Perfider Mordversuch im Nachtschatten alter Buchen - Jean Lupo - E-Book

Perfider Mordversuch im Nachtschatten alter Buchen E-Book

Jean Lupo

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Beschreibung

Das Glück der Menschen besteht im Großen und Ganzen in der Abwechslung zwischen Arbeit und Genuss, bei Jean jedoch ist es mehr. Er liebt die Philosophie, die Geographie, vor allem aber liebt er seine bildhübsche Frau Gila und seine goldige Tochter Magnolia. Je etwas aus dieser fantastischen Epoche zu vergessen das wird sehr wahrscheinlich unmöglich sein, zu schön war die Zeit, besonders die hier beschriebene Ära inmitten der Siebziger. Dass aber zuweilen, scheinbar ohne erkenntlichen Grund, auch längst vergessen geglaubte Szenen plötzlich und lebhaft wieder in Erscheinung treten, mag in vielen Fällen daher kommen, weil sie so unwahrscheinlich schön oder spektakulär waren oder sogar mörderische Absichten zugrunde lagen. Besonders bitter war dies im Nachhinein für Gila, ja sie war untröstlich, fühlte sich tief in der Verantwortung, denn ihrem Drängen gemäß hatten die beiden eine Gastwirtschaft gepachtet und dort, das weiß man aus der Geschichte, lauern bisweilen völlig unerwünschte Gefahren. Sie war es, die auch etwas hinzuverdienen, die auch etwas dazu beitragen wollte, damit die junge Familie sich mehr leisten könne. Dieses hier ausführlich beschriebene, nächtliche Schauspiel, da ein hypothetisch Wahnsinniger mitten in der Nacht versucht hatte, mit einer unglaublichen Mordwaffe und einem ebenso skandalösen Motiv, ihren Jean umzubringen, ist gewiss einer der Höhepunkte dieses Buches, jedoch bei weitem nicht der einzige. Gila und Jean waren auch danach stets bemüht die Wirtschaft anzukurbeln, doch da wo viel Trubel ist, auch das ist bekannt, da gibt es freilich nicht nur Engel. Überdies gibt es auch wieder etwas von unserem heiteren Freund Amor zu berichten, der wie üblich wieder seine heißen Pfeile auf die Reise schickte. Gilas Schwester Gesine zum Beispiel war offensichtlich hin- und hergerissen, wusste lange nicht, für wen sie sich entscheiden soll. Wunderschöne Reisen werten das Lese-Ereignis noch zusätzlich auf. Tauchen Sie liebe Leserin und lieber Leser also ein in eine wunderschöne Zeit, in die Zeit der Siebziger des letzten Jahrhunderts, es lohnt sich gewiss.

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Vorwort

Es war nicht nur eine oberflächliche Episode, nein es war dies wahrhaftig eine zukunftsweisende Epoche, von der der Autor hier größtenteils zu berichten weiß. Der Anfang verlief noch auf der alten und für den Autor so gemütlich vorkommenden Avenue, jedoch die Zeiten und die eingehenden Überlegungen der dem Autor nahe stehenden Menschen, ihr planmäßiges Vorgehen zeigten es an, es sollen, so es nach ihnen, nach den zwei Frauen Gila und Berna, geht, neue Ziele angestrebt werden. Die Zukunft soll neue Prägungen bekommen, neue Färbungen, ja das Miteinander-Leben sollte nach einer neuen Nuancierung vonstattengehen. Dagegen wehrte sich der Urheber, wohl aber, wie es in dem vor dem Leser liegenden Buch offenbart wird, nicht mit der ungebändigten Leidenschaft, nicht vehement genug, um in der geliebten Couleur weiter agieren zu können. Es ist erneut ein Beispiel für seine Nachgiebigkeit, ein in der Tat weiteres Beispiel das beweist, er hat zwar intensiv gelebt in seiner langen Geschichte, ja er lebt noch immer, aber die Anderen stellten lange Zeit stets wichtige Lebensweichen. Aber der Künstler Jean war sehr anpassungsfähig und es war schon immer sein beherzigtes Credo, man muss im Leben aus der jeweiligen Situation immer versucht sein, das möglichst Beste daraus zu machen. Ein unübersehbar neues Leben beginnt hiermit, nicht gleich zu Beginn des Buches, nein es ist dies eher ein schleichender Prozess, ein Verlauf der dann aber ganz plötzlich konkrete Formen annimmt und ehe sich der Verfasser versieht, schon ist sie da, diese noch nie da gewesene Situation die er gestern, um es etwas überspitzt zu sagen, nie und nimmer für möglich gehalten hätte. Und so geht es wieder hinein in ein neues, ja in viele neue Abenteuer. Wie präzise die Abläufe aussehen, dies wird im Voraus nicht verraten, aber so viel ist klar, es wird wieder mal spannend werden.

Dankempfindungen des Autors

Einen von Herzen kommenden Dank will ich an alle meine Mitmenschen richten. Zuvorderst muss ich leider auch davon berichten, dass mir sehr nahestehende Menschen in den letzten Monaten und Jahren leider ihr Leben viel zu schnell abschließen mussten. Zum einen war es ein Schwager, einer der Stammleser meiner Bücher und ein von Grund auf ehrlicher und bescheidener Mensch, ja noch immer tut es unglaublich weh in meiner Seele, umso mehr noch gerade deshalb, weil ich weiß wie schwer er zum Schluss hin zu leiden hatte und wie grausam sein Sterben war. Des Weiteren verstarben eine Schwägerin und mein leibhaftiger Bruder, der lediglich zwei Jahre und circa sieben Wochen älter als ich ist bzw. war.

Doch lasst mich meinen Dank aussprechen. Zuerst denke ich da an meine Frau Agathe, welche mich so manche Stunde entbehren musste. Danke liebe Agathe! Ferner soll ein solcher Dank auch Stephan von Richthofen zukommen! Voller väterlicher Güte wende ich mich hiermit auch an meine über Alles geliebte Tochter Magnolia. Sie ist quasi die Hauptperson dieses Buches, um ihr Wohl dreht sich alles. Zu Beginn dieses Buches, gleich im Januar 1974 wurde sie vier Jahre alt. Und wenn auch das Hauptaugenmerk dem kleinen Mädchen galt, das Drumherum war abenteuerlich und sehr abwechslungsreich. Aus heutiger Sicht sage ich, danke liebe Magnolia, danke für das immer gleichbleibend schöne Verhältnis und mag es vielleicht für den einen oder anderen an dieser Stelle unglaubwürdig klingen, ja es ist in der Tat so, es gab zwischen dieser lieben Tochter Magnolia und mir noch niemals einen Streit. Liebe Grüße und auch einen herzlichen Dank für ihren Mann Malte, es hätte für Magnolia nicht besser kommen können, als an der Seite einer „Rheinischen Frohnatur“ leben zu können. Ein ganz herzliches Dankeschön auch an die stets Schwung in die Bude bringende Almera, auch sie und dies im Überfluss, bringt immer wieder Freude in mein altes Herz. Ebenso ein herzliches Dankeschön gilt auch ihrem Begleiter Loris Elbert, sozusagen der Taxichauffeur zu jeder Tages- und Nachtzeit, sowie den Enkelkindern Lena Alisa und Finn. Den Enkel Sandro möchte ich, wie auch den bereits oben schon erwähnten Malte Finnlay besonders deshalb hervorheben, weil sie in schwierigen Computerfragen für mich nahezu unentbehrlich sind und ich nicht wirklich weiß, wie ich Ihnen danken kann. Der Dank gilt auch all jenen Menschen, die mich auf meinem Lebensweg ein Stück weit begleitet und positiven Stoff zum Schreiben mir geliefert haben. Und natürlich soll auch das feierliche Dank-Sagen letztendlich erst dann seinem Ende entgegengehen, wenn der Dank in der neuen Heimat meiner Tochter Magnolia und ihrem Mann Malte, in Sirolo bzw. in Numana angekommen sein mag, sowie auch bei den viel mit Herz lebenden italienischen Freunden der beiden, die sich gerade auch deshalb noch immer wohlfühlen auf dem Apennin-Stiefel. Ein weiteres Dankeschön geht an die Lieblings-Nichte Saphira mit ihrem Begleiter Michael und den Kindern Jessica, Rebecca, Luano und Johanna. Jede mit Saphira verbrachte Minute in meinem Leben möchte ich nicht missen. Mit ihr zu sprechen ist wie eine tiefgreifende Erinnerung an ihre Mutter Gesine, die in meinem Leben eine nicht zu verachtende, ja eine sehr wichtige Rolle spielte, so wie auch hier in diesem nun neu erschienenen Band, quasi dem zehnten Band der Serie: Des Bergmanns Jüngster.

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel Die Zeit in der Skorpionstraße Teil 1

Zeitraum: 1. Dezember 1973 bis 8. September 1974

Die Sauerwiesener Firmung; Die Wiederholung der Jamschied-Nacht; Der Kauf einer Campingausrüstung und das Pfingst-Campen am Gardasee; Der Besuch bei Anni und Hajo und die Fußball-WM 74; Der Sommerurlaub, hauptsächlich in Lignago. Es bleibt ein Tag zum Ausruhen, der unvergessliche 8. September 1974.

2. Kapitel Die Zeit in der Skorpionstraße Teil 2

Die lustige Bergtour zur Potsdamer Hütte.

3. Kapitel Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag

(Johann Wolfgang von Goethe)

Um im Leben Erfolg zu haben braucht man ein bisschen Sein, ein bisschen Schein und sehr viel Schwein. (Philip Rosenthal)

Der schwierige Start in der Sauerwiesener Vereinsgaststätte. Nicht alle Grundsätze halten im Leben, so Manches wird auch über Bord geworfen. Der erste Monat, der Ausstieg von Adamo und Berna zu Weihnachten und das Ende des Jahres 74.

