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Schlachtkreuzer LION auf Entdeckungsfahrt! - Ein neues Sternenabenteuer mit Nome Tschato, dem Löwen Nach monatelanger Irrfahrt im Kosmos sind Perry Rhodan und seine Gefährten wieder zur Erde zurückgekehrt, obwohl oftmals ihre Lage so hoffnungslos war, daß ihnen niemand mehr eine Chance gegeben hätte. Inzwischen schreibt man auf der Erde Mitte Juli des Jahres 2329. Die Pläne der Terrorgruppe Schwarzer Stern, deren fanatische Agenten um ein Haar die Hauptwelten des Solsystems vernichtet hätten, konnten wirksam durchkreuzt werden. Perry Rhodans Stellung als Großadministrator des Solaren Imperiums ist unumstritten, und auch die meisten Administratoren der terranischen Siedlungswelten haben erkannt, daß es bei den gegenwärtigen machtpolitischen Verhältnissen in der Galaxis sicherer ist, im Schutz des Solaren Imperiums zu bleiben, als eigensüchtige Ziele zu verfolgen. Iratio Hondro hingegen, der Obmann von Plophos, gibt selbst dann nicht auf, als sein auf Terror und Unterdrückung begründetes Regime durch die Tätigkeit von Allan D. Mercants Agenten gestürzt wurde. Selbst nach seiner Vertreibung von Last Hope gibt Hondro sein Spiel noch nicht verloren. Er flieht weiter und verschwindet spurlos in den Tiefen des Alls... Perry Rhodan gibt indessen Einheiten der Solaren Flotte den Befehl, den Obmann aufzuspüren - und das Zentrum der Galaxis nach dem gleichermaßen verschwundenen Neo-Molkex abzusuchen. Tschato, der Löwe, gehört zu einem dieser Suchkommandos. Er gerät mit seiner LION in den HÖLLENTANZ DER RIESEN...
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Nr. 197
Höllentanz der Riesen
Schlachtkreuzer LION auf Entdeckungsfahrt! – Ein neues Sternenabenteuer mit Nome Tschato, dem Löwen
von WILLIAM VOLTZ
Nach monatelanger Irrfahrt im Kosmos sind Perry Rhodan und seine Gefährten wieder zur Erde zurückgekehrt, obwohl oftmals ihre Lage so hoffnungslos war, dass ihnen niemand mehr eine Chance gegeben hätte.
Inzwischen schreibt man auf der Erde Mitte Juli des Jahres 2329. Die Pläne der Terrorgruppe Schwarzer Stern, deren fanatische Agenten um ein Haar die Hauptwelten des Solsystems vernichtet hätten, konnten wirksam durchkreuzt werden. Perry Rhodans Stellung als Großadministrator des Solaren Imperiums ist unumstritten, und auch die meisten Administratoren der terranischen Siedlungswelten haben erkannt, dass es bei den gegenwärtigen machtpolitischen Verhältnissen in der Galaxis sicherer ist, im Schutz des Solaren Imperiums zu bleiben, als eigensüchtige Ziele zu verfolgen.
Iratio Hondro hingegen, der Obmann von Plophos, gibt selbst dann nicht auf, als sein auf Terror und Unterdrückung begründetes Regime durch die Tätigkeit von Allan D. Mercants Agenten gestürzt wurde.
Selbst nach seiner Vertreibung von Last Hope gibt Hondro sein Spiel noch nicht verloren. Er flieht weiter und verschwindet spurlos in den Tiefen des Alls ...
Perry Rhodan gibt indessen Einheiten der Solaren Flotte den Befehl, den Obmann aufzuspüren – und das Zentrum der Galaxis nach dem gleichermaßen verschwundenen Neo-Molkex abzusuchen.
Die Hauptpersonen des Romans
Nome Tschato – Man nennt ihn den »Löwen«.
Dan Picot – 1. Offizier der LION.
Captain Vertrigg – Sein Erkundungsfahrzeug kollidiert mit den tanzenden Riesen.
Earl Bactas – Chefingenieur der LION.
Dr. Gaylord – Strukturforscher, der eine entscheidende Entdeckung macht.
