Pension Malepartus - Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem - E-Book

Pension Malepartus E-Book

Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

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Beschreibung

Major a. D. August Fuchs lebt mit seiner runden, geschäftigen Frau ruhig und zufrieden von der nicht allzu üppigen Pension. Eine plötzliche Erbschaft seiner Frau bringt ihr geruhsames Rentnerdasein allerdings gehörig in Wallung. Der schon zu Lebzeiten etwas maliziöse Onkel von Frau Thussi vererbt ihr sein Jagdschloss St. Hubertus – ein Steinhaufen mitten im Wald. Dazu kommen noch als Ärgernis Erbschaftssteuern und eine Menge anderer Gebühren und zu zweit ist der nicht gerade klein gehaltene Barockbau nicht zu bewohnen. Für den Major ist diese Erbschaft geradezu eine niederträchtige Gemeinheit – der Rundgang durch die Räume, Hochparterre, Beletage, Mansarden und Souterrain, bestätigt seine Meinung. Die Plafonds in den ansonsten spärlich möblierten Repräsentationsräumen sind durchgängig mit der allerscheußlichsten Malerei verziert: die holde Göttin Diana auf der Jagd nach dem Hirsch, leichtgeschürzte Götter des Olymps machen Jagd auf verbotenes Wild, und die Eingangshalle weist eine stattliche Sammlung von Geweihen, Jagdspießen und Jagdhörnern auf. Da kommt Frau Thussi auf die geniale Idee, aus dem Schloss eine Fremdenpension zu machen. So könnten sie gleichermaßen die Erbschaft sinnvoll antreten und das Pensionistengehalt etwas aufzubessern ...Heiter und voller Sprachwitz erzählt "Pension Malepartus" von dem irrwitzigen Abenteuer, völlig unerfahren eine Pension zu leiten, deren ungewöhnliche Gäste stets für Überraschungen sorgen.-

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Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Pension Malepartus

Eine ganz verrückte Gefchichte

Mit Illustrationennach Original-Zeichnungen von F. Czabran.

Achte Auflage.

Saga

Pension Malepartus

© 1905 Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711517550

1. Ebook-Auflage, 2017

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Pension Malepartus

Besitz macht Sorgen — das ist eine alte Erfahrung, die auch dem guten Major Fuchs nicht erspart blieb, als er plötzlich, ganz aus heiterm Himmel, eine Erbschaft machte.

Seit sein Lebensschifflein an der berüchtigten „Majorsecke“ gescheitert war und er sich aus diesem durchaus nicht ungewöhnlichen Schiffbruch mit seiner magern Hauptmannspension, der Aussicht auf Anstellung im Civildienst und einer extraordinären Ordensdekoration ins Privatleben zurückgezogen hatte, war sein Leben ruhig und ereignislos dahingeflossen wie ein wohlreguliertes Flüsslein im flachen Lande. Die „Aussicht“ war Aussicht geblieben, wie das so meistens ist, damit dem allzu einförmigen Lebenslauf des Pensionierten ein gewisser Reiz der Erwartung nicht ermangele — eine rücksichtsvolle Fürsorge, für die die Betroffenen leider immer noch viel zu wenig dankbar sind, trotzdem sie unter der mild stimulierenden Anregung dieser „Aussicht“ so hübsch ungestört ihre Tage beschliessen könnten.

Also, Major a. D. August Fuchs lebte mit dieser „Aussicht“ und mit seiner runden, geschäftigen Frau, die ebenso vertrauensselig und rettungslos gutmütig war, wie er, ruhig und zufrieden in Posemuckel, las seine Zeitung, ging spazieren und dachte nichts Böses — bis die Erbschaft kam. Das heisst, Böses dachte er auch dann nicht — es soll damit nur gesagt sein, dass die Erbschaft die Ruhe seines Daseins arg erschütterte und ins Wanken brachte, und wenn man gerecht sein will, so war es ja auch wirklich kein Spass. Nicht, dass Fuchsens die Erbschaft so gar nötig gebraucht hätten, nein! Sie hatten sehr bescheidene Lebensgewohnheiten und neben der Pension auch noch ein paar tausend Mark Vermögen — Kinder, die ihnen den Vollgenuss ihrer Revenuen verkürzen konnten, hatten sie leider nicht, und da sie wie gesagt, sehr bescheiden in ihren Ansprüchen waren, so legten sie von ihren paar Kröten sogar noch ein weniges „auf die hohe Kante,“ und genehmigten sich immer übers andre Jahr eine kleine Reise davon, von der sie erfrischt und angeregt in ihr kleinstädtisches Einerlei mit der „Aussicht“ zurückkehrten. Da platzte mitten in ihren idyllischen Frieden die Erbschaft hinein und durch Posemuckel ging’s wie ein Lauffeuer: „Fuchsens sind Schlossbesitzer geworden — nein, solch’ ein Dusel!“ —

