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Wenn Fred Feuerstein Diabetes hätte... ...müsste er weder Pillen einwerfen noch Insulin spritzen. Denn die Steinzeitdiät ist perfekt für viele Menschen mit chronischen Erkrankungen. Was als Lifestyle-Ernährung begann, entwickelt sich unter Ärzten und Wissenschaftlern gerade zu einer vielversprechenden und seriösen Therapieform, die bei Diabetes, Rheuma, MS und anderen Autoimmunerkrankungen tolle Erfolge feiert. Das Prinzip ist ebenso einfach wie lecker: erlaubt sind Fleisch und Gemüse in rauen Mengen, außerdem gewisse Hülsenfrüchte und Getreideformen wie Reis, Hafer oder Buchweizen. Auch Dr. Rainer Limpinsel - selbst Diabetiker - schwört darauf und zeigt mit diesem Buch auf unterhaltsame Weise, wie gut die Paleo-Ernährung für Ihre Gesundheit sein kann. Probieren Sie es doch gleich aus - mit über 50 steinzeitlichen Rezepten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 219
Paleo 2.0 – Heilen mit der Steinzeit-Diät
Wie Sie chronische Erkrankungen loswerden und nebenbei auch noch abnehmen
Dr. med. Rainer Limpinsel, Birgit Irgang
Rezepte von Birgit Irgang
1. Auflage
Frauen leben vegan, Männer lieben Paleo! Ist das so? Vielleicht. Wenn dem so sein sollte, dann haben die Männer zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit den besseren Riecher gehabt, denn Paleo ist gesund und schenkt Kraft. Und nicht nur das: Paleo ist längst kein hipper Ernährungs-Livestyle mehr, sondern entpuppt sich als eine Ernährungsform, die heilen kann. Viele Mediziner haben das heute bereits erkannt. Paleo ist also weit mehr als die Ausrede, jeden Tag grillen zu dürfen.
Unter Paleo verstehen die meisten Menschen, dass man sich wie in der Steinzeit ernähren soll. In letzter Zeit gab es einen regelrechten Hype darum. Leider tummeln sich im Fahrwasser dieses Hypes viele Falschaussagen und Widersprüche. Es fängt schon damit an, dass es im Deutschen „Paläo“ heißen müsste. „Paleo“ ist aber aus den USA zu uns herübergeschwappt. Es ist die englischsprachige Version der griechischen Vorsilbe für „Alt-“ bzw. „Ursprungs-“. Aber gut, wir sagen auch Handy, obwohl die Amerikaner selbst Cell Phone sagen.
Ich habe dieses Buch über Paleo geschrieben, weil ich fest an seine Heilkraft glaube. Mein Name ist Dr. med. Rainer Limpinsel. Ich bin Arzt. Ich habe für den TRIAS Verlag bereits ein Buch über Diabetes geschrieben, denn ich bin in meinem 40. Lebensjahr sehr schwer an Diabetes Typ II erkrankt. Das war im Jahr 2007. Ich hatte damals am Tag meiner Erstdiagnose rekordverdächtig katastrophale Blutzuckerwerte und musste sofort Insulin spritzen. Das habe ich auch ein Jahr lang getan. Im Sommer 2008 kam die Wende. Der Unwille, mich täglich mehrmals zur Blutzuckermessung in meine Fingerkuppen zu piken, und eine schlimme Unterzuckerung bei einer Mountainbike-Tour haben mir damals den Anstoß gegeben, meinen Diabetes auf natürliche Art zu heilen.
Im August des Jahres 2008 habe ich deshalb drei Wochen lang eine radikale Form der Paleo-Ernährung gelebt. Ich habe sehr wenig gegessen, nur eine Portion Gemüse und eine Portion Obst am Tag. In der Steinzeit war so eine Periode mit wenig Nahrung ganz normal. Nach diesen drei Wochen habe ich meine Ernährung komplett umgestellt. Sie entspricht nun der Ernährungsform, die ich in diesem Buch auch beschreibe. Ich nenne sie Paleo light. Zucker, Geschmacksverstärker, Süßstoffe, Weißmehl und künstliche Aromen habe ich seit 2008 nicht mehr gegessen.
Seither lebe ich ohne jegliche Medikamente mit guten Blutzuckerwerten. Meinen Diabetes habe ich also durch Paleo geheilt. Noch mehr freue ich mich über die Tatsache, dass ich durch meine Ernährungsumstellung auf Paleo dauerhaft 25 Kilo an Gewicht verloren habe. Ich verzichte auf nichts, ich schlemme jeden Tag.
