Perry Rhodan 110: Auf den Spuren der Antis - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 110: Auf den Spuren der Antis E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Die Saat des Verderbens trägt Früchte - Millionen Menschen sind rettungslos verloren... Die Nachforschungen im Fall "Liquitiv" werden fieberhaft vorangetrieben. Was zuerst nur die wenigen Agenten der Abteilung III beschäftigte, hält inzwischen alle Kommandostellen des Solaren Imperiums in Atem, denn die Situation auf Terra, den irdischen Kolonialplaneten und den Arkon-Welten ist nahezu verzweifelt geworden! Jahrelang hatte man die nötigen Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen, nachdem namhafte Forscher zu der Ansicht gelangt waren, das Liquitiv, ein neuer Likör, wäre vorzüglich dazu geeignet, den natürlichen Alterungsprozeß des menschlichen Organismus aufzuschieben und denjenigen, die das Liquitiv genossen, neue Spannkraft zu verleihen. Der verhängnisvolle Irrtum ist längst erkannt - und daher bleiben die verantwortlichen Männer des Solaren Imperiums auch zäh und verbissen AUF DEN SPUREN DER ANTIS...

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Nr. 110

Auf den Spuren der Antis

Die Saat des Verderbens trägt Früchte – Millionen Menschen sind rettungslos verloren ...

von WILLIAM VOLTZ

Die Nachforschungen im Fall »Liquitiv« werden fieberhaft vorangetrieben. Was zuerst nur die wenigen Agenten der Abteilung III beschäftigte, hält inzwischen alle Kommandostellen des Solaren Imperiums in Atem, denn die Situation auf Terra, den irdischen Kolonialplaneten und den Arkon-Welten ist nahezu verzweifelt geworden!

Jahrelang hatte man die nötigen Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen, nachdem namhafte Forscher zu der Ansicht gelangt waren, das Liquitiv, ein neuer Likör, wäre vorzüglich dazu geeignet, den natürlichen Alterungsprozess des menschlichen Organismus aufzuschieben und denjenigen, die das Liquitiv genossen, neue Spannkraft zu verleihen.

Die Hauptpersonen des Romans

Henry Mulvaney – Ein Verzweifelter.

Perry Rhodan – Erster Administrator des Solaren Imperiums.

Reginald Bull – Perry Rhodans bester Freund.

John Clayton – Ein Polizist.

Sergeant John Emery – Ein tapferer Soldat.

Thomas Cardif

1.

Mulvaneys Plan war aus tiefer Verzweiflung heraus entstanden. Vom gesetzlichen Standpunkt aus war dieser Plan verwerflich, denn er schloss die Möglichkeit ein, dass Mulvaney den alten Lansing ermorden würde. In normaler Verfassung hätte Mulvaney nie daran gedacht, einen anderen Menschen umzubringen. Sein Zustand war jedoch in ein Stadium eingetreten, der eine vernünftige Überlegung fast unmöglich machte: er war auf dem besten Wege, dem Wahnsinn zu verfallen.

Der Grund für Mulvaneys Absichten war nicht etwa der alte Lansing selbst – niemand hatte einen Grund, den Alten zu hassen. Das Ziel Mulvaneys waren einige kleine Plastikflaschen, die er im Besitz seines Opfers vermutete. Es war jedoch nicht anzunehmen, dass Lansing seine Flaschen freiwillig hergeben würde. Nachdem die Regierung den Vertrieb des Likörs verboten hatte, wurden die Restbestände ängstlich von den verschiedenen Besitzern gehortet. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die letzte Flasche Liquitiv von den Süchtigen verbraucht sein würde.

Doch daran dachte Henry Mulvaney nicht. Er dachte auch nicht daran, dass es über 50 Millionen Terraner gab, die süchtig waren und alles versuchten, sich in den Besitz des Likörs zu setzen.

