Perry Rhodan 2312: Die Unschlagbaren - Horst Hoffmann - E-Book

Perry Rhodan 2312: Die Unschlagbaren E-Book

Horst Hoffmann

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Beschreibung

Jugendliche Charonii in Not - sie bringen ihre Heimatwelt in tödliche Gefahr Auf der Erde und den Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung. Die friedfertige Phase des letzten Jahrzehnts wird jäh zerstört, als TRAITOR die Galaxis heimsucht, ein Heerwurm der Chaosmächte. Den Terranern gelingt es zwar, den Chaos-Stützpunkt zu vernichten, der vor dem Solsystem errichtet wurde, doch damit stellen sie die Ausnahme dar. Überall in der Milchstraße entstehen Kolonnen-Forts, agieren die Söldner des Chaos. Einer der wenigen Orte, zu dem TRAITOR keinen Zugang findet, ist die Charon-Wolke in der Nähe des Milchstraßenzentrums. Nach vielen ergebnislosen Versuchen gelingt es schließlich dem Psi-Korresponder Marc London, den Kontakt herzustellen: Er spricht mit Kempo Doll'Arym, einem der fortschrittlichsten Denker der Wolke. Zu seiner Anhängerschar gehören auch DIE UNSCHLAGBAREN...

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Nr. 2312

Die Unschlagbaren

Jugendliche Charonii in Not – sie bringen ihre Heimatwelt in tödliche Gefahr

Horst Hoffmann

Auf der Erde und den Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung. Die friedfertige Phase des letzten Jahrzehnts wird jäh zerstört, als TRAITOR die Galaxis heimsucht, ein Heerwurm der Chaosmächte.

Den Terranern gelingt es zwar, den Chaos-Stützpunkt zu vernichten, der vor dem Solsystem errichtet wurde, doch damit stellen sie die Ausnahme dar. Überall in der Milchstraße entstehen Kolonnen-Forts, agieren die Söldner des Chaos.

Einer der wenigen Orte, zu dem TRAITOR keinen Zugang findet, ist die Charon-Wolke in der Nähe des Milchstraßenzentrums. Nach vielen ergebnislosen Versuchen gelingt es schließlich dem Psi-Korresponder Marc London, den Kontakt herzustellen: Er spricht mit Kempo Doll’Arym, einem der fortschrittlichsten Denker der Wolke.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide operiert als Expeditionsleiter der Liga Freier Terraner.

Ceppink – Ein junger Streber verrät seine Gefährten.

Gyra – Eine junge Charonii mag keine Ruinen.

Leyton – Ein »Unschlagbarer« dringt auf verbotenes Terrain vor.

Praulynd – Ein »Roboter« lässt seine Muskeln spielen.

Marc London –

Prolog

Die »Unschlagbaren«

»Ach, du fette Scheiße!«

Praulynd Don’Dera riss wütend am Steuerhebel des Gleiters, aber sosehr er auch zerrte, das Fahrzeug reagierte nicht mehr. Es raste im Sturzflug auf die dunkle Gebäudegruppe am Rand des riesigen, kreisrunden Landefelds zu. Noch war es hell, aber Ijor stand bereits knapp über dem gewölbten Horizont des Mondes.

»Tu etwas, Prau!«, kreischte Gyra in heller Panik. Die junge Charonii mit den pechschwarz gefärbten Igelhaaren krallte sich in seine Schulter. »Sie sind hinter uns! Sie haben uns gleich!«

»Lass mich los!«, knurrte er. »Was glaubst du, wie egal die mir jetzt sind! Wenn ich das verdammte Ding nicht wieder in die Luft krieg, sind wir hin!«

»Sie begreift das nicht«, kam es von Ceppink auf der hinteren Sitzbank. »In ihrem Gehirn wird es durch die primäre Gefahr überlagert, die jetzt zur sekundären geworden ist und …«

»Kannst du nicht einmal deine verdammte Klappe halten, Cep?«, zischte Leyton und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. »Wir gehen drauf, siehst du das nicht?«

»Der doch nicht!« Praulynds Hände waren um den Hebel gekrampft. Mit einem neuen Fluch versuchte er noch einmal, ihn an sich zu ziehen – mit dem Ergebnis, dass er abbrach und er von dem Ruck nach hinten in den Sitz geworfen wurde.

