Perry Rhodan 1000: Der Terraner - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 1000: Der Terraner E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Der PERRY RHODAN-Roman "Der Terraner" markiert in der Geschichte der größten Science-Fiction-Serie der Welt einen Einschnitt: Band 1000 war bei seinem Erscheinen im Jahr 1980 nicht nur ein zuvor für unmöglich gehaltenes Jubiläum - der Roman überzeugte auch durch seine kosmische Vision Mit dem Jahr 3588 beginnt für die Milchstraße eine Epoche des Friedens: Gemeinsam arbeiten die Völker der Galaxis daran, die Kosmische Hanse aufzubauen. Perry Rhodans Vision einer geeinten Milchstraße scheint Wirklichkeit zu werden - die Neue Galaktische Zeitrechnung wird zum Symbol für die Aufbruchsstimmung auf Zigtausenden von Planeten. Nicht nur die Menschen wirken daran mit, sondern ebenso zahlreiche andere Intelligenzwesen der Sterneninsel. Die Milchstraße blüht auf: Moderne Raumschiffe verbinden die Völker miteinander, über Jahrhunderte hinweg wachsen die Freundschaften. Doch im Verborgenen lauert die Gefahr. Die negative Superintelligenz Seth-Apophis plant einen Schlag gegen die Superintelligenz ES und die Menschen. Es droht ein Krieg der Geistesmächte, in den mehrere Galaxien verwickelt werden können. Anfangs des fünften Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung spitzt sich die Lage langsam zu ...

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Band 1000

Der Terraner

Die kosmische Bestimmung der Menschheit

von William Voltz

Der PERRY RHODAN-Roman »Der Terraner« markiert in der Geschichte der größten Science-Fiction-Serie der Welt einen Einschnitt: Band 1000 war bei seinem Erscheinen im Jahr 1980 nicht nur ein zuvor für unmöglich gehaltenes Jubiläum – der Roman überzeugte auch durch seine kosmische Vision

Mit dem Jahr 3588 beginnt für die Milchstraße eine Epoche des Friedens: Gemeinsam arbeiten die Völker der Galaxis daran, die Kosmische Hanse aufzubauen. Perry Rhodans Vision einer geeinten Milchstraße scheint Wirklichkeit zu werden – die Neue Galaktische Zeitrechnung wird zum Symbol für die Aufbruchsstimmung auf Zigtausenden von Planeten.

Nicht nur die Menschen wirken daran mit, sondern ebenso zahlreiche andere Intelligenzwesen der Sterneninsel. Die Milchstraße blüht auf: Moderne Raumschiffe verbinden die Völker miteinander, über Jahrhunderte hinweg wachsen die Freundschaften.

Den Perry-Rhodan-Lesern

und allen, die guten Willens sind.

»Junge Menschen lernen zu glauben,

der Mensch sei buchstäblich nicht

mehr als ein Apparat – ohne Macht

oder Einfluss, was seine Bestimmung

angeht. Gegen dieses fatalistische

Dogma, das alles Streben nach Höherem

zerstört, alles Bemühen schwächt,

habe ich, in meinem eigenen kleinen

Bereich, seit ich zu schreiben begann,

nie abgelassen anzukämpfen.«

William McDougall, 1927

(Character and the Conduct of Life)

»Wir müssen der Entfremdung ein Ende

setzen, die der moderne Mensch sich

auferlegt, indem er Subjektivität,

Phantasie und Magie jeden Wert abspricht,

indem er die kosmischen Kräfte der Seele

amputiert, verbannt, zurückweist – ja das

Wort Seele selbst zur Zielscheibe von Spott

und Hohn macht.«

Pierre Emmanuel, 1976

Die Hauptpersonen des Romans

ES – Das Geistwesen gibt seine Geheimnisse preis.

Carfesch – Botschafter eines Kosmokraten.

Berritz, Charruta und Jynker Rook – Drei aus einer unermesslichen Schar von Suchern.

Perry Rhodan – Der Terraner begründet die Kosmische Hanse.

