Paul Cezanne - James H. Rubin - E-Book

Paul Cezanne E-Book

James H. Rubin

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Beschreibung

Jenes unvergleichliche Spiel von Licht und Farbe im bildnerischen Werk von Paul Cezanne begründet seinen Ruf als einer der Wegbereiter der Moderne. Von Anfang an ganz eigene Wege gehend, rief seine Malerei in der zeitgenössischen Kunstkritik zunächst Unverständnis und Spott hervor. Trotz romantisch-barocker, impressionistischer und schließlich klassischer Einflüsse kann Cezanne auch heute noch keiner Strömung eindeutig zugeordnet werden. Doch welche konkreten Orte haben auf den Spross einer provenzalischen Bankiersfamilie bleibenden Eindruck ausgeübt? Was waren die für ihn prägenden Einflüsse und Personen, die sein innovatives Schaffen unterstützt und gefördert haben? James H. Rubin zeichnet Cezannes Leben und Schaffen in diesem kleinen Band von A bis Z nach und entwirft so das Bild eines Malers, der das Malen verändern wollte. Es gelingt dem Autor – und ausgewiesenen Kenner – dem Künstler nahe zu kommen und gleichzeitig die gebotene Distanz zu seinen unvergleichlichen Bildern zu wahren. PAUL CEZANNE (1839–1906) gehört zu den einflussreichsten Malern am Beginn der Moderne und wird vielfach als Pionier des neuen Sehens bezeichnet. Der Einfluss seines Werks wirkt noch heute mit unverminderter Kraft. JAMES H. RUBIN (*1944) ist Kunsthistoriker und Professor an der State University of New York in Stony Brook. Sein Forschungsschwerpunkt bildet die europäische Kunst des 19. Jahrhunderts, insbesondere die Geschichte, Theorie und Kritik der französischen Moderne.

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Cezanne

A–Z

Paul Cezanne

A–Z

James H. Rubin

Aus dem Englischen von Sofia Blind

Vorwort

A → Aix-en-Provence

B → Badende

C → Cezannes Klassizismus

D → Dramatische Bilder

E → Erbe

F → Finito / Non-finito

G → Gardanne – Stadtansichten

H → Hortense Fiquet (Madame Cezanne)

I → Impressionismus

J → Jas de Bouffan

K → Kahn

L → L’Estaque

M → Montagne Sainte-Victoire

N → Natur

O → Ocker und Cezannes Verwendung von Farbe

P → Philosophie

Q → Quellen intimer Landschaft

R → Rewald und Forschungsmethoden

S → Serielle Pinselstriche

T → Tischtücher

U → Unheimlichkeit

V → Vollard und frühe Sammler

W → Wasserfarben

X → X-Strahlen und technische Analysen

Y → Y-Chromosom: Männlichkeit

Z → Zola

Dank

Anmerkungen

Biografie

Fotonachweis

Bibliografie

Impressum

Vorwort

Seit der Universität, wo ich feststellte, dass eine Promotion über Cezanne mich für den Rest meines Lebens beschäftigen würde, und trotz einer Reihe von Artikeln und Buchkapiteln über diesen Maler, habe ich es bis heute nicht zu einem Buch über den großen provenzalischen Meister gebracht. Das A–Z-Konzept begrenzt den Rahmen, und die Tatsache, dass es sich an eine breite Leserschaft richtet, zwingt zum Verdichten von Gedanken – Einschränkungen, die ich ebenso herausfordernd wie erfrischend fand. Gleichzeitig versuchte ich, wo immer das möglich war, mit den einzelnen Einträgen auf einen kumulativen Effekt hinzuarbeiten. Obgleich das Buch mein aktuelles Denken über Cezanne widerspiegelt, hoffe ich insofern, dass es viele fruchtbare zukünftige Ideen inspirieren wird – sowohl bei mir selbst, in einem ausführlicheren Essay, als auch bei anderen.

