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Auge in Auge stehen sie sich gegenüber - vier Menschen und ein Ungeheuer! Auf der Erde schreibt man das Jahr 2326, und in dem von terranischen Astronauten durchforschten Teil der Milchstraße haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten wesentliche Veränderungen vollzogen. Seit dem 1. Januar 2115, dem Datum von Atlans Verzicht auf die Position als Imperator von Arkon, gibt es kein Solares Imperium mehr und auch kein Arkonidenreich, sondern das Vereinte Imperium, dem Perry Rhodan als Großadministrator vorsteht, während der Arkonide Atlan als Chef der United Stars Organisation (USO) fungiert, deren Spezialisten die "galaktische Feuerwehr" bilden. Wie notwendig die Existenz einer solchen Ordnungsmacht ist, zeigte sich erstmals ganz deutlich bei der Jagd nach den Zellaktivatoren, die Freunde zu Feinden machte und fast alle Intelligenzen der Milchstraße in Aufruhr versetzte. Seit dem 4. August 2326 herrscht wieder Großalarm in der Galaxis! Mit den gefräßigen Hornschrecken ist eine Riesengefahr aufgetaucht. Die Katastrophenmeldungen überstürzen sich. Raumflotten sind pausenlos unterwegs, um zu retten, was zu retten ist, denn die Hornschrecken wälzen sich wie eine violette Flut über viele Planeten und vernichten mit ihrer Säure alles, was ihnen den Weg versperrt. Doch nicht genug damit! Schreckwürmer tauchen auf - riesige Ungeheuer - die noch weniger verwundbar sind als die Hornschrecken und die noch schrecklichere Waffen parat haben. Einige terranische Sonderkommandos - Wissenschaftler, Soldaten, Spezialisten und Mutanten - haben bei dem Versuch, die Geheimnisse der Schreckwürmer zu enträtseln, bereits schwere Schlappen hinnehmen müssen. Aber Terraner sind hartnäckig, sie geben den Kampf nicht so leicht auf - und so machen sich VIER VON DER USO auf den Weg. Sie treten dem Schreckwurm auf Euhja praktisch waffenlos entgegen...
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Nr. 161
Vier von der USO
Auge in Auge stehen sie sich gegenüber – vier Menschen und ein Ungeheuer!
von WILLIAM VOLTZ
Auf der Erde schreibt man das Jahr 2326, und in dem von terranischen Astronauten durchforschten Teil der Milchstraße haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten wesentliche Veränderungen vollzogen.
Seit dem 1. Januar 2115, dem Datum von Atlans Verzicht auf die Position als Imperator von Arkon, gibt es kein Solares Imperium mehr und auch kein Arkonidenreich, sondern das Vereinte Imperium, dem Perry Rhodan als Großadministrator vorsteht, während der Arkonide Atlan als Chef der United Stars Organisation (USO) fungiert, deren Spezialisten die »galaktische Feuerwehr« bilden.
Wie notwendig die Existenz einer solchen Ordnungsmacht ist, zeigte sich erstmals ganz deutlich bei der Jagd nach den Zellaktivatoren, die Freunde zu Feinden machte und fast alle Intelligenzen der Milchstraße in Aufruhr versetzte.
Seit dem 4. August 2326 herrscht wieder Großalarm in der Galaxis! Mit den gefräßigen Hornschrecken ist eine Riesengefahr aufgetaucht. Die Katastrophenmeldungen überstürzen sich. Raumflotten sind pausenlos unterwegs, um zu retten, was zu retten ist, denn die Hornschrecken wälzen sich wie eine violette Flut über viele Planeten und vernichten mit ihrer Säure alles, was ihnen den Weg versperrt.
Doch nicht genug damit! Schreckwürmer tauchen auf – riesige Ungeheuer – die noch weniger verwundbar sind als die Hornschrecken und die noch schrecklichere Waffen parat haben.
Einige terranische Sonderkommandos – Wissenschaftler, Soldaten, Spezialisten und Mutanten – haben bei dem Versuch, die Geheimnisse der Schreckwürmer zu enträtseln, bereits schwere Schlappen hinnehmen müssen.