Duprene und Cashton
Prolog
Die LION – die neue LION – wurde von acht riesigen Scheinwerfern angestrahlt, die ringsum aufgestellt waren. Der Regen lief in silbernen Fäden an ihrer stählernen Außenhülle herunter. Die anderen Schiffe auf dem Landefeld lagen in der Dunkelheit.
Der einsame Beobachter, der mit hochgeschlagenem Mantelkragen am Rande des Landefeldes stand, kämpfte gegen die Gefühle an, die in ihm aufstiegen. Er war gekommen, um Abschied zu nehmen, aber jetzt spürte er die Lockung, die von diesem Schiff ausging. Ein Mann konnte nicht sieben Jahre seines Lebens einfach vergessen.
Sieben Jahre – solange war Dan Picot Erster Offizier an Bord der alten LION gewesen, bis man den Schlachtkreuzer im Simban-Sektor hatte aufgeben müssen. Das war im Februar gewesen. Jetzt war Mai.
Picot fragte sich, ob Nome Tschato, der dunkelhäutige Kommandant, schon an Bord gegangen war. Unwillkürlich nickte Picot. Tschato war kein Mann, dem man ein Privatleben zutraute.
Dan Picot fühlte ein Ziehen in der Magengegend. Die Ärzte hatten behauptet, sein Magen sei völlig in Ordnung. Picot grinste, während ihm der Regen über das faltige Gesicht lief. Was wussten die Ärzte von Nome Tschato? Was wussten sie von Einsätzen, in denen das Leben eines Mannes nur von Sekunde zu Sekunde gezählt werden konnte – bis die entscheidende Sekunde kam: die letzte.
Dan Picot hatte entschieden, dass er diese letzte Sekunde nicht im Raum erleben würde. Er hatte einen Antrag auf Versetzung zum Bodenpersonal gestellt. Picot war jetzt dreiundvierzig Jahre alt, aber er sah aus wie ein Fünfzigjähriger.
Picot wandte sich ab, aber der Schatten der LION schien vor ihm hinwegzueilen, huschte als unwiderstehliche Verlockung über den vor Nässe glänzenden Boden. Doch Picot ging langsam weiter, bis er die kleine Kantine neben dem Landefeld erreichte. Licht fiel durch die Fenster. Picot spürte, dass ihn fröstelte. Er schob sich durch die niedrige Schwingtür in den Innenraum der Kantine. Seine Augen richteten sich auf die Ehrenplaketten über der Theke, er studierte sie intensiv, um seine Gedanken von der LION loszureißen.
Picot nahm Platz. Auf der Tischplatte leuchtete die Speise- und Getränkekarte auf. Picot drückte einen Kaffee ohne Milch und Zucker. Eine Minute später klappte seitlich unter dem Tisch ein Schlitz auf, und ein dampfender Becher wurde auf die Platte geschoben. Geistesabwesend starrte Picot auf den Kaffee. Im Hintergrund sah er drei Mechaniker Karten spielen.
Picot ertappte sich dabei, dass er versuchte, aus dem Fenster auf den Landeplatz zu sehen. Die Vorhänge verhinderten jedoch, dass er irgend etwas erkennen konnte.
Hinter ihm entstand plötzlich eine Bewegung. Picot verzog das Gesicht, denn er suchte keine Unterhaltung. Doch als er sich umwandte, sah er Oberstleutnant Nome Tschato neben dem Tisch stehen. Tschato sagte nichts. Mit ausdruckslosem Gesicht blickte er auf Dan Picot herunter. Wie immer machte er den Eindruck vollkommener Zufriedenheit. Es schien nichts zu geben, was diesen großen Mann, der den Gang einer Raubkatze besaß, erschüttern konnte.
»Sind Sie Hellseher, Sir?«, erkundigte sich Picot, als Tschatos Blick ihn allmählich nervös machte.
Tschato lächelte unbekümmert. »Wenn es darauf ankommt, eine Stelle zu finden, wo man einen Kaffee bekommt: ja!«, erwiderte er. Lässig zog er einen Stuhl zu sich heran und ließ sich nieder. Als er seine Beine ausstreckte, ragten sie unter der anderen Seite des Tisches hervor. Er bestellte einen Kaffee, dann fuhr er über sein Haar.