Diese Auffassung war nun allerdings eine riesige Übertreibung, denn der „Dusel“ war durchaus nicht so gross, Major Fuchs nannte es sogar in der tiefsten Tiefe seines guten Herzens die dämlichste Erbschaft, die ein Mensch machen kann. Freilich, laut liess er das nicht werden, um seine liebe Frau nicht zu kränken, weil sie doch die eigentliche Erbin war, der ein halb sagenhafter Onkel in einem Anfall von verwandtschaftlichen Gewissensbissen ob jahrelanger Vernachlässigung und in jedenfalls temporärer Geistesstörung sein Jagdschloss Malepartus, Amt Dingsda, vermacht hatte.

Die Ansichten über den Wert unerwarteter Erbschaften sind bekanntlich geteilt. — Major Fuchs gehörte zu denen, die nicht viel davon halten, und in diesem Specialfalle konnte man ihm nur recht geben. Der Hofmarschall von Burgfeld, der seine hübsche, blutarme Nichte für „Luft“ erklärt hatte, als diese sich gegen seinen Willen mit dem ebenso blutarmen Leutnant Fuchs vermählte, war ein reicher Mann gewesen, doch hatte er seinen Mammon wohlthätigen Stiftungen vermacht, sein Palais in der Residenz aus jedenfalls sehr naheliegenden Gründen zu einer Idiotenanstalt bestimmt und nur das Jagdschloss Malepartus seiner Nichte Frau Thusnelda Fuchs geb. von Burgfeld hinterlassen, als ein „Andenken,“ wie er die „Bagatelle“ grossmütig nannte. Dass die arme „Thussi“ natürlich für dieses Andenken eine Erbschaftssteuer und eine Menge „Gebühren“ zu zahlen hatte, war selbstverständlich, aber unerwartet und unangenehm, und nachdem das würdige Paar sich von seinem ersten Schrecken über diese Erbschaft einigermassen erholt hatte, reiste es ab, um sich seinen Besitz wenigstens doch mal anzusehen, insgeheim fest entschlossen, ihn sobald als möglich zu jedem annehmbaren Preise zu verkaufen. Leider hatte aber der Erblasser zu seinen Lebzeiten ganz dieselbe Absicht gehabt, ohne sie trotz reichlicher Inserate und Agenten erreichen zu können, denn Jagdschloss Malepartus lag unweit eines malerischen kleinen Städtchens zwar ebenso malerisch wie lauschig im Walde, war aber zur Erwerbung für ein industrielles Unternehmen durchaus ungeeignet durch seine Lage und konnte nur für einen Liebhaber und reichen Mann als Sommerresidenz in Betracht kommen, denn auch für einen Jäger war es nichts, weil der Wald, der es umgab, landesherrlicher Besitz war. Vom Landesfürsten vor 150 Jahren erbaut, war Malepartus in einem Anfall von unpraktischer Grossmut an einen Favoriten verschenkt worden und hatte sich „in weiblicher Linie“ an den Hofmarschall vererbt, der alle heiligen Festzeiten mal hinging, sich ein paar Tage dort halbtot langweilte, jedes Jahr kolossale Reparaturkosten zu zahlen hatte und einen Kastellan dazu halten musste.

Major Fuchs hatte sich mit seiner Thussi unter dem Jagdschloss gerade kein Versailles vorgestellt, sondern eher an ein kleines Häuschen im Barockstil gedacht, wie sie im vorigen Jahrhundert gleich Pilzen aus dem Boden wuchsen, weil doch jedes noch so kleine Souveränchen sein eignes Jagdschlösschen haben musste, wollte er unter seinen zahlreichen Standesgenossen nicht zurückstehen. Sie, d. h. Fuchsens; waren daher doch ein wenig starr, als sie, zu Fuss von der Amtsstadt ihrem neuen Besitz zuschlendernd, ein richtiges, stattliches Schloss vorfanden, einen im Viereck erbauten eleganten Barockbau mit weitausladender Freitreppe, die zu dem Hochparterre mit grosser Terrasse davor führte. Der „Kastellan,“ ein ältlicher Junggeselle mit etwas verdächtig roter Nase, der als Nebenbeschäftigung eine schwungvolle Kanarienvögelzucht betrieb, empfing seine neue Herrschaft ohne verwirrende äussere Festlichkeiten, wofür er sich aber innen etwas illuminiert hatte, was ja schliesslich auch ganz zweckentsprechend war.

