Perry Rhodan 1663: Insel der Schatten - Peter Griese - E-Book

Perry Rhodan 1663: Insel der Schatten E-Book

Peter Griese

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Beschreibung

Ein geheimnisvoller See - und eine Welt sinnloser Kämpfe Zu Beginn des Jahres 1206 NGZ, was dem Jahr 4793 alter Zeitrechnung entspricht, haben die Galaktiker, die mit der BASIS am Rand der Großen Leere operieren, bereits erste Erkenntnisse gewonnen. Worin aber das "Große Kosmische Rätsel" besteht, das sie in diesem über 100 Millionen Lichtjahre durchmessenden Leerraum zu vermuten haben, ist ihnen immer noch nicht bekannt. Die Terraner und ihre Verbündeten stießen - rund 225 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt - auf fremde Völker und fanden den ersten "unglaublichen" Planeten. Und mittlerweile entwickelte sich auch eine phantastische Verbindung zwischen der Großen Leere und der näheren Umgebung der Milchstraße: Eine ertrusische Kampfgruppe, die auf dem Sampler-Planeten Noman verschwunden war, kam auf dem Ennox-Planeten Mystery heraus und verunsicherte mit ihren Aktivitäten die Verantwortlichen in der Lokalen Gruppe. Perry Rhodan und die 12.000 Besatzungsmitglieder der BASIS bleiben davon noch unberührt. Sie forschen weiter in den bislang unbekannten kosmischen Regionen - und werden von dem Ennox Philip auf die Spur der "unglaublichen" Planeten gelenkt. Mehrere Expeditionen schwärmen aus - eine davon leiten Reginald Bull und Michael Rhodan. Auf dem Sampler-Planeten Tornister stoßen die Terraner auf unerklärliche Phänomene und die INSEL DER SCHATTEN ...

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Nr. 1663

Insel der Schatten

Ein geheimnisvoller See – und eine Welt sinnloser Kämpfe

von Peter Griese

Zu Beginn des Jahres 1206 NGZ, was dem Jahr 4793 alter Zeitrechnung entspricht, haben die Galaktiker, die mit der BASIS am Rand der Großen Leere operieren, bereits erste Erkenntnisse gewonnen. Worin aber das »Große Kosmische Rätsel« besteht, das sie in diesem über 100 Millionen Lichtjahre durchmessenden Leerraum zu vermuten haben, ist ihnen immer noch nicht bekannt.

Die Terraner und ihre Verbündeten stießen – rund 225 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt – auf fremde Völker und fanden den ersten »unglaublichen« Planeten. Und mittlerweile entwickelte sich auch eine phantastische Verbindung zwischen der Großen Leere und der näheren Umgebung der Milchstraße: Eine ertrusische Kampfgruppe, die auf dem Sampler-Planeten Noman verschwunden war, kam auf dem Ennox-Planeten Mystery heraus und verunsicherte mit ihren Aktivitäten die Verantwortlichen in der Lokalen Gruppe.

Die Hauptpersonen des Romans

Klundan – Kapitän eines Owigo-Segelschiffes.

Haudegen – Ein halbintelligenter Owigo.

Abillerhell und Pronteros – Die wichtigsten Männer der Hafenstadt geraten in Streit.

Reginald Bull – Der Terraner entdeckt einen geheimnisvollen See.

Michael Rhodan

In den Pueblos der Owigos erzählt man sich manche Legende. Es gibt zahlreiche Familien, Clans, Stämme oder Nomadengruppen auf Owigorn. Alle haben Häuptlinge, Altväter, Anführer, Älteste, Medizinmänner, Magier, Priester oder Weise. Und alle erzählen die Sagen und Legenden von den Göttern, den Naturgeistern oder den Dämonen der Meere. So unterschiedlich die Überlieferungen bei den vielen Volksgruppen auch immer klingen mögen, eine Gemeinsamkeit besteht überall. Es gibt die Geschichte von der »Insel der Schatten«, einem mystischen und von Geheimnissen umwitterten Ort, der irgendwo auf dem Planeten existieren soll. Die Bedeutung dieses wahrscheinlich nicht existenten Eilands ist von Stamm zu Stamm verschieden. Aber immer ranken sich darum Aussagen, die den Schatten der Owigos betreffen. Die einen meinen, die »Insel der Schatten« ist jenes Fleckchen Boden auf dem Planeten, an dem sich die Owigos von ihren Schatten lösen können, mit denen sie untrennbar verbunden sind. Andere glauben, dass sich dort die Ahnen versammeln und auf ihre Opfer warten. Oder dass dort die Seelen der Verstorbenen ruhen, nachdem sich diese von ihren Schatten gelöst haben.

