Perry Rhodan 3246: Die Piraten von Kondor - Christian Montillon - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3246: Die Piraten von Kondor E-Book und Hörbuch

Christian Montillon

3,0

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, nähert sich endlich seinem großen Ziel: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis. Das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befindet sich in der Kondor-Galaxis, von den Einheimischen Spaphu genannt. Als Rhodan eintrifft, scheint es aber, als hätte eine bislang unbekannte Macht das Refugium bereits gefunden. Auf seiner Suche gerät Rhodan unter DIE PIRATEN VON KONDOR ...

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Seitenzahl: 175

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Zeit:3 Std. 56 min

Sprecher:Florian Seigerschmidt
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Nr. 3246

Die Piraten von Kondor

Ein kosmischer Sklavenmarkt – sie geraten zwischen die Fronten

Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Schlossbesichtigung

2. Eingeschüchtert, eingekerkert

3. Geflohen, gebrochen

4. Stunden zuvor: Verloren, verzweifelt

5. (Ent-)Täuschungen

6. Gestatten, Shema Ghessow, Hyperflusspiratin

7. Gift, Schokolade und Bodensatz

8. Katzenbären, Feuerfüchse

9. Audienz

10. Loyalität und bessere Geschäfte

11. Eine Henkersmahlzeit und eine Totenleserin

12. Ein Leben nach dem Tod

13. Das dritte Muster

14. Ein Pakt und ein Traum

15. Chaos und ein Todesfall

Journal

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, nähert sich endlich seinem großen Ziel: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis. Das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen.

Eines dieser Refugien befindet sich in der Kondor-Galaxis, von den Einheimischen Spaphu genannt. Als Rhodan eintrifft, scheint es aber, als hätte eine bislang unbekannte Macht das Refugium bereits gefunden. Auf seiner Suche gerät Rhodan unter DIE PIRATEN VON KONDOR ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner gerät unter die Piraten von Kondor.

Pnerten Andhini – Das Oberhaupt der Piraten erkennt eine gute Gelegenheit.

Tozzcord – Ein Vertrauter nutzt eine gute Gelegenheit.

Shema Ghessow – Die Mutantin ergreift die Flucht.

Antanas Lato

Dient mir,

und ihr werdet irgendwann erkennen,

dass ich stets euch gedient habe.

– Pnerten Andhini,

als er die Macht errang –

1.

Schlossbesichtigung

Perry Rhodan analysierte Tozzcords Verhalten genau. Er suchte nach einer Schwäche seines Gegners, nach einem Fehler, um ihn gegen den Piraten zu verwenden.

Momentan sah es aus, als hätte der Anführer des Piratentrupps gewonnen, weil er mit seinen Leuten Rhodan und all die anderen Passagiere der gekaperten Hyperflussgondel überwältigt und in sein Schiff gebracht hatte. Aber es war noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Wenn es nach Perry Rhodan ging, begann das Spiel gerade erst.

Fast hundert Gefangene unterschiedlichster Völker drängten sich in der Enge des Hangars; am exotischsten von ihnen sah hierbei das Lletha-Pflanzenwesen aus, das die Gondel gesteuert hatte.

Der Terraner stand inmitten der Menge neben seinen beiden Begleitern – dem Hyperphysiker Antanas Lato und ihrem neuen Verbündeten Poquandar. Er wurde auf einen Tumult aufmerksam, erkannte hastige Bewegungen im Augenwinkel. Einer der anderen festgesetzten Passagiere, Rhodan kannte seinen Namen nicht, warf sich herum und rannte weg.

Allerdings gab es keinen Ort, an den der Humanoide hätte fliehen können. Nicht an Bord des Piratenschiffes SHAMMADIN. Es gab keine Zuflucht, keine Sicherheit, weder in dieser Hangarhalle noch sonst wo in erreichbarer Nähe.