Reginald Bull

Graffiti

Sein Name ist Taou Sun Heng. Vor vier Tagen hat er zum letzten Mal gegessen, eine winzige Portion Reis. Über seinen vorstehenden Wangenknochen spannt die gelbe Haut wie trockenes Pergament. Er ist 37 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern. Seine Familie wurde vor zwei Wochen, als Angehörige einer Armee, über deren Zugehörigkeit Taou Sun Heng nur rätseln kann, sein Dorf überfielen, gefoltert und getötet. Taou Sun Heng ist auf der Flucht. Sein Weg führt quer durch den Dschungel auf eine Grenze zu, hinter der er sich Nahrung und Sicherheit erhofft. Immer wieder stößt er auf niedergebrannte Dörfer und kämpfende Soldaten. Taou Sun Heng hat längst aufgehört, Schmerzen zu empfinden oder verzweifelt zu sein. Dazu ist er zu abgestumpft.

Taou Sun Heng ist ein Terraner.

1.

Der Auftrag

Ambur-Karbush war eine Stätte des Friedens, des Glücks und der geistigen Einheit, und weil dies so war, betrachtete Carfesch es als Auszeichnung, die Reise dorthin unternehmen zu dürfen. Sein Reisegepäck war denkbar klein, es bestand aus einem abgewetzten Ledermantel, einem Paar Ledersandalen, einer Proviantbüchse mit Konzentraten und einem Memoring für jene, die in Ambur-Karbush bauten. Wegen seiner bescheidenen Ausrüstung (und vielleicht auch wegen seines zurückhaltenden Auftretens) hätten unaufmerksame Beobachter Carfesch vielleicht für einen unbedeutenden Abgesandten einer unbedeutenden Macht halten können – dabei war genau das Gegenteil der Fall.

Carfesch war der Beauftragte des Kosmokraten Tiryk, und seine Mission besaß ein derartiges Gewicht, dass ihr Scheitern einer kosmischen Katastrophe gleichgekommen wäre.

Carfesch war humanoid, bei seinem Beruf eher Zufall als die Regel. Er maß fast zwei Meter, wirkte aber schlank, fast zierlich. Seine Schultern standen weit hervor, als hätte man in die Achselstücke des Ledermantels zwei Wattebälle eingenäht. Sein Gesicht war strohfarben, es bestand aus achteckigen schuppenähnlichen Hautplättchen, die sich je nach Temperatur zusammenzogen oder ausdehnten. Anstelle einer Nase besaß er eine Atemöffnung mit einem organischen Filter aus einem gazeähnlichen Gewebe, das bei jedem Atemzug, den der Sorgore tat, ein bisschen knisterte. Die Augen waren zwei strahlende Murmeln von tiefem Blau, sie waren starr, standen aber so weit hervor, dass ihr Besitzer leicht einen Halbkreis seiner Umgebung beobachten konnte, ohne auch nur den Kopf zur Seite zu drehen. Carfeschs Arme endeten in Krallen, die auf den ersten Blick steif und unbeweglich wirkten. Unter den hornartigen Verdickungen der sieben Krallenenden nisteten jedoch winzige Symbionten, die vom absterbenden Horn lebten und als Gegenleistung die Hände Carfeschs derart sensibilisierten, dass er jedes Ding, das er betastete, bis in seine kleinsten Feinheiten erfühlen konnte.

Carfeschs Stimme war melodisch und sanft, ihre einschmeichelnde Freundlichkeit allein stempelte Carfesch zu einem überragenden Diplomaten, obwohl er sich diesen Titel durch seinen Intellekt und seinen Charakter verdient hatte. Erstaunlicherweise entsprang diese Stimme, der man eine fast hypnotische Wirkung nachsagte, einem eher düster zu nennenden Mund ohne Lippen, der wie eine kleine Höhlenöffnung inmitten von Carfeschs breitem Kinn saß.

Nach langen Vorbereitungen war es Tiryk gelungen, seinen Gesandten direkt auf Ambur abzusetzen. Carfesch war sozusagen die zweite »Sendung«, die von jenseits der Materiequellen hier ankam. Die erste hatte aus zwei neutralisierten Zellaktivatoren bestanden, die nun mit Hilfe des Memorings vorjustiert werden sollten.

