Perry Rhodan 3109: Siebenschläfer - Arndt Ellmer - E-Book

Perry Rhodan 3109: Siebenschläfer E-Book

Arndt Ellmer

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Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das 6. Jahrtausend nach Christus, genauer das Jahr 5658. Das entspricht dem Jahr 2071 NGZ nach der galaxisweit gültigen Zeitrechnung. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan die Menschheit zu den Sternen führte und sie seither durch ihre wechselvolle Geschichte begleitet. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Terraner, Arkoniden, Gataser, Haluter, Posbis und all die anderen Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, womöglich umso stärker, seit ES, die ordnende Superintelligenz dieser kosmischen Region, verschwunden ist. Als die Liga Freier Galaktiker erfährt, dass in unmittelbarer galaktischer Nähe ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie mit der RAS TSCHUBAI das größte Fernraumschiff der Liga aus, um den Sachverhalt zu klären. Denn es heißt, von FENERIK gehe eine ungeheure Gefahr für die Milchstraße aus. Perry Rhodan leitet als Allianz-Kommissar die Mission, die ihn bis in die Andromeda vorgelagerte Kleingalaxis Cassiopeia führt. Seine Gefährten halten in der Milchstraße die Stellung. Homer G. Adams und Reginald Bull erleben dabei Seltsames – im Solsystem erwacht ein SIEBENSCHLÄFER ...

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Nr. 3109

Siebenschläfer

Er kommt im Auftrag der Superintelligenz – Begegnung im Sirenenmeer

Arndt Ellmer

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

2. Terrania City: 9. Juni 2071 NGZ

3. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

4. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

5. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

6. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

7. Mars: 9. Juni 2071 NGZ

8. Mars: 9. Juni 2071

9. Mars: 10. Juni 2071 NGZ

10. Mars: 10. Juni 2071

11. Mars: 10. Juni 2071

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das 6. Jahrtausend nach Christus, genauer das Jahr 5658. Das entspricht dem Jahr 2071 NGZ nach der galaxisweit gültigen Zeitrechnung. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan die Menschheit zu den Sternen führte und sie seither durch ihre wechselvolle Geschichte begleitet. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen.

Terraner, Arkoniden, Gataser, Haluter, Posbis und all die anderen Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, womöglich umso stärker, seit ES, die ordnende Superintelligenz dieser kosmischen Region, verschwunden ist.

Als die Liga Freier Galaktiker erfährt, dass in unmittelbarer galaktischer Nähe ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie mit der RAS TSCHUBAI das größte Fernraumschiff der Liga aus, um den Sachverhalt zu klären. Denn es heißt, von FENERIK gehe eine ungeheure Gefahr für die Milchstraße aus.

Perry Rhodan leitet als Allianz-Kommissar die Mission, die ihn bis in die Andromeda vorgelagerte Kleingalaxis Cassiopeia führt. Seine Gefährten halten in der Milchstraße die Stellung. Homer G. Adams und Reginald Bull erleben dabei Seltsames – im Solsystem erwacht ein SIEBENSCHLÄFER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Homer G. Adams – Ein Finanzgenie betätigt sich als Ermittler.

Idris Ovid – Der Teenager findet eine Vaterfigur.

Alschoran – Ein Kastellan wappnet nicht nur sich.

Fedor Grimm – Der TLD-Agent betritt schwieriges Terrain.

Reginald Bull

1.

Mars

9. Juni 2071 NGZ

Idris beobachtete Corby, die mit flinken Fingern scheinbar in der Luft wühlte. Jedes Mal, wenn sie sich zu ihm umdrehte, stieg ihm der leichte Geruch ihrer Vanille-Gesichtscreme in die Nase.

»Bald fertig«, sagte sie. »Du wirst staunen.«

Er versuchte, etwas zu erkennen, aber so sehr er seine inzwischen klein gewordenen Augen anstrengte, er konnte nichts entdecken. Keine Spuren, keine Entladungen. Elektrostatische Chemtrails, wie er sie sich vorstellte, existierten nicht.

Idris blieb angesichts dieser Unsichtbarkeit sprachlos und staunte tatsächlich. So etwas wie Ehrfurcht stieg in ihm empor, wenn er Corby zusah. Wie machte sie das bloß? Technisch war es ihm klar: Sie berührte eine unsichtbare Sensorfläche, die senkrecht vor ihr in die Luft projiziert war.