Ich bin ein Mann der Extreme, ich konnte meine Ernährung nur radikal von einem Tag auf den anderen komplett umstellen. Dieser Charakterzug scheint tief in meinem Wesen verankert zu sein. Sie müssen natürlich nicht mit genauso einer Konsequenz Ihre Ernährung beachten, wie ich das seit dem Sommer 2008 tue. Noch im Frühjahr des Jahres 2007 hätte ich dieses Buch (und ebenso mein Buch über Diabetes) nicht schreiben können, denn damals war ich der König des Junkfood. Zudem war ich süchtig nach Zucker und Geschmacksverstärkern sowie ein großer Bierliebhaber. Zusammen mit dem ganzen Weißbrot, der Schokolade, den Pommes, den Chips, dem Kuchen und den Erfrischungsgetränken bot ich ein Paradebeispiel einer westlichen Fehlernährung.
Ich nehme an, dass Sie dieses Buch aus folgenden Gründen gekauft haben:
Sie oder ein enges Familienmitglied möchten schlanker werden.
Sie oder ein enges Familienmitglied haben gesundheitliche Probleme oder sorgen sich vor gesundheitlichen Problemen.
Dann ist mein Buch genau das Richtige für Sie, denn Paleo lässt Sie erschlanken und gesunden. Mit den Informationen aus meinem Buch werden Sie den Schritt in eine neue, gesundheitsförderliche Zukunft gehen. Paleo ist eine Ernährung, die heilt.
Im letzten Abschnitt finden Sie dafür viele leckere Rezepte. Und wenn Sie dann zwölf Monate nach Paleo-Regeln gelebt haben, dann werden Sie verständnislos auf Ihren heutigen Zustand zurückblicken. Denn Ihr Gewicht, Ihre Gesundheit und Ihre Laune werden besser sein.
Handhaben Sie dieses Buch, wie Sie möchten. Sie werden darin viele Informationen, lustige Anekdoten und tolle Rezepte finden. Wenn Sie es möchten, wird dieses Buch Ihr Leben verbessern, denn ich gebe Ihnen ganz konkrete Handlungsanweisungen, wie Sie Ihre Ernährung verbessern. Und wenn Sie Ihre Ernährung verbessern, verbessern Sie immer Ihr ganzes Leben. Mit einer gesunden Ernährung können Sie mit Spaß uralt werden. Mit einer schlechten Ernährung verkürzen Sie Ihr Leben und vergrößern Ihr Krankheitsrisiko ganz extrem.
Sie werden nicht verzichten, wenn Sie sich nach Paleo-Regeln ernähren. Damit käme ich persönlich überhaupt nicht klar. Ich bin der Meinung, das Leben muss Spaß machen. Mein Leben macht mir auf jeden Fall Spaß. Und mein Leben würde mir keinen Spaß machen, wenn ich Kalorien zählen müsste oder mich nicht satt äße. Stattdessen können Sie mit Paleo jeden Tag schlemmen, bis Ihr Magen zu Ihnen sagt: „Bitte hör auf zu essen, ich kann nicht mehr, sonst wird mir schlecht.“ Nach einem Paleo-Menü sind Sie glücklich, zufrieden und satt. Und Sie bleiben schlank und gesund.
Ingenieure und Techniker imitieren heutzutage in sehr vielen Bereichen die Natur. Ein Beispiel sind die kleinen geschwungenen Flügelspitzen am Ende der Tragflächen von Verkehrsflugzeugen, die sogenannten Winglets. In den 1960er-Jahren (dem Zeitraum, der heute gerne als die gute alte Zeit tituliert wird) wäre kein Ingenieur auf die Idee gekommen, am Ende einer Flugzeugtragfläche so eine komische gebogene Schwinge anzubringen. Doch dann haben Forscher große Vögel beobachtet und festgestellt, dass am Ende ihrer Schwingen immer ein paar Federn nach oben gebogen in den Himmel ragen. Versuchsweise haben die Techniker die ersten Winglets an die Tragflächen geschraubt und siehe da: Plötzlich verbrauchten die Verkehrsflugzeuge fünf Prozent weniger Treibstoff. Einfach so.
Wir sollten auch in Sachen Ernährung das tun, was die Natur uns vorgemacht hat. Vor etwa zwei Millionen Jahren begann die Geschichte der Menschheit und etwa 1 985 000 Jahre davon lebten Menschen zwangsläufig von Lebensmitteln, die sie als Sammler, Jäger oder Fischer erlangen konnten. Dieser Zeitraum war lang genug, dass sich das Verdauungssystem und der Stoffwechsel des Menschen perfekt darauf eingestellt haben. Doch heute ernähren wir uns von Dingen, für die unser Verdauungssystem nicht konstruiert wurde.