Wie dem auch sei: Irgendeine Märverbindet jeder Owigo damit, ob er nun an die Existenz des Ortes glaubt oder nicht.

1.

»Heh, Kapitän!«, schrie Norfertus. »Es gibt schweren Ärger!«

Der Steuermann hatte die seltsame Art, sich manchmal an seinen sechs Handlungsarmen unter der Decke hangelnd zu bewegen. Dort gab es Balken und Haken in ausreichender Zahl, an die er sich klammern konnte. Gelernt hatte er die merkwürdige Fortbewegungsart vor vielen Jahren, als er seine seemännische Laufbahn begonnen hatte.

»Komm von der Decke herunter!«, befahl ihm Klundan.

Der Steuermann ließ sich fallen. Er landete sicher auf seinen sechzehn Stummelbeinen. Die Arme, die eigentlich eher Pseudopodien waren, glitten in die Oberseite seines annähernd fast drei Meter hohen Körpers zurück. Das Multiorgan schob sich langsam in Richtung des Kapitäns, der vor einem Pult stand und verschiedene Rollen aus grobem Pergament studierte, auf denen er sich Notizen über seine Fracht gemacht hatte.

Das waagerechte Oval des Mehrfachorgans, das an praktisch jeder Stelle des Körpers gebildet werden konnte, war etwa dreißig Zentimeter breit und zwanzig Zentimeter hoch. Im Mittelpunkt stand ein wulstiger Ringmuskel, der sowohl der Nahrungsaufnahme als auch dem Sprechen und Atmen diente. Darum herum formierte sich ein Kreis aus sechzehn schimmernden Punkten – die Augen. Und dazwischen waren kleine Gehörschlitze zu erkennen.

Klundan und Norfertus waren typische männliche Vertreter der Owigos. Und sie kannten sich seit vielen Jahren.

»Es gibt schweren Ärger!«, jammerte Norfertus und schmatzte nervös mit dem Ring. »Komm an Deck, du wirst es selbst sehen. Die See wird schon unruhig.«

»Ein Unwetter?«, fragte Klundan mit geringem Interesse.

»Ich tippe auf einen höllischen Wirbelsturm«, sagte der Steuermann. »Dafür habe ich einen sicheren Blick.«

»Bis jetzt«, entgegnete Klundan und rollte die Pergamentbögen zusammen, »hat die ZYNC noch jeden Sturm überstanden. Also wird es diesmal nicht anders sein. Schick zwei Männer nach unten. Sie sollen überprüfen, ob die Fässer, Kisten und Tonnen richtig befestigt sind.«

»Du erinnerst dich an Xiorkezz, den seltsamen Priester aus Droovonton?«, fragte der Steuermann, ohne auf die Befehle seines Kapitäns einzugehen. »Eine schillernde Persönlichkeit.«

»Ein dümmlicher Schwätzer«, meinte Klundan abfällig. »Er gehört nicht im Entferntesten zu unserem Stamm. Außerdem interpretiert er die Legenden falsch und schreibt unserem Quidor-Symbol Dinge zu, die nicht stimmen.«

»Das sagst du, Kapitän. Ich habe gehört, dass er in Droovonton eine Weissagung gemacht hat. Und die lautete, dass die letzte Fahrt der ZYNC unmittelbar bevorsteht. Das war kurz vor der Rückkehr nach Klymannoch, von wo wir jetzt kommen. Diese Weissagung stimmt mich bedenklich.«

»Du bist ein Feigling, Steuermann!«, warf Klundan dem alten Seemann vor. »ZYNC bedeutet ›Schiff der Ewigkeit‹. Und daran musst du ebenso glauben wie ich. Die ZYNC wird über die Meere kreuzen, wenn du längst zu den Ahnen gegangen bist. Sie wurde für die Ewigkeit gebaut. Ihre Standfestigkeit hat sie oft genug bewiesen. Hast du das etwa alles vergessen?«