Corby sagte, es funktioniere ganz einfach. Idris wusste es auch, aber wenn er auf die akustischen Anweisungen seines Influencers hörte, griff er nach drei, vier Berührungen trotzdem daneben. Die Akustiksteuerung ließ sich nicht dazu bewegen, langsamer zu sprechen, und Idris' Finger waren irgendwie verdreht.

Bannist und Lereu lachten und kicherten hinter seinem Rücken, während er den entscheidenden Anlauf nahm.

Und dann ging es erst recht schief. Schimpfen half da nicht. Wie alles funktionierte, bestimmten die Regeln, und die hatten die Schiedsrichter für diesen Wettbewerb gemacht. Die Sprechgeschwindigkeit der Automaten gehörte dazu.

Das Projekt bedeutete allen Teilnehmern viel. An die 200 Jugendliche allerlei Geschlechts hatten sich gemeldet. Das Präsenzplenum unterstützte sie mit Technik und vor allem mit Zeit. Wenn sie das Limit erreichen wollten, mussten sie tagaus, tagein bei der Sache sein.

Ein parkgroßes Labyrinth wuchs aus dem Nichts herauf, mit verwinkelten Gängen in der Art eines Drei-D-Puzzles, mit Werkstätten für Technikfreaks und Küchen für Feinschmecker; in Operationssälen und Brutlabors arbeiteten die Jugendlichen mit glühenden Ohren an der Erschaffung von Phantasielebewesen; und für die besonders Emotionalen wurde an Separees gebaut, in denen sie ihre Phantasien verwirklichen konnten.

Im Rahmen des Erlaubten, versteht sich.

Alle Ideen umzusetzen und miteinander in Einklang zu bringen, erforderte am meisten Geschick und Überlegung. Unterschiedliche Bauweisen mussten zueinander passen und sollten ein harmonisches Gesamtbild nach innen und außen ergeben.

Ein Gong hallte über den Park. Parkwächter Blechmanninov, wie der Roboter seit Generationen scherzhaft genannt wurde, verkündete den Beginn der letzten Stunde.

Eine Stunde noch ... Idris' Schultern sanken herab. Eine Stunde – und er hatte nichts vorzuweisen. In seinen Gedanken stand alles fertig da, übersichtlich und in Reihen. Es wollte ihm über die Lippen, aber nicht über die Fingerkuppen.

Wochenlang hatten er und Corby an dem neuen Projekt geforscht und gearbeitet. Idris zählte die Tage nicht mehr, die sie für ihren ersten großen Auftritt geopfert hatten. Sie hatten das Präsenzplenum geschwänzt, einen Teil der Schulzeit im Park verbracht und die nötigsten Aufgaben für die Lehrer nachts erledigt, müde und wenig engagiert. Meist waren sie vor ihrem Terminal eingeschlafen. Am nächsten Morgen eilten sie dafür munter und voller Begeisterung zu ihrem Bereich des Parks.

Sie waren die Labyrinthniks. Sie bauten verschachtelte und verknotete Lebensräume, in denen sie sich verkrochen. Nur sie selbst konnten sich finden, Freunden und Fremden gelang es nicht. Zu kompliziert, zu verschachtelt. Wenn sich ihr Projekt als Trend in der Architektur durchgesetzt hätte, sie wären einander nie wieder begegnet.

Holokreationen konnte man abschalten. Gebäude aus Plastbeton und anderen Baustoffen nicht. Man musste sie beschädigen oder zerstören, um nach Vermissten zu suchen.

Eine Stunde ... Idris bekam es langsam mit der Angst zu tun. Was, wenn er nicht rechtzeitig fertig wurde?

Corby sah zufrieden aus. Er schnappte Wortfetzen auf, was sie gerade machte.

Plötzlich waren Bannist und Lereu wieder da. Sie kletterten einen Felsen herab, setzten sich auf einen Vorsprung und ließen die Beine baumeln. Diesmal lachten sie über Corby. Warum, blieb Idris schleierhaft. Vielleicht reagierten sie damit auf die deutlich zur Schau getragene Zuneigung, die Corby ihm entgegenbrachte und ihnen verweigerte.