Machen Sie doch folgendes Experiment. Dafür bitte ich Sie, sich einen Zollstock zu besorgen. Bitte tun Sie das wirklich jetzt in diesem Moment. Lesen Sie erst weiter, wenn Sie den Zollstock vor sich liegen haben. Liegt der Zollstock vor Ihnen? Gut. Klappen Sie ihn auf seine volle Länge von zwei Metern aus und legen Sie ihn vor sich auf den Boden. Die zwei Meter des Zollstocks symbolisieren die zwei Millionen Jahre der menschlichen Entwicklung auf der Erde. Jetzt bringen Sie 1,5 Zentimeter vor Ende des Zollstocks eine Markierung an. Das entspricht einer Zeitspanne von 15 000 Jahren. Schauen Sie sich den Zollstock in seiner ganzen Pracht an. Die Markierung ist ganz kurz vor seinem Ende. Erst seit diesem Zeitpunkt kennen Menschen Getreide und Milch. 100 Jahre entsprechen sogar nur 0,1 Millimeter. Sie kennzeichnen den Beginn der Verfügbarkeit von industriellen Lebensmitteln und von Zucker. Bei 0,04 Millimeter läge dann die Markierung für Chemie im Essen. Genetisch veränderte Lebensmittel gibt es in Deutschland erst seit dem Jahr 1996. Das entspräche einem hundertstel Millimeter.
Was geschah in der Steinzeit?
Allgemein werden der aufrechte Gang und die Benutzung von Werkzeugen als der Beginn der Menschheit und damit der Steinzeit angesehen. Dieses Zeitalter beginnt ganz grob etwa zwei Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung und endet 2 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung, als die Menschen lernten, aus Bronze Werkzeuge herzustellen. Der Beginn der Bronzezeit ist per Definition das Ende der Steinzeit. In Bezug auf Paleo endet die Steinzeit jedoch wesentlich früher, denn um das Jahr 10 500 vor Christus erfand der Mensch die Landwirtschaft.
Wie sich das Leben in der Steinzeit gewandelt hat
Während der Jahrhunderttausende andauernden Steinzeit hat sich das Leben der Menschen auch auf ihre Ernährungsweise bezogen ganz entscheidend verändert. Die Urväter des Menschen waren noch reine Vegetarier. Als der Mensch vor mindestens einer Million Jahren lernte, mit dem Feuer umzugehen, änderte sich dies. Denn ganz eng verknüpft mit der Handhabung des Feuers ist der Vorgang des Grillens von Fleisch. Definitiv bezeugt ist, dass Menschen vor 700 000 Jahren gegrillt haben. Anders als Aas war gegrilltes Fleisch gut verdaulich und sehr lecker. Seither hat sich der Geruch von gegrilltem Fleisch in unserer Empfindung als etwas sehr Positives verankert.
Das Leben in der Steinzeit bedeutete aber nicht automatisch, dass man Jäger und Sammler war. Wer es einrichten konnte, war Fischer und Sammler. Menschen haben immer gerne am Wasser gelebt, Fische sind einfacher zu fangen als Bären. Auch weiß man, dass Hülsenfrüchte seit der Jungsteinzeit vor 10 000 Jahren genutzt wurden, einige Wissenschaftler sprechen sogar von 40 000 Jahren. Der erste Topf auf dieser Welt wurde im heutigen China vor 18 000 Jahren hergestellt. Und: Die Menschen der Steinzeit sind nicht jeden Tag vor einem Mammut weggelaufen oder haben ein Mammut erlegt. Einen Großteil der Zeit haben unsere Vorfahren stressfrei gelebt.
Die Erfindung der Sesshaftigkeit
Die Geschichte des Volkes der Natufier erzählt eindrücklich, wie es zu den geänderten Ernährungsgewohnheiten der Menschheit kommen konnte. Denn die Natufier waren die ersten Bauern auf dieser Erde.
Seit Ende der letzten richtigen Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren herrscht eine Warmzeit. Für die Natufier, die nach dem Rückzug der Gletscher in das Gebiet des heutigen Israel und Irak einwanderten, war dieses Klima optimal, man kann von paradiesischen Zuständen sprechen. Es gab blühende Landschaften mit vielen wilden Gräsern, die die Natufier ernteten und aßen. Archäologen konnten im Selbstversuch nachweisen, dass eine Person drei Wochen hart arbeiten und Gräser sammeln musste, damit vier Personen ein Jahr lang Nahrung zur Verfügung hatten.
Mit der Nutzung der Gräser gab es eine fundamentale Neuerung in der Menschheitsgeschichte, denn getrocknetes Getreide verdirbt nicht. Es kann sehr lange gelagert werden. Deswegen waren die Natufier die ersten Menschen, die längere Zeit an einem Ort bleiben konnten. Wirklich sesshaft waren sie aber noch nicht.