Mulvaney umklammerte mit zitternden Händen den Sockel neben der Tür von Lansings Haus. Es war nach Mitternacht. Die Straße lag einsam und verlassen. Albert Lansing war ein alter Sonderling. Sein Körper war von den Hüften bis zu den Füßen gelähmt. Tagsüber hatte der Kranke einen Dienstroboter um sich, der jedoch in der Nacht das Haus verlassen musste. Der Roboter war das einzige Zugeständnis, das Lansing an den technischen Fortschritt machte. Sein Rollstuhl war ein altertümliches Modell, mit großen Rädern an beiden Seiten. Die Geschicklichkeit, mit der Lansing sein Krankenfahrzeug bewegte, konnte von automatischen Produkten gleicher Art kaum übertroffen werden.

Mulvaney zog sich an dem Sockel hinauf. Der Stein fühlte sich rau und kühl an. Das Gebäude lag still vor ihm. Mulvaney wendete seinen Kopf, und das Licht der Neonlampen über der Straße fiel in seine aufglänzenden Augen. Sein Gesicht wirkte seltsam verkrampft.

Für einen Moment blieb Mulvaney auf dem Sockel, dann sprang er in den Hof. Die weiche Erde verhinderte jedes Geräusch. Der Mann richtete sich auf. Er schlich weiter, ohne darauf zu achten, dass er Blumen und Sträucher zertrampelte. Seine Schritte knirschten auf dem mit gefärbtem Sand bestreuten Weg. Er zog den Magnetschlüssel aus seiner Tasche. Der Schatten des Hauses nahm ihn auf, löschte ihn aus dem Sichtbereich der Straße und gab ihm Sicherheit und Ruhe. Eine Katze lief mit steil aufgerichtetem Schwanz durch den Vorgarten. Ihre Augen funkelten, als sie Mulvaney kurz anblickte. Gleich darauf verschwand ihr geschmeidiger Körper zwischen den Blumen. Mulvaney knurrte leise, ohne sich dessen bewusst zu sein. Seine Gedanken waren ausgefüllt von dem Verlangen nach Liquitiv. Je näher er sich dem Ersehnten wähnte, desto größer wurde seine Gier. Bisher hatte er regelmäßig jeden dritten Tag eine Flasche getrunken. Die versprochene Wirkung – jugendliche Spannkraft und die Aufhebung des Alterungsprozesses – war eingetreten. Für Mulvaney war es unbegreiflich, wie die Regierung den Genuss eines solchen Mittels verbieten konnte. Er wusste nichts von den menschlichen Wracks, die man von Lepso zur Erde geschafft hatte, vergeblich um ihre Rettung kämpfend. Er ahnte nicht, dass er, selbst wenn er den Likör weiterhin trinken konnte, nach zwölf Jahren und vier Monaten – vom Tag des ersten Genusses an gerechnet – zerfallen und sterben würde.

Mulvaney erreichte die Haustür. Er blieb stehen und lauschte. Vorsichtig legte er sein Ohr an die Tür. Im Innern war es ruhig. Das Haus besaß ein oberes Stockwerk. Lansing hatte neben der Treppe einen Aufzug einbauen lassen, der ihn bei Bedarf nach oben oder unten trug. Mulvaney kannte sich in den Räumen gut aus, denn er war öfters bei Lansing erschienen, um mit dem Alten Schach zu spielen. Daher wusste er davon, dass der Gelähmte regelmäßig Liquitiv zu sich nahm. Lansing hatte Mulvaney gestanden, dass er sich davon eine Besserung oder Heilung seiner Krankheit erhoffte. Es war jedoch keine Gesundung eingetreten. Lansing war aufgeblüht, seine faltige Gesichtshaut hatte sich gestrafft, und er war seinen wenigen Bekannten irgendwie energischer erschienen. Die Lähmung aber war geblieben.

