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Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende von Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen. Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Die Rückkehr von seiner letzten Mission hat ihn rund 500 Jahre weiter in der Zeit katapultiert. Eine Datensintflut hat fast alle historischen Dokumente entwertet, sodass nur noch die Speicher der RAS TSCHUBAI gesichertes Wissen enthalten. Während Perry Rhodan sich auf die Spur der Cairaner setzt und ins geheimnisvolle Galaxien-Geviert aufbricht, bleibt der unsterbliche Arkonide Atlan in der Milchstraße. Aber nicht er allein ist den Rätseln der Fremden auf der Spur, sondern auch DIE GEWALTIGEN VON EVERBLACK ...
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Seitenzahl: 141
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Nr. 3031
Die Gewaltigen von Everblack
Es geschieht im Leerraum – Rettung durch einen Unbekannten
Susan Schwartz
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. TELTRAIM: So finster, so leer
2. Entdeckt
3. Angriff
4. Das Ultimatum
5. Rettung?
6. Der Markgraf
7. Begegnung
8. Diverse Manöver
9. Interner Angriff
10. Der Flug der RATBER TOSTAN
11. Kein Mythos
12. Der letzte Abschnitt
13. Aus dem persönlichen Logbuch von Bela Hogam
Leserkontaktseite
Glossar
Risszeichnung Terranischer Hyperpulswerfer
Impressum
Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende von Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen.
Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Die Rückkehr von seiner letzten Mission hat ihn rund 500 Jahre weiter in der Zeit katapultiert. Eine Datensintflut hat fast alle historischen Dokumente entwertet, sodass nur noch die Speicher der RAS TSCHUBAI gesichertes Wissen enthalten.
Während Perry Rhodan sich auf die Spur der Cairaner setzt und ins geheimnisvolle Galaxien-Geviert aufbricht, bleibt der unsterbliche Arkonide Atlan in der Milchstraße. Aber nicht er allein ist den Rätseln der Fremden auf der Spur, sondern auch DIE GEWALTIGEN VON EVERBLACK ...
Posnur Orrodse – Der cairanische Kommandant fliegt durch die Einsamkeit.
Tsakkel – Der Posbi kennt die Einsamkeit.
Der Markgraf – Hinter der Maske ist er zwangsläufig einsam.
Wanrash Dreller
1.
TELTRAIM: So finster, so leer
(25. Januar 2046 NGZ )
»Kommandant, dein Dienstantritt beginnt in fünf Minuten«, meldete das persönliche Kabinensystem.
»Verstanden, ich bin gleich fertig«, antwortete Posnur Orrodse und prüfte den korrekten Sitz seiner Uniform. Es war ungemein wichtig, die Ordnung aufrechtzuerhalten und keinerlei Lässigkeit einschleichen zu lassen. Disziplin war das oberste Gebot.
Wenn der Kommandant sich nicht daran hielt – wie wollte er die Loyalität seiner Untergebenen verlangen?
An diesem Ort, an diesem leeren, ach so leeren, finsteren Ort, im Leerraum zwischen den Galaxien, gab es nichts sonst. Alles hing von ihm ab. Die Moral aufrechtzuerhalten, den Sinn zu bewahren.
Sein linker Arm war ein wenig verkrümmt, die linken Hände nicht vollkommen beweglich. Ein Makel, der nicht von jedem akzeptiert wurde. Ja, Orrodse hatte es durch unbedingten Fleiß und Ehrgeiz bis zum Kommandanten geschafft, aber über diesen Rang hinaus würde es nie gehen. Der eine oder die andere der ihm zugeteilten Mannschaft mochte sich dennoch als fleckenlos geschmäht erachten, als glatt poliert empfinden.
Das Wort Strafversetzung geisterte immer wieder durch die Korridore und Messen, egal welche Versuche er unternahm, solcherlei auszumerzen.
Dabei war es für ihn nicht minder schwierig, etwas anderes in diesem Auftrag zu sehen. Man hatte ihm das Kommando gegeben, weil es ihm nach den Statuten zustand – und ihn dann in die unbedingte Einsamkeit geschickt.
Patrouille im Leerraum, und das schon seit ... Er verdrängte es inzwischen so sehr, dass er es nicht einmal mehr beziffern konnte, ohne im Logbuch nachzusehen oder das System zu befragen. Es war jedenfalls schon lange. Zu lange. Er konnte es seiner Mannschaft nicht verdenken, dass immer mehr Unzufriedene darunter waren, die schlechte Stimmung verbreiteten.