Ich folge der Empfehlung der Société des Amis de Cezanne in Aix-en-Provence, indem ich den Akzent auf Cezannes Nachnamen weglasse wie in der ursprünglichen provenzalischen Schreibweise. Cezanne hatte den Akzent hinzugefügt, um in Paris die Aussprache seines Namens zu verdeutlichen, verwendete ihn aber nicht beim Signieren seiner Bilder.1

A → Aix-en-Provence

A Historische Ansicht des Cours Mirabeauin Aix-en-Provence

Schematische Karte vonAix und Umgebungaus: Les Sites Cézanniens du Paysd’Aix Paris 1996

Die Stadt, in der Paul Cezanne am 19. Januar 1839 geboren wurde und die er zeitlebens als Heimat betrachtete, hat historische Wurzeln und ein heilsames mediterranes Festlandsklima – Aix heißt so viel wie »Wasser« oder »Ort des Wässerns«, nach den heute noch als Ruinen erhaltenen römischen Thermalbädern. Als ehemaliger Sitz eines regionalen parlements beherbergt Aix prachtvolle aristokratische Stadthäuser (hôtels particuliers) auf der einen Seite der Altstadt und enge, verwinkelte Einkaufsgassen und belebte Straßencafés auf der anderen.→ S. 8 Heutzutage ist die Stadt voller Touristen, von denen viele dem Circuit Cezanne folgen, einem mit Metallplaketten am Boden markierten Rundweg, oder zum Atelier des Lauves hinaufspazieren, dem letzten Arbeitsort des Malers auf einem Hügel namens Les Lauves. Nach dessen Fertigstellung im Jahr 1902 ging Cezanne fast jeden Tag von seiner Stadtwohnung in der Rue Boulegon 23 aus dorthin, etwa 15 Minuten zu Fuß.

Cezannes Vater Louis-Auguste Cezanne hatte es in Aix als Musterbeispiel eines Selfmademans vom Hutmacher zum reichen Bankier gebracht. Seinen Wohlstand nutzte er, um ein großes, bewaldetes Landgut namens Jas de Bouffan zu erwerben.→ Jas de Bouffan Er ließ seinem Sohn eine klassische Erziehung als Internatsschüler des Collège Bourbon in Aix zukommen und war enttäuscht, als Paul darauf bestand, Maler zu werden, anstatt dem vorgegebenen Pfad zu einer lukrativen Tätigkeit als Jurist oder Bankier zu folgen. Während seiner Ausbildung lernte Paul Cezanne den späteren Journalisten und Schriftsteller Emile Zola → Zola und weitere lebenslange Freunde mit intellektuellen und künstlerischen Ambitionen kennen. Zu ihnen gehörten der Naturforscher Antoine-Fortuné Marion, mit dem er Wanderungen unternahm und Fossilien suchte, Baptistin Baille, später Professor für Optik und Akustik, der Maler Antoine Valabrègue und der Journalist Numa Coste, der auch malte.

Mit Ausnahme seiner ersten Jahrzehnte in Paris verbrachte Cezanne praktisch seine gesamte Karriere in Aix, insbesondere nach dem Tod seines Vaters 1886, als Jas de Bouffan – bis zu dessen Verkauf 1899 – zu seinem festem Wohnsitz wurde. Cezannes berühmteste Landschaften liegen in der Umgebung von Aix,→ S. 8 und viele von ihnen haben ihren ursprünglichen Charakter bis heute bewahrt.→ Quellen intimer Landschaft Er identifizierte sich so stark mit dieser Gegend und ihrer Provinzialität, dass er seinen südfranzösischen Akzent sogar übertrieb, wenn er in Paris war. In jener Zeit kämpfte man mit leidenschaftlichem Regionalismus gegen die zentralisierte Macht der Nationalregierung. Außerdem folgte Cezanne dem Vorbild von Gustave Courbet, dem militanten realistischen Maler aus der Provinz Franche-Comté; auch er war ein Außenseiter, der etablierte Institutionen und ihre – in Paris immer noch vorherrschenden – altmodischen akademischen Konventionen infrage stellte.→ Cezannes Klassizismus

B → Badende

Zu Cezannes ambitioniertesten Gemälden gehören großformatige, in Landschaften eingebettete Akte. Derartige Szenen hatten für ihn sowohl persönliche als auch kunsthistorische Bedeutung. Auf persönlicher Ebene erinnerten sie ihn vermutlich an die glücklichen Jugendtage, die er mit seinen Freunden im Fluss Arc badend verbrachte, in der Nähe seiner Heimatstadt Aix. Ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, war die Tatsache, dass solche Szenen in viel beachteten Bildtraditionen vorkommen. Die Aktfigur in der Landschaft gehörte zum Basisrepertoire der Klassik → Cezannes Klassizismus und erinnerte nicht nur an die Erzählungen des altrömischen Dichters Ovid, sondern auch an die Bildnisse von Göttern, Göttinnen und Nymphen, die seit der Renaissance so zahlreich in der altmeisterlichen Kunst auftauchen. Dort war eine Art von Klassizismus zu finden, die Cezanne – seinen eigenen Worten zufolge – wiederbeleben wollte.