Die Hauptpersonen des Romans
Atlan – Der Lordadmiral begleitet seine Agenten persönlich zum Einsatzort.
Captain Brent Firgolt – Chef der Operation MOONSHINE.
Elmer Warren, Aldo Kopenziack und Claude Collignot – Leutnants der USO und Firgolts Begleiter.
Perry Rhodan – Großadministrator des Vereinten Imperiums.
Major Fance Herkner – Kommandant des leichten Kreuzers CARBULA.
Der Einsame auf Euhja
1.
Das Ungeheuer kam langsam zwischen den Bäumen hervor, als sei es sich nicht darüber schlüssig, welche Richtung es jetzt einschlagen solle. Sein wurmförmiger Körper war etwas über 20 Meter lang und fast drei Meter dick.
Am Ende des monströsen Körpers saß ein runder Kopf von mindestens fünf Meter Durchmesser, mit zwei großen Augen.
Claude Collignot sah entsetzt, wie das Ungeheuer ein riesiges Maul aufriss. Die gleichmäßig um den Kopf herum angeordneten Greifzangen bewegten sich.
Der Schreckwurm beschleunigte sein Tempo. Sein Kopf kam schnell auf Collignot zu, der unwillkürlich gegen die Rückwand des Sessels zurückwich.
»Das genügt!«, rief Atlan leise.
Sergeant Gilmore, der den 3-D-Projektor bediente, stellte den Vorführapparat ab und schaltete die Befeuchtung wieder ein.
Collignot rieb sich die Augen. Er sah, wie Captain Firgolt sich lässig von der Wand abstieß und auf die dunkle Leinwand zeigte.
»Einen besseren Begriff konnten wir von unserem Gegner nicht bekommen«, sagte er zu Lordadmiral Atlan gewandt. »Nun hat jeder von uns eine gewisse Vorstellung davon, mit wem wir es demnächst zu tun haben werden.«
Perry Rhodan, der abseits in einem Sessel saß, warf ein: »Leider konnten wir nicht alle Eigenarten des Schreckwurms filmen. Denken Sie vor allem daran, dass er Sprünge bis zu hundertfünfzig Metern machen kann. Das allein schon macht ihn zu einem gefährlichen Gegner – von seiner Fähigkeit, den stärksten Waffen zu widerstehen, einmal ganz zu schweigen.«
Die Männer befanden sich innerhalb des Leichten USO-Kreuzers CARBULA. Man schrieb den 17. Dezember 2326.
Atlan hatte vier USO-Agenten für einen dringenden Spezialauftrag ausgewählt. Da vor einiger Zeit Leutnant Ebrolo, ein Anti und USO-Agent, desertiert war, hatte der Lordadmiral diesmal auf Terraner zurückgegriffen. Atlan wollte auf jeden Fall vermeiden, dass für diesen Einsatz Fremdintelligenzen verwendet wurden.
Atlans Wahl war auf Captain Brent Firgolt und die Leutnants Warren, Kopenziack und Collignot gefallen, sämtlich Spezialisten mit einem hohen Ausbildungsgrad. »Jeder von Ihnen kennt die Aufgabe, die Ihnen bevorsteht«, sagte Atlan zu den vier Männern. »Es geht nicht darum, den Schreckwurm zu fangen oder zu töten. Sie sollen versuchen, das Monstrum zu testen, ohne dabei in Schwierigkeiten zu kommen.«
»Hoffentlich ist der Schreckwurm damit einverstanden«, bemerkte Leutnant Aldo Kopenziack sarkastisch.
Atlan lächelte unmerklich. Er kannte die Eigenarten seiner terranischen Freunde und wusste, wie er sie zu packen hatte.
»Vielleicht fragen Sie ihn einmal«, schlug er vor.
Die Männer lachten.
Der Leichte Kreuzer CARBULA stand in unmittelbarer Nähe des Planeten Euhja, der dritten Welt von insgesamt fünf, die Euthets Stern umkreisten. Das Sonnensystem war 8314 Lichtjahre von der Erde entfernt, fernab aller galaktischen Verkehrswege.