Mehrere Gesuche, abgelöst zu werden, waren unbeantwortet geblieben. Selbst als er darum bat, nur die Mannschaft – oder wenigstens einen Teil davon – auszutauschen, er würde auf dem Posten bleiben, erreichte er nichts.
Der Dienst stagnierte. Es gab nichts zu tun, und es gab keine Chance, sich zu profilieren. Wer auf die TELTRAIM abkommandiert worden war, war am Ende der Karriereleiter angekommen, so schien es.
Manche mochten es sogar verdient haben, es waren Drückeberger dabei und Renitente, die sich nicht um Disziplin scherten und immer nur Ärger machten. Andere hatten gerade am Anfang ihrer Karriere gestanden, wiesen Qualitäten auf und hätten es verdient, weiterzukommen.
Gerade sie hätte Orrodse gerne austauschen lassen, sie hatten lange genug ausgeharrt und Geduld bewiesen.
Sämtliche Anfragen und Vorschläge blieben unbeantwortet. Man forderte lediglich pünktlich jede Woche den Bericht. Und zwar ausführlich, also kein lapidares »es war überhaupt nichts los«, sondern der Kommandant musste berichten, wie er die Mannschaft zur Disziplin befohlen hatte, ob es Aufrührer gab, in welchem Zustand sich die Technik befand ... und so weiter. Er durfte nicht einmal vorangegangene Berichte kopieren – was naheliegend gewesen wäre, schließlich ging es immer um denselben Ablauf und dieselben Ergebnisse –, sondern er wurde gezwungen, jeden einzelnen neu zu verfassen und die Wortwahl zu ändern.
So enorm bedeutend schien seine Aufgabe – und dennoch bekam er nicht einmal auf seine Berichte irgendeine Rückmeldung. Keine Frage, keine Zustimmung, nichts.
Wie sollte Posnur Orrodse seiner Mannschaft begreiflich machen, wie wichtig ihre Mission war, wenn er diese Schikanen selbst nicht verstehen konnte?
Doch sicherlich lag ein tieferer Sinn dahinter, das war schließlich immer so. Nur erfuhr er nicht davon, Kommandant hin oder her; dafür stand er einfach zu weit unten in der Befehlskette. Er befehligte schließlich nur ein einziges Schiff.
Gewiss, er führte einen großen Augenraumer der 1400-Meter-Klasse mit siebenhundert Metern in der breiten Achse und mit dreihundertfünfzig Metern Höhe an der Energiekugel. Das war kein kleines Lehrschiff. Aber eben nur ein Schiff.
Die cairanische Hierarchie war streng geregelt: Je höher man aufstieg, desto mehr Informationen wurden einem zugänglich. Nur die Konsuln waren bestens informiert, darunter gab es große Unterschiede, selbst zwei Subkonsuln konnten unterschiedliche Informationsniveaus haben, je nachdem, wofür sie zuständig waren.
Orrodse war an sich stolz auf seinen Erfolg, es trotz seines Makels bis zum Kommandanten gebracht zu haben. Doch nun war er nicht mehr sicher, ob ihn das auch dauerhaft zufriedenstellen konnte. Die angemessene Anerkennung würde ihm wohl nie zuteilwerden.
»Du hast noch eine Minute«, verkündete das System.
»Ich weiß«, antwortete er. »Du kannst als vorbereitende Maßnahme meinen Autoritätsduft in der Zentrale verströmen lassen. Wollen mal sehen, wie sie darauf reagieren.«
Cairaner orientierten sich viel am Geruch. Über linsenförmige Drüsen, die Aromamünder, die an den Schläfenpartien saßen, wurden permanent Pheromone abgesondert, die nicht allein sexuellem Begehren dienten, sondern auch viel über die Stimmung und den Willen aussagten. Im normalen Alltag achtete man nicht so besonders darauf, da sich die Gerüche in einer Gruppe vermischten, sie wurden ausgeblendet, so wie die Augen ausblendeten, was sie in einem Moment als »nicht wichtig« erachteten. Auch war die Intensität des Duftes sehr unterschiedlich.
Doch wenn der Duft des bislang nicht anwesenden Vorgesetzten verströmt wurde, brachte das normalerweise die Untergebenen ordentlich auf Trab.
Orrodse wusste nicht, ob andere Kommandanten diesen Trick ebenfalls benutzten; er hatte seine Idee jedenfalls nie öffentlich gemacht. Es war nicht schwer für ihn gewesen, die Zusammensetzung seiner persönlichen Pheromone so zu analysieren, dass das System mit synthetischen Aromen über die Luftversorgung gezielt »Autorität« vermitteln konnte.