Ambur war eine Welt, bei der man nicht auf Anhieb feststellen konnte, ob sie natürlichen oder künstlichen Ursprungs war. Carfesch nahm jedoch an, dass es sich um einen Planeten handelte, der aus seinem ursprünglichen System herausgerissen und auf eine lange Reise geschickt worden war. Die junge Superintelligenz, die Karbush baute, war zweifellos in der Lage, einen derartigen Prozess zu steuern. Vor langer Zeit, soviel hatte Carfesch von Tiryk erfahren, war Ambur in zwei Halbkugeln geteilt worden.

Von den Sonnenblumenhügeln aus (da er nicht wusste, wie die Bewohner diese Orte nannten, erfand Carfesch für jedes Gebiet einen Namen entsprechend der dominierenden organischen Spezies) hatte der Gesandte einen guten Ausblick auf Ambur-Karbush.

Die Stadt lag auf einer weiten Hochebene am Ufer eines gewaltigen Stromes, der über den Rand eines Felsplateaus in ein tiefblaues Meer hinabstürzte. Die Gebäude der Stadt schmiegten sich harmonisch aneinander, ihre stählernen Hüllen funkelten im Licht der künstlichen Sonnen hoch oben am Himmel. Zentrum der Stadt war ein großer freier Platz, an dessen Rand ein über eintausend Meter hoher, zerbrechlich wirkender Turm stand.

Es war sicher absurd, so von einer Stadt zu denken, aber als Carfesch auf Ambur-Karbush hinabblickte, erinnerte sie ihn an ein dösendes Lebewesen. Plätze und Straßen waren verlassen, und doch spürte der Diplomat die Allgegenwart intelligenten Lebens.

Seltsam, überlegte Carfesch, ich bin nie auf den Gedanken gekommen, Tiryk danach zu fragen, auf welche Weise sich das Leben dieser geistigen Einheit auf Ambur manifestieren kann.

Er stieg die Sonnenblumenhügel hinab zur grasbewachsenen Hochebene. Ambur-Karbush war längst noch nicht fertig gestellt, das sah Carfesch beim Näherkommen noch deutlicher als unmittelbar nach seiner Ankunft.

Zwischen den ersten Gebäuden, denen der Abgesandte sich näherte, trat plötzlich eine Gestalt hervor. Ihre Bewegungen ließen keinen Zweifel daran, dass sie Carfesch entgegenkam. Der Diplomat war zusammengezuckt und stehen geblieben. Dass der so unvermittelt Aufgetauchte einen Körper besaß, der seinem eigenen glich, hielt Carfesch für einen Akt der Höflichkeit. Es war vielleicht die schwache Stelle bei Carfesch, dass er alles vom Standpunkt des Diplomaten aus betrachtete und zu erklären versuchte.

Als sie sich bis auf zwei Schritte einander genähert hatten, blieb Carfesch abermals stehen, und auch der Fremde hielt inne. Nun sah Carfesch, dass der andere doch erheblich anders war, vor allen Dingen glatter als er selbst. Diese Glätte löste Unruhe in Carfesch aus, denn sie verbreitete den Eindruck von Kühle und Unwirklichkeit.

Dies, durchzuckte ein Gedanke Carfeschs Bewusstsein, ist ein künstliches Ding!

Unwillkürlich drückte er den Memoring fester an sich, denn er hatte nicht die Absicht, ihn einem dahergelaufenen Roboter oder Androiden zu überlassen. Er war auch enttäuscht darüber, von einem derartigen Ableger empfangen zu werden. Als Gesandter der Kosmokraten hatte er sich eine andere Behandlung erhofft.

In der Sprache, die Carfesch eigens für diese Mission erlernt hatte, sagte der Fremde: »Ich stehe zu deiner Verfügung, Bote. Du kannst mir einen Namen geben.«

Carfeschs Unruhe wich schlagartig einer gewissen Belustigung. Er hatte auf Ambur bereits so viele Dinge benamt, dass es ihm in diesem Fall nicht schwer fallen sollte. Doch entweder war da noch eine Spur von Unsicherheit in ihm, oder seine Phantasie ließ ihn vorübergehend im Stich, als er wenig geistreich sagte: »Ich werde dich Begleiter nennen.«

Begleiter ließ nicht erkennen, ob ihm diese Bezeichnung behagte. Er machte eine einladende Geste in Richtung der Stadt und forderte Carfesch auf: »Begleite mich zu ES.«

Warum diese Superintelligenz sich ausgerechnet ES nannte, hatte auch Tiryk nicht zu sagen vermocht. Es hing jedoch vermutlich damit zusammen, dass sie aus unzähligen Bewusstseinsinhalten bestand und sich daher nicht festlegen wollte. ES umschloss in knapper Form noch am ehesten das, was man hinter dieser Existenzform vermuten konnte.