Die Natufier sind nur zwei- bis dreimal im Jahr von Ort zu Ort gezogen, um den Tieren und den Gräsern zu folgen. Ihre Gräser haben sie in wunderschön angefertigten Mörserschalen zerrieben, um daraus grobkörnige Kekse und Pfannkuchen auf einem heißen Stein zu backen. Dazu gab es saisonale Früchte und Gemüse sowie Fleisch. Aufgrund von Essensresten, die neben das Lagerfeuer geworfen wurden, weiß man, dass die Natufier Allesesser waren: Es finden sich auf ihren Abfallhaufen Reste von Gazellen, Auerochsen, Wölfen, Hasen, Katzen, Schildkröten, aber auch von Getreide. Obst und Gemüse werden sie auch gegessen haben, doch leider haben die Reste dieser Nahrung die Jahrtausende nicht überlebt.
Definitiv hatten die Natufier viel Freizeit. Sie haben viele Stunden darauf verwendet, schöne Dinge zu schnitzen und Kunstgegenstände herzustellen. Trotzdem war das Leben der Natufier nur für Steinzeitverhältnisse ein paradiesisches Leben. Alle gefundenen Natufier-Skelette gehören Menschen, die aufgrund von schweren Verletzungen weniger als 50 Jahre alt wurden.
Die ersten Bauern
Das sorgenfreie Zeitalter der Natufier im sogenannten fruchtbaren Halbmond dauerte nur 2 500 Jahre. Dann kam die Kälte zurück. Es begann jedoch keine richtige Eiszeit mehr, sondern nur eine kleine Kältephase. Doch mit der paradiesischen Kultur der Natufier war es vorbei. Sie mussten in die Gegend des heutigen Sees Genezareth umziehen und fanden dort andere geographische und klimatische Gegebenheiten vor. Vor allem wuchsen dort keine wilden Gräser.
Deshalb beschlossen die Natufier eine drastische Änderung ihrer Lebensweise, die bis zum heutigen Tag das Antlitz unserer Erde verändert hat: Sie begannen, ihre kostbar gehorteten Nahrungsvorräte (die getrockneten Grassamen) in die Erde zu legen, zu wässern und sich um sie zu kümmern. Sie säten zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit Pflanzen aus, um sie in der Zukunft ernten zu können. Die Natufier wurden somit zu den ersten Bauern auf der Erde.
Doch da das Klima kälter und die Arbeit härter war, änderte sich das Antlitz ihrer Zivilisation. Die Freizeit der Natufier war futsch. Es finden sich nun keinerlei Hinweise mehr auf Schnitzereien oder Kunstgegenstände. Die Skelette der Natufier aus dieser Zeit zeigen extreme Abnutzungen an Knien und Schultern. Ein Zeugnis, wie hart das Überleben als Bauer geworden war.
Paleo basiert auf dem Fakt, dass die Menschheit zwei Millionen Jahre unter den Bedingungen der Steinzeit gelebt hat. Dieser lange Zeitraum von etwa 90 000 Generationen hat mit Sicherheit ausgereicht, dass sich unsere Körper an die Lebens- und Ernährungsbedingungen genetisch anpassen konnten. Jeder Mensch trägt nämlich bis zu fünfzig Basenveränderungen (Mutationen) in sich, die seine Eltern nicht haben. Verfechter der Paleo-Theorie argumentieren deswegen im Umkehrschluss, dass wir lange und gesund leben, wenn wir uns möglichst wie in der Steinzeit ernähren.
Eine Ernährung nach den Regeln von Paleo besteht aus Wasser, Gemüse, Pilzen, Fleisch, Fisch, Samen, Nüssen, Gewürzen, Eiern, Obst, Honig und Fett. Alles Lebensmittel, von denen sich unsere Vorfahren in der Steinzeit auch schon ernährt haben. Dieser Gedanke leuchtet ein und ist auch richtig. Ich möchte es etwas pointierter ausdrücken: Die Menschheit ernährt sich seit 15 000 Jahren falsch, aber das hat 14 990 Jahre lang, also bevor die moderne Paleo-Ernährung bei uns angekommen ist, niemanden interessiert.
Vor hundert Jahren hatten die Menschen einfach andere Sorgen, vielleicht hatten sie auch gar keine Lust, lange und gesund zu leben. Für meinen Opa war sein stattlicher Bauch ein klares Statussymbol. Auch meine Oma fand in einer Zeit voller schlanker Männer ihren stattlichen Mann sexy.