Der Zentralemannschaft wurde diese Manipulation wahrscheinlich gar nicht bewusst, sie reagierte instinktiv darauf und dachte nicht weiter darüber nach. Schließlich wollte keiner beim »Nichtstun« erwischt werden und dafür einen negativen Eintrag kassieren.
Orrodse strich noch einmal die Uniform glatt. Sie war weiß und faltenfrei, an der linken Brust waren spiegelnde Insignien angebracht – sein militärischer Rang sowie seine Kommandokompetenz. Im goldenen Gürtel waren verschiedene Module untergebracht, die der Kommunikation, aber auch der Freigabe nur für ihn bestimmter Bereiche dienten, sowie der Projektor für ein mobiles Befehlsterminal.
Nun war er bereit für den neuen Tag.
»Aufräumen!«, befahl er und beobachtete, wie seine Ruheschale in die Wand einfuhr, ebenso Tisch und Sessel, wo er seine Mahlzeiten einnahm und Berichte prüfte – er suchte nie die Messe auf, denn nichts lag ihm ferner als die Nähe zu seiner Mannschaft. Seine Position war schwierig genug, er wollte keinerlei Angriffsfläche bieten und musste unantastbar sein.
Das restliche holografische Inventar erlosch, sodass der Raum schließlich in reinem Weiß erstrahlte. Die perfekte Ordnung. Makellos.
Das Einzige, was nun nicht mehr in diesen Raum passte, war der Kommandant.
*
Von der Kommandantenunterkunft zur Zentrale waren es nur wenige Schritte auf derselben Ebene. Das Privileg des Schiffsführers. Die leitenden Offiziere hatten es nur geringfügig weiter, die übrige Zentralebesatzung war über einen Antigravlift ein halbes Deck tiefer untergebracht.
Die gesamte Zelle konnte notfalls abgeriegelt werden und autark agieren – allerdings blieb sie dabei mit dem Hauptschiff verbunden. Ein gesamtes Schiff aufzugeben und sich durch Flucht zu entziehen war nicht vorgesehen.
In der Zentrale herrschte wie erwartet hektische Betriebsamkeit, und Orrodse gestattete sich ein geheimes Lächeln, ohne seine Innenhände zu bewegen. Viele Humanoide dieser Galaxis waren in der Lage, die weichen Lippen ihrer Münder zu verziehen. »Nach oben« bedeutete Lächeln, »nach unten« Ärger.
Die Cairaner waren dazu mit ihren verhornten Mündern nicht in der Lage, aber mittels ihrer Gestik vermittelten sie untereinander vergleichbare Gefühlshaltungen. Bestimmte Bewegungen ihrer sensiblen Innenhände – Gespürhände mit offenen Nervenenden – konnten mit Leichtigkeit einfache Inhalte transportieren wie Amüsiertheit oder Ärger und jede Menge Facetten dazwischen.
Für Cairaner gab es zudem durch den Geruch schon sehr viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten gegenüber der eingeschränkten Mimik und Gestik der Menschen. Jene konnten deswegen allerdings ziemlich leicht analysiert werden im Hinblick auf ihren jeweiligen Gemütszustand. Das machte den Umgang mit ihnen einfach.
Orrodse war zwar bislang keinem Terraner persönlich begegnet, doch er war selbstverständlich in deren Besonderheiten eingewiesen worden, bevor man ihn auf diesen einsamen Posten geschickt hatte.
Man hatte ihm die Zusatzanweisung gegeben, nach zwei speziellen Schiffen Ausschau zu halten: Das erste war die THORA, das Flaggschiff der »LFG« – Liga Freier Galaktiker, wie lächerlich, darüber konnte Orrodse nur den Kopf schütteln –, mit der zumeist Resident Reginald Bull herumflog. Zu ihm gab es ein umfangreiches Dossier, das Orrodse mehrmals gelesen hatte. Der unsterbliche Terraner schien von jener unangenehmen Sorte zu sein, die alles permanent hinterfragte und aufsässig war. Auch nach der langen Zeit weigerte er sich, die Regeln des Friedens zu verinnerlichen und die cairanische Ordnung zu akzeptieren.
Das zweite besondere Raumschiff war die RAS TSCHUBAI, die anscheinend so etwas wie eine Zeitreise hinter sich gebracht hatte und die von einem gewissen Perry Rhodan kommandiert wurde. Auch dieser Rhodan war angeblich unsterblich wie der Resident und sollte in der Zeit vor dem Eintreffen der Cairaner galaxisweit sehr prominent gewesen sein. Allerdings erinnerte sich kaum einer mehr an ihn.