Euhja war eine Arawelt. Das heißt, sie war es bis zu jenem Zeitpunkt gewesen, bis zwei Ara-Wissenschaftler in ihrem Schiff Hornschrecken eingeschleppt hatten. Kaum hatten die kleinen Ungeheuer das Schiff verlassen, waren sie aus ihrer Starre erwacht, hatten mit ihrer ständigen Teilung begonnen und den einzigen Kontinent von Euhja verwüstet.
Seit dieser Zeit gab es dort keine Ara-Niederlassung mehr. Den Galaktischen Medizinern war noch die Zeit für einen dringenden Notruf geblieben, doch jede Hilfe kam vergebens.
Euhja war eine Wasserwelt. Ihr einziger Kontinent war eine Insel von der Größe Grönlands. Die Molkemasse, die durch die ständige Teilung und Vermehrung der Hornschrecken entstanden war, hatte gerade zur Entstehung eines Schreckwurms ausgereicht.
Dieser einzelne Schreckwurm war es, den Perry Rhodan und Atlan nach gemeinsamen Beratungen ausgesucht hatten, um mehr über diese Monstren zu erfahren.
Leider war Euhja nicht die einzige Welt, die von Hornschrecken vernichtet worden war. Durch Leichtsinn und Verantwortungslosigkeit war es auf fast 200 Planeten zu einer Hornschreckeninvasion gekommen, zu einer Zeit, da der Beginn dieser unheilvollen Entwicklung schon zwei Wochen verstrichen war.
So kam es, dass sich auf diesen 200 Welten die Schreckwürmer erst 14 Tage später entwickelten als auf den Planeten, die bereits Eier enthielten.
»Wie Sie bereits wissen, ist es uns gelungen, auf dem Planeten Zannmalon Schreckwürmer zu beobachten«, sagte Atlan. »Dort konnten auch diese Aufnahmen gemacht werden, die Sie soeben sahen. In der Zwischenzeit haben wir alle verfügbaren Daten, die uns über Schreckwürmer zur Verfügung stehen, dem hyperinpotronischen Gehirn auf dem Erdmond zur Auswertung programmiert.«
»Dabei stellte Nathan, das Gehirn, einige erstaunliche Thesen auf«, meinte Captain Firgolt.
»Das stimmt«, nickte der Lordadmiral und höchste Befehlshaber der USO. »Nathan ermittelte an Hand der vorliegenden Daten, dass die Schreckwürmer über eine gewisse Intelligenz verfügen müssten. Sie soll etwa der eines terranischen Schäferhundes ums Zehnfache überlegen sein. Hinzu kommen ein präziser Instinkt und eingelernte Handlungen.«
»Es liegt an uns festzustellen, ob daran etwas Wahres ist«, meinte Firgolt gelassen.
»Ferner ermittelte Nathan, dass die Molkemasse offensichtlich von der unbekannten Rasse für eine kriegsmäßige Schutzkleidung ihrer Raumschiffe verwendet wird. Wie das geschieht, vermochte das Gehirn nicht anzugeben.« Atlan gab Sergeant Gilmore ein stummes Zeichen. Gilmore verpackte den 3-D-Projektor und rollte die Leinwand zusammen.
»Inzwischen hat sich die Lage innerhalb der Galaxis stabilisiert«, sagte Rhodan von seinem Platz aus. »Die ausgeschlüpften und durch Teilung entstandenen Hornschrecken haben sich in Molke verwandelt, aus diesem wiederum entstanden Schreckwürmer. Wir haben also auf Euhja eine letzte Möglichkeit, eines dieser Ungeheuer zu testen. Ich brauche Sie nicht darauf hinzuweisen, wie wichtig ein Gelingen Ihres Einsatzes ist. Noch wissen wir nicht genau, was hier eigentlich geschieht, aber die Gefahr ist offensichtlich.«
»Meine Männer und ich werden alles in unseren Kräften Stehende versuchen«, versprach Firgolt ruhig.