Die beiden Jungen aus der höheren Klassenstufe sprangen zum Boden herab. Idris drehte den Kopf, um sie im Auge zu behalten. Er verrenkte sich fast den Hals, weil der Wollschal ihn umhüllte und festhielt wie ein Schraubstock. Den Schal abnehmen wollte er nicht. Er fand ihn nicht so schlimm. Er war es gewohnt, von Älteren in den Schwitzkasten genommen zu werden. Der Schal tat in solchen Fällen gute Dienste.

Bannist und Lereu gingen zu den roten Büschen hinüber und sahen Pendelosts Gruppe zu, die um einen Springbrunnen wetteiferte. Immer wieder schossen aus dem Nichts kleine Fontänen in die Luft, zersprühten im leichten Wind über den Köpfen der Jugendlichen und landeten mit leisem Zirpen auf den Blättern der Büsche.

Bannist und Lereu bekamen auch etwas davon ab.

Und – hol's der Konsul! – sie waren nass im Gesicht und protestierten lautstark.

Idris beachtete es kaum. Er setzte sich mit dem Phänomen auseinander. Wie hatte Pendelost es geschafft, dass aus der Holoprojektion echtes Wasser kam? Irgendwo musste er eine Leitung versteckt haben.

Bannist und Lereu schimpften noch immer. Bannist machte Anstalten, sich auf Pendelost zu stürzen. Er ließ es bleiben, denn aus der Luft über dem Park sanken Miniroboter herab. Sie bildeten einen Halbkreis, dessen offene Seite von den Jungen und Mädchen weg deutete.

»Geht auf die andere Seite des Parks!«, wies eine der Maschinen Bannist und Lereu an.

An den Blumenwiesen kehrte Stille ein.

*

»Jetzt!«, hörte er Corby sagen. »Schau genau hin, Idris!«

Der Wall aus seinem Schal war nicht so hoch, dass er ihm vollständig die Sicht verdeckte. Und er hatte es sich angewöhnt, den Hals zu recken.

»Ich sehe nichts«, antwortete er ebenso leise. »Wo?«

»Na da!«

Idris rollte mit den Augen. Corby stand neben ihm wie immer. Er rätselte, was es sein könnte, und folgte dem Blick des Mädchens. Und plötzlich sah er es.

Schräg über ihr flatterten winzige Kreaturen in der Luft, erst aufgeregt und so hektisch, dass sie beinahe zusammenstießen. Dann beruhigten sie sich und folgten einander in einer Spirale aufwärts und in einer anderen wieder herab.

»Sind sie nicht wunderbar?«, fragte Corby.

»Mehr als das«, sagte er und suchte nach passenden Worten. »Sie sind einfach schön.«

»Und sie sind die Ersten.«

Er schlug sich gegen die Stirn. »Ja! Wie recht du hast. Die anderen können da bestimmt nicht mithalten.«

Er meinte Mitschüler wie Timon mar Estos, Luvia Micus, Anestos Filaj und ein paar andere aus dem Animations-Workshop.

»Du bist an der Reihe.« Corby griff nach seiner Hand und zog ihn zu dem unsichtbaren Panel, das doch nicht ganz so unsichtbar war.

Winzige Punkte bildeten ein geometrisches und quadratisches Raster. Idris kannte das aus seiner Kindheit, wo er im Hort mit Kunststofftafeln gespielt hatte. Ihr Muster bestand aus grünen Punkten, kleinen Lacktröpfchen, die er mit dem Scanner antippte, damit sie reagierten. Im Park waren die Leuchtpünktchen rot und leuchteten auf, wenn die Positronik erwartete, dass jemand sie berührte. So flüsterte Corby es ihm ins Ohr.

Und dass es ganz einfach war und man sanft mit ihnen umgehen sollte. Wie mit den Elfen. Nicht draufhauen.

»Sie brauchen ein Heim«, erinnerte Corby ihn an die Aufgabe, für die er sich bei der Vorbesprechung gemeldet hatte. »Elfenheim, Elfenhaus.«

Mit dem Wort verbanden sich für Idris alle die Dinge, die er über Elfen wusste. Klein und zerbrechlich waren sie, spielten den Großen gerne Streiche, die manchmal in Gewaltorgien ausarteten. Meist blieben sie friedlich, wenn man sie ordentlich fütterte, sie kämmte und ihren Lieblingsduft vorrätig hielt.