Kopfschüttelnd folgten der Major und Thussi dem juniperusduftenden Cerberus ihres Besitzes durch dessen weite, mit der Raumverschwendung vergangener schöner Tage errichtete Räume in Hochparterre, Beletage, Mansarden und Souterrain; Möbel waren nur noch wenige vorhanden, die Einrichtung in einzelnen Zimmern kaum angedeutet, in den meisten überhaupt nicht vertreten. Dagegen waren die Plafonds in den Repräsentationsräumen des rez-de-chaussée durchweg al fresco in der heitern, farbenfrohen Weise jener Kunstepoche gemalt, und wo St. Hubertus nicht mit gesenktem Jagdspiess, umgeben von einer anatomisch merkwürdigen Rüdenschar im Waldesdickicht vor dem Hirsch mit dem Kruzifix zwischen den Geweihen kniete, da jagte die holde Göttin Diana den Hirsch und verzauberte den armen Endymion, oder die leichtgeschürzten Götter des Olymps machten sonst Jagd auf verbotenes Wild. In einzelnen Zimmern erstreckte sich diese Malerei sogar über alle Wände, und die grosse Eintrittshalle wies neben ein paar reichen, marmornen Kaminmänteln auch eine kleine Sammlung von Geweihen, Jagdspiessen und Jagdhörnern auf. Zu diesem grossen, grauen Steinpalast gehörten ein paar Morgen Land, das mit Bäumen dicht bestanden einen nur sehr mässig grossen, arg vernachlässigten „Park“ bildete und vor dem Hause sich als Rasenplatz ausdehnte, den ein eisernes Gitterthor abschloss, welches von zwei steinernen Pikeuren malerisch genug bewacht wurde.

Aber was thut man mit allem Malerischen, wenn einem die Mittel fehlen, es zu erhalten? Der alte Hofmarschall hatte, brummend oder nicht, jährlich die Unterhaltungskosten dieses ihm schon höchst überflüssigen und lästigen Besitzes bezahlt, aber dafür war er ein reicher Mann und der Major hatte nichts als seine Pension, oder doch nicht viel mehr und davon sollte er dieses Schloss erhalten und dem Kastellan die Mittel geben, täglich so und so viele Wacholdergeister hinter die Halsbinde giessen zu können.

„Die ganze Erbschaft ist eine niederträchtige Gemeinheit,“ bemerkte der Major ausdrucksvoll, als sie ihren Rundgang durch Malepartus beendet hatten. „Einem Menschen diesen Steinhaufen mitten im Walde zu hinterlassen ohne das Nötige dazu — es ist ja, als ob uns dein Goldonkel hätte anuzen wollen! Maliziöser hätte er auch noch nach dem Tode seine Missbilligung meiner werten Person gar nicht ausdrücken können!“

Frau Thussi seufzte und über ihr gutmütiges, rundes, verblühtes Kindergesicht zuckte es schmerzlich.

„Der Onkel war sein ganzes Leben lang maliziös — warum sollt’ er’s nach seinem Tode nicht auch noch sein?“ fragte sie nicht ohne Berechtigung. „Als wir uns heirateten, prophezeite er uns baldige Scheidung — schriftlich. Ich hab’ den Brief noch. Und trotzdem sind wir doch sehr glücklich miteinander gewesen — nicht wahr, August?“

„Sehr, Thussichen!“ bestätigte der Major diese Frage, die Hand seiner Lebensgefährtin drückend, wofür er aus ihren Augen einen dankbaren Blick erhielt. Und während über ihre Wangen zwei Thränen herabperlten, drückte auch sie zärtlich die Hand ihres Gatten, und diese stumme Sprache ging beiden doch sehr zu Herzen, viel mehr als lange Reden.

„Na ja, August,“ fuhr Frau Thusnelda dann fort, „der Onkel hat also unrecht behalten, was unsre Ehe anbetrifft. Und mit dieser Erbschaft soll er auch unrecht behalten. Du hast ja ganz recht, sie ist eine — ich will’s nicht wiederholen, was, aber so soll’s nicht werden. Wie wir so drin in dem grossen Hause durch die vielen Zimmer gingen und ich mich zu wundern anfing, was wir zwei beide allein in dem Kasten anfangen sollen, da ist mir eine Idee gekommen.“

„Ist ja gar nicht möglich!“ rief der Major, ohne den Schimmer eines beleidigenden Gedankens mit diesen Worten zu verknüpfen, und seine Gattin nahm’s auch nicht als einen Zweifel an ihrer Denkfähigkeit, sondern als Kompliment, wie’s gemeint war.

„Nicht wahr, das wundert dich?“ fragte die gute Seele naiv strahlend. „Na, pass’ mal auf. Also, mir fiel da dein alter Freund ein, ich weiss nicht warum — ach ja, weil er auch so viel Geweihe hatte, weisst du, der ... der die Pension in Tirol hat, wo wir vor vier Jahren waren —“

„Aha — Olmütz!“ warf der Major ein.