1862 hatte der Zeitgenosse Edouard Manet eine Flussgötterdarstellung des großen italienischen Malers Raffael als Basis für eine Parodie verwendet, in der er die Badeszene in ein modernes Picknick verwandelte. Manets ursprünglich Le Bain (Das Bad) betiteltes, inzwischen als Das Frühstück im Grünen bekanntes Bild → S. 13 wurde von der Jury der staatlich finanzierten Salon-Ausstellung von 1863 abgelehnt. Es wurde berühmt-berüchtigt, als Kaiser Napoleon III. nach Protesten vieler Künstler beschloss, einen Salon des Refusés in einem separaten Teil des Salon-Gebäudes zu genehmigen, damit sich das Publikum ein eigenes Urteil über die Qualität der abgelehnten Werke bilden konnte.

B Edouard ManetDas Frühstück im Grünen 1862/63Öl auf Leinwand 208 × 264,5 cmMusée d’Orsay, Paris

BDie Badenden am Ufer um 1876/77Öl auf Leinwand 82,2 × 101,2 cmBarnes Foundation, Philadelphia

BDer große Badende um 1885Öl auf Leinwand 127 × 96,8 cmMuseum of Modern Art, New YorkLillie P. Bliss Collection

Die großen Badenden 1895–1905Öl auf Leinwand 127,2 × 196,1 cmNational Gallery, London

Für den jungen Cezanne wurde Manet in den 1860er-Jahren zum Gegenpol – nicht zuletzt, weil sein Jugendfreund Zola → Zola diesen in der Presse verteidigte. Manet hatte das klassische Thema modernisiert, indem er die Beteiligten in zeitgenössische Kleidung steckte und in einem Pariser Vorort am Seine-Ufer platzierte, wo Ausflügler am Wochenende frische Luft und Badefreuden genossen. Seine Figuren waren elegante Porträts von miteinander verwandten Männern und einem offensichtlich professionellen Modell; die ganze Komposition entstand eindeutig im Atelier.

In bewusster Opposition dazu lehnten die Impressionisten, unterstützt von Cezanne, Manets inszenierten Realismus ab; sie arbeiteten im Freien direkt nach der Natur. Dennoch fühlte sich Cezanne gleichzeitig von den Traditionen der großen Meister angezogen, die er »nach der Natur neu erarbeiten« wollte, wie er einmal gesagt haben soll.2→ Cezannes Klassizismus Das wichtigste Medium dafür waren seine Badeszenen, mit denen er eine Atmosphäre zeitloser Erhabenheit schuf, als wollte er jene an die Klassik angelehnte Qualität zurückgewinnen, die der Impressionismus mit seiner Betonung des Alltagslebens verworfen hatte. Er inszenierte seine Figuren nackt oder fast nackt, mit unspezifischen Gesichtszügen und vor abstrahierenden Hintergründen, die allenfalls Anklänge an die Provence zeigten. Das relativ frühe Bild Die Badenden am Ufer→ S. 14/15 zeigt in der Ferne die berühmte Montagne Sainte-Victoire bei Aix.→ Montagne Sainte-Victoire Auf diesem Bild, einer Art Demonstrationsstück, platzierte er Figuren in verschiedenen Positionen, was – allerdings nur in dieser Hinsicht – an akademische Übungen erinnert, mit denen man das eigene Können anhand von Figurendarstellungen in unterschiedlichen Posen vorführte.

Besonders prominent wurde das Thema der Badenden in den großformatigen Kompositionen der Spätphase von Cezannes Karriere, wie bei den Großen Badenden,→ S. 16 deren Figuren stärker abstrahiert und dennoch natürlicher angeordnet sind als Die Badenden am Ufer. Der Hund, vielleicht Cezannes Hund Black, und die Picknickdecke mit Obst neben ihnen erinnern an die Inspirationsquellen der Szene: moderne Freizeitvergnügungen und Manet. Zuletzt ist einer der großartigsten Männerakte der modernen Kunst zu nennen, Cezannes einzelner Großer Badender→ S. 16 mit seiner Kombination aus einem relativ naturalistischen Jüngling, der wie ein griechischer Ephebe aufrecht dasteht, und einem Landschaftshintergrund. Sein nachdenklicher Gesichtsausdruck gibt dem Ganzen eine Atmosphäre zeitloser Würde. Cezanne soll gesagt haben, er wolle mit solchen Gemälden »solide und dauerhafte« Kunst schaffen, »wie die Kunst der Museen«.3