Mulvaney nahm den Magnetschlüssel und schob ihn in das Schloss. Die Sicherung rastete sofort aus ihrer Halterung. Unter dem sanften Druck von Mulvaneys Händen schwang die Tür auf.

Der Raum erschien dem heimlichen Besucher als schwarzes Loch, dessen Dunkelheit nicht durchdrungen werden konnte. Ohne zu zögern trat der Mann ein. Er verriegelte die Tür hinter sich. Er hielt den Atem an und versuchte etwas zu hören, was auf den jetzigen Standort Lansings schließen ließ. Es war still.

Mulvaney machte einen Schritt nach vorn. Seine brennende Sucht hatte sich noch gesteigert.

Er musste Liquitiv bekommen! War da nicht das Rollen des näherkommenden Krankenstuhles? Mulvaney huschte zur Seite. Aber nichts näherte sich aus der Finsternis des Raumes. Die Finger des Einbrechers berührten die Wand. Weiter vom stießen sie auf Widerstand: die Garderobe. Mulvaney spürte zarten Stoff – den Hausmantel des Dienstroboters. Das war auch einer von Lansings skurrilen Einfällen, dass er seinen Roboter einen Umhang anziehen ließ. Mulvaney war jetzt nicht in der Stimmung, um sich darüber zu amüsieren. Er tastete sich weiter, bis die Wand unterbrochen wurde.

Das war der Eingang zur Küche. Im Innern des Hauses gab es keine Türen, da sie das Vorwärtskommen für Lansing erschwert hätten. Die einzelnen Eingänge waren mit geteilten Vorhängen geschlossen.

Mulvaney schob den schweren Stoff zur Seite und betrat die Küche. Ein eigenartiger Geruch lagerte in der Luft, als hätte jemand eine übermäßige Menge Reinigungsmittel über den Boden gegossen. Mulvaney stieß gegen den Tisch, der eine nierenförmige Vertiefung enthielt, in die Lansing immer mit seinem Rollstuhl hineinglitt, wenn er zum Essen kam.

Wo hielt der Alte den Likör versteckt?

Mulvaney überlegte. Er konnte nicht einfach mit einer planlosen Suche beginnen. Dazu hätte er Stunden benötigt. Außerdem wäre diese Arbeit nicht ohne Lärm auszuführen gewesen. Es galt also, erst einmal Lansing zu finden.

Mulvaney glitt um den Tisch herum und stolperte dabei über einen Stuhl. Das war ein ungewöhnlicher Gegenstand in Lansings Wohnung. Glücklicherweise waren die Stuhlbeine mit einer nachgiebigen Masse überzogen, so dass es kein lautes Geräusch gab. Mulvaney war jetzt davon überzeugt, dass die Küche leer war. Lansing hielt sich hier nicht auf. Plötzlich dachte Mulvaney an die Möglichkeit, dass Lansing sein Eindringen bereits bemerkt haben könnte und irgendwo mit einer Waffe auf ihn lauerte. Die fixe Idee, dass der Alte eine Waffe besaß, ließ Mulvaney erschauern. Eine Zeitlang war er unfähig, überhaupt etwas zu tun. Zitternd stand er da. Doch dann meldete sich sein Körper wieder und forderte sein Quantum an Liquitiv. Dieses bohrende Gefühl war schlimmer als jede Furcht.