„Ja, der Baron von Olmütz,“ bestätigte Frau Thussi, den „Baron“ betonend. „Er hat’s uns selbst erzählt, wie er das Geschäft angefangen, nachdem er sein Vermögen bei dem verkrachten Bankier verloren und welch’ famosen Verdienst ihm die Fremdenpension alljährlich abwirft —“

„Richtig, richtig! Na, und deine Idee?“

„Ja, wir richten in dem Schlosse hier auch eine Fremdenpension ein und ziehen Kapital aus Onkels Erbschaft!“ schloss Frau Thussi förmlich wachsend vor Triumph.

Der Major aber prallte entsetzt zurück.

„Jemersch nee, was doch die Weiber für Ideen haben!“ schrie er auf. „Eine Fremdenpension! Wir? In dem leeren Hause dort?“

„I bewahre!“ machte Frau Thussi wegwerfend. „Olmützens haben sich das Geld geborgt, um das gepachtete Haus einzurichten und hatten das Kapital schon nach ein paar Jahren herausgewirtschaftet. Da sind wir besser dran, denn erstens gehört uns das Haus, das in gutem Bauzustand ist, und zweitens brauchen wir nicht zu borgen, denn wir nehmen unser Kapital zur Einrichtung! Na, ist das kein guter Gedanke?“

Der Major hatte seine bessere Hälfte zuerst hilflos angestarrt mit offnen Augen und offnem Munde und gerungenen Händen, dann aber focht er mit beiden Armen, wie um sich Luft zu schaffen und schlug endlich die Hände wieder zusammen, dass sie ihm brannten.

„Guter Gedanke?“ schrie er. „‚Gut‘ ist eine Beleidigung, Thussi, eine Selbstbeleidigung! Gut! Eine ex—cel—len—te Idee ist’s! Natürlich! Das Haus wird eingerichtet, die Pension annonciert — haben bis zur Saison noch massenhaft Zeit dazu — Bahnverbindung bis zur Stadt ist vorhanden, Konkurrenz haben wir gar keine, dafür Waldozon für Ruhebedürftige in Masse! Gar nicht aufzubrauchen, der Ozon. Damit wird die Sache überhaupt gemacht. Ozon ist ja die Losung des Tages! Weib, du bist eine Perle — weiss Knopp! Auf so ’ne Idee wäre ich im Leben nicht gekommen. Und weisst du, wie wir die Geschichte nennen wollen? ‚Pension Malepartus!‘ Thussi, ich nehme alles zurück, was ich je über deinen Goldonkel gesagt, gedacht und geschrieben habe! Er soll leben, der alte Herr, wenn er ja natürlich auch weder gewollt noch vorausgesehen hat, in welcher Weise seine Erbschaft für uns zur Quelle des Reichtums werden würde. Und du sollst leben, die glückliche Erbin und Produzentin solch’ famoser Gedanken, und die künftige Pension Malepartus erst recht — vivat, crescat, floreat!“

Und im Überschwange seines Glückes fasste der Major seine bessere Hälfte um die runde Taille und gab ihr einen kräftigen Kuss.

Kaum acht Wochen später, in den ersten Tagen des wunderschönen Monat Mai, als im Walde wirklich schon alle Knospen sprangen und die Koniferen hellgrüne, frische Triebe ansetzten, da sah „Malepartus“ bereits ganz anders aus. Schon von aussen. Der Rasenplatz vor dem Hause war sauber abgestochen, die Gänge frisch mit Kies bestreut, das eiserne Gitterthor zwischen den steinernen Pikeuren trug eine zierliche Tafel mit der Aufschrift: „Pension Malepartus,“ auf der Terrasse über der Freitreppe waren Gruppen von hübschen Gartenmöbeln aufgestellt und in grünen Kasten wurden wilder Wein und Waldrebe, frisch gesät, freundlichste aufgefordert, sich an hölzernen Stäben emporzuranken und einen natürlichen Schirm gegen die Sonne zu bilden. In der grossen Eingangshalle mit den malerisch gruppierten Geweihen und Jagdhörnern luden Schaukelstühle und buntlackierte Rohrmöbel zum zeitweiligen Aufenthalt ein, Kleider- und Regenschirmständer flankierten die breiten Glasthüren. Im Erdgeschoss waren die gemalten Zimmer sehr einladend zu Salon, Damenzimmer, Rauchzimmer und Speisesaal verwertet und mit den vorhandenen alten Möbeln aus dem ganzen Hause ebenso behaglich wie originell eingerichtet worden, denn für so etwas hatte Major Fuchs Genie. Neue Vorhänge, ein recht gutes Pianino und etliche bequeme Sitze waren natürlich neu dazu gekommen, die Fremdenzimmer in der Beletage durchweg neu eingerichtet, elektrische Klingeln durchliefen das ganze Haus, Kokosläufer dämpften den Schall der Tritte in Korridoren und auf den Treppen und Petroleum-Glühlichtlampen erhellten am Abend alle Räume.