Wir Menschen sind die erfolgreichsten Lebewesen auf dieser Erde (Ameisen und Kakerlaken mal ausgenommen), weil wir uns an alles anpassen und Gefahren verdrängen können. Menschen besiedeln Hänge kürzlich erloschener Vulkane und enge Flusstäler. Die Gefahr, zu verbrennen oder zu ertrinken, juckt uns erstmal nicht. Und wenn es irgendwie geht, wollen wir unser Belohnungszentrum im Gehirn anregen. Die Natur selbst setzt das Belohnungssystem als einen Grundpfeiler des Überlebens des Menschen ein. Das Belohnungssystem motiviert uns zum Handeln. Wegen der Belohnung gibt es süße Früchte und wegen der Belohnung ist der Sexualtrieb einer der wichtigsten Triebe des Menschen. Oder, wie Woody Allen so schön sagte: „Egal, wie die Frage lautet, die Antwort ist Sex.“
Doch in den letzten 40 Jahren haben sich die natürlichen Voraussetzungen für unser Belohnungszentrum extrem verschoben. Wir brauchen uns heutzutage gar nicht mehr zu bewegen und wir können rund um die Uhr Unmengen an Nahrung finden. Wir werden belohnt, ohne etwas dafür tun zu müssen. Dafür sind wir Menschen aber einfach nicht konstruiert. Deswegen kommt es heutzutage zur extremen Ausbreitung der Zivilisationskrankheiten. Grob geschätzt leiden 80 Prozent der westlichen Bevölkerung unter einer Zivilisationskrankheit. Im Anfangsstadium können Sie durch eine Paleo-Lebensweise viele Zivilisationskrankheiten heilen. Das gilt insbesondere für Typ-2-Diabetes, hier heilt Paleo sogar nach 20 Jahren Krankheitsverlauf.
Meine Generation (ich bin Jahrgang 1967) ist die erste Generation, die von Kindheit an mit Zucker und Chemie überfüttert wurde. Deswegen ist es sehr wahrscheinlich, dass meine Generation nicht mehr älter wird als die meiner Eltern. Noch schlimmer sind die heutigen Kinder dran: In meinen medizinischen Lehrbüchern aus den 1980er-Jahren taucht Typ-2-Diabetes als eine Erkrankung der über 60-Jährigen auf. Heute bekommen Kinder mit zwölf Jahren Typ-2-Diabetes. Nämlich dann, wenn sie nur noch vor dem Bildschirm hocken und Fast Food plus Süßigkeiten verschlingen.
Auch die Ernährung der 1970er-Jahre war nicht viel besser als die heutige. Schon damals gab es Geschmacksverstärker, Aromen und andere Chemie im Essen. Trotzdem waren zwölfjährige Kinder mit Typ-2-Diabetes damals schlicht unbekannt. Auf meiner Grundschule gab es nur ein wirklich adipöses Kind. Seine ganze Familie litt an Fettsucht. Weil alle Familienmitglieder unter einem gewissen Mobbing zu leiden hatten, ist die Familie 1979 nach Amerika ausgewandert. In den USA gab es schon damals viele dicke Menschen.
Warum gab es in meiner Kindheit trotz schrottigen Essens weniger dicke und vor allem keine kranken Kinder? Weil wir Kinder uns von früh bis spät bewegt haben. Wir kamen mittags aus der Schule und dann hat meine Mutter uns nach dem Mittagessen vor die Tür gesetzt. Wir konnten draußen spielen und mussten erst wieder nach Hause kommen, wenn die Straßenlaternen angingen. Heutige Kinder werden oft im SUV zum Kindergarten gefahren und den ganzen Tag sehr behütet. Leider beinhaltet diese missverstandene Liebe, dass die Kleinen vor dem Fernseher oder der Gamekonsole geparkt werden.
Mit Bewegung können Menschen eine ungesunde Ernährung sehr gut kompensieren. Körperliche Bewegung wirkt wie ein Verbrennungsofen für krankmachende Stoffe. Dieses Regelsystem hat seit Erfindung der Landwirtschaft dafür gesorgt, dass es relativ wenige Zivilisationskrankheiten gab. Doch in der heutigen Zeit funktioniert das nicht mehr. Fast jeder hat ein Auto (übrigens die schlimmste Erfindung überhaupt) und Essen gibt es überall. Fitness-Studios, die im ersten Stock liegen, haben eine Rolltreppe. Wie pervers ist denn das? Ich fahre mit einer Rolltreppe in ein Fitness-Studio? Würden die Menschen komplett auf Aufzüge und Rolltreppen verzichten, bräuchten sie gar keine Fitness-Studios. Seit den 1950er-Jahren sind alle Erfindungen des Menschen bequem, aber im Grunde ungesund. Einfach, weil wir uns gar nicht mehr bewegen müssen. Was sollen elektrische Schiebetüren an einem Familien-Van? Kann Papa die Tür nicht mehr zuschieben?