Er verließ die Küche. Im Erdgeschoss befanden sich noch zwei weitere Zimmer, eine Bibliothek und ein so genannter Arbeitsraum. Natürlich arbeitete Lansing niemals, wenn er sich auch oft in diesem Zimmer aufhielt. Er bezog eine monatliche Rente und außerdem eine freiwillige Unterstützung von Verwandten in Europa. Für einen Fremden bot Lansings ›Arbeitsraum‹ einen eigenartigen Anblick. Vom Eingang führten zwei Metallstreben zum Fenster hin. Sie bildeten eine Art Gang und waren gerade weit genug voneinander entfernt, um den Rollstuhl durchlassen zu können. Ein einziges Mal hatte Mulvaney gesehen, was es mit diesem Zimmer auf sich hatte. Es bedeutete für den Gelähmten praktisch die einzige Möglichkeit, sein Gefährt ohne fremde Hilfe zu verlassen. Er fuhr bis an die Streben heran, hängte beide Arme über sie und hangelte sich auf diese Weise bis zum Fenster, von wo aus er stundenlang auf die Straße starrte. Als ihn Mulvaney einmal in dieser Stellung entdeckt hatte, war Lansing den ganzen Abend über zornig gewesen und hatte nur unkonzentriert gespielt.

»Warum lachen Sie nicht über mich?«, hatte Lansing ausgerufen, als Mulvaney den Vorhang zur Seite geschoben und verwirrt in den Raum geblickt hatte. »Sie sollten wenigstens über mich lachen.«

Dieses Erlebnis hatte Mulvaney mehrere Wochen lang beschäftigt, und er war Lansing ausgewichen, bis dieser ihn angerufen und zu weiteren Spielen eingeladen hatte.

Als Mulvaney jetzt durch die Dunkelheit auf das ›Arbeitszimmer‹ zutappte, fielen ihm die Worte des Kranken wieder ein. Unbewusst ergriff ihn eine leichte Scheu, den Vorhang zu teilen und den Raum zu betreten.

Nachdem er sich überwunden hatte, stellte er fest, dass Lansing auch hier nicht war. In der Bibliothek hielt er sich ebenfalls nicht auf. Das bedeutete, dass er nur im Obergeschoss sein konnte. Mit gemischten Gefühlen schlich Mulvaney zur Treppe.

Er fiel über ein abgebrochenes Rad des Rollstuhles. Er schlug mit dem Gesicht gegen den Boden, und seine wild rudernden Hände bekamen weitere Teile des Krankenfahrzeuges zu fassen. Lansings Rollstuhl lag zerstört am Rande der Treppe. Stöhnend kroch Mulvaney aus dem Gewirr von Metallteilen heraus.

Der Lärm hätte Lansing, wenn er sich irgendwo befunden hätte, bestimmt angelockt. Aber außer den Geräuschen, die Mulvaney selbst verursachte, war es vollkommen still im Haus. In fliegender Eile erhob sich der Einbrecher. Jetzt war ihm alles gleichgültig. Die Sucht nach dem vermeintlichen Verjüngungsmittel war Herr über ihn geworden. Er taumelte in die Richtung, wo er den Lichtschalter vermutete. Ein eisiger Schreck fuhr durch seine Glieder, als er daran dachte, dass ihm ein anderer zuvorgekommen sein könnte. Vielleicht waren Lansings Vorräte bereits gestohlen worden.

Mit einem Fluch schaltete er die Beleuchtung ein.

Der Rollstuhl war die Treppe herabgestürzt, das konnte er jetzt sehen. Er war vollkommen zerstört.

Einige Stufen weiter oben lag Albert Lansing.

Er war tot.

Dort hing er, schräg gegen das Geländer gelehnt, mit weit aufgerissenen Augen und wächsernem Gesicht. Mulvaney erstarrte. Er begann zu schluchzen. Instinktiv spürte er, dass er hier kein Liquitiv finden würde.

Langsam ging er auf Lansing zu. Der alte Mann hatte einen Zettel in seiner rechten Hand. Mulvaney nahm ihn an sich und las die wenigen Sätze, die mit zittrigen Buchstaben dort geschrieben standen:

Mein Vorrat an Liquitiv ging heute zu Ende. Ich habe nicht mehr die Kraft, ohne den Likör zu leben. Gott möge mir verzeihen.

Mulvaney ließ das Papier fallen.

Lansing hatte Selbstmord begangen. Es gab überhaupt keinen Likör in seinem Haus. Der Gelähmte hatte seinen Rollstuhl die Treppe hinabgesteuert und sich mehrfach überschlagen.