Es war wirklich alles höchst anziehend und chie in der Pension Malepartus und wenn auch das ganze Kapital von Fuchsens aufgezehrt und sogar noch eine Anleihe notwendig geworden, so war das eben nicht zu vermeiden gewesen und gehörte mit zum Geschäft. Auch das „Personal“ war zur Stelle, bezw. engagiert, d. h. ein Chef de cuisine mit I. Referenzen und dem nötigen Stab von Küchenmädchen, zwei Zimmermädchen mit weissen Schürzen und Häubchen, und eine flinke, gewandte Saalkellnerin, der ein goldrandbemützter „Portier“ alias Hausknecht beim Servieren helfen musste. Die Oberaufsicht über diesen Stab hatte Frau Thussi höchstselbst übernommen und war damit ganz in ihrem Element, während der Major in seinem „Bureau“ das Schriftliche zu besorgen gedachte, als Buchführung, Korrespondenz, Auskünfte u. s. w. Kurz, es war alles da, alles vertreten — nur die Gäste nicht. Damit hatte es aber auch noch keine Eile. In Mitteldeutschland ist der Frühling nicht so früh da, als im Süden und die „Mailüfterl“ sind dort oft noch recht erfrischend, so dass vor Anfang Juni an eine eigentliche „Saison“ nicht zu denken war. Zwar, die Prospekte waren längst ausgegeben, der Major war den Verkehrserleichterungen verschiedener Vereine mit 5—10 Prozent Rabatt beigetreten und hatte „Malepartus“ auch schon inseriert, aber ein Agent, dem dies Geschäft übertragen war, hatte erklärt, der eigentliche „Annoncen-Klimbim“ käme noch Mitte Mai zeitig genug. Die Prospekte — ein Elaborat des Majors nach berühmten Mustern — waren versandt und der restierende Vorrat der Trost und Stolz des Herrn von „Malepartus“ — hübsche, rosagetönte Quarrblätter, geziert mit einer Ansicht des Hauses in Lichtdruck, welche den einleitenden, schwungvollen Text über die einzig gesunde, ozonreiche Lage des Hauses eindrucksvoll illustrierten. Dann kam ein genaues Preisverzeichnis der Pension und alles „Items“ und „Extras,“ die wichtigsten Bahnverbindungen und der Vermerk, dass bei Anmeldungen der Portier mit dem Fuhrwerk von der Station bis zur Pension zur Stelle sein würde. Diese Fahrgelegenheiten beruhten auf einem Übereinkommen mit der Posthalterei des nahen Städtchens, denn für die Errichtung eines eignen Stalles hatte der Major weder den Platz noch auch vorläufig das Geld — aber er war ein ruhiger und guter Rechner und verfiel nicht in den Fehler von vielen Amateur-Pensionshaltern, die in der Angst, mit Zins und Verdienst „herauszukommen“ die Preise überschrauben und sich damit die Gäste vertreiben. Nach dem Muster seines prosperierenden Freundes in Tirol hatte er alles bei ihm zu Habende vernünftig normiert und ausserdem in jedem Zimmer neben der Hausordnung ein Preisverzeichnis aufgehängt, um jedem Einwand von vornherein entgegenzutreten. „Denn,“ sagte sich der brave Mann, „Gewissenhaftigkeit ist des Erfolges Basis und Garantie. Wenn’s schwarz auf weiss vor jedermanns Nase hängt, wird niemand schreien dürfen, wenn’s ebenso auf der Wochenrechnung steht!“

Das wäre ja nun in soweit ganz richtig kalkuliert gewesen, nur vergass der gute Mann dabei, dass gewisse Leute es zu ihrem Lebensberuf gemacht haben zu „schreien,“ d. h. über alles zu schimpfen. In seliger Ignoranz dieser Thatsache vollendete der Major indessen seine Vorbereitungen in der Pension Malepartus und war an einem schönen, kühlen Maitage damit beschäftigt, die der Allgemeinheit zur Verfügung gestellte „Bibliothek,“ d. h. den Bücherschrank im Lesezimmer zu ordnen, als ein energisches Klingeln an der Hausthürglocke den Frieden seiner Seele unterbrach. Indem er noch lauschend das Haupt wandte und rasch einen Arm voll älterer Jahrgänge einer Zeitschrift in das dazu bestimmte Regal schob, stürzte auch schon Frau Thussi in das Zimmer.