»Xiorkezz hat auch gesagt, dass wir an den Gestaden der ›Insel der Schatten‹ zerschellen werden. Hast du das vergessen?«

»Du solltest diesen Namen nicht benutzen!« Klundans Ton wurde schärfer. »Die ›Insel der Schatten‹ ist das Reich der Toten. Dort halten sich alle Ahnen auf. Deine frevelhaften Worte könnten ihre Ruhe stören. Sie würden dich schneller zu sich holen, als dir recht wäre.«

»Bei anderen Familien und Clans wird über den Ort ganz etwas anderes erzählt«, meinte Norfertus vorlaut. »Zum Beispiel, dass schon viele Owigos ihn entdeckten, aber keiner von dort zurückkehrte.«

»Natürlich kann keiner zurückkehren, du Narr. Aus dem Totenreich führt kein Weg zurück ins Leben.«

»Du verstehst mich falsch. Wer das Paradies findet, will auch nicht mehr nach Yllaess oder Klymannoch zurück.«

Klymannoch war der Kontinent, von dem sie kamen. Und der Kontinent Yllaess, durch den der Äquator verlief, war das Ziel der ZYNC.

»In Abillerhells Stamm heißt es«, plapperte der Steuermann weiter, »die geheimnisvolle Insel sei das Paradies. Und Abillerhell ist Häuptling, Medizinmann und Hohepriester in einer Person. Es könnte immerhin sein, dass er mehr weiß als die Alten von Klymannoch.«

»Beleidige unsere Heimat Klymannoch nicht! Und schon gar nicht die Weisen und Alten unseres Stammes!« Klundan bildete einen Arm aus und deutete damit unmissverständlich auf den Ausgang. »Und nun verschwinde und folge meinen Befehlen! Wenn wirklich ein Sturm naht, dann hast du wohl Wichtigeres zu tun, als mit deinem Kapitän zu diskutieren.«

»Aber du ...«

Norfertus verstummte, denn er sah, wie Klundan einen zweiten Arm erzeugte, damit in ein Fach des Pultes griff und eine Axt hervorholte. Mit dem Kapitän war manchmal nicht zu spaßen.

»Ich gehe ja schon.«

Norfertus tippelte auf seinen Stummelfüßen zum Ausgang, ohne sich zu drehen. Er ließ dabei sein Multiorgan langsam um den Körper wandern, sodass er schließlich in die Richtung blicken konnte, in die er sich bewegte. Ein vorgegebenes Vorne oder Hinten kannten die Owigos nicht.

Klundan nahm die Warnung seines Steuermanns ernster, als er es sich hatte anmerken lassen. Als Kapitän war es aber seine Pflicht, Ruhe zu bewahren.

Zunächst verstaute er sorgfältig die Frachtunterlagen. Erst dann verließ er die kleine Kabine nahe dem Frachtraum. Sorgfältig schob er den Riegel in die Halterung und verstaute den klobigen Schlüssel in einer Ledertasche, die er mit einem dünnen Band an einem der zahllosen Haarbüschel seines Körpers befestigt hatte.

Eine sanfte Schräge führte hinauf ans Deck. Er bewältigte sie, indem er die Maximalzahl von Stummelbeinen erzeugte, zu denen ein Owigo in der Lage war. Und das waren immerhin zweiundzwanzig.

Über ihm wölbte sich das einzige Großsegel seiner geliebten ZYNC. Und darauf prangte die glücksbringende Doppelschleife. Er war sich seiner Sache sicher. Wer unter diesem Zeichen die Weltmeere durchkreuzte, dem konnte nichts Schlimmes passieren. Der war gefeit gegen die Geister der Meere und die Dämonen aus den fernen Ländern. Und gegen die gefährlichen Wirbelstürme der Äquatorzone.

Die dunklen Wolken und die kühle Brise waren dennoch beunruhigend.