Wir können viel zu einem besseren Gesundheitszustand beitragen – mit mehr Bewegung und einer angepassten Ernährung. Wenn wir auf die modernen Errungenschaften der Ernährungsindustrie verzichten und uns weitgehend so ernähren, wie es die Menschheit noch bis vor wenigen Jahrzehnten tat, schaffen wir die besten Voraussetzungen. Dann bringen wir Stoffwechsel und Verdauung in ein gesundes Gleichgewicht, geben dem berüchtigten Leaky-gut-Syndrom mit all seinen Folgeerscheinungen keine Chance, stärken unser Immunsystem und vieles mehr. Mit Paleo beugen wir nicht nur Erkrankungen vor, wir können sogar Krankheiten heilen. Für die meisten Mediziner ist heute unumstritten, dass Paleo eine Heilernährung ist.
Einleitung
Mit Paleo habe ich mir selbst geholfen
Was Sie von diesem Buch erwarten können
Klar, das Leben mit Paleo muss Spaß machen
Wir sollten von der Natur lernen
15 000 Jahre sind ein Klacks
Was Paleo gerade heute kann
Was ist in den letzten Jahrzehnten schiefgelaufen?
Eine Generation, die mit Zucker und Chemie aufwächst
Schlechte Ernährung, aber viel Bewegung
Wie Paleo helfen kann
Teil I: Die Grundlagen unseres Lebens
1 Wie der Körper Nahrung aufnimmt
1.1 Unser Verdauungssystem
1.1.1 Notwendiger Umweg über die Leber
1.2 Der Darm im Zentrum
1.2.1 „Zeige mir dein Mikrobiom und ich sage dir, wie gesund du bist.“
1.3 Aus Nahrung wird Energie
1.3.1 ATP – das „Energiemolekül“
1.3.2 So wird ATP gebildet
1.3.3 Wo Energie benötigt wird
1.3.4 Kalorien, die Einheit der Energie
1.4 Was Nahrung aber noch können muss
Teil II: Mit Paleo heilen
2 Krankheiten verhindern, bevor sie entstehen
2.1 Eigeninitiative muss sein
3 Erkrankungen des Darms
3.1 Zwei Wege nach innen
3.2 Wenn der Darm undicht ist
3.2.1 Verursacher des Leaky-gut-Syndroms
3.2.2 Weitere denkbare Ursachen
3.2.3 Das Leaky-gut-Syndrom kann verantwortlich sein für:
3.3 Irritierter Darm
3.4 Warum das Mikrobiom so wichtig ist
3.5 Paleo hilft dem Darm
3.5.1 Paleo hilft bei Verdauungsproblemen
3.5.2 Paleo hilft bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten
3.5.3 Paleo hilft bei Hämorrhoiden
4 Übergewicht
4.1 Paleo hilft beim Abnehmen
4.1.1 Die wichtigsten Abnehmfaktoren bei Paleo
5 Typ-2-Diabetes
5.1 Wenn das Insulin versagt
5.2 Paleo hilft bei Typ-2-Diabetes
5.2.1 Auch insulinpflichtigen Diabetikern hilft Paleo
6 Metabolisches Syndrom
6.1 Erstes Symptom: Übergewicht
6.2 Zweites Symptom: Diabetes
6.3 Drittes Symptom: schlechte Blutfettwerte
6.4 Viertes Symptom: hoher Blutdruck
6.5 Paleo hilft beim Metabolischen Syndrom
7 Fettleber
7.1 Paleo hilft bei einer Fettleber
8 Schwaches Immunsystem
8.1 Paleo hilft einem schwachen Immunsystem
8.1.1 Paleo hilft bei Asthma
8.1.2 Paleo hilft bei Allergien
8.1.3 Paleo hilft bei Blaseninfektion
8.1.4 Paleo hilft bei Bronchitis
8.1.5 Paleo hilft bei Divertikulitis
8.1.6 Paleo hilft bei Psoriasis
8.1.7 Paleo hilft bei Multipler Sklerose
9 Krebs
9.1 Ernährung alleine kann nicht heilen
9.2 Paleo beugt Krebsentstehung vor
10 Psyche, Nerven und Gedächtnis
10.1 Paleo hilft bei Demenz
10.2 Paleo hilft bei Angstzuständen
10.3 Paleo hilft bei Schlafproblemen
10.4 Paleo hilft bei Depressionen
10.5 Paleo hilft bei Migräne
10.6 Paleo hilft bei Parkinson
10.7 Paleo hilft bei Stresszuständen
11 Hormonelle Störungen
11.1 Paleo hilft bei Schilddrüsenerkrankungen
11.2 Paleo hilft bei übermäßigem Schwitzen
12 Herz und Kreislauf
12.1 Paleo beugt Herzinfarkt und Schlaganfall vor
12.2 Paleo hilft bei Anämie und Eisenmangel
13 Gelenke, Haut, Knochen
13.1 Paleo hilft bei Gicht
13.2 Paleo hilft bei Rheuma
13.3 Paleo hilft gegen Ekzeme
13.4 Paleo hilft bei Rücken- und Gelenkschmerzen
13.5 Paleo hilft bei Osteoporose
14 Lebensmittelunverträglichkeiten
14.1 Paleo hilft bei Laktoseintoleranz
14.2 Paleo hilft bei Histaminintoleranz
14.3 Paleo hilft bei Fruktoseintoleranz
14.4 Paleo hilft bei Glutenunverträglichkeit
14.4.1 Zöliakie
14.4.2 Unverträglichkeit erst in den letzten Jahrzehnten
Teil III: Welche Nahrung brauchen wir?
