Out of Sonnenschein 2 - Harald Uhl - E-Book

Out of Sonnenschein 2 E-Book

Harald Uhl

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Beschreibung

Harald Uhl, ein erfahrener Altenpfleger, veröffentlichte 2007 sein erstes Buch "Out of Sonnenschein - Was im Altenheim geschieht und was geschehen könnte". Er führte darin Missstände deutlich vor Augen, indem er von vielen negativen Erfahrungen aus seiner Praxis erzählte. Zugleich zeigte er, wie seiner Meinung nach eine Pflege geschehen könnte, deren oberstes Ziel das Wohlbefinden des Bewohners ist und welch große Bedeutung dabei der Arbeit der Pflegeperson zukommt. Inzwischen sind mehr als fünfzehn Jahre seit Erscheinen des Buches vergangen. Der Autor, mittlerweile selbst in Rente, blickt noch einmal zurück und überprüft seine Gedanken und Vorstellungen auf Aktualität. Er vergleicht in seinem neuen Werk die damaligen Verhältnisse mit denen, wie er sie zuletzt bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben erfahren hat. Hat sich in all den Jahren etwas in der Pflege bewegt oder gar geändert? In welchen Bereichen konnten Verbesserungen erreicht werden, oder hat sich die Allgemeinsituation in der Altenpflege noch mehr zugespitzt? Ich hätte niemals mit all dem gerechnet, was folgte, als 2007 mein Buch "Out of Sonnenschein – Was im Altenheim geschieht und was geschehen könnte" auf den Markt kam. Es schien damals, als hätte ich mit meinen geäußerten Gedanken und Überlegungen in zahlreiche und nicht nur in ein Wespennest gestochen. Die sehr heftigen Reaktionen auf das Buch verstehe ich bis heute noch nicht. Soviel gibt das kleine Büchlein mit gerade einmal 142 Seiten gar nicht her – so dachte ich jedenfalls!

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Harald Uhl

Out of Sonnenschein 2

Was ist in mehr als anderthalb Jahrzehnten geschehen?

© 2023 Uhl

Website: www.haraldkonrad.de

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Mein besonderer Dank gilt

meiner lieben Frau Silvia, dafür dass sie da ist und mich mit ihrer Liebe umhüllt,

unseren Freunden

Sybille und Holgi,

sowie

Moni und Olli,

die mich mit ihren guten Gedanken und Wünschen begleiten und mich immer wieder zum „Weiterschreiben“ ermutigen. Vielen Dank auch an all die anderen lieben Menschen, die an meiner Seite waren und immer noch sind.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort vor dem Vorwort

Vorwort

Persönliches zur Altenpflege

Erfahrungen in der Altenpflege mit Mitarbeitern, Vorgesetzten, Einrichtungen und der Öffentlichkeit

Erfahrungen in der Altenpflege mit Vorgesetzten

Erfahrungen in der Altenpflege mit Einrichtungen und mit der Öffentlichkeit

Erfahrungen in der Altenpflege am Bewohner selbst anhand der AEDL´s

Kommunizieren können

Sich bewegen können

Vitale Funktionen aufrecht erhalten können

Sich pflegen können

Essen und trinken können

Ausscheiden können

Sich kleiden können

Ruhen und schlafen können

Sich beschäftigen können

Sich als Mann / Frau fühlen können

Für Sicherheit sorgen können

Soziale Bereiche des Lebens sichern können

DBZW – ein (neuer) Weg => damals im Jahre 2007

Epilog

Stimmen über das erste Buch „Out of Sonnenschein“

Erklärungen einiger Abkürzungen und Fachbegriffe

Quellen- und Literaturhinweise

Out of Sonnenschein 2

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Persönliches zur Altenpflege

Erklärungen einiger Abkürzungen und Fachbegriffe

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Vorwort vor dem Vorwort

Ich hätte niemals mit all dem gerechnet, was folgte, als 2007 mein Buch

„Out of Sonnenschein – Was im Altenheim geschieht und was geschehen könnte“

auf den Markt kam.

Es schien damals, als hätte ich mit meinen geäußerten Gedanken und Überlegungen in zahlreiche und nicht nur in ein Wespennest gestochen.