4. Kapitel In der lauen Frühlingsluft fliegen nicht nur friedliche Vögel

Jason Kallistus tritt wieder in unser Leben. Der Automatenaufsteller Leandro liefert eine Musikbox. Die Sitzungen im Konferenzraum. Der Bau einer Bar. Eine neue Stereoanlage wird gekauft und installiert. Der Rosenmontagserfolg. Ein Wiedersehen mit Robina. Zum Fastnachtsdienstag kommt die Kripo. Sie sucht den Fahrer eines roten Fahrzeugs, der im September 74 in München einen Unfall verursachte und Fahrerflucht beging. Das markig hinterhältige und lebensbedrohende Attentat und die Fortsetzungsgeschichte des perfiden Attentäters. Das Maibaumstellen. Noch vor dem Vatertag ist der Billardtisch da. Es schließt sich der Pfingsturlaub an, das auserwählte Ziel war der Ossiacher See. Der schreckliche Einsturz der Tauernautobahnbrücke. Einen Job als Lackierer lehne ich des penetranten Geruchs der Nitroverdünnung wegen ab, worauf das Arbeitslosengeld gesperrt wird. Es macht mir nichts, ich brauche keine staatliche Hilfe, verzichte darauf. Endlich, wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet und hingearbeitet, endlich schuldenfrei. Pfefferoni aus dem Burgenland. Widme mir deine süßen Tränen Gesine! Ein Geheimnis von dem die Umwelt nichts wusste. Ein kühler Kopf ist Gold wert.

5. Kapitel Der einsame Tod des Tyrannen der Carl Gustav Jungstraße

Die erste Disco in Sauerwiesen. Der starke Auftritt des Sölvi Marshall in unserem Gasthaus. Der einsame Tod des Tyrannen der Carl Gustav Jungstraße. Eine unfassbare Frage an Gila und mich, seid Ihr bereit zum Partnertausch?

6. Kapitel An der Blumenriviera

Eine Woche Alassio. Ausflug nach Monaco, nach Nizza, Antibes und San Remo. Stresa am Lago Maggiore, das Matterhorn, der Furkapass sowie eine Woche im wunderschönen Lugano folgen. Und abschließend bleiben wir noch eine Woche in Kauns im Kaunertal. Danach werden die Anfänge des Thaddäus Lupo beschrieben, die Anfänge seiner fußballerischen Karriere beim VfL Sauerwiesen.

7. Kapitel Der Billard-Künstler aus Stuttgart

Die Visitenkarte des Benedikt Karlbach, liebevoll kümmert er sich ganz nebenbei auch um Magnolia. Die gemeinsamen Geburtstage von Udo Söhnke und Gila. Der Kopfstand auf dem Bierfass. Der unmögliche Wyatt Falluz. Das Armdrücken führt zu so manchen Höhepunkten. Einmal die Woche ist Schafskopf-Abend. Zu Mitternacht wird das Mittagessen kredenzt. Die Altherrenmannschaft des VfB Stuttgart kommt nach Sauerwiesen und es kommt zu einem fantastischen Erlebnis, unverhofft steigt noch am selben Abend das wichtigste Billardspiel des Jahres. Der Star des Abends, Godhard Wiese fordert den Wirt heraus, dabei geht es um Getränke für das ganze Volk. Gila bekommt anschließend eine teure Pelzjacke.

8. Kapitel Der Freund Hajo wird zur Riesen-Enttäuschung und der Kölner Dom-Raub

Die Spiele auf dem neuen Sportplatz an dem Flüsschen Wiese. Der ausgezeichnet aussehende Playboy Gennaro und die schöne und sympathische Jacklin. Es gibt auch noch andere Gastwirte in Sauerwiesen. Auf der Schildwacht steigt Magnolias Drachen hoch in die Lüfte. Der Goldkehl-Vater, ein hoffnungsloser Alkoholiker. Die Gesundheit Gilas ist akzeptabel. Mit den Stammtischlern im Bierzelt, und auch ein alter Freund der Zegra ist dort anwesend. Die Polizei lässt mich in ihr Röhrchen blasen. Disco und Gottesdienst in derselben Gaststube, nur durch wenige Stunden getrennt. Ein weiteres Mal in Iversheim und ein Freund der zu einer desolaten Enttäuschung avanciert. Und schließlich der Millionen-Raub. Aus der Schatzkammer des Kölner Domes wird das Wertvollste gestohlen. Gilian Haber: Ein warmherziger, ein außerordentlich liebenswerter und beispielloser Pfarrer.

9.Kapitel Zauberhaftes Salzburg

Der Jahresausklang des Jahres 1975. Zu Gast in Kirchberg im Rupertiwinkel. Ein Ausflug ins bitterkalte Salzburg und ein Ausflug zum Königssee zur Rodel- und Bobbahn

10. Kapitel Manche Menschen sind auf die größten Überraschungen vorbereitet, nur die alltäglichen Dinge brechen über sie herein wie Katastrophen

Urlaubsplanung 76, es soll nach Tunesien gehen. Der VfL Sauerwiesen gründet eine Frauen Fußballmannschaft und auch unsere Magnolia mit sechseinhalb Jahren nimmt am Training teil. Es wird für den Sommer 76 Großes geplant. Silberne Hochzeit im Hotel Mendelssohn. Ein Eishockeywunder. Ein heftiger Flirt an der Bar mit katastrophalen Folgen. Fastnacht in Lauterort. Rosenmontag und der Faschingsausklang am Dienstag. Ein Billardturnier mit einem Überraschungssieger. Und zu guter Letzt ein Osterausflug ins Lechtal sowie der Affront des Bruders Adam. Ausblick auf das 11. Buch, auf Die Sauerwiesen-Ära Teil

1. Kapitel

Die Zeit in der Skorpionstraße

Teil 1

Erst vor gut vier Wochen, also zum ersten Dezember-Wochenende des Jahres 73 hin, waren wir umgezogen. Nach ziemlich genau einem Jahr in der Neuschwansteinstraße sagten wir bereits wieder adieu. Ciao du liebe Neuschwansteinstraße du kannst nichts dafür, dass die Toiletten- und Waschräume in der von der Firma bereitgestellten Wohnung unbeheizt waren. Ja es waren in der Tat zwei Toilettenräume, denn in diesem Gebäude waren einstmals Büroräume der Firma Zentner und Gramm untergebracht, Büroräume die später dann stillstanden, jahrelang stillstanden, und nun wurde das ganze Gebäude, explizit für uns als Wohnung umgebaut. Die Firma hatte nicht gerade wenig investiert, hat sich Mühe gegeben, doch ausgerechnet an dieser Ecke, in den so enorm wichtigen und insbesondere für die Frauen so belangreichen Räumen, hatten die Verantwortlichen meines Brötchengebers, aus welchen Gründen auch immer, gespart. Meine Frau Gila zog ihre Konsequenz hieraus. Vielleicht hatte ja die Chefriege des Betriebs die Unannehmlichkeiten nicht ernst genug genommen, vielleicht war ihnen der finanzielle Tribut zu hoch, doch Gila wie gesagt zog ihre Konsequenzen wegen dem Nichtstun der Firmenbosse, die für sie logische Konsequenz, die da wie folgt lautete, wenn an dieser Stelle nichts unternommen wird, dann wird schließlich die Kündigung des Mietvertrags per se folgen. Doch lasst mich nicht zu tief in diese Gründe eintauchen, ich tat dies schon in meinem vorigen Buch zum Ende hin, es ist oder war Fakt, ab dem ersten Dezember 1973 wohnten wir, Gila, Jean und das im kommenden Januar vier Jahre alt werdende Töchterchen Magnolia, in der Skorpionstraße achtundsiebzig.

In der Weihnachtszeit machten wir unsere üblichen Besuche bei den Omis, auch hierüber habe ich im letzten Buch noch berichtet, doch die Eltern, oder aus Magnolias Sicht die Großeltern in Ehren zu würdigen und dies selbstverständlich auch nachträglich noch, nun dies ist quasi eine moralische Pflicht. Wobei ich sagen muss, dass meine Mutter, oder anders gesagt die Lupo-Oma immer benachteiligt wurde. Die Zeit die wir bei ihr verbrachten war längst nicht so ausgedehnt wie die Zeit die wir im Hause der Räuschles uns aufhielten. Immer wenn ich ins Räuschle Haus eintrat, auch das zu erwähnen finde ich für eine essentielle Bedeutung, waren zwei Familienmitglieder auf der Flucht, zum einen der Sohn Horatio der in sein Reich im unteren Stockwerk angstschlotternd entfloh und zum anderen der alte Räuschle-Tyrann, der Despot der beileibe keiner mehr war, sobald ich eintretend die Haustür unten passierte, verschwand er im oberen Stockwerk im gemeinschaftlichen Schlafzimmer der alten Räuschles. Selbst wenn ich sieben, acht oder noch mehr Stunden mich in der Wohnung aufhielt, stets wurde ich von der Oma und von Gesine bedrängt doch noch ein Weilchen zu bleiben und noch ein Bier zu trinken, der alte Patriarch blieb unverändert in seinem Zimmer. Ich weiß nicht wie er die Angelegenheit mit dem Urinieren bewältigte, ob er eine Urinflasche hatte wie es in den Krankenhäusern welche gibt oder ob er eine andere Lösung parat hatte, es war mir schlichtweg einerlei. Es war der Aufenthalt bei der Omi und Gesine immer sehr lustig und schön. Den Aufenthalt hier noch einmal zu erwähnen ist wie gesagt Ehrensache, sowohl das Beisammensein hier in der Carl Gustav Jungstraße bei den Räuschles, als auch der Anstandsbesuch bei der Lupo Oma, wo ich jedes Mal unter anderem darauf achtete, dass genügend Brennstoffe in der Wohnung sind. Gerne zeigte ich mich bereit, um aus dem Keller Holz und Briketts nach oben in den ersten Stock zu schaffen. Auch hier war der Abschied immer schwer, für die Lupo Oma natürlich mehr noch als für mich und Magnolia. Gila dagegen war froh endlich adieu sagen zu können, es war kein Geheimnis, dass die beiden Frauen sich nicht mochten, was mir nicht nur während unseren Besuchen stets seelische Schmerzen bereitete.