Wie bei den Katzen. Im Unterschied zu diesen terranischen Haustieren haarten Elfen nicht, und machten nicht auf den Teppich oder das Sofa.

»Wo ist meine Sensorfläche?«, fragte Idris.

»Wie heißt das Zauberwort?«

»Positronik!«

»Zu Diensten«, sagte eine Stimme aus dem Nichts unmittelbar vor ihm. »Was möchtest du?«

»Meine Elfenhaussteuerung.«

»Hier ist sie.«

Vor ihm tauchten geometrisch verteilt Punkte in blauer Leuchtfarbe auf. Blau erkannte er besser als Grün oder Rot. Er stellte sich in Position und überlegte, wie er anfangen sollte ... Ein Elfenschloss vielleicht. Nein, besser nicht. Hologrammelfen verfügten über naturidentische Veranlagungen, wie die Programmierer sie ihnen mit auf den Weg gaben. Idris musste damit rechnen, dass die Elfen übermütig wurden und jede ein eigenes Schloss forderte.

Es war besser, mit dem Elfenhaus anzufangen. Klein und bescheiden.

Vorsichtig streckte Idris die Hände aus. Er erinnerte sich an das Pantomimenspiel im Hort, mit dem man sie auf die Übungen im Präsenzplenum vorbereitet hatte. Mit den Fingern eine Fläche ertasten, die gar nicht vorhanden war, und wie bei einer Wand an ihr entlangfahren, war die erste Übung gewesen, an die er sich erinnerte.

Danach hatten sie den Tastsinn auf die Füße ausgeweitet. Mit den Spitzen ihrer Schuhe die Wand ebenfalls markieren und darauf achten, dass sie sich auf einer Ebene mit den Fingerkuppen befanden. Das hatte neue und schwerere Anforderungen an sie gestellt. Roboter waren seitlich von ihnen in Aufstellung gegangen und hatten es vermessen. Sie gaben eine Wand vor, die senkrecht nach unten zum Boden verlief. Die Schuhe durften nicht durch sie hindurchreichen, sondern sollten exakt mit der Fläche abschließen.

Im Garlong-Park spielten die Zehenspitzen keine Rolle, aber der Kontakt der Fingerkuppen zum Holofeld musste gleich intensiv sein.

Idris hielt die Hände ruhig und wartete. Nichts geschah. Tapfer kämpfte er gegen den Gedanken an, Corby um Rat zu fragen. Er musste es selbst schaffen ... irgendwie.

»Ruf deinen Plan auf«, sagte Corby nach einer Weile. »Du hast ihn zu Hause ausgearbeitet, oder nicht?«

»Klar!«

Hitze stieg in sein Gesicht. Er lief rot an. Selbstverständlich hatte er alles gewissenhaft vorbereitet. Mindestens doppelt so viel Zeit hatte er darauf verwendet wie Corby für ihre Holowesen.

Illustration: Swen Papenbrock

Schlagartig schien alles wie weggewischt, als hätte es jemand aus den Gedanken des Fünfzehnjährigen gelöscht. Er wollte davonlaufen und sich irgendwo in den Seitenschluchten der Valles Marineris verkriechen, aber eine unwiderstehliche Kraft hielt ihn an der Stelle. Sie kam von Corby.

Ihre Hand umklammerte seinen Arm. Vor seinen Augen schnippte sie mit den Fingern. Die Bewegung sah er undeutlich, aber das Geräusch holte ihn aus seinem Traum, in den er sich flüchtete.

»Da muss ich anfangen!«, sagte er zu sich und legte die Fingerspitzen nebeneinander auf die Projektionsfläche. Die hellblauen Punkte wanderten minimal, bis sie mit seinen Fingerkuppen deckungsgleich waren.

Nur die richtige Reihenfolge beim Zusammenschieben brachte ihn weiter.

»Willst du es umsetzen?«, fragte die Positronik.

»Ja. Erst die Grundlinien, dann das Gerüst und am Schluss die Mauern.«

Nach ein paar Versuchen fand Idris Spaß daran, die Strukturen des Gebäudes zu fixieren und sie mithilfe der Sensorpunkte zurechtzuschieben. Der Steuerautomat des Holoprojekts analysierte sein Handicap und sprach mit ihm darüber. Der Lösungsvorschlag: Die gezeichneten Linien blieben zunächst sichtbar und verschwanden erst mit Abschluss der Konstruktionsphase.