Die sehr heftigen Reaktionen auf das Buch verstehe ich bis heute noch nicht.

Soviel gibt das kleine Büchlein mit gerade einmal 142 Seiten gar nicht her – so dachte ich jedenfalls!

Da hatte ich wohl meine Finger zu tief in so manche Wunde gelegt.

„Getroffene Hund bellen“, heißt es im Volksmund. Vielleicht lag es ja daran.

Mein Ziel aber, die Menschen in der Pflege, besser gesagt alle Interessierten und diejenigen, die in irgendeiner Art und Weise mit der Pflege zu tun haben, vorwiegend also Pflegekräfte, Therapeuten aller Art usw., anzuregen, über die Gesamtsituation und deren Auswirkungen auf alle Betroffenen nachzudenken, habe ich verfehlt.

Das muss ich zu meinem Bedauern leider zugeben.

Blauäugig wie ich war, hatte ich mit Offenheit und Kritikfähigkeit gerechnet, wo nie eine war (und wohl auch nie eine sein wird).

Anstatt sich mit den aufgezeigten Problemen konstruktiv auseinanderzusetzen, wurde eine Verteidigungshaltung eingenommen und zum Gegenangriff auf den Nestbeschmutzer – nämlich mich – aufgerufen.

Ich habe jetzt – nachdem mehr als 15 Jahre seit dem Erscheinen von „Out of Sonnenschein“ vergangen sind - das Buch überarbeitet, weil mich die Entwicklung in der Altenpflege von damals bis zu meinem Eintritt in das Rentnerdasein interessierte.

Lassen Sie mich noch ein paar Hinweise zum vorliegenden Buch vorausschicken:

- Ich weigere mich zu gendern! D.h. ich benutze immer nur eine Geschlechtsform. Alles Andere würde den Lesefluss stören. Trotzdem drücke ich in aller Deutlichkeit meine Achtung vor jeglicher geschlechtlicher Orientierung aus und diskriminiere niemanden deswegen. Diejenigen, die meinen, sie müssten sich unbedingt diskriminiert fühlen … meinetwegen. Sie diskriminieren damit nur sich selbst und scheinen es gar nicht einmal zu merken.

- Textpassagen vom Original „Out of Sonnenschein“ sind in KURSIVSCHRIFT dargestellt, meine jeweiligen Anmerkungen dazu habe ich in FETTER SCHRIFT geschrieben.

So – damit kann es losgehen!

Vorwort

Kennen Sie den Kloß, der sich wie aus heiterem Himmel in ihrem Halse festsetzt?

Kennen Sie das Gefühl einfach losheulen zu können – scheinbar grundlos?

Ich bin nun schon seit 1984, über zwanzig Jahre, in der Altenpflege tätig, habe als Vorpraktikant die Toiletten geputzt und mich bis zum Pflegedienstleiter eines Hauses mit 230 Betten hochgearbeitet, bis ich feststellte, dass mein Platz an der Basis ist.

Und so arbeitete ich als „normaler“ Altenpfleger auf Station und gelte als das, was man wohl einen „alten Hasen“ nennt.

Während dieser langen Zeit war ich im Ober-, Ost- und Unterallgäu an insgesamt sieben Heimen der unterschiedlichsten Träger (zweimal bei privaten, einmal Caritas, zweimal Landkreis, einmal kommunal verwaltete Stiftung, einmal Rotes Kreuz) angestellt.

Viele Entwicklungen, viele Trends habe ich in der Altenpflege erlebt – um nicht zu sagen überlebt.

Alle paar Jahre erschien ein neuer „Prophet“ am Pflegehimmel und verkündete seine frohe und einzig gültige Botschaft, wie die Altenpflege zu gestalten sei.

Doch jedes Mal, nach ein paar Wochen der Euphorie, entschwand der Theoretiker wieder sang- und klanglos in die Vergessenheit, um wieder einer neuen Idee Platz zu machen.

Das geschah auch weiterhin immer wieder bis zu meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben!

… und was sich derzeit in unserem Gesundheitswesen tut, lässt mich nur noch ungläubig den Kopf schütteln.