15 Die Nährstoffe
15.1 Eiweiß
15.1.1 Wo befindet sich Eiweiß?
15.2 Fette
15.3 Kohlenhydrate
15.3.1 Verzichten Sie auf Zucker
15.3.2 Natürlich Süßes ist süß genug
15.4 Ballaststoffe
15.4.1 Wer hat die besten?
15.4.2 Sparen Sie sich Ballaststoffzusätze
15.5 Vitamine
15.5.1 Welche Vitamine können wirklich problematisch werden?
15.5.2 Natürlich besser
15.6 Mineralstoffe und Spurenelemente
15.7 Bitterstoffe
15.7.1 Die besten Quellen
15.7.2 Alte Heilpflanzen mit Bitterstoffen
15.8 Flüssigkeit
15.8.1 Kaffee, schwarzer und grüner Tee
15.8.2 Alkohol
15.8.3 Wenn Sie Alkohol trinken wollen
16 Die Paleo-Lebensmittel
16.1 Gemüse
16.1.1 Kartoffeln – ja oder nein?
16.1.2 Spezialfall essbare wilde Pflanzen
16.2 Pilze
16.3 Obst
16.3.1 Nein zu Fruchtsäften
16.4 Eier
16.4.1 Wie viele Eier sind gesund?
16.4.2 Achten Sie immer auf Bio
16.5 Fleisch
16.5.1 Wählen Sie Fleisch von grasgefütterten Rindern
16.5.2 Auf Fleisch verzichten?
16.6 Fisch
16.7 Nüsse
16.8 Insekten
16.8.1 Was essbar ist
17 Lebensmittel aus der „Grauzone“
17.1 Hülsenfrüchte
17.1.1 Die vielen Vorteile
17.1.2 Das „Aber“
17.1.3 Was ist mit Sojaprodukten?
17.1.4 Hülsenfrüchte zubereiten
17.2 Getreide
17.2.1 Wir sind zur Getreideverdauung nicht gemacht
17.2.2 Getreide schützt sich vor dem Gegessenwerden
17.2.3 Streichen Sie Weizen
17.2.4 Paleo ist besser als Medikamente
17.3 Nicht alles Getreide ist „böse“
17.3.1 Roggen
17.3.2 Hafer
17.3.3 Reis
17.3.4 Amaranth, Quinoa und Hirse
18 Auf diese Lebensmittel verzichten Sie
18.1 Milch und Milchprodukte
18.1.1 Muttermilch ist gut fürs Kind
18.1.2 Warum trinken wir Erwachsenen Milch?
18.1.3 Ist Milch noch ein Naturprodukt?
18.1.4 Moderne Milch macht krank
18.1.5 Milch schwächt das Immunsystem
18.1.6 Unverträglicher Milchzucker
18.1.7 Zweifelhafte Milchproduktion
18.1.8 Was ist von Milch-Ersatzprodukten zu halten?
18.1.9 … und von Margarine als Butterersatz?