Dicht vor einem wuchtigen Aggregateblock, hinter dem er sich offenbar hatte verbergen wollen, packte ihn einer der Piraten, ein Humanoider mit einem grobschlächtigen Körperbau. Rhodan hörte ein Krachen, das das allgegenwärtige Summen der Maschinen übertönte. Ein Knochen brach. Der verhinderte Flüchtling schrie auf. Sein Gesicht wurde schlagartig bleich.

Der Pirat stieß den Mann, der sich den zitternden linken Arm schützend an den Oberkörper hielt, zurück zu den anderen Gefangenen. Einige wichen ängstlich zur Seite.

Perry Rhodan bemerkte, dass der Verletzte hinzufallen drohte, eilte rasch dorthin und stützte ihn. »Es kommt alles wieder in Ordnung«, flüsterte er ihm zu, in dieser Lage ein leeres Versprechen.

Der Verletzte nahm die Worte trotzdem dankbar auf, mit einem Blick aus gläsern verschwommenen Augen. Rhodans Einschätzung nach stand er unter einem Schock.

Tozzcord kam mit langsamen Schritten zu ihnen. Er versprühte trotz der fremdartigen Mimik seines wolfsähnlichen Kopfes deutlich spürbar ein Übermaß an Selbstbewusstsein. Oder Überheblichkeit.

Der Tashzure hatte vier im Quadrat angeordnete Beine und zwei Arme, und er war merklich größer und ungeschlachter als seine Artgenossen, die Rhodan zuvor getroffen hatte. Auf der Schulter saß ein kleines Tier, ocker-rot gefleckt. Es erinnerte entfernt an einen faustgroßen Frosch, allerdings mit weit ausladenden Heuschreckenbeinen. Es hielt das Maul halb offen, die rote Zungenspitze bewegte sich unruhig. Dass es alles andere als harmlos war, hatte es vor Kurzem demonstriert, als es einen Pertsuma binnen Sekunden getötet hatte. Unter den Gefangenen befanden sich etliche weitere aus diesem humanoiden Volk. Die goldfarbenen Schuppen auf ihren kahlen Schädeln glänzten, teils verdeckt durch die für sie typischen Holzhüte. Sie wichen vor Tozzcord zurück, hielten möglichst großen Abstand.

»Ich möchte an deine Vernunft appellieren«, sagte Tozzcord zu dem Mann mit dem gebrochenen Arm. Und, daran konnte kaum ein Zweifel bestehen, auch zu allen anderen Gefangenen. »Sag, wohin hättest du fliehen wollen? Dies ist mein Schiff.« Er hob einen Arm, winkte ab und zeigte ein zähnefletschendes Grinsen. »Nun ja, unseres. Das der Hyperflusspiraten. Im Auftrag unseres Obersten Pnerten Andhini unterwegs. Er persönlich hat mich für diese Mission auserwählt und autorisiert. Glaubst du ernsthaft, ich hätte nicht an alles gedacht, um sie erfolgreich zu beenden? Du wolltest blindlings fliehen, aber ich verrate dir etwas: Es gibt kein Entkommen in der SHAMMADIN.«

Perry Rhodan stützte weiterhin den Verletzten. Seine Miene blieb ausdruckslos. Sollte Tozzcord an seiner Überheblichkeit doch ersticken. Er hatte keineswegs an alles gedacht, zum Beispiel keine Mutantin einkalkuliert, die sich dank ihrer Gabe in eine Hyperraumsenke zurückzuziehen vermochte. Shema Ghessow jedenfalls hatte sich dem Zugriff der Piraten zunächst entzogen. Wie es ihr ging, was sie plante, wusste Rhodan nicht, denn sie konnten keinen Kontakt halten. Ob sie diese Szene beobachtete oder bereits im Schiff unterwegs war?

