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Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1,0, Universität zu Köln (Humanwissenschaftliche Fakultät), Veranstaltung: Theorie und Praxis der Betreuung von Kindern unter drei Jahren, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Ansichten darüber, was eine gute Kindheit ausmacht und welche Bedeutung ihr im Leben eines Menschen zukommt, haben sich seit Jahrhunderten von Epoche zu Epoche stark gewandelt. Doch nie zuvor rückte das Kind so stark in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses, wie im 20. Jahrhundert, dem von Ellen Key ausgerufenen „Jahrhundert des Kindes“. Was sind letztendlich die „wahren“ Faktoren einer erfolgreichen Erziehung und Sozialisation? Wie kann auf die positive Entwicklung des Kindes eingewirkt werden, um diese langfristig zu fördern? – Diese Fragen stellte sich nun die neu aufkommende Reformpädagogik, vertreten durch bekannte Namen wie Maria Montessori, Rudolph Steiner oder Célestin Freinet. Auch in der noch jungen Wissenschaft der Psychologie befasste man sich zunehmend interessiert mit den Besonderheiten der kindlichen Seele, sowohl auf entwicklungs- als auch auf verhaltenspsychologischer Ebene, wie es zum Beispiel Jean Piaget und Anna Freud taten. Doch inmitten dieser Bewegung, die der Lebensspanne der Kindheit mehr Bedeutung beimaß, als es bislang der Fall gewesen war, bildeten sich etwa gleichzeitig auch andere interessante pädagogische Ansätze heraus, die viel Wert auf das Kind legten und dabei mitunter beachtliche Erfolge vermelden konnten, heute aber bedauerlicherweise neben den bekannteren Kollegen relativ in Vergessenheit geraten sind. Zwei dieser PädagogInnen sind Emmi Pikler und Heinrich Jacoby; als ausgebildete Kinderärztin widmete Pikler ihr Leben der Säuglings- und Kleinkindentwicklungsforschung; sie entwarf ein neues, beinahe revolutionäres Konzept der freien Bewegungsentfaltung der Kinder. Jacoby, seines Zeichens Musikpädagoge, befasste sich ein Leben lang mit der Frage nach den Möglichkeiten der Entfaltung der menschlichen Potentiale und erarbeitete in jahrelanger Zusammenarbeit mit als unbegabt geltenden Menschen ein Konzept, mithilfe dessen Leistungsschwierigkeiten in Leistungsstärken verwandelt werden konnten. Die Kindheit spielt in diesem Ansatz eine ungeahnt tragende Rolle. So möchte ich in dieser Arbeit die pädagogischen Ansätze und Positionen Emmi Piklers und Heinrich Jacobys sowie deren Entwicklung vergleichend darstellen, um ihren Wert und ihre Bedeutung für die Pädagogik der frühen Kindheit noch einmal zum Tragen bringen zu können.
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Biographischer Überblick
1.1. Zum Leben Emmi Piklers
1.2. Zum Leben Heinrich Jacobys
1.3. Biographische Berührungspunkte
2. Pädagogische Positionen und deren Entwicklungsverlauf
2.1. Emmi Pikler
2.1.1.Der Weg vom theoretischen Ansatz zum pädagogisch-praktischen Konzept
2.1.2...............................Piklers erste Publikation und deren Inhalte
2.1.3.......................................Das Säuglingsheim in der Lóczystraße
2.2. Heinrich Jacoby
2.2.1.Der Weg vom theoretischen Ansatz zum pädagogisch-praktischen Konzept
2.2.2...........Die Publikationen seines Nachlasses und deren Inhalte
2.3. Konzeptionelle und pädagogisch-praktische Berührungspunkte
Fazit
Literaturverzeichnis
Die Ansichten darüber, was eine gute Kindheit ausmacht und welche Bedeutung ihr im Leben eines Menschen zukommt, haben sich seit Jahrhunderten von Epoche zu Epoche stark gewandelt. Doch nie zuvor rückte das Kind so stark in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses, wie im 20. Jahrhundert, dem von Ellen Key ausgerufenen „Jahrhundert des Kindes:“ Was sind letztendlich die „wahren“ Faktoren einer erfolgreichen Erziehung und Sozialisation? Wie kann auf die positive Entwicklung des Kindes eingewirkt werden, um diese langfristig zu fördern? – Diese Fragen stellte sich nun die neu aufkommende Reformpädagogik, vertreten durch bekannte Namen wie Maria Montessori, Rudolph Steiner oder Célestin Freinet. Auch in der noch jungen Wissenschaft der Psychologie befasste man sich zunehmend interessiert mit den Besonderheiten der kindlichen Seele, sowohl auf entwicklungs- als auch auf verhaltenspsychologischer Ebene, wie es z.B. Jean Piaget und Anna Freud taten.