Gyra schrie.

Leyton schrie.

Sie alle schrien, bis auf Ceppink.

Der Gleiter raste auf die flachen, gedrungenen Gebäude zu, trudelnd, rauchend, bockend. Praulynd bebte vor Wut und Verzweiflung. Er sah den Boden viel zu schnell auf sich zukommen, sah den Verfolger auf dem Rückschirm, sah das verrückte Blinken der Kontrolllämpchen und wusste, dass sie keine Chance mehr hatten.

»Raus!«, brüllte er und stieß Gyra von sich.

Sie wimmerte und schlug nach ihm. »Das meinst du nicht ernst, Prau! Das kann nicht dein Ernst sein!«

»Sei doch endlich still!« Er drosch mit der Faust auf einen Kontakt. Die transparente Haube der Kanzel wurde abgesprengt und vom Fahrtwind davongerissen. Praulynds lange Haare flatterten und peitschten ihm in die Stirn, auf der die Schweißperlen standen. Sein Herz hämmerte in der kräftigen Brust. Seine Muskeln spannten sich an. Nur mehr wenige Sekunden. Er drehte sich zu seinen Freunden um und schrie ins Brausen der dünnen Krateratmosphäre: »Raus mit euch! Da unten sind Büsche! Wir fallen weich! Versteckt euch, wenn ihr …«

»Ich springe nicht!«, kreischte Gyra. »Ich …«

»Die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Sturz unbeschadet zu überstehen, beträgt …«, setzte Ceppink an.

»Die Wahrscheinlichkeit, dass wir gleich in eins der Gebäude krachen, ist größer!«, schnitt Leyton ihm das Wort ab. »Allerdings kleiner als die, dass du dir vorher eins in dein Klugscheißermaul fängst!« Er packte den neben ihm Sitzenden, stemmte sich mit ihm in die Höhe und stieß Ceppink aus dem Gleiter. Sofort sprang er nach.

»Prau, ich tu das nicht!«, zeterte Gyra.

»Dann tun wir’s zusammen!«

Praulynd stand schon, stemmte sich gegen den Wind und zerrte sie aus dem Sitz. Sie schrie und wehrte sich, aber es war zu spät: sie sprangen hinaus und fielen, fielen …

Sie landeten eng umschlungen in einer Gruppe knorriger, nur wenig belaubter Büsche. Im Krater wuchsen zwar einige robuste Pflanzen, aber sie gediehen nicht gerade. Dennoch waren ihre trockenen Zweige kräftig genug, um den Sturz kurz über dem Boden zu bremsen, der hier von einer blassen Moos- und Grasschicht bedeckt war. Praulynd drückte die zerbrechliche Gyra fest an sich und hatte die Augen geschlossen. Trotzdem glaubte er tausend Blitze zu sehen, als die Wucht des Aufschlags ihm alle Luft aus den Lungen presste und sein Körper in Stücke gerissen zu werden schien. Jeder Knochen tat höllisch weh. Für einen Moment war er wie betäubt. Dass er überhaupt bei Bewusstsein blieb, hatte er wahrscheinlich nur den Schmerzen zu verdanken, Gyras schrillen Schreien und dem ohrenbetäubenden Krachen der Explosionen in unmittelbarer Nähe.

Er riss die Augen auf und begann sich unbewusst zu bewegen. Irgendwann stand er und sah den Feuerschein hinter den Büschen. Bei den Gebäuden am Rand des Landefelds, in die der Gleiter gerast war, brannte es. Er stand schwankend und schwer atmend, aber er stand. Gyra richtete sich an ihm auf. Er sah nicht zu ihr hinab, sondern zum Himmel hoch.