Magnolia war sehr früh schon sauber, benötigte in ihrem zweiten Lebensjahr keine Windeln mehr und auch in der Folgeentwicklung war sie den Durchschnittskindern immer weit voraus. Aus diesem Grund heraus kam Gila sehr früh schon auf die Idee, sie müsse irgendwas arbeiten, um der Familie finanziell weiter zu helfen. Ich dagegen war stets der Meinung, dass ich genug verdiene, dass es der Familie gut geht, was auch deutlich ersichtlich war, denn seit mehr als einem Jahr haben wir zu dieser Zeit sogar ein eigenes Auto. Zuvor nutzte ich die Gelegenheit, je nach Bedarf, von meinem Arbeitgeber ein Auto zu leihen, was ein sehr schöner Service war und praktisch war es obendrein, denn billiger konnte man nicht Autofahren, da ich nur das Benzin zu bezahlen hatte, das ich während des Gebrauchs benötigte, was demgemäß heißen mag, das geliehene Auto war zu Beginn vollgetankt und musste demnach auch wieder vollgetankt abgegeben werden. Doch jeder Mensch ist frei, womit ich auf Gila und ihren Arbeitswunsch zurückkomme und jeder darf für sich die jeweils als richtig empfundene Meinung vertreten und auch seine Wünsche entsprechend in die Tat umsetzen, so die Rahmenbedingungen stimmen.

Diese Grundbedingungen oder die Voraussetzungen, dass auch Gila eine Tätigkeit sich suchen kann, um die Haushaltskasse aufzubessern, nun die sind erst dann gegeben, wenn Magnolia in der infrage kommenden Zeit bestens aufgehoben ist. Unser Kind ist unser Heiligtum, zumindest darüber waren wir uns einig, erst recht deshalb, weil es für uns kein zweites Kind geben wird beziehungsweise kann, da der Rhesusfaktor genau dies zu vereiteln wusste. Man hätte uns darüber vorher, spätestens nach der Geburt von Magnolia aufklären können, ja müssen, doch eine solche Mitteilung fand erst danach statt, erst als Gila wegen einer Fehlgeburt erneut im Geislinger Krankenhaus lag.

Im Sommer 1973 hatte Gila noch erwartungsfroh gehofft, bei der Zegra, dies ist umgangssprachlich die Kurzform der Firma Zentner und Gramm, bei der ich einen ausgezeichneten Arbeitsplatz innehatte, ja ich konnte weiß Gott nicht klagen, nicht über die Arbeit und nicht über den Lohn, ja ich war Großverdiener für meine bescheidenen Verhältnisse, da hatte also Gila noch auf eine Beschäftigung gehofft. Eine seit vielen Jahren dort dienstwillige Betriebsschneiderin, das wussten die hohen Herren der Geschäftsstelle, ging in Rente. Nur um dieser schaffenswürdigen Frau zuliebe wurde die Stelle in den letzten Jahren aufrechterhalten, exakt so lange, was eine längst beschlossene Sache war, bis sie ihren Ruhestand antreten wird.

Als nun plötzlich eine Nachfolgerin quasi Gewehr bei Fuß stand, die Frau des allseits beliebten Jean Lupo, welchen man um jeden Preis in der Firma halten wollte, da wurde diese seit langer Zeit schon abgehakte Stelle nun doch nochmal auf den Prüfstand gehievt. Jean Lupo zuliebe könnte ein weiteres Mal darüber diskutiert werden, immerhin kommt diese junge Frau, so sie denn als Schneiderin angestellt wird, mit einem hervorragenden Abschlusszeugnis daher. Ja Gila war die Jahrgangsbeste des Landes Baden-Württemberg und war eingeladen worden, um eventuell die Krone der Bundessiegerin sich aufzusetzen. Da sie jedoch zu der vorgegebenen Zeit hochschwanger war, verzichtete sie auf eine Teilnahme. Zum Wohl des Kindes erwürgte sie quasi den hinreißenden Gedanken, Bundessiegerin ihres Jahrgangs werden zu können, denn jede Prüfung bringt auch Stress mit sich, das war ihr bewusst beim Rückblick auf die Gesellenprüfung und ebenso beim Nach-Vorne schauen auf die anstehende Geburt ihres Kindes. Das in ihrem Leib sich befindende Baby war ihr hoch und heilig, ihr ganzes Leben war daraufhin um- und eingestellt worden, sie liebte das Baby ungesehen, eben wie eine echt liebende Mutter.

Doch zurück zu den Herren der Geschäftsleitung. Dass das Kapitel „Schneiderin, Betriebs- oder Damenschneiderin“ letzteres war der unanfechtbare Titel ihres Berufes, überhaupt noch einmal zur Debatte stand, dass man nochmal eindringlich darüber sprach, schon alleine diese Realität war ein Erfolg, ja eine Sensation. Doch was nützt dies alles, wenn am Ende nicht das Erhoffte eintritt? Trotz der Aussichtslosigkeit, die schon zu Beginn zum Greifen nahe lag, war es für Gila eine Riesenenttäuschung. Vielleicht war dieses Vorkommnis ein unvergleichlicher Ansporn für Gila, um im Herbst nach einer neuen Wohnung sich umzuschauen, ich selbst bin nicht in der Lage dazu, auch heute noch nicht, um dies an dieser Stelle komplett und lückenlos behaupten zu können. Zumindest führte das im Spätsommer genauso Stattgefundene, aus rein moralischer Sicht, zu wahrlich keinem Hindernis mehr, jetzt mehr noch wie je zuvor, wird sie von der Zegra-Wohnung ablassen können. Da spielte es letztendlich auch keine Rolle mehr, dass die Zegra Wohnung uns zu einem Spottpreis zur Verfügung stand. Und die Wohnung die sie fand, die Informationen hierfür erhielt sie von Bekannten aus der Nachbarschaft, die wird so teuer auch wieder nicht sein, so ihre im Voraus schon zurechtgeschneiderte Rechtfertigung, schließlich sei es ja kein Neubau.

Durch den letzten Satz bin ich gleich auf zwei Dinge aufmerksam geworden. Zum einen ist oder war da die unvergleichbar und vollkommen unstrittig gute Nachbarschaft, ein permanent herzliches Miteinander unter den Nachbarn, wie ich es zuvor und auch danach nie mehr erleben durfte. Ich habe explizit auf diese einmalige und beispiellose Gegebenheit schon in meinem letzten Buch musterhaft und eindrucksvoll hingewiesen und es ist mehr als würdig und recht, diese Besonderheit noch einmal ausdrücklich zu erwähnen. Nie zuvor und nie danach in meinem Leben hatte ich dermaßen hilfsbereite und liebenswürdige Nachbarn, es war dies in der Tat etwas Einmaliges. Jedoch vorbei ist vorbei und die Zukunft steht noch bevor. Zum anderen, um wieder oben anzuknüpfen, will ich an dieser Stelle, ebenfalls wie bereits im letzten Buch, auf die Hausbesitzer in der Skorpionstraße kurz eingehen, in deren unteren Wohnung wir uns nun häuslich niederlassen durften. Es waren dies Herr und Frau Sternkopf, ein älteres Ehepaar, die ihr ganzes bisheriges Leben hier verbrachten und es lag ihnen sehr daran, die Wohnung, von der sie nur äußerst ungern Abschied nahmen, an solche Mieter zu übergeben, die ein Interesse an einem möglichst langen Mietverhältnis hätten. Und haarscharf in dieselbe Richtung gingen meine Gedanken und dies betonte ich auch in dem Vorstellungsgespräch, „ja“ so sagte ich hauptsächlich an Frau Sternkopf gewandt, „da brauchen sie sich hinsichtlich dessen keine Gedanken machen Frau Sternkopf, ich habe jetzt vom Umziehen endgültig genug, es reicht mir nun so langsam. Dazuhin kostet ja jeder Umzug eine Menge Geld. Ich weiß was auf mich zukommt, denn mein Wohnzimmer passt hier nicht rein, weder der Wohnzimmerschrank als auch die Couch, beides ist zu groß und ausladend, um es hier in diesem zwar sonnigen, aber nicht übermäßig geräumigen Wohnzimmer unterzubringen. Und trotzdem, liebe Frau und Herr Sternkopf, würden sie uns eine große Freude bereiten, wenn wir den Zuschlag bekämen. Bei Ihnen ist die Toilette ein etwas in das beheizte Haus Integriertes und einzig und allein dies ist der Grund für den bevorstehenden Wohnungswechsel, wir haben es ja schon angesprochen!“

Ja warum eigentlich zogen Herr und Frau Sternkopf aus? Anfangs wollten sie es nicht, gleichwohl der Sohn oder die Tochter, ganz korrekt kann ich es auch nicht mehr sagen, in Wäschenbeuren gebaut hatten. Sie konnten so ihren Lebensabend bei der jungen Familie verbringen, lieber aber wäre es ihnen gewesen in ihrer Vertrautheit weiterleben zu können, aber dem Sohn oder der Tochter zuliebe, ganz genau weiß ich es selbst nicht mehr, ließen sie sich letzten Endes doch umstimmen. Und wir konnten es uns gut vorstellen, wie unangenehm und schmerzvoll ihnen diese Entscheidung gefallen ist.