Ich nenne es reine „Flickschusterei“ – blanker, blinder Aktivismus, ohne dass eine klare Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel hin zu erkennen wäre.

Wen will ich mit diesem Buch erreichen?

Wozu schrieb ich dieses Buch?

Oftmals, nach einem anstrengenden Arbeitstag, musste ich mir einfach Luft machen von meinem Unmut, der mich bei der Arbeit überfiel, musste Psychohygiene betreiben.

Ich versuchte also die Ursache dieses Unmutes zu erklären.

Und da mich niemand oder nur sehr wenige zu verstehen schienen, versuchte ich meine Erfahrungen in schriftlicher Form so darzustellen, dass meine Beurteilung der derzeitigen Situation in der Altenpflege eher verstanden werden kann und auffordert sie ebenso kritisch zu betrachten.

Inzwischen weiß jeder – jede Pflegekraft, jeder Arzt, jeder Besucher… - wirklich jeder, der sich dafür interessiert (oder auch nicht), was sich in der Pflege abspielt und vor allem, auf welche Weise dies geschieht.

Nicht nur Einzelkämpfer wie Claus Fussek haben über verschiedene Medien und soziale Netzwerke und dergleichen mehr auf die bedrückenden Umstände, wie sie meist in der Pflege vorzufinden sind, zu mehr Aufmerksamkeit, zum Hinsehen aufgefordert.

Sicherlich haben viele Kolleginnen und Kollegen ähnliche Erlebnisse bei ihrer Arbeit.

An diese richte ich mich, wenn sie noch die Kraft haben, gegen den Strom zu schwimmen.

Meine Ausführungen sollen auch dazu beitragen, die Öffentlichkeit aufzuklären über all die Widrigkeiten, mit denen wir Pflegekräfte Tag für Tag zu kämpfen haben.

Ich hoffe, den Menschen da „draußen“ ein deutliches Bild der Altenpflege zeigen zu können, das darstellt, welche hohen Anforderungen einerseits an die Pflege gestellt sind und andrerseits welche große Schwierigkeiten auftreten, diese Anforderungen zu erfüllen.

Leider stellt sich die Frage: „Wen interessiert´s?“

Wenn es schon allen – oder zumindest so vielen bekannt ist, warum gibt es nicht mehr Proteste, mehr Wehrhaftigkeit der Pflegekräfte, der Angehörigen u.s.w.?

Alles, was in diesem Buch geschildert ist, habe ich persönlich erfahren und erlebt.

Und – auch wenn ich als Pfleger hier sehr viel Kritik an der Pflege übe, so halte ich mich keineswegs für deinen Nestbeschmutzer, der seine Gilde verrät.

Ich will nicht jammern und mich selbst bemitleiden, sondern aufklären.

Harald Uhl

Juli 2007

Persönliches zur Altenpflege

„WAS DU NICHT WILLST, DAS MAN DIR TU´, DAS FÜG´ AUCH KEINEM ANDERN ZU!“

Dieser Satz aus dem Volksmund bestimmt mein Denken und Handeln in der Altenpflege – seit eh und je.

Das bedeutet, dass ich meinen Mitmenschen genau den Respekt entgegenbringe, den ich von ihnen mir selbst gegenüber auch erwarte.

Was natürlich nicht meint, dass ich bspw. mir anvertraute Bewohner täglich abdusche, nur weil ich es selbst gerne mache.

Leben und leben lassen eben!

Ich erinnere mich noch an die Abschiedsansprache unseres Schulleiters bei der Examensfeier, als er in ihr u.a. erwähnte: „Sie haben nun eine ganze Menge Stoff gelernt und Ihr Wissen in zahlreichen Praktika erproben können. Vergessen Sie alles wieder! Wenn Sie auf die Menschen eingehen, mit denen Sie konfrontiert sind, wenn Sie genau darauf achten, was sie Ihnen mitteilen – in welcher Form auch immer – so werden Sie nie falsch handeln! Nur der alte Mensch selbst weiß sehr genau, wo es ihn zwickt!“

Im Grunde hat er recht!