„August! August!“ rief sie aufgeregt. „Draussen steht ein Herr — ob’s ein Gast ist?“

„Unmöglich wäre es nicht,“ meinte der Major, sogleich den Staub von seinem Hausröckchen klopfend. „Werde augenblicklich nachsehen!“

Damit verschwand er nach der „Halle“ zu und Frau Thussi folgte ihm bis zur Thür mit klopfendem Herzen und vorgestrecktem Halse und hörte dann ihren Gatten laut und freudig rufen: „Nee, aber so was! Rudolf, alter Junge, bist du’s wirklich? Wie kommst du denn hierher?“

„Na, weisste, ich kam mit der Bahn hier vorbei,“ antwortete eine Frau Thussi fremde Stimme, „und weil ich deine Ankündigungen von der Pension Malepartus gelesen hatte, da dacht’ ich mir: du wirst einen Zug überschlagen und mal zusehen, welcher Teufel meinen alten, braven August geritten hat, dass er sich auf seine alten Tage mit Pensionären herumschinden will!“

„Na, den Teufel will ich dir schon vorstellen,“ lachte der Major. „Thussi!“ rief er laut, „Thussi, komm mal ’raus und begrüsse meinen lieben, alten Freund Rudolf Schramm, von dem ich dir schon so viel erzählt habe!“

Frau Thussi folgte der Aufforderung mit dem freundlichsten Gesicht, trotzdem sie sich gar nicht erinnern konnte, je etwas von Rudolf Schramm gehört zu haben und fünf Minuten später sassen die drei in dem „Rauchzimmer“ vor einer Flasche Wein und einem schleunig hergerichteten warmen Gabelfrühstück für den Freund, der in anderthalb Stunden mit dem Zuge wieder weiter wollte. „Der hat ’n kräftigen Bissen auch mal nötig,“ dachte sich die menschenfreundliche Frau Fuchs, mitleidig die schmächtige Gestalt des Gastes und sein glattrasiertes, blasses, leidensvolles Gesicht betrachtend, das zu der behäbigen Physiognomie ihres Gatten im schroffsten Gegensatze stand.

„Na, nun erzähl’ mal, alter Junge, wie’s dir gegangen ist,“ rief der Major, als der Freund mit sichtlichem Appetit sein saftiges Beefsteak mit Bratkartoffeln und sauern Gurken verzehrt hatte und die Platte wieder abgeräumt war. „Dass du Gymnasialdirektor in Dingsda bist, weiss ich, aber sonst hab’ ich diese X-Jahre lang nichts mehr von dir gehört. Du weisst, Thussi, dass ich mit Rudolf Schramm die Schulbank zusammen gedrückt habe. Jemersch nee, Rudolf, was warst du für’n fleissiger Schüler —“

„Hatte es auch nötig, August,“ warf der Gast lächelnd ein. „Mein Vater war nur ein einfacher Handwerker, der sich die Mittel zu meinem Studium vom Munde absparte — da darf man keine Stunde vergeuden!“

„Wird nicht jeder so gewissenhaft sein, Rudolf,“ rief der Major. „Dafür bist du aber auch kolossal zeitig in Amt und Brot gekommen, nicht?“

„Das schon, es geht,“ gab der andre zu. „Aber das Brot ist im Anfang doch recht karg und man muss sich lange plagen, bis es besser wird.“

„Ja, ja,“ machte der Major teilnehmend. „Hat halt jeder sein Päckstel zu tragen. Und deine liebe Frau, wie geht’s ihr? Schön’ Gretchen nannte sie unser ganzes Heimatstädtchen — Ja, ja, ich sehe sie noch ordentlich vor mir mit ihren dicken blonden Zöpfen — und ihren Vater, den freundlichen Lindenwirt —:

Margretlein hold, im Lindenhaus,

Dein denk’ ich unablässig!

So haben wir Bengels, wir grünen Primaner, sie oft angegröhlt zu ihrem Verdruss. Das war ’ne Überraschung, als du mir schriebst, dass ihr längst einig gewesen, dass du sie geheiratet, als du deine erste Anstellung hattest! Wie geht’s ihr? Habt ihr Familie?“

„Sie starb, als unser einzig Kind, unser Alfred, kaum ein halbes Jahr alt war,“ erwiderte Dr. Schramm leise. „Galoppierende Schwindsucht war’s. Nein, ich weiss, ich hab’ dir’s nicht mitgeteilt, ich war damals zu niedergedrückt, weisst du. Ich bin’s heut’ noch — eine Frau, wie Margret es war, vergisst man nicht. Dennoch bin ich zu einer zweiten Ehe geschritten, damit für meinen Jungen das mutterlose Heim nicht gar so trostlos war und habe eine Tochter des Geheimrats Vincentius geheiratet, die mir eine Tochter geschenkt hat. Wir haben sie Margarete genannt, aber meine liebe Frau fand die Abkürzungen Gretchen oder Grete zu — zu ordinär und so nannten wir sie Margôt —“

„Aha!“ nickte der Major verständnisvoll und Frau Thussi nickte dito — was zwischen den Zeilen dieser Mitteilung zu lesen war, verstanden sie vollkommen und der Unterschied zwischen der Lindenwirts- und der Geheimratstochter war überdies einleuchtend. Der mehr niederdrückende Effekt der letzteren war zudem auch in den leidenden Zügen des Gymnasialdirektors zu lesen.