Das war sicherlich eine bittere Erfahrung für diesen Rhodan.
Orrodse wollte in seiner Karriere zwar gern wenigstens ein bisschen vorankommen, jedoch legte er keinen Wert darauf, ausgerechnet auf Bull oder Rhodan zu treffen. Das überließ er lieber den Konsuln. Noch dazu, da er die Zusammenhänge gar nicht vollauf erfassen konnte, weil ihm dazu viele Informationen zu den Hintergründen fehlten.
Zum Glück war es extrem unwahrscheinlich, auf eines der beiden Schiffe zu treffen. Dort, wo die TELTRAIM Patrouille flog, gab es buchstäblich nichts. Dennoch wollten seine Vorgesetzten keinerlei Risiko eingehen, und das war im Sinne der Ordnung nachvollziehbar.
Posnur Orrodse blieb deshalb, wie es sich gehörte, auf seinem Posten und erfüllte die Aufgabe gewissenhaft.
Und er würde jeden Tag aufs Neue dafür sorgen, dass dies auch die Mannschaft tat.
*
Bis auf die Sessel gab es in der ovalen Zentrale keine feste Einrichtung. Die Wände waren weiß schimmernd, die vielen, teils ineinandergreifenden Holoprojektionen, manche kugelförmig, andere wie Schirme, liefen zu den Rändern in zartes Blau aus.
Aus den Sesseln konnten die auf langen Stielen sitzenden Steuergruben ausgefahren werden, in die die nackten Gespürhände gelegt wurden. Die offenen Nervenenden der jeweils vier Finger verbanden sich mit der Schiffspositronik und steuerten so die Systeme.
Die Einrichtung war je nach Bauzeit nicht auf allen Schiffen gleich, manche hatten Stehpulte im Kreis um eine Steuersäule angeordnet, andere hatten komplette Terminals und feste Arbeitsplätze.
Momentan waren hauptsächlich Funk und Ortung beschäftigt; der Leerraum wurde auf mehrere Lichtjahre gründlich durchforstet.
Neben jedem besetzten Sessel stand ein Cairaner und schien auf etwas zu warten.
»Kommandant in der Zentrale!«, rief der wachhabende Offizier, und die Sitzenden erhoben sich; sämtliche Anwesenden wandten sich ihm zu, nahmen Haltung an und grüßten den Vorgesetzten mit angewinkeltem Arm und der angemessenen Geste der linken Außenhand vor der Brust, die Fläche nach außen und nach oben gerichtet. Ohne Handschuh eine extreme Haltung, die größte Verletzlichkeit – und auch Intimität – bedeutete und außerhalb des Militärs niemals angewendet wurde.
Der Kommandant grüßte zurück – mit der rechten Hand. Die scharfe Dehnung durch das Abknicken des Gelenks hätte er mit der linken Hand nicht zuwege bringen können. Doch ihm war es gestattet, die andere Hand zu nehmen – das taten viele Höherrangige, weil es der Abgrenzung förderlich war.
»Guten Morgen«, grüßte Orrodse in die Runde. »Rühren!«
Alle setzten sich und schoben die ungeschützten Sensorhände rasch wieder in die Mulden.
»Irgendwelche Besonderheiten?«
»Nein, Kommandant Orrodse«, antwortete sein Stellvertreter.
»Sehr gut. Ablösung erlaubt.«
Orrodse ließ sich in seinen Sessel nieder, der ihn direkt nach dem Schott erwartete, aktivierte den Antigrav und schwebte ein paar Meter empor und zur Mitte hin. Von hier aus hatte er den besten Überblick auf die Holos ringsum. Dazu aktivierte er auch sein persönliches Terminal, mit dem er das Logbuch führte und alle Aktionen überwachte. Er zog die Handschuhe aus und legte die Hände in die Steuergruben. Gleich darauf fühlte er das leichte Kribbeln, als seine hochsensiblen Fingerspitzen den Kontakt zum Schiff herstellten und ihn verbanden.
Die Ablösung von der Nacht- zur Tagschicht fand schnell und nahezu geräuschlos statt. Die wartenden Cairaner übernahmen die Sessel, während die Nachtschicht mit bleicher Haut und kaum noch wahrnehmbaren Düften, die den leicht muffigen Geruch großer Müdigkeit hatten, zum Ausgang strebte.
Normalerweise waren die Tage in vier Schichten unterteilt, doch Orrodse ließ immer wieder Übungen für den Ernstfall durchführen. Schon allein, um nicht zu viel Routine aufkommen zu lassen und vor allem um für Abwechslung zu sorgen. Diese Schichtänderungen kündigte er immer erst sehr kurzfristig an.