Carfesch brach diese Überlegungen sofort ab. Wenn er auch ein Abgesandter der Kosmokraten war, so hielt er sich doch für unfähig, seine Auftraggeber oder die Superintelligenzen zu begreifen. Carfesch wusste, dass es um das Spiel der Kräfte im Universum ging, um die Stabilisierung und Weiterentwicklung von Mächtigkeitsballungen im Sinn einer kosmischen Ordnung, die von mächtigen Feinden immer wieder gestört wurde.

Ohne profundes Wissen über all diese Dinge nachzudenken, war für ein Wesen wie Carfesch gefährlich, denn es würde nur dazu führen, ihn zu irritieren und von seiner Mission abzulenken.

Begleiter ging voraus und bewegte sich so, wie man es von einer perfekten Maschine erwartete – lautlos und geschmeidig. Im Vergleich zu diesem Wunderwerk war Carfeschs Körper sicher unzulänglich, nur wäre dem Diplomaten niemals eingefallen, einen derartigen Vergleich anzustellen, denn er wusste um die Überlegenheit seiner psychischen Substanz, zu der Begleiter niemand in diesem Universum verhelfen konnte.

Die Stille dieser Stadt lastete schließlich so schwer auf Carfesch, dass er sie mit Hilfe eines Gesprächs zu brechen gedachte.

»Wo halten sich all die Bewohner dieser Gebäude auf?«, erkundigte er sich.

»Sie kommen und gehen«, lautete die wenig informative Antwort. »Außerdem müssen Gebäude nicht immer bewohnt sein.«

»Befinden sich die beiden Zellaktivatoren noch im Besitz von ES?«, brachte Carfesch das Gespräch auf ein anderes Thema.

»ES besitzt viele Instrumente zur Veränderung der Lebenserwartung«, sagte Begleiter. »ES ist in der Lage, sie zu schaffen und an geeignete Wesen zu vergeben.«

»Darum geht es nicht«, versetzte der Gesandte mit einem Anflug von Ärger. »Ich spreche von den beiden besonderen Aktivatoren, die von den Kosmokraten zur Verfügung gestellt wurden.«

»Sie werden gehütet wie ein Schatz«, sagte Begleiter.

»Gut«, sagte Carfesch zufrieden.

Wenig später erreichten sie den freien Platz, und Begleiter steuerte auf eine große Kuppelhalle zu. Carfesch hatte das Gefühl, tief in seinem Innern von etwas berührt zu werden, von einer geistigen Kraft, die mühelos in sein Bewusstsein eindrang und seine Gedanken sondierte. Er stöhnte leise auf. Bevor er diese Halle betreten konnte, wurde er zweifellos einer strengen Prüfung unterzogen. Davon hatte Tiryk ihm nichts gesagt, aber eigentlich war es nur natürlich. Er ahnte, dass er nur vorgelassen wurde, wenn seine Psyche den Vorstellungen von ES entsprechen sollte. Er machte sich jedoch keine Sorgen darüber, denn er hielt sich für ein Wesen von lauterem Charakter.

Deutlich spürte er die Heiterkeit, die diese Gedanken bei jenem hervorriefen, der ihn mental abtastete. Bestürzt fragte er sich, ob er am Ende zu eitel und selbstbewusst dachte.

Sofort gewannen die mentalen Impulse in seinem Innern an Deutlichkeit, wurden zu Worten und ganzen Sätzen.

Ein Abgesandter der Kosmokraten ohne Selbstbewusstsein ist für mich schlecht vorstellbar.