»Ich starte nicht gern bei Regen«, sagte er. »Das ist ein schlechtes Omen. Aber selbstverständlich werden die Burschen von der meteorologischen Station nicht wegen der LION ihren Fahrplan umwerfen.«
»Sicher nicht, Sir«, knurrte Picot mürrisch. Fiel dem Löwen jetzt nichts anderes ein, als von einem bevorstehenden Start der LION zu reden?
Tschato erhielt sein Getränk.
»Ziemlich spät noch auf den Beinen – was, Dan?«, fragte er dann.
»Hin und wieder«, sagte Picot gedehnt.
Tschato machte sich an seiner Uniformjacke zu schaffen. Nach einer Weile brachte er ein Bündel Papiere zum Vorschein. Er suchte eines davon heraus und breitete es auf dem Tisch aus.
»Kennen Sie das, Dan?«
»Natürlich«, murmelte Picot. »Ich habe es schließlich persönlich geschrieben. Es ist ein Antragsformular, mit dem ich meine Versetzung zum Bodenpersonal begründete.« Picot fühlte, wie sein Ärger heftiger wurde. Wie kam Tschato in den Besitz dieses Antrages? Als Kommandant hatte er zwar das Recht, über die Schritte seiner Offiziere informiert zu werden, aber es war schließlich Picots Angelegenheit, wo er seinen Dienst tun wollte.
»Haben Sie die LION gesehen?«, erkundigte sich Tschato und schob das Formular auf dem Tisch hin und her.
Picot nickte widerwillig. Ja, zum Teufel, er hatte sie gesehen. Was war schon dabei? Ein Mann konnte sich schließlich am Tag hundert Raumschiffe betrachten, ohne dass man ihn dafür schief ansah.
»Schönes Schiff«, bemerkte Tschato. »Besser als sein Vorgänger.«
»Wie schön für Sie, Sir«, sagte Picot sarkastisch.
Behutsam faltete Tschato Picots Antrag zusammen. Seine großen Hände arbeiteten so ruhig, dass es fast beängstigend wirkte.
»Ich bin ein alter Mann, Sir«, sagte Dan Picot.
»Dreiundvierzig, Dan«, lächelte Tschato. Er riss das gefaltete Formular in zwei Hälften. Diese legte er aufeinander und teilte sie nochmals. Als Picot nach seinem Becher griff, zitterte er so stark, dass er ihn wieder absetzen musste.
»Das glänzende Ding da draußen im Regen ist nichts als eine Hülle aus Stahl«, sagte Tschato. »Ein toter Metallkörper wie tausend andere. Sie sagten einmal, dass Sie und ich die LION wären, Dan.« Er stand auf und schritt schnell zum Fenster. Ohne sich um die Kartenspieler zu kümmern, zog er den Vorhang auf. Sein langer Arm hob sich und zeigte hinaus auf das Landefeld.
»Wollen Sie, dass eine halbe LION startet, Dan?«
Dan Picot schob den Stuhl zurück, erhob sich und ging ebenfalls zum Fenster. Mit seinen krummen Beinen sah er wie ein alter, müder Jockey aus.
Und das war er wohl auch: alt und müde.
Aber als er neben Tschato am Fenster stand, und das Licht der Scheinwerfer in sein Gesicht fiel, in ein Gesicht wie gegerbtes Leder, da begannen seine Augen zu glänzen.
»Wir sollen uns an der Suche nach dem verschwundenen Neo-Molkex beteiligen«, sagte Nome Tschato. »Die Forschungsschiffe, die der davongeflogenen Substanz nachspüren, hatten bisher keinen Erfolg.«
»Wann starten wir?«, erkundigte sich Dan Picot, der Erste Offizier der alten und
1.
Die Mannschaft der LION hatte sich in zwei Gruppen geteilt, von denen jede ihre eigenen Ansichten über den Verlauf der Suche entwickelte. Die Raumfahrer betrachteten die Jagd nach Neo-Molkex als eine langweilige Angelegenheit, die wahrscheinlich nie zum gewünschten Erfolg führen würde. Die Wissenschaftler hingegen, die zusätzlich an Bord gekommen waren, zeigten noch immer die gleiche Nervosität wie am ersten Tag. Sie benahmen sich so, als erwarteten sie jeden Augenblick, dass die LION einen aus Neo-Molkex bestehenden Planeten entdecken würde. Sie fielen den Raumfahrern mit den unmöglichsten Prognosen auf die Nerven. Ihre einzige menschliche Regung schien zu sein, dass sie sich bei Dan Picot darüber beschwerten, Mulligans Essen sei zu fetthaltig. Versorgungsoffizier Mulligan entlockten solche Behauptungen jedoch nur ein müdes Grinsen, und er fuhr fort, die Ernährung der Besatzung in gewohnter Weise herzustellen.