»Sobald Sie die CARBULA verlassen haben, kehren Atlan und ich an Bord der ERIC MANOLI zurück, um die Entwicklung abzuwarten«, erklärte Rhodan. »Die CARBULA wird innerhalb dieses Sonnensystems bleiben, so dass Sie jederzeit das Schiff um Hilfe rufen können, wenn es gefährlich für Sie wird.«
Claude Collignot öffnete die Uniformtasche seiner Kombination und zog eine überlange schwarze Zigarre hervor.
»Was ist mit unserer Spezialausrüstung, Sir?«, fragte er Atlan.
Der Lordadmiral wartete, bis Collignot die Zigarre angezündet hatte.
»Wir werden Sie mit einem U-Boot absetzen, also nicht etwa direkt auf der Insel, wie Leutnant Warren vorgeschlagen hat«, sagte er dann. »Das gut abgeschirmte U-Boot bietet Ihnen die Möglichkeit, alle wichtigen Geräte griffbereit und doch gegen jede Ortung abgesichert aufzubewahren.«
»Das leuchtet mir ein, Sir«, sagte Warren. »Wir werden den Kontinent vom Meer aus betreten.«
»Sie sind mit allem ausgerüstet, was Sie während Ihres Aufenthaltes auf Euhja benötigen könnten«, fuhr Atlan fort. »Denken Sie vor allem an die Benutzung des Symboltransformers, der uns schon bei der Verständigung mit den Posbis wertvolle Dienste leistete. Vielleicht reicht die Intelligenz des Schreckwurmes aus, eine Methode zu finden, mit der er sich uns verständlich machen kann.«
Captain Firgolt, ein großer, breitschultriger Offizier mit braunen Augen und abstehenden Ohren, sagte: »Claude macht sich noch einigen Kummer, Sir.«
Collignot blickte misstrauisch zu seinem Vorgesetzten hinüber. Die Zigarre hing lässig in seinem Mundwinkel.
»Sprechen Sie, Leutnant Collignot«, forderte Atlan den schwarzhaarigen Mann auf.
»Es ist nichts, Sir«, sagte er hastig.
Kopenziack, der älteste der vier Agenten, grinste zu Collignot hinüber.
»Er fürchtet um seine Zigarren, Sir«, erklärte er. »Da Euhja eine Wasserwelt ist, glaubt er, dass sie bei soviel Feuchtigkeit verweichen könnten.«
Errötend strich Collignot über sein Haar. »Immerhin, Sir, diese Zigarren bekommt man nur zu horrenden Preisen«, sagte er tapfer.
2.
Er war von einem Ufer der Insel zum anderen gewandert, er hatte diesen kleinen Kontinent durchsucht und dabei versucht, Leben zu entdecken.
Doch es gab kein Leben.
Es war das gleiche Bild, das alle von Hornschrecken kahlgefressenen Welten boten.
Der einzige Kontinent des Planeten Euhja war zu einer Einöde geworden, zu einem kahlen Eiland, auf dessen Nordseite das Meer brüllend gegen die hochragende Steilküste ankämpfte, während es im Süden über flaches Ufer wogte.
Trotz der Hornschreckenplage gab es auf Euhja intelligentes Leben: im Meer, in einem U-Boot.
Doch der einsame Wanderer wusste nichts davon. Sein unbewusstes Suchen nach Leben beruhte auf einem Zwiespalt, in den sein Geist verfallen war. Seit er begonnen hatte zu denken, lagen in ihm zwei gegensätzliche Wünsche im Streit. Er fühlte sich gedrängt, den uralten Befehlen der Huldvollen Folge zu leisten und den Hyperimpuls abzustrahlen, der sie herbeirufen würde. Sein Kollektivwissen, das ihm seit seiner Geburt zur Verfügung stand, trieb ihn an, die Nachricht bald zu senden.
Doch ein anderer Teil seines Gehirnes rebellierte gegen diese Absicht.
Er war sich darüber im klaren, dass in ihm der Keim zur Revolution schlummerte. Etwas warnte ihn, ohne Widerspruch für die Huldvollen zu arbeiten.