Nun also sitzen oder wohnen wir hier in der Skorpionstraße. Zum ersten Mal in unserem Leben hatten wir ein Telefon, welch ein Luxus. Und welch ein Wunder, es konnte sogar klingeln. Mein bester Freund Dieter Berger konnte mich jetzt besser erreichen. Zudem habe ich mir ein billiges, ein etwas älteres Fahrrad gekauft. Bis zur Pforte der Firma waren etwa sechshundert Meter zurückzulegen, da lohnte es sich kaum den Motor meines schmucken Autos, es war dies ein rot-schwarzer Opel Manta, anzuwerfen. Bei schlechter Witterung freilich nahm ich lieber das Auto, weswegen ich bei der Wettervorhersage am Abend zuvor, in der ARD oder im Zweiten, noch etwas konzentrierter hinschaute, um mich seelisch darauf vorbereiten zu können, entweder mit dem älteren Fahrrad oder mit dem geliebten rotschwarzen Manta den Weg zurückzulegen.

So vergingen die Tage am Anfang des Jahres 74, da ich nun schon 26, und drei Tage später Magnolia 4 Jahre alt wurde. Und wie immer an unseren Geburtstagen kamen Berna und Adamo einerseits, sowie auch Gesine andererseits zu Besuch. Für die Leserinnen und Leser die zum ersten Mal ein Buch von mir in den Händen halten sei hiermit gesagt, dass Berna eine meiner drei Schwestern ist. Berna ist, wie auch mein zu dieser Zeit bereits verstorbener Bruder Hans und meine Schwester Mia, in Luxemburg geboren, da unser Vater 16 Jahre im luxemburgischen Differdingen im Bergwerk gearbeitet hat, bevor er letztendlich ins Schwäbische zog. Die beiden anderen Schwestern, also Mia und Alfrun, habe ich in meinen bisherigen Büchern schon vorgestellt, ich werde es wiederholen, so wie sie hier eine Rolle spielen sollten. Gesine dagegen, auch darüber habe ich bereits berichtet, ist die jüngste Schwester meiner Frau Gila, sie ging oder geht in diesen Tagen bei uns ein und aus, gleichwohl wir dies so nicht gedacht hatten, nicht in der Intensität, nachdem wir von unserem Heimatort weggezogen sind. Über Gesine zu berichten ist immer etwas Besonderes für mich, ich werde noch darauf zu sprechen kommen. Wie gewohnt waren die Geburtstage sehr lustig. Da ich an einem Montag und Magnolia an einem Donnerstag Geburtstag hatte beziehungsweise hatten, fand die eigentliche Feier erst am Samstag statt, es war dies der 26. Januar.

Meine Leserinnen und Leser mögen es verstehen, dass ich, angesichts dessen, dass wir, so ich diese Zeilen schreibe, schon das Jahr 2018 bzw. 2019 schreiben, während die Handlungen aber noch immer von den Anfangsjahren der Siebziger herstammen, dass ich also deshalb nicht mehr in gewohnter Weise ins Detail gehe sondern gegenteilig und größtenteils bestrebt bin größere Schritte zu unternehmen. Und so begebe ich mich zur Österlichen Zeit hin, da es in Sauerwiesen etwas zu feiern gab. Mias Tochter Abreona durfte ihre Firmung feiern, insofern ich richtig liege. Jedenfalls gehörten wir zu den geladenen Gästen, welche sich zum Mittagsmahl im Gasthaus zum Hirsch einzufinden hatten.

Am Tag zuvor waren wir wieder mal im Göppinger Hallenbad. Insbesondere Gila freute sich beständig und anhaltend darauf, mit der kleinen Magnolia ein Wannenbad genießen zu dürfen. Derweil trieb ich mich dort herum wo die Schwimmer im Allgemeinen zu Hause sind, oder ich machte ein paar Kopfsprünge vom Drei- oder Fünfmeterbrett, was ich leidenschaftlich gerne tat. Hinterher trafen wir uns wieder im Eingangsareal. Und wie erheitert und wunschlos glücklich und selig wir dort standen am Treffpunkt, glückstrahlend sah jeder von uns aus und es war auch jeder bombensicher und felsenfest davon überzeugt, in der letzten Stunde etwas besonders Schönes erlebt zu haben. Vergnügt bewegten wir uns dem Auto zu, ja es musste, gewiss noch vor der Heimfahrt, für die nächsten Tage eingekauft werden. Für den allwöchentlichen Großeinkauf, zumeist zum Wochenende hin, bot sich immer der Allmarkt an, wohl zu Eislingen noch gehörend, aber ganz grob gesagt befand er sich zwischen den Städten Göppingen und Eislingen. Exakt dort wo heutzutage der Edeka Center sich befindet, haarscharf dort befand sich der Allmarkt, einer der ersten seiner Zunft im Großraum Göppingen. Und anschließend waren wir uns wiederum sicher, dieses Mal lag die ausgeprägte Sicherheit aus einem anderen Grund wohltuend und milde auf uns, nämlich wir waren grundsätzlich und zweifellos davon überzeugt, dass wir nichts vergessen hatten. Spezifisch für den Sonntag musste nicht viel eingekauft werden, eher etwas weniger als zu viel, denn an dem Tag, also am Sonntag, da waren wir uns darüber bewusst, werden wir in Sauerwiesen im Gasthaus Hirsch zu den geladenen Gästen gehören. Doch zunächst war es immer noch Samstag und nach dem Einkaufsstress, schon damals tat mir beim Stehen fortwährend das Kreuz weh, freute ich mich einstweilen darauf, nach dem Hineintragen der Konsumgüter ins Haus, mich für zehn Minuten auf die Couch liegen zu können. Doch wie heißt es so schön, erstens kommt es im Leben immer anders, als man es zweitens denkt!

Nachdem ich unser Auto auf der Ostseite neben dem gemieteten Grundstück geparkt hatte, auf der Ulmenallee um es präzise zu sagen, da standen wir nach dem Aussteigen, nachdem wir freie Sicht über den Gartenzaun und in den Garten hinein hatten, ganz schön platt und verdattert da und rieben uns entgeistert die Augen. Ja um des Himmels willen, wer nur war hier am Werk?

Das Haus lag ziemlich nahe an der Skorpionstraße, den üblichen, etwa drei Meter großen Abstand einhaltend. Die Skorpionstraße führte auf der nördlichen oder nordöstlichen Seite des Hauses vorbei, nur selten spielte sich dort etwas Interessantes ab, obschon gerade dort der Durchgangsverkehr in Richtung Salmgrund tagtäglich dahinfloss. Nur in praxi schaute kaum mal jemand raus, es war halt die Nordseite und der Mensch strebt von Natur aus lieber der Sonne entgegen und so schauten auch wir mehr zur südlichen oder zur süd- südwestlichen Richtung hin, wo sich noch ein beträchtliches Stück Garten anreihte, den wir aber nicht oder kaum nutzten. Nur ein kleines Beet hatten wir zugesprochen bekommen. Frau Sternkopf wollte den Garten, zumindest anfangs noch selbst nutzen, so wie sie es ihrer Lebtag schon tat. An das Haus angebaut war ein massiver Anbau in östlicher Richtung. Dieser Anbau war einwandfrei überdacht. In die südliche Richtung, also in die Richtung in der auch der Garten zu finden war, war dieses kleine Gebäude größtenteils offen. Links und rechts waren wohl Stützmauern angebracht worden, es musste ja das Dach, mit den gleichen Ziegeln wie das Wohnhaus, getragen werden. Ursprünglich, so denke ich mal, wurde hier vor vielen Jahren sicherlich das im Winter notwendige Brennholz aufgestapelt, jetzt stand ein kleinerer Heizöltank darin und, ja und eine Wäscheleine war dort angebracht, ebenso wie ein alter, relativ großer Schrank. In ihm waren alle Gartenutensilien säuberlich und mit penibler Ordnungsliebe eingeräumt, ja selbst im Garten herrschte eine unverkennbar prägnante Diligenz, eine Sorgfältigkeit die illustrativ sichtbar und greifbar war. Es gehörte dieser Anbau mit allem Pipapo, mit dem Öltank, der Wäscheleine, dem Schrank und dergleichen, ein Stück weit mit zu unserer Wohnung. Der Garten aber war einstweilen nur zu einem kleinen Teil vergeben, auf ihn gänzlich zu verzichten, nun das hat Frau Sternkopf dann doch nicht übers Herz gebracht, zumal sie sich ganz sicher war, dass der Boden hier im Firntal viel fruchtbarer ist als jener in Wäschenbeuren.

Und so sicher wie das Amen in der Kirche war gewiss auch im relativ großen Garten eine Wäscheleine installiert worden, ja deren zwei sogar, links und rechts entlang des mittleren Gartenweges, vom Haus weg geradeaus in südlicher Richtung. Und haargenau hiermit nun bin ich definitiv am richtigen Punkt angekommen. Exakt hierhin waren unsere Blicke gerichtet, nach dem Aussteigen, als wir unsere Einkäufe getätigt hatten, als wir sprachlos und verblüfft, von unserem Auto in der Ulmenallee stehend in den Garten schauten und uns verwundert die Augen rieben und uns die eigentümliche Frage stellten, um des Himmels willen, ja wie nur sieht es hier aus?