„Ja, und was meine Tochter betrifft,“ fuhr der Gymnasialdirektor dann mit einem sichtlichen Anlauf fort, „so ist mir ihretwegen unterwegs ein Gedanke gekommen. Ich war nämlich in Kassel, um meinen Alfred dorthin zu bringen, weil der sein Jahr dort abdienen soll, ehe er das Polytechnikum bezieht, um dort Chemie zu studieren, praktische Chemie, weisst du. Dazu hat er nun mal Lust — er ist solch’ aufgeweckter Junge. Nun also, auf dem Rückwege fiel mir deine Pensionsannonce ein und da kam mir der Gedanke, meine Margôt vielleicht zu dir geben zu können für eine kleine Weile —“

Der Major sah seine Frau an und diese hustete.

„Lieber Herr Direktor,“ sagte sie dann zögernd, „nur zu gern würden wir Ihr Töchterchen zu uns nehmen, nur — unser Haus soll eine Fremdenpension werden, kein Erziehungsinstitut.“

„Ich weiss, ich weiss!“ rief Dr. Schramm hastig. „Lieber Gott — meine Margôt ist neunzehn Jahre alt. Aber ich möchte sie gern — und meine liebe Frau ist darin ganz meiner Ansicht — für einige Zeit aus dem Hause geben, weil — hm — die Sache ist nämlich die, dass sie eine Neigung gefasst hat und wir sowohl aus Grundsatz wie aus Überzeugung gegen diese Verbindung sind, da der junge Mann — hm — Schauspieler ist. Kein grosser Künstler, bewahre, nur Liebhaber an einer Wandertruppe. Aus den Augen, aus dem Sinn, gnädige Frau, nicht wahr? Wenn also Margôt eine Zeitlang bei Ihnen bleiben könnte —“

„Lieber Rudolf, sie kann’s in des Wortes verwegenster Bedeutung,“ fiel der Major ein. „Unser Haus ist noch leer, total leer. Sie hat also die Auswahl hier.“

Dr. Schramm drückte dem Freunde gerührt die Hand.

„Nun ja,“ sagte er indes verlegen. „Das ist ja recht schön — ich meine für meine Tochter — aber du musst mir vergeben, wenn ich noch eine peinliche Frage berühre, nämlich die finanzielle. Ich habe grade, um meinen Jungen zu equipieren und selbständig zu machen, grosse Ausgaben gehabt und wenn wir auch darauf hin schon gespart hatten, so wäre ein kostspieliger Aufenthalt unsrer Tochter für mich doch im Augenblick sehr genant —“

„Unsinn,“ fiel der Major ein. „Die Tochter meines ältesten Freundes ist, wenn sie unser Haus betritt, auch unser Gast. Von zahlen ist da keine Rede. Basta! Nicht wahr, Thussi?“

Thussi nickte freundlich lächelnd — wann hätte sie’s nicht gethan bei einem Vorschlage ihres August.

„Er ist noch immer der gute, alte Kerl, der er schon in seinen Jugendtagen war,“ sagte Dr. Schramm gerührt. „Ja, ja! Ja, ja! Aber so war’s nicht gemeint, lieber Freund! Ich hatte sozusagen nur an einen Vorzugspreis gedacht —“

„Giebt’s nicht, Rudolf. Fräulein Margôt zu beherbergen ist uns selbst ein Vorzug, nicht wahr, Thussi?“

„Nein, nein, das geht nicht, das würde meine liebe Frau nicht wollen, würde sie peinlich berühren,“ entgegnete Dr. Schramm hastig. „Ja, wenn es meine selige Margarete märe — herzlich gegeben, herzlich genommen, das war ihr Grundsatz. Aber meine jetzige liebe Frau nun, sie ist ja auch in einer andern Sphäre aufgewachsen — — und da sie nicht die Ehre hat, die Herrschaften hier persönlich zu kennen —“ Der Gymnasialdirektor fing an, nervös in seiner Brusttasche zu suchen — „ich hatte ihr nämlich von Kassel aus geschrieben und ihr meine Idee, Margôt für eine Zeitlang andern Eindrücken in deinem Hause zugänglich zu machen, unterbreitet —“

Er schwieg in tödlichster Verlegenheit und Fuchsens, die meist ja nicht viel weiter sahen, als ihre Nase reichte, erkannten daraus einmütig die Macht des Pantoffels, der selbst in der Ferne den Freund bedrohte und ihm die Unbefangenheit bis zu dem Grade raubte, dass er die Gegenwart des Antwortschreibens seiner jedenfalls erheblich energischeren Hälfte nicht bis zu dem Grade der einfachen Verleugnung dieses Schriftstückes verwinden konnte.