Rhodan ließ sich seine Fragen nicht anmerken. Und Tozzcord gefiel sich in seiner Rede so gut, dass er ohnehin nichts bemerkt hätte. Der Tashzure gab einen lang gezogenen, zischenden Laut von sich, wohl ein Lachen. »Und ein Entkommen aus diesem Schiff ist sowieso unmöglich. Also, sei nicht dumm. Versuch es nicht noch einmal. Das nächste Mal wären meine Leute nicht so freundlich zu dir.«

»Freundlich?«, rief jemand aus der Menge; eine Frauenstimme. »Sieh ihn dir an! Er kollabiert gleich. Sein Arm ist ...«

»Es gibt an Bord dieses Schiffes einige Schleusen«, fiel Tozzcord ihr ins Wort. »Und diese haben es an sich, ins All zu führen. Sehr gut geeignet, um Personen auch ohne Schutzanzug hindurchgehen zu lassen. Ein gnädiger Tod, übrigens. Ein paar Schritte, und man verliert den Boden unter den Füßen und auch alles andere. Es geht sehr schnell dort draußen. Eigentlich wünschenswert, wenn man bedenkt, was einem sonst alles zustoßen könnte.«

Wieder dieses Winken. »Aber reden wir nicht mehr darüber. Ihr seid meine ... Gäste. Es liegt an euch, wie ihr behandelt werdet. Ihr seid nahezu hundert Personen. Es kostet einige Mühe, euch zu versorgen. Wir können uns während unserer kurzen Reise zum Basar der Spezimen mehr oder weniger anstrengen.«

»Dieser Mann braucht medizinische Hilfe«, sagte Rhodan, der sich die Frage verkniff, was es mit diesem Basar auf sich hatte.

»So?«, fragte Tozzcord. Der Blick seiner Wolfsaugen suchte für eine Sekunde den Sprecher, der die Unverschämtheit besessen hatte, sich ungefragt zu Wort zu melden. Damit schien für ihn das Thema erledigt zu sein. »Nun, folgt mir. Für die Dauer eurer Reise warten Ge...«

»Er braucht medizinische Hilfe«, wiederholte Rhodan ungerührt. Er ließ sich von Tozzcords herablassender Selbstgefälligkeit nicht einschüchtern.

Irgendwer ganz nah atmete scharf ein. Ärger lag deutlich spürbar in der Luft. Rhodan fragte sich, ob Tozzcord erneut sein Tier losschicken würde – diesmal mit ihm als Ziel. Und ob der Zellaktivator das Gift des froschartigen Wesens neutralisieren würde.

»Wenn er Hilfe benötigt«, dröhnte eine dumpfe Stimme, »soll er sie auch erhalten!« Der Sprecher kam aus der Richtung eines Schotts, das bis vor wenigen Augenblicken geschlossen gewesen war. Aus dem Korridor dahinter fiel grelles, gelbliches Licht; die Wände dort waren mit Holz getäfelt. »Sobald wir unser Ziel erreicht haben. Die Insel im Hyperfluss wartet auf uns.«

Tozzcord drehte sich zu dem Neuankömmling um. »Kommandant Aycca«, sagte er. »Welche Ehre, dich persönlich begrüßen zu dürfen.«

Aycca war vage humanoid, mit im Dreieck angeordneten, stämmigen und kurzen Beinen. Nur etwa so groß wie ein etwa zehnjähriges Menschenkind, wies er einen beachtlichen Schulterumfang auf – seine Gestalt war breiter als hoch. Die beiden Arme verlängerten sich, klappten sich auf, während Rhodan hinsah. Aycca stützte sich mit den verhornten Ellenbogen ab. Grüne Augen schienen in einem haarlosen Schädel fast zu leuchten.

Rhodan hatte seit seiner Ankunft in Spaphu von solchen Wesen mehrmals gehört, auch einige Holodarstellungen gesehen, aber bislang nie einen Angehörigen dieses weithin gefürchteten Volkes getroffen. Kommandant Aycca war ein Baccune.

Die Piraten rundum nahmen Haltung an.

