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Von Glücksverlangen und Vergänglichkeit
Pans Stunde bricht während der schwülen sommerlichen Mittagsstille an. Dann ruht der bocksbeinige Gott, und wer ihn stört, den versetzt er in Angst und »panischen« Schrecken. Dieser mythischen Stunde hat der Schriftsteller Norbert Hummelt seinen neuen Gedichtband gewidmet. In Versen lotet er die tiefe Spannung dieser Stunde aus, die von Trunkenheit und Erotik, von Schrecken und Glück, von Idylle und Dämonie gezeichnet ist.
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Seitenzahl: 53
Norbert Hummelt
Pans Stunde
Gedichte
Luchterhand
© 2011 Luchterhand Literaturverlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-641-06516-4
Ich mag nicht atmen als in deinem duft.
Stefan George
für Nadja
I
pans stunde
da wir nah am getränkemarkt hielten u. mir der ort
wenig anmutig schien kam mir das wort wieder neu
in den sinn: hier möchte ich auch nicht abgemalt sein.
wir zogen los ein stück querfeldein du mit der kamera
über der schulter hieltest am waldrand um scharf zu
stellen ich sah deine lichtempfindliche haut als sich
der weg durch die bäume wand ehe wir dachten senkte
sich das land unten lag der kossenblatter see u. warf
das mittagslicht das auf ihn traf zurück. ich wies darauf
u. suchte deinen blick wir übten uns in der alten kunst
die dinge um uns wie neu zu benennen am steg der reiher
hielt lang genug still der bussard war über uns unter dem
himmel wir gingen zügig ohne zu halten bestimmten
beide den zitronenfalter u. eine stunde lang war eine
stunde da wo weder du noch ich vorher gewesen war.
farn
ich hatte wieder die uhr nicht dabei doch ging es wohl
bald schon auf mittag zu als wir zum zweitenmal
den weg nach zühlsdorf gingen. ein freund war mit von
der partie wir sprachen von gegenwärtigen dingen u.
wie das licht fast senkrecht durch die stämme fiel
da leuchteten gestrüpp u. unterholz u. stümpfe zeigten
sich mit ihren altersringen. wir gingen so u. fühlten keine
länge u. bald erreichten wir die eine stelle die mir
vom erstenmal noch im gedächtnis war. ein weißer falter
flog vor uns ins helle u. unvermittelt lag die schneise da.
die eisernen masten der überlandleitung standen dort
wie vor allem beginn u. ganz hoch über uns schwangen
die drähte u. kamen woher u. liefen wohin. wir standen
im unverminderten licht. heidekraut blühte. tonscherben
lagen im schotterweg u. eine blaue stecktest du ein. ich
sah hinüber zu den jungen kiefern u. jeder war eine minute
allein. bilder von früher vermischten sich ich weiß nicht
aus welcher erinnerungsschicht u. als wir wieder ins dunkel
traten sah ich das rätsel in deinem gesicht. dann setzten wir
die unterhaltung fort. es war noch immer angenehm warm.
wir gingen weiter auf zühlsdorf zu. am weg wuchs der farn.
nachsommer
der sommer kehrte noch einmal zurück für freitag war
es wärmer gemeldet wir wollten uns im grünen ergehen
du warst noch immer nicht ganz gesund. ich hatte das stau-
ende übersehen so fuhren wir früher ab als geplant (es war
eine lkw-ladung verbrannt) um unser glück über land zu
versuchen. als sich die rechte strecke nicht fand u. schilder
in alle richtungen wiesen nahm meine unruhe kurz überhand.
endlich sagtest du mit blick zur uhr: laß uns doch wieder da
hinfahren wo wir vor ein paar monaten waren. die stelle bot
sich uns wie unverändert. doch reiften schon lange die früchte
am baum du pflücktest uns beiden noch ein paar pflaumen
sie waren mehlig u. schmeckten kaum. es war wie damals
um dieselbe stunde. das wasser spiegelte das hohe licht u. wir
versuchten am see die runde doch wir vollendeten sie diesmal
nicht. wir saßen am wehr im hohen ried da wo man das andere
ufer nicht sieht u. etwas kribbelte an deinen beinen so konnten
wir nur kurz sitzen bleiben. brennesseln brannten. dann auf der
rückfahrt schlummertest du ein. ich sah das menschenleere land
allein. wie schnurgerade hier die straßen liefen durch kiefern u.
sand. wie früh man nun schon licht anmachte. ich schaute still
auf deine blonden wimpern u. hielt das lenkrad fest in der hand.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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