Er musste kein Telepath sein, um die Gedanken seiner Untergebenen zu kennen: Wann hört der Kerl endlich mit diesem Unsinn auf?
Ha, wenn sie wüssten! Schon morgen würde er zur Viertelschicht zurückkehren – nur um dann zwei Tage später Doppelschichten anzuordnen. Seine Offiziere brauchten nicht anzunehmen, dass sie sich hier draußen ein gemütliches Leben machen konnten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas geschah, war gering. Aber nicht ausgeschlossen.
»Erster, Bericht über das Schiff.«
Sein Stellvertreter durfte erst dann seine Freiwache antreten, wenn er den Rapport abgeliefert hatte und alles in Ordnung war.
»Ja, Kommandant. Sämtliche Abteilungen haben ihren Bericht pünktlich geliefert.«
Das war schon einmal ein guter Anfang. Es hatte auch Zeiten gegeben, zu denen manche Abteilungen glaubten, sich die Zeit der Meldung frei einteilen zu können. Oder überhaupt keine Meldung abzugeben brauchten, weil ja alles in Ordnung wäre.
Ganz am Anfang, als sie ihn noch nicht ernst genommen hatten. Sie hatten seine leichte körperliche Behinderung zum Anlass genommen, auch an seinen geistigen Fähigkeiten zu zweifeln. Oder gar an seiner Autorität. Das hatte er ihnen rasch abgewöhnt durch Strafschichten, Inventuren, Wartungsarbeiten in den unangenehmsten Sektionen oder sogar Kabinenarrest, was bedeutete, dass Mahlzeiten und Freizeit ausschließlich dort stattzufinden hatten und nicht in der Messe oder auf dem Trainingsdeck in Gesellschaft anderer.
Was hatten sie denn erwartet? Dass sie zu einer Spaßfahrt unterwegs waren? Dass er nicht darauf reagieren würde?
Auch wenn es reichlich abwegig war, bestand die Möglichkeit, dass sich sogar Ladhonen eines Tages in den Leerraum verirrten. Oder eben Schiffe dieser »freien Galaktiker«. Warum sonst sollte der Raumsektor bewacht werden?
Die Vorgesetzten hatten ihre Gründe dafür, die TELTRAIM so weit fort auf Patrouille zu schicken.
Wir sind dazu da, um sofort zu melden, falls sich etwas Ungewöhnliches ergibt. Und um Verstärkung zu bitten, wenn dieses Ungewöhnliche angreift. Falls die Verstärkung zu spät eintrifft, ist der Verlust zumindest gering. Wir sind ein Schiff mit einer entbehrlichen Mannschaft. Aber wir helfen der konkreten Einzelfallverteidigung, verschaffen ihr Zeit und Informationen.
So war das nun einmal. Orrodse empfand keine Bitterkeit dabei, das war eine völlig korrekte Strategie der Vorgesetzten. Und sollte der Ernstfall eintreten, würde er dafür sorgen, dass die TELTRAIM sich bewährte und bis zum Äußersten ging, um den Frieden zu schützen. Sie war ein starkes Schiff.
Doch selbst das am besten ausgerüstete Schiff konnte nur so gut sein wie seine Besatzung.
Genau deshalb mussten die Cairaner ständig bereit sein und durften in der Wachsamkeit niemals nachlassen.
Der Bericht der Abteilungen war zufriedenstellend. Der Antrieb zeigte herausragende Werte und erlaubte sogar eine kurzfristige Überversorgung des ausgewiesenen Grenzwerts mit deutlich höheren Leistungswerten – allerdings unter Inkaufnahme rascheren Verschleißes eines Teils der Hyperkristalle.
Die für Beobachter sichtbare, schimmernde Energiekugel in der Mitte des Augenraumers war gut aufgeladen, sodass derzeit kein Linearflug erforderlich war, um Energie aus dem Hyperraum zu zapfen und in der Kugel zu speichern.
Dennoch würde Orrodse demnächst einen solchen befehlen, um die Systeme aktiv zu testen.
Der Quartiermeister sprach von guter Versorgungslage.
Dennoch würde Orrodse demnächst eine komplette Inventur anfordern.
Die medizinische Abteilung war sozusagen arbeitslos.
Dennoch würde Orrodse demnächst eine Verteidigungsübung ansetzen, bei der zwar keine scharfen Waffen eingesetzt werden durften, es aber sicherlich Verletzte gab.