»Also«, sagte Aycca. »Ich hatte Besseres zu tun, als mit meinem Schiff in diesen Einsatz zu gehen. Es ist mir lästig. Ihr seid mir lästig. Darum empfehle ich euch, und zwar dringend, dass ihr mir keinen Ärger bereitet. Gibt es Fragen?«

Poquandar spannte sich an, stützte sich auf seinen Truimou wie auf einen Spazierstock. Perry Rhodan suchte den Blick seines Begleiters, schüttelte kaum merklich den Kopf. Zu seiner Erleichterung schwieg der Onquore daraufhin – es war besser, nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Gesamtsituation und das Auftreten des Kommandanten hatten die übrigen Gefangenen ausreichend eingeschüchtert, sodass sich niemand zu Wort meldete. Aycca zog daraufhin ab, aber Rhodan war überzeugt davon, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.

»Hervorragend«, sagte Tozzcord. »Glaubt mir, es warten zwar Gefängniszellen auf euch, aber es gäbe hässlichere und unkomfortablere Orte, an denen ihr die Reisezeit verbringen könntet.«

*

Tozzcord führte die Gefangenen durch das Schiff. Sie folgten ihm, bewacht von etlichen Hyperflusspiraten und vor allem kleinen, aber äußerst wehrhaft wirkenden Kampfrobotern.

Illustration: Swen Papenbrock

Die Maschinen glichen etwa anderthalb Meter hohen Kegelstümpfen ohne erkennbare Kopf- oder Steuersektion. Vier biegsame Tentakelarme hingen an den Seiten hinab; bei jeweils einem glomm die Spitze Unheil verkündend. Kein Zweifel, dass sie binnen einer Sekunde waffentechnisch aktiv werden könnten.

Mit jedem Schritt und jeder Bewegung stellte Tozzcord überdeutlich klar, wie sehr er die Situation genoss. Er gebärdete sich, als wäre er nicht nur der Anführer des siegreichen Trupps, der sie gefangen genommen hatte, sondern auch Aycca, dem Kommandanten der SHAMMADIN, mindestens gleichgestellt, wenn nicht gar überlegen.

Voller Besitzerstolz wies er unterwegs auf die Schönheit der holzgetäfelten Wände hin. Als sie kurz darauf eine Kreuzung zweier Korridore erreichten, blieb er stehen und deutete auf eine Nische, in der aus einer Kiste eine einzelne Blume wuchs – mit rotem Stiel und dunkelblauem Kelch aus filigranen, weiß gestreiften Blütenblättern.

»Es ist eine illurranische Gewürz-Tamkora«, sagte er.

Nicht dass Rhodan je davon gehört hatte. Den ausbleibenden Reaktionen zufolge ging es den in dieser Galaxis einheimischen übrigen Entführten ebenso.

»Eine extrem seltene Pflanze. Vielleicht das Seltenste, das wir je erbeutet haben. Nicht das Wertvollste, nein, ganz gewiss nicht, aber ...« Tozzcord brach ab, schien nach einer passenden Beschreibung zu suchen.

»Aber ein erlesenes Sammlerstück?«, schlug Rhodan vor.

Der Tashzure drehte sich um, sah den Terraner durch die Menge der anderen Gefangenen an. »Ja«, sagte er schließlich, leise und gedehnt. »Ein erlesenes Sammlerstück. Eine gute Beute.« Sein Blick ruhte einige Zeit auf Rhodan. »Wer weiß, vielleicht hast du das mit der Gewürz-Tamkora gemein.«

Zumindest, dachte der Terraner, würde er im Unterschied zu dieser Blume auf Dauer eine äußerst wehrhafte Beute sein.

Tozzcord präsentierte dies und das und erweckte den Eindruck, als würde ihm das Flaggschiff der Hyperflusspiraten persönlich gehören. In welchem Verhältnis er wohl zum Obersten der Piraten stand, zu Pnerten Andhini? Warum hatte dieser ihm sein wichtigstes Schiff für diese Mission übergeben? Oder befand sich Andhini an Bord, hielt sich lediglich im Hintergrund und schickte Tozzcord als seinen Handlanger vor?

Auf dem weiteren Weg ignorierte Rhodan diesen zur Schau getragenen Besitzerstolz ebenso wie die Prahlerei. Stattdessen versuchte er, den echten Tozzcord hinter dieser Schauspielerei ausfindig zu machen. Einen Gegner zu verstehen, war von entscheidender Bedeutung. Außerdem wollte er Informationen sammeln, die sich später als hilfreich erweisen könnten.