›Warum lachen Sie nicht?‹ hörte Mulvaney eine Stimme in seinen Gedanken. ›Sie sollten wenigstens über mich lachen.‹

Mulvaney begann wie ein Irrer zu kichern. Sein Körper erbebte. Er benötigte Liquitiv. Dringend, sehr dringend sogar. Aber die Regierung hatte den Verkauf gestoppt. Man konnte keinen Likör mehr bekommen.

Der schreckliche Plan der Antis begann seine ersten Auswirkungen zu zeigen.

Mulvaney schwankte wie ein Betrunkener aus dem Haus.

Er war nur ein einziger Mensch. Süchtig und verloren.

2.

Über 50 Millionen Menschen drohten eine Revolte zu entfesseln. Die Erde war zu einem Tollhaus geworden. Die Süchtigen benötigten den Likör, den man gemeinhin unter dem Namen Liquitiv kannte, ebenso nötig zum Leben wie normale Menschen atembare Luft.

Auf den Kolonialplaneten war die Lage nicht viel besser. Atlan, Imperator des Großen Imperiums, hatte auf den Arkon-Planeten mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Riesige Mengen des heimtückischen Rauschgiftes hatten die Planeten der beiden verbündeten Imperien überschwemmt.

Perry Rhodan, Administrator des Solaren Imperiums, stand aufrecht in dem einfachen Raum, der ihm als Arbeitszimmer diente. Er war nicht allein. Vor ihm, schräg neben dem Schreibtisch, hatte sich eine Gruppe von Frauen und Männern versammelt, die den obersten Regierungschef aus brennenden Augen anstarrten. Rhodan konnte in ihren Blicken keine Sympathie erkennen. Zuerst war er über das Anliegen der Süchtigen, von ihm empfangen zu werden, verärgert gewesen, dann hatte er jedoch dem Drängen Reginald Bulls nachgegeben.

In den großen, schlanken Mann kam Bewegung. Mit äußerer Gelassenheit nahm er hinter seinem Tisch Platz.

Sofort begannen die zwölf Menschen auf ihn einzureden. Rhodan hob seine Hände. Er konnte den erregten Zustand der Süchtigen begreifen, aber wenn er ihnen helfen sollte, dann musste er planvoll vorgehen.

»Wählen Sie einen Sprecher«, forderte er. »Es ist sinnlos, wenn Sie alle auf einmal reden.«

Ein vierschrötiger Mann, größer als Rhodan, trat vor, ohne dass ihn seine Begleiter zu ihrem Anführer ernannt hätten.

»Ich bin Godfrey Hunter«, sagte er. Die Respektlosigkeit in seiner Stimme rührte zweifelsohne von einer inneren Aufgewühltheit her, mit der Hunter nicht fertig wurde. Dieser Mann, erkannte Rhodan, hatte bisher ein ruhiges, ordentliches Leben geführt. Doch das war nun anders. Der Verkaufsstopp für Liquitiv begann sich bereits auszuwirken.

»Wir sprechen für eine größere Gruppe, Sir«, fuhr Hunter fort. Beim Sprechen mahlten seine Zähne erregt aufeinander. Seine Beherrschung wirkte nicht überzeugend.

»Sir, wir bitten Sie, sofort wieder den Likör im öffentlichen Handel zuzulassen.« Ein zustimmendes Gemurmel kam von den anderen Süchtigen. Sie drängten sich näher an Rhodans Tisch heran.