„Warum und woher sollte ich wissen, was gut für den alten Menschen in seiner individuellen Situation ist? Wer oder was erlaubt mir, so arrogant zu sein, ihm zu sagen, was er braucht und wie er sich zu entscheiden hat?

Ich bin Altenpfleger – kein Erzieher!

Aus meinem oben genannten Berufsmotto heraus habe ich vieles, was ich meinen Bewohnern zumute (bzw. zumuten muss) am eigenen Leib ausprobiert.

Von der Rollstuhlfahrt durch die Stadt über steile Treppen, bis zur „passiven“ Anwendung einzelner Hebe-Lifter und vieles mehr.

Besonders eingeprägt und wohl deshalb so sehr in Erinnerung hat sich mein Experiment mit einer Windelhose, die ich während eines gemütlichen Beisammenseins in einem Wirtshaus trug.

Allein schon das Gefühl, ich säße in einer Plastiktüte, die bei jeder Bewegung raschelt und damit die Aufmerksamkeit der Gäste an den anderen, benachbarten Tischen erregen könnte, war mir unbeschreiblich peinlich.

Damit nicht genug!

Ich besann mich auf den Zweck solcher Inkontinenz-Hilfen, nämlich den, Stuhl und Harn aufzufangen.

Es kostete mich äußerste Überwindung, zuerst in die Windel zu urinieren und dann auch noch Stuhl abzusetzen.

Nun war es nicht mehr das Rascheln der Hose, mit dem ich die Blicke meiner Tischnachbarn auf mich zog, sondern vielmehr der warme Gestank nach frischen Fäkalien!

Spätestens seit diesem Zeitpunkt sehe ich die „Inkontinenzversorgung“ mit anderen Augen und gehe mit Bewohnern lieber einmal mehr auf die Toilette, als dass ich sie nötige, unter sich zu lassen.

So war jedenfalls immer mein Plan…, allerdings wegen der immer gravierenderen Personalnot und des daraus resultierenden Zeitmangels von Tag zu Tag schwieriger umzusetzen.

Letzten Endes setzte ich auch gezwungener Massen Inkontinenzeinlagen mit größerem Fassungsvermögen ein, weil nicht einmal mehr Zeit war, um die geplanten Toilettengänge durchführen zu können.

Eine weitere Devise, dich ich praktiziere, lautet:

„DIE LEUTE BRAUCHEN REIZE!ES GIBT MEHR ALS DAS WARTEN AUF DIE NÄCHSTE MAHLZEIT!“

Und weiter behaupte ich:

„DREIMAL LACHEN ERSETZT EINE TABLETTE!“

Leider habe ich allzu oft erlebt, dass die alten Menschen beim Einzug in ein Altenheim alle Verantwortung und sogar einen Großteil ihrer Persönlichkeit abgeben und sich ihrem Schicksal „fügen“.

Sie kennen es oft noch von früheren Zeiten nicht anders als sich unterzuordnen, damit man ja nicht auffällt und aus der Reihe tanzt.

Immer wieder stelle ich dann fest, dass deren eigene Aktivität, die eigene Agilität immer weniger wird, bis schließlich wirklich nur noch das Warten auf die nächste Mahlzeit oder irgendeine sinnlose Beschäftigung (dazu später mehr) übrigbleibt.

Der Senior braucht sich nach dem Einzug ins Altenheim um nichts mehr zu kümmern. Er bekommt sozusagen das volle „Sorglos-Paket“ all inclusive aufgebrummt.

Kein Einkaufen mehr, kein Kochen, keine Wäsche waschen…!

Alles wird für ihn erledigt.

Und dann wundern wir uns, wenn der alte Mensch relativ schnell abbaut und dessen Angehörige entsetzt feststellen: „Der Opa hat aber ganz schön nachgelassen!“

Es geht doch so einfach. Mit kleinen Reizen!

Der amerikanische General und Politiker George Marshall sagte einmal:

„Kleine Taten, die man ausübt, sind besser als große, die man plant!“

Da ein Kitzeln an der Fußsohle, dort ein kleines Späßchen…, es muss gar nichts Großartiges sein.