18.2 Industriell hergestellte Nahrung
18.2.1 Aromen
18.2.2 Geschmacksverstärker
18.2.3 Konservierungsstoffe
18.2.4 Farbstoffe
18.2.5 Light-Produkte
18.2.6 Fettreduzierte Lebensmittel
18.2.7 Süßstoffe
18.2.8 Versteckter Zucker
18.2.9 Isoglukose
Teil IV: Sport
19 „Sport“ in der Steinzeit
19.1 Intensiv oder gemäßigt?
19.1.1 Bestimmt waren Steinzeitmenschen faul
19.2 Finden Sie Ihre aerobe Schwelle
19.3 Bodyweight-Übungen
19.3.1 So können Sie ohne Geräte trainieren
19.4 Das Maß finden
Teil V: Ihr neues Leben mit Paleo
20 Steigen Sie um, verbessern Sie Ihr Leben
20.1 Mein Weg zu Paleo
20.2 Seien Sie pragmatisch
20.3 Ja, der Umstieg kann hart werden
20.4 Die erste Paleo-Woche
20.4.1 Das gibt’s in der ersten Woche zu essen
20.5 Nach der ersten Woche
20.6 Was sein muss, muss eben sein
21 Mein Paleo light
21.1 Gemüsebrühe
22 Wenn Sie es richtig wissen wollen: Hardcore-Paleo
23 Paleo leben
24 Kochen nach Paleo – die Rezepte
24.1 Dips, Aufstriche, Vorspeisen und Snacks
24.2 Suppen und Salate
24.3 Vegetarische Hauptgerichte
24.4 Hauptgerichte mit Fleisch und Fisch
24.5 Brote, Kuchen, Naschereien und Knabbereien
Autorenvorstellung
Sachverzeichnis
Impressum
1 Wie der Körper Nahrung aufnimmt
Heute bedeutet es keine Plackerei mehr, den Körper mit der Nahrung zu versorgen, die er benötigt. Aber das Ziel ist noch immer dasselbe: Die Maschine am Laufen zu halten. Wir essen nicht nur, weil es uns schmeckt. Wir essen vor allem deshalb, um uns am Leben zu halten. Denn aus der verdauten Nahrung schöpft der Körper Energie. Wir Menschen brauchen Energie in Form von Nahrung.
Damit Sie eine bessere Vorstellung davon bekommen, wie unsere Körper es schafft, aus unserer Nahrung Energie zu ziehen, will ich Ihnen die wichtigsten Schritte in diesem Kapitel skizzieren.
Über die Hälfte unserer inneren Organe ist mit der Verdauung beschäftigt und jedes Zentimeterchen davon wird benötigt. Schließlich hält die Natur nichts am Leben, was nicht zum Überleben gebraucht wird. Deswegen sind verschwurbelte Theorien wie „Lichtnahrung“ purer Unsinn. Wozu bräuchten wir dann unser Verdauungssystem? Würden Menschen direkt von Licht leben, dann wüchsen uns schon lange kleine Hautlappen zwischen den Fingern, ähnlich wie Sonnenkollektoren.
Der traurige Ritter der Kokosnuss
Traurige Berühmtheit erlangte August Engelhard, der Begründer des Kokovorismus, in dessen Zentrum die heilige Verehrung der Kokosnuss stand. Seine Annahme war, dass der Mensch vom Licht lebt. Die Haarwurzeln des Menschen würden das Sonnenlicht direkt zum Gehirn leiten. Deswegen wanderte er 1902 nach Papua-Neuguinea aus, wo er nur Kokosnüsse aß, denn Kokosnüsse kamen seiner Theorie nach der Sonne am nächsten (warum er überhaupt noch was gegessen hat, erschließt sich mir allerdings nicht). August wollte nicht glauben, dass das edle Gehirn seine Kraft aus dem dreckigen Verdauungstrakt bezieht. In den letzten Monaten seiner 44 Lebensjahre saß er deshalb nackt am Strand in der Sonne. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon seinen Guru-Popstar-Status verloren, den er in Deutschland einst hatte. Zuvor bekam er oft Besuch vieler hipper Großstadtmenschen, allesamt zivilisationsmüde. Die hielten es aber nicht länger als ein paar Tage in der Südsee aus, dann gingen sie zurück nach Berlin.
Seit mindestens 120 Jahren gibt es solche Menschen, die nicht die Ansichten der Schulmedizin teilen. Getriggert werden diese Abweichler von den negativen Aspekten der Industrialisierung und der Überzeugung, etwas Besseres zu sein.
Zurück zu unseren Verdauungsorganen. Von unserem Mund gibt es eine direkte Verbindung bis zu unserem After. Das ist sehr praktisch, denn so können nicht nur verschluckte Kirschkerne, sondern auch alle Nahrungsabfälle unseren Körper problemlos wieder verlassen. Die Strecke vom Mund bis zum Popo beträgt acht Meter, ein Großteil davon entfällt auf den Dünndarm.
Ganz kurz zusammengefasst läuft die Verdauung folgendermaßen ab: Im Mund wird die Nahrung grob zerkleinert und der Kohlenhydratabbau schon hier durch Enzyme, die Amylasen im Speichel, gestartet. Im Magen wird dann das Eiweiß aus der Nahrung durch Pepsin und Salzsäure chemisch vorverdaut. Als Nächstes gelangt die Nahrung in den Dünndarm, wo ihre Inhaltsstoffe durch den Zusatz von Galle (wirkt ähnlich wie Spüli) sowie Enzymen wie Amylasen, Proteasen und Lipasen aus der Bauchspeicheldrüse resorbiert werden. Die Nährstoffe gelangen somit ins Blut. Im Dickdarm wird hauptsächlich Wasser resorbiert, damit aus dem flüssigen Speisebrei fester Stuhlgang werden kann. Die nicht verdaulichen Reste der Nahrung werden ausgeschieden.