Wieder ertönte ein Gong. Bis zum Ende des Zeitlimits blieb eine Viertelstunde.

Aus dem Nichts wuchs ein Labyrinth, ein Irrgarten aus Gebäuden, Phantasiepflanzen, Fabeltieren und jeder Menge verrücktem Zeug. Ein paar Jugendliche entwickelten sprechende Blätter, Pfeile verschießende Kakteen und Weichtiere, die in aberwitzigen Kapriolen über den Boden rasten.

Idris wollte einer dieser »Rennschnecken« ausweichen. Er geriet ins Stolpern und wäre um Haaresbreite gestürzt.

»Kümmere dich nicht um sie!«, sagte Corby. »Es sind Projektionen. Bei Berührung mit einem Lebewesen verschwinden sie.«

Er probierte es aus und vertrat einer dieser Kreationen den Weg. Der rasende Bodendecker war zu breit, um rechtzeitig auszuweichen, der Bullenfänger im Frontbereich zu wuchtig, um ihn einzuklappen. Es kam zur Kollision.

Idris spürte nichts. Keinen Druck, keinen Schlag. Das Holo löste sich auf, als es den Schuh berührte. Es ging auch nicht durch seinen Fuß hindurch. Der zuständige Projektor in der Nähe schaltete es ab. Ob es an anderer Stelle neu auftauchte, konnte der Junge nicht sehen.

Wieder hallte ein Gong über das Areal des Garlong-Parks, das die Jugendlichen sich für ihre Party ausgesucht hatten.

»Das Limit ist fast erreicht«, verkündete eine Stimme aus einem der zahllosen Steuerzentren von New Pounder City. »Sobald der nächste Gong ertönt, stoppen die Programme der Projektoren. Diese sorgen dann nur noch für die Erhaltungsladungen der Holoprojektionen. Wer weiter baut oder entwickelt, entzieht den eigenen Kreationen die Energie und zerstört sie dadurch.«

Bannist tauchte unversehens auf, wie immer mit Lereu im Schlepptau. Mit verschränkten Armen bauten sie sich vor Idris auf.

»Du wirst nicht lange Freude an deinen Wunderwerken der Baukunst haben«, sagte Bannist mit einem leicht lauernden Unterton in der Stimme. »Die Arbeit hättest du dir sparen können.«

Idris schluckte, um den Kloß in seinem Hals wegzukriegen. »Du gibst nur an«, sagte er.

»Warte es ab! Unsere Raptoren machen alles klein, bevor ihr es jemandem vorführen könnt. Ein paar Elfen als Vorspeise, das stört euch hoffentlich nicht.«

»Das dürft ihr nicht«, brach es aus Idris hervor. »Ihr müsst euch ebenso an die Vorschriften halten wie wir.« Der Kloß in seinem Hals kehrte zurück.

Corby sprang für ihn in die Bresche. »Für Typen wie dich haben wir keine Zeit.«

Das brachte den großen Jungen mit dem braunen Stoppelhaar auf die Palme. Bannist überragte Idris um einen ganzen Kopf. Und Lereu hätte gut und gern ein paar Kilo weniger auf den Hüften haben können.

»Wir sind die Besten im Präsenzplenum«, warf Lereu sich in die Brust.

»Deshalb seid ihr auch hier«, konterte Corby. »Im Präsenzplenum vermisst euch keiner.«

Bannist bückte sich, hob einen Stein auf und warf ihn dorthin, wo das Projekt von Idris und Corby Gestalt annahm. Der Stein flog empor, kam zum Stillstand und kehrte mit derselben Bewegungsenergie zu ihm zurück. Er traf ihn am Handrücken und hinterließ eine rote Schramme.

Aus einem Akustikfeld drang eine Stimme:

»Der Versuch, fremdes Eigentum zu beschädigen oder zu zerstören, ist strafbar.«

»Ihr könnt mich mal!« Wutentbrannt stapfte Bannist davon.

Hinter einem Felsen tauchten zwei Kegelroboter auf. Sie nahmen ihn in ihre Mitte und eskortierten ihn hinaus.