Da wir uns vor der Fahrt zur Kreisstadt nicht eindeutig sicher waren, ob das Wetter sich halten wird oder es doch zum Regnen kommt, hatte Gila ihre Wäsche an jene Leine unter dem Dach des Anbaus gehängt, für diesen Zweck war sie ja auch einstmals installiert worden. Nun aber, da wir wieder zurück sind, nach mehr als drei Stunden freilich, hängt unsere Wäsche an der Leine die mitten durch den Garten führt, jedoch nicht nur allein unsere Wäsche, nein da hängt noch so Vieles mehr dran. Da hängen Dinge die wir zuvor nie gesehen haben, die offenbar aus dem Schrank im Anbau entnommen wurden. Da hängen Dinge wie eine alte Pfanne zum Beispiel, fernerhin ein alter aber noch immer reizend schicker Damenhut, eine alte, gelbe Regenjacke, mancherlei Kinderkleidung, kleinere Gartenwerkzeuge, verschiedene Gummistiefel sowie diverse Schürzen wie sie ein Gärtner gewöhnlich trägt und noch andere Artikel, mir fällt es beim besten Willen nicht ein, was alles wir in diesen historischen Augenblicken zu sehen bekamen. Überdies waren Quisquilien, allerlei Kleinkram wie ausgediente Kochlöffel, archaisch uns vorkommende Schöpflöffel, eine unzeitgemäße, verstaubte Kaffeekanne, ein längst schon untauglich gewordener Schneebesen, ein Dosenöffner und unzählig andere vorsintflutliche Küchenartikel die offenbar ihren Dienst vor langer Zeit schon quittiert hatten, an einer Schnur, wie eine weihnachtliche Lichterkette im Advent, aneinandergebunden. Es bleibt uns die Spucke weg, wie man es mancherorts so kurios zu sagen pflegt. Wir sind unrühmlich von den Socken. Wir sind beziehungsweise waren geschockt, konsterniert und verstanden die Welt nicht mehr. Welch ein Blödsinn wurde uns da präsentiert und in lebhafter Fortbewegungsweise dachte ich weiter. Dieser grobe Unfug könnte uns gewaltig schaden. Dabei ist es unerheblich wer denn dieser Übeltäter war. Wenn nämlich nicht wir, sondern an dieser Stelle die Hausbesitzer selbst dieses pietätslose Bild antreffen würden, es ist schlichtweg nicht auszudenken, welche Folgen dieser Quatsch nach sich ziehen könnte. Das solide, das ubiquitäre Bild das die Sternkopfs sich von uns gemalt hatten wäre möglicherweise auf einen Schlag zerstört. Unser Ansehen hätte auf jeden Fall gelitten, der gute Ruf, der uns im Herbst vorausgeeilt war, durch den wir die Wohnung völlig unkompliziert erhielten, er wäre den Umständen entsprechend, mutmaßlich verloren gegangen. Rang und Namen sind schnell verloren, sind eklatant rapide Schall und Rauch, da braucht es nicht viel. Zumindest eingetrübt wäre das zuvor so Prestigevolle, das Reputierliche gewesen, der Feingehaltsstempel hätte mehr oder minder schwere Kratzer bekommen. Diese Gedankenverläufe ließen eine gewisse, nüchterne Empörung in mir anwachsen, es war eine fast grenzenlose Echauffiertheit in mir entstanden, eine Erregtheit die ich nicht wegleugnen konnte. Sicherlich sollte man nie vergessen wo man herkommt, aber ich dachte in diesen Sekunden auch blitzartig zurück, dachte daran, wie viel Zeit und Mühe ich investiert hatte, um dieses hochgestellte Podest zu erklimmen, um zu solchen Ehren zu kommen. Hier im unteren Firntal, an dieser Stätte, sowohl bei der Firma Zentner und Gramm als auch hier in der Skorpionstraße war nichts bekannt von meinen jugendlichen Schandtaten, nein ich hatte mir einen vorzüglichen, einen ausgezeichneten Leumund erarbeitet, hatte ein Image wie gemalt und war durchaus ein Angesehener. Es muss dies ganz bestimmt nicht sein, dass das so mühevoll Errungene, das mit respektvollem Anstand, mit gutem Benehmen und stets aufrichtiger Haltung und grundanständiger Ehrlichkeit Modellierte auf so leichtfertige und törichte Weise zunichte gemacht und leichtfertig verspielt wird.

Und da hörte ich auch schon Gila, die anscheinend schon einen Schritt weiter war, die schon den oder die Täter ausgemacht hatte. Es kann nicht anders sein, die Täter kommen aus deiner Verwandtschaft, so urteilte sie und schien sich felsenfest sicher zu sein. Nur allein Gesine weiß wo wir wohnen, all meine anderen Geschwister haben bis jetzt keine Ahnung, wo punktgenau unsere neue Wohnstätte ist. Ja partiell wissen sie nicht mal, dass wir erneut umgezogen sind. Aus meiner Verwandtschaft kommt also niemand in Frage. Es kann also nur deine Schwester Berna gewesen sein, aber warum in drei Teufels Namen tut sie so etwas? So eine unmanierliche Art hat sie doch noch nie an sich gehabt. Was glaubst du Jean, so fragte Gila mit großer Überzeugung, wieso auf einmal hat sie so was gemacht?

„Also bis jetzt ist nicht mal bewiesen ob Berna tatsächlich für die Tat verantwortlich ist, das ist sozusagen der Fakt Nummer eins. Und doch, so gebe ich zu, kannst du Recht haben und mir selbst fällt momentan auch nichts anderes ein. Vielleicht sogar waren zwei meiner Schwestern vereint, vielleicht haben sie sich beide einander angeregt, also Berna und Alfrun meine ich. Berna allein kam noch nie auf solch abstruse Ideen und Alfrun alleine würde auch nicht so gehandelt haben. Sie haben sich gegenseitig angestachelt, inspiriert und bestärkt. Wir werden eventuell morgen schon mehr wissen, morgen wenn wir im Gasthaus zum Hirsch in Sauerwiesen zum Mittagsmahl schreiten werden. Auf jeden Fall war das keine reiflich überlegte Handlung, ja ich halte dies für ungebührlich, für ungesittet, für respektlos und unverfroren. Ich glaube ich komme nicht drum rum, ich muss und dies zum ersten Mal überhaupt, meiner Schwester Alfrun die Leviten lesen, insofern es so ist wie wir es vermuten!“

Wir wussten im Moment nicht, ob wir Frau Sternkopf klaren Wein einschenken sollten, beim nächsten Wiedersehen, denn wir wussten doch überhaupt nicht, wo all die Dinge zuvor überall verstaut waren, hinter welchen Türchen und aus welchen Schubladen sie entnommen wurden. Es war dies nun ein Fall für Gila, die mit ihrer detailgenauen Ordnungsliebe sich an die mühselige Arbeit machte, um all die Requisiten aufzuräumen und zwar in der Art, nach einer komparablen Methode, die eine Sinn- und Zweckhaftigkeit offenbar werden ließ.

Am nächsten Tag stellte es sich heraus, dass unsere Vermutungen gerechtfertigt waren und es war für die mir gegenüber sich permanent überheblich vorkommende Alfrun tatsächlich etwas Einmaliges, denn sie wurde ausgerechnet von ihrem jüngsten Bruder scharf gemaßregelt. Dabei beließ ich es dann aber auch, schließlich galt es ja ein frohes Fest zu feiern und ich kann auch, wie ich es von meinem großen Bruder Jesus gelernt habe, verzeihen und vergeben. Wenn dies nur all meine älteren Geschwister auch könnten, so oder ähnlich sah mein Gedankengebäude aus. O wie lange wurde jeglicher Kontakt zu und mit mir gemieden, da ich mich nach ihrer Meinung gründlich danebenbenommen und überdies das Nest beschmutzt hatte, als ich im zarten Alter von siebzehn Jahren einen üblen Falschspieler des Kartentisches halb totgeschlagen habe. Wie es aber zu diesem Vorfall kam, danach hatte nie jemand gefragt. Da wurde nie und von keinem der ernsthafte Versuch unternommen, den Bruder der haarsträubenden Vorgeschichte wegen eventuell verstehen zu können. Niemals wurde danach gefragt wie ich mir an jenem Dezemberabend vorkam, beschissen, betrogen und gedemütigt. Dazuhin bedroht von jenem Erzhalunken, der mir eindringlich und unmissverständlich zu verstehen gab, dass er mir gnadenlos die Fresse polieren werde, sobald wir uns außerhalb der Gaststube sehen würden und mir in Albert Einstein-Manier die Zunge rausstreckte, was mir überaus, was tief in meiner Seele weh tat. Sehr wahrscheinlich schlossen sie sich alle dem Mob an, dem Volk das Vorurteile fällt oder fällte, ohne jemals der Sachlage auf den Grund zu gehen, meine Geschwister meine ich. Der Meute der ewigen Besserwisser schlossen sie sich an, gleichwohl sie durch die Bank weg ahnungslos waren. Verurteilt ist man schnell, das wissen wir schon aus der Bibel. Und ebenso wissen wir schon aus den Urzeiten, dass es genügend Menschen gibt die nicht dazu in der Lage sind, um auch mal das Wörtchen Entschuldigung auszusprechen.