So erlebte ich in einem Haus, in dem ich frisch angefangen hatte und einmal eine Frau leicht unter den Armen kitzelte und mit ihr scherzte, dass eine „alt eingesessene“ Mitarbeiterin, die dafür bekannt war,darüber zu wachen,dass ein strenger Arbeitsablauf eingehalten wird, dessen Durchführung natürlich sie bestimmte und andere Mitarbeiter dahingehend beurteilte, ganz entrüstet herausprustete: „Die Frau K. lacht ja!“

„Na und! Ist doch toll“, will ich in einer solche Situation herausschreien, damit es die ganze Welt hört.

„Diese Frau lebt! Ich will keine leblosen Zombies! Bei mir muss sich war rühren! Kein blinder Aktivismus, sondern Leben aus dem Bauch heraus!“

Manchmal provoziere ich auch ganz bewusst den einen oder anderen Bewohner, dass er sich ärgert und ich im Hintergrund schon wieder einige übereifrige Kolleginnen besorgt tuscheln höre: „Der Bewohner ist ganz schön aggressiv! Der braucht was zur Beruhigung!“

Zur Beruhigung?

Nur weil er seine Gefühle – auch Hass, Zorn, Ärger usw. gehören dazu – zeigt und lebt?

Aber bitte – doch nicht so!

Liebe Leser, geben Sie Ihrem Partner bei schlechter Laune auch ein paar Tröpfchen (bspw. Dominal, Haldol oder dergl.), die ihm „gut tun“ sollen?

Oder nehmen Sie selbst solch ein „Schnäpschen“, wenn Sie merken, dass die Wut ich Ihnen hochsteigt?

Man muss die Sprache der Leute sprechen, mit denen man es zu tun hat, damit man verstanden wird. Aber dazu muss man sich erst einmal auf sie einlassen.

So wie sie sind – nicht wie wir sie haben wollen.

Das heißt, dass wir deren Einzigartigkeit mit all ihren Facetten akzeptieren und sie nicht in irgendeinen Rahmen zu pressen versuchen.

Ich behaupte ganz bewusst provokativ:

„INDIVIDUELLE PFLEGE VERBIETET JEGLICHEN STANDARD!“

Ojemineh – höre ich da all die Verfechter einer „nachvollziehbaren, messbaren“ und weiß Gott noch alles Pflege, die für jeden Handgriff, den sie am Bewohner erledigen, zwei ausgefüllte Formulare benötigen, um nachzuweisen, wie fleißig sie doch sind.

Es ist doch Wahnsinn, wohin das alles führt.

Mittlerweile stellt sich nicht mehr die Frage: „Habe ich alle mir aufgetragenen Aufgaben bewohnergerecht und fachlich richtig erfüllt?“, sondern ich muss vielmehr fragen: „Habe ich den Vollzug lückenlos – und vor allem – den Standards entsprechend dokumentiert?“.

Ob sinnvoll ausgeführt oder nicht, ist völlig belanglos; es muss nur irgendwo geschrieben stehen!

Bezeichnend hierfür ist ein Ausspruch eines Prüfers vom MDK, der im Rahmen einer Hausbegehung unser Altenheim begutachtete.

Sein Original-Wortlaut war:

„Ich sehe ja, dass Ihre Bewohner gut gepflegt sind, aber wo steht das?“

„HALLO – DAS IST EIN AUFRUF ZUR ANARCHIE!“

Was mache ich also, wenn es einem Bewohner einmal schlecht geht und er ein wenig Zuwendung braucht?

Ich sollte mich eigentlich zu ihm setzen, ihn womöglich in den Arm nehmen und ihn ein wenig trösten (was ich in der Praxis so auch ausführe).

Das waren dann immer die Zeiten, die mir aber für andere Bewohner wiederum fehlten!

Aber für diese Zuwendung gibt es kein Zeitfenster, keinen Zeitkorridor, der diese Art von Pflege messbar machen könnte.

Also wird sie schlichtweg verschwiegen – in der Dokumentation, versteht sich.

Es findet sich bestenfalls im Verlaufsbericht ein kleiner Hinweis auf eine „depressive Verstimmung des Bewohners XY“ wieder.

Wo Anarchie herrscht, da gibt es auch keine Namen!