»Das hat er nun davon«, sagte Corby. »Was steht in den Regeln?«

»Er bekommt eine Verwarnung und wird schlimmstenfalls von dem Projekt suspendiert.«

*

Die Verwandlung des Garlong-Parks stand kurz vor dem Abschluss. Die ersten Paare zogen sich schweigend in die Separees zurück, die sie zuvor erschaffen hatten. Die Nischen platzten schier vor phantastischen Pflanzen und Blumen. Blütenmeere ergossen sich über die Mädchen und Jungen, und an einigen Plätzen verströmte das Grün einen betörenden Duft.

Aus dem Boden entstanden Bauwerke, darunter Miniaturen von historischen Gebäuden. Manche ähnelten Pilzen, andere sahen aus wie tropfendes und erstarrendes Wachs. Besonders beliebt schienen kleine Heime, die Schneckenhäusern ähnelten. Auf dem Mars gab es ursprünglich keine Schnecken, aber Idris hatte sie im Aquadrom und in den Botanischen Gärten gesehen. Im Sirenenmeer entstanden natürliche Populationen, die an Seepferdchen erinnerten und die man vor Bakterien und Fischen schützen musste.

Corby staunte, als sie die filigranen Kunstwerke sah. »Sind die schön! Hey, Idris, da hast du Wunderwerke geschaffen. Schade, dass sie so vergänglich sind.«

Idris wurde wieder rot. Er druckste herum und beschloss, erst mal nichts zu antworten.

Er entdeckte Bäume mit knollenähnlichen Verdickungen an den Ästen. Die Knollen hatten Gesichter, die blinzelten und den Mund bewegten, als wollten sie sprechen.

Der Pflanzenbewuchs verdichtete sich wie von Zauberhand. An den Teichen südlich der Blumenwiesen wuchsen Monolithen in die Höhe. Insekten von der Größe eines Einmanngleiters tauchten aus dem Nichts auf, von Projektoren mitten in die Luft erschaffen.

Dazwischen – wie um die künstliche Welt mit einem Hauch Realität zu erfüllen – sendeten die Medien Nachrichten. Sie brachten Interviews mit Offizieren und Politikern. Es ging um die RAS TSCHUBAI, mit der der neu ernannte Allianz-Kommissar Perry Rhodan das Solsystem verlassen hatte. Einzelheiten erfuhren sie keine. Idris wusste von seiner Mutter, dass etwas rumorte. Hieß es. Fest stand lediglich, dass es zu einem ominösen Vorfall im Tannhäusersystem gekommen war. Und angeblich wies die Spur Richtung Andromeda.

»Nicht wichtig«, sagte Corby an seiner Seite. »Schau da hin!«

Die Elfen tauchten auf. Aus dem Blattwerk natürlicher Pflanzen segelten und flatterten sie herbei, noch graziler als ihre Behausungen. Es gab ein wenig Zank um die schönsten Muscheln und die höchsten Spitzdome. Aber am Schluss fand jede Elfe ihr Lieblingsheim.

Es waren sogar noch Bauwerke übrig.

Die Elfen inspizierten die Häuser, Heime und Schlösser. Sie malten Zeichen an die Fassade, die den Besitzanspruch dokumentierten: Mein Haus, mein Schloss, Kafyras Heim ...

»Darf ich mit ihnen sprechen?«, fragte Idris.

Corby schien ihn nicht zu hören. Sie blickte an ihren Elfen und seinen Gebäuden vorbei nach Westen, wo sich die Jugendlichen zu Scharen sammelten. Etwas ging dort vor.

»Bewahrt Ruhe!«, sagte eine Stimme über ihnen. »Die Wände des Labyrinths sind ab sofort durchlässig. Ihr könnt euch frei bewegen.«

Sekunden später folgte ein Nachsatz. »Bitte begebt euch zum Ostausgang des Parks. Ihr werdet von Gleitern abgeholt.«

»Was ist da los?«Corby zog Idris mit sich, hinüber zu den Jugendlichen.

»Siehst du etwas?«, fragte er das Mädchen.

»Die Türme der Zuckerbäcker lösen sich auf. Eben standen die noch dort.«

Auf einmal hatte auch Idris es eilig, dorthin zu kommen. Corbys Elfen flatterten aufgeregt umher und verschwanden dann hastig in ihren Behausungen.