Doch inmitten dieser Bewegung, die der Lebensspanne der Kindheit mehr Bedeutung beimaß, als es bislang der Fall gewesen war, bildeten sich etwa gleichzeitig auch andere interessante pädagogische Ansätze heraus, die viel Wert auf das Kind legten und dabei mitunter beachtliche Erfolge vermelden konnten, heute aber bedauerlicherweise neben den bekannteren Kollegen relativ in Vergessenheit geraten sind.
Zwei dieser PädagogInnen sind Emmi Pikler und Heinrich Jacoby; als ausgebildete Kinderärztin widmete Pikler ihr Leben der Säuglings- und Kleinkindentwicklungsforschung; sie entwarf ein neues, beinahe revolutionäres Konzept der freien Bewegungsentfaltung der Kinder. Jacoby, seines Zeichens Musikpädagoge, befasste sich ein Leben lang mit der Frage nach den Möglichkeiten der Entfaltung der menschlichen Potentiale und erarbeitete in jahrelanger Zusammenarbeit mit als unbegabt geltenden Menschen ein Konzept, mithilfe dessen Leistungsschwierigkeiten in Leistungsstärken verwandelt werden konnten. Die Kindheit spielt in diesem Ansatz eine ungeahnt tragende Rolle.
Emmi Pikler wurde im Jahr 1902 unter dem Namen Emilie Madeleine Reich in Wien geboren. Ihr Vater war ungarisch-jüdischer Herkunft, ihre Mutter entstammte einer jüdischen Familie aus Wien. 1908 zog sie mit ihrer Familie nach Budapest. Dort starb die Mutter, als Emmi gerade erst zwölf Jahre alt war.[1]
Mit dem Erwerb der Matura, dem österreichischen Äquivalent zum Abitur, begann die junge Frau 1920 ein Medizinstudium in Wien. Hier weckte die Entwicklung von Kindern während Schwangerschaft und Geburt ihr besonderes Interesse.[2] 1927 erwarb Pikler die Doktorwürde und begann daraufhin ihre Ausbildung zur Fachärztin für Kinderheilkunde bei den bedeutenden Wiener Universitätsprofessoren Clemens von Pirquet[3] und Hans Salzer[4], die sie 1930 erfolgreich abschloss.[5]
Im selben Jahr noch heiratete die junge Kinderärztin den ungarischen Mathematiklehrer György Pikler, dessen praktische Erfahrungen mit reformpädagogischen Unterrichtsmethoden ebenfalls großen Einfluss auf ihre eigene Arbeit haben würden.[6]
1931 kam die erste gemeinsame Tochter Anna zur Welt. Als das erste von Emmi Pikler begleitete Kind, das ohne äußere Hilfestellungen, selbstaktiv die Phasen seiner individuellen Bewegungsentwicklung durchlief, sollte sie für das Lebenswerk der Mutter noch eine tragende Rolle spielen.[7]
Die 1933 geborene, zweite Tochter Eva, starb früh im Alter von eineinhalb Jahren an einer Lungenentzündung.[8] 1946 wurde der Sohn József Péter geboren; 1953 entschloss sich die Familie zur Adoption eines weiteren Sohnes, János Péter.[9]
Nachdem Emmi Pikler 1935 auch in Ungarn die staatliche Anerkennung als Kinderärztin erworben hatte, praktizierte sie fortan als solche bis zum Ende des Krieges 1945.[10]
1936 kam Piklers Ehemann Györgi Pikler aus politischen Gründen in Gefangenschaft, aus der er erst 1945 heimkehrte.[11]
1946 gründete sie das Säuglingsheim in der Lóczystraße, welches sie über dreißig Jahre lang leitete. Im Laufe der Jahre kam es mehrfach zur Umbenennung des Heims. Heute ist es als das Pikler Institut bekannt.[12]
1979 übergab die siebenundsiebzigjährige Pikler die Leitung des Lóczy, blieb dem Institut jedoch in wissenschaftlicher und beratender Funktion treu erhalten.[13]