»Da sind sie«, knurrte er. »Sie landen, und gleich werden sie alle da sein, die ganze verdammte Stadt. Wir müssen hier weg, Gy.«

Die junge Charonii stand nun ebenfalls. Sie zitterte. Ihre Hände suchten seinen Hals. Ihre Stimme war nur ein schwaches Zirpen, kaum hörbar in den immer noch erfolgenden Explosionen im Gleiterwrack und den prasselnden und zischenden Flammen. »Bist du in Ordnung, Prau?«

»Und selbst?«

»Frag mich das irgendwann später, du verfluchter Rob. Wir hätten uns das Genick brechen können, weißt du das? Zuerst reitest du uns in die Scheiße, und dann … Du hättest uns alle umbringen können! Wo … wo sind überhaupt Leyton und Cep?«

»Hier!« Eine Hand hob sich aus einem etwas höheren Busch, dessen knorriges Astwerk im roten Feuerschein gespenstisch wirkte. Dann folgte ihr ein Kopf mit rotem, zerzaustem Haar.

»Ley!« Praulynd duckte sich, schob mit einer Hand das Gestrüpp auseinander und zog mit der anderen Gyra hinter sich her. Abgebrochene Astenden ritzten seine Haut im Gesicht und an den Händen. Ein Stück zur Linken sah er den Gleiter der Verfolger niedergehen. »Wo ist Cep? Seid ihr in Ordnung?«

»Cep hat sich den Fuß verstaucht, glaube ich«, erhielt er zur Antwort. »Besser wäre seine Klappe gewesen. Ich werde morgen hundert blaue Flecke und Narben von den verdammten Zweigen haben, aber man lebt. – He, die sind gleich wieder hinter uns her.«

Er hatte die Stimme gesenkt. Praulynd und Gyra hockten sich neben ihm in die Bresche, die sie in die Büsche gerissen hatten. Sie sahen Ceppink am Boden liegen und sich den linken Fuß halten. Jetzt wurden die ersten Rufe laut. Weitere Gleiter erschienen am Himmel.

»Die ganze Stadt wird uns jagen«, prophezeite Ceppink mit weinerlicher Stimme. »Ich hatte euch gewarnt. Es ist nicht ohne Grund verboten, Aram Verger zu verlassen und …«

»Solange du klug labern kannst, kannst du auch laufen«, schnitt Praulynd ihm das Wort ab. »Notfalls muss einer von uns dir helfen. Dann schaffen wir es bis zum Versteck.«

»Welches Versteck?«, fragte Gyra. Sie schüttelte den Kopf und streckte abwehrend die Hände aus. »Oh nein, Prau. Das meinst du doch nicht, oder? Ich denke ja nicht daran!«

»Dann bleib hier«, knurrte er. »Leyton, schnapp sie dir. Ihr zwei geht als Erste. Bleibt in der Deckung der Büsche, solange es geht. Sie dürfen uns nicht sehen. Ich helfe Ceppink. Wir treffen uns bei der Ruine – oder im Kerker.«

»Nein, Prau!«, protestierte Gyra.

»Was ist dir lieber?«

»Ich hätte nicht mitkommen dürfen«, klagte Ceppink. »Du bist unser Untergang, weißt du das, Prau?«

Praulynd grinste ihn an. »Aber Spaß macht es, oder?« Er nickte Leyton zu. »Worauf wartet ihr? Schnapp sie dir, wir sehen uns im Versteck.«

Gyra protestierte nicht mehr, als der schmächtige Rothaarige ihre Hand nahm. Sie huschten gebückt im Gestrüpp davon. Praulynd lauschte kurz. Die Stimmen waren näher gekommen. Zweige brachen.

Und dann wurde es mit einem Schlag dunkel. Die Sonne Ijor war hinter dem Randgebirge des Kraters versunken. Die langsam erstickenden Flammen und die Scheinwerferkegel der Gleiter hielten die Umgebung im Griff roten und grell wandernden Lichts.

»Komm her«, sagte Praulynd und reichte Ceppink die Hand. Der junge Charonii ergriff sie und ließ sich von ihm in die Höhe ziehen. Er wimmerte leise vor Schmerzen, bis er die Zähne aufeinander biss. Ein erster Versuch, ein vorsichtiges Auftreten – er konnte gehen, wenn Praulynd ihn stützte.