Wie viele andere Schiffe suchte die LION nach dem Verbleib des Molkex, dass sich nach dem Beschuss durch mit B-Hormon angereichertem Wasserstoffsuperoxyd in so genanntes Neo-Molkex verwandelt hatte und mit unheimlicher Geschwindigkeit dem Zentrum der Galaxis entgegengerast war. Dieser Drive-Effekt hatte sich in allen Fällen gezeigt, so dass es den terranischen Wissenschaftlern unmöglich war, Experimente mit Neo-Molkex anzustellen. Unmittelbar nach seiner Rückkehr zur Erde hatte Perry Rhodan Suchschiffe ausgeschickt, die nach dem Neo-Molkex Ausschau halten sollten. Sämtliche Berechnungen deuteten darauf hin, dass das Molkex nur irgendwo in den Randzonenballungen des Milchstraßenzentrums verschwunden sein konnte.
Dieses gigantische Gebiet konnte jedoch niemals gründlich untersucht werden, selbst wenn Milliarden von Raumschiffen zur Verfügung gestanden hätten. Rhodan hoffte, dass der Zufall helfen und einem der Schiffe die Spur der auf so rätselhafte Weise verschwundenen Materie zeigen würde.
Auch die LION, die seit dem 23. Mai des Jahres 2329 auf der Suche war, hatte bisher keinen Erfolg zu verzeichnen, obwohl Tschato das Schiff durch Dunkelnebel und dichteste Sternenballungen manövrierte.
Die Jagd nach dem Neo-Molkex schien die ungefährlichste und ruhigste Aufgabe zu sein, die innerhalb der Flotte zu vergeben war.
Mit Beginn des 18. Juli des Jahres 2329 musste die Besatzung des Schlachtkreuzers LION jedoch erfahren, dass jede noch so langweilige Suche unverhofft zu einem Unternehmen von höchster Gefährlichkeit werden kann. In einem solchen Fall war es sogar möglich, dass Jäger zu Gejagten wurden.
Dawson, der Funker der LION, stand hinter Captain Vertrigg, der Nome Tschato vor einer Stunde abgelöst hatte. Außer den Routinemeldungen hatte Dawson keine Arbeit. Vor drei Wochen waren sie einem anderen Suchschiff begegnet. Das war für den Funker das aufregendste Ereignis seit zwei Monaten.
Vertrigg hatte den Autopiloten eingeschaltet. Ab und zu blickte er auf die Kontrollen.
»Wenn das so weitergeht, werden wir alle Speck ansetzen«, sagte Dawson. »Selbst der Erste hat schon einige glatte Stellen im Gesicht.«
»Mir gefällt es so, Sparks«, gestand Vertrigg. »Zusammen mit der alten LION scheint uns auch das Pech verlassen zu haben, das uns immer in die schlimmsten Sachen verwickelte. Solange Tschato ruhig bleibt, kann uns dieser Zustand gleichgültig sein.«
»Ich glaube nicht, dass wir jemals diese Substanz entdecken werden«, sagte Dawson. »Entweder ist das Zeug explodiert, oder es hat sich verflüchtigt. Auf jeden Fall existiert es nicht mehr.«
»Das wäre bedauerlich«, erwiderte Captain Vertrigg. »Schließlich soll das Neo-Molkex der Wissenschaft neue Möglichkeiten für ...«
Die Strukturtaster schlugen so stark aus, dass Vertrigg vergaß, seinen Satz zu vollenden. Mit leuchtenden Augen starrte er auf die Ortungsgeräte für Hyperimpulse. Er benötigte mehrere Sekunden, um zu begreifen, dass irgend etwas geschah, was die Eintönigkeit des Fluges mit Wahrscheinlichkeit unterbrechen würde.