Pflegekräfte sind immer namenlos, das heißt, sie werden zwar mit Namen vorgestellt und ihre Arbeitsuniform ziert meist ein bedingt lesbares Namensschild, dennoch werden sie so gut wie nie mit Namen angesprochen.

Dann kommt noch hinzu, dass sich ein Mann, der sich solch ein Namensschild an der Brust einer Schwester genauer ansieht, dem Vorwurf ausgesetzt sieht: „Der geile Bock stiert mir immer auf den Busen!“

Dem zum Trotz reagieren sie alle auf Rufe wie „Schwester“, „Hallo Fräulein!“, „Sie bitt´ schön“, auch „Herr Ober“ habe ich schon gehört.

Ist das eine direkte Folge davon, dass, wie die Bewohner beim Einzug ins Altenheim ihre Persönlichkeit abgeben, Pflegekräfte sich beim Arbeitsantritt ebenso verhalten und sich ent-personalisieren lassen?

Und ist man erst einmal in der Tretmühle gefangen, gibt es so leicht kein Entrinnen mehr.

Man sitzt mit all seinen Ideen, mit all seinen Berufsvorstellungen in der Falle und kommt nur schwerlich wieder heraus.

Es gibt keinerlei Rückzugsmöglichkeit; wenn wir im Hause sind, sind wir auch im Dienst, ganz egal, ob man einen weißen Kittel trägt oder nicht.

Wirklich abschalten geht im Heim – auch während der „Pausen“ – nicht.

Ich setze mich inzwischen gar nicht mehr zu einer Pause hin, da ich ohnehin nicht in Ruhe gelassen werde.

An den lauwarmen Kaffee, den ich immer mit Unterbrechungen trinken muss, habe ich mich schon gewöhnt.

Und so stolpert man weiter und weiter und fragt sich jeden Tag, wie man das ganze Arbeitspensum geschafft hat und ob man nicht doch etwas Wichtiges vergessen hat.

Denn – trotz all der Hetzerei, trotz des immensen Stresses und der Hektik (oder vielleicht gerade deswegen) wird man sein persönliches schlechtes Gewissen nicht los.

Das Bewusstsein „Da fehlt noch so viel“ bleibt bestehen.

Bei den meisten Pflegekräften jedenfalls, die ich kenne.

Welcher Pfleger kennt sie nicht, die Tage, an denen man bei der Dienstübergabe „nichts Besonderes“ zu vermelden hat; an denen man sich dennoch völlig ausgelaugt und erschöpft, wie „von einem Bus gestreift“ fühlt.

Irgendwann ist man leer und will nur noch raus aus der „Burg“.

Einfach alles für ein paar Stunden hinter sich lassen!

Dieses Gefühl kannte ich bis zu meinen letzten Diensten. Ich war schon so weit, dass ich froh war, als ich mich einer schweren Operation unterziehen musste, nur um eine Zeitlang nicht mehr zum Dienst zu müssen.

Pervers – nicht wahr!

Und dann kommen noch die höllischen Marathon-Dienstpläne zum Tragen!

Daran hat sich nie etwas geändert!

Auch wenn mehrere Personen (HL, PDL, WBL, Personalrat..) bei der Planung „darübersahen“, also kontrollierten, gab es immer wieder gravierende Fehler beim qualifizierten Personaleinsatz.

Ich verstehe das bis heute nicht.

Bis zuletzt war es immer wieder vorgekommen, dass ein Dienstplan schon mehrfach handschriftlich korrigiert und teilweise unleserlich ausgebessert war, ehe er überhaupt zum Aushang kam.

Manchmal konnte man an den verschmierten Zeilen nur noch grob erraten, wer denn nun eigentlich zum Dienst eingeteilt war.

Es kommt schon mal vor, dass ich während eines Monats gerade mal fünf ganze freie Tage habe.

Ich trau´ mich schon gar nicht im Heim zu erwähnen, dass ich einige Musikinstrumente spiele, aus Angst, ich müsste meine wertvolle Freizeit opfern, um bei irgendeinem Anlass Musik zu machen.

Leider ist es immer mehr Usus, das Personal „bedarfsgerecht“ zum Dienst einzuplanen.