»Na also«, sagte der kräftige Anführer der »Unschlagbaren«. »Die kriegen uns nicht, Cep. Uns nicht, oder?«

»Du wirst uns alle noch umbringen«, jammerte Ceppink. »Du bist verrückt, Praulynd, verrückt und eine Gefahr für die Welt. Was wir tun, ist so was von verboten!«

Der Stämmige grinste breiter. »Grade deswegen machst du doch mit, oder? Genau deswegen liebt ihr mich …«

*

»Ich hasse diese alten, spukenden Ruinen«, sagte Gyra. »Und ich hasse dich, Praulynd Don’Dera, dafür, dass ich mich hier verstecken muss.«

»Ach was.« Praulynd winkte ab. »Es ist ja nicht für lange. Die Leute werden sich wieder beruhigen, und wir gehen in die Stadt zurück. Wie immer, Leute, ihr solltet daran gewöhnt sein.«

»Daran gewöhne ich mich nie«, murrte Ceppink. »Meine Lehrer lieben mich. Ich bin der Beste in unserer Klasse.«

»Das ist hinlänglich bekannt«, seufzte Leyton in seiner Ecke. Er lag im Dunkeln. Der batteriebetriebene kleine Spender lieferte nur wenig Licht. Man konnte seine hagere, kleine Gestalt nur mit Phantasie erkennen. Leyton hatte die Beine angezogen und die Hände um die Knie geschlungen. Sein rotes Struwwelhaar leuchtete, als wäre es mit Fluoreszenz eingesprüht. »Und trotzdem gibst du dich mit uns ab. Schäm dich, Professor.«

»Du wirst lachen«, sagte Ceppink mit ernster Miene. »Das tue ich sogar manchmal. Immer nur auf der Flucht sein kann nicht den Sinn des Lebens bilden. Immer nur das Verbotene suchen ist kein …«

»Aber es ist geil, oder?«, sagte Praulynd. »Hör also auf, uns hier voll zu sülzen. Was macht dein Fuß?«

»Ich denke, ich werde es überleben.«

»Du kannst allein in die Stadt zurück?«

»Ich hoffe es. Wenn sie uns nicht vorher erwischen …«

»Laber, laber«, kam es von Gyra. Sie massierte sich mit den langen Fingern die Igelfrisur. Ihre großen Augen leuchteten in der Dämmerung. Praulynd hatte seine Pranke um sie gelegt. Im diffusen Licht wirkte er noch bulliger.

»Kräftig wie ein Roboter«, sagten seine Mitschüler und die Lehrer über ihn. – »Und genauso dumm«, meinten seine nicht wenigen Feinde, aber nur, wenn er es nicht hören konnte. Der Fünfzehnjährige, den jeder älter schätzte, galt tatsächlich nicht gerade als intellektuelle Leuchte. Das Einzige, was man ihm in der Stadt hätte anrechnen können, wäre seine in Ansätzen vorhandene technische Begabung gewesen, hätte er nicht gleichzeitig diese ausgeprägte Neigung zum Rowdytum gehabt. So etwas wie Pilotenkraft besaß er nicht – besaß keiner der vier, die sich nur untereinander »Die Unschlagbaren« nannten.

»Diesmal haben wir es zu weit getrieben«, fuhr Ceppink fort. »Zuerst der Bruch in der Schule, dann die verrückte Flucht in einem gestohlenen Gleiter, den Prau als Krönung zu Schrott geflogen hat – sie werden uns dafür steinigen.«

»Ach was«, sagte Praulynd mit einer abfälligen Geste. »Keiner hat uns erkannt.«

»Aber sie ahnen es«, meinte Leyton. »Alle.« Er kicherte. »Unser schöner, guter Ruf, eh? Aber mir hat’s echt Spaß gemacht. Schade, dass es vorbei ist.«

»Dem Himmel sei Dank«, tadelte ihn Ceppink.

»Wer sagt, dass es vorbei ist?«, fragte Praulynd.

Gyra drehte den Kopf und sah ihn erwartungsvoll an. »Du hast noch nicht genug?«

»Du denn?«

»Nie! Ich bin dir auch schon gar nicht mehr böse.« Sie küsste ihn auf den Mund.

Leyton seufzte.