So wanderte er über den Kontinent auf der Suche nach etwas Lebendigem. Ab und zu stieß er auf Molkeablagerungen. Der größte Teil der Masse war bei der Metamorphose aufgebraucht worden.
Der Schreckwurm fragte sich, welcher Instinkt ihn an der Ausführung uralter Gewohnheiten zu hindern versuchte. Seine Gedanken waren revolutionär, sie waren verbrecherisch.
Sein Zögern allein war bereits unverständlich und strafbar. Weder die Huldvollen noch seine eigenen Artgenossen hätten ihm Verständnis entgegengebracht.
›Niemand weiß von deiner Anwesenheit auf dieser Welt‹, bohrte der aufrührerische Gedanke. ›Wenn du den Hyperimpuls nicht sendest, wird man dich niemals finden.‹
Bestürzt begann er schneller über das Land zu kriechen. Seine geistige Entwicklung ängstigte ihn, aber das war nur natürlich. Viel schlimmer war eine Art innere Befriedigung, die er immer dann zu empfinden glaubte, wenn er sich über die Angst vor den Huldvollen hinweggesetzt hatte.
Wenn er den Hyperimpuls nicht sendete, verstieß er gegen das uralte Gesetz. Falls er sich überhaupt dazu überwinden konnte, den Impuls nicht abzustrahlen, würde er vielleicht sogar in geistige Umnachtung verfallen, denn der Gedanke an die Unterlassung ewiger Pflichten erschütterte ihn bereits tief.
Er fragte sich, ob er auf die Dauer stark genug sein würde, um den alten Trieben zu widerstehen, die man vor unzähligen Generationen seiner Rasse eingepflanzt hatte.
Das schlimmste jedoch war seine völlige Einsamkeit, das Bewusstsein, dass er einen einsamen Entschluss zu fällen hatte, denn kein anderer Schreckwurm würde auch nur einen Augenblick mit der Abstrahlung des Impulses zögern. Allmählich näherte er sich mehr und mehr dem Ufer. Er hielt sich jetzt auf der südlichen Hälfte der Insel auf. Sein mächtiger Körper bewegte sich über das verödete Land.
Was gibt den Huldvollen das Recht, mich auszunutzen, fragte er sich. Niemand wusste von der ungeheuren Intelligenz seiner Rasse, noch nicht einmal die Huldvollen. Dieser Gedanke befriedigte ihn. Es war schön, zu wissen, dass selbst die Huldvollen die Schreckwürmer für primitive Wesen hielten.
Ein Geheimnis besaß seine Rasse vor der gesamten Galaxis: das Geheimnis ihrer wunderbaren geistigen Fähigkeiten. Niemals hatte ein Schreckwurm die Klugheit seiner Rasse verraten. Ihr Kollektivwissen verhinderte einen solchen Fehler, und ihr Rassenbewusstsein machte ihn praktisch unmöglich.
Bevor ein Schreckwurm seine Intelligenz verriet, starb er lieber.
Darauf war er stolz. Das war der einzige Punkt, in dem sie die Huldvollen hintergingen.
Doch diese Geheimhaltung entband ihn nicht seiner Pflicht.
Es gab für ihn keine Lösung, mit der er gleichzeitig den Huldvollen, seiner Rasse und sich selbst gerecht werden konnte. Verzweifelt kroch er weiter. Das Fehlen eines Schlüsselgerätes, mit dem die Huldvollen üblicherweise gerufen wurden, konnte ihn nicht entschuldigen. Der Hyperteil seines enormen Gehirns ermöglichte ihm nicht nur Frequenzen bis auf fünfdimensionale Ebene zu empfangen, sondern gab ihm die Möglichkeit, einen Peilimpuls abzustrahlen, einen bioelektronischen Funkstoß auf Hyperebene, der Lichtjahre überbrücken würde.
Er wusste von dieser Fähigkeit wie alle anderen seiner Rasse. Auch die Huldvollen wussten davon.