Nun gut, es wird der Vorfall im Garten unserer Wohnung in der Skorpionstraße nur eine Randerscheinung, eine unbedeutende Marginalie meines Lebens sein. Aber es war nun mal die erste Handlung an die ich mich noch dezidiert erinnern kann im Jahre vierundsiebzig, einen Tag vor der Firmung von Mias Tochter Abreona. Und doch auch ist es eher nur eine Trivialität, eine bedeutungslose Kleinigkeit, das komische Verhalten meiner Geschwister, beim direkten Vergleich zu meiner Tat, als ich in der düsteren Dezembernacht mit dem Gauner des Kartentisches gnadenlos abrechnete. Wir wurden einst streng erzogen von unserem Vater um Moral und Ethik anzuerkennen, ja es wurden uns die Moralbegriffe eingeprügelt mit dem Vorsatz gewiss, fürs Leben zu lernen und um das jeweilige Nah- und auch das Fernziel zu erreichen, das hieß und immer heißen wird, ein moralisch guter Mensch zu werden. In jungen Jahren wirkt dies befremdlich, da der Verstand eines Kindes noch nicht so weit ist, da er noch zu vage ist für die Auffassungsgabe, die moralischen und ethischen Regeln passen in der Kindheit noch nicht so recht hinein. Erst mit der Zeit kapiert der junge Mensch um was es geht, jedoch er versteht es flotter als der Bursche und die Backfische, bei denen die Edukation lasch vonstattengeht und die Ethik keine große Rolle spielt. Unser Vater pochte und bestand auf eine unbedingte Geltung der moralischen Forderung. Diese seien ohne Ausnahme von jedem seiner Schützlinge in jeder Situation zu befolgen. Ein einmal gegebenes Versprechen zum Beispiel sollte unter allen möglichen Umständen und ohne jegliche Rücksicht auf den eigenen Vor- oder Nachteil eingehalten werden. Beim Zurückschauen aus der heutigen Perspektive sehe ich in diesen althergekommenen und strengen Maßnahmen immer auch einen Bezug auf Immanuel Kant, für den das Sittengesetz immer in einem kategorischen, also in einem unbedingten Imperativ ausgedrückt wird. Kant versucht zu verdeutlichen, dass es moralisch geboten sei, selbst dann die Wahrheit zu sagen, wenn man von einem Mörder danach befragt wird, wo sich sein Opfer das er zu töten gedenkt versteckt hält. Obwohl dieser Rigorismus häufig kritisiert wird, ist doch die Auffassung, dass den moralischen Forderungen etwas Unbedingtes anhafte, das keinerlei Abweichungen oder Ausnahmen gestatte, die am meisten verbreitete. Selbst der Utilitarismus, von dem man es wegen seines Eudämonismus am wenigsten erwarten sollte und der sich ja gewöhnlich zum Teil als Gegenposition zu Kant versteht, teilt sie und sie ist für ihn sogar zu einem zentralen Problem geworden. Der Kern der Kritik des Regelutilitarismus am klassischen Handlungsutilitarismus ist, dass dieser diesen Unbedingtheitsanspruch der moralischen Forderung nicht erklären könne; es ließen sich leicht Fälle, Verfahren und Handlungen nachweisen, in welchen zum Beispiel eine Lüge mehr Glück bringen würde als die blanke Wahrheit.

Die von Vater gepredigte Unbedingtheit wie ich sie auch von Kant kenne, die zweifelte ich immer schon an. Zum einen ist es fraglich, ob sie tatsächlich in unserem alltäglichen Moralbewusstsein enthalten ist, wie es die Ethiker behaupten und weshalb sie eben fordern, die Moralphilosophie müsse ihr Rechnung tragen. Schaut man sich unsere alltägliche Praxis an, so kommen und kamen schon immer ausgeprägte Zweifel in mir auf. Ich weiß warum ich mich gegen den Wehrdienst sträubte. Das sonst so strikte Tötungsverbot gilt da plötzlich nicht mehr, nicht im Krieg und nicht in Notwehr. Das Letztere kann ich in meiner mir eigenen Ethiksicht akzeptieren. Ich will und werde aber niemals in den Krieg ziehen, dies formulierte ich sowohl bei der Musterung als auch bei der Eignungsprüfung der Bundeswehr, ich werde niemals ein Gewehr, niemals eine todbringende Waffe gegen einen anderen Menschen richten, jedenfalls nicht um dem Willen eines wahnsinnigen Politikers zu folgen. Anderweitige Ausnahmen oder der Umstand, dass mögliche Ausnahmen zweifelsohne und partout diskussionswürdig sind, die zeigen mir entschieden an, dass wir prima facie keineswegs so unbedingte Regeln haben, sondern bei der Befolgung in der Tat auch die jeweilige Situation berücksichtigen müssen. Und deshalb frage ich mich noch heute, warum wollte anno fünfundsechzig und in der Folgezeit nie jemand wissen, wie meine Situation in jener Dezembernacht de facto ausgesehen hat.

Dazuhin ist die Frage der Motivation kaum zu beantworten. Warum sollte jemand einem moralischen Gesetz unter allen Umständen Folge leisten, auch dann, wenn es offenkundig zu seinem eigenen Nachteil wäre? Kants Antwort ist die Achtung vor dem Gesetz: Ein guter Mensch sagt unter allen Umständen die Wahrheit allein deshalb, weil es Gesetz ist, und aus keinem anderen Grund. Kant hat sich seit jeher mit dieser Achtung vor dem Gesetz viel Mühe gegeben, weil ihm eindeutig klar war, dass er Gefahr lief, sich selbst zu widersprechen. Ich möchte auf diese immanenten Schwierigkeiten seiner Theorie hier nicht eingehen, nicht zuletzt auch deswegen, weil ich ihm in all seinen Ausführungen zu neunundneunzig Prozent permanent Recht zuspreche und doch möchte ich eine Überlegung anstellen, die auch ohne eine genauere Kant-Kenntnis durchaus verständlich ist. Ja ich stelle an mich selbst gerichtet die Frage: Was ist mit den Menschen, denen die bloße Vorstellung eines Gesetzes keinerlei Achtung einflößt? Auch am Kartentisch verlangen die Spieler von den Mitspielern die Einhaltung der vorgegebenen Regeln. Auch hier kann sich keiner seine eigenen Gesetze machen und einfach zweihundert Mark aus dem Pott nehmen, bevor er überhaupt ausgespielt ist oder wird. Hier liegt beziehungsweise lag eine schwerwiegende Ethikverletzung vor. Und dass dann der ebenfalls mitspielende Wirt sowie auch die anderen Mitstreiter ihren Mund hielten war moralisch ebenso unverantwortlich. Sie hatten ihre Karten vorzeitig zur Seite gelegt, ihr Blatt war zu schlecht um ein Risiko einzugehen. Doch ich hatte drei der höchsten vier Trümpfe auf der Hand und der Pott war mir so sicher wie das Amen in der Kirche, weshalb ich kundtat dabei zu sein, um diesen Betrag des Potts ausspielen zu wollen. Ich hatte den Regeln gemäß geklopft und gesagt, ich bin dabei! Doch dieser Banause Jamschied Stanko strich ohne ein Wort zu sagen das gesamte Geld ein, behauptete mit einer unfassbaren und respektlosen Frechheit, es hätte niemand geklopft, auch ich nicht. Es war dies ein moralisch ungebührliches Verhalten des Jamschied Stanko zum einen und zum anderen auch von den Mitspielern, die sich raushielten als sei überhaupt nichts gewesen, die sich ganz einfach und ungebührlich weigerten die Wahrheit zu sagen. Der Wirt schwieg wie ein Grab. Natürlich auch aus dem einen Grunde, weil Jamschieds Frau seine Bedienung war, sie gehörte sozusagen zum Personal des Hauses. Wo finde ich hier die so hoch gepriesene Ethik? Damit aber nicht genug, weil ich nach wie vor mein mir zustehendes Geld wollte, es ist dies gewissermaßen mein gutes Recht, der Gerechtigkeit sozusagen Beine zu machen. Behauptete diese eklige Pestzecke doch glattweg, dass das Spiel aus sei. Er hat sich das Geld gegrapscht und die Karten hinter die Theke befördert. Und da ich immer noch auf mein Recht pochte, die Gerechtigkeit suchend nicht aufgab und verbal weiter bohrte, was muss ich dann erleben? Er wird mir die Fresse polieren schrie er plötzlich! Er war bereit mit mir raus zu gehen, um vor der Gaststube mich niederzuschlagen. Die anderen Gäste jedoch verhinderten dies. Doch sobald er mich draußen sehen wird, so prahlte noch immer dieses Großmaul, wird er mich erbarmungslos zurichten, ich würde hernach aussehen wie ich noch nie zuvor ausgesehen hätte, meine eigene Mutter würde mich hinterher nicht wiedererkennen.