Die ZYNC war ein 32 Meter langes Segelschiff und ganz aus Holz gefertigt. Es galt als äußerst stabil. Die Owigos waren Meister der Schmiedekunst, und das hatte sich auf den Schiffsbau positiv übertragen: Dicke Klammern und klobige Nägel hielten die Planken und Bohlen zusammen. In ihrer langjährigen Geschichte hatte die ZYNC schon manchen Sturm gut überstanden. Und auch einige Angriffe anderer Seefahrerstämme während der immer wieder vorkommenden Kriegszeiten.

Genau in der Mitte des Oberdecks ragte der Hauptmast mit dem Großsegel in die Höhe. Kurz unter der Spitze des Mastes befand sich in einer Höhe von achtzehn Metern das Krähennest, das ständig mit einem Seemann besetzt war.

»Kapitän!«, schrie der Mann aus dem Ausguck, als er Klundan auf dem Oberdeck bemerkte. »Schwarze und graue Wolken am Horizont. Sie kommen schnell näher. Wir halten direkt darauf zu.«

Klundan sah auch vom Deck aus, dass sich dort in der Ferne etwas Übles zusammenbraute. Aber an ein Ausweichen war trotz der guten Winde, die im Augenblick vorherrschten, nicht zu denken.

Der Seefahrer richtete sein Multiorgan vertrauensvoll auf das Quidor-Symbol. Es würde ihn sicher durch den Sturm führen.

Am Bug und am Heck verfügte die ZYNC über je zwei kleinere Masten mit Zusatzsegeln. Und auch am Hauptmast hingen solche über und unter dem Hauptsegel. Alles Tuch war gesetzt, denn für den Seemann bedeutet Zeit auch Geld. Oder besser gesagt, neue und wertvollere Ware.

Die beiden Frachträume im Rumpf waren zwar nur je zur Hälfte gefüllt. Aber dafür bestand die Ladung des einen Raumes aus wertvollem Frühlingskohl aus Klymannoch, einer Delikatesse, die überall auf Owigorn geschätzt wurde. Der Rest der Ladung bestand aus einer kartoffelähnlichen Frucht, die zwar weniger wert war, aber nicht überall auf Owigorn gedieh, sowie aus kostbaren Schmiedearbeiten aus den Werkstätten der Alten und Weisen.

Klundan war kein armer Mann, im Gegenteil. Und als Seefahrer genoss er nahezu überall hohes Ansehen. In den meisten Stämmen, Familien und Clans stellte man einen erfahrenen und bekannten Kapitän, wie er es nun einmal war, auf die gleiche Stufe wie einen Medizinmann oder gar einen Magier.

Wer zur See fährt, so erzählte man sich an den Feuern in den Pueblos, der war stark genug, um den bösen Geistern und den Unwettern zu trotzen. Ja, mehr noch. Einem Mann wie Klundan traute man zu, dass er sogar seinen eigenen Schatten besiegen konnte.

Wenn Seeleute kamen, das wusste jeder, dann gab es immer Neuigkeiten aus anderen Ländern. Und neue Waren, Schmuck, wertvolle Nahrungsmittel, Tücher, Leder und vieles mehr. Die Zunft wurde geschätzt. Einem echten Seemann vertraute man, auch wenn er manchmal etwas zu dick auftrug, wenn er von seinen Abenteuern erzählte.

Klundan besaß keine eigentliche Familie. Er lebte schon seit vielen Jahren nur auf seinem Schiff. Die ZYNC zählte nur zehn Matrosen. Dazu kamen der Steuermann Norfertus und er selbst.

Seine Männer waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Keine zwei von ihnen stammten aus der gleichen Gegend – von Norfertus und ihm selbst einmal abgesehen, deren Heimat der Kontinent Klymannoch war. Aber das störte Klundan nicht. Er hatte seine wilde Mannschaft fest im Griff. Und der alte Norfertus spielte sich ihm gegenüber nur dann auf, wenn keiner der Matrosen sie beobachten oder hören konnte.

Eiserne Disziplin war in der rauen Zunft ein unbedingtes Muss. Wenn eine Flaute eintrat, dann konnten die zehn Männer sich auch kräftig in die Riemen legen, die in zwei Reihen an Backbord und Steuerbord neben den Frachträumen ausgeklappt werden konnten.