Von außen hatte die SHAMMADIN wie ein Zusammenbau aus zwei Khassu Than- und zwei Tashzurenraumern ausgesehen. Im Inneren setzte sich dieser Eindruck von hybrider Technologie fort. Perry Rhodan kannte die Sternenvölker von Spaphu nicht gut genug, um ihnen einzelne Elemente zuordnen zu können – aber was er zu Gesicht bekam, stammte seiner Einschätzung nach von weit mehr als nur zwei verschiedenen Völkern. Das rief ihm schmerzhaft in Erinnerung, wie wenig er über die Kulturen dieser Galaxis wusste.

Sein Mitgefangener mit dem gebrochenen Arm flüsterte ihm etwas zu: »Danke für deine Unterstützung. Ich bin Famerano. Ein Sangonier.«

Von diesem Volk hatte Rhodan nie zuvor gehört. »Perry«, meinte er. »Tellusier.« Als Angehörige dieses fiktiven Volkes hatten sie sich in letzter Zeit häufiger ausgegeben.

»Offenbar stammst du aus einem ebenso unbedeutenden Volk wie ich«, sagte Famerano.

»Nach außen hin vielleicht schon.« Rhodan lächelte schmallippig. »Aber immerhin sind wir bedeutend genug, um von den Hyperflusspiraten entführt zu werden.«

»Eine Ehre, auf die ich gerne verzichtet hätte.«

Dem konnte der Terraner nur zustimmen. »Wie geht es deinem Arm?«

»Er schmerzt.«

»Wenn wir in unserer Gefängniszelle sind, werde ich sehen, was ich für dich tun kann. Ich bin kein Mediker, aber ich habe einige Erfahrung mit derartigen Notfällen.«

Tozzcord führte sie durch eine Maschinenhalle, und Rhodan erkannte ein gewaltiges Antriebsaggregat. Der Tashzure pries die Vorteile dieses Kettentransitionsantriebs in den schillerndsten Tönen.

»Das ist funkelnagelneu«, kommentierte Antanas Lato leise. »Und meiner Einschätzung nach auch für Spaphu in höchstem Maß innovativ. Sie stoppeln mit ihrer Hybridtechnologie nicht einfach fremde Elemente irgendwie zusammen. Wenn du mich fragst, nehmen sie von überall das Beste!«

Diesen Eindruck hatte Rhodan ebenfalls gewonnen. Was immer die Hyperflusspiraten sein mochten – sicher keine abgewrackten Außenseiter, kein wilder Haufen von Draufgängern.

Tozzcord beendete die Schlossführung vor einem breiten Schott. »Dahinter warten eure Zellen. Die Roboter werden euch einteilen. Macht ihnen keinen Ärger. Aycca würde davon hören und ...« Er brach ab und zelebrierte übertrieben deutlich eine wegwerfende Handbewegung, als wäre es nicht weiter wichtig. Die Drohung dahinter war überdeutlich.

Also gingen sie durch das Schott und blickten auf eine Reihe von offen stehenden Zellentüren. Rhodan, Antanas Lato und Poquandar hielten sich dicht zusammen, um nicht getrennt zu werden; der Terraner achtete außerdem darauf, dass Famerano bei ihnen blieb.

Die Kegelstumpfroboter trieben die Gefangenen in kleinen Gruppen auseinander, sammelten jeweils sechs oder sieben Personen.

Dabei wollten die Maschinen Poquandar von Rhodan und den anderen trennen. Als der Onquore sich den Anweisungen widersetzte, ruckte einer der Tentakelarme vor, packte ihn und riss ihn unmissverständlich zur Seite.

»Ich – ich muss bei ihnen bleiben!«, rief Poquandar und deutete zu Rhodan und Lato.

Die Maschine gab sich nicht die Mühe, darauf zu antworten – falls sie überhaupt über eine Sprachfunktion verfügte – oder sonst irgendeine Reaktion zu zeigen. Stattdessen schleppte sie den Onquoren kommentarlos weiter mit sich.