Der Major riskierte einen verstohlenen Seitenblick auf seine Gattin. „So, so!“ sagte er dann jovial. „Na, und was hat dir deine Frau Gemahlin geantwortet?“

„O, sie war sehr einverstanden damit,“ rief Dr. Schramm, auf seine Brusttasche klopfend. „Meine liebe Frau hat zwar meist von den meinen abweichende Ansichten — in Anbetracht der Verschiedenheit der Lebenskreise, in denen wir aufgewachsen sind, ist das ja wohl natürlich — aber wir sind darin einig, dass der — hm — junge Mensch für Margôt eine höchst unpassende — in jeder Beziehung unpassende Wahl ist und dass es gut ist für unser Kind, wenn sie die Episode unter andern Eindrücken verwischt und vergisst —“

„Wie heisst denn der junge Mann?“ fragte Frau Thussi überflüssigerweise.

„O — hm — da er jetzt ein überwundener Standpunkt ist, gnädige Frau — Gott, der Name ist ja schliesslich nicht so ungewöhnlich — er ist auch eigentlich kein Monopol — Alfred Müller heisst er, nennt sich auf der Bühne aber Molinari — nom de guerre sozusagen —“

„Meine Frau wollte nicht indiskret sein,“ fiel der Major ein, des Freundes sichtliche, wenn auch eigentlich nicht gerechtfertigte Verwirrung sehend. „Der Name thut ja auch nichts zur Sache. Also, wann dürfen wir deine Tochter erwarten?“

„O, meine liebe Frau schreibt, dass sie in einigen Tagen schon bereit sein wird — die Damen haben ja mit ihrer Garderobe immer etwas zu thun! Und wegen des Pensionspreises, lieber Freund —“

„Soviel Nullen, wie du willst,“ lachte der Major.

„Das geht nicht, wahrhaftig, das geht nicht,“ war die fast flehende Entgegnung. „Ich habe darin strikre Anweisungen von meiner lieben Frau und würde mich, wenn ich deiner Güte nackgebe, unangenehmen Scenen aussetzen. Umsonst ist der Tod, pflegt sie zu sagen, womit sie eigentlich ausdrücken will, dass ein geschenktes Huhn teurer ist, als ein gekauftes, indem das Geschenk verpflichtet. Und meine liebe Frau ist eine so entschiedene Gegnerin von Verpflichtungen, wenn sie dieselben auf sich nehmen soll. Wenn du also meinetwillen —“

„Alter Junge, was ich gesagt habe, hab’ ich gesagt,“ meinte der Major, „aber wenn’s dich, resp. deine Frau Gemahlin zu sehr drückt — warum, seh’ ich zwar nicht ein — so lass’ deine Tochter täglich eine Mark für die Dienstboten geben. Damit haben wir beide, was wir wollen: ich habe dein Kind hier als unsern Gast und deine Frau Gemahlin hat das Bewusstsein, dass sie der Klasse von Leuten nichts schuldet, deren Schuldner zu sein immer peinlich ist, trotzdem auch davon hier nicht die Rede sein kann, weil die Dienstboten hier von mir bezahlt werden und nicht auf Trinkgelder angewiesen sind. Ist’s dir so recht?“

Dr. Schramm atmete auf. Er hatte von seiner „lieben Frau“ die strikte Order erhalten, keinesfalls Fräulein Margôt „umsonst“ ins Fuchsische Haus zu lassen, um sich keinen Verpflichtungen „auszusetzen“ vor Leuten, die sich soweit „erniedrigt“ hatten, sich auf den „Gastwirtsstandpunkt“ zu stellen. Gleichzeitig hatte Frau Gymnasialdirektor Dr. Schramm ihrem Gemahl scharf anempfohlen, einen möglichst billigen Pensionspreis für ihre Tochter herauszudrücken — die Hoffnung, dass sie also diesem Arrangement ihre Zustimmung erteilen würde, war demnach kein allzu arroganter ehelicher Übergriff seinerseits und er glaubte sich befugt, einzuschlagen. Als dies geschehen war, liess er sich noch gern durch das ganze Haus führen und dann vom Major auf die Station geleiten, wo er mit dem Versprechen abreiste, seine Margôt möglichst bald nach Malepartus zu schicken.

Als der Major darauf heimkehrte, sagte Frau Thussi zu ihm: „Du, August, hör ’mal — ich glaube, wir haben eine Dummheit gemacht!“

„Wieso?“