»Halt die Klappe, Ley.«

»Ich sage ja gar nichts.«

»Ich weiß, dass du auf mich scharf bist, aber werd erst mal erwachsen.«

»So wie du, ja? Weißt du, du bist gerade mal dreizehn und …«

»Oh, du bist ja so alt«, versetzte sie bissig. »Vierzehn!«

»Was immer du vorhast, Prau«, sagte Ceppink. »Wenn es wieder etwas Verbotenes ist, mach ich nicht mit.«

»Wenn etwas verboten gehört, dann so ‘n Spießer wie du«, sagte Gyra. Sie stieß ihren stämmigen Freund an. »Was ist es, Prau? Woran denkst du? Nach dem Reinfall von heute brauche ich einen Kick. – Aber keine Ruinen!«

»Nein«, sagte Praulynd gedehnt. »An Ruinen denke ich gerade nicht …«

»Sag es bitte nicht«, seufzte Ceppink.

»Halt ‘s Maul, Professor!«, kam es von Leyton.

»Das Ringgebirge«, sagte Praulynd.

»Du bist … verrückt!«, entfuhr es Ceppink. »Das Gebirge ist für jeden Jugendlichen absolut tabu! Was wir bisher gemacht haben, war kriminell genug. Aber das … Es ist nicht dein Ernst, Prau, oder?« Er stockte. Niemand sagte etwas. »Es ist dein Ernst! Leute, das Gebirge ist voller Gefahren! Selbst die Erwachsenen meiden es. Es ist an vielen Stellen völlig unbefestigt! In ihm endet die künstliche Gravitation der Stadt, ebenso wie die künstlich akkumulierte Atmosphäre!«

»Klasse Vortrag«, sagte Gyra mit bissigem Spott. »Was du alles weißt …«

»Wir gehen auf Patrouille«, verkündete Praulynd. »Wir warten ein paar Tage, bis sich die Spießer beruhigt haben, und dann steigt die Sache. Diesmal machen wir was wirklich Neues.«

»Ein paar Tage?«, fragte Gyra. »Ooooh …«

»Ich nicht!«, sagte Ceppink energisch.

»Brich dir nur keinen ab, Professor«, knurrte Leyton. »Du mit deinen Verboten! Wozu sind die denn da, wenn nicht, um sie zu brechen? Das ist doch gerade der Sinn des ganzen verdammten Lebens, Leute!«

»Genau, Ley!«, tönte Gyra. »Das Ringgebirge ist scharf.«

»Eines Tages führst du uns geradewegs in die Hölle, Prau«, flüsterte Ceppink. »Oder in den Tod – was immer das Schlimmere ist.«

»Kann sein«, sagte Praulynd ernst. »Hast du Angst davor? Willst du als Spießer alt werden?«

»Ich weiß es nicht«, brummte Ceppink. »Ich weiß wirklich nicht, was ich bei euch verloren habe. Wir sind eine Schande für die Stadt. Ich ruiniere mir meine Zukunft, mein ganzes Leben.«

»Hör auf, mir kommen sonst die Tränen.«

»Ich muss verrückt sein, total wahnsinnig.«

»Du musst auf uns aufpassen«, erklärte ihm Leyton. »Na klar, du musst uns immer daran erinnern, dass wir die bösen Buben sind. Du bist unser Gewissen, unser guter Geist, Cep-Schätzchen.«

»Eines Tages kommen wir von einer unserer Patrouillen nicht mehr zurück«, unkte der »Professor« düster.

»Laber, laber.« Gyra beugte sich vor und stand auf, streckte die Glieder. »Zehnmal lieber ein toter Unschlagbarer als ein alter Spießergreis.«

»Den Wunsch«, sagte Ceppink und kam ebenfalls in die Höhe, belastete probehalber seinen Fuß, »wird Prau dir ganz bestimmt bald erfüllen, wenn er nicht vernünftig wird. Im Ringgebirge warten hundert Tode auf uns.«

»Ach, wie dramatisch«, lachte sie. »Dann sind das hundert Gründe für eine Patrouille.«

»Dort lauert der Tod«, wiederholte der ebenfalls gerade 15-jährige Charonii, als er sich umdrehte und aus der Ruine humpelte. »Und vielleicht noch viel Schlimmeres. Es ist nicht umsonst verboten …«

»Halt ‘s Maul, ja?«, raunzte Praulynd ihn an. »Halt dein verdammtes schlaues Maul!«

1.