»Ich hoffe nicht«, sagte Carfesch unwillkürlich, »dass du mich zu hoch einschätzt. Ich bin nur ein Bote und gehöre nicht zu den Kosmokraten. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich habe noch nicht einmal einem von ihnen von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden.«

Komm jetzt herein!, wurde er auf telepathischem Weg aufgefordert.

Durch den Eingang erblickte Carfesch eine Reihe von fremdartig geformten Maschinen in rosaroter Lichtflut. Als der Diplomat hinter Begleiter das Kuppelinnere betrat, änderte sich die Szenerie schlagartig. Vom Kuppelzenit schien ein Blitz herabzuzucken. Dämpfe quollen aus dem Boden hervor. Carfesch sah fasziniert zu, wie sie schließlich die Form eines langsam rotierenden, spiralig ineinander fließenden Balles annahmen.

Ein leises Lachen erklang, diesmal wirklich und nicht nur im Bewusstsein des Reisenden. Vergeblich schaute Carfesch sich nach der Quelle der Laute um.

»Willkommen«, sagte eine sanfte Stimme. »Auch für mich ist der Kontakt zu anderen Intelligenzen eine Wohltat, vor allem dann, wenn es sich um positive Arten handelt.«

»Ich bedanke mich für diese Einschätzung«, erwiderte Carfesch, ganz gegen seine sonstige gewandte Art ein bisschen unbeholfen. Aber unter diesem fühlbaren mentalen Druck einer unvorstellbaren Wesenheit gewann er einfach nicht seine gewohnte Selbstsicherheit zurück.

Carfesch kramte in den Taschen seines Ledermantels, wo er den Memoring verborgen hatte.

»Ich komme wegen der beiden neutralen Zellaktivatoren«, sagte er, während er den Memoring hervorzog. Es war ein mit Quecksilberkristallen gefülltes Gebilde von zwanzig Zentimeter Durchmesser und drei Zentimeter Dicke. Mit seinen sensibilisierten Krallen spürte Carfesch es im Innern des Ringes pulsieren. Dort waren die Justierungsdaten für die beiden besonderen Zellaktivatoren aufbewahrt.

»Sie sollen also eingesetzt werden?«, erkundigte sich ES, dessen Heiterkeit rasch abklang.

»Ich habe den Auftrag für dich«, verkündete Carfesch förmlich. Es bedurfte seiner ganzen Willenskraft, hier zu stehen und frei zu sprechen – zu einem Wesen, das ihm in jeder Beziehung überlegen war. Warum eigentlich, so fragte er sich spontan, übernahmen die Kosmokraten derartig schwierige Aufgaben nicht selbst?

»Die Kosmokraten sind aus dir bekannten Gründen an der Erhaltung und Stabilisierung deiner Mächtigkeitsballung interessiert«, sprach Carfesch aus, was Tiryk ihm aufgetragen hatte. »Allein wirst du dieses Ziel aber trotz aller Fähigkeiten kaum erreichen können. Du brauchst Wesen, die aus den Völkern deiner Mächtigkeitsballung kommen und die Fähigkeit besitzen, dir zu helfen.«

Ein spöttisches Lachen war die Reaktion auf diese Worte.

»Wie sollten mir Wesen helfen können, die auf einer viel niedrigeren Entwicklungsstufe stehen als ich? Gewiss, ich weiß, dass ich die Völker des von mir behüteten Sektors beaufsichtigen und lenken kann – und dies ganz in meinem Sinne. Aber Individuen?«

Bei allen Planeten, dachte Carfesch niedergeschlagen, wie kann ich ihm etwas erklären, was ich selbst nicht verstehe?

»Auch die Kosmokraten bedienen sich ab und zu einzelner Wesen, die berufen sind, große Leistungen zu vollbringen. Diese Mitarbeiter sind im Wächterorden der Ritter der Tiefe vereint. Die beiden Wesen, für die die besonderen Zellaktivatoren gedacht sind, besitzen ungewöhnliche Fähigkeiten, ihr Status wird dem eines Ritters der Tiefe entsprechen.«

»Man könnte meinen, du wüsstest nicht einmal, wie diese beiden Wesen heißen und wo sie zu finden sind!«, rief ES aus.