Rhodan sah, in welcher Zelle er mit einigen anderen Gefangenen verschwand. Er selbst wurde drei Türen entfernt mit Antanas Lato, Famerano und vier Pertsuma eingesperrt. Die Tür krachte zu.

»Das gefällt mir nicht«, wisperte Lato ihm zu.

»Ich war schon in schlimmeren Lagen«, antwortete Rhodan, hauptsächlich, um seinem Begleiter Mut zu machen.

»Aber garantiert auch schon in besseren!«

2.

Eingeschüchtert, eingekerkert

Der Raum war an Schlichtheit und Hässlichkeit kaum zu überbieten: würfelförmig, mit metallischen Wänden, ohne jede Einrichtung, von einem einzelnen Stuhl abgesehen, der eigenartig verloren wirkte, als hätte ihn jemand zu entfernen vergessen. Rhodan vermutete, dass er sich nur aus einem einzigen Grund im Raum befand – als Objekt, um das sich die Insassen streiten sollten.

Den sieben Gefangenen bot die Zelle immerhin genug Platz, damit sie sich theoretisch zum Schlafen auf den Boden legen konnten, ohne einander zu berühren. Die Decke schien aus sich heraus zu leuchten und schuf schattenlose Helligkeit. In einer der hinteren Ecken gab es einen Durchgang, der in eine winzige Kammer führte, in der die Gefangenen ansonsten ungeschützt ihre Notdurft erledigen mussten.

Einer der vier Pertsuma – jener mit dem umfangreichsten Holzhut, also dem größten sozialen Prestige – schnappte sich den Stuhl und zog sich mit seinen Artgenossen zur gegenüberliegenden Ecke zurück. Er setzte sich darauf, und alle redeten durcheinander, einer aufgeregter als der andere.

Rhodan verstand nur Satzfetzen – ein Skandal! hier, ein werden alle sterben dort. Immerhin brachen sie nicht in Panik aus. Also überließ er sie sich selbst und wandte sich Famerano zu.

Er untersuchte dessen gebrochenen Arm und tastete ihn vorsichtig ab, was der Sangonier mit einem dumpfen Schmerzenslaut quittierte. Der Terraner half Famerano, aus dem einem weiten Shirt ähnelnden, grasgrünen Kleidungsstück zu schlüpfen. Darunter trug er eine um den Oberkörper gewickelte Stoffbahn, die einem abgewetzten, verfleckten Mieder glich. Das Gewebe um den Bruch lag nun frei; es war dick angeschwollen und blau-rot verfärbt. Fameranos Finger zitterten leicht.

»Du musst den Arm vor allem ruhig halten.« Rhodan sah sich um, aber es gab nichts, aus dem er eine provisorische Schiene fertigen könnte. Abgesehen von den Stuhlbeinen. »Warte hier!«

Der Terraner ging zu den Pertsuma und bat darum, den Stuhl zu bekommen.

Noch ehe er sich näher erklären konnte, schleuderte ihm der sitzende Pertsuma ein »Verzieh dich, es ist meiner!« entgegen.

Rhodan hob leicht die Arme, streckte ihm die offenen Handflächen hin. »Ich will ihn nicht für mich. Famerano braucht ihn für seinen Armbruch.«

»Einen Stuhl, ja?« Der Pertsuma kicherte und wedelte mit den sechsfingrigen Händen.

Rhodan stellte sich vor, wie die Piraten die Zellinsassen beobachten und sich amüsierten, wie gut der Stuhl seinen Zweck erfüllte. »Einen Stuhl, ja«, wiederholte er gelassen. »Damit ich seine Verletzung versorgen kann. Und dasselbe würde ich übrigens für dich tun.«

Der Pertsuma tippte sich an die Krempe seines Holzhuts. Dabei schrammte einer der Daumen mit knirschendem Geräusch über die Goldschuppen seiner Schläfe. »Würdest du das, ja? Obwohl du nichts über mich weißt? Nicht mal meinen Namen kennst?«

Rhodan bestätigte. »Und das mit dem Namen können wir ändern. Ich bin Perry.«

Der andere zögerte. »Wennaloan«, sagte er schließlich.

