sie.

Mönning griff nun zu den Papiertüchern und reichte sie einzeln der Trauernden.

„Es ist schrecklich, was Sie gerade durchmachen müssen“, tröstete er sie. „Ihr einziger Sohn?“

Sie nickte.

„Wie ungerecht das Leben oft ist. Er interessierte sich für die Uhus in der Kirche?“

Sie nickte wieder.

„War er oft dort?“

Sie zuckte mit den Schultern.

„Hatte er einen Schlüssel?“

Sie wollte antworten, doch verschluckte sich fast an den Tränen. Mönning reichte ihr die nächsten Tücher. Auf dem Tisch stand ein leeres Glas. Frau Theling wollte es gerade mit etwas Hochprozentigem füllen, als Mönning ihr die Flasche aus der Hand nahm.

„Das benebelt nur kurzzeitig, Frau Theling. Sie brauchen jetzt einen klaren Kopf. Johnny, hol uns doch bitte Wasser aus der Küche. Noch besser, setze einen Tee auf.“

Kramer wunderte sich sehr, befolgte aber brav die Anweisungen. Mit einer Flasche Wasser kam sie zurück.

„Wasser habe ich aufgesetzt. Wo finde ich denn den Tee?“, fragte sie.

„Du findest ihn schon“, wimmelte Mönning sie ab.

Nicht schlecht, dachte Johnny, und durchforstete erst die Küche und dann den Flur, das Telefonbüchlein, das Bad. Weiter kam sie nicht, da meldete sich der Wasserkocher.

Mönning hatte seine Befragung fortgesetzt und hielt inzwischen die Hand der Trauernden. Die fühlte sich anscheinend so gut aufgehoben und verstanden, dass sie ihm vermutlich sogar gleich den Pin zu ihrem Konto verraten würde.

Wenig später wusste Mönning, dass Berni Theling eigentlich gar nicht der Uhu-Freund war.

„Berni wollte immer seinem Vater gefallen. Bernhard hat die Uhus dort beobachtet, Berni hat sie versorgt. Eigentlich gehören die Uhus dort ja gar nicht hin, sie wohnen in St. Peter, im Kreuzgang. Berni hätte sie auch gerne wieder hinübergebracht.“

„St. Peter?“, fragte Kramer.

„Dom“, erklärte Frau Theling, „die Uhus brüten eigentlich immer im Dom. Aber irgendwie sind sie konvertiert.“

„Und weswegen wollte Berni sie zurückbringen?“, fragte Mönning.

„Nicht weil die katholisch sind“, lachte sie über sich selbst.

VII