»Genauso ist es«, bestätigte Carfesch. »Sobald die beiden Zellaktivatoren, die dir von den Kosmokraten zur Verfügung gestellt wurden, mit Hilfe des Memorings aktiviert und vorjustiert worden sind, können sie nur noch von den dafür bestimmten Personen getragen werden. Auf diese Weise unterscheiden sie sich erheblich von den Apparaten, mit denen du ab und zu relative Unsterblichkeit verleihst.«

Eine Zeitlang herrschte Stille. Unbehaglich blickte Carfesch zu Begleiter hinüber, der jedoch wie erstarrt dastand und sich nicht an dem Gespräch beteiligt hatte.

»Auch für eine Superintelligenz ist es so gut wie unmöglich, die passenden Wesen für die beiden Aktivatoren zu finden«, sagte ES nach einer Weile, und Carfesch konnte die unterschwellige Kritik an den Maßnahmen der Kosmokraten kaum überhören.

»Es wird aber unerlässlich sein, sie zu finden«, beharrte Carfesch auf einem Standpunkt, den zu verstehen er nicht in der Lage war.

Ein Wesen, das ein fast genaues Ebenbild von Begleiter war, kam durch eine bisher unsichtbar gebliebene Seitentür in die Kuppelhalle. Auf einem tablettförmigen schimmernden Energiefeld trug es zwei oval geformte Gegenstände von Eigröße herein. Auch ohne sie je gesehen zu haben, begriff Carfesch, dass es sich um die Aktivatoren handelte.

»Es ist müßig, mit dir darüber zu streiten, ob ich Erfolg haben könnte oder nicht«, meinte ES etwas versöhnlicher. »Ich weiß, dass du nur ein Bote bist, der für das, was er übermittelt, keine Verantwortung trägt.«

Begleiters Doppelgänger machte vor Carfesch halt. Die Augen im glatten Gesicht des Roboters oder Androiden waren auf den Diplomaten gerichtet, aber sie wirkten seelenlos.

Von einer inneren Eingebung getrieben, legte Carfesch den Memoring auf die beiden Aktivatoren. Dabei berührte er mit seinen Krallenenden die beiden Apparate, und die Symbionten unter den hornigen Verdickungen ließen ihn eine unglaubliche Kraft spüren, die durch seine Arme in seinen Körper strömte. Einen Augenblick gab er sich ganz diesem wunderbaren Gefühl hin und erfasste wie einen Hauch, was es hieß, ein Unsterblicher zu sein.

Da zog der Androide das Kraftfeld mit den Aktivatoren und dem darauf abgelegten Memoring zurück, drehte sich um und ging davon.

»Ich hoffe«, murmelte Carfesch benommen, »dass ich richtig gehandelt habe.«

»Ja«, bestätigte ES.

Carfesch senkte den Kopf. Der Blick in den ineinander fließenden, pulsierenden Ball tat seinen Augen weh.

»Ich werde Ambur nicht wieder verlassen können«, sagte er wehmütig.

»Ja, deine Reise ist hier zu Ende«, bestätigte ES. »Ich werde dich in mir aufnehmen, wie es mit den Kosmokraten ausgemacht ist. Sicher empfindest du das als Nachteil, aber nun hast du wenigstens Gelegenheit, herauszufinden, wie die Suche ausgeht.«

Wie viele Ewigkeiten würden vergehen, bevor ES auch nur eines der beiden Wesen finden konnte, für die die Aktivatoren bestimmt waren?, fragte sich der Abgesandte.

Vielleicht waren diese Wesen nur eine Fiktion, ein absurder Traum der Kosmokraten in ihrem offenbar verzweifelten Kampf um Dinge, von denen Carfesch zum größten Teil nicht einmal etwas ahnte.

Jemand berührte den Diplomaten am Arm. Es war Begleiter.

»Komm«, sagte er. »Ich bringe dich in deine Unterkunft, Bote.«

Was hatte Begleiter von den Bewohnern dieser Stadt gesagt?, versuchte Carfesch sich zu erinnern.

Sie kommen und gehen!

Ich bin einer von der ersten Sorte, sagte sich Carfesch. Vorläufig zumindest.

Graffiti