»Gut. Also – bitte – gib mir den Stuhl.« Einen Augenblick lang fragte er sich, ob Wennaloan ihn angreifen würde. Er traute sich notfalls zu, mit ihm und seinen drei Artgenossen fertigzuwerden, falls sie im Kampf ungeübt waren, wovon er ausging. Allerdings gab es etwa eine Million Dinge, die in dieser Situation sinnvoller wären, als sich mit seinen Mitgefangenen zu prügeln. »Du hast danach etwas bei mir gut.«

Der Pertsuma beugte sich vor. »Deine Essensration, sobald wir etwas bekommen.«

Die Forderung war unverschämt, aber Rhodan stimmte zu.

Wennaloan stand provozierend langsam auf und ging noch langsamer zur Seite. Der Terraner nahm den Stuhl, kehrte zu Antanas Lato und Famerano zurück. Die beiden lehnten mit dem Rücken gegen die Wand, seitlich neben der Tür.

Rhodan drehte das Möbelstück um und packte eines der Beine. Es abzubrechen, ging leichter als gedacht, ebenso, es in zwei Hälften zu teilen. Gleichzeitig hörte er die Pertsuma lachen und glaubte, ein Idiot zu verstehen. Sollten sie sich nur amüsieren; ihm war es gleich.

Er riss den Ärmel von Fameranos Kleidungsstück und fertigte daraus sowie aus den Holzstücken eine Schiene. Den Rest des Stoffs verwandelte er in eine Schlinge, in der der Arm ruhte. »Wenn Aycca Wort hält und du nach unserer Ankunft richtige medizinische Hilfe bekommst, dürfte es bald erledigt sein«, sagte Rhodan.

»Fragt sich nur«, prognostizierte Famerano düster, »ob das dann noch eine Rolle spielt.«

*

Rhodan ging mit Antanas Lato und Famerano zurück zu den Pertsuma. Einer von ihnen – er trug gar keinen Holzhut – begrüßte ihn spöttisch. »Willst du noch etwas von uns, um es anschließend zerstören zu können?«

»Ich bin nur der Meinung, dass wir zusammenhalten sollten. Gemeinsam versuchen sollten, aus der Situation das Beste zu machen, auch wenn es nicht gut für uns aussieht.«

Sein Gegenüber setzte zu einer wahrscheinlich scharfzüngigen Erwiderung an, aber Wennaloan schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab. »Das klingt vernünftig. Wir müssen mit allem rechnen. Ich glaube nicht, dass die Piraten mit sich reden lassen werden, wenn wir versuchen, uns freizukaufen.« Er wandte sich an seine Artgenossen. »Ihr wisst, was mit Shentekker passiert ist! Dieses Vieh auf Tozzcords Schulter hat ihn umgebracht, und mit mir ...« Er stockte. »Und mit uns soll nicht dasselbe geschehen.«

Dass ausgerechnet Wennaloan als Stimme der Vernunft unter den Pertsuma auftrat, überraschte Rhodan zwar, aber er nahm es erfreut hin. »Was wisst ihr über diesen Pnerten Andhini? Ist er schon lange der Anführer der Hyperflusspiraten?«

»Kein Nicht-Pirat kennt ihn!«, stellte der hutlose Pertsuma klar. »Er ist eine Legende. Man erzählt sich viel über ihn.«

»Und zwar?«, fragte Antanas Lato.

»Willst du das wirklich wissen?«

»Legenden enthalten meist einen realen Kern«, sagte Lato und ergänzte auf seine typische, trocken-korrekte Art: »Auch wenn diese Bezeichnung auf die Gerüchte, die über Andhini kursieren, eigentlich nicht zutrifft.«

»Also gut. Dann hör zu. Auch wenn es dir nicht gefallen wird.«

Die Legende von Pnerten Andhini