Jede Reihe enthielt fünfzehn Ruder. Das wäre einem unbedarften Außenstehenden auf den ersten Blick als zu viel erschienen: Wie sollten zehn Mann dreißig Riemen pullen? Auch für Wesen, wie es die Owigos waren, mit ihren bis zu sechs Handlungsarmen, schien das unmöglich zu sein. Aber da trog der Schein ...

Nur selten hatte die ZYNC die warmen Äquatorgewässer verlassen. Hier ließen sich die besten Geschäfte machen. Und die Reisewege hielten sich meistens im überschaubaren Rahmen.

Einen Nachteil hatte das jedoch: Das Meer spielte hier oft verrückt. Fünfzig oder mehr Wirbelstürme hatte Klundan hier schon überstanden.

Er ging zum Bug und zog sich ein Stück an der Takelage des Vordermastes in die Höhe. Sein Blick ging in die Ferne. Durch die zunehmende Dunkelheit, verursacht von den dichten Wolken, schien der Horizont näher gerückt zu sein. Die Welt war kleiner geworden. Und die Sonne Culla, die stets genau über ihm im Zenit stand, war längst nicht mehr zu sehen.

Ja, er hatte schon so manchen Sturm überstanden. Er spürte auch jetzt keine Furcht vor den Urgewalten der Natur. Und an die Weissagungen des Priesters Xiorkezz glaubte er schon gar nicht.

Aber der Wirbelsturm, der sich jetzt ein paar Meilen voraus zusammenbraute, verhieß wirklich nichts Gutes.

*

Norfertus versetzte dem Rudergänger einen Stoß, sodass der Owigo zur Seite taumelte. Das Ruderrad nahm der erfahrene Seemann nun selbst in zwei seiner Handlungsarme.

»Verschwinde!«, schnauzte er den anderen an, der aber gelassen blieb. Die cholerischen Anfälle des Steuermanns waren kein Geheimnis für ihn. »Ich mache das jetzt selbst. Bei dem Sturm wird ein erfahrener Mann gebraucht.«

Die ZYNC war in der letzten Stunde immer stärker ins Stampfen geraten, denn der schwere Seegang kam direkt von achtern. Das Schiff schaukelte stark um seine Querachse.

Norfertus riskierte es aber nicht, den Kurs zu ändern. Klundan hatte schon den Befehl gegeben, alle Beisegel einzuholen. Nur das Hauptsegel am Mittelmast stand noch im Wind. Der Steuermann hätte es auch längst einholen lassen, aber er kannte seinen Kapitän. Ohne das Quidor-Symbol fühlte der sich nicht wohl.

Inzwischen war das Schiff längst ein Spielball der Naturgewalten. Dabei hatte man das Zentrum des Wirbelsturms noch gar nicht erreicht. Das Ruder benutzte Norfertus nur dazu, um den Kurs im Wind zu halten, denn wenn die ZYNC erst ins Schlingern geriet, sich also um ihre Längsachse schaukelnd bewegen sollte, bestand die erhöhte Gefahr, dass sich die Ladung selbständig machte.

Nun setzte ein kalter Regen ein. Die schweren Tropfen, die dem Owigo auf die derbe Körperhaut peitschten, machten ihm wenig aus. Er hielt das Ruder nun mit vier Armen, er wollte kein Risiko eingehen. Einzelne Sturmböen drohten das Schiff immer wieder aus dem Kurs zu werfen.

»Kapitän!«, gellte Norfertus' Ruf übers Oberdeck.

Klundan kämpfte sich durch die Wind- und Regenböen heran.

»Ich kann den Kurs nicht mehr lange halten!«, rief der Steuermann. »Lass das Großsegel einholen. Es fliegt uns sowieso gleich von den Leinen. Oder es reißt den Mast um.«

Klundan zögerte noch einen Moment. Er warf prüfende Blicke nach oben. Der Matrose aus dem Krähennest kletterte gerade herab. Ihm war es in der Höhe zu unsicher geworden.

»Ich sehe da oben nichts mehr!«, brüllte er gegen den Wind.

»In Ordnung«, entgegnete Klundan, der auch jetzt die Ruhe bewahrte. »Holt das Großsegel ein. Und zwar sofort.«