Dawson reagierte etwas schneller. Bevor Captain Vertrigg zu handeln begann, hastete der Funker zu seinen Geräten hinüber und schaltete den Hyperkom ein. Inzwischen waren alle Männer innerhalb der Zentrale auf den außergewöhnlich starken Ausschlag aufmerksam geworden. Dr. Gaylord, der Sprecher der Wissenschaftler, der sich ebenfalls im Kommandoraum aufhielt, kam langsam auf die Kontrollen zu.
Vertrigg schaltete den Interkom ein.
»Hier spricht Captain Vertrigg«, sagte er. »Soeben haben unsere Strukturtaster ausgeschlagen. Die Impulse waren so stark, dass sie nicht von einem transitierendem Schiff verursacht werden konnten.«
Drei Minuten später erschien Oberstleutnant Tschato in der Zentrale. Dicht hinter ihm folgten Dan Picot und Duprene, der Cheflogiker der LION.
Vertrigg räumte den Kommandosessel für Tschato, während Duprene sofort mit den Berechnungen begann. Die Werte, die die Strukturtaster anzeigten, genügten, um mit Hilfe der Positroniken den ungefähren Standort der Strukturerschütterung festzustellen.
Chefingenieur Bactas kam in die Zentrale. Seine kleine bewegliche Gestalt schien Unruhe zu verbreiten. Dawson arbeitete wie ein Verrückter an den Funkgeräten.
»Zweifellos handelte es sich nicht um eine Transition«, sagte Tschato. Picot, der neben ihm Platz nahm, starrte auf die Bildschirme. Nichts deutete darauf hin, dass fremde Schiffe in unmittelbarer Nähe der LION waren. Außer dem geheimnisvollen Vorgang war nichts geschehen. Irgendwo jedoch musste die Kontinuität des Raum-Zeit-Gefüges erheblich gestört worden sein.
»Vielleicht sprang ein Schiff in den Hyperraum und ist dabei explodiert, Sir«, meinte Captain Walt Heintman.
»Ja«, sagte Tschato bedächtig. »Das ist eine von unzähligen Möglichkeiten.«
»Sir!«, rief Dawson in diesem Augenblick. »Signale auf Hyperkomwelle.«
Wie auf einen geheimen Befehl richteten sich die Gesichter der Männer zu dem Funker hinüber. Dawson machte sich am Hyperkom zu schaffen.
»Die Impulse sind nur schwach, aber es handelt sich offensichtlich um einen Hilferuf. Ich glaube nicht, dass die Signale von einem terranischen Schiff kommen. Sie wiederholen sich regelmäßig. Es wird nicht gesprochen. Der Sender morst.«
Dawsons Worte genügten, um die Spannung der Männer zu erhöhen. Picot beobachtete, wie Dr. Gaylord die Lippen zusammenkniff. Er wünschte, die Wissenschaftler wären nicht an Bord gewesen. Irgendwie schienen sie die Zusammenarbeit zu beeinträchtigen. Gaylord war ein großer grauhaariger Mann und sah genau so aus, wie Picot erwartete, dass ein Wissenschaftler aussehen sollte.
Wieder liefen die Positroniken an. Tschato befahl, den mysteriösen Sender anzupeilen.
»Was halten Sie davon, Dan?«, fragte Tschato.
Picot wusste genau, dass dies eine rein rhetorische Frage war. Wahrscheinlich hörte Tschato überhaupt nicht zu, wenn er eine Antwort erhielt.
»Vielleicht ist es ein Trick«, sagte Picot. »Wir sollten aufpassen, dass wir in keine Falle geraten.«
Tschatos Lachen zeigte, was er von einer Falle hielt, und was er mit jenen anstellen würde, die es wagten, ihn auf diese Art zu belästigen. Der Kommandant, daran versuchte Picot sich seit Jahren vergeblich zu gewöhnen, setzte sich mit aufreizender Lässigkeit über alles hinweg, was ihm Schwierigkeiten zu bereiten drohte. Dass er trotz dieser eigenwilligen Haltung mit Erfolg operierte, würde Picot nie verstehen.
»Wir befinden uns innerhalb einer dichten Sternenballung, Sir«, erinnerte Picot gereizt. »Wo Sonnen sind, da gibt es Planeten. Dieser Raumsektor ist geradezu für einen Hinterhalt geschaffen.«
»Hm«, machte Tschato – ein Kommentar, den Picot als Ablehnung oder Zustimmung auffassen konnte.
