5,99 €
Kinderbuchklassiker einfach selbst lesen: Wirbelwind Anne muss man einfach lieben
Das Waisenkind Anne Shirley kommt durch eine Verwechslung zu den Geschwistern Matthew und Marilla, die in Kanada auf der Farm Green Gables leben. Kurzerhand nehmen Matthew und Marilla Anne auf, obwohl sie eigentlich einen Jungen erwartet hatten, der ihnen auf dem Hof helfen sollte. Fortan stellt die rothaarige, sommersprossige Anne mit ihrem wilden Temperament, dem ungebrochenen Redefluss und ihrer überschäumenden Fantasie das Leben in dem kleinen Ort Avonlea auf den Kopf.
Kinderbuchklassiker zum Einfach-selbst-Lesen von Penguin JUNIOR:
- Ideal für geübte Leseanfängerinnen und Leseanfänger ab der 2. Klasse
- Große, gut erfassbare Schrift
- Unterteilt in mehrere Kapitel
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 40
Inhalt
Am Bahnhof
Ankunft auf Green Gables
Das größte Geschenk
Beste Freundinnen
Wo ist die Brosche?
Saft ist nicht gleich Saft
Anne rettet ein Leben
Nie wieder rote Haare
Der Retter in der Not
Aussprachehilfe
Am Bahnhof von Bright River, einem kleinen Ort in Kanada, saß heute ein Mädchen und wartete. Ihr Name war Anne. Sie hockte auf einem Kiesberg und spielte mit ein paar Steinen. Zu ihren Füßen stand eine große Reisetasche.
Anne war aufgeregt, denn in wenigen Minuten würde der alte Matthew kommen. Sie freute sich darauf, von nun an bei ihm und seiner Schwester Marilla zu wohnen. Die beiden hatten eine Farm.
Neben dem Bahnhof stand ein wunderschöner hoher Kirschbaum. Seine weißen Blüten sahen aus wie ein riesiges Federbett. Wie gern wäre Anne an seinem Stamm hochgeklettert! Da näherte sich das Getrappel von Hufen. Anne hielt den Atem an.
Neugierig sah sie einem älteren Herrn zu, der von der Kutsche stieg. Das graue Haar fiel ihm fast bis auf die Schultern. Er trug einen Hut und Anzug und unter seiner Jacke schaute ein weißer Kragen hervor.
Die braune Stute wartete geduldig, während der Mann mit dem Bahnhofsvorsteher sprach. Gar nicht geduldig dagegen war Anne. Sie wollte endlich wissen, ob der Mann Matthew war. Sie wollte in ihr neues Zuhause!
Plötzlich kam der grauhaarige Herr auf sie zu. Er nahm seinen Hut ab und räusperte sich. „Guten Tag“, sagte er und streckte ihr die Hand hin.
„Guten Tag, ich bin Anne. Anne Shirley! Sind Sie Matthew Cuthbert?“
„Der bin ich. Dann mal los.“ Er schien nicht viele Worte zu verwenden.
Fröhlich sprang Anne von dem Kieshaufen und klopfte sich den Staub und kleine Steine aus dem gelben Kleid. „Ich dachte schon, Sie kommen nicht mehr!“, rief sie.
Matthew sagte nichts, blickte aber auch nicht unfreundlich drein. Er wollte gerade nach ihrer Tasche greifen, doch Anne hielt ihn zurück: „Nein, nein! Die nehme ich selbst. Da drin ist alles, was ich habe! Sie geht auch sehr schnell kaputt, wenn man sie nicht richtig hält.“
Entschlossen umfasste sie den Ledergriff der alten Tasche. Dann rückte sie ihren verblichenen blauen Hut zurecht, unter dem zwei rote Zöpfe hervorschauten. Gut gelaunt nahm sie neben Matthew auf der Kutsche Platz.
Als sie an dem Kirschbaum vorbeifuhren, sagte sie: „Wenn Sie nicht gekommen wären, dann hätte ich in seiner Krone übernachtet. Haben Sie schon einmal in einem Kirschbaum geschlafen?“
Matthew musste schmunzeln. „Nein, das Vergnügen hatte ich noch nicht.“
„Aber zum Glück sind Sie ja doch noch gekommen“, plauderte Anne fröhlich weiter. „Wissen Sie, dass ich heute in mein erstes richtiges Zuhause fahre?“
Während der Fahrt staunte Anne über die Schönheit der Bäume, Wiesen und Felder. Es war so himmlisch, dass sie ab jetzt hier wohnen durfte!
Matthew redete kaum. Dafür sprach Anne umso mehr. Als sie durch eine blühende Allee aus Apfelbäumen fuhren, wurde sie ganz ehrfürchtig. „Wie schön es hier ist! Dieser Baum da sieht aus wie eine Braut mit einem langen weißen Schleier. Finden Sie nicht auch?“
Über solche Dinge hatte Matthew in seinem ganzen Leben noch nicht nachgedacht.
„Nun ja“, meinte er nur.
„Ich werde diese Straße das weiße Blütenmeer nennen!“, rief Anne begeistert.
Kurze Zeit später gab es schon wieder etwas zu sehen. „Wie heißt denn dieser wunderschöne See?“, fragte sie.
„Das ist Barrys Weiher“, brummte Matthew.
„Wie bitte?“, rief Anne empört. „So ein einfacher Name passt doch nicht zu solch einem See! Ab jetzt heißt er ‚See der glitzernden Wasser‘.“ Damit war sie zufrieden.
Matthew musste wieder schmunzeln. Dieses Kind hatte wirklich viel Fantasie.
„Wie weit ist es noch?“, fragte Anne nach einer Weile.
„Etwa einen Kilometer“, antwortete Matthew.
Anne sah ihn plötzlich von der Seite an: „Ich rede zu viel, oder? Man hat mich schon oft dafür getadelt. Es heißt ja immer, Kinder sollten nur sprechen, wenn sie von den Erwachsenen gefragt werden. Aber wenn man so viele Gedanken hat, dann muss man doch auch viel sagen. Oder?“
Matthew nickte. „So ist das wohl.“
„Manche stört es auch, wenn ich so große Worte benutze“, erzählte Anne weiter. „Aber um die Schönheit dieser Welt zu beschreiben, braucht man nun mal große Worte.“
Auch dazu konnte Matthew nur nicken. Es war ein seltsames Mädchen, das da neben ihm auf dem Bock saß. Sie hatte unzählige Sommersprossen im Gesicht. Jemanden wie Anne hatte er noch nie gesehen.
Annes graugrüne Augen funkelten, als sie weitersprach. „Ich bin so dankbar, dass ich ab jetzt bei Ihnen wohnen darf. Ich bin ein Waisenkind, aber das wissen Sie ja. In einem Waisenhaus ist viel Platz für Fantasie, wissen Sie? Man kann sich alles Mögliche über die anderen Kinder ausdenken!“