VERACRUZ

20. Juni 1344 NGZ

Atlan stand in einer der Außenschleusen der VERACRUZ und gönnte sich den ungehinderten Blick auf das umgebende All, nur durch einen dünnen Energieschirm davon getrennt. Der mächtige Explorer der NEPTUN-Klasse, ein 1500 Meter durchmessender Kugelraumer, eine der stärksten Einheiten der Liga-Flotte, stand seit Wochen praktisch ohne nennenswerte Ortsveränderung 29.987 Lichtjahre von der Heimatwerft im Solsystem entfernt, unweit des galaktischen Zentrums. Das »Allumfassende« Sternengleißen kam Atlan inzwischen – nach vielen Wochen Aufenthalt – fast heimisch vor.

Und doch blieb es fremdes Territorium, voller ungelöster Rätsel und unsichtbarer Gefahren.

Die VERACRUZ befand sich in permanentem Alarmzustand, denn man musste inzwischen davon ausgehen, dass sich Einheiten der Terminalen Kolonne TRAITOR im Schutz ihrer Dunkelfelder in der Nähe aufhielten. Das Raumschiff stand wenige hunderttausend Kilometer »über« der 24 Lichtjahre durchmessenden Charon-Sternwolke, die von hier aussah wie aus einem anderen Universum ausgeschnitten: ein von innen heraus matt illuminiertes Schneegestöber. Aufgrund dieses optischen Eindrucks hatte sich die Bezeichnung »Strukturgestöber« eingebürgert.

Man wusste, dass hinter der Charon-Grenze, die den Sternhaufen vom bekannten Universum trennte, vollkommen andere physikalische und hyperphysikalische Verhältnisse herrschten – furchtbare Verhältnisse für jeden, der versuchte, dort einzudringen. Schiffe und Sonden wurden von den unbekannten Gewalten geradezu zerrissen, in unzählige winzige Stücke zerhackt und spurlos verschluckt. Selbst die Prospektoren-Schiffe der Terminalen Kolonne TRAITOR hatten diesen Kräften nichts entgegenzusetzen, wie sich gezeigt hatte.

Gänzlich unmöglich schien es allerdings nicht zu sein: Es gab Leben innerhalb Charons und dazu Hoffnung und eine geheimnisvolle Substanz namens Salkrit. Eine Substanz, hinter der die Terminale Kolonne TRAITOR her zu sein schien – wodurch es auch für die galaktischen Völker begehrenswert wurde, selbst ohne die Hinweise, die Bully und Gucky erst jüngst von den Cyno-Abkömmlingen Novathos erhalten hatten.

Ein Hologramm baute sich auf, in dem ein Ausschnitt des Weltraums zu sehen war – und ein ovales, eindeutig künstliches Objekt, das von Sekunde zu Sekunde weiter ins Bild zu wachsen schien. Das Objekt war 175 Meter lang und an der dicksten Stelle 85 Meter breit. Die Charonii, wie sich die geheimnisvollen Bewohner des Sternhaufens nannten, bezeichneten es als Strukturdolbe. Und der junge Charonii, der die Dolbe langsam an die VERACRUZ heransteuerte, war ein Strukturpilot namens Kempo Doll’ Arym.

Der Arkonide sah kurz zu Marc London hinüber, der in einigen Metern Abstand von ihm stand und keine Miene verzog. Der Kontakt und alles, was bisher über ihren Besucher bekannt war, waren fast allein dem jungen Psionten zu verdanken, der in seiner Eigenschaft als Psi-Korresponder in das Strukturgestöber »hineingesehen« und im Innern der sich immer wieder kurzzeitig bildenden stabilen Zonen Leben und Intelligenz festgestellt hatte. Zu einem ersten Funkkontakt mit den mittels Ultra-Messwerk ausfindig gemachten Raumschiffen der Charonii war es erst später gekommen, nachdem es in einem nervenaufreibenden Spiel gelungen war, die Neugier der Unbekannten zu wecken und ihr Vertrauen zu gewinnen.