Und ich war keineswegs stumm, nein im Gegenteil, das werden wir sehen du Scheusal, noch ist nicht aller Tage Abend. Und wir werden uns garantiert sehen, da kannst du Gift drauf nehmen und es wird vielleicht früher sein als du es erwartest, mit diesen bedeutungsvoll einschneidenden Wörtern schlug ich schon mal verbal zurück. Das Theater ging unterdessen weiter. Erst eine Stunde später zeichnete sich die Schließung der Wirtschaft ab, es gab kein Bier mehr, nur noch einen Kurzen im Stehen. Das war die Zeit in der ich die Kneipe verließ. Zuvor aber gab es noch mehr Gründe für mich um nach wie vor böse, sauer oder wütend zu sein. Ja ich wurde von diesem Schwein im höchsten Maße verhöhnt. Es war nicht genug damit, dass er ungerechterweise mein Geld vom Spieltisch eingestrichen hat, nein er machte sich in übelster Art lustig über mich. Bitterböse und zynisch, spitzzüngig und sarkastisch waren seine Äußerungen und sobald ich auch nur einen Ton sagte, streckte er in abscheulicher Weise, in Albert Einstein-Manier die Zunge raus und er ahnte nicht, kein Mensch auf der Welt wird es je ahnen können, wie schmerzlich weh er mir damit tat. Es war eine nicht auszudenkende Schmach für mich, verletzend in übelster Weise. Ich bin ein Lupo, ein stolzer Lupo, der es nicht abhaben kann, wenn mir einer in erniedrigender Weise die Zunge rausstreckt. Ganz genau in diesem Moment, da er mir zum ersten Mal die Zunge rausstreckte, da war sein Schicksal schon besiegelt, damit hielt er quasi schon ein Streichholz an die Zündschnur die in mir zum Vorschein kam, die Lunte war von da an schon am Glimmen. Diese niederträchtige Perfidität, diese schadenfrohe Unverschämtheit war die Spitze des Eisbergs und ich war mir dessen bewusst, dass es noch in derselben Nacht zu einem mitleidslosen Kampf kommen wird. Die einzige Chance um dies noch verhindern zu können hätte sich Jamschied dann geboten, wenn er sich eine Taxe bestellt hätte, dafür aber war er zu knauserig. In diesen letzten Ausführungen, wenn die Leserin oder der Leser darauf geachtet hat, gab es massenhaft viele moralische und mich kränkende Fragezeichen, nein dicke Ausrufezeichen waren es, doch wie ich es schon mehrfach gesagt habe, an mich wandte sich kein einziger Mensch, keiner all der Menschen die je ein Wort mit mir gewechselt haben, keiner stellte je eine Frage an mich, keiner wollte je wissen was tatsächlich geschah in dieser Nacht. Da schlug man lieber andere Töne an. Aber hinten herum mich verurteilen, da hatte keiner Gewissensbisse, dafür fanden sie Worte, die Hinterhältigen unserer besseren Welt. Das hundsmiserable Aburteilen, das empathielose aber abschmetternde Verachten und das herabwürdigende Anprangern geht leicht, das können oder konnten sie alle, alle in einer Reihe, bildlich gesehen und hinter meinem Rücken.

Neben dem TVA-Sportplatz hatte ich ihn eingeholt, bewusst hatte ich ihn vorausgehen lassen, und ich sagte zu ihm laut hörbar: „Jamschied du alter Drecksack, du Schwein du elendiges, jetzt komm her, jetzt kannst du mir die Fresse polieren!“

Und noch einmal dachte er weder an die Ethik noch an eine moralische Handlung, nein er war sich dessen bewusst, seinen Regenschirm als Schlagwaffe einsetzen zu können. Den Schirm in der Rechten ging er wild entschlossen auf mich los, doch es half ihm nicht wirklich, er ging wenig später nach schweren Kopftreffern Knockout. Und ich ließ, da ich sah wie schwer er nach etlichen Treffern zugerichtet und gezeichnet war, von ihm ab und schleuderte ihm die hier nachfolgenden Worte an den Kopf, so jetzt hast Du was dir gebührt, jetzt kannst Du das Geld behalten du Schwein, es ist mir eine Genugtuung dich Großmaul und Betrüger auf diese Weise besiegt zu haben. Noch rührte er sich minimal und jammerte fürchterlich, doch irgendwann, als ich den Schauplatz längst verlassen hatte, fiel er ins Koma und da lag er noch Wochen danach, dann allerdings, nachdem man ihn gefunden hatte, in der Geislinger Klinik.

Diese Story wollte nie einer hören, wahrscheinlich bastelte sich jeder seine eigene Hypothese dazu, was selbstverständlich auch als moralisch höchst schlecht einzustufen ist. Da hieß es permanent nur, wie kann man einen Menschen so grausam zurichten, doch die Vorgeschichte fand bei niemandem ein Interesse. Und dass dies mich teuer zu stehen kam ist wohl jedem klar, zum einen Jamschieds Verdienstausfall, denn die GMV, also der Arbeitgeber des Schlawiners, weigerte sich natürlich die Lohnfortzahlung zu leisten, dazuhin fielen noch die Krankenhauskosten, die Chirurgie Kosten und natürlich auch das Schmerzensgeld hart ins Kontor. Und dabei hatte ich noch sehr viel Glück, denn die Tat fand sechs bis sieben Wochen vor meinem achtzehnten Geburtstag statt. Es war „nur“ das „Jugendschöffengericht“ zuständig.

An diesem Abend, nach dem Betrogen-Werden und nach der als fürchterlich empfundenen Schmach des amoralischen Verhöhnt-Werdens lag mir nicht viel daran das Gesetz und die Ethik zu achten. Auch wenn ich ansonsten und eigentlich immer die moralischen Grenzen achte und auch meistenteils einhalte, an diesem Abend oder besser gesagt in den frühen Morgenstunden der lauen Dezembernacht, nachdem die Ethik zuvor von meinem Widersacher bildlich mit Füßen getreten wurde, war mir jeglicher Paragraph unseres Gesetzes und selbst auch die Menschenrechtskonvention scheißegal, es war ein Ausnahmezustand eingetreten und erst als diese Schweinebacke jammernd vor mir lag, erst dann war ich zufriedengestellt. Selbst heute bereue ich nicht was ich in jener Nacht angestellt habe, heute nach mehr als 53 Jahren, dieses verabscheuungswürdige Ekel hatte es nicht anders verdient.

Sicherlich habe ich viele Jahre benötigt um die gesamte Schuldenlast abzubezahlen und hier, in dieser Zeit von der ich in diesem Buch berichte, also am Anfang des Buches, war die Schuld noch immer nicht beglichen. Zumindest hier am Anfang des Buches waren die Schulden nicht vollkommen getilgt. Wir befinden uns hier im Jahre 74 und die Tat geschah im Dezember 65. Neun lange Jahre sind seither vergangen, Jahre in denen ich auf ein eigenes Fahrzeug lange, lange Zeit verzichtet habe und auf so manches mehr.

Lasst mich zurückfinden zu der Firmung anno vierundsiebzig, da Abreona, die Tochter Mias, zur Firmung ging. Mit dem jüngsten Bruder von Alvaro, Alvaro ist der Mann von Mia und der Vater von Abreona, habe ich mich sehr gut verstanden, schon bei einem früheren Fest hatten wir uns angefreundet. Arg viel mehr aber weiß ich nicht mehr zu berichten, nur dass Alfrun ein bisschen verschnupft war, da sie ausgerechnet vom jüngsten Bruder eine Ethik-Lektion erteilt bekommen hatte, es war und blieb dies aber tatsächlich das einzige Mal. Weshalb ich nun endlich wieder weiter nach vorne schauen möchte, was noch alles ist erwähnenswert aus dem Jahr vierundsiebzig?

In der Firma beispielsweise tat sich so Einiges, es wurde am Stuhl meines besten Freundes gesägt. Dieter Berger hieß mein bester Freund in jenen Tagen, ich habe in meinen letzten Büchern schon einige Male von ihm und ebenso von unserer unzertrennlichen Freundschaft berichtet. Ich konnte es nicht verhindern, Dieter, der zunächst den Posten des degradierten und abgesetzten Meisters Salvator zugesprochen bekam, wurde auf ganz fiese Weise abgesägt. Dies geschah letztendlich aber erst in der zweiten Jahreshälfte, besser gesagt im letzten Drittel des Jahres, aber die Anfänge waren bereits eingeleitet, doch wir beide nahmen die Dinge noch nicht ernst genug. Ich werde später noch einmal auf dieses Thema zu sprechen kommen, also alles der Reihe nach.

Dieter war es natürlich auch, der als erster in meinem neuen Auto mitfahren durfte, insofern ich die Verwandtschaft ausklammere. Das freilich war schon am Beginn des letzten Jahres, daran aber hat sich nichts geändert. Wir hielten fest an unserem Schwur, den wir vor längerer Zeit feierlich ablegten, der da wie folgt hieß: wir werden unsere Freundschaft für alle Zeiten bewahren, für ewiglich soll unsere Freundschaft sozusagen bestehen und es soll dies ein Treueschwur sein. Da ich nun, seit etwa Oktober 72 nicht mehr Fußball spielte und überdies seit dem 1. Dezember 72 ein Eislinger Bürger bin oder war, hatten wir noch ein bisschen mehr Zeit, um die Freundschaft zu pflegen. Er war es auch der mich dazu überredete, jenes in der neuen Wohnung sich befindende Telefon der Familie Sternkopf angemeldet und auf meine Person umschreiben zu lassen. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich also offiziell, seit dem 1. Dezember 73 ein eigenes Telefon.

Nun, wir befinden uns hiermit schon im Frühjahr 74. Da es der Arbeit bedingt etwas länger ging als gewohnt, komme ich Dieters Wunsch entgegenkommend wie immer nach und fahre ihn, mit Gila und Magnolia an Bord nach Albershausen, wo er seit seiner Hochzeit im Haus seiner Schwiegereltern wohnt. Er und seine Frau Christa wohnen in der einen Haushälfte, in der anderen wohnt die Herkunftsfamilie seiner Frau mit den Geschwistern seiner Gemahlin. Unterwegs sehen wir an der Einmündung in die neue Umgehungsstraße, quasi am westlichen Ortsausgang von Eislingen, welche es neuerdings möglich macht um Göppingen herumzufahren und um auf diese Weise eine Menge Zeit zu sparen, auf einer Wiese im Kurvenbereich, also beim Linksabbiegen von der bisherigen B 10, eine Campingausstellung. Es ist dies wie ein bedeutungsschweres Signal, wie eine Sturmglocke wirkt der Anblick gleichermaßen auf unser Denken ein, wieder einmal haben wir zeitgleich dieselbe Idee. Wir besprechen dieses Thema, auch bei Dieter zu Hause mit seiner Frau Christa und wir beschließen, am nächsten Tag miteinander diese Ausstellung zu besuchen und eventuell gar eine komplette Campingausrüstung uns zuzulegen.