Wenige Augenblicke später brachte Duprene den aus den Peilversuchen errechneten Standort des Senders zum Kommandostand. Tschato warf einen kurzen Blick auf das Ergebnis. Dann veranlasste er die LION, ihre bisherige Flugrichtung zu ändern. Mit Unbehagen registrierte Picot, dass sie immer tiefer in die Sonnenballung eindrangen. Die Energien, die von den Sternen ausgingen, störten die Ortungsversuche erheblich. Die LION benötigte fast vierzig Minuten, um den Sender zu finden.
Auf den Bildschirmen der Raumortung zeichneten sich die Umrisse eines Kugelschiffes mit abgeplatteten Polen ab. Als Picot das fremde Schiff sah, wurde er noch unruhiger.
»Ein akonisches Schiff, Sir«, murmelte er. »Denken Sie an das Simban-System.«
Tschato überflog die Kontrollen. »Es bewegt sich im freien Fall durch den Raum«, stellte er fest. »Nichts deutet darauf hin, dass noch weitere Schiffe in der Nähe sind.«
Als die LION näherkam, stellten die Männer in der Zentrale fest, dass das Schiff stellenweise stark beschädigt war. In der unteren Kugelhälfte glühte es in hellem Rot. Noch immer morste der akonische Sender. Dawson hatte inzwischen die Vermutung geäußert, dass es sich um einen Dauerimpuls handelte, der ununterbrochen abgestrahlt wurde. Picot schloss daraus, dass überhaupt niemand an Bord des Akonenschiffes war. Hätte es eine Besatzung gegeben, sie hätte auf die Annäherung des terranischen Schiffes bestimmt mit einer Änderung der Funksignale reagiert.
Tschato gab Dawson den Befehl, einen Funkspruch an das unbekannte Schiff abzustrahlen. Fünf Minuten wartete die Besatzung der LION vergeblich auf eine Antwort, obwohl Dawson den Anruf ständig wiederholte.
»Ob sie alle tot sind, Sir?«, meinte Captain Walt Heintman.
»Auf jeden Fall mehr tot als lebendig«, erwiderte Tschato. »Es sieht ganz so aus, als könnten wir die Wahrheit nur erfahren, wenn wir nachsehen, was passiert ist.«
»Nachsehen?«, ächzte Picot. »Sir, Sie wollen doch nicht etwa auf dieses Höllenschiff umsteigen?«
Tschato hob den Daumen der rechten Hand und deutete mit dem linken Zeigefinger dagegen. »Erstens haben wir eine Strukturerschütterung angemessen, die unmöglich unter normalen Umständen von einem einzigen Schiff erzeugt werden konnte. Zweitens«, seine beiden Zeigefinger berührten sich, »haben wir ein Wrack vor uns, an dessen Bord vielleicht Schiffbrüchige sind, die unserer Hilfe bedürfen. Und drittens werden Sie mich auf meinem Ausflug begleiten, Dan.«
Picot fühlte, wie sein Magen zu rumoren begann. Zwei Monate vollkommener Ruhe schienen vorbei zu sein. Der Löwe war erwacht. Seine allen bekannte Witterung für Gefahr würde die LION wahrscheinlich wieder in ein Abenteuer stürzen, das zu überleben Picot wenig Aussichten hatte, denn er war der Mann an Tschatos Seite. Und wo Tschato war, da war auch die Gefahr. Dort pflegte sie sich zu vernichtender Intensität zusammenzuballen. Aber während Tschato beinahe gleichgültig den schrecklichsten Geschehnissen standhielt, glaubte Picot mit Sicherheit festgestellt zu haben, dass er immer mehr persönliche Substanz verlor.
Ich bin nur noch der Schatten dieses schwarzen Riesen, dachte er grimmig. Und weil ihm die Sonne immer von oben auf den Kopf zu scheinen pflegt, bin ich ein verdammt kümmerlicher Schatten.
Picot schob sich von seinem Platz, als habe er Bleigewichte in den Füßen. Er spürte, wie ein kaltes Gefühl seine Wirbelsäule aufwärts stieg.