Er erklomm den Kamm eines langgezogenen Hügels. Von diesem Platz aus konnte er zum Meer blicken. Dort gab es sicher vielfältiges primitives Leben. Aber er konnte von Amöben, Einzellern, Krebsen und Seeungeheuern keine Hilfe erwarten.
Natürlich gestand sich der Schreckwurm nicht ein, dass er Hilfe benötigte. Es war nur ein unbewusstes Suchen nach geistig Gleichgesinnten, die seine revolutionären Gefühle verstehen würden.
Er legte sich in Ruhestellung, mit offenen Augen, während der Wind, der vom Meer herankam, über seinen mächtigen Körper strich.
So kauerte er auf dem kahlen Boden, der durch die gefräßigen Hornschrecken fast steril geworden war. Er versuchte, seine Gedanken unter scharfe Kontrolle zu bringen, doch sie entglitten ihm und kehrten zu den gefährlichen Ideen zurück.
Er spürte die Sonne, die weit entfernt im Raum stand und deren Energien er aufsog. Bald würde er gesättigt sein. Sein Körper würde die tiefviolette Farbe annehmen, die für einen erwachsenen Schreckwurm charakteristisch war.
Äußerlich würde er sich durch nichts von einem anderen Schreckwurm unterscheiden. Doch seine Gedanken machten ihn zu einem Außenseiter. Er krümmte sich wie unter Schmerzen. Er wollte sich laut brüllend ins Meer stürzen, sich von der Kühle des Wassers betäuben lassen, doch er ahnte, dass ihm das nicht helfen würde.
Auf die Dauer konnte er der uralten Gewohnheit nicht widerstehen.
Er entspannte sich und schloss für einen Augenblick die Augen. Jede einzelne Faser seines Körpers gab sich dem Gefühl absoluter Ruhe hin.
Da strahlte er den Hyperimpuls ab.
Es geschah fast automatisch, ohne äußeres Zutun, als sei es eine natürliche Reaktion auf die Entspannung des Körpers gewesen. Er wusste jedoch genau, dass er sich damit selbst betrog.
Er hatte verloren. Die seit undenklichen Zeiten gegenüber den Huldvollen bestehende Treue war Sieger geblieben. Er hatte sie gerufen. Ermattet lag er da, schwer erschüttert durch diesen Konflikt.
Wenn er erwartet hatte, dass sich sein Inneres jetzt beruhigen würde, sah er sich bitter enttäuscht. Die Gedanken der Revolution blieben in ihm wach, sie bohrten und zerrten an ihm und versuchten, Macht über alles Herkömmliche seines Gehirns zu gewinnen.
Er glitt den Hang hinab, dem fernen Ufer entgegen.
Da sah er vier winzige Gestalten aus dem Meer waten.
Die Wesen kamen nur langsam voran. Sie waren klein und gingen aufrecht. Offensichtlich verließen sie ihr nasses Element, um ans Ufer zu gelangen. Wahrscheinlich waren sie in den Tiefen des Meeres beheimatet, wo sie den zerstörenden Angriffen der Quadrillionen Hornschrecken entgangen waren.
Unwillkürlich blieb der Schreckwurm stehen. Er zögerte, diese Lebewesen einfach zu töten, wie es üblich war. Mit vier fünf Sprüngen hätte er sie erreichen und vernichten können. Doch er tat es nicht. Er wollte damit warten, bis er herausgefunden hatte, was diese Wesen veranlasste, aus dem Ozean zu kommen und an Land zu geben. Offensichtlich handelte es sich um Eingeborene dieser Welt, die gleichzeitig im Wasser und an Land leben konnten.
Vielleicht besaßen sie sogar eine schwache Intelligenz.
Der Schreckwurm zuckte zusammen.
Die Wesen gingen!
Sie liefen auf zwei Gliedmaßen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Irgendwie erschienen ihre Körper nicht für ein Leben im Wasser geschaffen zu sein. Doch das konnte die Erklärung für ihr plötzliches Auftauchen auf der Insel sein. Vielleicht waren sie vor den Hornschrecken geflüchtet und kehrten nun zurück, um zu sehen, was von ihrem Land noch existierte.