Rhodan sah Hunter nachdenklich an. Er fühlte Mitleid mit diesen Menschen, aber er durfte es nicht zeigen. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, als er fragte: »Wie lange trinken Sie bereits diesen Alkohol?«

»Etwa drei Jahre, Sir«, erwiderte Hunter. »Ich weiß noch genau, wie meine Frau eine Flasche davon mit nach Hause brachte. Ich kann an diesem Getränk nichts Gefährliches finden. Im Gegenteil: nachdem meine Frau und ich ihn benutzten, trat eine offensichtliche Verbesserung unseres Allgemeinzustandes ein. Ich möchte behaupten, Sir, dass ich seitdem kaum gealtert bin.«

›Du armer Teufel‹, dachte Rhodan. ›Ich wünschte, du hättest die Menschen gesehen, die wir auf Lepso gefunden haben, dann würdest du mich sicher verstehen.‹

»Ich glaube Ihnen durchaus«, sagte er laut. »Beantworten Sie mir eine zweite Frage: seit wieviel Tagen haben Sie keinen Likör mehr getrunken?«

»Seit sechs Tagen«, knurrte Hunter giftig. Man sah ihm an, dass er den Administrator für diese Tatsache verantwortlich machte.

Rhodan nickte. Sechs Tage war die Grenze. Nach ihren bisherigen Erfahrungen begannen danach zunächst Ermattungserscheinungen. Das zweite Stadium setzte mit Schwindelanfällen ein. Das Ende war qualvoll: schwere Nervenanfälle schüttelten die Körper der Geplagten.

Perry Rhodan sah den hilflosen Mann vor sich mit steinernem Gesicht an. Noch hatte er nicht den Bericht der Fachärzte vorliegen, die fieberhaft an Entwöhnungskuren arbeiteten. Bisher waren alle Versuche, einen Süchtigen zu heilen, gescheitert.

Eine düstere Vision zeichnete sich in Rhodans Gedanken ab: er sah Millionen Terraner in geistiger Umnachtung ein schreckliches Leben fristen. Die Lage hatte sich derart zugespitzt, dass sie um vieles gefährlicher war, als während der großen Zeit des Rauschgiftschmugglers Vincent Aplied. Aplied und die Galaktischen Händler hatten sich damit begnügt, terranische Rauschgifte zu verbreiten, um die wirtschaftliche Position der Erde zu schwächen.

Die Antis kannten keine Skrupel. Jedes Mittel war ihnen recht, um die Macht in ihre verbrecherischen Hände zu bekommen. Wie ein Spinngewebe hatte sich ihre Sekte über der Galaxis ausgebreitet. Planet auf Planet verfing sich darin. Die Antis benötigten keine Flotten. Sie arbeiteten aus dem Hintergrund. Andere verrichteten für sie die schmutzige Arbeit.

Andere – wie Rhodans Sohn.

Der Gedanke an Thomas Cardif ließ Rhodans Blick verschwommen werden.

War es möglich, dass sein eigenes Fleisch und Blut zu solchen Taten fähig war?

Rhodans Lippen verkrampften sich. Er dachte daran, wie Allan D. Mercant ihm das Bild eines Dr. Edmond Hugher gezeigt hatte, der jedem, der es wissen wollte, von den wunderbaren Eigenschaften des neuen Likörs erzählt hatte. Einer von denen, die ihm geglaubt hatten, war Dr. Zuglert gewesen.

Zuglert lebte nicht mehr. Aber er hatte ein Bild jenes Dr. Hugher besessen, denn er hatte auf Lepso mit ihm zusammengearbeitet.

Dr. Hugher war kein anderer als Thomas Cardif, Rhodans Sohn.

»Haben Sie sich entschieden, Sir?«, unterbrach Hunters nervöse Stimme die Gedanken des schlanken Mannes hinter dem Tisch.

»Ich kann Ihnen noch nichts mitteilen«, antwortete Rhodan ruhig. »Bevor die Ärzte nicht einwandfrei festgestellt haben, dass der ständige Genuss von Liquitiv harmlos ist, wird der Likör nicht zum Verkauf freigegeben.«

»Verdammt!«, schrie Hunter.

Das Wort stand im Raum. Es wurde still. Soweit