Wir befinden oder befanden uns in der 20. Kalenderwoche, als wir am Donnerstagabend, also am 16. Mai frohgelaunt die Ausstellung betreten. Wir waren uns nahezu sicher, sowohl Dieter als auch ich, hier und heute eine vollständige Campingausrüstung uns zu erwerben, also mitsamt den dazugehörenden Luftmatratzen, mitsamt den Schlafsäcken, einen kleinen Campingtisch und in unserem Fall drei Stühle und all den notwendigen Küchengeräten sowie einer mit Gas betriebenen Leuchte, ein ebenfalls mit Gas betriebenes Kochgerät und eine hervorragende Taschenlampe und sollte ich an dieser Stelle was vergessen haben, so gewiss nicht an jenem 16. Mai 74. Die kleine Magnolia konnte sich noch gar nicht recht vorstellen, was präzise hier eingekauft wird, aber sie schien es zu ahnen, denn sie hatte mächtig Spaß bei den Vorführungen des Verkäufers. Wir ließen uns zunächst mal zeigen wie ein solches Hauszelt von innen aussieht und wie es aufgebaut wird und kamen einige Zeit später zum Vertragsabschluss, der Kauf war somit perfekt. Am liebsten hätten wir das Zelt noch am selben Abend aufgestellt, doch dazu war Gila nicht zu bewegen. Im Gegenteil, sie war erwartungsgemäß diejenige, die für einen solchen Kauf zuerst einmal überzeugt werden musste. Aber auch hierin hatte der Verkäufer Geschick. Es war nicht das erste Mal, dass er jemanden zum Kauf anregt und er war auch dazu in der Lage, um exakt solche, der Penibilität wegen sehr wankelmütige und unschlüssige Besucher zum Kauf eines Zeltes zu motivieren. Selbst oder besonders auch solche Personen, insbesondere Frauen, denen die akribische Sauberkeit und die penible Ordnungsliebe ins Gesicht geschrieben stehen, insbesondere solch pedantisch sorgfältige Personen hat er schon mehrmals überredet. Ein paar Fotos belegten seine Argumente nachdrücklich, selbst an einem Sandstrand kommt kein Krümelchen Sand in die Schlafkammer, insofern man sich an die selbst erstellten Gebote hält. Es wird grundsätzlich immer so sauber in Ihrem Zelt sein, wie Sie selbst darauf Acht geben. Immer Sie selbst geben die Richtung vor und Sie werden mordsmäßig Spaß an ihrem Urlaub haben, wenn sie Tag für Tag sehen, wie leicht so ein Zelt sauber zu halten ist. Bei keiner anderen Urlaubsmethode sind Sie so sehr naturverbunden, der Tag fängt an und bereits beim Aufstehen und mehr noch beim Frühstück befinden Sie sich mitten in der Natur. Und es gibt nochmal ein wunderschönes Attribut um zu Campen, denn all Eure Nachbarn auf dem Zeltplatz sind Gleichgesinnte. Sie werden, gleich wo Sie das Zelt auch aufstellen werden, Nachbarn haben die zum Teil schon jahrzehntelang auf die gleiche Art ihre schönsten Tage des Jahres verbringen, oftmals gar am selben Ort und manchmal sogar immer wiederkehrend auf demselben Stellplatz. Und die meisten von ihnen werden, so Sie es wollen, Sie einladen und dort können Sie sich dann ebenfalls davon überzeugen, wie reinlich es in den meisten Zelten und Wohnwagen zugeht und ausschaut. Sie werden es auf jeden Fall nicht bereuen, dass Sie sich eine Campingausrüstung angeschafft haben.

Ja liebe Leserin und lieber Leser, der Kauf war perfekt und ich freute mich augenblicklich auf den Sommerurlaub. Zum ersten Mal, seit Gila und ich ein Paar sind, werden wir für vierzehn Tage ans Meer fahren. Wohin das wusste ich noch nicht so genau, entweder nach Jugoslawien, wie der Vielvölkerstaat damals noch hieß, oder nach Italien, irgendwo an der Adria werden wir in der Sonne liegen und uns im Wasser erfrischen. Jedoch ich musste soweit noch gar nicht denken, denn noch am Ort des Kaufes, also am 16. Mai haben wir beschlossen, bereits zwei Tag später das Campen auszuprobieren.

Warum ich das Datum noch so präzise hier präsentieren kann, wird sich die eine oder andere Leserin und so mancher Leser fragen und ob dies nach so vielen Jahrzehnten überhaupt noch möglich sei, doch ich kann Euch alle beruhigen, denn es ist relativ leicht über dieses Datum Bericht zu erstatten, sie werden es selbst merken, insofern sie weiterlesen, wie genau ich das meine. Es war wie gesagt bereits zwei Tag später, am Samstag, den 18. Mai, als wir uns wie vereinbart in der Edelsteinstraße zu Albershausen trafen, also bei Christa und Dieter zu Hause. Von hier aus fuhren wir hinaus auf jene bestimmte Wiese, da wir, ebenfalls wie vereinbart unsere Zelte aufbauten und auch eine Nacht darin zu schlafen beabsichtigten. Die hier erwähnte Wiese befand sich vom Ortsausgang Albershausens in Richtung Schlierbach zunächst fahrend, dabei ging es auf eine Anhöhe, dann rechts ab bis zum Waldrand. Die Wiese gehörte einem Bekannten oder Verwandten von Christa und Dieter. Beim Aufbau unterstützten wir uns gegenseitig und wesentlich besser als befürchtet gelang uns dies. Es wurde das Übernachten zu einem wunderschönen Erlebnis, ewig und drei Tage werde ich noch daran zurückdenken können, ja es wurde zu einem unvergesslichen Intermezzo. Ein Experiment das überwältigend auf uns einwirkte, ach wie schön ist doch die Welt, wenn man sie so naturverbunden erleben darf. Wir saßen den ganzen Abend beisammen und bald schon kam auch Christas Bruder Otmar mit seinem Auto angefahren und ich konnte es kaum glauben, er hatte ein Fernsehgerät im Kofferraum. Nun diese Tatsache gefiel mir anfangs überhaupt nicht, das TV-Gerät stört doch nur, es hat weiß Gott nichts mit der schönen Natur zu tun. Aber, es ist nun mal so, jeder Mensch ist ein freier Mensch und wenn Dieter Gefallen dran hat und Otmar seine Kreise ziehen lässt, so meine freiheitsliebenden Gedanken, dann werde auch ich keinen Einwand und keinen Protest erheben. Bald schon stand das Gerät auf Dieters Campingtisch und angeschlossen war es am Zigarettenanzünder von Otmars Auto. Ich wollte ursprünglich nicht hinsehen, nein ein Fernsehgerät hier in der freien, formidablen Natur, so wundervoll am Waldesrande gelegen, nein da passt gewiss kein Fernseher hinzu. Doch dann, kurze Zeit später schon, hörte ich die Melodie jenes Liedes erklingen, mit dem das Sportstudio des Zweiten Deutschen Fernsehprogramms jeden Samstag eingeläutet wurde. Jetzt freilich warf ich den einen oder anderen Blick auf das Gerät und als dann der Gast des Abends vorgestellt wurde, da wurde ich wie auf einen Schlag hellhörig. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass mich an diesem Abend noch irgendeine Sportsendung elektrisieren könnte, obschon am Nachmittag der letzte Spieltag der Bundesliga stattfand. Eine überdurchschnittliche Spannung war nicht mehr zu erwarten, denn der FC Bayern München stand zuvor schon als Meister fest. Mein 1. FC Kaiserslautern hatte den siebten Platz sicher, durch den 4:0 Sieg über Schalke 04 überholten sie sogar noch die Knappen aus Gelsenkirchen und wurden damit sechster in der Abschlusstabelle. Den Borussen aus Mönchengladbach gelang noch ein 5:0 Kantersieg über die Bayern, doch die standen zuvor schon als Meister fest, immerhin jedoch lagen die Mönchengladbacher dann in der Abschlusstabelle nur noch einen winzigen Punkt hinter den Bayern. Hannover und Fortuna Köln mussten den Weg in die zweite Liga antreten. Wuppertal rettete sich durch ein 2:2 in Stuttgart quasi in letzter Sekunde. Sie hatten am Ende das bessere Torverhältnis gegenüber den Kölner Fortunen.

Nun aber zu dem Gast des Abends, es war dies der inzwischen legendär gewordene Günter Netzer, welcher mittlerweile, ein Jahr schon, bei Real Madrid spielte. Er war etwas umstritten, war noch nicht sicher im Aufgebot von Helmut Schön für die Weltmeisterschaft, die noch im selben Jahr in Deutschland, also zu Hause ausgetragen wird, aus Sicht vom 18. Mai 74. Und später bereute ich es nicht, nein niemals werde ich es bereuen, dass ich doch in das TV-Gerät hineingeschaut habe. Zum ersten Mal überhaupt gelang es einem Gast des Sportstudios fünf Mal in die Löcher der Torwand zu treffen. Gleich die ersten fünf Schüsse waren Treffer, er hatte also vor seinem allerletzten Schuss noch die Möglichkeit sechs Treffer zu erzielen, doch er verpatzte die letzte Gelegenheit. Und doch war es etwas Einmaliges zu jener Zeit, nie zuvor war ein Schütze so treffsicher. Im Internet nachzuschauen, an welchem Tag genau Günter Netzer diesen Rekord aufstellte ist gewiss keine Kunst und nun ist es auch meinen Lesern klar, weshalb ich das Datum jenes Tages so akkurat noch imstande bin, um es hier preiszugeben. Das Kaufdatum und auch das Datum da zum ersten Mal unser Zelt aufgebaut wurde, sind aus diesem Grunde leicht nachvollziehbar.